Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 28. Apr. 2010 - 2 K 756/07

ECLI:ECLI:DE:FGST:2010:0428.2K756.07.0A
bei uns veröffentlicht am28.04.2010

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die Umsatzsteuer 2005 infolge der Feststellungen einer beim Kläger durchgeführten Betriebsprüfung zutreffend festgesetzt wurde.

2

Der Kläger betreibt seit dem Jahr 2004 mit der Firma „A“ und der Firma „B“ zwei Einzelunternehmen.

3

Am 1. August 2002 schloss der Kläger mit seinen Eltern eine schriftliche Nutzungsvereinbarung; wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Senatsurteile 2 K 1380/06 und 1381/06 vom heutigen Tage verwiesen. Danach darf der Kläger zwei im Eigentum seiner Eltern stehende Grundstücke bzw. Gebäudeteile gegen ein monatliches Nutzungsentgelt in C (zugleich Wohnhaus der Eltern) und in D (zugleich Wohnhaus des Klägers und seiner Familie auf Grund unentgeltlichen Nutzungsrechts) betrieblich nutzen.

4

Am 30. Juni 2006 reichte der Kläger seine Umsatzsteuererklärung 2005 ein, die einen Erstattungsbetrag i.H.v. 571,30 € auswies.

5

In der Zeit vom 8. November 2006 bis 27. Februar 2007 fanden bei dem Kläger für beide Firmen jeweils eine Betriebsprüfung für die Jahre 2004 und 2005 statt. Der Kläger teilte der Betriebsprüferin mit Schreiben vom 5. September 2006 jeweils mit, dass es ihm auf absehbare Zeit nicht möglich sei, die geforderten Unterlagen einzureichen. Auch im weiteren Verlauf der Betriebsprüfung wirkte der Kläger nicht mit, so dass die Betriebsprüferin an Amtsstelle die vorhandenen Unterlagen überprüfte. Im Ergebnis erhöhte die Betriebsprüfung die Umsätze durch eine Hinzuschätzung im Rahmen einer Geldverkehrsrechnung (i.H.v. 12.284 €) und kürzte die Vorsteuerbeträge für Strom- und Heizungskosten von 50% auf 25% der tatsächlichen Kosten; im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die entsprechenden BP-Berichte vom 6. März 2007 verwiesen.

6

Den Feststellungen der Betriebsprüfung folgend setzte das FA mit Bescheid vom 20. März 2007 die Umsatzsteuer 2005 auf 1.412,89 € fest.

7

Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 10. April 2006 Einspruch ein, den er mit der Willkürlichkeit der Steuerfestsetzung sowie damit begründete, die Betriebsprüfung habe ohne Einsichtnahme in die Betriebsunterlagen stattgefunden. Diesen Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 8. Juni 2007 als unbegründet zurück.

8

Mit der am 11. Juni 2007 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Einspruchsbegehren weiter.

9

Für den mit Postzustellungsurkunde geladenen Kläger ist in der mündlichen Verhandlung niemand erschienen.

10

Der Kläger hat in seinem Klageschriftsatz vom 11. Juni 2007 beantragt, den Umsatzsteuerbescheid 2005 auf einen Erstattungsbetrag i.H.v. 861,89 € zu ändern und festzustellen, inwieweit die Geldverkehrsrechnung als Grundlage für eine Schätzung herangezogen werden kann. Hilfsweise beantragt er den Erlass der Umsatzsteuer 2005 einschließlich Zinsen.

11

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

12

Das beklagte Finanzamt – FA – bezieht sich auf sein bisheriges Vorbringen.

Entscheidungsgründe

13

Die Klage ist teilweise unzulässig (siehe unten 2. und 3.) und im Übrigen unbegründet (siehe unten 4. und 5.).

14

1. Der Senat konnte trotz des Ausbleibens des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung zur Sache zu entscheiden, da der Kläger nach Aktenlage ordnungsgemäß i. S. d. § 91 FinanzgerichtsordnungFGO – geladen war. Die Ladung vom 30. März 2010, die insbesondere den Hinweis auf § 91 Abs. 2 FGO enthielt, wonach beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurde dem Kläger ausweislich der Postzustellungsurkunde am 6. April 2010 um 8:20 Uhr durch Einwurf in den Briefkasten des Klägers in der …-Straße ... in D zugestellt.

15

2. Hinsichtlich des Feststellungsbegehrens, inwieweit die Geldverkehrsrechnung als Grundlage für eine Schätzung herangezogen werden kann, ist die Klage wegen der Nachrangigkeit der Feststellungsklage gegenüber Gestaltungsklagen i.S.d. § 41 Abs. 2 Satz 1 FGO unzulässig. Der Kläger kann seine Rechte durch Anfechtungsklage gegen die entsprechende Umsatzsteuerfestsetzung verfolgen und tut dies auch (siehe unten 4. und 5.).

16

3. Hinsichtlich des Erlassbegehrens ist die Klage wegen Fehlens der Klagebefugnis i.S.d. § 40 Abs. 2 FGO unzulässig. Der Kläger hat vor Klageerhebung keinen entsprechenden Erlassantrag beim FA gestellt, so dass es bereits an einer (ablehnenden) Entscheidung des FA fehlt, durch die der Kläger in seinen Rechten verletzt sein könnte.

17

4. a) Da der Kläger im Rahmen der Betriebsprüfung entsprechend seiner Ankündigung in seinem Schreiben vom 5. September 2006 nicht mitgewirkt hat und darüber hinaus bis zum heutigen Tage auch nicht erklärt hat, wie er (und seine Familie) die ihre erklärten Einnahmen übersteigenden Ausgaben beglichen hat (mit Ausnahme der Arbeitslosenhilfe der Ehefrau i.H.v. 5.554,63 €, Tz. 21 BP-Bericht A), war das FA dem Grunde nach zur Schätzung i.S.d. § 162 Abs. 1 und Abs. 2 AbgabenordnungAO – berechtigt; insoweit wird auch auf den PKH-Beschluss vom 28. Januar 2010 Bezug genommen.

18

5. Auch der Höhe nach ist die Hinzuschätzung i.H.v. (netto) 12.284 € (Tz. 17, 25 BP-Bericht A) nicht zu beanstanden. Die Betriebsprüfung hat in der zwangsläufig ohne Mitwirkung des Klägers angefertigten Geldverkehrsrechnung sämtlichen Einnahmen alle Ausgaben gegenüber gestellt und nur in der Höhe Erlöse bzw. Umsätze hinzugeschätzt, in der die Ausgaben die Einnahmen überstiegen; im Ergebnis gleichen sich danach lediglich Einnahmen und Ausgaben aus. Dabei sieht der Senat insbesondere die von der Betriebsprüfung angesetzten Ausgaben als angemessen an (u.a. Lebensmittel pro Person und Monat 100 €, Haushaltsführung, Körper- und Gesundheitspflege, Bekleidung, Schuhe 25 € pro Person und Monat, vgl. i. E. Bl. 48 BP-Bericht A).

19

b) Hinsichtlich Minderung des Vorsteuerabzugs für Strom- und Heizkosten von 50% auf 25% der tatsächlichen Kosten nimmt der Senat Bezug auf seine Urteile 2 K 1380/06 und 2 K 1381/06 vom heutigen Tag, wonach – abgesehen der vom Kläger nicht nachgewiesenen, den formellen Anforderungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 UStG genügenden Rechnungen – weder die Nutzungsvereinbarung vom 1. August 2002 (hinsichtlich des Objekts C) tatsächlich umgesetzt noch die unternehmerische Zuordnungsmöglichkeit von 50% durch den Kläger (hinsichtlich des Objekts D)nachgewiesen wurde; gleiches gilt hinsichtlich der tatsächlichen Kostentragung. Soweit das FA seinerseits (gleichwohl) 25% der Vorsteuerbeträge gewährt hat, steht zu Gunsten des Klägers einer gänzlichen Versagung des Vorsteuerabzugs das im Gerichtsverfahren geltende Verböserungsverbot entgegen.

20

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.


ra.de-Urteilsbesprechung zu Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 28. Apr. 2010 - 2 K 756/07

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 28. Apr. 2010 - 2 K 756/07

Referenzen - Gesetze

Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 28. Apr. 2010 - 2 K 756/07 zitiert 8 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Abgabenordnung - AO 1977 | § 162 Schätzung von Besteuerungsgrundlagen


(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. (2) Zu schätzen ist insbesondere dann, we

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 14 Ausstellung von Rechnungen


(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 40


(1) Durch Klage kann die Aufhebung, in den Fällen des § 100 Abs. 2 auch die Änderung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) oder zu einer a

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 41


(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 91


(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, beim Bundesfinanzhof von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkü

Referenzen

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, beim Bundesfinanzhof von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Das Gericht kann Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung, in den Fällen des § 100 Abs. 2 auch die Änderung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) oder zu einer anderen Leistung begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts oder einer anderen Leistung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(3) Verwaltet eine Finanzbehörde des Bundes oder eines Landes eine Abgabe ganz oder teilweise für andere Abgabenberechtigte, so können diese in den Fällen Klage erheben, in denen der Bund oder das Land die Abgabe oder einen Teil der Abgabe unmittelbar oder mittelbar schulden würde.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:

1.
führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen;
2.
führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.
Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden.

(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch

1.
eine qualifizierte elektronische Signatur oder
2.
elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.

(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
2.
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
3.
das Ausstellungsdatum,
4.
eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
5.
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
6.
den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,
7.
das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
8.
den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
9.
in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und
10.
in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
In den Fällen des § 10 Abs. 5 sind die Nummern 7 und 8 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bemessungsgrundlage für die Leistung (§ 10 Abs. 4) und der darauf entfallende Steuerbetrag anzugeben sind. Unternehmer, die § 24 Abs. 1 bis 3 anwenden, sind jedoch auch in diesen Fällen nur zur Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags berechtigt. Die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben ist kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 233a Absatz 2a der Abgabenordnung.

(5) Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne der Absätze 1 bis 4 ausgestellt worden sind.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen

1.
Dokumente als Rechnungen anerkannt werden können,
2.
die nach Absatz 4 erforderlichen Angaben in mehreren Dokumenten enthalten sein können,
3.
Rechnungen bestimmte Angaben nach Absatz 4 nicht enthalten müssen,
4.
eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis (Absatz 4) entfällt oder
5.
Rechnungen berichtigt werden können.

(7) Führt der Unternehmer einen Umsatz im Inland aus, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b schuldet, und hat der Unternehmer im Inland weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird oder die an der Erbringung dieses Umsatzes beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Gutschrift gemäß Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an einem der besonderen Besteuerungsverfahren entsprechend Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung teil, so gelten für die in den besonderen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seine Teilnahme anzeigt.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.