Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 05. Okt. 2017 - 2 V 163/17

bei uns veröffentlicht am05.10.2017

Tenor

Der Bescheid über die Festsetzung von Branntweinsteuer vom 25. November 2016 wird bis zum Abschluss des Einspruchsverfahrens, spätestes bis 1 Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung von der Vollziehung ausgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

Die Beschwerde wird zugelassen.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten sich über Frage, ob auf Grund eines von der Antragstellerin veranlassten Transportes von Bioethanol aus ihrem Steuerlager in Deutschland mit einem Binnenschiff in ein Steuerlager eines Kunden in den Niederlanden Branntweinsteuer i.H.v. ... € entstanden ist. Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass die Steuer trotz der Tatsache, dass sie nicht entsprechend § 21 Abs. 1 Branntweinsteuerverordnung (BrStV) dem zuständigen Hauptzollamt vor der Beförderung unter Verwendung des EDV-gestützten Beförderungs- und Kontrollsystems den Entwurf des elektronischen Verwaltungsdokuments (eVD) nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz übermittelt habe (Excise Movement and Control System -EMCS-Verfahren-), auf Grund von Fehlern im EDV-System des Antragsgegners, die einer Übermittlung entgegengestanden hätten, nicht entstanden sei.

2

Gegenstand des Unternehmens der Antragstellerin, die bis zum Jahr 2009 unter „A“ firmierte, ist ausweislich der Eintragung im Handelsregister die Herstellung und der Vertrieb von Bioethanol (Agraralkohol) sowie ähnlichen Produkten, die aus Getreide oder anderen agrarischen Rohstoffen erzeugt werden, einschließlich der Feststoffe.

3

Die Antragstellerin beabsichtigte am 1. Juni 2015 einen Ladung von ... Liter „Bioethanol KN Code 2207 1000 für den Kraftstoffbereich“ von ihrem Tanklager in Z mit einem Binnenschiff zu einem Abnehmer in den Niederlanden, der Y, zu befördern. Der Bioethanol wurde sodann in der Zeit vom 1. Juni 2015 bis 5. Juni 2015 transportiert und nachfolgend in das Steuerlager der Y. in den Niederlanden aufgenommen, die den Bioethanol als Beimischung im Kraftstoffe für Endabnehmer in den Niederlanden weiter veräußern wollte. Zur Abwicklung der Beförderung bediente sich die Antragstellerin der Dienstleistung der X GmbH aus Z.

4

Der Versand sollte im Steueraussetzungsverfahren mit eVD erfolgen. Bei dem Versuch der elektronischen Eröffnung eines entsprechenden Verfahrens über das EMCS-XPRESS-System erschien die Fehlermeldung „12: falscher Wert“ mit dem Hinweis, dass die Ware mit dem angegebenen „Verbrauchsteuer-Produktcode“ vom Empfänger nicht empfangen werden könne, obwohl die zutreffende Steuernummer des niederländischen Empfängers eingetragen wurde. Der Grund hierfür war, dass die dem niederländischen Empfänger zugeteilte Steuerlagernummer zum damaligen Zeitpunkt noch nicht in der nationalen deutschen zentralen Stammdatenbank (SEED-Datenbank; System for Exchange of Excice Data) eingetragen war. Eine nochmalige Prüfung aller eingegebenen Daten führte zu keinen Abweichungen, so dass sich die Dienstleisterin X dazu entschied, das Ausfallverfahren zu nutzen. Hierbei verabsäumte sie, die Nutzung des Ausfallverfahrens vorab dem Antragsgegner anzuzeigen und sich eine für das Ausfallverfahren benötigte sog. Ticketnummer zuteilen zu lassen. An Stelle dessen gab sie in dem bei der Beförderung mitgeführten Begleitdokument im Ausfallverfahren (Ausfalldokument) als Ticketnummer einen Teil der Rechnungsnummer bzw. Kundennummer des niederländischen Empfängers an. Am 12. Juni 2015 wurde versucht, das erstellte Ausfalldokument im Zuge einer Nacherfassung mit einem eVD abzulösen, wobei jedoch erneut die o.g. Fehlermeldungen angezeigt wurde. Nachdem daraufhin der Servicedesk des Zentrums für Informationsbearbeitung und Informationstechnik (ZIVIT; jetzt Informationstechnik Zentrum Bund) um Hilfe gebeten wurde, und daraufhin Änderungen in der EMCS-Datenbank vorgenommen wurden, konnte am 16. Juni 2015 ein eVD erstellt werden, das sich auf die Lieferung vom 1. Juni 2015 bezog. Dieses wurde am 16. Juni 2015 zusammen mit der zweiten Ausfertigung des Ausfalldokuments dem Antragsgegner übersandt.

5

Mit Bescheid vom 25. November 2016 setzte der Antragsgegner für die am 1. Juni 2015 erfolgte Entnahme von ... Liter unvergällten Branntweines mit einem Alkoholgehalt von 99,9%vol (... IA) eine Branntweinsteuer von ... € fest (... €/hlA), da der Branntwein nach Auffassung des Antragsgegners aus dem Steuerlager der Antragstellerin entnommen, nicht unter Steueraussetzung befördert sondern in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt worden sei. Die Steuer sei gem. § 143 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 Branntweinmonopolgesetz (BranntwMonG) entstanden.

6

Ebenfalls mit Bescheid vom 25. November 2016 lehnte der Antragsgegner einen Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen gem. § 163 Abgabenordnung (AO) ab. Hiergegen legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 19. Dezember 2016 Einspruch ein, über den der Antragsgegner noch nicht entschieden hat.

7

Gegen den Steuerbescheid vom 25. November 2016 legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 07. Dezember 2016 ebenfalls Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Über den Einspruch hat der Antragsgegner noch nicht entschieden.

8

Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 16. Januar 2017 ab. Zur Begründung führte er aus, dass eine wirksame Eröffnung einer Beförderung unter Steueraussetzung nicht vorliege, da hierzu vor Beginn der Beförderung ein eVD hätte vorliegen müssen, bei dessen Verwendung es sich um eine materielle Voraussetzung des Steueraussetzungsverfahrens handele.

9

Die Inanspruchnahme des Ausfallverfahrens gemäß § 21 BrStV sei im vorliegenden Sachverhalt ausgeschlossen, da es am Nachweis mangele, dass tatsächlich eine technische Störung im Fachverfahren EMCS vorgelegen habe, die es der Antragstellerin unmöglich gemacht habe, die vorgesehenen Nachrichten auf dem für den Teilnehmer üblichen Kommunikationsweg zu übermitteln oder zu empfangen, und dass die technische Störung nicht in zumutbarer Zeit oder nicht mit zumutbarem Aufwand behoben werden konnte. Hinzu komme, dass die Antragstellerin auch verabsäumt habe, die Inanspruchnahme des Ausfallverfahrens beim Servicedesk und dem Hauptzollamt am 1. Juni 2015 anzuzeigen, weshalb auch keine Ticketnummer für das Ausfallverfahren vergeben worden sei. Der von der Dienstleisterin der Antragstellerin verwendete Vordruck für das Ausfallverfahren habe ebenfalls nicht den formalen Anforderungen entsprochen, da eine veraltete Version des Ausfalldokuments verwendet worden sei, die auch nicht rechtswirksam unterschrieben sei. Die Mitteilung an das Hauptzollamt, dass das Ausfallverfahren genutzt worden sei, sei erst am 16. Juni 2015 und damit erst rund 2 Wochen nach der erfolgten Beförderung erfolgt. In diesem Zusammenhang sei auch erst das Exemplar des Ausfalldokuments vorgelegt worden.

10

Bei den am 1. Juni 2015 sechsfach generierten Emails mit der dargestellten Fehlermitteilung, handele es sich jedoch um eine Mitteilung anhand einer Software der Beteiligten, d.h. um keine Zollmitteilung. Insofern gehe auch die Annahme der Antragstellerin viel, dass das EMCS-Verfahren zu diesem Zeitpunkt eine technische Störung gehabt habe, da die Fehlermeldung nicht in EMCS hinterlegt sei. Vorliegend habe der Eingabefehler der Antragstellerin bereits beim Softwareanbieter der Teilnehmersoftware (AEB-Dienstleister) die entsprechenden Fehlermitteilungen verursacht. Der Beweis, dass ein Versuch das EMCS-Verfahren zu eröffnen mehrfach durchgeführt worden sei und dies aus technischen, von Seiten des Zolls zu verantwortenden Gründen nicht möglich gewesen sei, hätte nur dann erfolgen können, wenn bereits zu diesem Zeitpunkt das ZIVIT beteiligt worden wäre, was jedoch unterlassen worden sei. Es sei offenbar so, dass eine EMCS-Fehlermeldung im zollseitigen System deshalb nicht vorliegen könne, weil das von der Antragstellerin eingeleitete EMCS-Verfahren bereits durch den oben genannten Softwareanbieter nicht an den Zoll weitergeleitet, sondern automatisiert an die Antragstellerin zurückgegeben worden sei.

11

Am 17. Februar 2017 hat die Antragstellerin um Aussetzung der Vollziehung durch das Gericht nachgesucht.

12

Sie trägt vor, dass der Antragsgegner durch die Festsetzung des streitigen Steuerbescheides mehrfach gegen die ihm obliegende Amtsermittlungspflicht des § 88 AO sowie gegen das Branntweinmonopolgesetz, gegen § 163 AO verstoßen habe. Außerdem verstoße im vorliegenden Fall die Festsetzung der Steuer wegen Unverhältnismäßigkeit gegen das EU-Verbrauchssteuerrecht. Der Steuerbescheid gehe zudem in mehrfacher Weise von einem falschen Sachverhalt sowie von haltlosen Unterstellungen aus.

13

Wenn der Antragsgegner behaupte, dass die Ursache des am 1. Juni 2015 aufgetretenen Fehlers nicht in seinem EMCS-System gelegen habe, so sei er hierfür beweispflichtig, da für die Antragstellerin keinerlei Möglichkeit bestehe, das EMCS-System des Antragsgegners zu überprüfen. Der Antragsgegner hingegen sei seiner Ermittlungspflicht in keiner Weise nachgekommen sondern behaupte einfach, ohne irgendeinen Beleg, dass der Fehler sich in den Systemen der Antragstellerin befunden habe. Es gebe hingegen mit der E-Mail über eine Fehlermeldung des Zolls einen Beleg dafür, dass es Probleme mit der Durchführung des EMCS-Systems gegeben habe. Eine Beweislastumkehr ergebe sich auch daraus, dass der Antragsgegner seinen Dokumentationspflichten nicht nachgekommen sei. Denn es existiere bei Zurückweisung von eVD Dokumenten keine Dokumentation darüber, aus welchem Grund die Erzeugung des eVD abgewiesen worden sei. Somit sei es auch nicht möglich zu klären, ob das eVD aus Gründen, die in der Sphäre des Zolls liegen, abgewiesen worden sei. Damit sei die Antragstellerin in vollem Umfang ihrer Darlegungspflicht für einen Ausfall des Systems und für die Zulässigkeit einer Beförderung im Ausfallverfahren nach § 29 BrStV nachgekommen.

14

Die Antragstellerin räume ein, dass der Dienstleister X eine falsche Ticketnummer in das Ausfalldokument eingetragen habe und zudem ein veraltetes Formblatt verwendet und daher bei der Durchführung des Transports im Ausfallverfahren nicht alle erforderlichen Formalitäten restlos eingehalten worden seien. Dennoch führe allein dieser Verstoß gegen Verfahrensbestimmungen noch nicht zu einer Steuerentstehung, da der Transport letztlich durch korrekte Aufnahme in das Steuerlager des niederländischen Empfängers ordnungsgemäß ohne Gefährdung des staatlichen Steueranspruchs beendet worden sei. In einem solchen Fall sei es der Steuerbehörde aber nach der Rechtsprechung des EuGH verwehrt, wegen bloßer Formfehler die Steuer entstehen zu lassen, da dieses unverhältnismäßig sei. Das deutsche Verbrauchssteuerrecht sei europarechtskonform auszulegen.

15

Unabhängig davon sei die Möglichkeit der Durchführung eines Ausfallverfahrens aber auch schon deshalb zulässig, weil es nicht darauf ankomme, aus wessen Sphäre der Fehler stamme. Dieses ergebe sich aus § 29 Abs. 1 S. 1 BrStV, wonach das Ausfallverfahren dann genutzt werden könne, wenn das EDV-gestützte Beförderungs- und Kontrollsystem nicht zur Verfügung stehe. Diese Norm mache keinen Unterschied danach, ob der Systemausfall vom Steuerpflichtigen oder von der Zollverwaltung verursacht worden sei und könne dies auch nicht, da ansonsten bei Systemausfällen beim Steuerpflichtigen keinerlei Transporte mehr durchgeführt werden könnten. Auch die von der Zollverwaltung herausgegebene Verfahrensanweisung zum IT-Verfahren EMCS weise unter Punkt 9.2 aus, dass das Ausfallverfahren dann zulässig sei, "wenn der Teilnehmer oder das zuständige Hauptzollamt wegen technischer Störungen nachweisbar nicht in der Lage sei, die für EMCS vorgesehenen Nachrichten auf dem für den Teilnehmer üblichen Kommunikationsweg zu übermitteln".

16

Die Argumentation des Antragsgegners, wonach eine Beförderung ohne vorherige Einholung einer Ticketnummer im Ausfallverfahren nur dann möglich sei, wenn seitens des ZIVIT eine so genannte Master-Ticketnummer veröffentlicht wurde, gehe fehl. Eine solche Nummer werde nur dann vergeben, wenn wegen einer Störung in den Systemen der Zollverwaltung ein EMCS-Verfahren nicht eröffnet werden könne. Der Teilnehmer könne dann das Ausfallverfahren unter Bezug auf die erzeugte Master-Ticketnummer eröffnen. Die Master Ticketnummer sei damit ein Instrument zur Überbrückung von Ausfällen in den Systemen des Zolls. Sie hätte daher auch bei dem streitgegenständlichen Systemausfall am 1. Juni 2015 veröffentlicht werden müssen, um der Antragstellerin eine entsprechende Eröffnung des Ausfallverfahrens unter Referenz auf die entsprechende Ticketnummer zu ermöglichen. Dieser Verpflichtung sei der Antragsgegner bzw. der ihm zuzurechnende ZIVIT – Helpdesk aber nicht nachgekommen, da derartige fehlgeschlagene EMCS-Eröffnungsversuche erst gar nicht im System der Zollverwaltung dokumentiert werden. Auch insoweit wirke sich daher der bereits dargestellte Verstoß gegen Dokumentationspflichten im Sinne eines "venire contra factum proprium" aus. Der Antragsgegner könne nicht einerseits die gebotene Master-Ticketnummer nicht veröffentlichen und gleichzeitig der Antragstellerin zum Vorwurf machen, das Verfahren ohne eine Master Ticketnummer begonnen zu haben.

17

Die Ablehnung des Billigkeitsantrages nach § 163 AO sei ebenfalls rechtswidrig, da sachliche Billigkeitsgründe gegeben seien. Unter anderem liege eine unzulässige Doppelbesteuerung vor. Denn entsprechend des Sinn und Zwecks des BranntwMonG solle der Konsum durch Endverbraucher mit der Steuer belegt werden. Die Erzeugnisse würden in den Niederlanden letztlich nach entsprechender Verarbeitung als Kraftstoff an Endverbraucher veräußert. Es sei davon auszugehen, dass die Y die hierfür in den Niederlanden anfallende Verbrauchssteuer ordnungsgemäß abführe. Soweit aber in Deutschland und den Niederlanden eine Verbrauchssteuer anfallen würde, läge eine unzulässige Doppelbesteuerung vor. Die Abwälzung des vom Antragsgegner festgesetzten Steuerbetrages in Höhe von ca. x Mio. € auf die Kunden der Antragstellerin sei nicht möglich, da Ethanol zu Weltmarktpreisen von ca. 0,50 €/LA gehandelt werde und der Steuerbetrag je Liter Alkohol von 13,03 €/LA den Warenwert um ein Vielfaches übersteige. Die Antragstellerin verfüge über keinen Preisgestaltungsspielraum, der ihr eine Abwälzung der Steuer auf die Kunden im Nachhinein ermöglichen würde. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf die Antragsbegründung verwiesen.

18

Es liege auch ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot und den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung vor, wenn eine Strafsteuer von ca. x Mio. € allein auf Grund eines fehlerhaften Formblattes festgesetzt werde.

19

Das rigide Festhalten an bloßen Formvorschriften verstoße auch gegen die von den Mitgliedsstaaten einzuhaltenden Vorgaben der EU-Verbrauchsteuerrichtlinie, wozu auch das Verhältnismäßigkeitsprinzip gehöre. So habe der EuGH in den Urteilen vom 02. Juni 2016 (C-355/14 und C-418/14) entschieden, dass das Beharren auf bloßen Formalitäten in Konstellationen, in denen kein inhaltlicher Verstoß gegen das Verbrauchssteuerrecht vorliege und damit keine Steuergefährdung bestehe, wegen Unverhältnismäßigkeit unzulässig sei. Der EuGH messe damit im Ergebnis verfahrensrechtlichen Vorschriften zur Überwachung des Umgangs mit verbrauchssteuerpflichtigen Waren eine rein dienende Funktion zu. Die dienende Funktion solle sicherstellen, dass Herstellung, Umgang, Lagerung und Transport von verbrauchsteuerpflichtigen Waren so zu erfolgen habe, dass keine Gefährdung des Steueraufkommens zu befürchten sei, Wenn aber im konkreten Einzelfall zweifelsfrei feststehe, dass keine Steuergefährdung drohe, dürfe die bloße Nichteinhaltung von Formalitäten vielleicht zu angemessenen Bußgeldern, aber nicht zur Entstehung der Steuer führen.

20

Die Antragstellerin legt zur Glaubhaftmachung ihres Vortrags zum Versuch der Eröffnung des EMCS-Verfahrens am 1. Juni 2015 eine eidesstattliche Versicherung des ausführenden Mitarbeiters des Dienstleisters X vor.

21

Der Umstand, dass die Fehlermeldung am 1. Juni 2015 nicht  vom EMCS-System, sondern von der E-Mail des Dienstleisters G gekommen sei, sei lediglich der Zwischenschaltung des verwendeten Computerprogramms geschuldet. Das EMCS-System der Zollverwaltung habe letztlich eine Fehlermeldung an das AEB-Rechenzentrum gesandt, das seinerseits die Fehlermeldung automatisch Sekunden später weitergeleitet habe. Die Fehlermeldung lief damit im Ergebnis automatisiert vom EMCS-System des Antragsgegners über die Systeme der AEB in die Systeme der Antragstellerin. Die Ursache der Fehlermeldung liege damit in den Systemen des Antragsgegners und nicht, wie der Antragsgegner es darstellt, im Bereich der AEB begründet. Die AEB-Software sei auch von der Zollverwaltung offiziell geprüft und zertifiziert. Es handele sich letztlich um Konvertersoftware.

22

Die Antragstellerin beantragt,
die Aussetzung der Vollziehung des Steuerbescheides vom 25. November 2016.

23

Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.

24

Zur Begründung verweist er zum einen auf seine Ausführungen im Bescheid über die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung vom 16. Januar 2017.

25

Weiter führt er aus, dass die von der Antragstellerin in Bezug genommene Fehlermeldung im Zusammenhang mit der versuchten Eröffnung des EMCS-Verfahrens am 1. Juni 2015 gerade nicht vom Servicedesk ZIVIT erfolgt sei. Die von der Antragstellerin vorgelegte Mitteilung erfolgte vielmehr durch den von ihr beauftragten Dienstleister AEB, was an der E-Mail-Adresse G erkennbar sei. Eine Mitteilung durch den Servicedesk des Zolls hätte vielmehr unter der E-Mail-Adresse H erfolgen müssen, was der Antragstellerin als regelmäßige Teilnehmerin am EMCS-Verfahren auch hätte bekannt sein dürfen. Dennoch sei die Antragstellerin offenbar aufgrund der von Ihrem Dienstleister mitgeteilten Fehlermeldung davon ausgegangen, dass das elektronische Verfahren zur wirksamen Eröffnung eines Steueraussetzungsverfahrens nach § 21 BrStV zum Zeitpunkt des Versandes der Ware nicht zur Verfügung stehe, weshalb sie ein Steueraussetzungsverfahren gemäß § 29 Abs. 1 BrStV im Ausfallverfahren eröffnen wollte.

26

Für die wirksame Eröffnung des Ausfallverfahrens wäre es erforderlich gewesen, dass die Antragstellerin das Hauptzollamt vor Beginn der 1. Beförderung in geeigneter schriftlicher Form über den Ausfall des EDV-gestützten Beförderungs- und Kontrollsystems unterrichtet hätte, es sei denn, es handele sich um einen von der Zollverwaltung veranlasst den Ausfall. Die Antragstellerin hätte somit vor Inanspruchnahme des Ausfallverfahrens entsprechend der Verfahrensanweisung zum EMCS-System eine Ticketnummer beim Servicedesk einholen müssen. Abgesehen davon hätte die 2. Ausfertigung des Ausfalldokumentes gemäß § 29 Abs. 2 BrStV unverzüglich dem zuständigen Hauptzollamt übermittelt werden müssen, wohingegen die 2. Ausfertigung erst am 16. Juni 2015 beim Hauptzollamt eingegangen sei. Sofern die Antragstellerin davon ausgehe, dass es sich um einen von der Zollverwaltung veranlassten Ausfall handele, so wäre zwar die Einholung einer Ticketnummer beim Servicedesk entbehrlich. In diesem Fall wäre jedoch für den betreffenden Ausfall seitens des ZIVIT eine so genannte Master-Ticketnummer veröffentlicht worden. Dieses ist hingegen nicht erfolgt.

27

Letztlich sei entscheidend, dass die Antragstellerin nicht, wie vor Beginn der Beförderung erforderlich, ein wirksames Steueraussetzungsverfahren eröffnet habe. Die Durchführung des Ausfallverfahrens sei vorliegend nicht geboten gewesen. Das EMCS-Verfahren habe am 1. Juni 2015, dem Tag des Beginns der hier streitigen Beförderung, uneingeschränkt zur Verfügung gestanden. Bei dem von der Antragstellerin genannten Fehler handele es sich nicht um einen Fehler in dem Sinne, dass das EMCS-Verfahren nicht zur Verfügung gestanden habe, sondern vielmehr um einen Hinweis aufgrund der Datenbanksystematik im Zusammenhang mit Plausibilitätsproblemen hinsichtlich der Berechtigung der Empfängerin Y.

Entscheidungsgründe

28

II. 1. Der Antrag ist begründet.

29

a) Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 7 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll u.a. erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Ernstliche Zweifel in diesem Sinn sind anzunehmen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes im Aussetzungsverfahren neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründen gewichtige, gegen sie sprechende Umstände zu-tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen bewirken oder Unklarheiten in der Beurteilung der Tatfragen aufwerfen (BFH-Beschlüsse vom 7. September 2007 V B 97/07, BFH/NV 2008, 120; vom 30. Oktober 2007 V B 170/07, BFH/NV 2008, 627, und vom 29. November 2007 I B 181/07, BStBl II 2008, 195, ständige Rechtsprechung). Der lediglich summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage sind der unstreitige Sachverhalt, die gerichtsbekannten Tatsachen und die präsenten Beweismittel zugrunde zu legen (BFH-Beschluss vom 18. Oktober 2007 I B 148/07, BFH/NV 2008, 542). Die Aussetzung der Vollziehung setzt nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (vgl. BFH-Beschluss vom 20. Mai 1997 VIII B 108/96, BFHE 183, 174, BFH/NV 1997, R 462, m.w.N.).

30

b) Von diesen Grundsätzen ausgehend bestehen bei summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides über die Festsetzung von Branntweinsteuer vom 25. November 2016.

31

Nach § 143 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BranntwMonG entsteht die Steuer zum Zeitpunkt der Überführung der jeweiligen verbrauchsteuerpflichtigen Waren in den steuerrechtlich freien Verkehr durch die Entnahme aus dem Steuerlager, es sei denn, es schließt sich ein weiteres Verfahren der Steueraussetzung oder eine Steuerbefreiung an. Vorliegend hat die Antragstellerin zwar zunächst die streitigen Waren aus ihrem Steuerlager entnommen. Bei summarischer Prüfung liegt aber trotz eines Fehler beim Ausfüllen der bei der Beförderung mitzuführenden Dokumente auf Grund einer von der Antragstellerin nicht zu vertretenen "Unzulänglichkeit" des vom Antragsgegner zur Verfügung gestellten EMCS-Systems eine sich an die Entnahme anschließende Beförderung unter Steueraussetzung im Ausfallverfahren gem. § 29 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Branntweinsteuerverordnung (BrStV) vor. Denn nach Auffassung des Senats lässt sich die Rechtsprechung des BFH, wonach nicht jegliche Ungenauigkeit bei der Erstellung des Entwurfs des eVD zur Steuerentstehung führt (BFH-Urteil vom 5. März 2014 VII B 105/13, BFH/NV 2014, 1190) auf die Erstellung des im Ausfallverfahren mitzuführenden Ausfalldokuments übertragen, wobei die abschließende Klärung der Frage, ob die Antragstellerin das Ausfallsverfahren überhaupt nutzen konnte bzw. ob tatsächlich ein von der Zollverwaltung veranlasster Ausfall des EDV-gestützten Beförderungs- und Kontrollsystems i.S.v. § 29 Abs. 2 Satz 2 BrStV vorliegt, einer Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleibt.

32

aa) Gem. § 138 Abs. 1 BranntwMonG gelten Beförderungen, soweit in dem Gesetz oder in den dazu ergangenen Rechtsverordnungen keine Ausnahmen vorgesehen sind, nur dann als unter Steueraussetzung durchgeführt, wenn sie mit einem elektronischen Verwaltungsdokument nach Art. 21 VStSystRL erfolgen. Danach handelt es sich bei der Verwendung des eVD um eine materielle Voraussetzung des Steueraussetzungsverfahrens, deren Nichterfüllung grundsätzlich zur Entnahme der Ware in den steuerrechtlich freien Verkehr führt (BFH-Beschluss vom 09. April 2014 VII R 7/13, BFH/NV 2014, 1244). Ein (mit Hilfe des EMCS-Verfahrens zu erzeugendes) eVD hat die Klägerin unstreitig bei der Beförderung nicht mitgeführt.

33

bb) Allerdings wurde in § 138 Abs. 3 BranntwMonG das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, durch Rechtsverordnung (BrStV) das Verfahren der Beförderung unter Steueraussetzung entsprechend den Art. 21 bis 31 der VStSystRL und den dazu ergangenen Verordnungen sowie das Verfahren der Übermittlung des eVD und den dazu erforderlichen Datenaustausch zu regeln und dabei das Verfahren abweichend von Absatz 1 zu bestimmen. So regelt § 22 Abs. 1 BrStV zunächst dass, wenn Erzeugnisse unter Steueraussetzung aus einem Steuerlager im Steuergebiet in ein Steuerlager in einem anderen Mitgliedstaat befördert werden sollen, der Steuerlagerinhaber als Versender oder der registrierte Versender dem zuständigen Hauptzollamt vor Beginn der Beförderung unter Verwendung des EDV-gestützten Beförderungs- und Kontrollsystems den Entwurf des eVD nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz zu übermitteln haben. Auch dieses ist vorliegend nicht erfolgt.

34

Dennoch konnte die Antragstellerin bei summarischer Prüfung die Beförderung im Ausfallverfahren gem. § 29 BrStV beginnen, auch wenn das EMCS-System, worauf der Antragsgegner zu Recht hinweist, nicht vollständig ausgefallen war, sondern es der Antragstellerin lediglich nicht möglich war, auf Grund von nicht im System gespeicherten Daten (Steuerlagernummer des niederländischen Empfängers) ein eVD zu erzeugen. Steht gem. § 29 Abs. 1 BrStV das EDV-gestützte Beförderungs- und Kontrollsystem nicht zur Verfügung, kann der Steuerlagerinhaber als Versender abweichend von § 21 BrStV nur dann eine Beförderung von Erzeugnissen unter Steueraussetzung beginnen, wenn ein Ausfalldokument nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck verwendet wird. Gem. § 29 Abs. 2 BrStV hat der Versender das zuständige Hauptzollamt vor Beginn der ersten Beförderung im Ausfallverfahren in geeigneter Form über den Ausfall des EDV-gestützten Beförderungs- und Kontrollsystems zu unterrichten. Eine Unterrichtung ist gem. § 29 Abs. 2 Satz 2 BrStV nicht erforderlich, wenn es sich um einen von der Zollverwaltung veranlassten Ausfall handelt.

35

(1) Vorliegend hat die Antragstellerin jedenfalls für Zwecke der Aussetzung der Vollziehung hinreichend glaubhaft gemacht, dass sie bzw. der von ihr beauftragte Dienstleister das eVD deshalb nicht erzeugen konnte, da der niederländische Empfänger trotz vorhandenen Steuerlagers und vorhandener Verbrauchssteuernummer nicht in der SEED-Datei eingetragen war. Dieses hatte zur Folge, dass trotz vorliegender materiell-rechtlicher Befugnis kein Steueraussetzungsverfahren im EMCS-System eröffnet werden konnte. Es ist auch von der Antragstellerin hinreichend glaubhaft gemacht, dass der von Ihnen beauftragte Dienstleister über eine entsprechende Softwareschnittstelle direkt mit dem EMCS- System korrespondiert und eine im EMCS-System erzeugte Fehlermeldung weitergeleitet hat. Insoweit kommt dem Umstand, dass die Fehlermeldung nicht unmittelbar vom Antragsgegner erzeugt wurde, jedenfalls für Zwecke der Aussetzung der Vollziehung keine Bedeutung zu.

36

Hiermit liegt bei summarischer Prüfung auch ein Fall des § 29 Abs. 1 BrStV vor, so dass die Antragstellerin grundsätzlich eine Beförderung im Ausfallverfahren nutzen konnte. Zwar liegt kein vollständiger Ausfall des EDV-gestützten Beförderung und Kontrollsystems vor. Nach dem Sinn und Zweck des Ausfallverfahrens kommen die Ausfallverfahrensregelungen aber immer dann zur Anwendung, wenn der Teilnehmer oder das zuständige Hauptzollamt wegen technischer Störungen nachweisbar nicht in der Lage sind, die für EMCS vorgesehenen Nachrichten auf dem für den Teilnehmer üblichen Kommunikationsweg zu übermitteln oder zu empfangen (vgl. Milewski in Möhlenkamp/Milewski, EnergieStG/StromStG, § 9d EnergieStG, Rz. 45). Die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 BrStV liegen daher dann vor, wenn ein Erzeugen des eVD über das EMCS-System trotz Eingabe aller notwendigen und zutreffenden Daten nicht möglich ist. Dieses ist vorliegend der Fall.

37

(2)  Bei summarischer Prüfung war eine Unterrichtung des Hauptzollamtes vor Beginn der Beförderung im Ausfallverfahren nicht erforderlich, da es sich vorliegend um einen von der Zollverwaltung veranlassten Ausfall im Sinne von § 29 Abs. 2 Satz 2 BrStV handelte. Die Pflege der notwendigen Daten in die SEED-Datenbank liegt nicht im beeinflussbaren Verantwortungsbereich der Antragstellerin sondern im Bereich des Antragsgegners.

38

Bei summarischer Prüfung liegen diese Voraussetzungen vor. Letztlich wird aber im Hauptsacheverfahren zu prüfen sein, ob nicht, wie von dem Antragsgegner behauptet, ein Softwarefehler im Bereich der Antragstellerin für die Nichterstellung des eVD verantwortlich ist.

39

(3) Die von der Antragstellerin im Rahmen des Ausfallverfahrens gemachten Formfehler, wie etwa die Nichtangabe einer Ticketnummer im Ausfalldokument oder auch die verspätete Übersendung des gemäß § 29 Abs. 5 BrStV nachträglich erzeugten eVD sind bei summarischer Prüfung nicht so beachtlich, dass sie zu einer Steuerentstehung führen würden. Denn nach Auffassung des Senats lässt sich die Rechtsprechung des BFH, wonach nicht jegliche Ungenauigkeit bei der Erstellung des Entwurfs des eVD zur Steuerentstehung führt (BFH-Urteil vom 5. März 2014 VII B 105/13, BFH/NV 2014, 1190) auf die Erstellung des im Ausfallverfahren mitzuführenden Ausfalldokuments übertragen.

40

(4) Auch vor dem Hintergrund, dass angesichts der vergleichsweise hohen Steuerbelastung der Branntweinsteuer zum Wert des vergällten Ethanols nach der Rechtsprechung des EuGH auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten ist (EuGH Urteil vom 2. Juni 2016 C-355/14, Polihim-SS; EUGH-Urteil vom 13. Juli 2017 C-152/16, Vakaru Baltijos laivu statykla), der bei lediglich geringfügiger Nichteinhaltung von Formvorschriften nicht mehr gewahrt wäre, war eine Aussetzung der Vollziehung zu gewähren.

41

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

42

3. Die Beschwerde war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.


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Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) hat ihren Firmensitz im Freihafen Hamburg und betreibt dort ein Steuerlager. Ohne für die jeweils aus dem S

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(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden.

(2) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, für die sie von Bedeutung ist.

(3) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 steht in den Fällen des Absatzes 2 stets unter Vorbehalt des Widerrufs, wenn sie

1.
von der Finanzbehörde nicht ausdrücklich als eigenständige Billigkeitsentscheidung ausgesprochen worden ist,
2.
mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 verbunden ist oder
3.
mit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 verbunden ist und der Grund der Vorläufigkeit auch für die Entscheidung nach Absatz 1 von Bedeutung ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 1 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung abläuft, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Aufhebung oder Entfallen des Vorbehalts der Nachprüfung der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Eintritt der Endgültigkeit der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist.

(4) Ist eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1, die nach Absatz 3 unter Vorbehalt des Widerrufs steht, rechtswidrig, ist sie mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 130 Absatz 3 Satz 1 gilt in diesem Fall nicht.

(1) Die Finanzbehörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Dabei hat sie alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(2) Die Finanzbehörde bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen nach den Umständen des Einzelfalls sowie nach den Grundsätzen der Gleichmäßigkeit, Gesetzmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Bei der Entscheidung über Art und Umfang der Ermittlungen können allgemeine Erfahrungen der Finanzbehörden sowie Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit berücksichtigt werden.

(3) Zur Gewährleistung eines zeitnahen und gleichmäßigen Vollzugs der Steuergesetze können die obersten Finanzbehörden für bestimmte oder bestimmbare Fallgruppen Weisungen über Art und Umfang der Ermittlungen und der Verarbeitung von erhobenen oder erfassten Daten erteilen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist. Bei diesen Weisungen können allgemeine Erfahrungen der Finanzbehörden sowie Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit berücksichtigt werden. Die Weisungen dürfen nicht veröffentlicht werden, soweit dies die Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung gefährden könnte. Weisungen der obersten Finanzbehörden der Länder nach Satz 1 bedürfen des Einvernehmens mit dem Bundesministerium der Finanzen, soweit die Landesfinanzbehörden Steuern im Auftrag des Bundes verwalten.

(4) Das Bundeszentralamt für Steuern und die zentrale Stelle im Sinne des § 81 des Einkommensteuergesetzes können auf eine Weiterleitung ihnen zugegangener und zur Weiterleitung an die Landesfinanzbehörden bestimmter Daten an die Landesfinanzbehörden verzichten, soweit sie die Daten nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand einem bestimmten Steuerpflichtigen oder einem bestimmten Finanzamt zuordnen können. Nach Satz 1 einem bestimmten Steuerpflichtigen oder einem bestimmten Finanzamt zugeordnete Daten sind unter Beachtung von Weisungen gemäß Absatz 3 des Bundesministeriums der Finanzen weiterzuleiten. Nicht an die Landesfinanzbehörden weitergeleitete Daten sind vom Bundeszentralamt für Steuern für Zwecke von Verfahren im Sinne des § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b bis zum Ablauf des 15. Jahres nach dem Jahr des Datenzugangs zu speichern. Nach Satz 3 gespeicherte Daten dürfen nur für Verfahren im Sinne des § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b sowie zur Datenschutzkontrolle verarbeitet werden.

(5) Die Finanzbehörden können zur Beurteilung der Notwendigkeit weiterer Ermittlungen und Prüfungen für eine gleichmäßige und gesetzmäßige Festsetzung von Steuern und Steuervergütungen sowie Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen automationsgestützte Systeme einsetzen (Risikomanagementsysteme). Dabei soll auch der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung berücksichtigt werden. Das Risikomanagementsystem muss mindestens folgende Anforderungen erfüllen:

1.
die Gewährleistung, dass durch Zufallsauswahl eine hinreichende Anzahl von Fällen zur umfassenden Prüfung durch Amtsträger ausgewählt wird,
2.
die Prüfung der als prüfungsbedürftig ausgesteuerten Sachverhalte durch Amtsträger,
3.
die Gewährleistung, dass Amtsträger Fälle für eine umfassende Prüfung auswählen können,
4.
die regelmäßige Überprüfung der Risikomanagementsysteme auf ihre Zielerfüllung.
Einzelheiten der Risikomanagementsysteme dürfen nicht veröffentlicht werden, soweit dies die Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung gefährden könnte. Auf dem Gebiet der von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwalteten Steuern legen die obersten Finanzbehörden der Länder die Einzelheiten der Risikomanagementsysteme zur Gewährleistung eines bundeseinheitlichen Vollzugs der Steuergesetze im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen fest.

(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden.

(2) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, für die sie von Bedeutung ist.

(3) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 steht in den Fällen des Absatzes 2 stets unter Vorbehalt des Widerrufs, wenn sie

1.
von der Finanzbehörde nicht ausdrücklich als eigenständige Billigkeitsentscheidung ausgesprochen worden ist,
2.
mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 verbunden ist oder
3.
mit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 verbunden ist und der Grund der Vorläufigkeit auch für die Entscheidung nach Absatz 1 von Bedeutung ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 1 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung abläuft, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Aufhebung oder Entfallen des Vorbehalts der Nachprüfung der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Eintritt der Endgültigkeit der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist.

(4) Ist eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1, die nach Absatz 3 unter Vorbehalt des Widerrufs steht, rechtswidrig, ist sie mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 130 Absatz 3 Satz 1 gilt in diesem Fall nicht.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) hat ihren Firmensitz im Freihafen Hamburg und betreibt dort ein Steuerlager. Ohne für die jeweils aus dem Steuerlager entfernten verbrauchsteuerpflichtigen Waren ein elektronisches begleitendes Verwaltungsdokument (eVD) oder ein noch bis zum 31. Dezember 2011 zulässiges begleitendes Verwaltungsdokument (VD) auszustellen, beförderte sie die Erzeugnisse im Zeitraum vom 15. Februar bis 25. Mai 2011 als unversteuerten Schiffsbedarf lediglich mit Lieferzetteln nach § 27 der Zollverordnung (ZollV) an bezugsberechtigte Seeschiffe. Mit der Begründung, die Steuer sei durch die Entnahme der verbrauchsteuerpflichtigen Waren aus dem Steuerlager entstanden, setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--) Tabak-, Bier- und Branntweinsteuer in Höhe von 11.035 € fest.

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Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, die Klägerin habe die verbrauchsteuerpflichtigen Waren ihrem Steuerlager entnommen, ohne dass sich nach der Entnahme ein Verfahren der Steueraussetzung angeschlossen habe, weshalb die Tabaksteuer nach § 15 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 des Tabaksteuergesetzes (TabStG), die Biersteuer nach § 14 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 des Biersteuergesetzes (BierStG) und die Branntweinsteuer nach § 143 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes über das Branntweinmonopol (BranntwMonG) entstanden seien.

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Die Rechtsansicht der Klägerin, nach der sich die Waren nicht im steuerrechtlich freien Verkehr befunden hätten, weil sie aufgrund ihrer Beförderung innerhalb des Freihafens als Freizone des Kontrolltyps I nicht in den freien Wirtschaftskreislauf des Steuergebiets eingegangen seien, finde keine Stütze in den Bestimmungen der Verbrauchsteuergesetze und des Unionsrechts. Als Teil der Bundesrepublik Deutschland gehöre der Freihafen Hamburg zum Verbrauchsteuergebiet. Daraus folge, dass sich verbrauchsteuerpflichtige Waren, für die kein Steueraussetzungsverfahren eröffnet worden sei, nur im steuerrechtlich freien Verkehr befinden könnten. In einem der in § 4 Nr. 3 TabStG, § 3 Nr. 3 BierStG sowie § 132 Nr. 3 BranntwMonG genannten zollrechtlichen Nichterhebungsverfahren hätten sich die als Schiffsbedarf dem Steuerlager entnommenen Waren nicht befunden. Der Lieferzettel nach § 27 ZollV könne das aus verbrauchsteuerrechtlicher Sicht erforderliche (elektronische) begleitende Verwaltungsdokument nicht ersetzen. Unerheblich sei, dass der Freihafen Hamburg nach § 1 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) umsatzsteuerrechtlich als Ausland angesehen und nach Art. 166, 167 des Zollkodex (ZK) als Freizone eingestuft werde. Schließlich erweise sich die Steuererhebung aufgrund des Verstoßes gegen Formerfordernisse nicht als unverhältnismäßig.

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Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, das FG habe den verbrauchsteuerrechtlichen Begriff des steuerrechtlich freien Verkehrs verkannt und Art. 7 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2008/118/EG (VStSystRL) des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 9/12) unzutreffend ausgelegt. Entgegen der Auffassung des FG sei Art. 7 Abs. 2 VStSystRL, der lediglich Regelbeispiele anführe, keine Legaldefinition des steuerrechtlich freien Verkehrs zu entnehmen. In den Fällen, in denen wie im Streitfall bloße Formverstöße vorlägen, müsse der Begriff des steuerrechtlich freien Verkehrs offen gehalten werden; jedenfalls könne er nicht bloß formal auf die Fälle beschränkt werden, in denen weder ein Verfahren der Steueraussetzung noch ein zollrechtliches Nichterhebungsverfahren vorliege. Eine Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren mit einem Lieferzettel nach § 27 ZollV gewährleiste die Steueraufsicht und schließe die Annahme aus, die Ware habe Eingang in den allgemeinen Wirtschaftskreislauf gefunden und befinde sich im freien Verkehr. Dass sich eine Ware nur dann im verbrauchsteuerrechtlich freien Verkehr befinden könne, wenn sie tatsächlich in den Wirtschaftskreislauf eines Mitgliedstaates eintrete, belege das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 29. April 2010 C-230/08 (Slg. 2010, I-3799). Im Streitfall sei zudem zu berücksichtigen, dass sich an die Entfernung aus dem Steuerlager eine Steuerbefreiung, nämlich eine steuerfreie Verwendung der Waren als Schiffs- und Reisebedarf, angeschlossen habe. Im Übrigen könne die bloße Unterbrechung der Steueraufsicht keine Verbrauchsteuerschuld entstehen lassen, sondern allenfalls als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Nach Jatzke (Das System des deutschen Verbrauchsteuerrechts, S. 228) könne die zu § 50 der Abgabenordnung (AO) ergangene Rechtsprechung, nach der die Unterbrechung der Steueraufsicht nicht zur Steuerentstehung führe, auf die neuen Verbrauchsteuerentstehungstatbestände übertragen werden.

5

Die Klägerin beantragt, das erstinstanzliche Urteil sowie die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen aufzuheben.

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Das HZA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

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Es schließt sich im Wesentlichen der Rechtsauffassung des FG an. Da die Verwendung des eVD oder VD für die Eröffnung eines Steueraussetzungsverfahrens als konstitutiv angesehen werden müsse, hätten sich die von der Klägerin ohne Verwendung eines solchen Dokuments aus dem Steuerlager entfernten Waren nicht in einem Verfahren der Steueraussetzung befunden. Auf die Beförderung im Steuergebiet beschränkte Vereinfachungen habe der Gesetzgeber nicht zugelassen. Da die unionsrechtlichen Vorgaben eindeutig seien, bestehe kein Anlass für eine Befassung des EuGH. Die Überlegungen der Klägerin zum Begriff des Entziehens und zum Vorliegen einer Unregelmäßigkeit seien für den Streitfall, in dem es um eine Steuerentstehung aufgrund der Entfernung verbrauchsteuerpflichtiger Waren aus einem Steuerlager gehe, ohne Belang. Schließlich seien nach § 27 Abs. 9 Satz 1 ZollV zur Ausfuhr bestimmte unversteuerte verbrauchsteuerpflichtige Gemeinschaftswaren, die als Schiffs- und Reisebedarf im Seeverkehr abgegeben und bezogen werden, nach den verbrauchsteuerrechtlichen Vorschriften über die Ausfuhr unter Steueraussetzung an die bezugsberechtigten Personen abzugeben. Dies schließe die Annahme aus, bei der Regelung des § 27 ZollV handele es sich um eine das Steueraussetzungsverfahren verdrängende Steuerbefreiung.

Entscheidungsgründe

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II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

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Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das Urteil des FG entspricht Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Durch die Entfernung der verbrauchsteuerpflichtigen Waren aus dem im Freihafen liegenden Steuerlager ohne die formgerechte Eröffnung eines Steuerversandverfahrens unter Verwendung der hierzu vorgeschriebenen Verwaltungsdokumente ist die jeweilige Verbrauchsteuer entstanden, so dass die Klägerin vom HZA zu Recht als Steuerschuldnerin in Anspruch genommen worden ist.

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1. Nach § 15 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 TabStG, § 14 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BierStG und § 143 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BranntwMonG entsteht die Steuer zum Zeitpunkt der Überführung der jeweiligen verbrauchsteuerpflichtigen Waren in den steuerrechtlich freien Verkehr durch die Entnahme aus dem Steuerlager, es sei denn, es schließt sich ein weiteres Verfahren der Steueraussetzung oder eine Steuerbefreiung an. Zur Belieferung von Seeschiffen mit unversteuertem Schiffsbedarf hat die Klägerin nach den Feststellungen des FG verbrauchsteuerpflichtige Waren aus ihrem Steuerlager entfernt und für diese Waren lediglich einen nach § 27 Abs. 12 ZollV vorgeschriebenen "Lieferzettel für Schiffs- und Reisebedarf gemäß § 27 ZollV" ausgestellt. Da sich an die Entfernung aus dem Steuerlager weder ein weiteres Steueraussetzungsverfahren noch eine Steuerbefreiung angeschlossen hat, ist die jeweilige Verbrauchsteuer nach den genannten Bestimmungen entstanden.

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a) Mit der Verwendung des vorgeschriebenen Lieferzettels gemäß § 27 Abs. 12 ZollV wird kein Versandverfahren unter Steueraussetzung eröffnet. Denn soweit keine Ausnahmen vorgesehen sind, gelten nach § 10 Abs. 1 TabStG, § 9 Abs. 1 BierStG und § 138 Abs. 1 BranntwMonG Beförderungen nur dann als unter Steueraussetzung durchgeführt, wenn sie mit einem elektronischen Verwaltungsdokument nach Art. 21 VStSystRL erfolgen. Danach handelt es sich bei der Verwendung des eVD um eine materielle Voraussetzung des Steueraussetzungsverfahrens, deren Nichterfüllung zur Entnahme der Ware in den steuerrechtlich freien Verkehr führt (Schröer-Schallenberg/Bongartz, Überblick über die Einführung von EMCS, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2009, 161, 165 f.). Die Klägerin hat weder ein eVD noch ein im Streitjahr nach § 61 Satz 1 Nr. 2 der Tabaksteuerverordnung, § 53 Satz 1 Nr. 2 der Biersteuerverordnung und § 68 Satz 1 Nr. 2 der Branntweinsteuerverordnung für eine Übergangszeit noch zugelassenes VD, sondern ausschließlich den von § 27 Abs. 12 ZollV geforderten Lieferzettel verwendet. Dieser Lieferzettel kann jedoch das verbrauchsteuerrechtlich vorgeschriebene VD nicht ersetzen. Da er nicht die gleichen Angaben enthält, die für das VD vorgeschrieben sind (z.B. die Verbrauchsteuernummern von Versender und Empfänger, KN-Codes der alkoholischen Getränke sowie Bezugs- und Rechnungsnummern), kann der Lieferzettel auch nicht als Handelsdokument i.S. des Art. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2719/92 der Kommission vom 11. September 1992 zum begleitenden Verwaltungsdokument bei der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren unter Steueraussetzung (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 276/1) angesehen werden.

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b) Nach den Feststellungen des FG hat sich an die Entfernung der verbrauchsteuerpflichtigen Waren aus dem Steuerlager weder ein weiteres Steueraussetzungsverfahren noch ein zollrechtliches Nichterhebungsverfahren angeschlossen. Infolgedessen kommt aufgrund der in § 4 Nr. 3 TabStG, § 3 Nr. 3 BierStG und § 132 Nr. 3 BranntwMonG festgelegten Begriffsbestimmung, die den steuerrechtlich freien Verkehr negativ vom Steueraussetzungsverfahren und vom zollrechtlichen Nichterhebungsverfahren abgrenzt, nur noch in Betracht, dass sich die Waren nach ihrer Entfernung aus dem Steuerlager im steuerrechtlich freien Verkehr befunden haben. Einen dritten, der Steuerentstehung entgegenstehenden Status kennt das deutsche Verbrauchsteuerrecht nicht. Die nationalen Vorschriften sind insoweit eindeutig und bedürfen auch keiner den Steuerentstehungstatbestand der Entfernung aus dem Steuerlager einschränkenden richtlinienkonformen Interpretation.

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2. Entgegen der Auffassung der Revision hat der Gesetzgeber mit der Normierung der in § 15 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 TabStG, § 14 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BierStG und § 143 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BranntwMonG festgelegten Steuerentstehungstatbestände das einschlägige Unionsrecht zutreffend umgesetzt.

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a) Nach Art. 7 Abs. 1 VStSystRL entsteht der Verbrauchsteueranspruch zum Zeitpunkt und im Mitgliedstaat der Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr. In Art. 7 Abs. 2 VStSystRL hat der Unionsgesetzgeber abschließend die Fälle benannt, in denen von einer Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr auszugehen ist. Danach gilt z.B. die Entnahme aus dem Verfahren der Steueraussetzung, d.h. auch die Entfernung aus einem Steuerlager, als Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr. Die Behauptung der Klägerin, es handele sich lediglich um eine nicht abschließende Auflistung von Regelbeispielen, findet weder eine Stütze in den Erwägungsgründen noch in den Regelungen der VStSystRL. Im achten Erwägungsgrund wird ausdrücklich darauf hingewiesen, es sei nach wie vor für ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarktes erforderlich, dass die Voraussetzungen für die Entstehung des Verbrauchsteueranspruchs in allen Mitgliedstaaten gleich sind. Mit dieser Zielvorgabe ließe es sich schwerlich vereinbaren, den Begriff des steuerrechtlich freien Verkehrs und damit die Steuerentstehung in einer unbestimmten Anzahl von Fällen offen zu halten und die in Art. 7 Abs. 2 VStSystRL getroffenen Regelungen als ergänzungsbedürftig zu erachten oder in den Fällen durch eine teleologische Interpretation einzuschränken, in denen nach Auffassung der Klägerin bloße Formverstöße vorliegen bzw. eine steuerliche Kontrolle außerhalb eines Steueraussetzungsverfahrens gewährleistet ist. Die von der Klägerin vertretene Rechtsansicht führte dazu, dass es die Mitgliedstaaten in der Hand hätten, den Zeitpunkt der Steuerentstehung und der Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr in Abweichung von den in Art. 7 Abs. 2 VStSystRL festgelegten Vorgaben durch die Anordnung rein nationaler Kontrollmaßnahmen, wie sie die Lieferzettel nach § 27 Abs. 12 ZollV sind, selbst zu bestimmen.

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b) Für die von der Klägerin vertretene Rechtsansicht lässt sich auch Art. 10 VStSystRL nichts entnehmen (a.A. Reiche, Steuerrechtlich freier Verkehr im Freihafen?, ZfZ 2012, 113, 114 f.), der lediglich die Erhebungskompetenz der Mitgliedstaaten im Fall von Unregelmäßigkeiten regelt, die eine Überführung der Waren in den steuerrechtlich freien Verkehr nach Art. 7 Abs. 2 Buchst. a VStSystRL zur Folge haben. Dass der Begriff der Unregelmäßigkeit als Oberbegriff für alle Fälle gewählt wurde, die zu einer Steuerentstehung führen, belegt die im Wesentlichen identische Regelung in Art. 38 VStSystRL, nach der im Fall einer begangenen bzw. festgestellten Unregelmäßigkeit die Waren einer Verbrauchsteuer unterliegen bzw. die Verbrauchsteuer zu entrichten ist. Zudem wird der Begriff der Unregelmäßigkeit in Art. 10 Abs. 6 VStSystRL und Art. 38 Abs. 4 VStSystRL identisch dahingehend bestimmt, dass er jede nicht ordnungsgemäße Beendigung einer Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren umfasst.

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c) Das Verfahren der Steueraussetzung zur Vermeidung einer Steuerentstehung könnte allenfalls in den Fällen als entbehrlich erachtet werden, in denen die Mitgliedstaaten nach Art. 30 VStSystRL auf ihr eigenes Hoheitsgebiet beschränkte Ausnahmen zugelassen haben oder in denen die unionsrechtlichen Regelungen gemäß Art. 5 VStSystRL keine Anwendung finden. Von der nach Art. 30 VStSystRL eröffneten Möglichkeit, vereinfachte Verfahren vorzusehen, hat die Bundesrepublik Deutschland in Bezug auf inländische Freizonen jedoch keinen Gebrauch gemacht. Freizonen sind vom räumlichen Anwendungsbereich der VStSystRL auch nicht ausgenommen (Art. 5 VStSystRL), folglich gehören die deutschen Freihäfen zu dem in den einzelnen Verbrauchsteuergesetzen festgelegten Steuergebiet (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 TabStG, § 1 Abs. 1 Satz 2 BierStG, § 130 Abs. 1 Satz 2 BranntwMonG), so dass sich in Bezug auf die anzuwendenden verbrauchsteuerrechtlichen Bestimmungen keine Besonderheiten ergeben. Allein der Umstand, dass eine verbrauchsteuerpflichtige Ware aus einem in einer eingezäunten Freizone des Kontrolltyps I (Art. 167 Abs. 3 ZK) liegenden Steuerlager entfernt wird, steht somit der Steuerentstehung nach Art. 7 VStSystRL nicht entgegen. Der in der Literatur vertretenen Ansicht (Reiche in ZfZ 2012, 113, 115), nach der selbst eine unrechtmäßige Entnahme aus dem Steueraussetzungsverfahren in einer Freizone aufgrund der dort gewährleisteten zollamtlichen Kontrolle nicht zu einer Überführung in den freien Verkehr führen soll, kann daher nicht gefolgt werden. Denn diese Ansicht schlösse selbst im Fall eines Diebstahls verbrauchsteuerpflichtiger Waren und bei deren Verbleib oder Verbrauch auf dem Freihafengelände eine Steuerentstehung aus. Es liegt auf der Hand, dass ein solches Ergebnis den unionsrechtlichen Vorgaben widerspräche.

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d) Entgegen der Ansicht der Revision gebietet das Urteil des EuGH in Slg. 2010, I-3799 keine einschränkende Auslegung der nationalen Bestimmungen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich der EuGH in diesem Urteil mit dem Eintritt der Verbrauchsteuerpflicht einer Ware bei ihrem vorschriftswidrigen Verbringen in das Zollgebiet der Europäischen Union und der Steuerentstehung in Fällen des Einfuhrschmuggels und nicht mit den Fällen der Steuerentstehung durch Entfernung einer bereits der Verbrauchsteuer unterworfenen Ware aus einem im Unionsgebiet liegenden Steuerlager befasst hat. Im Streitfall steht außer Frage, dass die aus dem Steuerlager der Klägerin entfernten Waren der Verbrauchsteuer unterliegen, so dass sich insoweit eine mit dem Einfuhrschmuggel vergleichbare Problemstellung nicht ergibt. Insbesondere kann die Lagerung einer verbrauchsteuerpflichtigen Ware in einem zugelassenen Steuerlager nicht mit der Situation gleichgesetzt werden, in der sich eine Ware auf dem Transport von einer Drittlandsgrenze zur ersten im Gebiet der Europäischen Union liegenden Zollstelle befindet. Nur für solche Waren, die gemäß Art. 233 Abs. 1 Buchst. d ZK bei ihrem vorschriftswidrigen Verbringen von den örtlichen Zoll- und Steuerbehörden beschlagnahmt worden sind, hat der EuGH den Eintritt der Verbrauchsteuerpflicht und damit die Möglichkeit einer Steuerentstehung mit dem Hinweis verneint, dass (erst) das Vorhandensein vorschriftswidrig verbrachter Waren im Zollgebiet der Europäischen Union eine sehr große Gefahr berge, dass diese Waren letztlich Eingang in den Wirtschaftskreislauf der Mitgliedstaaten finden. Entgegen der Ansicht der Revision lassen sich deshalb die vom EuGH zum Einfuhrschmuggel entwickelten Grundsätze nicht auf den Fall übertragen, dass verbrauchsteuerpflichtige Waren ohne Eröffnung eines Steueraussetzungsverfahrens aus einem Steuerlager entfernt werden.

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Im Übrigen hat sich der EuGH in seinem Urteil vom 5. April 2001 C-325/99 (Slg. 2001, I-2729) die Ansicht der Europäischen Kommission zu eigen gemacht, nach der aus der Systematik der Richtlinienbestimmungen zur Definition und Funktionsweise der Steuerlager und des Verfahrens der Steueraussetzung folge, dass eine außerhalb eines solchen Verfahrens angetroffene verbrauchsteuerpflichtige Ware notwendigerweise zu einem bestimmten Zeitpunkt in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt worden sei. Indem der Unionsgesetzgeber die "Entnahme" der Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr gleichgestellt habe, habe er deutlich gemacht, dass jede Herstellung oder Verarbeitung, jeder Besitz und jede Beförderung außerhalb eines Verfahrens der Steueraussetzung zur Entstehung des Steueranspruchs führe. Diesen Ausführungen lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der EuGH den Eingang der verbrauchsteuerpflichtigen Ware in den Wirtschaftskreislauf eines Mitgliedstaats als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der unionsrechtlich festgelegten Steuerentstehungstatbestände verstanden wissen wollte oder die Ersetzung des Steueraussetzungsverfahrens außerhalb des Anwendungsbereichs des Art. 30 VStSystRL durch rein nationale Maßnahmen der Steueraufsicht für möglich gehalten hat.

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3. An die Entnahme der streitgegenständlichen Erzeugnisse aus dem Steuerlager hat sich keine Steuerbefreiung angeschlossen. Nach dem Sinn und Zweck der in den § 15 Abs. 1 TabStG, § 14 Abs. 1 BierStG und § 143 Abs. 1 BranntwMonG getroffenen Regelungen soll eine Steuerentstehung in den Fällen verhindert werden, in denen die verbrauchsteuerpflichtige Ware einer steuerbegünstigten Verwendung zugeführt werden soll. Durch den Verzicht auf eine Entstehung der Steuer trotz Überführung der Ware in den steuerrechtlich freien Verkehr wird ein aufwändiges Entlastungsverfahren vermieden. Eine fortdauernde steuerliche Kontrolle durch Anwendung eines weiteren Steueraussetzungsverfahrens ist im Fall einer Steuerbefreiung nicht erforderlich. Von einer in den genannten Bestimmungen angesprochenen Steuerbefreiung kann jedoch dann nicht ausgegangen werden, wenn das Gesetz im Hinblick auf einen bestimmten Ge- oder Verbrauch der Ware ausdrücklich die Verwendung des Steueraussetzungsverfahrens anordnet und damit die Überführung der Ware in den steuerrechtlich freien Verkehr auf einen späteren Zeitpunkt als dem der Entfernung aus dem Steuerlager verlegt. So liegt es im Streitfall, denn § 27 Abs. 9 Satz 1 ZollV verlangt ausdrücklich, dass in zollrechtlichen Ausfuhrfällen unversteuerte verbrauchsteuerpflichtige Gemeinschaftswaren, die als Schiffs- und Reisebedarf im Seeverkehr abgegeben und bezogen werden, nach den verbrauchsteuerrechtlichen Vorschriften über die Ausfuhr unter Steueraussetzung an die Bezugsberechtigten abzugeben und von diesen auszuführen sind. Folgte man der Ansicht der Revision, nach der Schiffs- und Reisebedarf ohne die Folge der Steuerentstehung auch außerhalb eines Steueraussetzungsverfahrens und lediglich mit einem Lieferzettel nach § 27 Abs. 12 ZollV abgegeben werden könnte, bestünde für die in § 27 Abs. 9 Satz 1 ZollV normierte Regelung kein Anwendungsbereich. Bei diesem Befund kann der Ansicht der Revision nicht gefolgt werden. In diesem Zusammenhang sind auch die von der Klägerin zu § 50 AO und zur zweckwidrigen Verwendung angestellten Überlegungen ohne Belang. Unerheblich ist darüber hinaus, dass Lieferungen von Gegenständen zur Versorgung von Wasserfahrzeugen nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 UStG i.V.m. § 4 Nr. 2 UStG von der Steuer befreit sind. Denn die im Umsatzsteuerrecht als echte Steuerbefreiung ausgestaltete Regelung (vgl. Jatzke in Sölch/Ringleb, UStG, § 8 Rz 5) kann auf das Verbrauchsteuerrecht nicht übertragen und zur Auslegung und Anwendung der Steuerentstehungstatbestände herangezogen werden.

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Der Senat hält die von ihm vorgenommene Auslegung des einschlägigen Unionsrechts auf Grund der Rechtsprechung des EuGH für eindeutig. Ein Anlass zur Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH besteht demnach nicht (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81 --C.I.L.F.I.T.--, Slg. 1982, 3415, Rz 16).

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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

(1) Beförderungen gelten, soweit in diesem Gesetz oder den dazu ergangenen Rechtsverordnungen keine Ausnahmen vorgesehen sind, nur dann als unter Steueraussetzung durchgeführt, wenn sie mit einem elektronischen Verwaltungsdokument nach Artikel 20 der Systemrichtlinie erfolgen.

(2) Unbeschadet Absatz 1 gelten in den Fällen des § 10 Absatz 1 Nummer 2 und des § 11 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe c Beförderungen nur dann als unter Steueraussetzung durchgeführt, wenn dem Inhaber des abgebenden Steuerlagers oder dem registrierten Versender eine Freistellungsbescheinigung nach Artikel 12 Absatz 1 der Systemrichtlinie vorliegt. Die Freistellungsbescheinigung ist während der Beförderung mitzuführen. Satz 2 gilt auch in den Fällen des § 11 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe c.

(3) Abgesehen von den Fällen, in denen Energieerzeugnisse unmittelbar am Ort der Einfuhr in ein Steuerlager aufgenommen werden, können Energieerzeugnisse nur dann mit einem elektronischen Verwaltungsdokument unter Steueraussetzung vom Ort der Einfuhr befördert werden, wenn der Anmelder nach Artikel 5 Nummer 15 des Unionszollkodex oder jede andere Person, die nach Artikel 15 des Unionszollkodex unmittelbar oder mittelbar an der Erfüllung von Zollformalitäten beteiligt ist, den zuständigen Behörden des Einfuhrmitgliedstaats Folgendes vorlegt:

1.
die Verbrauchsteuernummer des registrierten Versenders,
2.
die Verbrauchsteuernummer des Steuerlagerinhabers oder des registrierten Empfängers, an den die Energieerzeugnisse versandt werden,
3.
im Falle von Beförderungen von Energieerzeugnissen in andere Mitgliedstaaten den Nachweis, dass die eingeführten Energieerzeugnisse vom Steuergebiet in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats versandt werden sollen.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.