Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 22. Mai 2014 - 1 K 515/11

ECLI:ECLI:DE:FGST:2014:0522.1K515.11.0A
bei uns veröffentlicht am22.05.2014

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu 90 v.H. und der Beklagte zu 10 v.H. zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob einerseits Leistungen der Klägerin aus dem Betrieb eines Partyservices der Regelbesteuerung unterfallen und andererseits eine Hinzuschätzung wegen Kassenfehlbeträgen gerechtfertigt ist.

2

Die Klägerin betreibt als Einzelunternehmerin ein Spezialitäten-Catering.

3

Nachdem für die Jahre 2001 und 2002 mangels Abgabe von Umsatzsteuererklärungen zunächst Schätzungsbescheide ergangen waren, wurde für 2001 mit Bescheid vom 1. April 2005 die Umsatzsteuer i.H.v. 4.351,29 € (8.510,39 DM) erklärungsgemäß festgesetzt. Den am 14. März 2005 eingegangenen Umsatzsteuererklärungen für 2002 und 2003 wurde gefolgt. In den ihren Erklärungen zu Grunde liegenden Rechnungen hat die Klägerin die Lieferung von Speisen mit einem Umsatzsteuersatz von 7 v.H., die Lieferung von Getränken und diversem Zubehör (Besteck, Geschirr, Stehtische, etc.) mit einem Umsatzsteuersatz von 16 v.H. in Rechnung gestellt.

4

Im Zeitraum vom 31. März bis 13. Oktober 2005 fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung (BP) u.a. wegen Umsatzsteuer 2001 bis 2003 statt.

5

Die Prüferin stellte fest, dass die Klägerin bei diversen Veranstaltungen nicht lediglich Essen geliefert, sondern zugleich Zubehör oder gestelltes Personal in Rechnung gestellt hatte. Sie vertrat die Auffassung, dass es sich insoweit jeweils um einheitliche, insgesamt dem Regelsteuersatz unterliegende Leistungen handele und änderte daher die Bemessungsgrundlagen (Tz. 21ff. des Berichts).

6

Des Weiteren stellte die Prüferin in den Jahren 2001 und 2002 Kassenfehlbeträge fest (Tz. 13 des Berichts), nämlich am 14. Oktober 2001 i.H.v. 2.501,49 € (4.892,50 DM) und am 7. März 2002 i.H.v. 3.613,95 €. Sie ermittelte weiter die Verbuchung von drei Kassenbelegen als Aufwand, die aus dem Jahr 2000 stammten, dass Wareneinkäufen im August 2002 keine Erlöse gegenüber gestanden hätten, dass eine Privateinlage im Jahr 2001 eine Betriebseinnahme gewesen sei, dass keine Inventuren durchgeführt worden seien und dass der Chi-Quadrat-Test bedeutsame Abweichungen habe erkennen lassen. Sie schätzte daher Umsätze zu 16 v.H. für 2001 i.H.v. 7.669,37 € (15.000 DM) und für 2002 i.H.v. 9.000 € hinzu.

7

Folgende Änderungen ergaben sich (Angaben in €):

8
        

2001

2002

2003

Umsätze zu 16 v.H. vor Bp

40.222,82  (78.669,00 DM)

58.005,00

42.591,00

Änderung von 7 v.H. auf 16 v.H.

71.417,25  (139.680,00 DM)

28.295,00

21.690,00

Änderung wegen
Hinzuschätzung

7.669,37       (15.000 DM)

9.000,00

        

Umsätze zu 16 v.H. nach Bp

119.309,44  (233.349 DM)

95.300,00

64.281,00

9
        

2001

2002

2003

Umsätze zu 7 v.H. vor Bp

129.303,16  (252.895,00 DM)

117.315,00

69.408,00

Änderung von 7 v.H. auf 16 v.H.

-77.423,90
(-151.428,00 DM)

-30.607,00

-23.515,00

Umsätze zu 7 v.H. nach Bp

51.879,25  (101.467,00 DM)

86.708,00

45.893,00

10

Am 16. November 2005 erließ der Beklagte entsprechend geänderte Umsatzsteuerbescheide. Die Umsatzsteuer 2001 setze er auf 11.587,92 € (22.664,00 DM), die Umsatzsteuer 2002 auf 9.165,81 € und die Umsatzsteuer 2003 auf 7.020,11 € fest.

11

Dagegen legte die Klägerin am 13. Dezember 2005 Einsprüche ein. Mit zusammengefasster Einspruchsentscheidung, abgesandt am 9. Mai 2006, half der Beklagte den Einsprüchen teilweise ab. Hinsichtlich der Rechnungen aus dem Jahr 2001 mit den Nrn. 1015, 6015, 6043, 8011, 9012, 10015, 10018 (Minderung der Bemessungsgrundlage zu 16 v.H. um 1.298,50 € [2.539,66 DM]), aus dem Jahr 2002 mit den Nrn. 2009, 2016, 3007, 3011, 5006, 9005, 10015 (Minderung der Bemessungsgrundlage zu 16 v.H. um 3.962,70 €) und aus dem Jahr 2003 mit den Nrn. 10014, 12013 (Minderung der Bemessungsgrundlage zu 16 v.H. um 549,13 €) erfolgte eine Stattgabe.

12

Zudem wurden die Hinzuschätzungen nur noch ausgehend von den festgestellten Kassenfehlbeträgen für 2001 auf 3.323,39 € (6.500 DM) und für 2002 auf 5.000 € gemindert.

13

Der Beklagte setzte dementsprechend im Rahmen der Einspruchsentscheidung die Umsatzsteuer 2001 auf 10.807,18 €, die Umsatzsteuer 2002 auf 8.218,19 € und die Umsatzsteuer 2003 auf 6.974,06 € fest.

14

Am 12. Juni 2006 wurde Klage erhoben.

15

Die Klägerin meint, die Versteuerung der Speisenlieferungen zu 16 v.H. wie auch die Hinzuschätzungen seien rechtswidrig.

16

Der Beklagte habe die Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zu den Restaurationsumsätzen sowie die Vorgaben des deutschen Umsatzsteuerrechts nicht beachtet. Nach der Rspr. des EuGH lägen keine Restaurationsumsätze vor, wenn - wie bei den streitgegenständlichen Lieferungen - die Dienstleistung von geringem Umfang (zwischen 1 und 30 v.H. des Umsatzes) sei und der Umsatz aus der Lieferung der Lebensmittel bei Weitem überwiege. Auch verlange § 3 Abs. 9 Sätze 4 und 5 Umsatzsteuergesetz (UStG) zwingend einen räumlichen Zusammenhang zwischen Abgabeort und Ort des Verzehrs und besondere Vorrichtungen für den Verzehr an Ort und Stelle. Ein solcher bestehe nicht; bei dem teils zur Verfügung gestellte Zubehör handele es sich nicht um besondere Vorrichtungen für den Verzehr an Ort und Stelle und es handele sich insoweit auch nicht um eine Dienstleistung.

17

Der Beklagte habe die den streitigen Rechnungen zugrundeliegende Sachverhalte nicht hinterfragt, was einen Verstoß gegen § 199 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) darstelle, und der Klägerin die Möglichkeit der Mitwirkung verweigert. Zudem müsse der Beklagte hier nachweisen, dass und weshalb der von der Klägerin gewählte Steuersatz unzutreffend sei.

18

Soweit Rechnungen neben der Lieferung von Speisen eine sog. Cateringpauschale enthielten, handele es sich insoweit nicht um eine tatsächliche Leistung, sondern nur um einen „versteckten“ Preisbestandteil zur Speisenlieferung, um die Kosten der Lieferung abzudecken (Fahrtkosten). Wieder andere Rechnungen enthielten neben der Speisenlieferung weitere Positionen, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit den Speisen und ihrem Verzehr stünden, wie die Lieferung von Blumen oder Dekoration. Schließlich werde auch der steuerlich ermäßigte Verkauf von Blumen oder Büchern nicht mit dem Regelsteuersatz besteuert, wenn zusätzlich eine Vase bzw. ein Lesezeichen mitverkauft werde. Weitere Rechnungen enthielten neben der Speisenlieferung eine oder mehrere Positionen, die tatsächlich nicht zusammen mit dem Verzehrvorgang bestellt aber zusammen mit der Speisenlieferung in Rechnung gestellt worden seien, so etwa Stehtische für Empfänge und Präsentationen. Andere Rechnungen beträfen sog. Fingerfood, bei dessen Verzehr weder Stühle und Tische noch Besteck und Geschirr erforderlich seien. Und es gebe Rechnungen, welche neben der Speisenlieferung eine oder mehrere Positionen beinhalteten wie Geschirr-, Besteck- oder Gläserausleihe, wobei kennzeichnend der extrem geringe Anteil der Ausleihpositionen am Gesamtrechnungsbetrag - häufig unter 10 v.H. - sei.

19

Es könne nicht sein, dass kleine Nebenleistungen die gesamte Lieferung zu einer mit 16 v.H. zu versteuernden Leistung hochstuften. Dies treibe entweder die Preise in die Höhe oder zwinge die Klägerin, die Erbringung solcher Nebenleistungen abzulehnen. Die Kunden legten aber Wert darauf, sich für eine Veranstaltung mit verschiedenen Anliegen an ein und dasselbe Unternehmen zu halten. Es spreche manches dafür, dass der ermäßigte Steuersatz sich vielmehr auch auf die Nebenleistungen erstrecken müsse, was sie bisher nicht berücksichtigt habe.

20

Häufig würden kurzfristig, unabhängig von der eigentlichen Speisebestellung Stehtische für Zwecke außerhalb des Essvorgangs geordert. Folglich könne es sich insoweit nicht um eine besondere Vorrichtung handeln, die ausschließlich dem Verzehr zu dienen bestimmt sei.

21

Auch die Hinzuschätzungen seien fehlerhaft. Denn zwar seien bei der Erstellung der Kassenberichte Fehler vorgekommen. So seien die zu Grunde liegenden Notizzettel teilweise nicht taggleich in die Kassenberichte übertragen worden. Da auf einigen Notizzetteln keine Datumsangaben vorhanden gewesen seien, seien diese teilweise falschen Daten zugeordnet worden. Dadurch sei es zu Kassenfehlbeträgen gekommen. Derartige formelle Mängel berechtigten aber nur zu einer Schätzung, soweit sie Anlass gäben, auch die sachliche Richtigkeit der Buchführung anzuzweifeln, was bestritten werde. Auch sei nicht zu verstehen, weshalb der Beklagte auf die Hinzuschätzungsbeträge den Regelsteuersatz angewendet habe.

22

Der Beklagte vertritt die Ansicht, eine Speisenlieferung zum ermäßigten Steuersatz liege nur vor, wenn ein Unternehmer zubereitete Speisen auf Servierplatten oder in Warmhaltebehältnissen, die er später wieder abhole, ohne weitere Serviceleistungen im Darreichungsbereich liefere. Welche Umsätze von Seite der Betriebsprüfung als nicht begünstigte Cateringleistungen zu beurteilen seien, sei der Klägerin bekannt gewesen, denn ihr seien in der Zwischenbesprechung am 12. Mai 2005 die rechtlichen Grundlagen erläutert und eine Zusammenstellung der Rechnungen übergeben worden. Eine Verletzung von Prüfungsgrundsätzen sei nicht feststellbar.

23

Soweit in Rechnungen eine sog. Cateringpauschale enthalten sei, wäre weiter unklar, worüber konkret abgerechnet worden sei, zumal in manchen Rechnungen auch Positionen wie Personal, Aschenbecher, Mülleimer etc. erfasst worden seien (Rg. ...). Die übrigen streitgegenständlichen Rechnungen beinhalteten jeweils schädliche Leistungen aus dem Darreichungsbereich.

24

Die Hinzuschätzung wiederum sei rechtmäßig, da die Kassenaufzeichnungen mangelhaft gewesen seien. Die Höhe orientiere sich an der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH-Urteil vom 21. Februar 1990 X R 54/87).

25

Im Rahmen eines Erörterungstermins am 2. Februar 2007 hat der Ehemann der Klägerin ausgeführt, der Buchführungsmangel bzgl. 2002 bestehe nicht, weil eine Einzahlung auf dem Bankkonto vom 1. März 2002 von etwas über 4.000 € nicht auf eine Entnahme aus der Kasse, sondern auf ein privates Weihnachtsgeschenk der Eltern zurückzuführen sei.

26

Das Verfahren wurde durch Beschluss vom 2. Februar 2007 bis zur Entscheidung des BFH im Verfahren V R 99/06 sodann bis zur Entscheidung des EuGH in den Verfahren C-497/09, C-499/09, C-501/09 und C-502/09 ruhend gestellt.

27

Im Anschluss hat die Klägerin ausgeführt, dem Urteil des EuGH vom 10. März 2011 sei zu entnehmen, dass keine einheitliche Leistung vorliege, wenn - wie im Streitfall - mehrere Einzelleistungen für den Kunden des Steuerpflichtigen objektiv trennbare, wirtschaftliche Leistungen darstellten.

28

Bei der Klägerin erfolge der Auftrag einerseits zur Speisenlieferung und andererseits zu weiteren Leistungen häufig zu verschiedenen Zeiten. So erfolge zumeist erst eine Anfrage wegen einer Speisenlieferung, der ein Angebot der Klägerin folge, in welchem regelmäßig der ermäßigte Steuersatz aufgeführt werde. Dann erfolge die Auftragsbestätigung seitens des Kunden.

29

In der Phase vor der Auftragsdurchführung konkretisierten sich bei den Kunden dann häufiger noch weitere Details hinsichtlich des Anlasses der Speisenlieferung mit der Folge weiterer Anfragen an die Klägerin bzgl. der Gestellung von zusätzlichen Gegenständen wie Stehtischen, Tischwäsche, Geschirr, Besteck, Gläser, Blumen etc. Im Vordergrund stehe insoweit dann die Organisation der Veranstaltung als Gesamtheit.

30

Die Kunden könnten diese weiteren Leistungen auch von Drittanbietern beziehen, so dass es sich hier um wirtschaftlich trennbare Leistungen handele. Auch könne allein der Umstand, dass die Abrechnung gemeinsam in einer Rechnung erfolge, nicht zu einer Erhöhung des Steuersatzes führen. Und es könne auch nicht richtig sein, hier für die Speiselieferung wegen weiterer Leistungen eine Erhöhung des Steuersatzes anzunehmen, da vertraglich eine Bindung bestehe.

31

Soweit die weiteren, neben den Speiselieferungen ausgeführten Leistungen als Nebenleistungen das umsatzsteuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen, werde die Minderung der bislang mit dem Regelsteuersatz erfassten weiteren Leistungen beantragt.

32

Im Übrigen sei das Leistungsspektrum eines Cateringunternehmens breit und umfasse sowohl einfache Speiselieferungen beispielsweise von Grillgut, als auch den Aufbau eines temporären Gastronomiebetriebs an ungewöhnlichen Orten. Zudem würde die Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 23. November 2011) und die des EuGH (Urteil vom 10. März 2011 sowie vom 2. Mai 1996, Faaborg-Gelting) differieren. Der BFH gelange zu der unzutreffenden Auffassung, Lieferungen von Speisen über dem Niveau eines Imbissbetriebs sei immer dem vollen Steuersatz zu unterwerfen. Der EuGH habe nicht definiert, wann genau allein die Speisenlieferung im Vordergrund stehe. Der BFH könne daher derartige Umstände nicht selbst beurteilen.

33

Der Beklagte hat im Anschluss ausgeführt, nach dem Urteil des EuGH vom 10. März 2011 stehe nunmehr fest, dass die Tätigkeit eines Partyservices regelmäßig eine Dienstleistung i.S.d. Art. 6 der Richtlinie 77/388/EWG sei, es sei denn, es würden lediglich Standartspeisen ohne zusätzliches Dienstleistungselement geliefert oder weitere, besondere Umstände würden belegen, dass die reine Lieferung der Speisen der dominierende Umsatz sei.

34

Die Klägerin betreibe ein Catering-Unternehmen, welches individuelle, den Kundenwünschen entsprechende Speisen liefere. Daneben würden auch Tischdecken, Geschirr, Besteck, Gläser und Stehtische ausgeliehen und teilweise Personal gestellt werden. An ein Cateringunternehmen wendeten sich Kunden im Allgemeinen gerade deshalb, weil ein umfangreiches Dienstleistungspaket angeboten werde, welches die Beratung über die Speisen, die Speisenfolge, die zeitliche Abfolge, den Transport, die Gestellung von weiterem Zubehör, den Aufbau und die Darreichung sowie den Abtransport und die Reinigung umfasse. Damit liege aus Sicht des Kunden eine einheitliche Leistung vor.

35

Mit Beschluss vom 24. Mai 2012 wurde der Klägerin u.a. aufgegeben, zu den streitigen Geschäftsvorgängen die Vertragsunterlagen bei Gericht einzureichen und dabei die einzelnen Leistungselemente von der Beratung über die Zubereitung bis zur Darreichung darzustellen sowie Ausführungen zur Qualität der Gerichte, deren Kreativität und Darreichungsform zu machen. Des Weiteren wurde ihr aufgegeben, den im Erörterungstermin angekündigten Nachweis für ein privates Weihnachtsgeschenk der Eltern einzureichen.

36

Daraufhin hat die Klägerin zwei Ordner Rechnungsunterlagen und eine Bestätigung ihrer Mutter eingereicht, worin diese eine Barzahlung i.H.v. 5.000 € zu Weihnachten 2001 an die Klägerin bestätigt.

37

Die Klägerin verweist weiter auf das BMF-Schreiben vom 20. März 2013 (BStBl I 2013, 444) und die Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses, wonach nunmehr im Wesentlichen zu prüfen sei, ob der Dienstleistungsanteil qualitativ überwiege.

38

Im Übrigen werde bestritten, dass die gelieferten Speisen hochwertig seien. Es handele sich vielmehr um in der Branche übliche Speisen mit Schwerpunkt auf der mediterranen Küche.

39

Der Beklagte forderte einen Nachweis der Mittelherkunft bei der Mutter der Klägerin und meinte, im Hinblick auf das angeführte BMF-Schreiben könne nun teilweise eine Abhilfe erfolgen, nämlich für 2001 hinsichtlich der Rechnungen mit den Nrn. 1009, 1010, 4013, 5004, 5028, 8001, 8007, 8015, 9000, 9015, 9016, 10008, 11017 und für 2003 hinsichtlich der Rechnung mit der Nr. 2003.

40

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 22. Mai 2014 hat die Beklagtenvertreterin im Hinblick auf die bereits in Aussicht gestellte Abhilfe zu Protokoll erklärt, dass sie die Umsatzsteuer 2001 auf 9.891,45 € und die Umsatzsteuer 2003 auf 6.962,23 € herabsetzt.

41

Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuerbescheide 2001 bis 2003 vom 16. November 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Mai 2006 und in Gestalt der Teilabhilfe vom 22. Mai 2014 dahingehend zu ändern, dass die Erfassung von Umsätzen der streitgegenständlichen Cateringleistungen statt wie erklärt mit 7 v.H. entsprechend den Feststellungen der Betriebsprüfung in Gestalt der nachfolgend vorgenommenen Änderungen mit 16 v.H. und die in den Jahren 2001 und 2002 erfolgten Hinzuschätzungen von Einnahmen zu 16 v.H. rückgängig gemacht werden.

42

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

43

Dem Senat haben die vom Beklagten für die Klägerin geführten Verwaltungsakten (Umsatzsteuer-, Betriebsprüfungs-, Berichts-, Bilanz- sowie Rechtsbehelfsakten) vorgelegen. Auf den Akteninhalt und die Schriftsätze der Beteiligten wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

44

I. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die streitgegenständlichen Umsatzsteuerbescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

45

1. Nach § 12 Abs. 1 in der im Streitfall anzuwendenden Fassung des UStG beträgt die Steuer für jeden steuerpflichtigen Umsatz 16 v.H. der Bemessungsgrundlage. Sie ermäßigt sich nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG auf 7 v.H. u.a. für "die Lieferungen" der in der Anlage des Gesetzes bezeichneten Gegenstände, darunter u.a. Zubereitungen von Fleisch, Fischen usw. (Nr. 28), Zubereitungen aus Getreide, Mehl, Stärke oder Milch sowie Backwaren (Nr. 31), Zubereitungen von Gemüse, Früchten usw. (Nr. 32) oder "Verschiedene Lebensmittelzubereitungen" (Nr. 33).

46

Lieferungen sind nach § 3 Abs. 1 UStG Leistungen, durch die der Unternehmer den Abnehmer befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht). Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind (§ 3 Abs. 9 Satz 1 UStG).

47

Diese Vorschriften beruhen unionsrechtlich auf Art. 5 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) - nunmehr Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL, Amtsblatt der Europäischen Union - ABlEU - Nr. L 347/1), wonach als Lieferung eines Gegenstandes die Übertragung der Befähigung gilt, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen, und auf Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG - nunmehr Art. 24 Abs. 1 MwStSystRL -, wonach als Dienstleistung jede Leistung gilt, die keine Lieferung eines Gegenstandes ist.

48

2. Mit Urteil vom 10. März 2011 (C-497/09, C-499/09, C-501/09, C-502/09, BStBl II 2013, 256) hat der Gerichtshof der EuGH sich u.a. damit befasst, unter welchen Voraus-setzungen die Speisenlieferungen eines Partyservices bzw. eines Cateringunternehmens dem Regel- bzw. dem ermäßigten Steuersatz unterfallen.

49

a) Zunächst hat er bestimmt, wann es sich u.a. bei der Tätigkeit eines Partyservices für die Zwecke der Mehrwertsteuer um jeweils eigene, getrennt steuerbare Umsätze oder um komplexe, aus mehreren Einzelleistungen zusammengesetzte Umsätze, die eine Einheit bilden, handelt.

50

Danach (Rzn. 52 bis 57 der Entscheidung) ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen und ein einheitlicher Umsatz dann anzunehmen, wenn die Einzelleistungen für den Kunden so eng miteinander verknüpft sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung darstellen, deren Aufspaltung künstlich wirke. Diese Feststellung zu treffen, sei Sache des nationalen Gerichts, mithin der Finanzgerichte als Tatsacheninstanz. Wobei in der Betrachtungsweise des vorlegenden Gerichts (in dem Fall der BFH), die Lieferungen und die Dienstleistungselemente mehrwertsteuerrechtlich als einen einheitlichen Umsatz zu betrachten, kein Verstoß gegen Unionsrecht zu erkennen sei. Unerheblich sei dabei, ob die Abrechnungen der verschiedenen Leistungen in einer oder mehreren Rechnungen erfolge.

51

b) Im Hinblick auf die Frage, ob die einzelne Tätigkeit eines Partyservices sich auf die bloße Lieferung von Gegenständen beschränkt oder ob es sich um eine sonstige Dienstleistung handelt, hat der EuGH folgende Erwägungen angestellt (Rz. 75 bis 79 der Entscheidung): Das Leistungsspektrum eines Partyservices ist sehr breit und kann vom bloßen Zubereiten und Liefern bis hin zu einer umfassenden Leistung inklusive der Bereitstellung von Geschirr, Mobiliar, einer speziellen Darreichungsform, der Dekoration und der Personalgestellung verschiedene Dienstleistungselemente umfassen.

52

Die Tätigkeit eines Partyservices ist insgesamt von einem höheren Serviceanteil gekennzeichnet, der die Qualität der Gerichte, die Kreativität und die Darreichungsform der Bestellung betrifft. Die Leistungen eines Partyservices können zudem weitere dienliche Elemente (Geschirr, Besteck, Mobiliar) umfassen, welche im Gegensatz beispielsweise zu Imbisswagen einen gewissen personellen Einsatz erfordern (Transport und Reinigung).

53

Daraus schlussfolgert er (Rz. 80 der Entscheidung), dass die Tätigkeit eines Partyservices regelmäßig eine Dienstleistung ist, es sei denn es werden lediglich Standartspeisen ohne zusätzliches Dienstleistungselement geliefert oder weitere, besondere Umstände belegen, dass die reine Lieferung der Speisen der dominierende Umsatz ist.

54

Unter Standartspeise versteht der EuGH solche (Rzn. 66 bis 70 der Entscheidung), bei denen sich die Zubereitung bereits auf einfache, standardisierte Handlungen beschränkt (Kochen, Braten, Backen, Aufwärmen) und die nicht speziell auf Kundenbestellung gefertigt werden, sondern vorgehalten werden, wie dies bei Imbissen und Verkaufsständen der Fall ist, bei denen beispielsweise Würstchen, Pommes, Tortillachips oder Popkorn verkauft werden.

55

3. Ausgehend von diesen Erwägungen hat der BFH in seiner Entscheidung vom 23. November 2011 (XI R 6/08, BStBl II 2013, 253) judiziert, dass die Annahme einer dem Regelsteuersatz unterliegenden sonstigen Leistung nicht erfordere, dass das zur Lieferung einer Standardspeise hinzutretende Dienstleistungselement qualitativ überwiege. Es reichte bei einem Partyservice vielmehr aus, dass neben der Speisenlieferung ein zusätzliches Dienstleistungselement erbracht werde (Nach den Ausführungen im Urteil des BFH genügten als weitere Dienstleistungselemente bei Lieferung von Standartspeisen die Überlassung von Stehtischen.). Speisen, die nicht mehr als Standartspeisen zu beurteilen seien, beispielsweise weil diese aufeinander abgestimmt seien, beinhalteten einen deutlich größeren Dienstleistungsanteil und erforderten mehr Arbeit und Sachverstand, weshalb diese nicht als Lieferung anzusehen seien.

56

Besondere Umstände, die dafür sprächen, dass die Abgabe der Speisen der dominierende Bestandteil der streitigen Umsätze gewesen wäre, seien nicht darin zu sehen, dass die Besteck- und Geschirrüberlassung nicht das die Gesamtleistung prägende Element gewesen sei, weil die jeweiligen Kosten für die zusätzlich erbrachten Dienstleistungen weit hinter den Kosten der Speisenlieferung zurückgeblieben seien. Denn auch der EuGH habe entsprechende Überlegungen in dem Vorlagebeschluss nicht übernommen. Daher sei weder darauf abzustellen, in welchem Verhältnis die durch die zusätzlich erbrachte Dienstleistung verursachten Kosten zu denen der Speisenlieferung stünden, noch komme es darauf an, ob die hinzutretenden Leistungen unberechnet bleiben und lediglich informatorisch auf der Rechnung aufgeführt würden.

57

4. Diese Grundsätze auf den Streitfall angewendet führen zur Abweisung der Klage, da es sich danach bei den streitgegenständlichen Leistungen um sonstige, dem Regelsteuersatz unterfallende Dienstleistungen handelt.

58

a) Zunächst ist festzustellen, dass sich die Rechtsprechung des BFH mit der des EuGH offensichtlich deckt.

59

b) Die streitigen Umsätze sind, soweit es die einzelnen Aufträge betrifft, jeweils einheitliche, aus mehreren Einzelleistungen zusammengesetzte Umsätze, denn in den Rechnungen werden nicht allein Speisenlieferungen abgerechnet.

60

Die den Rechnungen zugrundeliegenden Aufträge wie auch die Rechnungen selbst zeigen, dass die Kunden der Klägerin von dieser in erster Linie ein Bündel von Leistungen erwerben wollten. Es mag zutreffen, dass der Schwerpunkt der Bestellung in der Lieferung der Speisen liegt. Letztlich kann das aber dahinstehen. Denn an einen Catering- oder Partyservice wenden Kunden sich in erster Linie, weil es diesen darauf ankommt, dass besonders hochwertige oder aufeinander abgestimmte Speisen (ggf. auch Getränke) zu einem bestimmten Zeitpunkt an einen bestimmten Ort geliefert werden oder der üblicher Weise von Catering- oder Partyserviceunternehmen zusätzlich angebotenen Service wie Gestellung von Personal, Geschirr, Besteck, Gläsern, Tischen und Bestuhlung bezogen werden kann.

61

Dabei ist es völlig unerheblich, ob im Rahmen der Vertragsverhandlung ggf. später noch weitere Leistungen vereinbart werden, die mit der Speisenlieferung nicht zusammenhängen, oder ob dies von Anfang an vereinbart wurde. Letztlich entscheidend ist aus Sicht des Kunden die in Anspruch genommene Gesamtleistung. Denn diesen interessiert - wie auch die Klägerin zutreffend anführt - die Organisation der Veranstaltung als Gesamtheit.

62

Abwegig ist hingegen die Argumentation, es handele sich um eigene, getrennt steuerbare Umsätze, weil die Kunden die zusätzlichen Leistungen schließlich von Dritten beziehen könnten. Derartige Zusatzleistungen wie Personalgestellung für das Darreichen von Speisen und Getränken oder die entgeltliche Gebrauchsüberlassung von Geschirr, Besteck, Tischdecken und Gläsern können sicherlich auch separat bezogen werden, dann aber ebenfalls nur von einem hierauf spezialisierten Catering- oder Partyserviceunternehmen. Allerdings dürfte eine derartige Gestaltung kaum vorkommen, da die Kunden regelmäßig ein Catering- oder Partyserviceunternehmen beauftragen, gerade weil ein Vertragspartner gewünscht ist, der den Ablauf koordiniert. Eine derartige Aufspaltung der Leistungen wirkt vielmehr künstlich.

63

Es ist auch nicht der Umstand einer gemeinsamen Abrechnung der Leistungen, der hier etwa zu einer Erhöhung des Steuersatzes führt. Der anzuwendende Steuersatz folgt vielmehr der gesetzlichen Regelung ggf. konkretisiert durch die Rechtsprechung. Soweit in den streitigen Rechnungen die Umsatzsteuer fehlerhaft zu niedrig ausgewiesen wurde, muss sich dies die Klägerin als Verursacher zurechnen lassen.

64

c) Die einzelnen Tätigkeiten sind danach abzugrenzen, ob es sich entweder um eine Speisenlieferung mit deutlich größerem Dienstleistungsanteil handelt, weil die Speisen aufeinander abgestimmt sind oder deren Zusammenstellung und Zubereitung mehr Arbeit und Sachverstand erfordert, sich im Gegensatz zu einer Standartspeise die Zubereitung nicht auf einfache, standardisierte Handlungen beschränkt und die Speisen speziell auf Kundenbestellung gefertigt sowie zu einer bestimmten Zeit geliefert werden, bzw. ob es sich um eine Standartlieferung mit zusätzlichen Dienstleistungselementen handelt (Regelsteuersatz) oder aber ob es sich um eine reine Lieferung von Standartspeisen handelt (ermäßigter Steuersatz).

65

aa) Eine rein quantitative Zuordnung danach, welche Kosten durch die einzelnen Leistungen entstehen, erkennen der EuGH und auch der BFH nicht an. Daher kann die Klägerin mit diesem Argument nicht durchdringen.

66

Der EuGH hat gerade in der Abgrenzung zu verschiedenen Imbissbetrieben ausreichend Kriterien erarbeitet, die es den zuständigen Tatsachengerichten ermöglichen, festzustellen, ob es sich noch um die reine Lieferung von Standartspeisen auf dem Niveau von Imbissbetrieben oder um sonstige Dienstleistungen handelt. Insoweit konnte entgegen der Auffassung der Klägerin auch der BFH beurteilen, ob im Verfahren mit dem Az. XI R 6/08 allein Speisenlieferungen im Vordergrund standen oder nicht.

67

bb) Die Klägerin hat in den ganz überwiegenden Fällen bereits keine Standartspeisen geliefert. Alle (noch) streitgegenständlichen Leistungen, auch soweit es sich in Ausnahmefällen um Standartspeisen gehandelt haben mag, beinhalteten zudem zusätzliche Dienstleistungselemente.

68

Bei den nachfolgend beispielhaft für eine Vielzahl der von der Klägerin in Rechnung gestellten Speiselieferungen handelt es sich nicht mehr um Standartspeisen, weil sich deren Zubereitung nicht auf einfache standardisierte Handlungen beschränkt und diese speziell auf Kundenwunsch gefertigt wurden bzw. weil aufeinander abgestimmte Speisen vorliegen.

69

Dies betrifft z.B. die Rechnungen Nr. 1003 vom 3. Januar 2001, in der über ein Buffet für 29 Personen, Schweinefilet in Calvados mit frischen Äpfeln, Wildlachs im Fenchelbett, Fischplatte, Feldsalat, Käseplatte, Obstkuchen u.s.w., Nr. 3017 vom 18. März 2001, über eine Speisenlieferung für 350 Personen, Minestrone, mediterrane Fischsuppe mit Meeresfrüchten, Saltimbocca, Buttereis, Lasagne al forno, Antipastiplatten, Honigmelone, Tiramisu e.t.c., Nr. 6020 vom 18. Juni 2001, in der über eine Speisenlieferung für 65 Personen, Kesselgulasch, Blinis mit Räucherlachs und Sauerrahm, Kartoffelgratin, Salat, Kuchen und Baguette sowie für 50 Personen, Erbsencremesuppe, Schweinemedaillons, Safranreis, Salatplatte, Kuchen u.s.w., Nr. 4015 vom 28. April 2001, in der über eine Speisenlieferung für 180 Personen, Pork Patty Salad, Reisschälchen mit pikanten Füllungen, Sushi, Marinierte Shrimps auf Zitronengras gespießt, Krupuk und Pastetchen, oder Nr. 6002 vom 2. Juni 2003, in der über eine Speisenlieferung für 50 Personen, Bouillon  Montesquieu, gebeizter Lachs, Ciabatta und Baguette, gespickter Wildschweinrücken, glasierte Karotten, mit Waldpilzen gefüllte Artischockenböden, Kräuterrinderbraten, Rote Grütze, Rhabarberkuchen e.t.c., abgerechnet werden.

70

Bei den nachfolgend beispielhaft für eine Vielzahl von der von der Klägerin in Rechnung gestellten Speiselieferungen handelt es sich möglicher Weise um Standartspeisen. Zusätzlich wurden aber weitere, schädliche Dienstleistungen erbracht.

71

Dies betrifft z.B. die Rechnungen Nr. 1012 vom 23. Januar 2001, über Buffet mit Ausleihe von Tischdecken, Geschirr, Besteck, Gestellung von Servicepersonal u.a., Nr. 5010 vom 14. Mai 2001, über Abendessen mit Ausleihe von Geschirr, Besteck, Gläser, Tischdecken, Nr. 5029 vom 29. Mai 2001 über Sektempfang mit Ausleihe von Gläsern und Gestellung von Servicemitarbeitern, Nr. 1005 vom 15. Januar 2002 über Fingerfood-Buffet mit Ausleihe von Geschirr und Gläsern, Nr. 4001 vom 1. April 2003 über Mandantenveranstaltung mit Ausleihe u.a. von Geschirr und Gläsern sowie Gestellung von Servicepersonal oder Nr.8003 vom 4. August 2003 über Speisenlieferung mit Ausleihe von Biergartengarnitur sowie Klapptischen.

72

5. Der von der Klägerin behauptete Verstoß gegen § 199 AO liegt nicht vor, denn die Prüferin hat nach Aktenlage die aus ihrer Sicht zutreffenden Besteuerungsgrundlagen ermittelt und die Klägerin während der Prüfung ausreichend hierüber unterrichtet.

73

Dabei war es ausreichend, zunächst auf die vorhanden Unterlagen - hier die Rechnungen - abzustellen und daraus Schlüsse über die zugrundeliegenden Umsätze abzuleiten. Soweit die Klägerin meint, die Prüferin hätte im Hinblick auf jede einzelne streitgegenständliche Rechnung weitergehende Ermittlungen vornehmen müsse, geht sie fehl. Vielmehr wäre es ihre Aufgabe gewesen, nach Übermittlung der Prüfungsfeststellungen zu den einzelnen Vorgängen konkret vorzutragen, was unterblieben ist.

74

Es handelt sich hier auch nicht um eine Frage der Beweislast oder einer Umkehr derselben. Denn Unternehmer sind nach § 22 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 UStG i.V.m. § 63 Abs. 1 Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) zur Feststellung der Umsatzsteuer und der Grundlage ihrer Berechnung verpflichtet, Aufzeichnungen zu machen. Das bedeutet letztlich auch, dass sich bereits aus den Aufzeichnungen ergeben muss, ob der Regelsteuersatz oder der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist. Soweit die Aufzeichnungen unzureichend sind, können hieraus für den Unternehmer negative Schlüsse gezogen werden.

75

Im Streitfall hat die Klägerin hinreichend aussagekräftige Aufzeichnungen geführt. Soweit die Prüferin hieraus für die Klägerin nachteilige rechtliche Schlüsse gezogen hat, ist dies keine Frage der Tatsachenermittlung sondern der rechtlichen Bewertung. Und insoweit hatte die Klägerin ausreichend Gelegenheit, ihre Rechtsposition darzulegen.

76

6. Nach Art. 6 Abs. 2 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. März 2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem - MwSt-DVO - (ABlEU Nr. L 77/1) gilt die Abgabe von zubereiteten oder nicht zubereiteten Speisen und/oder Getränken mit oder ohne Beförderung, jedoch ohne andere unterstützende Dienstleistungen nicht als Restaurant- oder Verpflegungsdienstleistung. Wie diese Bestimmung - unter Berücksichtigung der dargelegten EuGH-Rechtsprechung - zu verstehen ist, ist nach der Rechtsprechung des BFH für die Streitjahre nicht zu entscheiden, denn sie gilt nach Art. 65 MwSt-DVO erst ab dem 1. Juli 2011.

77

7. Die festgestellten Kassenfehlbeträge lassen eine Hinzuschätzung, wie sie der Beklagte im Rechtsbehelfsverfahren vorgenommen hat, zu.

78

a) Kassenfehlbeträge entstehen, wenn die gebuchten Ausgaben aus der Kasse die Einnahmen nebst dem Kassenbestand übersteigen. Da eine Geschäftskasse keinen Minusbestand haben kann, zeigen Kassenfehlbeträge, dass betriebliche Geldbewegungen unrichtig aufgezeichnet worden sind. Die Kassenaufzeichnungen sind damit widersprüchlich und die Buchführung ist nicht mehr ordnungsgemäß mit der Folge, dass die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 158, § 162 Abs. 2 AO geschätzt werden können.

79

Die vom Beklagten vorgenommene Schätzung dem Grunde und der Höhe nach anhand der festgestellten Kassenfehlbeträgen ist grundsätzlich zulässig (vgl. BFH-Urteil vom 20. September 1989 X R 39/87, BStBl II 1990, 109). Da diese entweder auf nicht verbuchte Betriebseinnahmen oder zu hoch gebuchte Betriebsausgaben zurückzuführen sein können, den vorhandenen Unterlagen aber Hinweise auf zu hoch verbuchte Betriebsausgaben aber nicht zu entnehmen waren, geht der Senat davon aus, dass hier Betriebseinnahmen nicht erfasst worden sind.

80

Die festgestellten Kassenfehlbeträge sind auch nicht etwa geringfügig, so dass man über sie hinwegsehen könnte (vgl. BFH-Urteil vom 10. Juni 1954 IV 68/53 U, BStBl III 1954, 298).

81

b) Eine Schätzung in der Weise, dass der höchste Kassenfehlbetrag nebst einem Unsicherheitszuschlag (in Höhe eines angemessenen positiven Kassenbestands) angesetzt wird - wie hier -, ist zulässig (vgl. BFH-Urteil vom 20. September 1989 X R 39/87, BStBl II 1990, 109).

82

Der geschätzte durchschnittliche Kassenbestand von 1.700 DM für 2001 und von 1.300 € für 2002 ist anhand der laufenden Salden von bis zu 7.000 DM in 2001 und bis 4.000 € für 2002 im Bereich des wirtschaftlich Vernünftigen und Schlüssigen.

83

Auch ist die Zuordnung der nicht gebuchten Betriebseinnahmen zum Regelsteuersatz noch von der Schätzungsbefugnis des Beklagten gedeckt. Zwar ist grundsätzlich bei einem Steuerpflichtigen, der sowohl Umsätze zum ermäßigten Steuersatz als auch solche zum Regelsteuersatz erzielt, eine Aufteilung der Umsätze im Hinblick auf die Steuersätze im Rahmen der Hinzuschätzung schlüssig. Gleichwohl ist im Hinblick darauf, dass von nicht gebuchten Betriebseinnahmen auszugehen ist, eine Einschätzung dahingehend, dass vorrangig Einnahmen zum Regelsteuersatz nicht aufgezeichnet werden, von dem dem Beklagten zuzumessenden Schätzungsrahmen gedeckt. Zudem setzt ein Abweichen vom Regelsteuersatz voraus, dass die Voraussetzungen für den ermäßigten Steuersatz nachgewiesen werden, was hier fehlt.

84

c) Soweit die Klägerin eine Bestätigung ihrer Mutter über eine Zahlung i.H.v. 5.000 € zu Weihnachten 2001 vorgelegt hat, vermag der Senat nicht nachvollziehen, wie sich hieraus der im März 2002 festgestellte Fehlbetrag erklären soll. Daher kann dahinstehen, ob es sich bei der Angabe der Mutter, 2001 einen €-Betrag statt eines DM-Betrags geschenkt zu haben, um einen Schreibfehler handelt.

85

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. FGO. Die quotale Verteilung der Kosten entspricht dem Verhältnis der im Klageverfahren erstrebten Änderungen zur Teilabhilfe im Klageverfahren.


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Referenzen - Gesetze

Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 22. Mai 2014 - 1 K 515/11 zitiert 12 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 100


(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an di

Abgabenordnung - AO 1977 | § 162 Schätzung von Besteuerungsgrundlagen


(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. (2) Zu schätzen ist insbesondere dann, we

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 3 Lieferung, sonstige Leistung


(1) Lieferungen eines Unternehmers sind Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht).

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 12 Steuersätze


(1) Die Steuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und § 25a Abs. 3 und 4). (2) Die Steuer ermäßigt sich auf sieben Prozent für die folgenden Umsätze:1.die Lieferungen, die Einfuhr u

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 22 Aufzeichnungspflichten


(1) Der Unternehmer ist verpflichtet, zur Feststellung der Steuer und der Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen zu machen. Diese Verpflichtung gilt in den Fällen des § 13a Absatz 1 Nummer 2 und 5, des § 13b Absatz 5 und des § 14c Absatz 2 auch f

Abgabenordnung - AO 1977 | § 158 Beweiskraft der Buchführung


(1) Die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 entsprechen, sind der Besteuerung zugrunde zu legen. (2) Absatz 1 gilt nicht,1.soweit nach den Umständen des Einzelfalls Anlass besteht, die

Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung - UStDV 1980 | § 63 Aufzeichnungspflichten


(1) Die Aufzeichnungen müssen so beschaffen sein, dass es einem sachverständigen Dritten innerhalb einer angemessenen Zeit möglich ist, einen Überblick über die Umsätze des Unternehmers und die abziehbaren Vorsteuern zu erhalten und die Grundlagen fü

Abgabenordnung - AO 1977 | § 199 Prüfungsgrundsätze


(1) Der Außenprüfer hat die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Steuerpflicht und für die Bemessung der Steuer maßgebend sind (Besteuerungsgrundlagen), zugunsten wie zuungunsten des Steuerpflichtigen zu prüfen. (2) Der Steuerp

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Bundesfinanzhof Urteil, 23. Nov. 2011 - XI R 6/08

bei uns veröffentlicht am 23.11.2011

Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine KG, betrieb im Streitjahr 2000 eine Fleischerei mit verschiedenen Verkaufsstellen sowie nach den Fest

Referenzen

(1) Der Außenprüfer hat die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Steuerpflicht und für die Bemessung der Steuer maßgebend sind (Besteuerungsgrundlagen), zugunsten wie zuungunsten des Steuerpflichtigen zu prüfen.

(2) Der Steuerpflichtige ist während der Außenprüfung über die festgestellten Sachverhalte und die möglichen steuerlichen Auswirkungen zu unterrichten, wenn dadurch Zweck und Ablauf der Prüfung nicht beeinträchtigt werden. Die Finanzbehörde kann mit dem Steuerpflichtigen vereinbaren, in regelmäßigen Abständen Gespräche über die festgestellten Sachverhalte und die möglichen steuerlichen Auswirkungen zu führen. Sie kann im Einvernehmen mit dem Steuerpflichtigen Rahmenbedingungen für die Mitwirkung nach § 200 festlegen; werden die Rahmenbedingungen vom Steuerpflichtigen erfüllt, unterbleibt ein qualifiziertes Mitwirkungsverlangen nach § 200a.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Die Steuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und § 25a Abs. 3 und 4).

(2) Die Steuer ermäßigt sich auf sieben Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen, die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
2.
die Vermietung der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
3.
die Aufzucht und das Halten von Vieh, die Anzucht von Pflanzen und die Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere;
4.
die Leistungen, die unmittelbar der Vatertierhaltung, der Förderung der Tierzucht, der künstlichen Tierbesamung oder der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht und in der Milchwirtschaft dienen;
5.
(weggefallen);
6.
die Leistungen aus der Tätigkeit als Zahntechniker sowie die in § 4 Nr. 14 Buchstabe a Satz 2 bezeichneten Leistungen der Zahnärzte;
7.
a)
die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler
b)
die Überlassung von Filmen zur Auswertung und Vorführung sowie die Filmvorführungen, soweit die Filme nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit oder nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 des Jugendschutzgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, 2003 I S. 476) in der jeweils geltenden Fassung gekennzeichnet sind oder vor dem 1. Januar 1970 erstaufgeführt wurden,
c)
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben,
d)
die Zirkusvorführungen, die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller sowie die unmittelbar mit dem Betrieb der zoologischen Gärten verbundenen Umsätze;
8.
a)
die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt Satz 1 nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht,
b)
die Leistungen der nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Gemeinschaften der in Buchstabe a Satz 1 bezeichneten Körperschaften, wenn diese Leistungen, falls die Körperschaften sie anteilig selbst ausführten, insgesamt nach Buchstabe a ermäßigt besteuert würden;
9.
die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie die Verabreichung von Heilbädern. Das Gleiche gilt für die Bereitstellung von Kureinrichtungen, soweit als Entgelt eine Kurtaxe zu entrichten ist;
10.
die Beförderungen von Personen
a)
im Schienenbahnverkehr,
b)
im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und im genehmigten Linienverkehr mit Schiffen sowie die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt;
11.
die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen. Satz 1 gilt nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind;
12.
die Einfuhr der in Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände;
13.
die Lieferungen und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Nummer 53 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände, wenn die Lieferungen
a)
vom Urheber der Gegenstände oder dessen Rechtsnachfolger bewirkt werden oder
b)
von einem Unternehmer bewirkt werden, der kein Wiederverkäufer (§ 25a Absatz 1 Nummer 1 Satz 2) ist, und die Gegenstände
aa)
vom Unternehmer in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt wurden,
bb)
von ihrem Urheber oder dessen Rechtsnachfolger an den Unternehmer geliefert wurden oder
cc)
den Unternehmer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt haben;
14.
die Überlassung der in Nummer 49 Buchstabe a bis e und Nummer 50 der Anlage 2 bezeichneten Erzeugnisse in elektronischer Form, unabhängig davon, ob das Erzeugnis auch auf einem physischen Träger angeboten wird, mit Ausnahme der Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen aus Videoinhalten oder hörbarer Musik bestehen. Ebenfalls ausgenommen sind Erzeugnisse, für die Beschränkungen als jugendgefährdende Trägermedien oder Hinweispflichten nach § 15 Absatz 1 bis 3 und 6 des Jugendschutzgesetzes in der jeweils geltenden Fassung bestehen, sowie Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen Werbezwecken, einschließlich Reisewerbung, dienen. Begünstigt ist auch die Bereitstellung eines Zugangs zu Datenbanken, die eine Vielzahl von elektronischen Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften oder Teile von diesen enthalten;
15.
die nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Januar 2024 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.
-----
*)
§ 12 Abs. 2 Nr. 10: Gilt gem. § 28 Abs. 4 idF d. Art. 8 Nr. 9 G v. 20.12.2007 I 3150 bis zum 31. Dezember 2011 in folgender Fassung:
"10.
a)
die Beförderungen von Personen mit Schiffen,
b)
die Beförderungen von Personen im Schienenbahnverkehr, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt."

(3) Die Steuer ermäßigt sich auf 0 Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Die Voraussetzungen des Satzes 1 gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt oder betragen wird;
2.
den innergemeinschaftlichen Erwerb der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
3.
die Einfuhr der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
4.
die Installation von Photovoltaikanlagen sowie der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Lieferung der installierten Komponenten die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt.

(1) Lieferungen eines Unternehmers sind Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht).

(1a) Als Lieferung gegen Entgelt gilt das Verbringen eines Gegenstands des Unternehmens aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Unternehmer zu seiner Verfügung, ausgenommen zu einer nur vorübergehenden Verwendung, auch wenn der Unternehmer den Gegenstand in das Inland eingeführt hat. Der Unternehmer gilt als Lieferer. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in den Fällen des § 6b.

(1b) Einer Lieferung gegen Entgelt werden gleichgestellt

1.
die Entnahme eines Gegenstands durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen;
2.
die unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands durch einen Unternehmer an sein Personal für dessen privaten Bedarf, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen;
3.
jede andere unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands, ausgenommen Geschenke von geringem Wert und Warenmuster für Zwecke des Unternehmens.
Voraussetzung ist, dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.

(2) (weggefallen)

(3) Beim Kommissionsgeschäft (§ 383 des Handelsgesetzbuchs) liegt zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär eine Lieferung vor. Bei der Verkaufskommission gilt der Kommissionär, bei der Einkaufskommission der Kommittent als Abnehmer.

(3a) Ein Unternehmer, der mittels seiner elektronischen Schnittstelle die Lieferung eines Gegenstands, dessen Beförderung oder Versendung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet, durch einen nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer an einen Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 unterstützt, wird behandelt, als ob er diesen Gegenstand für sein Unternehmen selbst erhalten und geliefert hätte. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Unternehmer mittels seiner elektronischen Schnittstelle den Fernverkauf von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 Euro unterstützt. Eine elektronische Schnittstelle im Sinne der Sätze 1 und 2 ist ein elektronischer Marktplatz, eine elektronische Plattform, ein elektronisches Portal oder Ähnliches. Ein Fernverkauf im Sinne des Satzes 2 ist die Lieferung eines Gegenstands, der durch den Lieferer oder für dessen Rechnung aus dem Drittlandsgebiet an einen Erwerber in einem Mitgliedstaat befördert oder versendet wird, einschließlich jener Lieferung, an deren Beförderung oder Versendung der Lieferer indirekt beteiligt ist. Erwerber im Sinne des Satzes 4 ist ein in § 3a Absatz 5 Satz 1 bezeichneter Empfänger oder eine in § 1a Absatz 3 Nummer 1 genannte Person, die weder die maßgebende Erwerbsschwelle überschreitet noch auf ihre Anwendung verzichtet; im Fall der Beendigung der Beförderung oder Versendung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ist die von diesem Mitgliedstaat festgesetzte Erwerbsschwelle maßgebend. Satz 2 gilt nicht für die Lieferung neuer Fahrzeuge und eines Gegenstandes, der mit oder ohne probeweise Inbetriebnahme durch den Lieferer oder für dessen Rechnung montiert oder installiert geliefert wird.

(4) Hat der Unternehmer die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands übernommen und verwendet er hierbei Stoffe, die er selbst beschafft, so ist die Leistung als Lieferung anzusehen (Werklieferung), wenn es sich bei den Stoffen nicht nur um Zutaten oder sonstige Nebensachen handelt. Das gilt auch dann, wenn die Gegenstände mit dem Grund und Boden fest verbunden werden.

(5) Hat ein Abnehmer dem Lieferer die Nebenerzeugnisse oder Abfälle, die bei der Bearbeitung oder Verarbeitung des ihm übergebenen Gegenstands entstehen, zurückzugeben, so beschränkt sich die Lieferung auf den Gehalt des Gegenstands an den Bestandteilen, die dem Abnehmer verbleiben. Das gilt auch dann, wenn der Abnehmer an Stelle der bei der Bearbeitung oder Verarbeitung entstehenden Nebenerzeugnisse oder Abfälle Gegenstände gleicher Art zurückgibt, wie sie in seinem Unternehmen regelmäßig anfallen.

(5a) Der Ort der Lieferung richtet sich vorbehaltlich der §§ 3c, 3e und 3g nach den Absätzen 6 bis 8.

(6) Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet, gilt die Lieferung dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt. Befördern ist jede Fortbewegung eines Gegenstands. Versenden liegt vor, wenn jemand die Beförderung durch einen selbständigen Beauftragten ausführen oder besorgen lässt. Die Versendung beginnt mit der Übergabe des Gegenstands an den Beauftragten.

(6a) Schließen mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Liefergeschäfte ab und gelangt dieser Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer (Reihengeschäft), so ist die Beförderung oder Versendung des Gegenstands nur einer der Lieferungen zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung dabei durch den ersten Unternehmer in der Reihe befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung seiner Lieferung zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung durch den letzten Abnehmer befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung durch einen Abnehmer befördert oder versendet, der zugleich Lieferer ist (Zwischenhändler), ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen, es sei denn, er weist nach, dass er den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat. Gelangt der Gegenstand der Lieferung aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates und verwendet der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde, ist die Beförderung oder Versendung seiner Lieferung zuzuordnen. Gelangt der Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis nach Satz 4 auszugehen, wenn der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder Steuernummer verwendet, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde. Gelangt der Gegenstand der Lieferung vom Drittlandsgebiet in das Gemeinschaftsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis nach Satz 4 auszugehen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Namen des Zwischenhändlers oder im Rahmen der indirekten Stellvertretung (Artikel 18 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1) für seine Rechnung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr angemeldet wird.

(6b) Wird ein Unternehmer gemäß Absatz 3a behandelt, als ob er einen Gegenstand selbst erhalten und geliefert hätte, wird die Beförderung oder Versendung des Gegenstands der Lieferung durch diesen Unternehmer zugeschrieben.

(7) Wird der Gegenstand der Lieferung nicht befördert oder versendet, wird die Lieferung dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet. In den Fällen der Absätze 6a und 6b gilt Folgendes:

1.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung vorangehen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands beginnt.
2.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung folgen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet.

(8) Gelangt der Gegenstand der Lieferung bei der Beförderung oder Versendung aus dem Drittlandsgebiet in das Inland, gilt der Ort der Lieferung dieses Gegenstands als im Inland gelegen, wenn der Lieferer oder sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist.

(8a) (weggefallen)

(9) Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind. Sie können auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustands bestehen.

(9a) Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden gleichgestellt

1.
die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen; dies gilt nicht, wenn der Vorsteuerabzug nach § 15 Absatz 1b ausgeschlossen oder wenn eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Absatz 6a durchzuführen ist;
2.
die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen.

(10) Überlässt ein Unternehmer einem Auftraggeber, der ihm einen Stoff zur Herstellung eines Gegenstands übergeben hat, an Stelle des herzustellenden Gegenstands einen gleichartigen Gegenstand, wie er ihn in seinem Unternehmen aus solchem Stoff herzustellen pflegt, so gilt die Leistung des Unternehmers als Werkleistung, wenn das Entgelt für die Leistung nach Art eines Werklohns unabhängig vom Unterschied zwischen dem Marktpreis des empfangenen Stoffs und dem des überlassenen Gegenstandes berechnet wird.

(11) Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet und handelt er dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung, gilt diese Leistung als an ihn und von ihm erbracht.

(11a) Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung, die über ein Telekommunikationsnetz, eine Schnittstelle oder ein Portal erbracht wird, eingeschaltet, gilt er im Sinne von Absatz 11 als im eigenen Namen und für fremde Rechnung handelnd. Dies gilt nicht, wenn der Anbieter dieser sonstigen Leistung von dem Unternehmer als Leistungserbringer ausdrücklich benannt wird und dies in den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien zum Ausdruck kommt. Diese Bedingung ist erfüllt, wenn

1.
in den von jedem an der Erbringung beteiligten Unternehmer ausgestellten oder verfügbar gemachten Rechnungen die sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 und der Erbringer dieser Leistung angegeben sind;
2.
in den dem Leistungsempfänger ausgestellten oder verfügbar gemachten Rechnungen die sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 und der Erbringer dieser Leistung angegeben sind.
Die Sätze 2 und 3 finden keine Anwendung, wenn der Unternehmer hinsichtlich der Erbringung der sonstigen Leistung im Sinne des Satzes 2
1.
die Abrechnung gegenüber dem Leistungsempfänger autorisiert,
2.
die Erbringung der sonstigen Leistung genehmigt oder
3.
die allgemeinen Bedingungen der Leistungserbringung festlegt.
Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn der Unternehmer lediglich Zahlungen in Bezug auf die erbrachte sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 abwickelt und nicht an der Erbringung dieser sonstigen Leistung beteiligt ist.

(12) Ein Tausch liegt vor, wenn das Entgelt für eine Lieferung in einer Lieferung besteht. Ein tauschähnlicher Umsatz liegt vor, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder sonstigen Leistung besteht.

(13) Ein Gutschein (Einzweck- oder Mehrzweck-Gutschein) ist ein Instrument, bei dem

1.
die Verpflichtung besteht, es als vollständige oder teilweise Gegenleistung für eine Lieferung oder sonstige Leistung anzunehmen und
2.
der Liefergegenstand oder die sonstige Leistung oder die Identität des leistenden Unternehmers entweder auf dem Instrument selbst oder in damit zusammenhängenden Unterlagen, einschließlich der Bedingungen für die Nutzung dieses Instruments, angegeben sind.
Instrumente, die lediglich zu einem Preisnachlass berechtigen, sind keine Gutscheine im Sinne des Satzes 1.

(14) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes 13, bei dem der Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und die für diese Umsätze geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen, ist ein Einzweck-Gutschein. Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im eigenen Namen, gilt die Übertragung des Gutscheins als die Lieferung des Gegenstands oder die Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht. Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im Namen eines anderen Unternehmers, gilt diese Übertragung als Lieferung des Gegenstands oder Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, durch den Unternehmer, in dessen Namen die Übertragung des Gutscheins erfolgt. Wird die im Einzweck-Gutschein bezeichnete Leistung von einem anderen Unternehmer erbracht als dem, der den Gutschein im eigenen Namen ausgestellt hat, wird der leistende Unternehmer so behandelt, als habe er die im Gutschein bezeichnete Leistung an den Aussteller erbracht. Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die ein Einzweck-Gutschein als Gegenleistung angenommen wird, gilt in den Fällen der Sätze 2 bis 4 nicht als unabhängiger Umsatz.

(15) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes 13, bei dem es sich nicht um einen Einzweck-Gutschein handelt, ist ein Mehrzweck-Gutschein. Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die der leistende Unternehmer einen Mehrzweck-Gutschein als vollständige oder teilweise Gegenleistung annimmt, unterliegt der Umsatzsteuer nach § 1 Absatz 1, wohingegen jede vorangegangene Übertragung dieses Mehrzweck-Gutscheins nicht der Umsatzsteuer unterliegt.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine KG, betrieb im Streitjahr 2000 eine Fleischerei mit verschiedenen Verkaufsstellen sowie nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) einen "Partyservice". Im Rahmen des Partyservice lieferte sie die bestellten Speisen in verschlossenen Warmhalteschalen aus, wobei sie je nach Kundenwunsch auch Geschirr und Besteck, Partytische (Stehtische) sowie Personal zur Verfügung stellte.

2

Im Rahmen einer Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die Speisenlieferungen, soweit sie mit der Beistellung von Geschirr und Besteck, Stehtischen oder Personal verbunden waren, dem Regelsteuersatz unterlägen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte der Ansicht des Prüfers und erließ unter dem 30. Juli 2003 einen entsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr. Im sich anschließenden Einspruchsverfahren erzielten die Beteiligten Einvernehmen darüber, dass die Entgelte für die Speisenlieferungen in den Fällen dem Regelsteuersatz zu unterwerfen seien, in denen die Klägerin auch Bedienungspersonal gestellt hatte.

3

Im Übrigen blieben Einspruch und Klage gegen den Änderungsbescheid ohne Erfolg. Das Urteil des FG ist veröffentlicht in Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2009, 33.

4

Mit ihrer Revision macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die Überlassung von Geschirr und Besteck sei eine Nebenleistung zur Speisenlieferung, die es nicht rechtfertige, die gesamte Leistung als Dienstleistung zu qualifizieren.

5

Der Senat hat mit Beschluss vom 15. Oktober 2009 XI R 6/08 (BFHE 227, 242, BStBl II 2010, 364) das Revisionsverfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

6

"1. Ist der Begriff 'Nahrungsmittel' in Anhang H Kategorie 1 der Richtlinie 77/388/EWG dahin auszulegen, dass darunter nur Nahrungsmittel 'zum Mitnehmen' fallen, wie sie typischerweise im Lebensmittelhandel verkauft werden, oder fallen darunter auch Speisen oder Mahlzeiten, die --durch Kochen, Braten, Backen oder auf sonstige Weise-- zum sofortigen Verzehr zubereitet worden sind?

7

2. Falls 'Nahrungsmittel' im Sinne des Anhangs H Kategorie 1 der Richtlinie 77/388/EWG auch Speisen oder Mahlzeiten zum sofortigen Verzehr sind:

8

Ist der Vorgang der Zubereitung der Speisen oder Mahlzeiten als Dienstleistungselement zu berücksichtigen, wenn zu entscheiden ist, ob die einheitliche Leistung eines Partyservice-Unternehmens (Überlassung von verzehrfertigen Speisen oder Mahlzeiten sowie deren Transport und gegebenenfalls Überlassung von Besteck und Geschirr und/ oder von Stehtischen sowie das Abholen der zur Nutzung überlassenen Gegenstände) als steuerbegünstigte Lieferung von Nahrungsmitteln (Anhang H Kategorie 1 der Richtlinie 77/388/EWG) oder als nicht steuerbegünstigte Dienstleistung (Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG) zu qualifizieren ist?

9

3. Falls die Frage zu 2. verneint wird:

10

Ist es mit Art. 2 Nr. 1 i.V.m. Art. 5 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG vereinbar, bei der Qualifizierung der einheitlichen Leistung eines Partyservice-Unternehmens entweder als Warenlieferung oder als Dienstleistung eigener Art typisierend allein auf die Anzahl der Elemente mit Dienstleistungscharakter (zwei oder mehr) gegenüber dem Lieferungsanteil abzustellen oder sind die Elemente mit Dienstleistungscharakter unabhängig von ihrer Zahl zwingend --und bejahendenfalls nach welchen Merkmalen-- zu gewichten?"

11

Der EuGH hat diese und in weiteren Vorabentscheidungsersuchen gestellten Fragen mit Urteil vom 10. März 2011 Rs. C-497/09, C-499/09, C-501/09 und C-502/09 --Bog u.a.-- (Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2011, 515, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2011, 272) wie folgt beantwortet:

12

"1. Die Art. 5 und 6 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG... in der durch die Richtlinie 92/111/EWG des Rates vom 14. Dezember 1992 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass

13

- die Abgabe frisch zubereiteter Speisen oder Nahrungsmittel zum sofortigen Verzehr an Imbissständen oder -wagen oder in Kino-Foyers eine Lieferung von Gegenständen im Sinne des genannten Art. 5 ist, wenn eine qualitative Prüfung des gesamten Umsatzes ergibt, dass die Dienstleistungselemente, die der Lieferung der Nahrungsmittel voraus- und mit ihr einhergehen, nicht überwiegen;

14

- die Tätigkeiten eines Partyservice außer in den Fällen, in denen dieser lediglich Standardspeisen ohne zusätzliches Dienstleistungselement liefert oder in denen weitere, besondere Umstände belegen, dass die Lieferung der Speisen der dominierende Bestandteil des Umsatzes ist, Dienstleistungen im Sinne des genannten Art. 6 darstellen.

15

2. Bei Lieferung von Gegenständen ist der Begriff 'Nahrungsmittel' in Anhang H Kategorie 1 der durch die Richtlinie 92/111 geänderten Sechsten Richtlinie 77/388 dahin auszulegen, dass er auch Speisen oder Mahlzeiten umfasst, die durch Kochen, Braten, Backen oder auf sonstige Weise zum sofortigen Verzehr zubereitet worden sind."

16

Die Klägerin sieht mit der Entscheidung des EuGH ihre Rechtsauffassung bestätigt. Die im Streitfall zur Speisenlieferung allein hinzugetretene Überlassung von Geschirr und Besteck könne aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers nicht das die Gesamtleistung prägende Element gewesen sein. Es habe weder eine Beratungstätigkeit gegenüber den Kunden stattgefunden noch sei die Zubereitung der gelieferten Speisen nach Kundenwunsch erfolgt. Sie, die Klägerin, habe ausschließlich von ihren Kunden aus einer Speisekarte ausgewählte Standardspeisen geliefert, wie sie sie in ihren Filialen zum Kauf anbiete und ständig und immer gleich zubereite. Wenigstens acht Rechnungen beträfen Lieferungen von Standardspeisen ohne zusätzliche Dienstleistungen, "die als qualitativ überwiegendes Element die Annahme einer nicht steuerbegünstigten sonstigen Leistung rechtfertigen würden". Liefere ein Partyservice neben den Speisen in überschaubarem Umfang Geschirr, Besteck oder Stehtische mit, sei dies entsprechend den behelfsmäßigen Verzehrvorrichtungen bei Imbissbuden zu behandeln. Jedenfalls lägen (reine) Speisenlieferungen dann vor, wenn hinzutretende Leistungen lediglich informatorisch auf der Rechnung aufgeführt und nicht berechnet worden seien.

17

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung der Vorentscheidung den Umsatzsteuerbescheid 2000 vom 30. Juli 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. Mai 2004 dahingehend abzuändern, dass die Umsatzsteuer um ... DM (= ... €) herabgesetzt wird.

18

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

19

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Klägerin dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistungen erbracht hat.

20

1. Nach § 12 Abs. 1 des im Streitfall anzuwendenden Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) beträgt die Steuer für jeden steuerpflichtigen Umsatz 16 % der Bemessungsgrundlage. Sie ermäßigt sich nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG auf 7 % u.a. für "die Lieferungen" der in der Anlage des Gesetzes bezeichneten Gegenstände, darunter z.B. Zubereitungen von Fleisch, Fischen usw. (Nr. 28), aus Getreide, Mehl, Stärke oder Milch sowie Backwaren (Nr. 31), Zubereitungen von Gemüse, Früchten usw. (Nr. 32) oder "Verschiedene Lebensmittelzubereitungen" (Nr. 33).

21

Lieferungen sind nach § 3 Abs. 1 UStG u.a. Leistungen, durch die der Unternehmer den Abnehmer befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht). Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind (§ 3 Abs. 9 Satz 1 UStG).

22

Diese Vorschriften beruhen unionsrechtlich auf Art. 5 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) - nunmehr Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL-- (Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- Nr. L 347/1), wonach als Lieferung eines Gegenstandes die Übertragung der Befähigung gilt, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen, und auf Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG --nunmehr Art. 24 Abs. 1 MwStSystRL--, wonach als Dienstleistung jede Leistung gilt, die keine Lieferung eines Gegenstandes ist.

23

2. Nach der im Streitfall ergangenen Entscheidung des EuGH stellen die Tätigkeiten eines Partyservice außer in den Fällen, in denen dieser lediglich Standardspeisen ohne zusätzliches Dienstleistungselement liefert oder in denen weitere, besondere Umstände belegen, dass die Lieferung der Speisen der dominierende Bestandteil des Umsatzes ist, Dienstleistungen dar (EuGH-Urteil --Bog u.a.-- in DStR 2011, 515, UR 2011, 272, Leitsatz 1).

24

Zur Abgrenzung von Lieferung und Dienstleistung bei den Leistungen eines Partyservice führt der EuGH aus:

25

"75     Was die Tätigkeiten eines bei Festen und Feierlichkeiten in Anspruch genommenen Partyservice wie die im Ausgangsverfahren in der Rechtssache C-502/09 fraglichen angeht, so sind, wie sich aus Randnr. 38 des vorliegenden Urteils ergibt, je nach den Kundenwünschen mehrere Kombinationen von Umsätzen denkbar, die von der bloßen Zubereitung und Lieferung von Speisen bis zu einer umfassenden Leistung reichen können, die auch die Bereitstellung von Geschirr, Mobiliar (Tische und Stühle), die Darreichungsform der Gerichte, die Dekoration, die Bereitstellung von Personal für die Bedienung und die Beratung über die Zusammenstellung des Menüs und gegebenenfalls die Auswahl der Getränke umfassen kann.

26

76      Wenn eine einheitliche Leistung vorliegt, hängt die Qualifizierung des Umsatzes als Lieferung von Gegenständen oder als Dienstleistung von der Gesamtheit der tatsächlichen Umstände ab, wobei die qualitativ überwiegenden Bestandteile aus der Sicht des Verbrauchers zu betrachten sind.

27

77      Zu den von einem Partyservice nach Hause gelieferten Speisen ist festzustellen, dass sie im Gegensatz zu denjenigen, die in Imbissständen, Imbisswagen und Kinos abgegeben werden, im Allgemeinen nicht das Ergebnis einer bloßen Standardzubereitung sind, sondern einen deutlich größeren Dienstleistungsanteil aufweisen und mehr Arbeit und Sachverstand erfordern. Die Qualität der Gerichte, die Kreativität sowie die Darreichungsform sind hier Elemente, die in den meisten Fällen für den Kunden von entscheidender Bedeutung sind. Oftmals wird dem Kunden nicht nur die Möglichkeit geboten, sein Menü zusammenzustellen, sondern sogar, Speisen nach seinen Wünschen zubereiten zu lassen. Dieser Dienstleistungsanteil kommt im Übrigen auch im Sprachgebrauch zum Ausdruck, da umgangssprachlich im Allgemeinen vom Party'service' und den bei diesem 'bestellten' und nicht 'gekauften' Speisen gesprochen wird.

28

78      Sodann werden die Speisen vom Partyservice in verschlossenen Warmhalteschalen angeliefert oder von ihm an Ort und Stelle aufgewärmt. Für den Kunden ist zudem wesentlich, dass die Speisen genau zu dem von ihm festgelegten Zeitpunkt geliefert werden.

29

79      Des Weiteren können die Leistungen eines Partyservice dem Verzehr dienliche Elemente, wie die Bereitstellung von Geschirr, Besteck oder sogar Mobiliar, umfassen. Diese Elemente verlangen zudem im Unterschied zur bloßen Bereitstellung einer behelfsmäßigen Infrastruktur im Fall von Imbissständen, Imbisswagen oder Kinos einen gewissen personellen Einsatz, um das gestellte Material herbeizuschaffen, zurückzunehmen und gegebenenfalls zu reinigen.

30

80      Im Licht dieser Erwägungen ist festzustellen, dass die Tätigkeit eines Partyservice außer in den Fällen, in denen dieser lediglich Standardspeisen ohne zusätzliches Dienstleistungselement liefert oder in denen weitere, besondere Umstände belegen, dass die Lieferung der Speisen der dominierende Bestandteil des Umsatzes ist, eine Dienstleistung darstellt."

31

3. Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen sind die streitbefangenen Leistungen der Klägerin als dem Regelsteuersatz unterfallende sonstige Leistungen zu behandeln.

32

Die Voraussetzungen, unter denen nach der Rechtsprechung des EuGH Leistungen eines Partyservice ausnahmsweise mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern sind, liegen im Streitfall nicht vor.

33

a) Die Klägerin hat in den im Streitfall zu beurteilenden Fällen keine Standardspeisen ohne zusätzliches Dienstleistungselement geliefert.

34

aa) Die Annahme einer dem Regelsteuersatz unterliegenden sonstigen Leistung erfordert nicht --wie die Klägerin meint--, dass das zur Lieferung einer Standardspeise hinzutretende Dienstleistungselement qualitativ überwiegt. Es reicht nach der im Streitfall ergangenen Rechtsprechung des EuGH bei einem Partyservice vielmehr aus, dass neben der Speisenlieferung ein zusätzliches Dienstleistungselement erbracht wird.

35

Die Rechnungen vom ..., auf die sich die Klägerin bezieht, betreffen Speisenlieferungen, zu denen jeweils mindestens ein zusätzliches Dienstleistungselement hinzutrat, so dass sie als dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistungen zu behandeln sind. Gleiches gilt, soweit die Klägerin hinsichtlich der Rechnungen vom ... vorbringt, es lägen Speisenlieferungen vor, da sie lediglich jeweils zwei Stehtische zur Verfügung gestellt habe.

36

bb) Die Klägerin rügt zwar zu Recht hinsichtlich der Rechnungen vom ..., dass sie bei diesen Umsätzen entgegen der Aussage des FG kein Besteck und Geschirr überlassen habe. Dies führt jedoch nicht zum teilweisen Erfolg der Revision.

37

Die Rechnung vom ... betrifft keine Abgabe von Speisen, sondern ausschließlich eine dem Regelsteuersatz unterliegende Lieferung von alkoholischen Getränken.

38

Ausweislich der Rechnung vom ... wurden zwar Standardspeisen (Grillsteaks, Rostbratwurst zum Grillen, Pommes frites) abgegeben; es wurden aber außerdem zehn Stehtische überlassen. Damit ist zu der Abgabe von Speisen ein weiteres Dienstleistungselement hinzugetreten, das nach der Vorabentscheidung des EuGH auch bei der Abgabe von Standardspeisen die Annahme einer Dienstleistung rechtfertigt.

39

Soweit sich die Klägerin auf die Rechnung an die Firma Z vom ... über 70 Portionen "Buffet kalt warm" bezieht, handelt es sich entgegen der Ansicht der Klägerin nicht um die Lieferung von Standardspeisen. Die gelieferten --aufeinander abgestimmten-- Speisen für 70 Personen --wie etwa Vitello tonnato, Hähnchenschnitzel mit Fruchtspießen, geräucherter Lachs und Forellenfilet mit Sahnemeerrettich, Roastbeef mit Remoulade, gefüllte Tomaten mit Frischkäse, Geflügelsalat mit Rigatoni-- sind jedenfalls keine Standardspeisen, wie sie typischerweise als Ergebnis einer einfachen, standardisierten Zubereitung, die in den meisten Fällen nicht auf Bestellung eines bestimmten Kunden, sondern entsprechend der allgemein vorhersehbaren Nachfrage oder in Abständen vorgenommen werden, an Imbissständen, Imbisswagen oder in Kinos abgegeben werden (vgl. EuGH-Urteil in DStR 2011, 515, UR 2011, 272, Rz 68, 77). Die Abgabe dieser Speisen, die einen deutlich größeren Dienstleistungsanteil aufweisen und mehr Arbeit und Sachverstand erfordern, ist mithin nicht als Lieferung anzusehen (vgl. EuGH-Urteil in DStR 2011, 515, UR 2011, 272, Rz 77).

40

b) Besondere Umstände, die dafür sprechen, dass die Abgabe der Speisen der dominierende Bestandteil der streitigen Umsätze gewesen wäre, liegen nicht vor.

41

aa) Der Senat vermag der Klägerin nicht darin zu folgen, die Besteck- und Geschirrüberlassung könne jedenfalls nicht das die Gesamtleistung prägende Element gewesen sein, weil die jeweiligen Kosten für die zusätzlich erbrachten Dienstleistungen weit hinter den Kosten der Speisenlieferung zurückgeblieben seien.

42

Denn der EuGH hat entsprechende Überlegungen in dem Vorlagebeschluss des Senats in BFHE 227, 242, BStBl II 2010, 364 nicht übernommen. Daher ist weder darauf abzustellen, in welchem Verhältnis die durch die zusätzlich erbrachte Dienstleistung verursachten Kosten zu denen der Speisenlieferung stehen, noch kommt es darauf an, ob die hinzutretenden Leistungen unberechnet bleiben und lediglich "informatorisch" auf der Rechnung aufgeführt werden.

43

bb) Der EuGH hat in seiner zum vorliegenden Streitfall ergangenen Entscheidung berücksichtigt, dass im Rahmen eines Partyservice bereitgestelltes Geschirr und Besteck sowie überlassene Stehtische --im Unterschied zur bloßen Bereitstellung einer behelfsmäßigen Infrastruktur im Fall von Imbissständen, Imbisswagen oder Kinos-- einen gewissen, nicht nur geringfügigen personellen Einsatz erfordern, um das gestellte Material herbeizuschaffen, zurückzunehmen und gegebenenfalls zu reinigen (vgl. EuGH-Urteil in DStR 2011, 515, UR 2011, 272, Rz 79). Die Lieferung von Speisen im Rahmen des Partyservice stellt mithin nur eine Komponente der gesamten Leistung dar, bei der --vergleichbar einem Restaurationsumsatz mit bereitgestelltem Geschirr, Mobiliar und Gedeck-- der Dienstleistungsanteil qualitativ überwiegt. Hierbei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Kunde etwa aus Gründen der Kostenersparnis das bereitgestellte Geschirr und Besteck selbst reinigt.

44

4. Nach Art. 6 Abs. 2 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. März 2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwSt-DVO-- (ABlEU Nr. L 77/1) gilt die Abgabe von zubereiteten oder nicht zubereiteten Speisen und/oder Getränken mit oder ohne Beförderung, jedoch ohne andere unterstützende Dienstleistungen nicht als Restaurant- oder Verpflegungsdienstleistung.

45

Wie diese Bestimmung --unter Berücksichtigung der dargelegten EuGH-Rechtsprechung-- zu verstehen ist, ist in dem das Streitjahr 2000 betreffenden Streitfall nicht zu entscheiden. Denn sie gilt nach Art. 65 MwSt-DVO erst ab dem 1. Juli 2011.

46

5. Die Sache ist spruchreif.

47

Entgegen dem Vorbringen der Klägerin bedarf es keiner Feststellungen zur "Sicht des Durchschnittsverbrauchers", weil es sich dabei lediglich um eine "gedankliche Perspektive" handelt (vgl. BFH-Urteil vom 17. April 2008 V R 39/05, BFH/NV 2008, 1712, unter II.3.b dd).

48

Maßgebend ist eine --aufgrund der im Streitfall festgestellten Tatsachen mögliche-- Gesamtbetrachtung aller Umstände, unter denen der jeweilige Umsatz ausgeführt wurde. Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ist die qualitative und nicht nur quantitative Bedeutung der Dienstleistungselemente im Vergleich zu den Elementen einer Lieferung von Gegenständen nach Maßgabe der vom EuGH gerade auch für den vorliegenden Streitfall aufgestellten Grundsätze zu bestimmen (vgl. EuGH-Urteil in DStR 2011, 515, UR 2011, 272, Rz 62, 75 bis 80).

(1) Der Außenprüfer hat die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Steuerpflicht und für die Bemessung der Steuer maßgebend sind (Besteuerungsgrundlagen), zugunsten wie zuungunsten des Steuerpflichtigen zu prüfen.

(2) Der Steuerpflichtige ist während der Außenprüfung über die festgestellten Sachverhalte und die möglichen steuerlichen Auswirkungen zu unterrichten, wenn dadurch Zweck und Ablauf der Prüfung nicht beeinträchtigt werden. Die Finanzbehörde kann mit dem Steuerpflichtigen vereinbaren, in regelmäßigen Abständen Gespräche über die festgestellten Sachverhalte und die möglichen steuerlichen Auswirkungen zu führen. Sie kann im Einvernehmen mit dem Steuerpflichtigen Rahmenbedingungen für die Mitwirkung nach § 200 festlegen; werden die Rahmenbedingungen vom Steuerpflichtigen erfüllt, unterbleibt ein qualifiziertes Mitwirkungsverlangen nach § 200a.

(1) Der Unternehmer ist verpflichtet, zur Feststellung der Steuer und der Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen zu machen. Diese Verpflichtung gilt in den Fällen des § 13a Absatz 1 Nummer 2 und 5, des § 13b Absatz 5 und des § 14c Absatz 2 auch für Personen, die nicht Unternehmer sind, in den Fällen des § 18k auch für den im Auftrag handelnden Vertreter und in den Fällen des § 21a für die gestellende Person. Ist ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb nach § 24 Absatz 3 als gesondert geführter Betrieb zu behandeln, hat der Unternehmer Aufzeichnungspflichten für diesen Betrieb gesondert zu erfüllen. In den Fällen des § 18 Absatz 4c und 4d sind die erforderlichen Aufzeichnungen vom Ende des Jahres an, in dem der Umsatz bewirkt wurde, zehn Jahre lang aufzubewahren und auf Anfrage des Bundeszentralamtes für Steuern auf elektronischem Weg zur Verfügung zu stellen; in den Fällen des § 18 Absatz 4e sind die erforderlichen Aufzeichnungen vom Ende des Jahres an, in dem der Umsatz bewirkt wurde, zehn Jahre lang aufzubewahren und auf Anfrage der für das Besteuerungsverfahren zuständigen Finanzbehörde auf elektronischem Weg zur Verfügung zu stellen; in den Fällen der §§ 18i, 18j, 18k und 21a sind die erforderlichen Aufzeichnungen vom Ende des Jahres an, in dem der Umsatz oder Geschäftsvorgang bewirkt wurde, zehn Jahre lang aufzubewahren und auf Anfrage der im Inland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet für das besondere Besteuerungsverfahren oder für die Sonderregelung zuständigen Finanzbehörde auf elektronischem Weg zur Verfügung zu stellen.

(2) Aus den Aufzeichnungen müssen zu ersehen sein:

1.
die vereinbarten Entgelte für die vom Unternehmer ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen. Dabei ist ersichtlich zu machen, wie sich die Entgelte auf die steuerpflichtigen Umsätze, getrennt nach Steuersätzen, und auf die steuerfreien Umsätze verteilen. Dies gilt entsprechend für die Bemessungsgrundlagen nach § 10 Abs. 4, wenn Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b, sonstige Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a sowie des § 10 Abs. 5 ausgeführt werden. Aus den Aufzeichnungen muss außerdem hervorgehen, welche Umsätze der Unternehmer nach § 9 als steuerpflichtig behandelt. Bei der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten (§ 20) treten an die Stelle der vereinbarten Entgelte die vereinnahmten Entgelte. Im Falle des § 17 Abs. 1 Satz 6 hat der Unternehmer, der die auf die Minderung des Entgelts entfallende Steuer an das Finanzamt entrichtet, den Betrag der Entgeltsminderung gesondert aufzuzeichnen;
2.
die vereinnahmten Entgelte und Teilentgelte für noch nicht ausgeführte Lieferungen und sonstige Leistungen. Dabei ist ersichtlich zu machen, wie sich die Entgelte und Teilentgelte auf die steuerpflichtigen Umsätze, getrennt nach Steuersätzen, und auf die steuerfreien Umsätze verteilen.Nummer 1 Satz 4 gilt entsprechend;
3.
die Bemessungsgrundlage für Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und für sonstige Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a Nr. 1. Nummer 1 Satz 2 gilt entsprechend;
4.
die wegen unrichtigen Steuerausweises nach § 14c Abs. 1 und wegen unberechtigten Steuerausweises nach § 14c Abs. 2 geschuldeten Steuerbeträge;
5.
die Entgelte für steuerpflichtige Lieferungen und sonstige Leistungen, die an den Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, und die vor Ausführung dieser Umsätze gezahlten Entgelte und Teilentgelte, soweit für diese Umsätze nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 die Steuer entsteht, sowie die auf die Entgelte und Teilentgelte entfallenden Steuerbeträge;
6.
die Bemessungsgrundlagen für die Einfuhr von Gegenständen (§ 11), die für das Unternehmen des Unternehmers eingeführt worden sind, sowie die dafür entstandene Einfuhrumsatzsteuer;
7.
die Bemessungsgrundlagen für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie die hierauf entfallenden Steuerbeträge;
8.
in den Fällen des § 13b Absatz 1 bis 5 beim Leistungsempfänger die Angaben entsprechend den Nummern 1 und 2. Der Leistende hat die Angaben nach den Nummern 1 und 2 gesondert aufzuzeichnen;
9.
die Bemessungsgrundlage für Umsätze im Sinne des § 4 Nr. 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2 sowie die hierauf entfallenden Steuerbeträge;
10.
in den Fällen des § 21a Namen und Anschriften der Versender und der Sendungsempfänger, die Bemessungsgrundlagen für die Einfuhr von Gegenständen (§ 11), die hierzu von den Versendern, Sendungsempfängern und Dritten erhaltenen Informationen, sowie die Sendungen, die im abgelaufenen Kalendermonat an die jeweiligen Sendungsempfänger ausgeliefert wurden, die je Sendung vereinnahmten Beträge an Einfuhrumsatzsteuer, die Sendungen, die noch nicht ausgeliefert werden konnten und sich noch in der Verfügungsgewalt der gestellenden Person befinden, sowie die Sendungen, die wiederausgeführt oder unter zollamtlicher Überwachung zerstört oder anderweitig verwertet wurden.

(3) Die Aufzeichnungspflichten nach Absatz 2 Nr. 5 und 6 entfallen, wenn der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist (§ 15 Abs. 2 und 3). Ist der Unternehmer nur teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt, so müssen aus den Aufzeichnungen die Vorsteuerbeträge eindeutig und leicht nachprüfbar zu ersehen sein, die den zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätzen ganz oder teilweise zuzurechnen sind. Außerdem hat der Unternehmer in diesen Fällen die Bemessungsgrundlagen für die Umsätze, die nach § 15 Abs. 2 und 3 den Vorsteuerabzug ausschließen, getrennt von den Bemessungsgrundlagen der übrigen Umsätze, ausgenommen die Einfuhren und die innergemeinschaftlichen Erwerbe, aufzuzeichnen. Die Verpflichtung zur Trennung der Bemessungsgrundlagen nach Absatz 2 Nr. 1 Satz 2, Nr. 2 Satz 2 und Nr. 3 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) In den Fällen des § 15a hat der Unternehmer die Berechnungsgrundlagen für den Ausgleich aufzuzeichnen, der von ihm in den in Betracht kommenden Kalenderjahren vorzunehmen ist.

(4a) Gegenstände, die der Unternehmer zu seiner Verfügung vom Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet verbringt, müssen aufgezeichnet werden, wenn

1.
an den Gegenständen im übrigen Gemeinschaftsgebiet Arbeiten ausgeführt werden,
2.
es sich um eine vorübergehende Verwendung handelt, mit den Gegenständen im übrigen Gemeinschaftsgebiet sonstige Leistungen ausgeführt werden und der Unternehmer in dem betreffenden Mitgliedstaat keine Zweigniederlassung hat oder
3.
es sich um eine vorübergehende Verwendung im übrigen Gemeinschaftsgebiet handelt und in entsprechenden Fällen die Einfuhr der Gegenstände aus dem Drittlandsgebiet vollständig steuerfrei wäre.

(4b) Gegenstände, die der Unternehmer von einem im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer mit Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zur Ausführung einer sonstigen Leistung im Sinne des § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe c erhält, müssen aufgezeichnet werden.

(4c) Der Lagerhalter, der ein Umsatzsteuerlager im Sinne des § 4 Nr. 4a betreibt, hat Bestandsaufzeichnungen über die eingelagerten Gegenstände und Aufzeichnungen über Leistungen im Sinne des § 4 Nr. 4a Satz 1 Buchstabe b Satz 1 zu führen. Bei der Auslagerung eines Gegenstands aus dem Umsatzsteuerlager muss der Lagerhalter Name, Anschrift und die inländische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Auslagerers oder dessen Fiskalvertreters aufzeichnen.

(4d) Im Fall der Abtretung eines Anspruchs auf die Gegenleistung für einen steuerpflichtigen Umsatz an einen anderen Unternehmer (§ 13c) hat

1.
der leistende Unternehmer den Namen und die Anschrift des Abtretungsempfängers sowie die Höhe des abgetretenen Anspruchs auf die Gegenleistung aufzuzeichnen;
2.
der Abtretungsempfänger den Namen und die Anschrift des leistenden Unternehmers, die Höhe des abgetretenen Anspruchs auf die Gegenleistung sowie die Höhe der auf den abgetretenen Anspruch vereinnahmten Beträge aufzuzeichnen. Sofern der Abtretungsempfänger die Forderung oder einen Teil der Forderung an einen Dritten abtritt, hat er zusätzlich den Namen und die Anschrift des Dritten aufzuzeichnen.
Satz 1 gilt entsprechend bei der Verpfändung oder der Pfändung von Forderungen. An die Stelle des Abtretungsempfängers tritt im Fall der Verpfändung der Pfandgläubiger und im Fall der Pfändung der Vollstreckungsgläubiger.

(4e) Wer in den Fällen des § 13c Zahlungen nach § 48 der Abgabenordnung leistet, hat Aufzeichnungen über die entrichteten Beträge zu führen. Dabei sind auch Name, Anschrift und die Steuernummer des Schuldners der Umsatzsteuer aufzuzeichnen.

(4f) Der Unternehmer, der nach Maßgabe des § 6b einen Gegenstand aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates befördert oder versendet, hat über diese Beförderung oder Versendung gesondert Aufzeichnungen zu führen. Diese Aufzeichnungen müssen folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Erwerbers im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 oder des § 6b Absatz 5;
2.
den Abgangsmitgliedstaat;
3.
den Bestimmungsmitgliedstaat;
4.
den Tag des Beginns der Beförderung oder Versendung im Abgangsmitgliedstaat;
5.
die von dem Erwerber im Sinne des § 6b Absatz 1 oder des § 6b Absatz 5 verwendete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer;
6.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Lagers, in das der Gegenstand im Rahmen der Beförderung oder Versendung in den Bestimmungsmitgliedstaat gelangt;
7.
den Tag des Endes der Beförderung oder Versendung im Bestimmungsmitgliedstaat;
8.
die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines Dritten als Lagerhalter;
9.
die Bemessungsgrundlage nach § 10 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1, die handelsübliche Bezeichnung und Menge der im Rahmen der Beförderung oder Versendung in das Lager gelangten Gegenstände;
10.
den Tag der Lieferung im Sinne des § 6b Absatz 2;
11.
das Entgelt für die Lieferung nach Nummer 10 sowie die handelsübliche Bezeichnung und Menge der gelieferten Gegenstände;
12.
die von dem Erwerber für die Lieferung nach Nummer 10 verwendete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer;
13.
das Entgelt sowie die handelsübliche Bezeichnung und Menge der Gegenstände im Fall des einer innergemeinschaftlichen Lieferung gleichgestellten Verbringens im Sinne des § 6b Absatz 3;
14.
die Bemessungsgrundlage der nach § 6b Absatz 4 Nummer 1 in den Abgangsmitgliedstaat zurückgelangten Gegenstände und den Tag des Beginns dieser Beförderung oder Versendung.

(4g) Der Unternehmer, an den der Gegenstand nach Maßgabe des § 6b geliefert werden soll, hat über diese Lieferung gesondert Aufzeichnungen zu führen. Diese Aufzeichnungen müssen folgende Angaben enthalten:

1.
die von dem Unternehmer im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 verwendete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer;
2.
die handelsübliche Bezeichnung und Menge der für den Unternehmer als Erwerber im Sinne des § 6b Absatz 1 oder des § 6b Absatz 5 bestimmten Gegenstände;
3.
den Tag des Endes der Beförderung oder Versendung der für den Unternehmer als Erwerber im Sinne des § 6b Absatz 1 oder des § 6b Absatz 5 bestimmten Gegenstände im Bestimmungsmitgliedstaat;
4.
das Entgelt für die Lieferung an den Unternehmer sowie die handelsübliche Bezeichnung und Menge der gelieferten Gegenstände;
5.
den Tag des innergemeinschaftlichen Erwerbs im Sinne des § 6b Absatz 2 Nummer 2;
6.
die handelsübliche Bezeichnung und Menge der auf Veranlassung des Unternehmers im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 aus dem Lager entnommenen Gegenstände;
7.
die handelsübliche Bezeichnung der im Sinne des § 6b Absatz 6 Satz 4 zerstörten oder fehlenden Gegenstände und den Tag der Zerstörung, des Verlusts oder des Diebstahls der zuvor in das Lager gelangten Gegenstände oder den Tag, an dem die Zerstörung oder das Fehlen der Gegenstände festgestellt wurde.
Wenn der Inhaber des Lagers, in das der Gegenstand im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 befördert oder versendet wird, nicht mit dem Erwerber im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 oder des § 6b Absatz 5 identisch ist, ist der Unternehmer von den Aufzeichnungen nach Satz 1 Nummer 3, 6 und 7 entbunden.

(5) Ein Unternehmer, der ohne Begründung einer gewerblichen Niederlassung oder außerhalb einer solchen von Haus zu Haus oder auf öffentlichen Straßen oder an anderen öffentlichen Orten Umsätze ausführt oder Gegenstände erwirbt, hat ein Steuerheft nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu führen.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung

1.
nähere Bestimmungen darüber treffen, wie die Aufzeichnungspflichten zu erfüllen sind und in welchen Fällen Erleichterungen bei der Erfüllung dieser Pflichten gewährt werden können, sowie
2.
Unternehmer im Sinne des Absatzes 5 von der Führung des Steuerhefts befreien, sofern sich die Grundlagen der Besteuerung aus anderen Unterlagen ergeben, und diese Befreiung an Auflagen knüpfen.

(1) Die Aufzeichnungen müssen so beschaffen sein, dass es einem sachverständigen Dritten innerhalb einer angemessenen Zeit möglich ist, einen Überblick über die Umsätze des Unternehmers und die abziehbaren Vorsteuern zu erhalten und die Grundlagen für die Steuerberechnung festzustellen.

(2) Entgelte, Teilentgelte, Bemessungsgrundlagen nach § 10 Abs. 4 und 5 des Gesetzes, nach § 14c des Gesetzes geschuldete Steuerbeträge sowie Vorsteuerbeträge sind am Schluss jedes Voranmeldungszeitraums zusammenzurechnen. Im Falle des § 17 Abs. 1 Satz 6 des Gesetzes sind die Beträge der Entgeltsminderungen am Schluss jedes Voranmeldungszeitraums zusammenzurechnen.

(3) Der Unternehmer kann die Aufzeichnungspflichten nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1, 3, 5 und 6, Nr. 2 Satz 1 und Nr. 3 Satz 1 des Gesetzes in folgender Weise erfüllen:

1.
Das Entgelt oder Teilentgelt und der Steuerbetrag werden in einer Summe statt des Entgelts oder des Teilentgelts aufgezeichnet.
2.
Die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 und 5 des Gesetzes und der darauf entfallende Steuerbetrag werden in einer Summe statt der Bemessungsgrundlage aufgezeichnet.
3.
Bei der Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 6 des Gesetzes werden die Entgeltsminderung und die darauf entfallende Minderung des Steuerbetrags in einer Summe statt der Entgeltsminderung aufgezeichnet.
§ 22 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2, Nr. 2 Satz 2 und Nr. 3 Satz 2 des Gesetzes gilt entsprechend. Am Schluss jedes Voranmeldungszeitraums hat der Unternehmer die Summe der Entgelte und Teilentgelte, der Bemessungsgrundlagen nach § 10 Abs. 4 und 5 des Gesetzes sowie der Entgeltsminderungen im Falle des § 17 Abs. 1 Satz 6 des Gesetzes zu errechnen und aufzuzeichnen.

(4) Dem Unternehmer, dem wegen der Art und des Umfangs des Geschäfts eine Trennung der Entgelte und Teilentgelte nach Steuersätzen (§ 22 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 und Nr. 2 Satz 2 des Gesetzes) in den Aufzeichnungen nicht zuzumuten ist, kann das Finanzamt auf Antrag gestatten, dass er die Entgelte und Teilentgelte nachträglich auf der Grundlage der Wareneingänge oder, falls diese hierfür nicht verwendet werden können, nach anderen Merkmalen trennt. Entsprechendes gilt für die Trennung nach Steuersätzen bei den Bemessungsgrundlagen nach § 10 Abs. 4 und 5 des Gesetzes (§ 22 Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 und Nr. 3 Satz 2 des Gesetzes). Das Finanzamt darf nur ein Verfahren zulassen, dessen steuerliches Ergebnis nicht wesentlich von dem Ergebnis einer nach Steuersätzen getrennten Aufzeichnung der Entgelte, Teilentgelte und sonstigen Bemessungsgrundlagen abweicht. Die Anwendung des Verfahrens kann auf einen in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführten Betrieb beschränkt werden.

(5) Der Unternehmer kann die Aufzeichnungspflicht nach § 22 Abs. 2 Nr. 5 des Gesetzes in der Weise erfüllen, dass er die Entgelte oder Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge (Vorsteuern) jeweils in einer Summe, getrennt nach den in den Eingangsrechnungen angewandten Steuersätzen, aufzeichnet. Am Schluss jedes Voranmeldungszeitraums hat der Unternehmer die Summe der Entgelte und Teilentgelte und die Summe der Vorsteuerbeträge zu errechnen und aufzuzeichnen.

(1) Die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 entsprechen, sind der Besteuerung zugrunde zu legen.

(2) Absatz 1 gilt nicht,

1.
soweit nach den Umständen des Einzelfalls Anlass besteht, die sachliche Richtigkeit zu beanstanden oder
2.
soweit die elektronischen Daten nicht nach der Vorgabe der einheitlichen digitalen Schnittstellen des § 41 Absatz 1 Satz 7 des Einkommensteuergesetzes in Verbindung mit § 4 Absatz 2a der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung, des § 146a oder des § 147b in Verbindung mit der jeweiligen Rechtsverordnung zur Verfügung gestellt werden.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.