Bundesfinanzhof Urteil, 23. Nov. 2011 - XI R 6/08
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Gericht
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine KG, betrieb im Streitjahr 2000 eine Fleischerei mit verschiedenen Verkaufsstellen sowie nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) einen "Partyservice". Im Rahmen des Partyservice lieferte sie die bestellten Speisen in verschlossenen Warmhalteschalen aus, wobei sie je nach Kundenwunsch auch Geschirr und Besteck, Partytische (Stehtische) sowie Personal zur Verfügung stellte.
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Im Rahmen einer Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die Speisenlieferungen, soweit sie mit der Beistellung von Geschirr und Besteck, Stehtischen oder Personal verbunden waren, dem Regelsteuersatz unterlägen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte der Ansicht des Prüfers und erließ unter dem 30. Juli 2003 einen entsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr. Im sich anschließenden Einspruchsverfahren erzielten die Beteiligten Einvernehmen darüber, dass die Entgelte für die Speisenlieferungen in den Fällen dem Regelsteuersatz zu unterwerfen seien, in denen die Klägerin auch Bedienungspersonal gestellt hatte.
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Im Übrigen blieben Einspruch und Klage gegen den Änderungsbescheid ohne Erfolg. Das Urteil des FG ist veröffentlicht in Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2009, 33.
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Mit ihrer Revision macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die Überlassung von Geschirr und Besteck sei eine Nebenleistung zur Speisenlieferung, die es nicht rechtfertige, die gesamte Leistung als Dienstleistung zu qualifizieren.
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Der Senat hat mit Beschluss vom 15. Oktober 2009 XI R 6/08 (BFHE 227, 242, BStBl II 2010, 364) das Revisionsverfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
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"1. Ist der Begriff 'Nahrungsmittel' in Anhang H Kategorie 1 der Richtlinie 77/388/EWG dahin auszulegen, dass darunter nur Nahrungsmittel 'zum Mitnehmen' fallen, wie sie typischerweise im Lebensmittelhandel verkauft werden, oder fallen darunter auch Speisen oder Mahlzeiten, die --durch Kochen, Braten, Backen oder auf sonstige Weise-- zum sofortigen Verzehr zubereitet worden sind?
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2. Falls 'Nahrungsmittel' im Sinne des Anhangs H Kategorie 1 der Richtlinie 77/388/EWG auch Speisen oder Mahlzeiten zum sofortigen Verzehr sind:
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Ist der Vorgang der Zubereitung der Speisen oder Mahlzeiten als Dienstleistungselement zu berücksichtigen, wenn zu entscheiden ist, ob die einheitliche Leistung eines Partyservice-Unternehmens (Überlassung von verzehrfertigen Speisen oder Mahlzeiten sowie deren Transport und gegebenenfalls Überlassung von Besteck und Geschirr und/ oder von Stehtischen sowie das Abholen der zur Nutzung überlassenen Gegenstände) als steuerbegünstigte Lieferung von Nahrungsmitteln (Anhang H Kategorie 1 der Richtlinie 77/388/EWG) oder als nicht steuerbegünstigte Dienstleistung (Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG) zu qualifizieren ist?
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3. Falls die Frage zu 2. verneint wird:
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Ist es mit Art. 2 Nr. 1 i.V.m. Art. 5 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG vereinbar, bei der Qualifizierung der einheitlichen Leistung eines Partyservice-Unternehmens entweder als Warenlieferung oder als Dienstleistung eigener Art typisierend allein auf die Anzahl der Elemente mit Dienstleistungscharakter (zwei oder mehr) gegenüber dem Lieferungsanteil abzustellen oder sind die Elemente mit Dienstleistungscharakter unabhängig von ihrer Zahl zwingend --und bejahendenfalls nach welchen Merkmalen-- zu gewichten?"
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Der EuGH hat diese und in weiteren Vorabentscheidungsersuchen gestellten Fragen mit Urteil vom 10. März 2011 Rs. C-497/09, C-499/09, C-501/09 und C-502/09 --Bog u.a.-- (Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2011, 515, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2011, 272) wie folgt beantwortet:
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"1. Die Art. 5 und 6 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG... in der durch die Richtlinie 92/111/EWG des Rates vom 14. Dezember 1992 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass
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- die Abgabe frisch zubereiteter Speisen oder Nahrungsmittel zum sofortigen Verzehr an Imbissständen oder -wagen oder in Kino-Foyers eine Lieferung von Gegenständen im Sinne des genannten Art. 5 ist, wenn eine qualitative Prüfung des gesamten Umsatzes ergibt, dass die Dienstleistungselemente, die der Lieferung der Nahrungsmittel voraus- und mit ihr einhergehen, nicht überwiegen;
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- die Tätigkeiten eines Partyservice außer in den Fällen, in denen dieser lediglich Standardspeisen ohne zusätzliches Dienstleistungselement liefert oder in denen weitere, besondere Umstände belegen, dass die Lieferung der Speisen der dominierende Bestandteil des Umsatzes ist, Dienstleistungen im Sinne des genannten Art. 6 darstellen.
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2. Bei Lieferung von Gegenständen ist der Begriff 'Nahrungsmittel' in Anhang H Kategorie 1 der durch die Richtlinie 92/111 geänderten Sechsten Richtlinie 77/388 dahin auszulegen, dass er auch Speisen oder Mahlzeiten umfasst, die durch Kochen, Braten, Backen oder auf sonstige Weise zum sofortigen Verzehr zubereitet worden sind."
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Die Klägerin sieht mit der Entscheidung des EuGH ihre Rechtsauffassung bestätigt. Die im Streitfall zur Speisenlieferung allein hinzugetretene Überlassung von Geschirr und Besteck könne aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers nicht das die Gesamtleistung prägende Element gewesen sein. Es habe weder eine Beratungstätigkeit gegenüber den Kunden stattgefunden noch sei die Zubereitung der gelieferten Speisen nach Kundenwunsch erfolgt. Sie, die Klägerin, habe ausschließlich von ihren Kunden aus einer Speisekarte ausgewählte Standardspeisen geliefert, wie sie sie in ihren Filialen zum Kauf anbiete und ständig und immer gleich zubereite. Wenigstens acht Rechnungen beträfen Lieferungen von Standardspeisen ohne zusätzliche Dienstleistungen, "die als qualitativ überwiegendes Element die Annahme einer nicht steuerbegünstigten sonstigen Leistung rechtfertigen würden". Liefere ein Partyservice neben den Speisen in überschaubarem Umfang Geschirr, Besteck oder Stehtische mit, sei dies entsprechend den behelfsmäßigen Verzehrvorrichtungen bei Imbissbuden zu behandeln. Jedenfalls lägen (reine) Speisenlieferungen dann vor, wenn hinzutretende Leistungen lediglich informatorisch auf der Rechnung aufgeführt und nicht berechnet worden seien.
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Die Klägerin beantragt,
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unter Aufhebung der Vorentscheidung den Umsatzsteuerbescheid 2000 vom 30. Juli 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. Mai 2004 dahingehend abzuändern, dass die Umsatzsteuer um ... DM (= ... €) herabgesetzt wird.
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Das FA beantragt,
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die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Klägerin dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistungen erbracht hat.
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1. Nach § 12 Abs. 1 des im Streitfall anzuwendenden Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) beträgt die Steuer für jeden steuerpflichtigen Umsatz 16 % der Bemessungsgrundlage. Sie ermäßigt sich nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG auf 7 % u.a. für "die Lieferungen" der in der Anlage des Gesetzes bezeichneten Gegenstände, darunter z.B. Zubereitungen von Fleisch, Fischen usw. (Nr. 28), aus Getreide, Mehl, Stärke oder Milch sowie Backwaren (Nr. 31), Zubereitungen von Gemüse, Früchten usw. (Nr. 32) oder "Verschiedene Lebensmittelzubereitungen" (Nr. 33).
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Lieferungen sind nach § 3 Abs. 1 UStG u.a. Leistungen, durch die der Unternehmer den Abnehmer befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht). Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind (§ 3 Abs. 9 Satz 1 UStG).
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Diese Vorschriften beruhen unionsrechtlich auf Art. 5 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) - nunmehr Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL-- (Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- Nr. L 347/1), wonach als Lieferung eines Gegenstandes die Übertragung der Befähigung gilt, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen, und auf Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG --nunmehr Art. 24 Abs. 1 MwStSystRL--, wonach als Dienstleistung jede Leistung gilt, die keine Lieferung eines Gegenstandes ist.
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2. Nach der im Streitfall ergangenen Entscheidung des EuGH stellen die Tätigkeiten eines Partyservice außer in den Fällen, in denen dieser lediglich Standardspeisen ohne zusätzliches Dienstleistungselement liefert oder in denen weitere, besondere Umstände belegen, dass die Lieferung der Speisen der dominierende Bestandteil des Umsatzes ist, Dienstleistungen dar (EuGH-Urteil --Bog u.a.-- in DStR 2011, 515, UR 2011, 272, Leitsatz 1).
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Zur Abgrenzung von Lieferung und Dienstleistung bei den Leistungen eines Partyservice führt der EuGH aus:
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"75 Was die Tätigkeiten eines bei Festen und Feierlichkeiten in Anspruch genommenen Partyservice wie die im Ausgangsverfahren in der Rechtssache C-502/09 fraglichen angeht, so sind, wie sich aus Randnr. 38 des vorliegenden Urteils ergibt, je nach den Kundenwünschen mehrere Kombinationen von Umsätzen denkbar, die von der bloßen Zubereitung und Lieferung von Speisen bis zu einer umfassenden Leistung reichen können, die auch die Bereitstellung von Geschirr, Mobiliar (Tische und Stühle), die Darreichungsform der Gerichte, die Dekoration, die Bereitstellung von Personal für die Bedienung und die Beratung über die Zusammenstellung des Menüs und gegebenenfalls die Auswahl der Getränke umfassen kann.
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76 Wenn eine einheitliche Leistung vorliegt, hängt die Qualifizierung des Umsatzes als Lieferung von Gegenständen oder als Dienstleistung von der Gesamtheit der tatsächlichen Umstände ab, wobei die qualitativ überwiegenden Bestandteile aus der Sicht des Verbrauchers zu betrachten sind.
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77 Zu den von einem Partyservice nach Hause gelieferten Speisen ist festzustellen, dass sie im Gegensatz zu denjenigen, die in Imbissständen, Imbisswagen und Kinos abgegeben werden, im Allgemeinen nicht das Ergebnis einer bloßen Standardzubereitung sind, sondern einen deutlich größeren Dienstleistungsanteil aufweisen und mehr Arbeit und Sachverstand erfordern. Die Qualität der Gerichte, die Kreativität sowie die Darreichungsform sind hier Elemente, die in den meisten Fällen für den Kunden von entscheidender Bedeutung sind. Oftmals wird dem Kunden nicht nur die Möglichkeit geboten, sein Menü zusammenzustellen, sondern sogar, Speisen nach seinen Wünschen zubereiten zu lassen. Dieser Dienstleistungsanteil kommt im Übrigen auch im Sprachgebrauch zum Ausdruck, da umgangssprachlich im Allgemeinen vom Party'service' und den bei diesem 'bestellten' und nicht 'gekauften' Speisen gesprochen wird.
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78 Sodann werden die Speisen vom Partyservice in verschlossenen Warmhalteschalen angeliefert oder von ihm an Ort und Stelle aufgewärmt. Für den Kunden ist zudem wesentlich, dass die Speisen genau zu dem von ihm festgelegten Zeitpunkt geliefert werden.
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79 Des Weiteren können die Leistungen eines Partyservice dem Verzehr dienliche Elemente, wie die Bereitstellung von Geschirr, Besteck oder sogar Mobiliar, umfassen. Diese Elemente verlangen zudem im Unterschied zur bloßen Bereitstellung einer behelfsmäßigen Infrastruktur im Fall von Imbissständen, Imbisswagen oder Kinos einen gewissen personellen Einsatz, um das gestellte Material herbeizuschaffen, zurückzunehmen und gegebenenfalls zu reinigen.
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80 Im Licht dieser Erwägungen ist festzustellen, dass die Tätigkeit eines Partyservice außer in den Fällen, in denen dieser lediglich Standardspeisen ohne zusätzliches Dienstleistungselement liefert oder in denen weitere, besondere Umstände belegen, dass die Lieferung der Speisen der dominierende Bestandteil des Umsatzes ist, eine Dienstleistung darstellt."
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3. Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen sind die streitbefangenen Leistungen der Klägerin als dem Regelsteuersatz unterfallende sonstige Leistungen zu behandeln.
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Die Voraussetzungen, unter denen nach der Rechtsprechung des EuGH Leistungen eines Partyservice ausnahmsweise mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern sind, liegen im Streitfall nicht vor.
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a) Die Klägerin hat in den im Streitfall zu beurteilenden Fällen keine Standardspeisen ohne zusätzliches Dienstleistungselement geliefert.
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aa) Die Annahme einer dem Regelsteuersatz unterliegenden sonstigen Leistung erfordert nicht --wie die Klägerin meint--, dass das zur Lieferung einer Standardspeise hinzutretende Dienstleistungselement qualitativ überwiegt. Es reicht nach der im Streitfall ergangenen Rechtsprechung des EuGH bei einem Partyservice vielmehr aus, dass neben der Speisenlieferung ein zusätzliches Dienstleistungselement erbracht wird.
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Die Rechnungen vom ..., auf die sich die Klägerin bezieht, betreffen Speisenlieferungen, zu denen jeweils mindestens ein zusätzliches Dienstleistungselement hinzutrat, so dass sie als dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistungen zu behandeln sind. Gleiches gilt, soweit die Klägerin hinsichtlich der Rechnungen vom ... vorbringt, es lägen Speisenlieferungen vor, da sie lediglich jeweils zwei Stehtische zur Verfügung gestellt habe.
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bb) Die Klägerin rügt zwar zu Recht hinsichtlich der Rechnungen vom ..., dass sie bei diesen Umsätzen entgegen der Aussage des FG kein Besteck und Geschirr überlassen habe. Dies führt jedoch nicht zum teilweisen Erfolg der Revision.
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Die Rechnung vom ... betrifft keine Abgabe von Speisen, sondern ausschließlich eine dem Regelsteuersatz unterliegende Lieferung von alkoholischen Getränken.
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Ausweislich der Rechnung vom ... wurden zwar Standardspeisen (Grillsteaks, Rostbratwurst zum Grillen, Pommes frites) abgegeben; es wurden aber außerdem zehn Stehtische überlassen. Damit ist zu der Abgabe von Speisen ein weiteres Dienstleistungselement hinzugetreten, das nach der Vorabentscheidung des EuGH auch bei der Abgabe von Standardspeisen die Annahme einer Dienstleistung rechtfertigt.
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Soweit sich die Klägerin auf die Rechnung an die Firma Z vom ... über 70 Portionen "Buffet kalt warm" bezieht, handelt es sich entgegen der Ansicht der Klägerin nicht um die Lieferung von Standardspeisen. Die gelieferten --aufeinander abgestimmten-- Speisen für 70 Personen --wie etwa Vitello tonnato, Hähnchenschnitzel mit Fruchtspießen, geräucherter Lachs und Forellenfilet mit Sahnemeerrettich, Roastbeef mit Remoulade, gefüllte Tomaten mit Frischkäse, Geflügelsalat mit Rigatoni-- sind jedenfalls keine Standardspeisen, wie sie typischerweise als Ergebnis einer einfachen, standardisierten Zubereitung, die in den meisten Fällen nicht auf Bestellung eines bestimmten Kunden, sondern entsprechend der allgemein vorhersehbaren Nachfrage oder in Abständen vorgenommen werden, an Imbissständen, Imbisswagen oder in Kinos abgegeben werden (vgl. EuGH-Urteil in DStR 2011, 515, UR 2011, 272, Rz 68, 77). Die Abgabe dieser Speisen, die einen deutlich größeren Dienstleistungsanteil aufweisen und mehr Arbeit und Sachverstand erfordern, ist mithin nicht als Lieferung anzusehen (vgl. EuGH-Urteil in DStR 2011, 515, UR 2011, 272, Rz 77).
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b) Besondere Umstände, die dafür sprechen, dass die Abgabe der Speisen der dominierende Bestandteil der streitigen Umsätze gewesen wäre, liegen nicht vor.
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aa) Der Senat vermag der Klägerin nicht darin zu folgen, die Besteck- und Geschirrüberlassung könne jedenfalls nicht das die Gesamtleistung prägende Element gewesen sein, weil die jeweiligen Kosten für die zusätzlich erbrachten Dienstleistungen weit hinter den Kosten der Speisenlieferung zurückgeblieben seien.
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Denn der EuGH hat entsprechende Überlegungen in dem Vorlagebeschluss des Senats in BFHE 227, 242, BStBl II 2010, 364 nicht übernommen. Daher ist weder darauf abzustellen, in welchem Verhältnis die durch die zusätzlich erbrachte Dienstleistung verursachten Kosten zu denen der Speisenlieferung stehen, noch kommt es darauf an, ob die hinzutretenden Leistungen unberechnet bleiben und lediglich "informatorisch" auf der Rechnung aufgeführt werden.
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bb) Der EuGH hat in seiner zum vorliegenden Streitfall ergangenen Entscheidung berücksichtigt, dass im Rahmen eines Partyservice bereitgestelltes Geschirr und Besteck sowie überlassene Stehtische --im Unterschied zur bloßen Bereitstellung einer behelfsmäßigen Infrastruktur im Fall von Imbissständen, Imbisswagen oder Kinos-- einen gewissen, nicht nur geringfügigen personellen Einsatz erfordern, um das gestellte Material herbeizuschaffen, zurückzunehmen und gegebenenfalls zu reinigen (vgl. EuGH-Urteil in DStR 2011, 515, UR 2011, 272, Rz 79). Die Lieferung von Speisen im Rahmen des Partyservice stellt mithin nur eine Komponente der gesamten Leistung dar, bei der --vergleichbar einem Restaurationsumsatz mit bereitgestelltem Geschirr, Mobiliar und Gedeck-- der Dienstleistungsanteil qualitativ überwiegt. Hierbei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Kunde etwa aus Gründen der Kostenersparnis das bereitgestellte Geschirr und Besteck selbst reinigt.
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4. Nach Art. 6 Abs. 2 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. März 2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwSt-DVO-- (ABlEU Nr. L 77/1) gilt die Abgabe von zubereiteten oder nicht zubereiteten Speisen und/oder Getränken mit oder ohne Beförderung, jedoch ohne andere unterstützende Dienstleistungen nicht als Restaurant- oder Verpflegungsdienstleistung.
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Wie diese Bestimmung --unter Berücksichtigung der dargelegten EuGH-Rechtsprechung-- zu verstehen ist, ist in dem das Streitjahr 2000 betreffenden Streitfall nicht zu entscheiden. Denn sie gilt nach Art. 65 MwSt-DVO erst ab dem 1. Juli 2011.
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5. Die Sache ist spruchreif.
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Entgegen dem Vorbringen der Klägerin bedarf es keiner Feststellungen zur "Sicht des Durchschnittsverbrauchers", weil es sich dabei lediglich um eine "gedankliche Perspektive" handelt (vgl. BFH-Urteil vom 17. April 2008 V R 39/05, BFH/NV 2008, 1712, unter II.3.b dd).
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Maßgebend ist eine --aufgrund der im Streitfall festgestellten Tatsachen mögliche-- Gesamtbetrachtung aller Umstände, unter denen der jeweilige Umsatz ausgeführt wurde. Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ist die qualitative und nicht nur quantitative Bedeutung der Dienstleistungselemente im Vergleich zu den Elementen einer Lieferung von Gegenständen nach Maßgabe der vom EuGH gerade auch für den vorliegenden Streitfall aufgestellten Grundsätze zu bestimmen (vgl. EuGH-Urteil in DStR 2011, 515, UR 2011, 272, Rz 62, 75 bis 80).
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Annotations
(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.
(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.
(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof
- 1.
in der Sache selbst entscheiden oder - 2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.
(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.
(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.
(1) Die Steuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und § 25a Abs. 3 und 4).
(2) Die Steuer ermäßigt sich auf sieben Prozent für die folgenden Umsätze:
- 1.
die Lieferungen, die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände; - 2.
die Vermietung der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände; - 3.
die Aufzucht und das Halten von Vieh, die Anzucht von Pflanzen und die Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere; - 4.
die Leistungen, die unmittelbar der Vatertierhaltung, der Förderung der Tierzucht, der künstlichen Tierbesamung oder der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht und in der Milchwirtschaft dienen; - 5.
(weggefallen); - 6.
die Leistungen aus der Tätigkeit als Zahntechniker sowie die in § 4 Nr. 14 Buchstabe a Satz 2 bezeichneten Leistungen der Zahnärzte; - 7.
- a)
die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler - b)
die Überlassung von Filmen zur Auswertung und Vorführung sowie die Filmvorführungen, soweit die Filme nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit oder nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 des Jugendschutzgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, 2003 I S. 476) in der jeweils geltenden Fassung gekennzeichnet sind oder vor dem 1. Januar 1970 erstaufgeführt wurden, - c)
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben, - d)
die Zirkusvorführungen, die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller sowie die unmittelbar mit dem Betrieb der zoologischen Gärten verbundenen Umsätze;
- 8.
- a)
die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt Satz 1 nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht, - b)
die Leistungen der nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Gemeinschaften der in Buchstabe a Satz 1 bezeichneten Körperschaften, wenn diese Leistungen, falls die Körperschaften sie anteilig selbst ausführten, insgesamt nach Buchstabe a ermäßigt besteuert würden;
- 9.
die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie die Verabreichung von Heilbädern. Das Gleiche gilt für die Bereitstellung von Kureinrichtungen, soweit als Entgelt eine Kurtaxe zu entrichten ist; - 10.
die Beförderungen von Personen - a)
im Schienenbahnverkehr, - b)
im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und im genehmigten Linienverkehr mit Schiffen sowie die Beförderungen im Fährverkehr - aa)
innerhalb einer Gemeinde oder - bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt;
- 11.
die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen. Satz 1 gilt nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind; - 12.
die Einfuhr der in Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände; - 13.
die Lieferungen und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Nummer 53 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände, wenn die Lieferungen - a)
vom Urheber der Gegenstände oder dessen Rechtsnachfolger bewirkt werden oder - b)
von einem Unternehmer bewirkt werden, der kein Wiederverkäufer (§ 25a Absatz 1 Nummer 1 Satz 2) ist, und die Gegenstände - aa)
vom Unternehmer in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt wurden, - bb)
von ihrem Urheber oder dessen Rechtsnachfolger an den Unternehmer geliefert wurden oder - cc)
den Unternehmer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt haben;
- 14.
die Überlassung der in Nummer 49 Buchstabe a bis e und Nummer 50 der Anlage 2 bezeichneten Erzeugnisse in elektronischer Form, unabhängig davon, ob das Erzeugnis auch auf einem physischen Träger angeboten wird, mit Ausnahme der Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen aus Videoinhalten oder hörbarer Musik bestehen. Ebenfalls ausgenommen sind Erzeugnisse, für die Beschränkungen als jugendgefährdende Trägermedien oder Hinweispflichten nach § 15 Absatz 1 bis 3 und 6 des Jugendschutzgesetzes in der jeweils geltenden Fassung bestehen, sowie Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen Werbezwecken, einschließlich Reisewerbung, dienen. Begünstigt ist auch die Bereitstellung eines Zugangs zu Datenbanken, die eine Vielzahl von elektronischen Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften oder Teile von diesen enthalten; - 15.
die nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Januar 2024 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.
- *)
§ 12 Abs. 2 Nr. 10: Gilt gem. § 28 Abs. 4 idF d. Art. 8 Nr. 9 G v. 20.12.2007 I 3150 bis zum 31. Dezember 2011 in folgender Fassung: - "10.
- a)
die Beförderungen von Personen mit Schiffen, - b)
die Beförderungen von Personen im Schienenbahnverkehr, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und die Beförderungen im Fährverkehr - aa)
innerhalb einer Gemeinde oder - bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt."
(3) Die Steuer ermäßigt sich auf 0 Prozent für die folgenden Umsätze:
- 1.
die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Die Voraussetzungen des Satzes 1 gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt oder betragen wird; - 2.
den innergemeinschaftlichen Erwerb der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen; - 3.
die Einfuhr der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen; - 4.
die Installation von Photovoltaikanlagen sowie der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Lieferung der installierten Komponenten die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt.
(1) Lieferungen eines Unternehmers sind Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht).
(1a) Als Lieferung gegen Entgelt gilt das Verbringen eines Gegenstands des Unternehmens aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Unternehmer zu seiner Verfügung, ausgenommen zu einer nur vorübergehenden Verwendung, auch wenn der Unternehmer den Gegenstand in das Inland eingeführt hat. Der Unternehmer gilt als Lieferer. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in den Fällen des § 6b.
(1b) Einer Lieferung gegen Entgelt werden gleichgestellt
- 1.
die Entnahme eines Gegenstands durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen; - 2.
die unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands durch einen Unternehmer an sein Personal für dessen privaten Bedarf, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen; - 3.
jede andere unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands, ausgenommen Geschenke von geringem Wert und Warenmuster für Zwecke des Unternehmens.
(2) (weggefallen)
(3) Beim Kommissionsgeschäft (§ 383 des Handelsgesetzbuchs) liegt zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär eine Lieferung vor. Bei der Verkaufskommission gilt der Kommissionär, bei der Einkaufskommission der Kommittent als Abnehmer.
(3a) Ein Unternehmer, der mittels seiner elektronischen Schnittstelle die Lieferung eines Gegenstands, dessen Beförderung oder Versendung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet, durch einen nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer an einen Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 unterstützt, wird behandelt, als ob er diesen Gegenstand für sein Unternehmen selbst erhalten und geliefert hätte. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Unternehmer mittels seiner elektronischen Schnittstelle den Fernverkauf von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 Euro unterstützt. Eine elektronische Schnittstelle im Sinne der Sätze 1 und 2 ist ein elektronischer Marktplatz, eine elektronische Plattform, ein elektronisches Portal oder Ähnliches. Ein Fernverkauf im Sinne des Satzes 2 ist die Lieferung eines Gegenstands, der durch den Lieferer oder für dessen Rechnung aus dem Drittlandsgebiet an einen Erwerber in einem Mitgliedstaat befördert oder versendet wird, einschließlich jener Lieferung, an deren Beförderung oder Versendung der Lieferer indirekt beteiligt ist. Erwerber im Sinne des Satzes 4 ist ein in § 3a Absatz 5 Satz 1 bezeichneter Empfänger oder eine in § 1a Absatz 3 Nummer 1 genannte Person, die weder die maßgebende Erwerbsschwelle überschreitet noch auf ihre Anwendung verzichtet; im Fall der Beendigung der Beförderung oder Versendung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ist die von diesem Mitgliedstaat festgesetzte Erwerbsschwelle maßgebend. Satz 2 gilt nicht für die Lieferung neuer Fahrzeuge und eines Gegenstandes, der mit oder ohne probeweise Inbetriebnahme durch den Lieferer oder für dessen Rechnung montiert oder installiert geliefert wird.
(4) Hat der Unternehmer die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands übernommen und verwendet er hierbei Stoffe, die er selbst beschafft, so ist die Leistung als Lieferung anzusehen (Werklieferung), wenn es sich bei den Stoffen nicht nur um Zutaten oder sonstige Nebensachen handelt. Das gilt auch dann, wenn die Gegenstände mit dem Grund und Boden fest verbunden werden.
(5) Hat ein Abnehmer dem Lieferer die Nebenerzeugnisse oder Abfälle, die bei der Bearbeitung oder Verarbeitung des ihm übergebenen Gegenstands entstehen, zurückzugeben, so beschränkt sich die Lieferung auf den Gehalt des Gegenstands an den Bestandteilen, die dem Abnehmer verbleiben. Das gilt auch dann, wenn der Abnehmer an Stelle der bei der Bearbeitung oder Verarbeitung entstehenden Nebenerzeugnisse oder Abfälle Gegenstände gleicher Art zurückgibt, wie sie in seinem Unternehmen regelmäßig anfallen.
(5a) Der Ort der Lieferung richtet sich vorbehaltlich der §§ 3c, 3e und 3g nach den Absätzen 6 bis 8.
(6) Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet, gilt die Lieferung dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt. Befördern ist jede Fortbewegung eines Gegenstands. Versenden liegt vor, wenn jemand die Beförderung durch einen selbständigen Beauftragten ausführen oder besorgen lässt. Die Versendung beginnt mit der Übergabe des Gegenstands an den Beauftragten.
(6a) Schließen mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Liefergeschäfte ab und gelangt dieser Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer (Reihengeschäft), so ist die Beförderung oder Versendung des Gegenstands nur einer der Lieferungen zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung dabei durch den ersten Unternehmer in der Reihe befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung seiner Lieferung zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung durch den letzten Abnehmer befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung durch einen Abnehmer befördert oder versendet, der zugleich Lieferer ist (Zwischenhändler), ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen, es sei denn, er weist nach, dass er den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat. Gelangt der Gegenstand der Lieferung aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates und verwendet der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde, ist die Beförderung oder Versendung seiner Lieferung zuzuordnen. Gelangt der Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis nach Satz 4 auszugehen, wenn der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder Steuernummer verwendet, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde. Gelangt der Gegenstand der Lieferung vom Drittlandsgebiet in das Gemeinschaftsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis nach Satz 4 auszugehen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Namen des Zwischenhändlers oder im Rahmen der indirekten Stellvertretung (Artikel 18 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1) für seine Rechnung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr angemeldet wird.
(6b) Wird ein Unternehmer gemäß Absatz 3a behandelt, als ob er einen Gegenstand selbst erhalten und geliefert hätte, wird die Beförderung oder Versendung des Gegenstands der Lieferung durch diesen Unternehmer zugeschrieben.
(7) Wird der Gegenstand der Lieferung nicht befördert oder versendet, wird die Lieferung dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet. In den Fällen der Absätze 6a und 6b gilt Folgendes:
- 1.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung vorangehen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands beginnt. - 2.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung folgen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet.
(8) Gelangt der Gegenstand der Lieferung bei der Beförderung oder Versendung aus dem Drittlandsgebiet in das Inland, gilt der Ort der Lieferung dieses Gegenstands als im Inland gelegen, wenn der Lieferer oder sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist.
(8a) (weggefallen)
(9) Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind. Sie können auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustands bestehen.
(9a) Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden gleichgestellt
- 1.
die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen; dies gilt nicht, wenn der Vorsteuerabzug nach § 15 Absatz 1b ausgeschlossen oder wenn eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Absatz 6a durchzuführen ist; - 2.
die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen.
(10) Überlässt ein Unternehmer einem Auftraggeber, der ihm einen Stoff zur Herstellung eines Gegenstands übergeben hat, an Stelle des herzustellenden Gegenstands einen gleichartigen Gegenstand, wie er ihn in seinem Unternehmen aus solchem Stoff herzustellen pflegt, so gilt die Leistung des Unternehmers als Werkleistung, wenn das Entgelt für die Leistung nach Art eines Werklohns unabhängig vom Unterschied zwischen dem Marktpreis des empfangenen Stoffs und dem des überlassenen Gegenstandes berechnet wird.
(11) Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet und handelt er dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung, gilt diese Leistung als an ihn und von ihm erbracht.
(11a) Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung, die über ein Telekommunikationsnetz, eine Schnittstelle oder ein Portal erbracht wird, eingeschaltet, gilt er im Sinne von Absatz 11 als im eigenen Namen und für fremde Rechnung handelnd. Dies gilt nicht, wenn der Anbieter dieser sonstigen Leistung von dem Unternehmer als Leistungserbringer ausdrücklich benannt wird und dies in den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien zum Ausdruck kommt. Diese Bedingung ist erfüllt, wenn
- 1.
in den von jedem an der Erbringung beteiligten Unternehmer ausgestellten oder verfügbar gemachten Rechnungen die sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 und der Erbringer dieser Leistung angegeben sind; - 2.
in den dem Leistungsempfänger ausgestellten oder verfügbar gemachten Rechnungen die sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 und der Erbringer dieser Leistung angegeben sind.
- 1.
die Abrechnung gegenüber dem Leistungsempfänger autorisiert, - 2.
die Erbringung der sonstigen Leistung genehmigt oder - 3.
die allgemeinen Bedingungen der Leistungserbringung festlegt.
(12) Ein Tausch liegt vor, wenn das Entgelt für eine Lieferung in einer Lieferung besteht. Ein tauschähnlicher Umsatz liegt vor, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder sonstigen Leistung besteht.
(13) Ein Gutschein (Einzweck- oder Mehrzweck-Gutschein) ist ein Instrument, bei dem
- 1.
die Verpflichtung besteht, es als vollständige oder teilweise Gegenleistung für eine Lieferung oder sonstige Leistung anzunehmen und - 2.
der Liefergegenstand oder die sonstige Leistung oder die Identität des leistenden Unternehmers entweder auf dem Instrument selbst oder in damit zusammenhängenden Unterlagen, einschließlich der Bedingungen für die Nutzung dieses Instruments, angegeben sind.
(14) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes 13, bei dem der Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und die für diese Umsätze geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen, ist ein Einzweck-Gutschein. Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im eigenen Namen, gilt die Übertragung des Gutscheins als die Lieferung des Gegenstands oder die Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht. Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im Namen eines anderen Unternehmers, gilt diese Übertragung als Lieferung des Gegenstands oder Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, durch den Unternehmer, in dessen Namen die Übertragung des Gutscheins erfolgt. Wird die im Einzweck-Gutschein bezeichnete Leistung von einem anderen Unternehmer erbracht als dem, der den Gutschein im eigenen Namen ausgestellt hat, wird der leistende Unternehmer so behandelt, als habe er die im Gutschein bezeichnete Leistung an den Aussteller erbracht. Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die ein Einzweck-Gutschein als Gegenleistung angenommen wird, gilt in den Fällen der Sätze 2 bis 4 nicht als unabhängiger Umsatz.
(15) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes 13, bei dem es sich nicht um einen Einzweck-Gutschein handelt, ist ein Mehrzweck-Gutschein. Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die der leistende Unternehmer einen Mehrzweck-Gutschein als vollständige oder teilweise Gegenleistung annimmt, unterliegt der Umsatzsteuer nach § 1 Absatz 1, wohingegen jede vorangegangene Übertragung dieses Mehrzweck-Gutscheins nicht der Umsatzsteuer unterliegt.