Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 14. März 2017 - 11 K 1438/14

bei uns veröffentlicht am14.03.2017

Tenor

1. Der Einfuhrabgabenbescheid [ ___ ] vom 22. Juli 2011, die Einfuhrabgabenbescheide [ ___ ] und [ ___ ], jeweils vom 28. Juli 2011, Collimated Blocks betreffend, und die Einspruchsentscheidung vom 21. März 2014, soweit sie diese Bescheide betrifft, werden aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten trägt die Klägerin 93/100, der Beklagte 7/100.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat die Klägerin in Höhe des Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Klägerin nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Streitig ist die zolltarifliche Einreihung von drei verschiedenen Waren der Lasertechnik.
Die Klägerin ist [ ___ ] tätig. Im Zeitraum vom 3. Juli 2008 bis zum 25. Oktober 2010 führte sie aus den USA so genannte Pump Sources, Pump Modules und Collimated Blocks ein, die sie jeweils als Laserdioden unter der Unterposition 8541 4010 der Kombinierten Nomenklatur (KN) zur Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr anmeldete. Waren dieser Position waren im maßgeblichen Zeitraum zollfrei.
Bei der Pump Source (Pumpquelle, [ ___ ] handelt es sich um eine ca. 32,6 kg schwere Laser-Anregungsquelle. Sie besteht im Wesentlichen aus einem Gehäuse zur Aufnahme der Pump Modules (Pumpmodule) mit entsprechenden Anschlüssen (Stromschienen) und enthält eine Schlitzspiegelanordnung, ein Zylinderlinsenteleskop, einen Lichtmischer mit Kollimatorlinse sowie eine elektronische, integrierte Schaltung (IC), Schutzelemente (Thyristor) sowie Foto- und Temperatursensoren. Die Pumpquelle kann mit zwei bis zu sechs identischen Pumpmodulen ausgerüstet werden. Zu deren Beschreibung s.u. Die Pumpquelle verfügt über keine eigene Energieversorgung oder Steuerung. In ihr werden die Strahlen der Pumpmodule zu einem einzigen Strahl zusammengeführt, der je nach Anzahl der verbauten Pumpmodule um ein Vielfaches stärker ist als der Strahl eines einzelnen Pumpmoduls. Hierfür werden die Lichtstrahlen durch die Schlitzspiegel sozusagen nebeneinander angeordnet, anschließend durch das Zylinderspiegelteleskop gebündelt und schließlich durch den Lichtmischer neu ausgerichtet. Die Pumpquelle stellt bei einer Bestückung mit sechs Pumpmodulen Laserlicht mit einer Leistung von 8,27 kW bei einer Wellenlänge von 937,5 (+1,5/2,0) nm bereit (vgl. das Datenblatt Anlage K 15 zum Schriftsatz der Klägerin vom 13. August 2014). Der von der Pumpquelle erzeugte Laserdiodenstrahl dient der Anregung eines scheibenförmigen Kristalls, der aufgrund der Anregung seinerseits einen Laserstrahl abgibt, der zum Scheiden, Löten und Schweißen von Metallen geeignet ist. Die Klägerin verwendet die Pumpquellen zur Anregung von Yb-YAG Laserscheiben in [ ___ ] Lasern.
Den mit der Klage angegriffenen, Pump Sources betreffenden Bescheiden lagen jeweils Einfuhren von mit drei bis sechs Pumpmodulen bestückten Pumpquellen zugrunde. Eine separate Einfuhr der Pump Sources erfolgte nicht, weshalb zur Warenbeschreibung der Pump Sources auch die Beschreibung der Pump Modules gehört.
Die in die Pumpquelle eingesetzten, zum Teil auch separat eingeführten, ca. 1 kg schweren Pumpmodule (Material-Nr. [ ___ ]) mit den Maßen 183 mm x 51 mm x 67,1 mm setzen sich aus 12 Hochleistungslaserdiodenbarren zusammen, die als Lasermedium einen aus mehreren Halbleitermaterialien zu einem p-n-Übergang zusammengesetzten Halbleiter enthalten. Die Halbleitermaterialien, die künstlich mittels Epitaxie erzeugt werden, sind dabei so aufgetragen, dass sich auf jedem Laserdiodenbarren ca. 45 Laserdioden-Emitter (insgesamt ca. 540 Laserdioden-Emitter pro Pumpmodul) befinden. Das Lasermedium wird direkt durch elektrischen Stromfluss angeregt und strahlt Licht einer im Wesentlichen durch die Kristallstruktur des Halbleitermaterials definierten Wellenlänge ab. Als Resonator dienen in der Regel Kristallspaltflächen sowie ein optischer Wellenleitereffekt im Halbleitermaterial. Die Strahlung aus den durch den Stromfluss angeregten Emittern wird mittels einer Mikrolinse um 90 Grad aus der sogenannten Wafer-Ebene umgelenkt. Für die beim Betrieb erforderliche Kühlung liegt der Halbleiter auf einer Wärmesenke auf. Zudem sind je zwölf Laserdiodenbarren auf einer Kupferkühlplatte montiert und mittels elektrischer Kontakte verbunden; sie verfügen über keine eigene Energieversorgung oder Steuerung. Darüber hinaus enthält das Pumpmodul Wärmesensoren und eine Wasserkühlung. Sämtliche Bauteile sind in einem Kunststoffgehäuse mit einer CAN-Bus Schnittstelle, Kühl- und elektrischen Anschlüssen untergebracht. Das Pumpmodul erzeugt eine Vielzahl von Laserdiodenstrahlen.
Auch die Collimated Blocks (Material-Nrn. [ ____ ]) dienen der Erzeugung feiner Laserdiodenstrahlen. Ein Collimated Block besteht aus einem Laserdiodenbarren, der über acht Laserdioden-Emitter verfügt. Über zwei Linsen werden die Strahlen der Emitter parallel ausgerichtet (kollimiert). Der Laserdiodenbarren ist mit zwei Stromanschlüssen versehen und auf einem Kupferblock aufgebracht, der als Wärmesenke dient. Die Funktionsweise der Collimated Blocks entspricht im Übrigen denen der Pumpmodule. Die Klägerin verwendet sie als Pumpquellen in [ ___ ]-Scheibenlasern und [ ___ ]-Dioden-Direktlasern, wobei sie zunächst zu Modulen verbaut werden, die jeweils zwei Collimated Blocks enthalten.
Zur detaillierteren Beschreibung der Waren wird auf die Abbildungen und die technischen Datenblätter in den Anlagen 13-26 zur Klagebegründungsschrift verwiesen.
Für die beschriebene Pump Source wurde der Klägerin auf ihren Antrag hin am 5. Oktober 2010 eine verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA) Nummer DE 5057/10-1 erteilt, wonach diese in Position 9013 des Harmonisierten Systems (HS) einzureihen ist. Die vZTA ist bestandskräftig geworden. Mit Schreiben vom 9. Mai 2011 bat die Klägerin das beklagte Hauptzollamt (HZA), entsprechende Änderungsbescheide zu erlassen, ohne dies als Zustimmung zur Rechtsauffassung der Behörden verstanden wissen zu wollen. Der später von der Klägerin gestellte Antrag auf Rücknahme wegen Beifügung einer falschen Abbildung wurde vom HZA [ ___ ] abgelehnt (Az. [ ___ ]); ihren hiergegen gerichteten Einspruch hat die Klägerin im Hinblick auf das nach Ansicht des HZA [ ___ ] fehlende Rechtsschutzbedürfnis zurückgenommen.
Im Februar 2011 führte das beklagte HZA bei der Klägerin eine Zollprüfung durch, die unter anderem die zolltarifliche Einreihung der im Zeitraum 1. Juli 2008 bis 31. Dezember 2010 eingeführten Waren zum Gegenstand hatte. Dabei kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass die Klägerin die Pump Sources, Pump Modules und Collimated Blocks unzutreffend als Laserdioden unter die Position 8541 HS eingereiht habe; es handle sich vielmehr um Laser im Sinne der Position 9013 HS (Zollsatz 4,7 %). Das HZA folgte dieser Rechtsauffassung und erhob aufgrund der geänderten Einreihung mit elf Bescheiden Abgaben in Höhe von insgesamt [ ___ ] EUR nach. Im Einzelnen handelt es sich um die Einfuhrabgabenbescheide vom
10 
1.    
30.06.2011
[ ___ ]
Pump Module
  [ ___ ] EUR
        
2.    
22.07.2011
[ ___ ]
Pump Module
  [ ___ ] EUR
        
3.    
22.07.2011
[ ___ ]
Pump Module
  [ ___ ] EUR
        
4.    
22.07.2011
[ ___ ]
Pump Module
[ ___ ] EUR
        
5.    
22.07.2011
[ ___ ]
Pump Module
  [ ___ ] EUR
        
6.    
22.07.2011
[ ___ ]
Collimated Blocks
[ ___ ] EUR
        
7.    
28.07.2011
[ ___ ]
Collimated Blocks
[ ___ ] EUR
        
8.    
28.07.2011
[ ___ ]
Collimated Blocks
[ ___ ] EUR
        
9.    
28.07.2011
[ ___ ]
Pump Source
[ ___ ] EUR
        
10.     
28.07.2011
[ ___ ]
Pump Source
[ ___ ] EUR
        
11.     
28.07.2011
[ ___ ]
Pump Source
[ ___ ] EUR
        
                                            
___________
                                   
Gesamtbetrag
[ ___ ] EUR
11 
Den gegen diese Bescheide gerichteten Einspruch der Klägerin wies das HZA mit Entscheidung vom 21. März 2014 als unbegründet zurück.
12 
Mit der hiergegen gerichteten, bei Gericht am 23. April 2014 eingegangenen Klage macht die Klägerin geltend, bei Zugrundelegen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur zollrechtlichen Tarifierung von Waren, der allgemeinen Vorschriften sowie des Wortlauts der Positionen seien die eingeführten Waren als Laserdioden in Position 8541 KN einzureihen. Unter Laserdioden im Sinne dieser Position seien auch solche Waren zu verstehen, in denen mehrere miteinander verschaltete Halbleiterkristalle und/oder weitere Bauelemente zu Modulen verbaut seien, soweit der Laserdiode dadurch keine Funktion verliehen werde, die über die Bereitstellung von Laserdioden hinaus gehe, sie also nicht mit einem Kühl- oder Steuerungssystem oder einer Stromversorgungseinheit verbunden werde.
13 
Weder dem Wortlaut der Position 8541 HS noch den Erläuterungen zu dieser Position sei eine Beschränkung auf „diskrete Bauelemente“ zu entnehmen. Eine solche ergebe sich auch nicht aus der verbindlichen englischen Sprachfassung der Erläuterungen oder den Erläuterungen zu Position 9013 HS. Wie verschiedene – von der Klägerin einzeln aufgelistete –  vZTA zeigten, stehe die Kombination mehrerer Laserdioden einer Einreihung in Position 8541 KN nicht entgegen. Die Position 8541 KN erfasse zudem nicht nur Laserdioden, die aus mehreren Halbleiterkristallen aufgebaut seien, sondern auch solche, die mit weiteren Bauelementen zu Modulen verbunden seien, solange sich der Charakter der Ware als Laserdiode nicht wesentlich ändere. Auch hierzu verweist die Klägerin auf mehrere vZTA, auf den Avis der Weltzollorganisation zum HS zu Unterposition 8541 29 HS Rz. 01.0 bis 06.0 sowie auf die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1037/2014 der Kommission vom 25. September 2014 zur Einreihung bestimmter Waren in die KN (ABl. EU vom 1. Oktober 2014 Nr. L 287/9, im Folgenden EinreihungsVO Nr. 1037/2014), in der sich die Kommission eine weite und funktionale Auslegung zu eigen gemacht habe.
14 
Ein zusätzliches Indiz für die Einreihung in Position 8541 HS seien die Entscheidungen der US-amerikanischen Behörden und Gerichte, die zum einen Laserdioden als Untergruppe der Leuchtdioden ansähen, zum anderen auch aus mehreren Komponenten zusammengesetzte und optische Elemente zur Verstärkung des emittierten Strahls enthaltende Laserdiodenmodule unter die Position 8541 HS einreihten, solange die Laserdiode dem Bauteil den wesentlichen Charakter verleihe.
15 
Demgegenüber erfasse die Position 9013 HS Laser im Sinne einer aus mehreren Systemkomponenten zusammengesetzten Ware, die neben der Laserlichtquelle ein Kühl- und Steuerungssystem und eine Stromversorgung enthalte. Über diese Komponenten verfügten die vorliegend zu beurteilenden Waren nicht.
16 
Auch stünden die Urteile des EuGH vom 2. Oktober 2008 Rs. C-411/07  – Optokoppler –  (Sammlung der Rechtsprechung des EuGH und des EuG -Slg- 2008, I-7419, HFR 2008, 1307, ZfZ 2008, 302) und vom 8. Dezember 2016 Rs. C-600/15 – Lemnis Lighting –  ECLI:EU:C:2016:937 (ZfZ 2017, 13) der vorgenommenen Einreihung nicht entgegen.
17 
Wegen des Vortrags im Einzelnen wird auf die Klagebegründungsschrift vom 13. August 2014 und den Schriftsatz vom 12. Mai 2015 verwiesen.
18 
Die Klägerin beantragt,
        
die Einfuhrabgabenbescheide vom
        
30. Juni 2011
[ ___ ],
        
22. Juli 2011
[ ___ ], [ ___ ],
                 
[ ___ ], [ ___ ],
                 
[ ___ ],
        
28. Juli 2011
[ ___ ], [ ___ ],
                 
[ ___ ], [ ___ ]
                 
und [ ___ ]
        
und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 21. März 2014 aufzuheben.
19 
Das beklagte HZA beantragt,
die Klage abzuweisen.
20 
Zur Begründung verweist es zunächst auf seine Einspruchsentscheidung. Dort hatte es im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund ihres technischen Aufbaus und ihrer Funktion stellten sich die Pumpquelle, das Pumpmodul und der Collimated Block sowohl im technischen Sinn als auch zolltariflich als Laser und nicht als Laserdioden dar. Laserdioden seien spezielle Leuchtdioden mit einem zusätzlichen optischen Resonator zur Erzeugung kohärenten Lichts und damit einzelne Halbleiterkristalle, die in der technischen Literatur als einzelne Halbleiterbauelemente angesprochen bzw. als diskrete (Halblei-ter-) Bauelemente bezeichnet würden. Die zolltarifliche Einreihung sei nach dem Wortlaut der Erläuterungen eng an die Technik angelehnt. Die beiden in den Erläuterungen aufgeführten Materialien seien einzelne III/V-Halbleiterkristalle; auch werde der in der englischen Sprachfassung verwendete Begriff „device“ im Zusammenhang mit der Halbleiter- und Optoelektronik mit „Bauelement“ übersetzt. Dagegen seien Laserdioden, die auch als Halbleiterlaser oder Diodenlaser bezeichnet würden, im technischen Sinn ohne Zweifel als Laser zu bezeichnen. Diese seien ausdrücklich im Wortlaut der Position 9013 HS genannt. Ausgenommen seien lediglich Laserdioden, in Form eines einzelnen unverschalteten Halbleiterbauelements der Position 8541 HS. Um solche handele es sich bei den von der Klägerin eingeführten Waren jedoch nicht.
21 
Ergänzend trägt das HZA vor, der Wortlaut der Position 8541 HS umfasse vier Warengruppen. Nur die lichtempfindlichen Halbleiterbauelemente dürften danach zu Modulen oder Tafeln zusammengesetzt sein. Laserdioden seien jedoch keine lichtempfindlichen Halbleiterbauelemente. Insoweit habe das von der Klägerin in Bezug genommene Optokoppler-Urteil des EuGH vom 2. Oktober 2008 Rs. C-411/07 (Slg. 2008, I-7419, HFR 2008, 1307, ZfZ 2008, 302), das die Warengruppe der lichtempfindlichen Halbleiterbauelemente betreffe, keine Relevanz. Zur Bekräftigung seiner Auffassung verweist das HZA statt dessen auf Urteile des Finanzgerichts Hamburg vom 18. Juli 2014 (4 K 3/13), des Sächsischen Finanzgerichts vom 22. Mai 2014 (7 K 728/13) und des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Oktober 2010 (1 K 1243/08). Zwar stehe das Vorhandensein von elektrischen und optischen Anschlüssen und Hilfsvorrichtungen zum Kühlen wie einer Wärmesenke, einem Kühlkörper sowie einfachen Linsen, die das kohärente Licht bündeln bzw. ausrichten, einer Einreihung in die Position 8541 HS nicht entgegen; eine weitergehende Ausstattung mit elektrischen oder optischen Komponenten führe jedoch zum Ausschluss aus dieser Position. Da die zu beurteilenden Waren mit elektronischen integrierten Schaltungen (IC), Temperatursensoren, Schutzelementen sowie mit Schlitzspiegeln, einem Zylinderlinsenteleskop, Lichtmischern sowie Mikrolinsen ausgestattet seien, komme eine Einreihung in die Position 8541 HS nicht in Betracht.
22 
Die von der Klägerin zur Begründung einer Einreihung in die Position 8541 HS herangezogenen vZTA stünden der vorgenommenen Einreihung in die Position 9013 HS nicht entgegen.
23 
Die Auffassung der Klägerin, die Position 8541 HS erfasse auch solche Laserdioden, die mit weiteren Bauelementen zu Modulen verbunden seien, solange sich der Charakter der Ware als Laserdiode nicht wesentlich ändere, sei nicht zutreffend; auch Laserpointer seien in Position 9013 HS einzureihen. Der von der Klägerin zitierte Avis der Weltzollorganisation zum HS zu Unterposition 8541 29 HS Rz. 01.0 bis 06.0 sei nicht einschlägig, da die zu beurteilenden Waren mit denen des Avis nicht vergleichbar seien.
24 
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Klageerwiderung vom 24. November 2014 verwiesen.
25 
Am 14. März 2017 wurde die Sache mündlich verhandelt. Wegen des Ablaufs wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
26 
Die zulässige Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet. Die Collimated Blocks betreffenden Einfuhrabgabenbescheide [ ___ ] vom 22. Juli 2011, [ ___ ] und [ ___ ], jeweils vom 28. Juli 2011, sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das HZA hat hinsichtlich der Collimated Blocks zu Unrecht mit den angegriffenen Bescheiden Zoll für die eingeführten Waren nacherhoben. Die anderen – Pump Sources und Pump Modules betreffenden –  Einfuhrabgabenbescheide sind dagegen rechtmäßig.
27 
Nach Art. 220 Abs. 1 Zollkodex (Verordnung [EWG] Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften - ZK -) ist der einer Zollschuld entsprechende Abgabenbetrag nachträglich buchmäßig zu erfassen, wenn er nicht nach den Art. 218 und 219 ZK oder mit einem geringeren als dem gesetzlich geschuldeten Betrag buchmäßig erfasst worden ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nur teilweise erfüllt. Die für die Pump Sources und die Pump Modules zu entrichtenden Abgabenbeträge sind bei der Abgabenfestsetzung im Rahmen der Einfuhr mit einem zu geringen Betrag buchmäßig erfasst worden. Bei den von der Klägerin eingeführten Collimated Blocks handelt es sich um Waren der Unterposition 8541 4010 KN, bei den Pump Sources und Pump Modules dagegen um solche der Unterposition 9013 2000 KN.
28 
Die tarifliche Einreihung der Waren ist auf Grundlage der KN (des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif) in den für die jeweiligen Jahre der Einfuhr (2008, 2009 und 2010) geltenden Fassungen zu beurteilen (für das Jahr 2008 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1352/2007 vom 16. November 2007, ABl. Nr. L 303/3 vom 21. November 2007, für das Jahr 2009 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1031/2008 vom 19. September 2008, ABl. (EG) Nr. L 291/1 vom 31. Oktober 2008 und für das Jahr 2010 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 948/2009 der Kommission vom 20. September 2009, ABl. (EG) Nr. L 287/1 vom 31. Oktober 2009).
29 
Nach den Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der KN (im Folgenden AV, hier AV 1) sind maßgeblich für die Einreihung der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und – soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nichts anderes bestimmt ist –  die AV. Auf der Grundlage dieser AV 1 hat der EuGH in ständiger Rechtsprechung entschieden, im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit sei das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen der KN und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (Urteile vom 19. Oktober 2000  – Peacock –, Rs. C-339/98, Slg. 2000, I-8947, Rz. 9; vom 16. September 2004  – DFDS –, Rs. C-396/02, Slg. 2004, I-8439, Rz. 27; vom 15. September 2005  – Intermodal Transports –, Rs. C-495/03, Slg. 2005, I-8151, Rz. 47; vom 8. Dezember 2005  – Possehl Erzkontor –, Rs. C-445/04, Slg. 2005,
I-10721, Rz. 19; vom 8. Juni 2006  – Sachsenmilch –, Rs. C-196/05, Slg. 2006, I-0000, Rz. 22; vom 18. Juli 2007  – Olicom –,C-142/06, Slg. 2007, I-6675, Rz. 16; vom 12. Juli 2012  – TNT Freight Management –, Rs. C-291/11, ECLI:EU:C:2012:459, Rz. 30). Zur Auslegung sind die Erläuterungen heranzuziehen, die für das HS vom Rat der Europäischen Gemeinschaften für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens sowie für die KN von der Europäischen Kommission ausgearbeitet wurden. Sie stellen ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen dar (ständige Rechtsprechung des EuGH, vergleiche EuGH-Urteile vom 7. Februar 2002 Rs. C-276/00, Slg. I-2002, 1389 Rz. 21; vom 10. Dezember 1998 Rs. C-328/97  – Glob-Sped –, Slg. I-1998, 8357, Rz. 26 und vom 12. Juli 2012  – TNT
Freight Management –, Rs. C-291/11, ECLI:EU:C:2012:459, Rz. 30).
30 
Nach diesen Grundsätzen sind die Collimated Blocks als Laserdioden in Unterposition 8541 4010 KN, die Pump Sources und Pump Modules dagegen in Unterposition 9013 2000 KN einzureihen.
31 
1. Position 9013 KN lautet, „Flüssigkristallvorrichtungen, die anderweit als Waren nicht genauer erfasst sind; Laser, ausgenommen Laserdioden; andere in diesem Kapitel anderweit weder genannte noch inbegriffene optische Instrumente, Apparate und Geräte.“
32 
Sind die eingeführten Waren somit Laserdioden im Sinne der Position 8541 KN, werden sie aus Position 9013 KN ausgewiesen. Dies ist bei den Collimated Blocks der Fall. Sie sind als Laserdioden in Position 8541 KN einzureihen.
33 
Position 8541 KN hat den Wortlaut, „Dioden, Transistoren und ähnliche Halbleiterbauelemente; lichtempfindliche Halbleiterbauelemente (einschließlich Fotoelemente, auch zu Modulen zusammengesetzt oder in Form von Tafeln); Leuchtdioden (LED); gefasste oder montierte piezoelektrische Kristalle", Unterposition 8541 4010 KN „Leuchtdioden (LED), einschließlich Laserdioden".
34 
Nach den zwar nicht verbindlichen, aber für die Auslegung als wichtiges Erkenntnismittel heranzuziehenden Erläuterungen zum HS (ErlHS) sind Laserdioden nur mit ihrer Eigenschaft, kohärentes Licht auszusenden, definiert (ErlHS Rz. 45). Dies ist hinsichtlich der Collimated Blocks der Fall. Sie bestehen lediglich aus einem Laserdiodenbarren, der auf einem als Wärmesenke dienenden Kupferblock aufgebracht ist, sowie aus zwei Kollimatorlinsen und zwei Stromanschlüssen. Ohne Wärmesenke wäre der Laseremitter wegen Überhitzung nicht funktionsfähig, und die Stromanschlüsse sind notwendiger Bestandteil einer Laserdiode. Dies wird vom HZA auch nicht bestritten. Wie der zur Unterstützung anwesende Vertreter des Bundeswissenschaftszentrum (BWZ) in der mündlichen Verhandlung erklärte, wären auch nach Auffassung der Verwaltung die Collimated Blocks als Laserdioden in Position 8541 KN einzureihen, wenn sie nicht zusätzlich die Kollimatorlinsen enthielten. Diese führen nach Auffassung des erkennenden Senates jedoch nicht zu einer anderen Tarifierung.
35 
Maßgebliche Eigenschaft der Laserdioden ist die Aussendung kohärenten Lichts (vgl. ErlHS Rz. 45). Die von den Emittern erzeugte Strahlung ist aber gerade nicht vollständig kohärent; die räumliche Kohärenz wird daher mittels der Kollimatorlinsen verstärkt, indem die Strahlen parallel ausgerichtet werden. Die beiden Linsen, die fest mit dem Collimated Block verbunden sind, sind für eine Einreihung in Position 8541 KN damit unschädlich.
36 
Zwar ist dem HZA zuzugestehen, dass allein dem Wortlaut der Position nach lediglich lichtempfindliche Halbleiterbauelemente auch in Modulen zusammengesetzt  – und nicht nur als diskrete Bauelemente –  in diese Position einzureihen sind, woraus geschlossen werden könnte, dass der Verordnungsgeber eine entsprechende Einreihung von zusammengesetzten Waren bei den anderen Warengruppen dieser Position, namentlich den Laserdioden, gerade ausschließen wollte (so im Ergebnis FG Hamburg, Urteil vom 18. Juli 2014  4 K 3/13, unter Nr. 3. Buchstabe a der Gründe, juris-Datenbank, und Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 22. Mai 2014  7 K 728/13, unter Nr. 3 der Gründe a. E., juris-Datenbank). Bei der Ergänzung des Laserdiodenbarrens um die Kollimatorlinsen handelt es sich jedoch gerade nicht um eine solche Zusammensetzung von Halbleiterbauelementen zu Modulen, sondern um die Ergänzung eines ausschließlich optischen Elements, das die für die Tarifierung maßgebliche Eigenschaft der Laseremitter, kohärentes Licht zu erzeugen, lediglich unterstützt, ohne den wesentlichen Charakter der Ware zu verändern.
37 
Für eine solche Auslegung der Position 8541 KN spricht auch die EinreihungsVO Nr. 1037/2014. Mit dieser Verordnung hat der Verordnungsgeber verschiedene Waren, u.a. ein so genanntes „LED-Paket“ (eine Halbleiterkomponente), als Leuchtdiode in Unterposition 8541 4010 KN eingereiht. Das „LED-Paket“ besteht aus vier LED-Chips, die jeweils mit einer parallel geschalteten Zener-Schutzdiode in einem Kunststoffgehäuse mit transparentem Glasfenster an der Oberseite und acht Kontaktpads an der Rückseite insoweit untrennbar miteinander verbunden sind, als einige Bestandteile zwar theoretisch entfernt und ersetzt werden können, dies aber zeitaufwendig und schwierig ist und daher unter normalen Herstellungsbedingungen unwirtschaftlich wäre (Anhang zu EinreihungsVO Nr. 1037/2014, Warenbezeichnung Nr. 3). Zur Begründung beruft sich der Verordnungsgeber auf die AV 1 und 6, auf die Anmerkung 8 (inzwischen Anmerkung 9) zu Kapitel 85 und auf den Wortlaut der KN-Codes 8541, 8541 40 und 8541 4010.
38 
Zwar gelten Einreihungsverordnungen stets nur für die begutachtete Ware, die Anlass zu der Verordnung gegeben hat (BFH-Beschluss vom 10. Februar 2014 VII R 39/12, ZfZ 2014, 132), und dürfen grundsätzlich nicht analog bei der Einreihung von Waren angewendet werden, die vor ihrem Inkrafttreten eingeführt worden sind. Sofern sie jedoch wie im Regelfall lediglich zur Klarstellung der Rechtslage zum Zweck der einheitlichen Anwendung der KN und nicht zur Änderung des bestehenden Rechts ergehen, bestehen keine Bedenken, solche Verordnungen als Indiz zur Bestätigung tariflicher Einreihungen heranzuziehen, sofern die Warenbeschreibung in ihren wesentlichen Punkten mit derjenigen der einzureihenden Ware übereinstimmt (BFH-Urteil vom 12. April 2011 VII R 20/07, BFHE 233, 561). Die EinreihungsVO Nr. 1037/2014 dient ausweislich des Erwägungsgrunds 1 der Gewährleistung der einheitlichen Anwendung der KN, deren Wortlaut hinsichtlich ihrer Position 8541 zwischen dem Zeitpunkt der ersten Einfuhren und dem Erlass der EinreihungsVO Nr. 1037/2014 nicht verändert worden ist. Die Collimated Blocks unterscheiden sich auf den ersten Blick zwar deutlich von den in der EinreihungsVO genannten Waren; die vorliegende Bezugnahme auf die Verordnung erfolgt jedoch lediglich im Hinblick darauf, dass nicht nur lichtempfindliche Halbleiterbauelemente, sondern auch LEDs in Position 8541 KN eingereiht werden können, wenn sie nicht ausschließlich aus einem Halbleiteremitter und Stromanschlüssen bestehen, sondern festverbundene weitere Elemente enthalten. Diesbezüglich handelt es sich um ähnliche Waren (LEDs und Laserdioden als spezielle Form von LEDs).
39 
Das EuGH-Urteil vom 8. Dezember 2016 Rs. C-600/15 – Lemnis Lighting –  ECLI:EU:C:2016:937 (ZfZ 2017, 13) zur Einreihung von LED-Lampen steht dieser Auslegung der Position 8541 KN nicht entgegen. Dort heißt es in der vom HZA in der mündlichen Verhandlung in Bezug genommenen Rz. 45 lediglich, “Demnach erfasst die KN-Position 8541 Leuchtdioden, die nicht mit weiteren elektronischen Komponenten zusammengefügt sind.“ Bei den Kollimatorlinsen handelt es sich gerade nicht um elektronische Komponenten, sondern um ein optisches, fest mit dem Block verbundenes Element.
40 
2. Dagegen können die Pump Modules und Pump Sources nicht mehr als Laserdioden in Position 8541 KN eingereiht werden; sie sind als Laser von Position 9013 KN erfasst. Sie enthalten über die für eine Laserdiode typischen Bauelemente hinaus weitere, nicht fest verbundene elektronische Bestandteile, die zu einer Ausweisung aus dieser Position führen.
41 
Anders als bei den Collimated Blocks kann aus der EinreihungsVO Nr. 1037/2014 kein Indiz für eine Einreihung des Pumpmoduls und der Pumpquelle in Position 8541 KN entnommen werden. Selbst wenn man die Tatsache, dass je zwölf Laserdiodenbarren auf einer Kupferkühlplatte montiert und mittels elektrischer Kontakte verbunden sind, nicht als Grund für eine Ausweisung aus Position 8541 KN ansieht, so sind die einzelnen Bauelemente bei den vorliegend zu beurteilenden Waren nur teilweise fest miteinander verbunden. Nicht nur das Gehäuse des Pumpmoduls lässt sich aufschrauben; auch die anderen Bauelemente sind  – wie sich aus der Explosionszeichnung (Anlage K 21 zum klägerischen Schriftsatz vom 13. August 2014) ergibt und wovon sich der Senat im Rahmen der mündlichen Verhandlung im Wege des Augenscheins überzeugen konnte –  teilweise lediglich verschraubt. Entscheidende Begründung des Verordnungsgebers für eine Einreihung der aus mehreren Bauelementen bestehenden Waren als Leuchtdioden war aber gerade die  – jedenfalls im wirtschaftlichen Sinne –  als untrennbar zu bezeichnende Verbindung der einzelnen Bauelemente (EinreihungsVO Nr. 1037/2014, Begründung zu Nrn. 3 und 4). Auch enthalten die Pumpmodule  – anders als die Collimated Blocks –  über die Funktion der Laserdioden im Sinne der ErlHS zu Position 8541 Rz. 45.0 (Aussendung kohärenten Lichts) hinausgehende Bauelemente wie Wärmesensoren, eine CAN-Bus-Schnittstelle, über die die Informationen z. B. der Wärmesensoren, aber auch über die Funktion der einzelnen Barren geregelt weitergeleitet werden. Zur Kühlung liegen die Halbleiter nicht nur auf Wärmesenken auf, die Laserdiodenbarren sind zusätzlich auf einer Kupferkühlplatte montiert, die der Wasserkühlung dient. Darüber hinaus verfügt das Modul über Kühl- und elektrische Anschlüsse. Damit kann das Pump Module nicht mehr als Laserdiode im Sinne der Position 8541 KN angesehen werden.
42 
Bestätigt sieht sich der Senat in seiner Entscheidung durch das bereits zitierte Urteil des EuGH vom 8. Dezember 2016 Rs. C-600/15 – Lemnis Lighting –  ECLI:EU:C:2016:937 (ZfZ 2017, 13), in dem dieser im Rahmen der von ihm in dieser Entscheidung vorzunehmenden Einreihung von LED-Lampen ausführt, die KN-Position 8541 erfasse Leuchtdioden, die nicht mit weiteren elektronischen Komponenten zusammengefügt sind. Die LED-Lampen bestünden jedoch nicht nur aus Leuchtdioden, sondern auch aus zahlreichen anderen Komponenten, die für ihre Funktion erforderlich seien, wie einem Glaskolben, einem PCB und einer Fassung (Rz. 45 der Entscheidung, a. A. offenbar FG Düsseldorf, das bei elektronischen Bauteilen, die fest mit der Laserdiode verbunden sind, lediglich unterstützende Funktion haben und die Merkmale und Eigenschaften der Laserdiode nicht verändern, eine Einreihung in Unterposition 8541 4010 KN vornimmt, Urteil vom 24. Februar 2016  4 K 1423/14 Z, juris-Datenbank).
43 
Dasselbe gilt erst recht für die Pump Source, die in einem aufschraubbaren Gehäuse mehrere Pump Modules, Schlitzspiegel, ein Zylinderspiegelteleskop und einen Lichtmischer enthält.
44 
Beide Waren (Pump Module und Pump Source) entsprechen der Beschreibung eines Lasers in Rn. 04.0 der ErlHS zur Pos. 9013, wonach Laser dieser Position aus dem Lasermedium (z.B. Kristalle, Gase, Flüssigkeiten oder chemische Erzeugnisse), der Energiequelle (Energie-Pumpsystem) und dem optischen Resonanzsystem (Spiegelsystem) bestehen. Nach den ErlHS sind diese als Grundbauelemente im Laserkopf vereinigt. Lediglich „in der Regel“ besitzen Laser darüber hinaus Zusatzvorrichtungen, z. B. ein Stromversorgungsgerät, ein Kühlgerät oder ein Steuergerät.
45 
Soweit sich die Klägerin auf verschiedene vZTA beruft, sind diese nur hinsichtlich der in ihr beurteilten Waren verbindlich. Für ähnlich Waren entfalten sie dagegen keine Bindungswirkung. Auch stellen sie kein Indiz für eine Einreihung der Pump Source und des Pump Modules in Position 8541 KN dar. Denn ihren Warenbeschreibungen zufolge handelt es sich bei den in den vZTA genannten Produkten gerade nicht um vergleichbare Waren. Sie enthalten nämlich keine von den in den eingeführten Pumpmodules und den Pumpquellen zusätzlich verbauten Elementen wie Wärmesensoren, CAN-Bus-Schnittstellen und Kupferkühlplatten, Schlitzspiegel, Zylinderspiegelteleskop und Lichtmischer. Einzig in der maltesischen vZTA 0006-08 vom 11. Juli 2008 wird eine aus einer Leuchtdiode, einem Kühler, einem Thermistor sowie einem Faserpigtail bestehende Ware in Position 8541 KN eingereiht. Ohne über weitere Informationen zu verfügen, kann der Senat diese Einreihung so allerdings nicht nachvollziehen.
46 
Die von der Klägerin zitierten Entscheidungen der US-amerikanischen Behörden und Gerichte können nur bedingt zur Auslegung herangezogen werden, da sie sich im Wesentlichen mit der Einreihung in Unterpositionen der amerikanischen Warennomenklatur befassen, die  – wie die Klägerin selbst ausführt –  teilweise von den Unterpositionen der KN abweichen. Der Senat sieht sich durch diese Entscheidungen nicht an der vorgenommenen Einreihung gehindert.
47 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 136 Abs. 1 Satz 1 und 143 Abs. 1 FGO.
48 
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 709 und 711 der Zivilprozessordnung i. V. m. § 151 Abs. 3 FGO.
49 
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung und im Hinblick auf die beim BFH anhängigen Revisionsverfahren VII R 2/15, VII R 8/16 und VII R 9/16 zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO).

Gründe

 
26 
Die zulässige Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet. Die Collimated Blocks betreffenden Einfuhrabgabenbescheide [ ___ ] vom 22. Juli 2011, [ ___ ] und [ ___ ], jeweils vom 28. Juli 2011, sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das HZA hat hinsichtlich der Collimated Blocks zu Unrecht mit den angegriffenen Bescheiden Zoll für die eingeführten Waren nacherhoben. Die anderen – Pump Sources und Pump Modules betreffenden –  Einfuhrabgabenbescheide sind dagegen rechtmäßig.
27 
Nach Art. 220 Abs. 1 Zollkodex (Verordnung [EWG] Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften - ZK -) ist der einer Zollschuld entsprechende Abgabenbetrag nachträglich buchmäßig zu erfassen, wenn er nicht nach den Art. 218 und 219 ZK oder mit einem geringeren als dem gesetzlich geschuldeten Betrag buchmäßig erfasst worden ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nur teilweise erfüllt. Die für die Pump Sources und die Pump Modules zu entrichtenden Abgabenbeträge sind bei der Abgabenfestsetzung im Rahmen der Einfuhr mit einem zu geringen Betrag buchmäßig erfasst worden. Bei den von der Klägerin eingeführten Collimated Blocks handelt es sich um Waren der Unterposition 8541 4010 KN, bei den Pump Sources und Pump Modules dagegen um solche der Unterposition 9013 2000 KN.
28 
Die tarifliche Einreihung der Waren ist auf Grundlage der KN (des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif) in den für die jeweiligen Jahre der Einfuhr (2008, 2009 und 2010) geltenden Fassungen zu beurteilen (für das Jahr 2008 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1352/2007 vom 16. November 2007, ABl. Nr. L 303/3 vom 21. November 2007, für das Jahr 2009 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1031/2008 vom 19. September 2008, ABl. (EG) Nr. L 291/1 vom 31. Oktober 2008 und für das Jahr 2010 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 948/2009 der Kommission vom 20. September 2009, ABl. (EG) Nr. L 287/1 vom 31. Oktober 2009).
29 
Nach den Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der KN (im Folgenden AV, hier AV 1) sind maßgeblich für die Einreihung der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und – soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nichts anderes bestimmt ist –  die AV. Auf der Grundlage dieser AV 1 hat der EuGH in ständiger Rechtsprechung entschieden, im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit sei das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen der KN und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (Urteile vom 19. Oktober 2000  – Peacock –, Rs. C-339/98, Slg. 2000, I-8947, Rz. 9; vom 16. September 2004  – DFDS –, Rs. C-396/02, Slg. 2004, I-8439, Rz. 27; vom 15. September 2005  – Intermodal Transports –, Rs. C-495/03, Slg. 2005, I-8151, Rz. 47; vom 8. Dezember 2005  – Possehl Erzkontor –, Rs. C-445/04, Slg. 2005,
I-10721, Rz. 19; vom 8. Juni 2006  – Sachsenmilch –, Rs. C-196/05, Slg. 2006, I-0000, Rz. 22; vom 18. Juli 2007  – Olicom –,C-142/06, Slg. 2007, I-6675, Rz. 16; vom 12. Juli 2012  – TNT Freight Management –, Rs. C-291/11, ECLI:EU:C:2012:459, Rz. 30). Zur Auslegung sind die Erläuterungen heranzuziehen, die für das HS vom Rat der Europäischen Gemeinschaften für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens sowie für die KN von der Europäischen Kommission ausgearbeitet wurden. Sie stellen ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen dar (ständige Rechtsprechung des EuGH, vergleiche EuGH-Urteile vom 7. Februar 2002 Rs. C-276/00, Slg. I-2002, 1389 Rz. 21; vom 10. Dezember 1998 Rs. C-328/97  – Glob-Sped –, Slg. I-1998, 8357, Rz. 26 und vom 12. Juli 2012  – TNT
Freight Management –, Rs. C-291/11, ECLI:EU:C:2012:459, Rz. 30).
30 
Nach diesen Grundsätzen sind die Collimated Blocks als Laserdioden in Unterposition 8541 4010 KN, die Pump Sources und Pump Modules dagegen in Unterposition 9013 2000 KN einzureihen.
31 
1. Position 9013 KN lautet, „Flüssigkristallvorrichtungen, die anderweit als Waren nicht genauer erfasst sind; Laser, ausgenommen Laserdioden; andere in diesem Kapitel anderweit weder genannte noch inbegriffene optische Instrumente, Apparate und Geräte.“
32 
Sind die eingeführten Waren somit Laserdioden im Sinne der Position 8541 KN, werden sie aus Position 9013 KN ausgewiesen. Dies ist bei den Collimated Blocks der Fall. Sie sind als Laserdioden in Position 8541 KN einzureihen.
33 
Position 8541 KN hat den Wortlaut, „Dioden, Transistoren und ähnliche Halbleiterbauelemente; lichtempfindliche Halbleiterbauelemente (einschließlich Fotoelemente, auch zu Modulen zusammengesetzt oder in Form von Tafeln); Leuchtdioden (LED); gefasste oder montierte piezoelektrische Kristalle", Unterposition 8541 4010 KN „Leuchtdioden (LED), einschließlich Laserdioden".
34 
Nach den zwar nicht verbindlichen, aber für die Auslegung als wichtiges Erkenntnismittel heranzuziehenden Erläuterungen zum HS (ErlHS) sind Laserdioden nur mit ihrer Eigenschaft, kohärentes Licht auszusenden, definiert (ErlHS Rz. 45). Dies ist hinsichtlich der Collimated Blocks der Fall. Sie bestehen lediglich aus einem Laserdiodenbarren, der auf einem als Wärmesenke dienenden Kupferblock aufgebracht ist, sowie aus zwei Kollimatorlinsen und zwei Stromanschlüssen. Ohne Wärmesenke wäre der Laseremitter wegen Überhitzung nicht funktionsfähig, und die Stromanschlüsse sind notwendiger Bestandteil einer Laserdiode. Dies wird vom HZA auch nicht bestritten. Wie der zur Unterstützung anwesende Vertreter des Bundeswissenschaftszentrum (BWZ) in der mündlichen Verhandlung erklärte, wären auch nach Auffassung der Verwaltung die Collimated Blocks als Laserdioden in Position 8541 KN einzureihen, wenn sie nicht zusätzlich die Kollimatorlinsen enthielten. Diese führen nach Auffassung des erkennenden Senates jedoch nicht zu einer anderen Tarifierung.
35 
Maßgebliche Eigenschaft der Laserdioden ist die Aussendung kohärenten Lichts (vgl. ErlHS Rz. 45). Die von den Emittern erzeugte Strahlung ist aber gerade nicht vollständig kohärent; die räumliche Kohärenz wird daher mittels der Kollimatorlinsen verstärkt, indem die Strahlen parallel ausgerichtet werden. Die beiden Linsen, die fest mit dem Collimated Block verbunden sind, sind für eine Einreihung in Position 8541 KN damit unschädlich.
36 
Zwar ist dem HZA zuzugestehen, dass allein dem Wortlaut der Position nach lediglich lichtempfindliche Halbleiterbauelemente auch in Modulen zusammengesetzt  – und nicht nur als diskrete Bauelemente –  in diese Position einzureihen sind, woraus geschlossen werden könnte, dass der Verordnungsgeber eine entsprechende Einreihung von zusammengesetzten Waren bei den anderen Warengruppen dieser Position, namentlich den Laserdioden, gerade ausschließen wollte (so im Ergebnis FG Hamburg, Urteil vom 18. Juli 2014  4 K 3/13, unter Nr. 3. Buchstabe a der Gründe, juris-Datenbank, und Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 22. Mai 2014  7 K 728/13, unter Nr. 3 der Gründe a. E., juris-Datenbank). Bei der Ergänzung des Laserdiodenbarrens um die Kollimatorlinsen handelt es sich jedoch gerade nicht um eine solche Zusammensetzung von Halbleiterbauelementen zu Modulen, sondern um die Ergänzung eines ausschließlich optischen Elements, das die für die Tarifierung maßgebliche Eigenschaft der Laseremitter, kohärentes Licht zu erzeugen, lediglich unterstützt, ohne den wesentlichen Charakter der Ware zu verändern.
37 
Für eine solche Auslegung der Position 8541 KN spricht auch die EinreihungsVO Nr. 1037/2014. Mit dieser Verordnung hat der Verordnungsgeber verschiedene Waren, u.a. ein so genanntes „LED-Paket“ (eine Halbleiterkomponente), als Leuchtdiode in Unterposition 8541 4010 KN eingereiht. Das „LED-Paket“ besteht aus vier LED-Chips, die jeweils mit einer parallel geschalteten Zener-Schutzdiode in einem Kunststoffgehäuse mit transparentem Glasfenster an der Oberseite und acht Kontaktpads an der Rückseite insoweit untrennbar miteinander verbunden sind, als einige Bestandteile zwar theoretisch entfernt und ersetzt werden können, dies aber zeitaufwendig und schwierig ist und daher unter normalen Herstellungsbedingungen unwirtschaftlich wäre (Anhang zu EinreihungsVO Nr. 1037/2014, Warenbezeichnung Nr. 3). Zur Begründung beruft sich der Verordnungsgeber auf die AV 1 und 6, auf die Anmerkung 8 (inzwischen Anmerkung 9) zu Kapitel 85 und auf den Wortlaut der KN-Codes 8541, 8541 40 und 8541 4010.
38 
Zwar gelten Einreihungsverordnungen stets nur für die begutachtete Ware, die Anlass zu der Verordnung gegeben hat (BFH-Beschluss vom 10. Februar 2014 VII R 39/12, ZfZ 2014, 132), und dürfen grundsätzlich nicht analog bei der Einreihung von Waren angewendet werden, die vor ihrem Inkrafttreten eingeführt worden sind. Sofern sie jedoch wie im Regelfall lediglich zur Klarstellung der Rechtslage zum Zweck der einheitlichen Anwendung der KN und nicht zur Änderung des bestehenden Rechts ergehen, bestehen keine Bedenken, solche Verordnungen als Indiz zur Bestätigung tariflicher Einreihungen heranzuziehen, sofern die Warenbeschreibung in ihren wesentlichen Punkten mit derjenigen der einzureihenden Ware übereinstimmt (BFH-Urteil vom 12. April 2011 VII R 20/07, BFHE 233, 561). Die EinreihungsVO Nr. 1037/2014 dient ausweislich des Erwägungsgrunds 1 der Gewährleistung der einheitlichen Anwendung der KN, deren Wortlaut hinsichtlich ihrer Position 8541 zwischen dem Zeitpunkt der ersten Einfuhren und dem Erlass der EinreihungsVO Nr. 1037/2014 nicht verändert worden ist. Die Collimated Blocks unterscheiden sich auf den ersten Blick zwar deutlich von den in der EinreihungsVO genannten Waren; die vorliegende Bezugnahme auf die Verordnung erfolgt jedoch lediglich im Hinblick darauf, dass nicht nur lichtempfindliche Halbleiterbauelemente, sondern auch LEDs in Position 8541 KN eingereiht werden können, wenn sie nicht ausschließlich aus einem Halbleiteremitter und Stromanschlüssen bestehen, sondern festverbundene weitere Elemente enthalten. Diesbezüglich handelt es sich um ähnliche Waren (LEDs und Laserdioden als spezielle Form von LEDs).
39 
Das EuGH-Urteil vom 8. Dezember 2016 Rs. C-600/15 – Lemnis Lighting –  ECLI:EU:C:2016:937 (ZfZ 2017, 13) zur Einreihung von LED-Lampen steht dieser Auslegung der Position 8541 KN nicht entgegen. Dort heißt es in der vom HZA in der mündlichen Verhandlung in Bezug genommenen Rz. 45 lediglich, “Demnach erfasst die KN-Position 8541 Leuchtdioden, die nicht mit weiteren elektronischen Komponenten zusammengefügt sind.“ Bei den Kollimatorlinsen handelt es sich gerade nicht um elektronische Komponenten, sondern um ein optisches, fest mit dem Block verbundenes Element.
40 
2. Dagegen können die Pump Modules und Pump Sources nicht mehr als Laserdioden in Position 8541 KN eingereiht werden; sie sind als Laser von Position 9013 KN erfasst. Sie enthalten über die für eine Laserdiode typischen Bauelemente hinaus weitere, nicht fest verbundene elektronische Bestandteile, die zu einer Ausweisung aus dieser Position führen.
41 
Anders als bei den Collimated Blocks kann aus der EinreihungsVO Nr. 1037/2014 kein Indiz für eine Einreihung des Pumpmoduls und der Pumpquelle in Position 8541 KN entnommen werden. Selbst wenn man die Tatsache, dass je zwölf Laserdiodenbarren auf einer Kupferkühlplatte montiert und mittels elektrischer Kontakte verbunden sind, nicht als Grund für eine Ausweisung aus Position 8541 KN ansieht, so sind die einzelnen Bauelemente bei den vorliegend zu beurteilenden Waren nur teilweise fest miteinander verbunden. Nicht nur das Gehäuse des Pumpmoduls lässt sich aufschrauben; auch die anderen Bauelemente sind  – wie sich aus der Explosionszeichnung (Anlage K 21 zum klägerischen Schriftsatz vom 13. August 2014) ergibt und wovon sich der Senat im Rahmen der mündlichen Verhandlung im Wege des Augenscheins überzeugen konnte –  teilweise lediglich verschraubt. Entscheidende Begründung des Verordnungsgebers für eine Einreihung der aus mehreren Bauelementen bestehenden Waren als Leuchtdioden war aber gerade die  – jedenfalls im wirtschaftlichen Sinne –  als untrennbar zu bezeichnende Verbindung der einzelnen Bauelemente (EinreihungsVO Nr. 1037/2014, Begründung zu Nrn. 3 und 4). Auch enthalten die Pumpmodule  – anders als die Collimated Blocks –  über die Funktion der Laserdioden im Sinne der ErlHS zu Position 8541 Rz. 45.0 (Aussendung kohärenten Lichts) hinausgehende Bauelemente wie Wärmesensoren, eine CAN-Bus-Schnittstelle, über die die Informationen z. B. der Wärmesensoren, aber auch über die Funktion der einzelnen Barren geregelt weitergeleitet werden. Zur Kühlung liegen die Halbleiter nicht nur auf Wärmesenken auf, die Laserdiodenbarren sind zusätzlich auf einer Kupferkühlplatte montiert, die der Wasserkühlung dient. Darüber hinaus verfügt das Modul über Kühl- und elektrische Anschlüsse. Damit kann das Pump Module nicht mehr als Laserdiode im Sinne der Position 8541 KN angesehen werden.
42 
Bestätigt sieht sich der Senat in seiner Entscheidung durch das bereits zitierte Urteil des EuGH vom 8. Dezember 2016 Rs. C-600/15 – Lemnis Lighting –  ECLI:EU:C:2016:937 (ZfZ 2017, 13), in dem dieser im Rahmen der von ihm in dieser Entscheidung vorzunehmenden Einreihung von LED-Lampen ausführt, die KN-Position 8541 erfasse Leuchtdioden, die nicht mit weiteren elektronischen Komponenten zusammengefügt sind. Die LED-Lampen bestünden jedoch nicht nur aus Leuchtdioden, sondern auch aus zahlreichen anderen Komponenten, die für ihre Funktion erforderlich seien, wie einem Glaskolben, einem PCB und einer Fassung (Rz. 45 der Entscheidung, a. A. offenbar FG Düsseldorf, das bei elektronischen Bauteilen, die fest mit der Laserdiode verbunden sind, lediglich unterstützende Funktion haben und die Merkmale und Eigenschaften der Laserdiode nicht verändern, eine Einreihung in Unterposition 8541 4010 KN vornimmt, Urteil vom 24. Februar 2016  4 K 1423/14 Z, juris-Datenbank).
43 
Dasselbe gilt erst recht für die Pump Source, die in einem aufschraubbaren Gehäuse mehrere Pump Modules, Schlitzspiegel, ein Zylinderspiegelteleskop und einen Lichtmischer enthält.
44 
Beide Waren (Pump Module und Pump Source) entsprechen der Beschreibung eines Lasers in Rn. 04.0 der ErlHS zur Pos. 9013, wonach Laser dieser Position aus dem Lasermedium (z.B. Kristalle, Gase, Flüssigkeiten oder chemische Erzeugnisse), der Energiequelle (Energie-Pumpsystem) und dem optischen Resonanzsystem (Spiegelsystem) bestehen. Nach den ErlHS sind diese als Grundbauelemente im Laserkopf vereinigt. Lediglich „in der Regel“ besitzen Laser darüber hinaus Zusatzvorrichtungen, z. B. ein Stromversorgungsgerät, ein Kühlgerät oder ein Steuergerät.
45 
Soweit sich die Klägerin auf verschiedene vZTA beruft, sind diese nur hinsichtlich der in ihr beurteilten Waren verbindlich. Für ähnlich Waren entfalten sie dagegen keine Bindungswirkung. Auch stellen sie kein Indiz für eine Einreihung der Pump Source und des Pump Modules in Position 8541 KN dar. Denn ihren Warenbeschreibungen zufolge handelt es sich bei den in den vZTA genannten Produkten gerade nicht um vergleichbare Waren. Sie enthalten nämlich keine von den in den eingeführten Pumpmodules und den Pumpquellen zusätzlich verbauten Elementen wie Wärmesensoren, CAN-Bus-Schnittstellen und Kupferkühlplatten, Schlitzspiegel, Zylinderspiegelteleskop und Lichtmischer. Einzig in der maltesischen vZTA 0006-08 vom 11. Juli 2008 wird eine aus einer Leuchtdiode, einem Kühler, einem Thermistor sowie einem Faserpigtail bestehende Ware in Position 8541 KN eingereiht. Ohne über weitere Informationen zu verfügen, kann der Senat diese Einreihung so allerdings nicht nachvollziehen.
46 
Die von der Klägerin zitierten Entscheidungen der US-amerikanischen Behörden und Gerichte können nur bedingt zur Auslegung herangezogen werden, da sie sich im Wesentlichen mit der Einreihung in Unterpositionen der amerikanischen Warennomenklatur befassen, die  – wie die Klägerin selbst ausführt –  teilweise von den Unterpositionen der KN abweichen. Der Senat sieht sich durch diese Entscheidungen nicht an der vorgenommenen Einreihung gehindert.
47 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 136 Abs. 1 Satz 1 und 143 Abs. 1 FGO.
48 
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 709 und 711 der Zivilprozessordnung i. V. m. § 151 Abs. 3 FGO.
49 
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung und im Hinblick auf die beim BFH anhängigen Revisionsverfahren VII R 2/15, VII R 8/16 und VII R 9/16 zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 14. März 2017 - 11 K 1438/14

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

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(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

Tatbestand

1

I. Für von der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) eingeführte Zubehörteile für Produkte der Unterhaltungselektronik der Marke B erteilte die Oberfinanzdirektion A verbindliche Zolltarifauskünfte (vZTA), die die Waren als "erkennbares Zubehör für ein (tragbares) elektronisches Gesellschaftsspiel" in die Warennummer 9504 9090 00 (vZTA vom 20. Juni 2006) bzw. als "erkennbares Zubehör für Videospiele von der mit einem Fernsehempfangsgerät verwendeten Art" in die Warennummer 9504 1000 00 (vZTA vom 20. Februar 2007) einreihten.

2

Die Warenbeschreibung in der vZTA vom 20. Juni 2006 für das Produkt "B-1" lautete: "Zubehör, ..., im Wesentlichen bestehend aus einem Gleichrichter zum Umwandeln des eingehenden Wechselstroms in eine für das Videospielgerät verwendbare Gleichstromspannung. Das Zubehör dient der externen Stromversorgung eines Spielgerätes und kann aufgrund des Anschlusses erkennbar nur für das B verwendet werden."

3

Die Warenbeschreibung in der vZTA vom 20. Februar 2007 für das Produkt "B-2" lautete:
" ... Adapter (13,5 x 5,5 x 4,5 cm), der als Gleichrichter zum Umwandeln des eingehenden Wechselstroms in eine für das Videospielgerät verwendbare Gleichstromspannung dient. Neben dem Standard-Netzstecker für die externe Stromversorgung besitzt der Adapter ein Kabel mit einem speziellen Stecker, der ausschließlich zum Anschluss an eine "B-3-Konsole" bestimmt und geeignet ist."

4

Der zwischenzeitig zuständig gewordene Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt --HZA--) widerrief mit Bescheid vom 23. Januar 2009 --u.a.-- die vZTA vom 20. Februar 2007 und mit Bescheid vom 27. April 2009 die vZTA vom 20. Juni 2006, jeweils gemäß Art. 9 Abs. 1 des Zollkodex (in der im Streitjahr gültigen Fassung --ZK--). Zur Begründung führte er aus, die in der verbindlichen Zolltarifauskunft vertretene Tarifauffassung könne im Hinblick auf die Verordnung (EG) Nr. 1142/2008 (VO Nr. 1142/2008) der Kommission vom 13. November 2008 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 308/11) nicht mehr aufrechterhalten werden.

5

Die mit der VO Nr. 1142/2008 in die Pos. 8544 KN eingereihte Ware ist im Anhang der Verordnung bezeichnet:
"Kabel, mit einer Länge von etwa 250 cm, ausschließlich mit einem Videospielgerät der Position 9504 verwendet.
Das Kabel ist an einem Ende mit einem spezifischen Anschluss für das Videospielgerät und am anderen Ende mit fünf Anschlussstücken zur Verbindung mit einem Monitor oder einem Fernsehgerät ausgestattet.
Die Daten können über das Kabel vom Videospielgerät an den Monitor oder das Fernsehgerät übertragen und je nach Inhalt auf dem Bildschirm als Videospiel, Video oder Foto angezeigt oder als Ton wiedergegeben werden."

6

Der Begründungstext zu Einreihung dieser Ware lautet:
"Einreihung gemäß den Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur sowie dem Wortlaut der KN-Codes 8544, 8544 42 und 8544 42 90.
Die Einreihung in die Position 9504 als Zubehör eines Videospielgeräts ist ausgeschlossen, da die Position 8544 die genauere Warenbeschreibung enthält, die sich auf Kabel und andere elektrische Leiter bezieht.
Daher ist die Ware in KN-Code 8544 42 90 als elektrischer Leiter mit Anschlussstücken einzureihen."

7

Die gegen die Widerrufsbescheide eingelegten Einsprüche begründete die Klägerin zunächst damit, die Kabel und Adapter seien mit ausschließlich mit den jeweiligen B-Produkten kompatiblen Anschlüssen ausgestattet. Gegen die Anwendung der Einreihungsverordnung trug sie vor, eine solche gelte stets nur für die begutachtete Ware, die Anlass zu der Verordnung gegeben habe. Darüber hinaus habe die Verordnung nur für identische Waren Normcharakter und nur ausnahmsweise komme eine entsprechende Anwendung für fast identische Waren in Betracht. Die objektiven Merkmale und Eigenschaften der von den vZTA erfassten Waren seien aber gänzlich anders.

8

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das Finanzgericht (FG) der Klage statt. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das FG aus, nach den Einreihungskriterien, insbesondere unter Beachtung der Anmerkung 1 Buchst. m zu Kap. 95 der Kombinierten Nomenklatur --KN-- (Spielzeuge, Spiele, Unterhaltungsartikel und Sportgeräte; Teile davon und Zubehör) sowie der Anmerkung 3 zu Kap. 95 KN würden die strittigen Produkte von der Pos. 9504 KN erfasst.

9

Eine Einreihung in die Pos. 8544 KN sei nach Maßgabe der AV 1 wegen Anmerkung 1 Buchst. p zu Abschnitt XVI ausgeschlossen.

10

Die VO Nr. 1142/2008 sei nicht einschlägig. Das dort im Anhang beschriebene Kabel sei nicht mit dem B-2 identisch. Das in der Verordnung beschriebene Kabel mit Anschlussstücken zur Verbindung mit einem Monitor oder Fernsehgerät diene zur Übertragung von Daten vom Videospielgerät an den Monitor oder das Fernsehgerät zwecks Anzeige oder Wiedergabe der Daten als Bild oder Ton, während der B-2 mit einem Transformator und einem Stromgleichrichter und einem Anschlussstück für eine Steckdose --ausschließlich-- dem Anschluss des Videospielgeräts an eine externe Stromquelle zwecks Versorgung des Videospielgeräts mit einer für das Videospielgerät geeigneten Stromspannung diene. Entsprechendes gelte für den B-1, einem Zubehörteil für ein Videospielgerät mit Transformator und Stromgleichrichter (mit dem einzigen Unterschied, dass als zutreffende Unterpositionsnummer vorliegend wegen der Art des zugehörigen Videospiels nicht die Unterpos. 9504 10 00 KN, sondern die Unterpos. 9504 90 90 KN --Gesellschaftsspiele, andere, andere - erkennbares Zubehör für ein tragbares elektronisches Gesellschaftsspiel-- zu bestimmen sei).

11

Die gänzlich andersartige Zusammensetzung und Funktionsweise des in der VO Nr. 1142/2008 beschriebenen Kabels und des streitigen Adapters schließe es auch aus, die VO Nr. 1142/2008 als Argumentationshilfe heranzuziehen. Daran ändere auch die der Einreihungsverordnung beigegebene Begründung nichts, wonach die Einreihung des Kabels in die Pos. 9504 KN als Zubehör eines Videospielgeräts ausgeschlossen sei, weil die Pos. 8544 KN für Kabel die genauere Warenbeschreibung enthalte. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH), wonach auch die Begründung einer Einreihungsverordnung zur Bestimmung ihres Anwendungsbereichs zu berücksichtigen ist (EuGH-Urteile vom 13. Juli 2006 C-14/05; vom 4. März 2004 C-130/02; vom 17. Mai 2001 C-119/99, und vom 9. Oktober 1997 C-67/95), sei nicht einschlägig, da die vom EuGH jeweils zu beurteilende Begründung --anders als die Begründung der VO Nr. 1142/2008-- verallgemeinerungsfähige Rückschlüsse auf die Eigenschaften der von der Einreihungsverordnung erfassten Ware erlaubten. Entscheidend gegen die Heranziehung der VO Nr. 1142/2008 sei aber, dass eine Einreihung in die Pos. 8544 KN nach dem Wortlaut der Anmerkung 1 Buchst. p zu Abschnitt XVI KN ausgeschlossen sei.

12

Mit seiner Revision verteidigt das HZA seine Rechtsauffassung, die Adapter seien aufgrund der VO Nr. 1142/2008 in die Pos. 8544 KN einzureihen. Bezugnehmend auf die Einleitung der Einreihungsbegründung in der Verordnung ("Einreihung gemäß den Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur sowie dem Wortlaut der KN-Codes 8544, 8544 42 und 8544 42 90") meint es, die Begründung für den Ausschluss aus Pos. 9504 KN als Zubehör eines Videospielgeräts ("da die Position 8544 die genauere Warenbeschreibung enthält, die sich auf Kabel und andere elektrische Leiter bezieht") zeige, dass die Kommission die Pos. 9504 KN nicht einmal in Erwägung gezogen habe. Unabhängig von der spezifischen Beschaffenheit des Kabels bleibe die Ware nach Ansicht der Kommission ein elektrisches Kabel der Pos. 8544 KN. Sie habe deshalb auch nicht auf die Anmerkung 1 Buchst. p zu Abschnitt XVI KN, nach der Waren des Kapitels 95 aus Abschnitt XVI ausgeschlossen werden, einzugehen brauchen.

13

Bei konsequenter Fortführung der Nutzung dieser Einreihungsbegründung seien auch andere Waren, die gemäß den AV 1 und 6 für die Auslegung der KN eingereiht werden, sich als Zubehör eines Videospielgeräts darstellten und in einer anderen Position genauer erfasst würden, von der Pos. 9504 KN ausgeschlossen. Die Begründung der VO Nr. 1142/2008 könne auf eine Vielzahl von Waren übertragen werden, die aufgrund spezifischer Anschlüsse erkennbar Zubehör für Videospielkonsolen seien, jedoch im Abschnitt XVI KN genauer benannt werden, wie z.B. Headsets/ Kopfhörer (Pos. 8518 KN), Stromrichter (Pos. 8504 KN), Akkumulatoren (Pos. 8507 KN).

14

Zur Stützung seiner Einreihungsauffassung verweist das HZA auf weitere vZTA, in welchen in Anlehnung an die VO Nr. 1142/2008 und deren Begründung spezielle Waren für Videospielkonsolen innerhalb der EU in die entsprechend genauere Position des Abschnitts XVI KN eingereiht worden seien und auf die Stellungnahme des Ausschusses für den Zollkodex, Fachbereich Zolltarifliche und Statistische Nomenklatur, in welchen sich auch die Einreihungsauffassung der EU-Mitgliedstaaten, die diese Stellungnahme abgegeben haben, widerspiegele. Zubehör für Videospielkonsolen werde danach in die Position eingereiht, die die genauere Warenbeschreibung enthalte.

15

Das HZA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

16

Die Klägerin unterstützt und vertieft die Rechtsauffassung des FG und beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

17

II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

18

Die Vorentscheidung entspricht Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das FG hat zutreffend erkannt, dass die von der Klägerin eingeführten Kabel in die Pos. 9504 KN und nicht in die Pos. 8544 KN einzureihen sind, und hat dementsprechend die Widerrufsentscheidungen des HZA zu Recht aufgehoben.

19

Gemäß Art. 9 Abs. 1 ZK wird eine begünstigende Entscheidung widerrufen, wenn in anderen als in den in Art. 8 ZK bezeichneten Fällen eine oder mehrere Voraussetzungen für ihren Erlass nicht erfüllt waren oder nicht mehr erfüllt sind. Die vZTA, ein Unterfall der verbindlichen Auskunft i.S. des Art. 12 ZK, erfüllt die Begriffsmerkmale einer Entscheidung i.S. des Art. 4 Nr. 5 ZK. Ihre begünstigende Wirkung für den Berechtigten ergibt sich aus der Bindung der Zollbehörden aller Mitgliedstaaten der Union hinsichtlich der zolltariflichen Einreihung (Art. 12 Abs. 2 Unterabs. 1 ZK). Erweist sich eine vZTA nach ihrer Erteilung als fehlerhaft, ohne dass eine Rücknahme nach Art. 8 ZK in Betracht kommt, ist die erteilende Zollbehörde verpflichtet, sie zu widerrufen, auch wenn der Antragsteller für die Unrichtigkeit der Tarifierung keine Ursache gesetzt hat (vgl. Senatsbeschluss vom 6. März 2013 VII R 26/11, BFHE 240, 465).

20

Die Widerrufsvoraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Bei den Waren des Streitfalls handelt es sich jeweils um Zubehör zu einem Gesellschaftsspiel der Pos. 9504 KN, welches ausschließlich einem bestimmten Videospielgerät dient.

21

Die Zugehörigkeit des Zubehörs eines Videospielgeräts zu diesem Kap. 95 KN ergibt sich in Anwendung der AV 1. Danach sind der Wortlaut der Positionen und die Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln entscheidend für die Einreihung von Waren (vgl. dazu ständige Rechtsprechung des EuGH, Urteil vom 7. Februar 2002 C-276/00, Slg. 2002, I-1389, Rz 21, und des erkennenden Senats z.B. Senatsbeschluss in BFHE 240, 465; Senatsurteil vom 28. März 2006 VII R 50/04, BFHE 213, 169, m.w.N., Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2006, 293). Nach der Anmerkung 3 zu Kap. 95 KN werden Teile und Zubehör, erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für Waren dieses Kapitels bestimmt, wie diese Waren eingereiht.

22

Unstreitig und zweifelsfrei handelt es sich bei den Adaptern des Streitfalls um Zubehör im Sinne dieser Anmerkung. Unter Zubehör sind nach der auf Spielgeräte der vorliegenden Art übertragbaren Definition in den Erläuterungen zum Harmonisierten System zu Pos. 8473 KN Rz 03.0 entweder auswechselbare Ausrüstungsgegenstände, welche die Maschinen oder Apparate, an denen sie angebracht werden, für die Ausführung einer bestimmten Arbeit geeignet machen, zu verstehen oder Vorrichtungen, die ihre Verwendungsmöglichkeiten erweitern oder mit deren Hilfe eine im Zusammenhang mit der Hauptfunktion der Maschinen oder Apparate stehende Sonderarbeit ausgeführt werden kann (EuGH-Urteil vom 20. Mai 2010 C-370/08, Slg. 2010, I-4401). Es liegt auf der Hand, dass Adapter, die der --für das Funktionieren unabdingbaren-- Versorgung des Spielgeräts mit Strom dienen, dieser Definition genügen. Unstreitig ist darüber hinaus, dass die Adapter ausschließlich zum Anschluss an eine "B-3-Konsole" bzw. an das "B" bestimmt und geeignet sind.

23

Allerdings käme nach dem Wortlaut der Pos. 8544 KN (Isolierte ... Drähte, Kabel ... und andere isolierte elektrische Leiter, auch mit Anschlussstücken; ...) auch eine Einreihung in diese Position in Betracht. Dem steht aber --auch insoweit ist dem FG zuzustimmen – Anmerkung 1 Buchst. p zu Abschnitt XVI KN (Maschinen, Apparate, Mechanische Geräte und elektronische Waren, Teile davon; Tonaufnahme- oder Tonwiedergabegeräte, Fernseh-Bild-und-Tonaufzeichnungsgeräte oder Fernseh-Bild-und-Tonwiedergabegeräte, Teile und Zubehör für diese Geräte) entgegen. Danach gehören Waren des Kap. 95 KN nicht zu Abschnitt XVI KN.

24

Anders als das HZA meint, folgt aus der Einreihungsverordnung VO Nr. 1142/2008 an der Zuordnung zu Pos. 9504 KN nichts anderes.

25

Nach ständiger Senatsrechtsprechung gelten Einreihungsverordnungen stets nur für die begutachtete Ware, die Anlass zu der Verordnung gegeben hat. Das im Anhang zur VO Nr. 1142/2008 beschriebene Kabel ist nach den Feststellungen des FG nicht mit den Adaptern des Streitfalls identisch. Dieses Kabel ist an einem Ende mit fünf Anschlussstücken zur Verbindung mit einem Monitor oder Fernsehgerät und am anderen Ende mit einem Anschluss für das Videospielgerät ausgestattet und dient der Übertragung von Daten vom Videogerät an den Monitor oder das Fernsehgerät. Demgegenüber handelt es sich bei den streitigen Waren um --wie das HZA selbst formuliert-- Steckernetzteile mit einem Schukostecker am einen und einem gerätespezifischen Anschlussstecker für eine bestimmte Videokonsole am anderen Ende, die der Stromversorgung von Videospielgeräten dienen und dabei den Wechselstrom in eine für das Videospiel verwendbare Gleichstromspannung umwandeln. Diese gänzlich andersartige Zusammensetzung schließt es aus, die VO Nr. 1142/2008 als Argumentationshilfe heranzuziehen, weil es sich noch nicht einmal um eine den in Rede stehenden Adaptern ähnliche Ware handelt (vgl. Senatsurteil vom 30. Juli 2003 VII R 40/01, BFH/NV 2004, 835, ZfZ 2004, 126, mit Nachweisen zur EuGH-Rechtsprechung).

26

Deshalb gehen die Erwägungen des HZA fehl, aus der Begründung für die Einreihung der in der VO Nr. 1142/2008 beschriebenen Kabel ergebe sich eine rechtsverbindliche generelle Ausweisung von für Spielgeräte des Kap. 95 KN vorgesehene Kabel. Ist eine Ware (hier Netzkabel) in unmittelbarer Anwendung der AV 1 einer bestimmten Codenummer zuzuordnen, kann einer --vermeintlich-- "allgemeinen" anderen Zuordnung der "übergeordneten" Warengruppe ("Kabel") in der Begründung der Einreihung einer spezifisch anderen Ware dieser Gruppe (hier Übertragungskabel) keine Bedeutung zukommen.

27

Die vom HZA zur Unterstützung seiner Rechtsauffassung zitierten EuGH-Entscheidungen (EuGH-Urteil in Slg. 2004, I-2123; vom 13. Juli 2006 C-14/05, Slg. 2006, I-6763) lassen keine andere Beurteilung zu. Abgesehen davon, dass es in jenen Fällen um die Anwendung einer Einreihungsverordnung auf nach deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften nahezu gleiche Waren ging, hatte der EuGH es nicht mit einer ausdrücklichen Ausweisung der Ware aus dem laut Einreihungsverordnung für die Ware zutreffenden Kapitel der KN zu tun.

28

Die vom HZA ebenfalls herangezogene Stellungnahme des Ausschusses für den Zollkodex, Fachbereich Zolltarifliche und Statistische Nomenklatur, kann an der dargestellten Rechtslage ebenso wenig etwas ändern wie die zu Vergleichszwecken zitierten anderen vZTA. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des FG.

29

Die Bedeutung der Begründung zur VO Nr. 1142/2008 erschöpft sich in der Einreihung der dort konkret bezeichneten Kabel. Ob die Kommission zum Erlass dieser Einreihungsverordnung angesichts der Ausweisung ausschließlich bestimmten Spielgeräten dienender Kabel aus Kap. 85 KN berechtigt war (vgl. dazu EuGH-Urteil in Slg. 2004, I-2123, m.w.N.), ist --wie das FG zu Recht erkannt hat-- im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) führte im Januar 2003 eine Sendung "Drosselspulen mit einer Induktivität von nicht mehr als 62 mH" unter Angabe des Taric-Codes 8504 50 80 300 und unter Inanspruchnahme der für Waren dieser Art bestehenden Zollaussetzung (Verordnung (EG) Nr. 1255/96 des Rates vom 27. Juni 1996 zur zeitweiligen Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für bestimmte gewerbliche und landwirtschaftliche Waren sowie Fischereierzeugnisse, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 158/1, in der seinerzeit geltenden Fassung) in das Zollgebiet der Gemeinschaft ein. Die Warensendung wurde wie angemeldet zum freien Verkehr abgefertigt.

2

Bei der Ware handelt es sich um einen auf einer Kunststoffplatte befestigten ringförmigen Spulenkern aus Metall, der mit zwei voneinander getrennten Wicklungen aus Kupferdraht mit jeweils der gleichen Anzahl von Windungen versehen ist, deren Enden zu Anschlussstiften an der Unterseite der Kunststoffplatte führen, so dass sich insgesamt vier Anschlüsse ergeben.

3

Die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt (ZPLA) kam aufgrund der Untersuchung einer der Sendung entnommenen Probe zu dem Ergebnis, dass die Ware in die Unterpos. 8548 90 90 der Kombinierten Nomenklatur (KN) in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABlEG Nr. L 256/1) in der Fassung des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 1832/2002 der Kommission vom 1. August 2002 (ABlEG Nr. L  290/1) einzureihen sei, woraufhin der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--) den auf die Warensendung entfallenden Zoll nach einem Zollsatz von 2,7 % nacherhob. Im anschließenden Einspruchsverfahren änderte die ZPLA ihre Tarifauffassung, indem sie die Ware als einen elektrischen Transformator ansah und in die Unterpos. 8504 32 90 KN einreihte. Das HZA wies daraufhin --nach Ankündigung einer entsprechenden Verböserung-- den Einspruch der Klägerin mit der Maßgabe zurück, dass der Zoll nach einem Zollsatz von 3,7 % nachzuerheben sei.

4

Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen erhobene Klage aus den in der Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern (ZfZ) 2008, Beilage 2, 21 veröffentlichten Gründen ab.

5

Mit ihrer Revision macht die Klägerin unter Beifügung eines Kurzgutachtens eines Ingenieurs, dessen Ausführungen sie sich in vollem Umfang zu eigen macht, geltend, dass die Auffassung des FG, dass Drosselspulen und andere Selbstinduktionsspulen aus einer einzigen stromleitenden Wicklung bestünden, unzutreffend sei. Anders als das FG meine, stehe es der Einordnung der streitigen sog. stromkompensierten Drosseln als Drosselspulen auch nicht entgegen, dass durch sie lediglich asymmetrische Ströme gedrosselt würden. Als Transformatoren könnten stromkompensierte Drosseln nicht angesehen werden, weil Transformatoren zwei oder mehr Spulen besäßen, deren Wicklungen verschiedenartig angeordnet seien und die Wechselstrom in einem festgelegten oder regelbaren Verhältnis in Wechselstrom anderer Stärke oder Spannung umwandelten, was hinsichtlich der streitigen Ware nicht zutreffe.

6

Das HZA trägt vor, dass eine Drosselspule bzw. Selbstinduktionsspule zwar auch mehrere Wicklungen aufweisen könne, die aber --wie auch in dem von der Klägerin vorgelegten Kurzgutachten ausgeführt-- in Reihe geschaltet seien; dies sei bei den streitigen Waren nicht der Fall. Nach den Erläuterungen zum Harmonisierten System (ErlHS) zur Pos. 8504 würden von dieser Position alle Transformatoren erfasst, unabhängig davon, ob sie verschiedenartige oder gleichartige Wicklungen aufwiesen. Dies sei technikkonform, da es verschiedene Anwendungen gebe, bei denen ein Übersetzungsverhältnis von 1:1 verwendet werde.

7

Die Klägerin hat im Revisionsverfahren in anderen Mitgliedstaaten der Union erteilte verbindliche Zolltarifauskünfte vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass der streitigen Ware vergleichbare Waren in der Union bisher unterschiedlich zolltariflich eingereiht wurden. Die deutsche Zollverwaltung hat die uneinheitlich beantwortete Tariffrage deshalb über das Bundesministerium der Finanzen der Kommission vorgelegt, damit diese Maßnahmen zur Gewährleistung einer unionseinheitlichen Anwendung des Zolltarifs treffe. Daraufhin hat der beschließende Senat das Ruhen des vorliegenden Revisionsverfahrens bis zum Abschluss des zolltariflichen Klärungsverfahrens angeordnet.

8

Jenes Verfahren wurde durch die am 14. Dezember 2010 in Kraft getretene Verordnung (EU) Nr. 1076/2010 (VO Nr. 1076/2010) der Kommission vom 22. November 2010 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 308/3) abgeschlossen, mit der Waren, deren in der Verordnung beschriebene Beschaffenheitsmerkmale denen der im vorliegenden Fall streitigen Ware entsprechen, in die Unterpos. 8504 50 95 KN (entspricht der Unterpos. 8504 50 80 KN im Streitjahr 2003) eingereiht worden sind.

9

Die Klägerin sieht ihre Tarifauffassung durch die VO Nr. 1076/2010 bestätigt.

10

Das HZA verweist darauf, dass die VO Nr. 1076/2010 keine Rückwirkung entfalte und für den Streitfall daher nicht verbindlich sei.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung sowie des angefochtenen Einfuhrabgabenbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Dieser Verwaltungsakt ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO), denn der für die Einfuhrwaren geschuldete Abgabenbetrag ist bei der Einfuhr in zutreffender Weise buchmäßig erfasst worden. Die eingeführten Waren sind zu Recht als Drosselspulen mit einer Induktivität von nicht mehr als 62 mH des Taric-Codes 8504 50 80 300 angemeldet und abgefertigt worden. Für Waren dieser Art waren die Zölle seinerzeit ausgesetzt.

12

1. Der Senat folgt nicht der Ansicht des FG, dass eine Ware der vorliegenden Art als Transformator entweder in die Unterpos. 8504 31 90 KN oder die Unterpos. 8504 32 90 KN einzureihen sei, sondern schließt sich der mit der VO Nr. 1076/2010 vertretenen Tarifauffassung der Kommission an, wonach eine Ware der im Anhang der VO Nr. 1076/2010 beschriebenen Art, welche --was zwischen den Beteiligten nicht im Streit ist-- der Einfuhrware des Streitfalls entspricht, als andere Drossel- bzw. Selbstinduktionsspule in die Pos. 8504 50 80 KN (in der damaligen Fassung, jetzt Pos. 8504 50 95 KN) einzureihen ist.

13

Einreihungsverordnungen der Kommission dürfen zwar grundsätzlich nicht analog bei der Einreihung von Waren angewendet werden, die vor ihrem Inkrafttreten eingeführt worden sind. Sofern sie jedoch wie im Regelfall lediglich zur Klarstellung der Rechtslage zum Zweck der einheitlichen Anwendung der KN und nicht zur Änderung des bestehenden Rechts ergehen, bestehen keine Bedenken, solche Verordnungen als Indiz zur Bestätigung tariflicher Einreihungen heranzuziehen, sofern die Warenbeschreibung --wie im Streitfall-- in ihren wesentlichen Punkten mit derjenigen der einzureihenden Ware übereinstimmt (vgl. Senatsurteil vom 11. März 2004 VII R 20/01, BFH/NV 2004, 1305, m.w.N.). Die Einreihungs-VO Nr. 1076/2010 steht im Einklang mit dem Wortlaut der Positionen und Unterpositionen des Gemeinsamen Zolltarifs und verändert diesen nicht.

14

Wie das FG zutreffend erkannt hat, lassen sich dem Wortlaut der Pos. 8504 KN und ihrer Unterpositionen sowie den Anmerkungen zum Abschnitt XVI oder zu Kap. 85 KN keine Anhaltspunkte für die Abgrenzung elektrischer Transformatoren von Drossel- und anderen Selbstinduktionsspulen entnehmen. Die vom FG als weiteres Erkenntnismittel herangezogenen ErlHS sind zwar keine verbindlichen Rechtsnormen, tragen aber erheblich zur Auslegung der einzelnen Tarifpositionen bei, (vgl. Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 12. Januar 2006 C-311/04 --Algemene Scheeps Agentuur Dordrecht--, Slg. 2006, I-609, ZfZ 2006, 89; vom 5. Juni 2008 C-312/07 --JVC France--, Slg. 2008, I-4165).

15

Nach den ErlHS zur Pos. 8504 Rz 02.0, auf die auch die Kommission ihre Einreihungsverordnung Nr. 1076/2010 gestützt hat, sind Transformatoren Geräte, die mit Hilfe verschiedenartiger Wicklungen um einen Eisenkern Wechselstrom durch Induktion in einem festgelegten oder regelbaren Verhältnis in Wechselstrom anderer Stärke oder Spannung umwandeln. Diese Voraussetzungen, die sich zum Teil bereits aus der Übersetzung des Wortes "transformieren" ergeben, erfüllt die im Streitfall zu tarifierende Ware nicht. Ihre beiden auf dem Spulenkern vorhandenen Wicklungen sind nicht verschiedenartig, sondern von gleicher Anzahl. Selbst wenn man also eine solche Spule derart in einen Stromkreislauf einschaltete, dass zwei voneinander getrennte Stromkreise entstehen und der Strom durch Induktion vom Primärstromkreis der einen Wicklung auf den Sekundärstromkreis der anderen Wicklung übertragen wird, entstünde eine 1:1-Übertragung und keine Umwandlung in einen Strom anderer Stärke oder Spannung. Nach den ErlHS zur Pos. 8504 in Rz 04.0 (jetzt: Rz 04.1) gehören zur Pos. 8504 zwar Transformatoren aller Art ohne Rücksicht auf ihre Bauart und ihren Verwendungszweck; jedoch fußt diese ErlHS auf der vorgenannten Definition des Transformators in der ErlHS zur Pos. 8504 Rz 02.0. Es mag zwar --wie das HZA geltend macht-- für bestimmte Anwendungen als "1:1-Transformatoren" bezeichnete Spulen mit zwei gleichartigen Wicklungen geben, jedoch handelt es sich hierbei nicht um Transformatoren im zolltariflichen Sinn.

16

Da sich den Vorschriften des Zolltarifs --wie ausgeführt-- keine Anhaltspunkte entnehmen lassen, durch welche Beschaffenheitsmerkmale sich Transformatoren von stromkompensierten Drosselspulen unterscheiden lassen, bestehen keine Bedenken, die ErlHS zu diesem Zweck heranzuziehen. Die auf die genannten ErlHS gestützte Auslegung der Tarifpositionen ist tarifrechtlich zulässig, weil der Inhalt der ErlHS mit den Bestimmungen der KN in Einklang steht und deren Bedeutung nicht verändert (vgl. EuGH-Urteil vom 18. Juli 2007 C-142/06 --Olicom--, Slg. 2007, I-6675, ZfZ 2007, 268, Rz 31).

17

2. Eine Einreihung in die Unterpos. 8504 31 KN oder die Unterpos. 8504 32 KN ließe sich im Streitfall auch dann nicht rechtfertigen, wenn man die erwähnten "1:1-Transformatoren" mit zwei gleichartigen Wicklungen als Transformatoren im zolltariflichen Sinn ansähe und davon ausginge, dass das für einen Transformator charakteristische Merkmal allein das Vorhandensein zwei oder mehr galvanisch getrennter, d.h. nicht durch eine elektrisch leitfähige Verbindung, sondern allein induktiv miteinander verbundener, auf magnetisch leitfähigem Material angebrachter Spulen ist, so dass bei Einschaltung in einen Stromkreis eine der Spulen den sog. Primärstromkreis bildet, der im Wege der Induktion elektrische Energie auf den sog. Sekundärstromkreis bzw. die Sekundärstromkreise überträgt.

18

Drosselspulen oder Selbstinduktionsspulen haben demgegenüber --wie sich aus der ErlHS zur Pos. 8504 Rz 37.0 ergibt-- nur eine stromleitende Wicklung, was --worüber zwischen den Beteiligten Einigkeit besteht-- im Sinne von "nur einen Stromkreis bildend" zu verstehen ist, weil Drosselspulen oder Selbstinduktionsspulen zwar durchaus mehrere (Teil-) Wicklungen aufweisen können, die aber --wie sich aus dem auf das vorgelegte Kurzgutachten gestützten Vorbringen der Revision sowie dem Vortrag des HZA ergibt-- ausnahmslos in Reihe geschaltet sind, so dass durch diese Wicklungen nur ein Strom fließt und sie deshalb auch nur wie eine Wicklung wirken.

19

Dass die streitige Ware lediglich eines dieser vorgenannten Merkmale aufweist --entweder dasjenige eines "1:1-Transformators" oder dasjenige einer Drossel- oder Selbstinduktionsspule--, lässt sich allerdings nicht feststellen, weil in dem Zustand, in dem die Ware eingeführt wurde, die insgesamt vier Anschlüsse der beiden Wicklungen auf dem Spulenkern nicht beschaltet waren. Welche Funktion eine Ware der vorliegenden Art ausführt, ergibt sich daher erst aus der Art und Weise ihrer elektrischen Beschaltung und Verwendung in einem bestimmten Gerät. Werden die Anschlüsse so beschaltet, dass die beiden Wicklungen zu voneinander getrennten Stromkreisen gehören, der Strom von der einen auf die andere Wicklung somit durch Induktion übertragen wird, handelt es sich um einen "1:1-Transformator". Liegt dagegen eine Beschaltung vor, die dazu führt, dass sich beide Wicklungen in einem Stromkreis befinden und durch sie nur ein Strom fließt, handelt es sich um eine Drosselspule.

20

Bei dieser Betrachtungsweise hätte die streitige Ware sowohl die objektiven Beschaffenheitsmerkmale eines Transformators als auch einer Drosselspule und ließe sich daher gleichermaßen in die Unterpos. 8504 31 KN (bzw. bei größerer Leistung die Unterpos. 8504 32 KN) als auch in die Unterpos. 8504 50 KN einreihen. In einem solchen Fall ist eine Ware gemäß der Allgemeinen Vorschrift für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur (AV) 6 Satz 1 i.V.m. AV 3 Buchst. c (die AV 3 Buchst. a und b scheiden aus) der in der KN zuletzt genannten Unterposition zuzuweisen.

21

3. Dass die streitige Ware als Drosselspule der Unterpos. 8504 50 80 KN die übrigen Voraussetzungen für eine Zollaussetzung des Taric-Codes 8504 50 80 300 erfüllt, ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit.

Tenor

Der Einfuhrabgabenbescheid vom 22. Mai 2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. März 2014 wird aufgehoben.

Die Einfuhrabgabenbescheide vom 4. und 23. Mai 2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. März 2014 werden aufgehoben.

Der Einfuhrabgabenbescheid vom 4. Mai 2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. März 2014 wird aufgehoben, soweit Zoll festgesetzt worden ist.

Der Einfuhrabgabenbescheid vom 16. Mai 2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. März 2014 wird aufgehoben, soweit Zoll festgesetzt worden ist.

Der Einfuhrabgabenbescheid vom 19. November 2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. März 2014 wird aufgehoben.

Der Einfuhrabgabenbescheid vom 3. Dezember 2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. März 2014 wird aufgehoben.

Der Einfuhrabgabenbescheid vom 4. März 2014 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. März 2014 wird aufgehoben, soweit Zoll festgesetzt worden ist.

Der Einfuhrabgabenbescheid vom 12. März 2014 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. März 2014 wird aufgehoben, soweit Zoll festgesetzt worden ist.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.


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(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Tenor

Auf die Revision des Hauptzollamts wird das Urteil des Finanzgerichts München vom 04.12.2014  14 K 2827/11 aufgehoben, soweit das Hauptzollamt verpflichtet wurde, die Einfuhrabgabenbescheide unter Einreihung der Waren gemäß Nrn. 73 bis 75, 14 und 117 der Warenaufstellung in die Unterpos. 8541 40 10 der Kombinierten Nomenklatur zu ändern.

Die Sache wird insoweit an das Finanzgericht München zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) führte in den Jahren 2007 bis 2009 verschiedene Leuchtdiodenmodelle in das Zollgebiet der Union ein. Sie meldete die Waren bei der Abfertigung zum freien Verkehr überwiegend als "Leuchtdioden" mit der Codenr. 8541 40 10 00 0 der Kombinierten Nomenklatur (KN) an (Zollsatz frei).

2

Im Rahmen einer Außenprüfung kam der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt --HZA--) zu dem Ergebnis, die eingeführten Waren seien als "Beleuchtungskörper" in die Pos. 9405 KN einzureihen. Lediglich für Leuchtdioden als einzelne Bauelemente sei die Unterpos. 8541 40 10 KN zutreffend. Das HZA erhob Zoll und Einfuhrumsatzsteuer nach. Die Nacherhebung betraf u.a. die hier noch streitgegenständlichen Waren mit den Nrn. 14, 73 bis 75 und 117 aus der Warenaufstellung, die Grundlage des finanzgerichtlichen Verfahrens war.

3

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte (u.a.) hinsichtlich der im Revisionsverfahren noch streitgegenständlichen Waren Erfolg.

4

Das Finanzgericht (FG) stellte fest, das Modell mit der Nr. 73 verfüge über zwei Chips mit lichtemittierenden Dioden (LED), sog. LED-Chips, in jeweils einem Kunststoffgehäuse, montiert auf einer Metallkernplatine (gedruckte Schaltung). Die verschiedenen Bestandteile seien praktisch nicht voneinander trennbar. Das Modell der Nr. 73 sei vergleichbar mit den Modellen der Nrn. 74 und 75.

5

Die Modelle der Nrn. 14 und 117 verfügten über sieben Aluminiumringe, montiert auf einer Aluminiumplatte, in denen LED in Chipform enthalten seien. Es bestehe eine untrennbare Einheit mit der Aluminiumplatte. Die LED verfügten über Schutzdioden und Linsen.

6

Das FG urteilte, die Waren mit den Nrn. 14, 73 bis 75 und 117 der Warenaufstellung seien unter Berücksichtigung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1037/2014 (VO Nr. 1037/2014) der Kommission vom 25. September 2014 zur Einreihung bestimmter Waren in die Kombinierte Nomenklatur (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 287/9) in die Unterpos. 8541 40 10 KN einzureihen.

7

Der VO Nr. 1037/2014 komme eine Indizwirkung zu. Die Einreihungsverordnung weise Waren der Unterpos. 8541 40 10 KN zu, die über mehrere miteinander verschaltete LED-Chips verfügten oder bei denen die LED mit weiteren Bauelementen wie Zener-Dioden, Kühlkörpern oder Gehäusen verbunden seien. Sie stelle entscheidend auf die insbesondere aus wirtschaftlicher Sicht praktisch untrennbare Verbindung der verschiedenen Bauteile ab. Auch seien nach der Verordnung einzelne Bestandteile wie Schutzdioden und Kühlkörper in zolltariflicher Hinsicht nicht ausschlaggebend, wenn diese die Merkmale und Eigenschaften der jeweiligen Ware als Leuchtdiode der Pos. 8541 KN grundsätzlich nicht veränderten.

8

Die streitgegenständlichen Waren seien durch die praktisch untrennbare Verbindung der verschiedenen Bestandteile gekennzeichnet. Zudem veränderten bei den Waren mit den Nrn. 14 und 117 die vorhandenen Schutzdioden nicht die Merkmale und Eigenschaften der Leuchtdioden; sie stünden somit einer Einreihung in Pos. 8541 KN nicht entgegen.

9

Zur Begründung der Revision trägt das HZA vor, die streitgegenständlichen Waren unterschieden sich erheblich von den in der VO Nr. 1037/2014 beschriebenen Waren.

10

Das HZA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben, soweit diese das HZA verpflichtet, die Einfuhrabgabenbescheide unter Einreihung der Waren gemäß Nrn. 73 bis 75, 14 und 117 der Warenaufstellung in die Unterpos. 8541 40 10 KN zu ändern, und die Klage insoweit abzuweisen.

11

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

12

II. Die Revision des HZA ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Urteil verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO).

13

1. Die Einreihung der streitgegenständlichen Waren in die Unterpos. 8541 40 10 KN unter Heranziehung der in der VO Nr. 1037/2014 genannten Einreihungskriterien hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.

14

Für die zolltarifliche Einreihung der Waren des Streitfalls ist die VO Nr. 1037/2014 ohne rechtliche Bedeutung, weil sie erst nach der Einfuhr der Waren des Streitfalls in Kraft getreten ist (vgl. Senatsurteil vom 12. April 2011 VII R 20/07, BFHE 233, 561, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2011, 177) und im Übrigen andere Waren betrifft. Anders als das FG meint, kommt der VO Nr. 1037/2014 auch keine Indizwirkung (vgl. insoweit Senatsurteil in BFHE 233, 561, ZfZ 2011, 177) für die Tarifentscheidung des Streitfalls zu, weil das ihr zu entnehmende Einreihungskriterium der Verbundenheit der Warenbestandteile "auf praktisch untrennbare Weise", welches das FG für die Tarifierung der streitgegenständlichen Waren übernommen hat, keine Stütze in den die Pos. 8541 KN betreffenden zolltariflichen Vorschriften findet und die Kommission mit diesem Einreihungskriterium in unzulässiger Weise in die Struktur des Harmonisierten Systems eingreift.

15

2. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH), der sich der Senat angeschlossen hat, ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen der KN und den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (EuGH-Urteile Kip Europe vom 11. Dezember 2008 C-362/07, EU:C:2008:710, ZfZ 2009, 46, 139, und Roeckl Sporthandschuhe vom 29. April 2010 C-123/09, EU:C:2010:237, ZfZ 2010, 190). Bei der Einreihung von Waren in die KN gelten zudem die Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur (AV). Daneben gibt es nach dem Übereinkommen zum Harmonisierten System Erläuterungen (ErlHS) und Einreihungsavise (Tarifavise), die ebenso wie die Erläuterungen zur KN ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen sind (vgl. EuGH-Urteile TNT Freight Management vom 12. Juli 2012 C-291/11, EU:C:2012:459, Rz 30 ff., ZfZ 2012, 332, und Metherma vom 27. November 2008 C-403/07, EU:C:2008:657, ZfZ 2009, 15, 16, sowie Senatsurteile vom 5. Mai 2015 VII R 10/13, BFH/NV 2015, 1449; vom 30. März 2010 VII R 35/09, BFHE 229, 399, BStBl II 2011, 74, Rz 7, und vom 4. November 2003 VII R 58/02, BFHE 204, 375, 377, ZfZ 2004, 165, m.w.N.).

16

Nach den danach maßgebenden objektiven Beschaffenheitsmerkmalen, wie sie vom FG festgestellt worden sind, handelt es sich bei den streitgegenständlichen Waren nicht um Leuchtdioden, sondern um Waren, die neben anderen Bestandteilen auch Leuchtdioden enthalten. Es handelt sich also um aus mehr als einem Stoff bestehende Waren i.S. der AV 2 Buchst. b Satz 3, die nach den Grundsätzen der AV 3 einzureihen sind.

17

Eine Einreihung nach der genaueren Warenbezeichnung der Position gemäß der AV 3 Buchst. a Satz 1 kommt nicht in Betracht, weil nach AV 3 Buchst. a Satz 2 zwei oder mehr Positionen, von denen sich --wie im Streitfall-- jede nur auf einen in einer zusammengesetzten Ware enthaltenen Teil bezieht, im Hinblick auf diese Waren als gleich genau betrachtet werden (vgl. hierzu Lux in Dorsch, Zollrecht, A 4, VO KN, App. 1: Kombinierte Nomenklatur --Einf.-- Rz 52, 55).

18

Die Konkurrenz der hinsichtlich der verschiedenen Warenbestandteile in Betracht kommenden Positionen ist somit gemäß der AV 3 Buchst. b aufzulösen, der zufolge Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen, nach dem Stoff oder Bestandteil eingereiht werden, der ihnen ihren wesentlichen Charakter verleiht, wenn dieser Stoff oder Bestandteil ermittelt werden kann.

19

Es handelt sich hierbei um eine tatsächliche Würdigung auf der Grundlage der festgestellten objektiven Beschaffenheitsmerkmale der Ware (vgl. Senatsurteil vom 7. August 2013 VII R 32/12, BFH/NV 2013, 1954, ZfZ 2014, 72), die das FG ausgehend von seinem Maßstab der praktischen Untrennbarkeit der Warenbestandteile nicht vorgenommen hat und die im zweiten Rechtsgang nachzuholen sein wird. Dabei wird als ein wichtiges Erkenntnismittel die ErlHS zu AV 3 Buchst. b Rz 19.1 zu berücksichtigen sein, der zufolge sich das charakterbestimmende Merkmal einer Ware aus der Art und Beschaffenheit der Bestandteile, aus ihrem Umfang, Menge, Gewicht, dem Wert oder der Bedeutung für die Verwendung der Ware sowie auch aus dem Erscheinungsbild der Ware ergeben kann (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 VII R 8/06, BFH/NV 2007, 1368, ZfZ 2007, 192).

20

3. Das EuGH-Urteil Lemnis Lighting vom 8. Dezember 2016 C-600/15 (EU:C:2016:937, ZfZ 2017, 13) steht nicht entgegen. Der EuGH hat darin zum einen bestätigt, dass Leuchtdioden, die mit weiteren elektronischen Komponenten zusammengefügt sind, nicht vom Wortlaut der Pos. 8541 KN erfasst werden (Rz 45 des EuGH-Urteils). Zum anderen schließt das EuGH-Urteil (das die AV unerwähnt lässt) nicht aus, dass mit weiteren elektronischen Komponenten zusammengefügte Leuchtdioden gleichwohl nach der AV 3 Buchst. b in die Pos. 8541 KN eingereiht werden können.

21

Soweit der EuGH im Urteil in EU:C:2016:937, ZfZ 2017, 13, a.a.O. ausführt, die dort streitigen LED-Lampen bestünden neben Leuchtdioden auch aus zahlreichen anderen Komponenten, die für ihre Funktion erforderlich sind, oder im Urteil vom 2. Oktober 2008 C-411/07 (EU:C:2008:533, ZfZ 2008, 302), die Einfügung einer Verstärkerschaltung sei unschädlich, wenn sie die Merkmale und Eigenschaften des Optokopplers nicht wesentlich ändere, besteht kein Anlass anzunehmen, der EuGH habe seine ständige Rechtsprechung ändern wollen, wonach auf den Wortlaut der Positionen und Unterpositionen der KN, die Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und, soweit in den Positionen und Anmerkungen nichts anderes bestimmt ist, die AV abzustellen ist. Gleiches gilt für das EuGH-Urteil Rohm Semiconductor vom 20. November 2014 C-666/13 (EU:C:2014:2388, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2015, 94).

22

4. Sollte die Würdigung der objektiven Beschaffenheitsmerkmale der streitigen Waren gemäß AV 3 Buchst. b ergeben, dass sie in die Pos. 8541 KN einzureihen sind, käme dieser Position nach Anm. 1 Buchst. f zu Kap. 94 KN Vorrang vor der Pos. 9405 KN zu.

23

5. Ließen sich die streitigen Waren nicht in die Pos. 8541 KN einreihen, wäre zu prüfen, ob sie eine eigene Funktion i.S. der Pos. 8543 KN haben (vgl. EuGH-Urteile in EU:C:2014:2388, HFR 2015, 94, und in EU:C:2016:937, ZfZ 2017, 13). Die Einreihung in diese Position schlösse nach Anm. 1 Buchst. f zu Kap. 94 KN ebenfalls die Pos. 9405 KN aus.

24

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

Tatbestand

1

I. Für von der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) eingeführte Zubehörteile für Produkte der Unterhaltungselektronik der Marke B erteilte die Oberfinanzdirektion A verbindliche Zolltarifauskünfte (vZTA), die die Waren als "erkennbares Zubehör für ein (tragbares) elektronisches Gesellschaftsspiel" in die Warennummer 9504 9090 00 (vZTA vom 20. Juni 2006) bzw. als "erkennbares Zubehör für Videospiele von der mit einem Fernsehempfangsgerät verwendeten Art" in die Warennummer 9504 1000 00 (vZTA vom 20. Februar 2007) einreihten.

2

Die Warenbeschreibung in der vZTA vom 20. Juni 2006 für das Produkt "B-1" lautete: "Zubehör, ..., im Wesentlichen bestehend aus einem Gleichrichter zum Umwandeln des eingehenden Wechselstroms in eine für das Videospielgerät verwendbare Gleichstromspannung. Das Zubehör dient der externen Stromversorgung eines Spielgerätes und kann aufgrund des Anschlusses erkennbar nur für das B verwendet werden."

3

Die Warenbeschreibung in der vZTA vom 20. Februar 2007 für das Produkt "B-2" lautete:
" ... Adapter (13,5 x 5,5 x 4,5 cm), der als Gleichrichter zum Umwandeln des eingehenden Wechselstroms in eine für das Videospielgerät verwendbare Gleichstromspannung dient. Neben dem Standard-Netzstecker für die externe Stromversorgung besitzt der Adapter ein Kabel mit einem speziellen Stecker, der ausschließlich zum Anschluss an eine "B-3-Konsole" bestimmt und geeignet ist."

4

Der zwischenzeitig zuständig gewordene Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt --HZA--) widerrief mit Bescheid vom 23. Januar 2009 --u.a.-- die vZTA vom 20. Februar 2007 und mit Bescheid vom 27. April 2009 die vZTA vom 20. Juni 2006, jeweils gemäß Art. 9 Abs. 1 des Zollkodex (in der im Streitjahr gültigen Fassung --ZK--). Zur Begründung führte er aus, die in der verbindlichen Zolltarifauskunft vertretene Tarifauffassung könne im Hinblick auf die Verordnung (EG) Nr. 1142/2008 (VO Nr. 1142/2008) der Kommission vom 13. November 2008 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 308/11) nicht mehr aufrechterhalten werden.

5

Die mit der VO Nr. 1142/2008 in die Pos. 8544 KN eingereihte Ware ist im Anhang der Verordnung bezeichnet:
"Kabel, mit einer Länge von etwa 250 cm, ausschließlich mit einem Videospielgerät der Position 9504 verwendet.
Das Kabel ist an einem Ende mit einem spezifischen Anschluss für das Videospielgerät und am anderen Ende mit fünf Anschlussstücken zur Verbindung mit einem Monitor oder einem Fernsehgerät ausgestattet.
Die Daten können über das Kabel vom Videospielgerät an den Monitor oder das Fernsehgerät übertragen und je nach Inhalt auf dem Bildschirm als Videospiel, Video oder Foto angezeigt oder als Ton wiedergegeben werden."

6

Der Begründungstext zu Einreihung dieser Ware lautet:
"Einreihung gemäß den Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur sowie dem Wortlaut der KN-Codes 8544, 8544 42 und 8544 42 90.
Die Einreihung in die Position 9504 als Zubehör eines Videospielgeräts ist ausgeschlossen, da die Position 8544 die genauere Warenbeschreibung enthält, die sich auf Kabel und andere elektrische Leiter bezieht.
Daher ist die Ware in KN-Code 8544 42 90 als elektrischer Leiter mit Anschlussstücken einzureihen."

7

Die gegen die Widerrufsbescheide eingelegten Einsprüche begründete die Klägerin zunächst damit, die Kabel und Adapter seien mit ausschließlich mit den jeweiligen B-Produkten kompatiblen Anschlüssen ausgestattet. Gegen die Anwendung der Einreihungsverordnung trug sie vor, eine solche gelte stets nur für die begutachtete Ware, die Anlass zu der Verordnung gegeben habe. Darüber hinaus habe die Verordnung nur für identische Waren Normcharakter und nur ausnahmsweise komme eine entsprechende Anwendung für fast identische Waren in Betracht. Die objektiven Merkmale und Eigenschaften der von den vZTA erfassten Waren seien aber gänzlich anders.

8

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das Finanzgericht (FG) der Klage statt. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das FG aus, nach den Einreihungskriterien, insbesondere unter Beachtung der Anmerkung 1 Buchst. m zu Kap. 95 der Kombinierten Nomenklatur --KN-- (Spielzeuge, Spiele, Unterhaltungsartikel und Sportgeräte; Teile davon und Zubehör) sowie der Anmerkung 3 zu Kap. 95 KN würden die strittigen Produkte von der Pos. 9504 KN erfasst.

9

Eine Einreihung in die Pos. 8544 KN sei nach Maßgabe der AV 1 wegen Anmerkung 1 Buchst. p zu Abschnitt XVI ausgeschlossen.

10

Die VO Nr. 1142/2008 sei nicht einschlägig. Das dort im Anhang beschriebene Kabel sei nicht mit dem B-2 identisch. Das in der Verordnung beschriebene Kabel mit Anschlussstücken zur Verbindung mit einem Monitor oder Fernsehgerät diene zur Übertragung von Daten vom Videospielgerät an den Monitor oder das Fernsehgerät zwecks Anzeige oder Wiedergabe der Daten als Bild oder Ton, während der B-2 mit einem Transformator und einem Stromgleichrichter und einem Anschlussstück für eine Steckdose --ausschließlich-- dem Anschluss des Videospielgeräts an eine externe Stromquelle zwecks Versorgung des Videospielgeräts mit einer für das Videospielgerät geeigneten Stromspannung diene. Entsprechendes gelte für den B-1, einem Zubehörteil für ein Videospielgerät mit Transformator und Stromgleichrichter (mit dem einzigen Unterschied, dass als zutreffende Unterpositionsnummer vorliegend wegen der Art des zugehörigen Videospiels nicht die Unterpos. 9504 10 00 KN, sondern die Unterpos. 9504 90 90 KN --Gesellschaftsspiele, andere, andere - erkennbares Zubehör für ein tragbares elektronisches Gesellschaftsspiel-- zu bestimmen sei).

11

Die gänzlich andersartige Zusammensetzung und Funktionsweise des in der VO Nr. 1142/2008 beschriebenen Kabels und des streitigen Adapters schließe es auch aus, die VO Nr. 1142/2008 als Argumentationshilfe heranzuziehen. Daran ändere auch die der Einreihungsverordnung beigegebene Begründung nichts, wonach die Einreihung des Kabels in die Pos. 9504 KN als Zubehör eines Videospielgeräts ausgeschlossen sei, weil die Pos. 8544 KN für Kabel die genauere Warenbeschreibung enthalte. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH), wonach auch die Begründung einer Einreihungsverordnung zur Bestimmung ihres Anwendungsbereichs zu berücksichtigen ist (EuGH-Urteile vom 13. Juli 2006 C-14/05; vom 4. März 2004 C-130/02; vom 17. Mai 2001 C-119/99, und vom 9. Oktober 1997 C-67/95), sei nicht einschlägig, da die vom EuGH jeweils zu beurteilende Begründung --anders als die Begründung der VO Nr. 1142/2008-- verallgemeinerungsfähige Rückschlüsse auf die Eigenschaften der von der Einreihungsverordnung erfassten Ware erlaubten. Entscheidend gegen die Heranziehung der VO Nr. 1142/2008 sei aber, dass eine Einreihung in die Pos. 8544 KN nach dem Wortlaut der Anmerkung 1 Buchst. p zu Abschnitt XVI KN ausgeschlossen sei.

12

Mit seiner Revision verteidigt das HZA seine Rechtsauffassung, die Adapter seien aufgrund der VO Nr. 1142/2008 in die Pos. 8544 KN einzureihen. Bezugnehmend auf die Einleitung der Einreihungsbegründung in der Verordnung ("Einreihung gemäß den Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur sowie dem Wortlaut der KN-Codes 8544, 8544 42 und 8544 42 90") meint es, die Begründung für den Ausschluss aus Pos. 9504 KN als Zubehör eines Videospielgeräts ("da die Position 8544 die genauere Warenbeschreibung enthält, die sich auf Kabel und andere elektrische Leiter bezieht") zeige, dass die Kommission die Pos. 9504 KN nicht einmal in Erwägung gezogen habe. Unabhängig von der spezifischen Beschaffenheit des Kabels bleibe die Ware nach Ansicht der Kommission ein elektrisches Kabel der Pos. 8544 KN. Sie habe deshalb auch nicht auf die Anmerkung 1 Buchst. p zu Abschnitt XVI KN, nach der Waren des Kapitels 95 aus Abschnitt XVI ausgeschlossen werden, einzugehen brauchen.

13

Bei konsequenter Fortführung der Nutzung dieser Einreihungsbegründung seien auch andere Waren, die gemäß den AV 1 und 6 für die Auslegung der KN eingereiht werden, sich als Zubehör eines Videospielgeräts darstellten und in einer anderen Position genauer erfasst würden, von der Pos. 9504 KN ausgeschlossen. Die Begründung der VO Nr. 1142/2008 könne auf eine Vielzahl von Waren übertragen werden, die aufgrund spezifischer Anschlüsse erkennbar Zubehör für Videospielkonsolen seien, jedoch im Abschnitt XVI KN genauer benannt werden, wie z.B. Headsets/ Kopfhörer (Pos. 8518 KN), Stromrichter (Pos. 8504 KN), Akkumulatoren (Pos. 8507 KN).

14

Zur Stützung seiner Einreihungsauffassung verweist das HZA auf weitere vZTA, in welchen in Anlehnung an die VO Nr. 1142/2008 und deren Begründung spezielle Waren für Videospielkonsolen innerhalb der EU in die entsprechend genauere Position des Abschnitts XVI KN eingereiht worden seien und auf die Stellungnahme des Ausschusses für den Zollkodex, Fachbereich Zolltarifliche und Statistische Nomenklatur, in welchen sich auch die Einreihungsauffassung der EU-Mitgliedstaaten, die diese Stellungnahme abgegeben haben, widerspiegele. Zubehör für Videospielkonsolen werde danach in die Position eingereiht, die die genauere Warenbeschreibung enthalte.

15

Das HZA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

16

Die Klägerin unterstützt und vertieft die Rechtsauffassung des FG und beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

17

II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

18

Die Vorentscheidung entspricht Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das FG hat zutreffend erkannt, dass die von der Klägerin eingeführten Kabel in die Pos. 9504 KN und nicht in die Pos. 8544 KN einzureihen sind, und hat dementsprechend die Widerrufsentscheidungen des HZA zu Recht aufgehoben.

19

Gemäß Art. 9 Abs. 1 ZK wird eine begünstigende Entscheidung widerrufen, wenn in anderen als in den in Art. 8 ZK bezeichneten Fällen eine oder mehrere Voraussetzungen für ihren Erlass nicht erfüllt waren oder nicht mehr erfüllt sind. Die vZTA, ein Unterfall der verbindlichen Auskunft i.S. des Art. 12 ZK, erfüllt die Begriffsmerkmale einer Entscheidung i.S. des Art. 4 Nr. 5 ZK. Ihre begünstigende Wirkung für den Berechtigten ergibt sich aus der Bindung der Zollbehörden aller Mitgliedstaaten der Union hinsichtlich der zolltariflichen Einreihung (Art. 12 Abs. 2 Unterabs. 1 ZK). Erweist sich eine vZTA nach ihrer Erteilung als fehlerhaft, ohne dass eine Rücknahme nach Art. 8 ZK in Betracht kommt, ist die erteilende Zollbehörde verpflichtet, sie zu widerrufen, auch wenn der Antragsteller für die Unrichtigkeit der Tarifierung keine Ursache gesetzt hat (vgl. Senatsbeschluss vom 6. März 2013 VII R 26/11, BFHE 240, 465).

20

Die Widerrufsvoraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Bei den Waren des Streitfalls handelt es sich jeweils um Zubehör zu einem Gesellschaftsspiel der Pos. 9504 KN, welches ausschließlich einem bestimmten Videospielgerät dient.

21

Die Zugehörigkeit des Zubehörs eines Videospielgeräts zu diesem Kap. 95 KN ergibt sich in Anwendung der AV 1. Danach sind der Wortlaut der Positionen und die Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln entscheidend für die Einreihung von Waren (vgl. dazu ständige Rechtsprechung des EuGH, Urteil vom 7. Februar 2002 C-276/00, Slg. 2002, I-1389, Rz 21, und des erkennenden Senats z.B. Senatsbeschluss in BFHE 240, 465; Senatsurteil vom 28. März 2006 VII R 50/04, BFHE 213, 169, m.w.N., Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2006, 293). Nach der Anmerkung 3 zu Kap. 95 KN werden Teile und Zubehör, erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für Waren dieses Kapitels bestimmt, wie diese Waren eingereiht.

22

Unstreitig und zweifelsfrei handelt es sich bei den Adaptern des Streitfalls um Zubehör im Sinne dieser Anmerkung. Unter Zubehör sind nach der auf Spielgeräte der vorliegenden Art übertragbaren Definition in den Erläuterungen zum Harmonisierten System zu Pos. 8473 KN Rz 03.0 entweder auswechselbare Ausrüstungsgegenstände, welche die Maschinen oder Apparate, an denen sie angebracht werden, für die Ausführung einer bestimmten Arbeit geeignet machen, zu verstehen oder Vorrichtungen, die ihre Verwendungsmöglichkeiten erweitern oder mit deren Hilfe eine im Zusammenhang mit der Hauptfunktion der Maschinen oder Apparate stehende Sonderarbeit ausgeführt werden kann (EuGH-Urteil vom 20. Mai 2010 C-370/08, Slg. 2010, I-4401). Es liegt auf der Hand, dass Adapter, die der --für das Funktionieren unabdingbaren-- Versorgung des Spielgeräts mit Strom dienen, dieser Definition genügen. Unstreitig ist darüber hinaus, dass die Adapter ausschließlich zum Anschluss an eine "B-3-Konsole" bzw. an das "B" bestimmt und geeignet sind.

23

Allerdings käme nach dem Wortlaut der Pos. 8544 KN (Isolierte ... Drähte, Kabel ... und andere isolierte elektrische Leiter, auch mit Anschlussstücken; ...) auch eine Einreihung in diese Position in Betracht. Dem steht aber --auch insoweit ist dem FG zuzustimmen – Anmerkung 1 Buchst. p zu Abschnitt XVI KN (Maschinen, Apparate, Mechanische Geräte und elektronische Waren, Teile davon; Tonaufnahme- oder Tonwiedergabegeräte, Fernseh-Bild-und-Tonaufzeichnungsgeräte oder Fernseh-Bild-und-Tonwiedergabegeräte, Teile und Zubehör für diese Geräte) entgegen. Danach gehören Waren des Kap. 95 KN nicht zu Abschnitt XVI KN.

24

Anders als das HZA meint, folgt aus der Einreihungsverordnung VO Nr. 1142/2008 an der Zuordnung zu Pos. 9504 KN nichts anderes.

25

Nach ständiger Senatsrechtsprechung gelten Einreihungsverordnungen stets nur für die begutachtete Ware, die Anlass zu der Verordnung gegeben hat. Das im Anhang zur VO Nr. 1142/2008 beschriebene Kabel ist nach den Feststellungen des FG nicht mit den Adaptern des Streitfalls identisch. Dieses Kabel ist an einem Ende mit fünf Anschlussstücken zur Verbindung mit einem Monitor oder Fernsehgerät und am anderen Ende mit einem Anschluss für das Videospielgerät ausgestattet und dient der Übertragung von Daten vom Videogerät an den Monitor oder das Fernsehgerät. Demgegenüber handelt es sich bei den streitigen Waren um --wie das HZA selbst formuliert-- Steckernetzteile mit einem Schukostecker am einen und einem gerätespezifischen Anschlussstecker für eine bestimmte Videokonsole am anderen Ende, die der Stromversorgung von Videospielgeräten dienen und dabei den Wechselstrom in eine für das Videospiel verwendbare Gleichstromspannung umwandeln. Diese gänzlich andersartige Zusammensetzung schließt es aus, die VO Nr. 1142/2008 als Argumentationshilfe heranzuziehen, weil es sich noch nicht einmal um eine den in Rede stehenden Adaptern ähnliche Ware handelt (vgl. Senatsurteil vom 30. Juli 2003 VII R 40/01, BFH/NV 2004, 835, ZfZ 2004, 126, mit Nachweisen zur EuGH-Rechtsprechung).

26

Deshalb gehen die Erwägungen des HZA fehl, aus der Begründung für die Einreihung der in der VO Nr. 1142/2008 beschriebenen Kabel ergebe sich eine rechtsverbindliche generelle Ausweisung von für Spielgeräte des Kap. 95 KN vorgesehene Kabel. Ist eine Ware (hier Netzkabel) in unmittelbarer Anwendung der AV 1 einer bestimmten Codenummer zuzuordnen, kann einer --vermeintlich-- "allgemeinen" anderen Zuordnung der "übergeordneten" Warengruppe ("Kabel") in der Begründung der Einreihung einer spezifisch anderen Ware dieser Gruppe (hier Übertragungskabel) keine Bedeutung zukommen.

27

Die vom HZA zur Unterstützung seiner Rechtsauffassung zitierten EuGH-Entscheidungen (EuGH-Urteil in Slg. 2004, I-2123; vom 13. Juli 2006 C-14/05, Slg. 2006, I-6763) lassen keine andere Beurteilung zu. Abgesehen davon, dass es in jenen Fällen um die Anwendung einer Einreihungsverordnung auf nach deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften nahezu gleiche Waren ging, hatte der EuGH es nicht mit einer ausdrücklichen Ausweisung der Ware aus dem laut Einreihungsverordnung für die Ware zutreffenden Kapitel der KN zu tun.

28

Die vom HZA ebenfalls herangezogene Stellungnahme des Ausschusses für den Zollkodex, Fachbereich Zolltarifliche und Statistische Nomenklatur, kann an der dargestellten Rechtslage ebenso wenig etwas ändern wie die zu Vergleichszwecken zitierten anderen vZTA. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des FG.

29

Die Bedeutung der Begründung zur VO Nr. 1142/2008 erschöpft sich in der Einreihung der dort konkret bezeichneten Kabel. Ob die Kommission zum Erlass dieser Einreihungsverordnung angesichts der Ausweisung ausschließlich bestimmten Spielgeräten dienender Kabel aus Kap. 85 KN berechtigt war (vgl. dazu EuGH-Urteil in Slg. 2004, I-2123, m.w.N.), ist --wie das FG zu Recht erkannt hat-- im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) führte im Januar 2003 eine Sendung "Drosselspulen mit einer Induktivität von nicht mehr als 62 mH" unter Angabe des Taric-Codes 8504 50 80 300 und unter Inanspruchnahme der für Waren dieser Art bestehenden Zollaussetzung (Verordnung (EG) Nr. 1255/96 des Rates vom 27. Juni 1996 zur zeitweiligen Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für bestimmte gewerbliche und landwirtschaftliche Waren sowie Fischereierzeugnisse, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 158/1, in der seinerzeit geltenden Fassung) in das Zollgebiet der Gemeinschaft ein. Die Warensendung wurde wie angemeldet zum freien Verkehr abgefertigt.

2

Bei der Ware handelt es sich um einen auf einer Kunststoffplatte befestigten ringförmigen Spulenkern aus Metall, der mit zwei voneinander getrennten Wicklungen aus Kupferdraht mit jeweils der gleichen Anzahl von Windungen versehen ist, deren Enden zu Anschlussstiften an der Unterseite der Kunststoffplatte führen, so dass sich insgesamt vier Anschlüsse ergeben.

3

Die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt (ZPLA) kam aufgrund der Untersuchung einer der Sendung entnommenen Probe zu dem Ergebnis, dass die Ware in die Unterpos. 8548 90 90 der Kombinierten Nomenklatur (KN) in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABlEG Nr. L 256/1) in der Fassung des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 1832/2002 der Kommission vom 1. August 2002 (ABlEG Nr. L  290/1) einzureihen sei, woraufhin der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--) den auf die Warensendung entfallenden Zoll nach einem Zollsatz von 2,7 % nacherhob. Im anschließenden Einspruchsverfahren änderte die ZPLA ihre Tarifauffassung, indem sie die Ware als einen elektrischen Transformator ansah und in die Unterpos. 8504 32 90 KN einreihte. Das HZA wies daraufhin --nach Ankündigung einer entsprechenden Verböserung-- den Einspruch der Klägerin mit der Maßgabe zurück, dass der Zoll nach einem Zollsatz von 3,7 % nachzuerheben sei.

4

Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen erhobene Klage aus den in der Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern (ZfZ) 2008, Beilage 2, 21 veröffentlichten Gründen ab.

5

Mit ihrer Revision macht die Klägerin unter Beifügung eines Kurzgutachtens eines Ingenieurs, dessen Ausführungen sie sich in vollem Umfang zu eigen macht, geltend, dass die Auffassung des FG, dass Drosselspulen und andere Selbstinduktionsspulen aus einer einzigen stromleitenden Wicklung bestünden, unzutreffend sei. Anders als das FG meine, stehe es der Einordnung der streitigen sog. stromkompensierten Drosseln als Drosselspulen auch nicht entgegen, dass durch sie lediglich asymmetrische Ströme gedrosselt würden. Als Transformatoren könnten stromkompensierte Drosseln nicht angesehen werden, weil Transformatoren zwei oder mehr Spulen besäßen, deren Wicklungen verschiedenartig angeordnet seien und die Wechselstrom in einem festgelegten oder regelbaren Verhältnis in Wechselstrom anderer Stärke oder Spannung umwandelten, was hinsichtlich der streitigen Ware nicht zutreffe.

6

Das HZA trägt vor, dass eine Drosselspule bzw. Selbstinduktionsspule zwar auch mehrere Wicklungen aufweisen könne, die aber --wie auch in dem von der Klägerin vorgelegten Kurzgutachten ausgeführt-- in Reihe geschaltet seien; dies sei bei den streitigen Waren nicht der Fall. Nach den Erläuterungen zum Harmonisierten System (ErlHS) zur Pos. 8504 würden von dieser Position alle Transformatoren erfasst, unabhängig davon, ob sie verschiedenartige oder gleichartige Wicklungen aufwiesen. Dies sei technikkonform, da es verschiedene Anwendungen gebe, bei denen ein Übersetzungsverhältnis von 1:1 verwendet werde.

7

Die Klägerin hat im Revisionsverfahren in anderen Mitgliedstaaten der Union erteilte verbindliche Zolltarifauskünfte vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass der streitigen Ware vergleichbare Waren in der Union bisher unterschiedlich zolltariflich eingereiht wurden. Die deutsche Zollverwaltung hat die uneinheitlich beantwortete Tariffrage deshalb über das Bundesministerium der Finanzen der Kommission vorgelegt, damit diese Maßnahmen zur Gewährleistung einer unionseinheitlichen Anwendung des Zolltarifs treffe. Daraufhin hat der beschließende Senat das Ruhen des vorliegenden Revisionsverfahrens bis zum Abschluss des zolltariflichen Klärungsverfahrens angeordnet.

8

Jenes Verfahren wurde durch die am 14. Dezember 2010 in Kraft getretene Verordnung (EU) Nr. 1076/2010 (VO Nr. 1076/2010) der Kommission vom 22. November 2010 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 308/3) abgeschlossen, mit der Waren, deren in der Verordnung beschriebene Beschaffenheitsmerkmale denen der im vorliegenden Fall streitigen Ware entsprechen, in die Unterpos. 8504 50 95 KN (entspricht der Unterpos. 8504 50 80 KN im Streitjahr 2003) eingereiht worden sind.

9

Die Klägerin sieht ihre Tarifauffassung durch die VO Nr. 1076/2010 bestätigt.

10

Das HZA verweist darauf, dass die VO Nr. 1076/2010 keine Rückwirkung entfalte und für den Streitfall daher nicht verbindlich sei.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung sowie des angefochtenen Einfuhrabgabenbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Dieser Verwaltungsakt ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO), denn der für die Einfuhrwaren geschuldete Abgabenbetrag ist bei der Einfuhr in zutreffender Weise buchmäßig erfasst worden. Die eingeführten Waren sind zu Recht als Drosselspulen mit einer Induktivität von nicht mehr als 62 mH des Taric-Codes 8504 50 80 300 angemeldet und abgefertigt worden. Für Waren dieser Art waren die Zölle seinerzeit ausgesetzt.

12

1. Der Senat folgt nicht der Ansicht des FG, dass eine Ware der vorliegenden Art als Transformator entweder in die Unterpos. 8504 31 90 KN oder die Unterpos. 8504 32 90 KN einzureihen sei, sondern schließt sich der mit der VO Nr. 1076/2010 vertretenen Tarifauffassung der Kommission an, wonach eine Ware der im Anhang der VO Nr. 1076/2010 beschriebenen Art, welche --was zwischen den Beteiligten nicht im Streit ist-- der Einfuhrware des Streitfalls entspricht, als andere Drossel- bzw. Selbstinduktionsspule in die Pos. 8504 50 80 KN (in der damaligen Fassung, jetzt Pos. 8504 50 95 KN) einzureihen ist.

13

Einreihungsverordnungen der Kommission dürfen zwar grundsätzlich nicht analog bei der Einreihung von Waren angewendet werden, die vor ihrem Inkrafttreten eingeführt worden sind. Sofern sie jedoch wie im Regelfall lediglich zur Klarstellung der Rechtslage zum Zweck der einheitlichen Anwendung der KN und nicht zur Änderung des bestehenden Rechts ergehen, bestehen keine Bedenken, solche Verordnungen als Indiz zur Bestätigung tariflicher Einreihungen heranzuziehen, sofern die Warenbeschreibung --wie im Streitfall-- in ihren wesentlichen Punkten mit derjenigen der einzureihenden Ware übereinstimmt (vgl. Senatsurteil vom 11. März 2004 VII R 20/01, BFH/NV 2004, 1305, m.w.N.). Die Einreihungs-VO Nr. 1076/2010 steht im Einklang mit dem Wortlaut der Positionen und Unterpositionen des Gemeinsamen Zolltarifs und verändert diesen nicht.

14

Wie das FG zutreffend erkannt hat, lassen sich dem Wortlaut der Pos. 8504 KN und ihrer Unterpositionen sowie den Anmerkungen zum Abschnitt XVI oder zu Kap. 85 KN keine Anhaltspunkte für die Abgrenzung elektrischer Transformatoren von Drossel- und anderen Selbstinduktionsspulen entnehmen. Die vom FG als weiteres Erkenntnismittel herangezogenen ErlHS sind zwar keine verbindlichen Rechtsnormen, tragen aber erheblich zur Auslegung der einzelnen Tarifpositionen bei, (vgl. Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 12. Januar 2006 C-311/04 --Algemene Scheeps Agentuur Dordrecht--, Slg. 2006, I-609, ZfZ 2006, 89; vom 5. Juni 2008 C-312/07 --JVC France--, Slg. 2008, I-4165).

15

Nach den ErlHS zur Pos. 8504 Rz 02.0, auf die auch die Kommission ihre Einreihungsverordnung Nr. 1076/2010 gestützt hat, sind Transformatoren Geräte, die mit Hilfe verschiedenartiger Wicklungen um einen Eisenkern Wechselstrom durch Induktion in einem festgelegten oder regelbaren Verhältnis in Wechselstrom anderer Stärke oder Spannung umwandeln. Diese Voraussetzungen, die sich zum Teil bereits aus der Übersetzung des Wortes "transformieren" ergeben, erfüllt die im Streitfall zu tarifierende Ware nicht. Ihre beiden auf dem Spulenkern vorhandenen Wicklungen sind nicht verschiedenartig, sondern von gleicher Anzahl. Selbst wenn man also eine solche Spule derart in einen Stromkreislauf einschaltete, dass zwei voneinander getrennte Stromkreise entstehen und der Strom durch Induktion vom Primärstromkreis der einen Wicklung auf den Sekundärstromkreis der anderen Wicklung übertragen wird, entstünde eine 1:1-Übertragung und keine Umwandlung in einen Strom anderer Stärke oder Spannung. Nach den ErlHS zur Pos. 8504 in Rz 04.0 (jetzt: Rz 04.1) gehören zur Pos. 8504 zwar Transformatoren aller Art ohne Rücksicht auf ihre Bauart und ihren Verwendungszweck; jedoch fußt diese ErlHS auf der vorgenannten Definition des Transformators in der ErlHS zur Pos. 8504 Rz 02.0. Es mag zwar --wie das HZA geltend macht-- für bestimmte Anwendungen als "1:1-Transformatoren" bezeichnete Spulen mit zwei gleichartigen Wicklungen geben, jedoch handelt es sich hierbei nicht um Transformatoren im zolltariflichen Sinn.

16

Da sich den Vorschriften des Zolltarifs --wie ausgeführt-- keine Anhaltspunkte entnehmen lassen, durch welche Beschaffenheitsmerkmale sich Transformatoren von stromkompensierten Drosselspulen unterscheiden lassen, bestehen keine Bedenken, die ErlHS zu diesem Zweck heranzuziehen. Die auf die genannten ErlHS gestützte Auslegung der Tarifpositionen ist tarifrechtlich zulässig, weil der Inhalt der ErlHS mit den Bestimmungen der KN in Einklang steht und deren Bedeutung nicht verändert (vgl. EuGH-Urteil vom 18. Juli 2007 C-142/06 --Olicom--, Slg. 2007, I-6675, ZfZ 2007, 268, Rz 31).

17

2. Eine Einreihung in die Unterpos. 8504 31 KN oder die Unterpos. 8504 32 KN ließe sich im Streitfall auch dann nicht rechtfertigen, wenn man die erwähnten "1:1-Transformatoren" mit zwei gleichartigen Wicklungen als Transformatoren im zolltariflichen Sinn ansähe und davon ausginge, dass das für einen Transformator charakteristische Merkmal allein das Vorhandensein zwei oder mehr galvanisch getrennter, d.h. nicht durch eine elektrisch leitfähige Verbindung, sondern allein induktiv miteinander verbundener, auf magnetisch leitfähigem Material angebrachter Spulen ist, so dass bei Einschaltung in einen Stromkreis eine der Spulen den sog. Primärstromkreis bildet, der im Wege der Induktion elektrische Energie auf den sog. Sekundärstromkreis bzw. die Sekundärstromkreise überträgt.

18

Drosselspulen oder Selbstinduktionsspulen haben demgegenüber --wie sich aus der ErlHS zur Pos. 8504 Rz 37.0 ergibt-- nur eine stromleitende Wicklung, was --worüber zwischen den Beteiligten Einigkeit besteht-- im Sinne von "nur einen Stromkreis bildend" zu verstehen ist, weil Drosselspulen oder Selbstinduktionsspulen zwar durchaus mehrere (Teil-) Wicklungen aufweisen können, die aber --wie sich aus dem auf das vorgelegte Kurzgutachten gestützten Vorbringen der Revision sowie dem Vortrag des HZA ergibt-- ausnahmslos in Reihe geschaltet sind, so dass durch diese Wicklungen nur ein Strom fließt und sie deshalb auch nur wie eine Wicklung wirken.

19

Dass die streitige Ware lediglich eines dieser vorgenannten Merkmale aufweist --entweder dasjenige eines "1:1-Transformators" oder dasjenige einer Drossel- oder Selbstinduktionsspule--, lässt sich allerdings nicht feststellen, weil in dem Zustand, in dem die Ware eingeführt wurde, die insgesamt vier Anschlüsse der beiden Wicklungen auf dem Spulenkern nicht beschaltet waren. Welche Funktion eine Ware der vorliegenden Art ausführt, ergibt sich daher erst aus der Art und Weise ihrer elektrischen Beschaltung und Verwendung in einem bestimmten Gerät. Werden die Anschlüsse so beschaltet, dass die beiden Wicklungen zu voneinander getrennten Stromkreisen gehören, der Strom von der einen auf die andere Wicklung somit durch Induktion übertragen wird, handelt es sich um einen "1:1-Transformator". Liegt dagegen eine Beschaltung vor, die dazu führt, dass sich beide Wicklungen in einem Stromkreis befinden und durch sie nur ein Strom fließt, handelt es sich um eine Drosselspule.

20

Bei dieser Betrachtungsweise hätte die streitige Ware sowohl die objektiven Beschaffenheitsmerkmale eines Transformators als auch einer Drosselspule und ließe sich daher gleichermaßen in die Unterpos. 8504 31 KN (bzw. bei größerer Leistung die Unterpos. 8504 32 KN) als auch in die Unterpos. 8504 50 KN einreihen. In einem solchen Fall ist eine Ware gemäß der Allgemeinen Vorschrift für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur (AV) 6 Satz 1 i.V.m. AV 3 Buchst. c (die AV 3 Buchst. a und b scheiden aus) der in der KN zuletzt genannten Unterposition zuzuweisen.

21

3. Dass die streitige Ware als Drosselspule der Unterpos. 8504 50 80 KN die übrigen Voraussetzungen für eine Zollaussetzung des Taric-Codes 8504 50 80 300 erfüllt, ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit.

Tenor

Der Einfuhrabgabenbescheid vom 22. Mai 2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. März 2014 wird aufgehoben.

Die Einfuhrabgabenbescheide vom 4. und 23. Mai 2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. März 2014 werden aufgehoben.

Der Einfuhrabgabenbescheid vom 4. Mai 2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. März 2014 wird aufgehoben, soweit Zoll festgesetzt worden ist.

Der Einfuhrabgabenbescheid vom 16. Mai 2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. März 2014 wird aufgehoben, soweit Zoll festgesetzt worden ist.

Der Einfuhrabgabenbescheid vom 19. November 2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. März 2014 wird aufgehoben.

Der Einfuhrabgabenbescheid vom 3. Dezember 2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. März 2014 wird aufgehoben.

Der Einfuhrabgabenbescheid vom 4. März 2014 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. März 2014 wird aufgehoben, soweit Zoll festgesetzt worden ist.

Der Einfuhrabgabenbescheid vom 12. März 2014 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. März 2014 wird aufgehoben, soweit Zoll festgesetzt worden ist.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Tenor

Auf die Revision des Hauptzollamts wird das Urteil des Finanzgerichts München vom 04.12.2014  14 K 2827/11 aufgehoben, soweit das Hauptzollamt verpflichtet wurde, die Einfuhrabgabenbescheide unter Einreihung der Waren gemäß Nrn. 73 bis 75, 14 und 117 der Warenaufstellung in die Unterpos. 8541 40 10 der Kombinierten Nomenklatur zu ändern.

Die Sache wird insoweit an das Finanzgericht München zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) führte in den Jahren 2007 bis 2009 verschiedene Leuchtdiodenmodelle in das Zollgebiet der Union ein. Sie meldete die Waren bei der Abfertigung zum freien Verkehr überwiegend als "Leuchtdioden" mit der Codenr. 8541 40 10 00 0 der Kombinierten Nomenklatur (KN) an (Zollsatz frei).

2

Im Rahmen einer Außenprüfung kam der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt --HZA--) zu dem Ergebnis, die eingeführten Waren seien als "Beleuchtungskörper" in die Pos. 9405 KN einzureihen. Lediglich für Leuchtdioden als einzelne Bauelemente sei die Unterpos. 8541 40 10 KN zutreffend. Das HZA erhob Zoll und Einfuhrumsatzsteuer nach. Die Nacherhebung betraf u.a. die hier noch streitgegenständlichen Waren mit den Nrn. 14, 73 bis 75 und 117 aus der Warenaufstellung, die Grundlage des finanzgerichtlichen Verfahrens war.

3

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte (u.a.) hinsichtlich der im Revisionsverfahren noch streitgegenständlichen Waren Erfolg.

4

Das Finanzgericht (FG) stellte fest, das Modell mit der Nr. 73 verfüge über zwei Chips mit lichtemittierenden Dioden (LED), sog. LED-Chips, in jeweils einem Kunststoffgehäuse, montiert auf einer Metallkernplatine (gedruckte Schaltung). Die verschiedenen Bestandteile seien praktisch nicht voneinander trennbar. Das Modell der Nr. 73 sei vergleichbar mit den Modellen der Nrn. 74 und 75.

5

Die Modelle der Nrn. 14 und 117 verfügten über sieben Aluminiumringe, montiert auf einer Aluminiumplatte, in denen LED in Chipform enthalten seien. Es bestehe eine untrennbare Einheit mit der Aluminiumplatte. Die LED verfügten über Schutzdioden und Linsen.

6

Das FG urteilte, die Waren mit den Nrn. 14, 73 bis 75 und 117 der Warenaufstellung seien unter Berücksichtigung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1037/2014 (VO Nr. 1037/2014) der Kommission vom 25. September 2014 zur Einreihung bestimmter Waren in die Kombinierte Nomenklatur (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 287/9) in die Unterpos. 8541 40 10 KN einzureihen.

7

Der VO Nr. 1037/2014 komme eine Indizwirkung zu. Die Einreihungsverordnung weise Waren der Unterpos. 8541 40 10 KN zu, die über mehrere miteinander verschaltete LED-Chips verfügten oder bei denen die LED mit weiteren Bauelementen wie Zener-Dioden, Kühlkörpern oder Gehäusen verbunden seien. Sie stelle entscheidend auf die insbesondere aus wirtschaftlicher Sicht praktisch untrennbare Verbindung der verschiedenen Bauteile ab. Auch seien nach der Verordnung einzelne Bestandteile wie Schutzdioden und Kühlkörper in zolltariflicher Hinsicht nicht ausschlaggebend, wenn diese die Merkmale und Eigenschaften der jeweiligen Ware als Leuchtdiode der Pos. 8541 KN grundsätzlich nicht veränderten.

8

Die streitgegenständlichen Waren seien durch die praktisch untrennbare Verbindung der verschiedenen Bestandteile gekennzeichnet. Zudem veränderten bei den Waren mit den Nrn. 14 und 117 die vorhandenen Schutzdioden nicht die Merkmale und Eigenschaften der Leuchtdioden; sie stünden somit einer Einreihung in Pos. 8541 KN nicht entgegen.

9

Zur Begründung der Revision trägt das HZA vor, die streitgegenständlichen Waren unterschieden sich erheblich von den in der VO Nr. 1037/2014 beschriebenen Waren.

10

Das HZA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben, soweit diese das HZA verpflichtet, die Einfuhrabgabenbescheide unter Einreihung der Waren gemäß Nrn. 73 bis 75, 14 und 117 der Warenaufstellung in die Unterpos. 8541 40 10 KN zu ändern, und die Klage insoweit abzuweisen.

11

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

12

II. Die Revision des HZA ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Urteil verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO).

13

1. Die Einreihung der streitgegenständlichen Waren in die Unterpos. 8541 40 10 KN unter Heranziehung der in der VO Nr. 1037/2014 genannten Einreihungskriterien hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.

14

Für die zolltarifliche Einreihung der Waren des Streitfalls ist die VO Nr. 1037/2014 ohne rechtliche Bedeutung, weil sie erst nach der Einfuhr der Waren des Streitfalls in Kraft getreten ist (vgl. Senatsurteil vom 12. April 2011 VII R 20/07, BFHE 233, 561, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2011, 177) und im Übrigen andere Waren betrifft. Anders als das FG meint, kommt der VO Nr. 1037/2014 auch keine Indizwirkung (vgl. insoweit Senatsurteil in BFHE 233, 561, ZfZ 2011, 177) für die Tarifentscheidung des Streitfalls zu, weil das ihr zu entnehmende Einreihungskriterium der Verbundenheit der Warenbestandteile "auf praktisch untrennbare Weise", welches das FG für die Tarifierung der streitgegenständlichen Waren übernommen hat, keine Stütze in den die Pos. 8541 KN betreffenden zolltariflichen Vorschriften findet und die Kommission mit diesem Einreihungskriterium in unzulässiger Weise in die Struktur des Harmonisierten Systems eingreift.

15

2. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH), der sich der Senat angeschlossen hat, ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen der KN und den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (EuGH-Urteile Kip Europe vom 11. Dezember 2008 C-362/07, EU:C:2008:710, ZfZ 2009, 46, 139, und Roeckl Sporthandschuhe vom 29. April 2010 C-123/09, EU:C:2010:237, ZfZ 2010, 190). Bei der Einreihung von Waren in die KN gelten zudem die Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur (AV). Daneben gibt es nach dem Übereinkommen zum Harmonisierten System Erläuterungen (ErlHS) und Einreihungsavise (Tarifavise), die ebenso wie die Erläuterungen zur KN ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen sind (vgl. EuGH-Urteile TNT Freight Management vom 12. Juli 2012 C-291/11, EU:C:2012:459, Rz 30 ff., ZfZ 2012, 332, und Metherma vom 27. November 2008 C-403/07, EU:C:2008:657, ZfZ 2009, 15, 16, sowie Senatsurteile vom 5. Mai 2015 VII R 10/13, BFH/NV 2015, 1449; vom 30. März 2010 VII R 35/09, BFHE 229, 399, BStBl II 2011, 74, Rz 7, und vom 4. November 2003 VII R 58/02, BFHE 204, 375, 377, ZfZ 2004, 165, m.w.N.).

16

Nach den danach maßgebenden objektiven Beschaffenheitsmerkmalen, wie sie vom FG festgestellt worden sind, handelt es sich bei den streitgegenständlichen Waren nicht um Leuchtdioden, sondern um Waren, die neben anderen Bestandteilen auch Leuchtdioden enthalten. Es handelt sich also um aus mehr als einem Stoff bestehende Waren i.S. der AV 2 Buchst. b Satz 3, die nach den Grundsätzen der AV 3 einzureihen sind.

17

Eine Einreihung nach der genaueren Warenbezeichnung der Position gemäß der AV 3 Buchst. a Satz 1 kommt nicht in Betracht, weil nach AV 3 Buchst. a Satz 2 zwei oder mehr Positionen, von denen sich --wie im Streitfall-- jede nur auf einen in einer zusammengesetzten Ware enthaltenen Teil bezieht, im Hinblick auf diese Waren als gleich genau betrachtet werden (vgl. hierzu Lux in Dorsch, Zollrecht, A 4, VO KN, App. 1: Kombinierte Nomenklatur --Einf.-- Rz 52, 55).

18

Die Konkurrenz der hinsichtlich der verschiedenen Warenbestandteile in Betracht kommenden Positionen ist somit gemäß der AV 3 Buchst. b aufzulösen, der zufolge Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen, nach dem Stoff oder Bestandteil eingereiht werden, der ihnen ihren wesentlichen Charakter verleiht, wenn dieser Stoff oder Bestandteil ermittelt werden kann.

19

Es handelt sich hierbei um eine tatsächliche Würdigung auf der Grundlage der festgestellten objektiven Beschaffenheitsmerkmale der Ware (vgl. Senatsurteil vom 7. August 2013 VII R 32/12, BFH/NV 2013, 1954, ZfZ 2014, 72), die das FG ausgehend von seinem Maßstab der praktischen Untrennbarkeit der Warenbestandteile nicht vorgenommen hat und die im zweiten Rechtsgang nachzuholen sein wird. Dabei wird als ein wichtiges Erkenntnismittel die ErlHS zu AV 3 Buchst. b Rz 19.1 zu berücksichtigen sein, der zufolge sich das charakterbestimmende Merkmal einer Ware aus der Art und Beschaffenheit der Bestandteile, aus ihrem Umfang, Menge, Gewicht, dem Wert oder der Bedeutung für die Verwendung der Ware sowie auch aus dem Erscheinungsbild der Ware ergeben kann (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 VII R 8/06, BFH/NV 2007, 1368, ZfZ 2007, 192).

20

3. Das EuGH-Urteil Lemnis Lighting vom 8. Dezember 2016 C-600/15 (EU:C:2016:937, ZfZ 2017, 13) steht nicht entgegen. Der EuGH hat darin zum einen bestätigt, dass Leuchtdioden, die mit weiteren elektronischen Komponenten zusammengefügt sind, nicht vom Wortlaut der Pos. 8541 KN erfasst werden (Rz 45 des EuGH-Urteils). Zum anderen schließt das EuGH-Urteil (das die AV unerwähnt lässt) nicht aus, dass mit weiteren elektronischen Komponenten zusammengefügte Leuchtdioden gleichwohl nach der AV 3 Buchst. b in die Pos. 8541 KN eingereiht werden können.

21

Soweit der EuGH im Urteil in EU:C:2016:937, ZfZ 2017, 13, a.a.O. ausführt, die dort streitigen LED-Lampen bestünden neben Leuchtdioden auch aus zahlreichen anderen Komponenten, die für ihre Funktion erforderlich sind, oder im Urteil vom 2. Oktober 2008 C-411/07 (EU:C:2008:533, ZfZ 2008, 302), die Einfügung einer Verstärkerschaltung sei unschädlich, wenn sie die Merkmale und Eigenschaften des Optokopplers nicht wesentlich ändere, besteht kein Anlass anzunehmen, der EuGH habe seine ständige Rechtsprechung ändern wollen, wonach auf den Wortlaut der Positionen und Unterpositionen der KN, die Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und, soweit in den Positionen und Anmerkungen nichts anderes bestimmt ist, die AV abzustellen ist. Gleiches gilt für das EuGH-Urteil Rohm Semiconductor vom 20. November 2014 C-666/13 (EU:C:2014:2388, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2015, 94).

22

4. Sollte die Würdigung der objektiven Beschaffenheitsmerkmale der streitigen Waren gemäß AV 3 Buchst. b ergeben, dass sie in die Pos. 8541 KN einzureihen sind, käme dieser Position nach Anm. 1 Buchst. f zu Kap. 94 KN Vorrang vor der Pos. 9405 KN zu.

23

5. Ließen sich die streitigen Waren nicht in die Pos. 8541 KN einreihen, wäre zu prüfen, ob sie eine eigene Funktion i.S. der Pos. 8543 KN haben (vgl. EuGH-Urteile in EU:C:2014:2388, HFR 2015, 94, und in EU:C:2016:937, ZfZ 2017, 13). Die Einreihung in diese Position schlösse nach Anm. 1 Buchst. f zu Kap. 94 KN ebenfalls die Pos. 9405 KN aus.

24

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.