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| Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Einfuhrabgabenbescheid xxx vom 5. September 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Januar 2013 ist – soweit er mit der Klage angegriffen wird – rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-). Die nachträgliche buchmäßige Erfassung der bei der Einfuhr aufgrund des gewährten Präferenzzollsatzes zunächst nicht erhobenen Abgaben in Höhe von 74.926,16 EUR ist zu Recht erfolgt. |
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| Die Voraussetzungen des Art. 220 Abs. 1 ZK, wonach Abgaben nachträglich buchmäßig zu erfassen sind, wenn der einer Zollschuld entsprechende Abgabenbetrag mit einem geringeren als dem gesetzlich geschuldeten Betrag buchmäßig erfasst worden ist, sind vorliegend erfüllt. Der Klägerin war eine Präferenzmaßnahme gewährt worden, ohne dass sie die dafür erforderlichen Ursprungszeugnisse vorgelegt hat, wodurch geringere als die geschuldeten Abgaben buchmäßig erfasst worden sind. |
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| Durch die Überführung der Waren in den zollrechtlich freien Verkehr ist nach Art. 201 Abs. 1 Buchst. a ZK eine Zollschuld entstanden, deren Höhe sich nach Art. 20 Abs. 1 und 3 Buchst. c ZK i. V. m. der Kombinierten Nomenklatur (KN) richtet. Danach ist der für Waren der Position 8708 7050 KN im maßgeblichen Zeitraum vorgesehene Drittlandszollsatz von 4,5% anzuwenden. |
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| Zwar hat die Klägerin nach Art. 20 Abs. 4 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 Buchst. e ZK die Anwendung einer Präferenzmaßnahme beantragt, auch waren im jeweils maßgeblichen Zeitpunkt präferenzbegünstigte Waren des KN-Codes 8708 mit thailändischem Ursprung als zollfrei zu behandeln (Art. 27 Sätze 1 und 2 Buchst. b ZK, Art. 66 ff. der Verordnung [EWG] Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zum ZK in der im jeweils maßgeblichen Zeitpunkt gültigen Fassung – ZKDVO – i. V. m. Art. 6 Abs. 2, Anhang II und Art. 14 Abs. 1 der Verordnung [EG] Nr. 732/2008 des Rates vom 22. Juli 2008 über ein Schema allgemeiner Zollpräferenzen für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2011 und zur Änderung der Verordnungen [EG] Nr. 552/97 und [EG] Nr. 1933/2006 sowie der Verordnungen [EG] Nr. 1100/2006 und [EG] Nr. 964/2007 der Kommission Amtsblatt der EG – ABl. – 2008 Nr. L 211/1, zuletzt geändert durch Verordnung [EU] Nr. 1236/2009 der Kommission vom 10. Dezember 2009, ABl. 2009 Nr. L 332/38 – Allgemeines Präferenzsystem [APS] –), die Klägerin hat die Voraussetzungen für eine Anwendung des beantragten Präferenzzollsatzes „zollfrei“ für Waren mit Ursprung Thailand jedoch nicht in der gebotenen Form nachgewiesen. |
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| 1. Der für die Anwendung einer Präferenzmaßnahme erforderliche Nachweis ist grundsätzlich durch Vorlage eines Ursprungszeugnisses nach Formblatt A entsprechend dem im Anhang 17 zur ZKDVO vorgegebenen Muster zu erbringen. |
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| Für die Einfuhren in den Jahren 2009 und 2010 regelt Art. 80 Buchst. a ZKDVO in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1602/2000 der Kommission vom 24. Juli 2000 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 mit Durchführungsvorschriften zum ZK (ABl. 2000 Nr. L 188/1, im Folgenden ZKDVO 2000) ausdrücklich, dass die Präferenzbehandlung nach Art. 67 ZKDVO gewährt wird, sofern ein Ursprungszeugnis nach Formblatt A nach dem Muster in Anhang 17 vorgelegt wird. Für die Einfuhren im Jahr 2011 gilt die Übergangsvorschrift Art. 97n Abs. 1 ZKDVO in der Fassung der Verordnung (EU) Nr. 1063/2010 der Kommission vom 18. November 2010 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 mit Durchführungsvorschriften zum ZK (ABl. 2010 Nr. L 307/1, im Folgenden ZKDVO 2010), wonach Ursprungszeugnisse nach Formblatt A den Zollbehörden der Einfuhrmitgliedstaaten nach den dort für die Zollanmeldung geltenden Verfahrensvorschriften vorzulegen sind. Dabei ist durch das in Anhang 17 zur ZKDVO aufgeführte Muster vorgeschrieben, welche Eigenschaften das Ursprungszeugnis nach Formblatt A aufweisen muss. Neben den Abmessungen und dem Papiergewicht ist vor allem ein grün guillochierter Überdruck vorgeschrieben, auf dem jede mechanisch oder chemisch vorgenommene Fälschung sichtbar wird. Über diese Eigenschaften verfügen weder die Durchschriften noch die Kopien der Durchschriften von Ursprungszeugnissen nach Formblatt A, die von der Klägerin im Rahmen der Prüfung vorgelegt worden sind. |
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| 2. Diese Regelungen gelten grundsätzlich auch bei einer Zollanmeldung über ATLAS. Anders als die Klägerin meint, reicht es in diesem Fall für die Gewährung einer Präferenz nicht aus, dass die formellen Ursprungsnachweise im Zeitpunkt der Einfuhr vorhanden sind und im Rahmen der Zollprüfung gemäß Art. 78 ZK Durchschriften oder Kopien vorgelegt werden können. |
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| Die für die Anwendung einer Präferenzregelung erforderlichen Unterlagen sind der Zollanmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr beizufügen (Art. 62 Abs. 2 ZK, Art. 218 Abs. 1 Buchst. c ZKDVO). Erfolgt die Zollanmeldung wie bei den vorliegend maßgeblichen Einfuhren mit Mitteln der Datenverarbeitung im Sinne des Art. 61 Buchst. b ZK, so gelten die Art. 62 bis 76 ZK unter Beachtung der darin niedergelegten Grundsätze sinngemäß. Dabei können die Zollbehörden zulassen, dass die in Art. 62 Abs. 2 ZK genannten, beizufügenden Unterlagen nicht mit der Zollanmeldung vorgelegt werden. In diesem Fall werden diese Dokumente zur Verfügung der Zollbehörden gehalten (Art. 77 Abs. 1 und 2 ZK). |
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| a) Von dieser Möglichkeit des Verzichts auf die Vorlage von Unterlagen haben die zuständigen Zollbehörden bei den vorliegend relevanten Zollanmeldungen Gebrauch gemacht, indem sie bei der Annahme der Zollanmeldung die Ursprungszeugnisse nicht angefordert und damit im Rahmen des ihnen eingeräumten Ermessens konkludent auf die Vorlage im Rahmen der Zollanmeldung verzichtet haben (vgl. zum konkludenten Verzicht auf die Vorlage von Unterlagen im Rahmen des IT-Verfahrens ATLAS Henke in Witte, ZK, 6. Aufl., Art. 77 Rn. 5 und Weymüller in Dorsch, Zollrecht, Art. 77 ZK Rn. 34 f., 37; kritisch hierzu Müller-Eiselt in Müller-Eiselt/Vonderbank, EG-Zollrecht, Fach 4261 Rn. 500). Es ginge jedoch zu weit, aus diesem konkludenten Verzicht auf die Vorlage der formellen Ursprungszeugnisse im Rahmen der Zollanmeldung zugleich einen generellen Verzicht auf eine Vorlage der Urkunden im Original zu folgern. Der Verzicht bezieht sich ausschließlich auf die Vorlage im Rahmen der Zollanmeldung. Die Ursprungsnachweise waren daher nach Art. 77 Abs. 2 ZK im Original zur Verfügung der Zollbehörden zu halten. Gegen diese Vorhaltungspflicht hat die Klägerin verstoßen. Da sie die formellen Ursprungszeugnisse im Rahmen der Zollprüfung nicht (mehr) vorlegen konnte, hat sie auch keinen Anspruch auf Anwendung einer Präferenzmaßnahme. |
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| b) Dass aus Art. 77 Abs. 2 ZK eine Pflicht zur Vorhaltung der Ursprungszeugnisse im Original folgt, bestreitet auch die Klägerin nicht (Klagebegründung vom 27. März 2013 Seite 4 unter A 3. c). Anders als sie meint, gilt diese Verpflichtung zur Vorhaltung der Unterlagen in Art. 77 Abs. 2 Satz 2 ZK jedoch nicht lediglich zeitlich begrenzt für den Fall einer Überprüfung durch die Abfertigungszollstelle. Ein solches Verständnis des Art. 77 ZK ergibt sich insbesondere nicht aus der von der Klägerin zur Bekräftigung ihres Standpunkts bemühten systematischen Stellung der Regelung in Titel IV „Zollrechtliche Bestimmungen", Kapitel 2 „Zollverfahren", Abschnitt 1 „Überführung von Waren in ein Zollverfahren“. Denn auch Art. 78 ZK, der die nachträgliche Überprüfung der Zollanmeldung nach Überlassung regelt, befindet sich in demselben Abschnitt, ohne dass die Befugnis zur nachträglichen Kontrolle auf die Abfertigungszollstelle beschränkt wäre. Zwar ist eine Prüfung der Unterlagen nach Art. 77 Abs. 2 ZK nicht mit einer Zollprüfung auf Grundlage des Art. 78 ZK oder des Art. 13 ZK i. V. m. den Vorschriften der AO gleichzusetzen (vgl. Weymüller in Dorsch, Zollrecht, Art. 77 Rn. 35 und Henke in Witte, ZK, Art. 77 Rn. 5); das bedeutet jedoch nicht, dass eine solche Überprüfung nicht auch im Rahmen einer Zollprüfung vorgenommen werden kann. |
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| c) Bei Betrachtung der Entstehungsgeschichte der Regelung in Art. 77 Abs. 2 ZK wird zudem deutlich, dass die Verpflichtung zur Vorhaltung der betreffenden Dokumente „zur Verfügung der Zollbehörden“ gerade der – uneingeschränkten – Ermöglichung einer nachträglichen Überprüfung dient und nicht auf den Zusammenhang mit der Abgabe der Zollanmeldung beschränkt ist. |
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| Bereits der ursprüngliche Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung des ZK vom 8. Juni 1998 (ABl. 1998 Nr. C 228/8) sah – allerdings noch systematisch bei Art. 62 ZK als dann neuer Abs. 3 konzipiert – folgende Regelung vor: |
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| „(3) Ausnahmen von der Verpflichtung gemäß Abs. 2“ (zur Vorlage von Unterlagen im Rahmen der Zollanmeldung) „können nach dem Ausschußverfahren festgelegt werden, insbesondere für auf elektronischem Weg übermittelte Anmeldungen. Das Recht auf Zugang ohne vorherige Ankündigung der nationalen oder gemeinschaftlichen Behörden sowie die Verpflichtung der Beteiligten, die Nachweise während eines Mindestzeitraumes aufzubewahren, müssen gewährleistet bleiben. Die Durchführungsvorschriften werden ebenfalls nach dem Ausschußverfahren festgelegt." (Der kursiv gestellte Klammerzusatz ist nicht Teil der Regelung, sondern wurde lediglich in der vorliegenden Entscheidung vorgenommen und dient lediglich dem besseren Verständnis.) |
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| Das Europäische Parlament billigte diesen Vorschlag für die Fassung des Art. 62 Abs. 3 ZK mit folgender Ergänzung (Legislative Entschließung mit der Stellungnahme des Europäischen Parlaments zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften [Kom(98)0226 C4-0370/98 98/0134(COD)], ABl. 1999 Nr. C 175/420): |
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| „Das Recht auf Zugang ohne vorherige Ankündigung der nationalen oder gemeinschaftlichen Behörden sowie die Verpflichtung der Beteiligten, die Nachweise während eines Mindestzeitraumes aufzubewahren, müssen gewährleistet bleiben. Die Durchführungsvorschriften werden ebenfalls nach dem Ausschußverfahren festgelegt." |
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| Zudem sah der Vorschlag des Parlaments darüber hinaus die Einfügung eines weiteren Absatzes in Art. 77 ZK vor, der bis dahin lediglich den derzeitigen Abs. 1 enthielt. Der Formulierungsvorschlag lautete: |
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| "Erfolgt die Zollanmeldung mittels einer Datenverarbeitungstechnik, so können die Zollbehörden gestatten, daß die in Artikel 62 Absatz 2 genannten beizufügenden Unterlagen auf elektronischem Wege ausgestellt und übermittelt werden oder dass diese Unterlagen, statt der Anmeldung beigefügt zu werden, zur Verfügung der Zollbehörden gehalten werden, so daß diese ohne vorherige Ankündigung darauf zugreifen können. Das Recht auf Zugang ohne vorherige Ankündigung der nationalen oder gemeinschaftlichen Behörden sowie die Verpflichtung der Beteiligten, die Nachweise während eines Mindestzeitraumes aufzubewahren, müssen gewährleistet bleiben. Die Durchführungsvorschriften werden nach dem Ausschußverfahren festgelegt." |
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| Der Rat hat diesen Vorschlag weitgehend übernommen, von einer Ergänzung im Sinne des zweiten vorgeschlagenen Unterabsatzes jedoch abgesehen. Seiner Ansicht nach reichte es aus, „im Text festzulegen, dass die Dokumente ‘zur Verfügung der Zollbehörden gehalten werden‘, um eine Möglichkeit der nachträglichen Kontrolle bei den Unternehmen zu gewährleisten, denen die Verwendung dieser Form der Anmeldung genehmigt worden ist und die gemäß den allgemeinen Bestimmungen der Artikel 14 und 16 des Kodex die Dokumente archivieren müssen“ (Gemeinsamer Standpunkt [EG] Nr. 31/2000 vom Rat vorgelegt am 25. Mai 2000 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung des ZK, Begründung des Rates III Nr. 8, ABl. 2000 Nr. C 208/1, 6). |
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| Daraus wird deutlich, dass die in Art. 77 Abs. 2 Satz 2 ZK geregelte Vorhaltung der Dokumente nicht auf eine Überprüfung im unmittelbaren Zusammenhang mit der Zollanmeldung durch die Abfertigungszollstelle beschränkt ist (so aber offenbar Henke in Witte, ZK, Art. 77 Rn. 5). Vielmehr bringt der Rat deutlich zum Ausdruck, dass die Pflicht, die Dokumente zur Verfügung der Zollbehörden zu halten, auch im Zusammenhang mit der ausdrücklich genannten nachträglichen Kontrolle bei den Unternehmen und damit auch im Rahmen einer Zollprüfung nach Art. 78 ZK gilt. |
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| Zwar erwähnt der Rat in diesem Zusammenhang auch die Archivierungspflicht nach Art. 16 ZK; dieser regelt jedoch die Aufbewahrungsfristen, nicht die Form der Aufbewahrung. Insoweit ist die deutsche Fassung irreführend, wenn es dort heißt: |
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| „Zum Zwecke der Zollkontrollen haben die Beteiligten die in Artikel 14 genannten Unterlagen auf beliebigem Träger innerhalb der nach dem geltenden Recht festgelegten Frist, mindestens aber drei Kalenderjahre lang aufzubewahren.“ |
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| Während die Beteiligten nach der deutschen Fassung des Art. 16 Satz 1 ZK die Unterlagen „auf beliebigem Träger innerhalb der nach dem geltenden Recht festgelegten Frist, mindestens aber drei Kalenderjahre lang zum Zwecke der Zollkontrollen aufzubewahren“ haben, wird aus den maßgeblichen Fassungen in französischer und englischer Sprache deutlich, dass Art. 16 Satz 1 ZK die Frist, nicht aber die Art der Aufbewahrung verbindlich vorschreiben wollte. Die französische Fassung lautet: |
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| „Les personnes concernées doivent conserver, pendant le délai fixé par les dispositions en vigueur et pendant trois années civiles au moins, aux fins du contrôle douanier, les documents visés à l'article 14 quel qu'en soit le support.” |
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| In der englischen Fassung heißt es: |
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| „The persons concerned shall keep the documents referred to in Article 14 for the purposes of customs controls, for the period laid down in the provisions in force and for at least three calendar years, irrespective of the medium used.” |
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| Aus diesen beiden – maßgeblichen – Sprachfassungen des Art. 16 Satz 1 ZK geht hervor, dass die Frist zur Aufbewahrung der Dokumente unabhängig vom verwendeten Medium mindestens drei Jahre beträgt. Der englischen und der französischen Regelung ist jedoch keine generelle Regelung zur Aufbewahrung auf beliebigem Träger zu entnehmen, wie sie die deutsche, nicht verbindliche Fassung des Art. 16 Satz 1 ZK suggeriert. So sind die diesbezüglichen Aussagen der Regelung „quel qu'en soit le support“ und „irrespective of the medium used“ in etwa zu übersetzen mit „unabhängig vom Medium, das hierfür verwendet wird“. Auch die Satzstellung ist in der maßgeblichen englischen bzw. französischen Fassung eine andere als in der deutschen, wodurch der Satzteil eine andere Bedeutung bekommt. Während der die Form des Dokuments betreffende Zusatz in der deutschen Fassung semantisch auf einer Ebene mit der Fristenregelung steht, erscheint er in der englischen und französischen Fassung als erläuternder Zusatz angeordnet ist („…, unabhängig vom Medium, das dafür verwendet wird.“). |
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| Im Übrigen hat der Rat in diesem Zusammenhang lediglich allgemeine Ausführungen zum Verzicht auf die Vorlage von Unterlagen gemacht. Bei diesen muss es sich jedoch nicht unbedingt um Ursprungszeugnisse handeln. Auch Handelsrechnungen, Frachtpapiere u. ä. Unterlagen gehören zu den Unterlagen, auf deren Vorlage im Rahmen des Art. 77 Abs. 2 ZK verzichtet werden kann. Aussagen zur Art der Vorhaltung von formellen Ursprungszeugnissen, bei denen zur Fälschungssicherheit eine besondere Form der Urkunde ausdrücklich vorgeschrieben ist, hat der Rat gerade nicht getroffen. Seine Erwähnung des Art. 16 ZK erfolgte vielmehr im Zusammenhang mit der Aufbewahrungspflicht von drei Jahren. |
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| Der Senat schließt daraus, dass die Beteiligten bereits nach Art. 77 Abs. 1 und 2 ZK in Verbindung mit Art. 16 Satz 1 ZK und den Grundsätzen der Art. 62 ZK sowie Art. 218 Abs. 1 Buchst. c ZKDVO, 80 Buchst. a ZKDVO 2000 bzw. 97n Abs.1 ZKDVO 2010 die Ursprungszeugnisse im Original mindestens drei Jahre im Rahmen von Kontrollen vorlegen können müssen. |
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| 3. Selbst wenn Art. 77 Abs. 2 ZK lediglich eine Vorhaltepflicht der Dokumente im Original im zeitlichen Zusammenhang mit der Zollanmeldung beinhalten würde, könnte sich die Klägerin zum Nachweis der Ursprungseigenschaft gleichwohl nicht auf die vorhandenen Kopien und Durchschläge berufen, denn nach Art 16 ZK i. V. m. § 147 Abs. 2 AO sowie § 147 Abs. 1 Nr. 4a AO war sie verpflichtet, die Unterlagen im Original aufzubewahren. |
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| Wie oben unter Punkt 2 dargelegt, wurde mit Art. 16 Satz 1 ZK vom europäischen Verordnungsgeber keine abschließende Regelung zur Art der Aufbewahrung getroffen (so auch Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 147 AO, Rn. 21b; Weymüller in Rüsken, Zollrecht, Art. 16 ZK, Rn. 29;). Daher durfte der deutsche Gesetzgeber auf nationaler Ebene eine entsprechende Regelung treffen. Dies hat er in § 147 Abs. 1 Nr. 4a, Abs. 2 AO getan. Danach können Unterlagen, die einer mit Mitteln der Datenverarbeitung abgegebenen Zollanmeldung nach Art. 77 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 62 Abs. 2 ZK beizufügen sind, nicht als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern aufbewahrt werden, sofern die Zollbehörden nach Artikel 77 Abs. 2 Satz 1 ZK auf ihre Vorlage verzichtet oder sie nach erfolgter Vorlage zurückgegeben haben. Im Rahmen der Anpassung dieser Regelung an den neuen Zollkodex der Union (UZK) hat der Gesetzgeber auf die Möglichkeit einer Konkurrenz mit Art. 16 ZK hingewiesen, diese Regelung jedoch hinsichtlich der Art der Aufbewahrung ausdrücklich für nicht abschließend erklärt (vgl. BR-Drucks. 432/14 vom 26. September 2014 zu dem späteren, § 147 Abs. 1 Nr. 4a AO ändernden Gesetzesentwurf der Bundesregierung, Seite 38). |
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| Auch bei dieser Betrachtungsweise mussten die Ursprungszeugnisse im Original aufbewahrt und den Zollbehörden auf Verlangen vorgelegt werden. |
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| 4. Zwar ist die Vorlage des Ursprungsnachweises nach inzwischen herrschender Ansicht nicht (mehr) als materielle Voraussetzung für die Gewährung einer Präferenzmaßnahme anzusehen (Wolffgang in Hübschmann/Hepp/Spitaler AO/FGO, Art. 27 ZK Rn. 144; Prieß in Witte, 6. Aufl., Art. 27 Rn. 39 Mitte unter Verweis auf die EuGH-Urteile vom 7. Dezember 1993 – Huygen u. a. – C-12/92, ECLI:EU:C:1993:914, Slg 1993, I-6381 und vom 23. Februar 1995 – Bonapharma – Slg. 1995, I-319, HFR 1995, 352); das Erfordernis eines gültigen Ursprungsnachweises, der von der zuständigen Behörde stammt, kann aber auch nicht als bloße Formalität angesehen werden. Das gilt auch dann, wenn der Ursprungsort durch andere Beweismittel festgestellt wird. Dies hat der EuGH inzwischen in mehreren Entscheidungen betont (EuGH-Urteile vom 6. Februar 2014 – Helm Düngemittel – C-613/12, ECLI:EU:C:2014:52, Rn. 32 ff., BB 2014, 607, ZfZ 2014, 94; vom 25. Februar 2010 – Brita GmbH – C-386/08, ECLI:EU:C:2010:91, Rn. 57, Slg. 2010, I-1289, ZfZ 2010, 104 und vom 23. Februar 1995 – Bonapharma – Rn. 16, Slg. 1995, I-319, HFR 1995, 352). In seiner Entscheidung vom 6. Februar 2014 – Helm Düngemittel – C-613/12 hat der EuGH zur Anwendung des Europa–Mittelmeer-Abkommens mit Ägypten noch einmal ausdrücklich entschieden, dass die Erbringung eines Nachweises des geltend gemachten Ursprungs die Feststellung des Ursprungs mittels einer von den Zollbehörden des Ausfuhrlandes gemäß dem Protokoll Nr. 4 ausgestellten Verkehrsbescheinigung voraussetzt (ECLI:EU:C:2014:52, Rn. 41, BB 2014, 607, ZfZ 2014, 94). |
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| Ausnahmen von diesem Prinzip hat der EuGH nur in ganz wenigen Einzelfällen und für den Fall zugelassen, dass sich der betreffende Wirtschaftsteilnehmer ganz außergewöhnlichen Umständen gegenübersieht, auf die er keinen Einfluss hat und deren Folgen trotz Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht hätten vermieden werden können (EuGH-Urteile vom 7. Dezember 1993 – Huygen u. a. – C-12/92, ECLI:EU:C:1993:914, Slg 1993, I-6381 und vom 23. Februar 1995 – Bonapharma – C-334/93, ECLI:EU:C:1995:52, Slg. 1995, I-319, HFR 1995, 352). |
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| Diese Rechtsprechung, wonach bei Inanspruchnahme einer Präferenzmaßnahme grundsätzlich der jeweils vorgeschriebene Ursprungsnachweis vorzulegen ist und nur in ganz speziellen Ausnahmefällen unter bestimmten Voraussetzungen auf die Vorlage verzichtet werden kann, muss erst recht gelten, wenn es sich nicht um eine auf einem Abkommen beruhende Präferenzmaßnahme handelt, sondern die Präferenz im Rahmen des APS einseitig von der EU gewährt wird, also keine vertragliche Verpflichtung zur Anerkennung besteht (vgl. Prieß in Witte, 6. Aufl. Art. 27 Rn. 39). |
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| 5. Auf die Entscheidungen des EuGH zum Verzicht auf die Vorlage des Ursprungszeugnisses kann sich die Klägerin allerdings nicht mit Erfolg berufen. |
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| a) In dem ersten von ihr zitierten Fall in der Rechtssache Huygen u. a. (EuGH-Urteil vom 7. Dezember 1993 C-12/92, ECLI:EU:C:1993:914, Slg 1993, I-6381) hatte die österreichische Zollverwaltung auf ein eine Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 betreffendes belgisches Nachprüfungsersuchen geantwortet, dass die betreffende Ware unbekannten Ursprungs sei, weil der deutsche Exporteur keinen konkreten Beweis für den Ursprung der Ware mehr erbringen könne. Das vorlegende Gericht hatte hierzu festgestellt, ein schriftlicher Beleg für den Ursprung der betreffenden Ware in der Gemeinschaft liege vor. Die Unmöglichkeit, den vorgesehenen gewöhnlichen Beweis für den Ursprung der Ware zu erbringen, d. h. die zuvor ausgestellte Bescheinigung EUR.1 vorzulegen, beruhe darauf, dass die Ausfuhr von Deutschland nach Österreich vor Inkrafttreten des Abkommens erfolgt sei und die genannte Bescheinigung daher nicht habe ausgestellt werden können. Unter diesen Voraussetzungen sei der Einfuhrstaat nicht endgültig an das negative Ergebnis der nachträglichen Überprüfung gebunden, sondern dürfe andere Beweise für den Ursprung der Ware berücksichtigen (Rn. 21 und 28 des EuGH-Urteils C-12/92 – Huygen u.a. –). Weiter führt der EuGH in dem Urteil aus, ein Einführer könne sich je nach den Umständen auf höhere Gewalt berufen, wenn die Zollbehörden des Ausfuhrstaats infolge ihrer eigenen Nachlässigkeit im Rahmen einer nachträglichen Überprüfung nicht feststellen können, ob eine Angabe über den Ursprung einer Ware zutrifft (Rn. 35 der Entscheidung). |
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| Keiner der beiden vom EuGH behandelten Aspekte sind mit dem vorliegend zu entscheidenden Fall vergleichbar. Die Regelungen über das APS waren im maßgeblichen Zeitraum bereits gültig. Auch lag die Ursache für die Unmöglichkeit der Vorlage des formalen Ursprungszeugnisses nicht bei den Zollbehörden, sondern bei der Klägerin bzw. ihrer Vertreterin. |
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| b) Die zweite von der Klägerin bemühte Entscheidung in der Rechtssache Bonapharma (EuGH-Urteil vom 23. Februar 1995 C-334/93, ECLI:EU:C:1995:52, Slg. 1995, I-319, HFR 1995, 352) ist ebenfalls nicht geeignet, eine Präferenzgewährung zu begründen. In dem Urteil hatte der EuGH drei Voraussetzungen für ein Absehen von der Vorlage eines formalen Ursprungsnachweises formuliert, die in dem entschiedenen Fall erfüllt waren: Der Ursprung der Waren stand aufgrund objektiver Beweise, die von den Betroffenen nicht manipuliert oder gefälscht worden sein konnten, mit Sicherheit fest, sowohl der betroffene Importeur als auch der betroffene Exporteur hatten die gebotene Sorgfalt angewandt, um die Bescheinigungen EUR.1 zu erhalten und es war ihnen aus Gründen, auf die sie keinen Einfluss hatten und die sich aus einem wettbewerbswidrigen Verhalten anderer Beteiligter ergaben, das sowohl gegen den Zweck als auch gegen den Wortlaut des Abkommens verstieß, unmöglich, diese Bescheinigungen zu erhalten (EuGH-Urteil vom 23. Februar 1995 C-334/93 – Bonapharma –, Rn. 19 bis 24). |
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| Auch mit diesem Fall ist der vorliegende Sachverhalt nicht zu vergleichen. So fehlt es bereits an objektiven Beweisen für den angemeldeten Ursprung der Waren, die von den Betroffenen nicht manipuliert oder gefälscht worden sein können. Die im Rahmen der Prüfung vorgelegten Kopien und Durchschriften können diese Voraussetzung nicht erfüllen, da sie gerade nicht über die im Muster nach Anhang 17 zur ZKDVO vorgesehenen fälschungssicheren Merkmale verfügen. Auch der Hinweis der Klägerin, die Verzollungsunterlagen seien in sich stimmig, jedenfalls habe der Prüfbericht hierzu keine negativen Feststellungen getroffen, ersetzt den vom EuGH geforderten objektiven Nachweis nicht. Andere Beweise für den Ursprung der Waren sind weder aus den Akten ersichtlich, noch wurden sie von der Klägerin vorgetragen. |
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| Darüber hinaus ist es der Klägerin nicht aus Gründen, auf die sie keinen Einfluss hat, unmöglich, die geforderten Nachweise vorzulegen. Vielmehr sind die ihren eigenen Angaben zufolge zunächst vorhandenen Nachweise schlicht nicht mehr auffindbar. Dass die Unmöglichkeit der Vorlage nicht auf einer von ihr zu vertretenden Sorgfaltspflichtverletzung beruht, hat sie damit gerade nicht dargetan. |
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| Aus keiner der beiden Entscheidungen lässt sich ein Anspruch der Klägerin auf Anwendung des Präferenzzollsatzes ableiten. |
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| 6. Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, das HZA hätte zunächst ein formelles Nachprüfungsersuchen stellen müssen. |
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| Das Nachprüfungsersuchen im Rahmen des APS ist in Art. 97t ZKDVO geregelt. Nach dessen Abs. 1 erfolgt eine nachträgliche Prüfung der Ursprungszeugnisse nach Formblatt A stichprobenweise oder immer dann, wenn die Zollbehörden der Mitgliedstaaten begründete Zweifel an der Echtheit des Papiers, der Ursprungseigenschaft der betreffenden Erzeugnisse oder der Erfüllung der übrigen Voraussetzungen dieses Abschnitts haben. Um solche Zweifel geht es vorliegend jedoch nicht. Streitig ist allein, ob das HZA Durchschriften und Kopien als Nachweis der Ursprungseigenschaft anerkennen muss. Dies ist – wie oben ausführlich dargelegt – nicht der Fall. |
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| 7. Schließlich ist von der Nacherhebung auch nicht nach § 163 S. 1 AO aus Billigkeitsgründen abzusehen. |
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| Anders als die Klägerin meint, ist diese Vorschrift wegen vorrangig geltender europäischer Rechtsvorschriften nicht anwendbar. Für Einfuhr- und Ausfuhrabgaben enthalten die Art. 220, 235 ff. ZK eigenständige Vorschriften über die Nacherhebung und den Erlass von Abgaben, die dem nationalen Recht vorgehen (Rüsken in Klein, AO, § 163 Rn. 9; Oellerich in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 163 AO, Rn. 14 m. w. N.; von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 163 AO, Rn. 61; Gellert, Zollkodex und Abgabenordnung, S. 145). |
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| Der Senat hat die Revision zugelassen wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Hinblick auf die Nachprüfung von Unterlagen, auf deren Vorlage im Rahmen der elektronischen Abgabe der Zollanmeldung verzichtet wird (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). |
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