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| Streitig ist, inwieweit der Kl im Streitjahr 2010 aus Altgoldlieferungen ein Vorsteuerabzug zusteht. |
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| Die Kl ist eine Gesellschaft, die Gold an- und verkauft. |
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| Ab 2008 wurde ihr und weiteren Unternehmen ihrer Branche zunehmend Altgold, vor allem in Gestalt von Schmuck, von Personen angeboten, die dort zuvor noch nicht in Erscheinung getreten waren. Sie nahm das Material entgegen, analysierte es, ließ es bei einer Scheideanstalt scheiden und verkaufte das gewonnene Edelmetall an eine Bank. Ihren Lieferanten zahlte sie ein Entgelt, das sich nach den Tagespreisen richtete. |
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| 2. a) Ende 2008 erhielt die Steuerfahndung X einen Hinweis, dass bei einer ortsansässigen Bank regelmäßig und in kurzen Zeitabständen von der Kl ausgestellte Barschecks mit hohen sechsstelligen Beträgen vorgelegt würden. Nach dem Eindruck der Bank handelte sich bei den Scheckvorlegern vornehmlich um Personen ausländischer Abstammung, denen oft deutsche Sprachkenntnisse fehlten. Den Bankangestellten fiel auf, dass die genannten Personen häufig von offensichtlich ebenfalls aus dem Ausland stammenden Personen begleitet wurden, die angeblich als Dolmetscher oder Beauftragte fungierten. Das ihr für Edelmetallhändler ungewohnt vorkommende Erscheinungsbild der Scheckvorleger ließ die Bank den Verdacht der Geldwäsche schöpfen. |
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| Bei ihren Ermittlungen stellte die Steuerfahndung X fest, dass die so in Erscheinung getretenen Lieferanten der Kl ihre Unternehmen regelmäßig neu gegründet hatten. Vor diesem Hintergrund erschienen ihr die bei der Kl erfolgten Edelmetallanlieferungen branchenunüblich hoch. |
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| b) Die Steuerfahndung X suchte am 14. November 2008 die Geschäftsräume der Kl auf, um dort in einem gegen deren Lieferanten L geführten Steuerstrafverfahren zu ermitteln. L, im Ausland geboren und unter einer Adresse in Y gemeldet, war arbeitslos. Der deutschen Sprache selbst nicht mächtig, war er regelmäßig von einem Ausländer namens T begleitet worden, der sich gegenüber der Kl als Dolmetscher ausgegeben und die Goldgeschäfte abgewickelt hatte. L hatte eine am 9. September 2008 ausgestellte Gewerbeanmeldung vorgelegt, in der als Geschäftszweck Einzel- und Großhandel mit Textilien und Haushaltswaren sowie An- und Verkauf von Edelmetallen angegeben war. Im Zeitraum zwischen 14. Oktober 2008 und 14. November 2008 hatte er der Kl alle zwei bis drei Tage Altgold im Nettowert von insgesamt x,x Mio. EUR geliefert. Da der Kl die stetig steigenden Mengen zu groß geworden waren, hatte der Geschäftsführer der Kl dem L den Rat erteilt, einen Teil des Altgoldes an ein anderes Unternehmen zu liefern. Dieses hatte L bei der Steuerfahndung X angezeigt. |
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| In einem Gespräch am 14. November 2008 wies die Steuerfahndung X den Geschäftsführer der Kl auf die Verdachtsmerkmale hin, die nach ihren bis dahin geführten Ermittlungen für Umsatzsteuerbetrügereien im Goldhandel typisch waren: |
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| - Unternehmen, die von Branchenfremden neu gegründet wurden - als Unternehmer auftretende Personen mit ausländischem Hintergrund, die der deutschen Sprache nicht mächtig waren und von Dritten begleitet wurden, die sich als Dolmetscher oder Bevollmächtigte ausgaben - Verhandlungen beim Goldankauf, die von Dritten geführt wurden - regelmäßige, in rascher Zeitfolge erfolgte Lieferungen in zunehmenden Mengen - Lieferanten, die nicht über Preise verhandelten - Wunsch nach schnellstmöglicher Bezahlung der Goldlieferungen. |
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| Bei Durchsicht der klägerischen Buchführung fielen der Steuerfahndung weitere Lieferanten auf. Zwischen 8. und 14. November 2008 hatte eine A GmbH Altgold im Nettowert von x,x Mio. EUR angeliefert. Frau A ist eine Ausländerin, die unter einer Adresse in Z auftrat. Als sich die Kl die Steuernummer der A GmbH bestätigen lassen wollte, erhielt sie von deren angeblicher Steuerberatung eine Steuernummer, die auf eine Bau GmbH lautete. Als die Steuerfahndung am 24. November 2008 das Firmengelände der Kl observierte, stellte sie fest, dass Frau A von zwei Ausländern namens Ü und N begleitet wurde und sich selbst völlig passiv verhielt. Bei ihrer Festnahme durch die Kriminalpolizei konnte A keinen festen Wohnsitz in Deutschland nachweisen. Zu den Goldlieferungen befragt, machte sie keine Angaben. Das Wort führte ihr Begleiter, ein Ausländer namens Ü. Er gab sich als Angestellter der A GmbH aus und führte die entsprechenden Geschäftspapiere mit sich. Die Kl wurde am 24. November 2008 darüber informiert, dass Frau A der Umsatzsteuerhinterziehung verdächtig sei. |
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| c) Auf Verlangen ihrer Hausbank stellte die Kl Anfang 2009 von der Zahlung durch Barschecks auf Überweisungen um. Gleichzeitig verlegte sie den Beginn ihrer Annahmezeiten von 7.00 Uhr auf 6.00 Uhr vor und ermöglichte damit, dass die Überweisungen an ihre Lieferanten noch am frühen Nachmittag des Einlieferungstages per Blitzgiro erfolgen konnten. Lieferanten warteten manchmal schon um 2 Uhr nachts vor dem Grundstück der Kl auf die Annahme ihrer Ware, darunter Personen, die Altgold im Wert von mehr als x Mio. EUR in Plastiktüten transportierten. Die Tatsache, dass die Kl als einziges Unternehmen der Branche den Ankaufspreis noch am Ankaufstag zu 100 % auszahlte, sprach sich im Kreis der Lieferanten herum. Später hinzugekommene Neukunden erklärten, dass dies der Grund gewesen sei, bei der Kl anzuliefern. |
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| 3. a) Im Oktober 2009 erfuhr die Steuerfahndung, dass auch ein andernorts durch Anlagegoldverkäufe aufgefallener F e.V. zum Kundenkreis der Kl zählte. Bei der Kl hatte sich der Verein telefonisch durch seinen gesetzlichen Vertreter angemeldet. Sämtliche Anlieferungen waren durch eine Frau F erfolgt, die eine Vollmacht vorgelegt hatte. Bei den zunächst angelieferten Tranchen stellte der Geschäftsführer der Kl einen für Altschmuck ungewöhnlich hohen Feingehalt an Gold fest. Auf sein Verlangen hin wurde der Altschmuck später nur noch in seinem Originalzustand geliefert. Von 3. September 2009 bis 25. Januar 2010 bot der F e.V. der Kl Altgold zum Nettopreis von rund x Mio. EUR an. Bei seiner am 15. Februar 2010 durchgeführten Zeugenvernehmung räumte der Geschäftsführer der Kl ein, dass ihm in seiner langjährigen Berufstätigkeit noch kein eingetragener Verein Altgold angeboten habe. |
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| b) Eine Firma Ö lieferte der Kl von 7. Dezember 2009 bis 6. Mai 2010 Altgold im Wert von ca. ... Mio. EUR. Sie legte der Kl eine am 19. Oktober 2009 ausgestellte Gewerbeanmeldung vor, die als Geschäftszweck neben dem An- und Verkauf von Gold- und Edelmetallen auch Großhandel mit Holzwaren, Verlegung von Bodenbelägen, Bautenschutz und Gebäudereinigung, Im- und Export von Kraftfahrzeugen, An- und Verkauf von Non-Food-Artikeln sowie An- und Verkauf von Antiquitäten auswies. Im Gegensatz zur Kl stellte ein Konkurrent die Ankäufe von der Firma Ö nach wenigen Lieferungen ein. Dort wurde festgestellt, dass es den von der Firma Ö angegebenen Firmensitz „... Straße x“ in M nicht gab. Als es bei einigen ihm von der Firma Ö als Vorlieferanten genannten Juwelieren Nachforschungen angestellt hatte, war ihm mitgeteilt worden, dass man dort die Firma Ö nicht kenne. |
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| c) Die Firma D lieferte der Kl von 30. März 2010 bis 3. Juni 2010 Altgold im Nettowert von ca. ... Mio. EUR. D ist ein Ausländer, der kaum deutsch spricht und keinen Wohnsitz in Deutschland hatte. Er wurde bei der Kl von einem Ausländer namens M eingeführt, der zuvor auch schon für die Firma Ö Altgold angeliefert hatte. Als sich die Firma D als Neukunde anmeldete, sprach der Geschäftsführer ausschließlich mit M. D, der dem Gespräch nur beigewohnt hatte, trat bei der Kl danach nicht mehr in Erscheinung. Die Anlieferungen für die Firma D wurden ausschließlich von M vorgenommen. Eine Vollmacht des M ließ sich die Kl nicht vorlegen. |
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| 4. Wegen der hohen Umsatzzuwächse der Kl seit 2008 fand in ihrem Hause am 9. Juli 2010 eine Besprechung zwischen Vertretern der Finanzverwaltung und ihrer Geschäftsführung statt. Dabei erklärten die Beamten der Finanzverwaltung, es sei ihnen aufgefallen, dass bei der Kl besonders viele Altgoldlieferanten verkehrten, gegen die steuerstrafrechtlich ermittelt werde. Sie teilten dem Geschäftsführer der Kl mit, dass sie die Methoden, mit denen diese die Zuverlässigkeit ihrer Lieferanten prüfe, nicht für ausreichend hielten. Es sei erforderlich, dass sich die Kl von der Identität ihrer Lieferanten überzeuge, indem sie sich deren Ausweispapiere persönlich vorlegen lasse. Die Bitte der Kl, ihr die Namen verdächtiger Lieferanten mitzuteilen, lehnten die Finanzbeamten ab. Sie wiesen die Verantwortlichen der Kl darauf hin, dass die Steuerfahndung X beim größten Teil des angebotenen Altgoldes von einem umsatzsteuerbetrügerischen Hintergrund ausgehe. Die Ermittlungsergebnisse belegten, dass die Altgoldlieferanten ihre Ware teilweise zu über den Tageskursen liegenden Preisen kauften. Es sei zu vermuten, dass die „Handelsspanne“ bzw. der daraus resultierende Gewinn in der beim Goldankauf ausbezahlten Umsatzsteuer bestehe. Es sei zu beobachten, dass erhebliche Beträge der von den Ankäufern auf inländische Konten überwiesenen Gutschriftbeträge sofort bar abgehoben und ins EU-Ausland verbracht würden. Zunehmend fielen auch Ankäufe aus Mitgliedstaaten auf, die dort zu „Nettopreisen“ erfolgten und unter Umgehung der Erwerbsbesteuerung in die Bundesrepublik verbracht würden. |
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| Die von den Finanzbehörden ausgestellten Bescheinigungen seien nicht geeignet, eine Aussage über die Unternehmereigenschaft der Lieferanten zu treffen. Von einer Kenntnis oder einem Kennenmüssen unlauterer Absichten des Lieferanten sei insbesondere dann auszugehen, wenn der Goldankäufer einen Preis gutschreibe, der unter dem marktüblichen Preis liege. Wenn die Kl den Vorsteuerabzug vornehmen und behalten wolle, müsse sie die Unternehmereigenschaft ihres Altgoldlieferanten mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns überprüfen. Die Sorgfaltspflicht könne sich an § 4 Geldwäschegesetz orientieren. Die Kl und ihre Mitarbeiter hätten ihre Branchenerfahrung und ihre speziellen Material- und Marktkenntnisse einzusetzen und ggf. auch Recherchen vorzunehmen. Unerlässlich sei eine saubere und zweifelsfreie Überprüfung der Identität der Geschäftspartner und ihrer Bevollmächtigten. Erhöhte Sorgfalt sei geboten, wenn die Kl von strafrechtlichen Ermittlungen gegen ihre Lieferanten erfahre. Die Auswahl und der Umfang der jeweils zu klärenden Kriterien richteten sich im Einzelfall nach dem Gesamtbild des anbietenden Geschäftspartners. Entscheidend sei letztlich der Eindruck, welchen der Lieferer oder sein Vertreter in einem persönlichen Gespräch hinterlasse. |
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| Als Orientierungshilfe übergab der Bekl der Kl ein Merkblatt mit Merkmalen, die sich nach den Erfahrungen der Steuerfahndung als für Straftaten im Altgoldhandel typisch herausgestellt hatten. Bei den Lieferanten handle es sich meist um Personen, die gemessen an dem avisierten Geschäftsumfang weder über ausreichende Branchen- oder Materialkenntnisse noch über kaufmännische Kenntnisse verfügten. Dies lasse sich durch branchenbezogene Testfragen, durch Fragen zu bisherigen Tätigkeiten und nach den Gründen für den Einstieg in den Edelmetallhandel feststellen. Verdächtig seien als Lieferer auftretende Personen, die aufgrund nicht ausreichender deutscher Sprachkenntnisse von angeblichen Dolmetschern oder Beratern begleitet würden. In solchen Fällen sei darauf zu achten, ob diese die Gesprächsführung übernähmen und über die Modalitäten der Geschäfte entschieden, ohne die als Lieferanten vorgeschobenen Personen ernsthaft zu fragen. Da Umsatzsteuerbetrüger ihren Wohnsitz häufig erst kurze Zeit vor Beginn ihrer gewerblichen Tätigkeit im Inland begründet hätten, solle eine Meldebescheinigung gefordert werden, aus der hervorgehe, wann und von welchem Wohnsitz aus die Anmeldung an der aktuellen Adresse erfolgte. Häufig entsprächen das Auftreten und das Erscheinungsbild der verdächtigen Personen nicht der Seriosität, die man im Edelmetallgeschäft gewohnt sei. Goldankäufer sollten deshalb prüfen, ob sie solchen Personen Wertsachen anvertrauen würden oder ob sie diese früher in ihren Kundenstamm aufgenommen hätten. Bezogen auf die Unternehmen krimineller Lieferanten falle auf, dass diese oft neu gegründet worden seien oder eine Änderung von einem zuvor branchenfremden Geschäftszweck in einen Edelmetallhandel erfahren hätten. Dementsprechend seien nicht nur die aktuelle Gewerbeanmeldung und ggf. ein Handelsregisterauszug, sondern auch Erkundigungen über bisherige oder aktuelle weitere Tätigkeiten beim Gewerbeamt einzuholen. Oft bestehe eine unüblich große Distanz zwischen Geschäftssitz und Wohnort des Unternehmers, des gesetzlichen Vertreters oder Bevollmächtigten oder der Geschäftssitz befinde sich bei einem sog. Büroserviceunternehmen, Business Center oder Telefonservice. Insoweit sei eine Internetrecherche unter Eingabe der Geschäftsadresse in Suchmaschinen und Branchenbüchern hilfreich. Dies gelte auch, wenn der Wohnsitz die Geschäftsanschrift sei. Bei großen Liefermengen sei verdächtig, wenn das Unternehmen weder im Internet noch in Branchenbüchern zu finden sei. Auch ein fehlender Festnetz- und Faxanschluss müsse misstrauisch machen. Verdächtig sei es auch, wenn bei der Geschäftsanbahnung oder im Laufe der Geschäftsbeziehung tägliche bzw. wöchentliche Liefermengen avisiert würden. Dies gelte insbesondere dann, wenn bei der Frage nach der Herkunft des Goldes nur wenige, ausschließlich gewerbliche Vorlieferanten genannt würden. Auch erhebliche Steigerungen der Liefermengen müssten misstrauisch machen. Hinweise für eine beabsichtigte Umsatzsteuerhinterziehung könnten ferner die Anlieferung des Materials durch wechselnde Personen, das Fehlen ernsthafter Preisverhandlungen, der Wunsch nach Zahlungen auf Konten eines Dritten, wechselnde Bankverbindungen oder Bankverbindungen außerhalb des Geschäfts- oder Wohnsitzes sein. |
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| Die streitgegenständlichen Ankäufe: |
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| 1. Anfang April 2010 trat die ausländische Staatsangehörige U an die Kl heran. Auf Verlangen des Geschäftsführers der Kl legte sie eine Bescheinigung des Finanzamtes H vom 12. Januar 2010, ihren ausländischen Personalausweis, ihre Gewerbeanmeldung vom 6. November 2009 und ein Musterexemplar von ihr verwendeter Rechnungsvordrucke vor, auf dem unter der Firma „U Schmuck“ die Anschrift „... Weg x, Plz H“, eine Mobiltelefonnummer, ihre inländische Bankkontonummer und ihre Steuernummer abgedruckt waren. Nachdem die Kl hiervon Kopien gefertigt und U ihre Umsatzsteuerpflichtigkeit versichert hatte, vereinbarten die Parteien, über die Altgoldlieferungen im Gutschriftverfahren abzurechnen. U unterschrieb die Vereinbarung und versah sie mit einem Stempelabdruck mit ihrem Namen und der Anschrift „... Weg x, Plz H“. |
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| Zwischen 15. und 30. April 2010 lieferte U an 10 Tagen knapp ... Kilogramm Altgold bei der Kl an. Die Kl erteilte darüber Gutschriften über Entgelte im Gesamtbetrag von ...,... EUR und Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt ...,... EUR. Die Gutschriften sandte sie an die ihr von U genannte Anschrift im ... Weg x in H, die gutgeschriebenen Beträge überwies sie per Blitzgiro an U. In ihrer am 24. Juni 2010 beim Bekl eingereichten Umsatzsteuervoranmeldung für April 2010 zog sie Vorsteuer in Höhe von ...,... EUR ab. |
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| U hatte sich am 3. November 2009 unter Vorlage ihres Passes und eines auf den 1. November 2009 datierten Mietvertrages beim Einwohnermeldeamt der Stadt H unter der Anschrift „... Weg x, Plz H“ mit Hauptwohnsitz angemeldet. Der in der mündlichen Verhandlung als Zeuge vernommene Umsatzsteuer-Sonderprüfer Fe vom Finanzamt H suchte das genannte Gebäude am 11. Mai 2010 auf. Den Namen „U“ fand er weder auf den Briefkästen noch auf den Haustürklingeln. Die von ihm befragte Frau M, die --wären die Angaben von Frau U richtig gewesen-- deren unmittelbare Wohnungsnachbarin hätte sein müssen, konnte sich an eine Frau U nicht erinnern. Es sei ihr aber aufgefallen, dass hin und wieder Post im Flur gelegen habe. Eine vom Zeugen Fe eingeholte Auskunft bei der Vermietungsgesellschaft Immo GmbH in D ergab, dass dort keine Mieterin „Frau U“ bekannt war. Der Mietvertrag stamme nicht von der Immo GmbH, es habe auch keinen Herrn „Ö.“ gegeben, der befugt gewesen sei, für die Vermieterin Mietverträge zu unterschreiben. |
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| Gegenüber dem Gewerbeamt der Stadt H hatte U am 6. November 2009 behauptet, im ... Weg x in H ein Gewerbe für den Verkauf von Schmuck zu betreiben. Nach Vorlage der Gewerbeanmeldung und eines Fragebogens zu ihrer steuerlichen Erfassung hatte das Finanzamt H der U eine Steuernummer erteilt. Mit Schreiben vom 12. Januar 2010 hatte es ihr bescheinigt, dass sie unter dieser Steuernummer für die Einkommensteuer und die Umsatzsteuer geführt werde und dass die vom Finanzamt festgesetzten und fälligen Steuern entrichtet worden seien. |
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| U hat für ihre Altgoldlieferungen an die Kl keine Umsatzsteuer angemeldet. Sie ist spurlos verschwunden. |
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| 2. In einem Lokal erfuhr der damals in R wohnhafte ausländische Staatsangehörige P im April 2010, dass mit dem Handel mit Altgold Geld zu verdienen sei. Ein sich als S vorstellender Mann erklärte ihm, er müsse dazu nur ein Bargeldkonto eröffnen, seinen vorhandenen Gewerbebetrieb erweitern und sich eine Bescheinigung seines Finanzamts beschaffen, wonach er seinen steuerlichen Pflichten nachkomme. Mit den genannten Unterlagen solle P dann ein Kundenkonto bei einem Goldankäufer eröffnen. S begleitete P zur Bank, wo letzterer ein Bargeldkonto eröffnete. Am 3. Mai 2010 erklärte P gegenüber der Stadt R, dass er seinen Betrieb für Raumausstattung, Fliesen-, Platten- und Mosaiklegen, Garten- und Landschaftsbau, Abbruch und Demontage, Kleintransporte und Trockenbau um den Handel mit Metallwaren erweitere. |
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| Das Gespräch zur Neuaufnahme des Kunden P im Mai 2010 führte der Geschäftsführer der Kl nicht mit diesem, sondern mit S. Die von S übergebene Vollmachtsurkunde erhielt die Erklärung, dass P in den nächsten Tagen persönlich bei der Kl vorbeikommen wolle; eine Unterschrift P‘s und ein Datum fehlten. Die Kl ließ sich eine Bescheinigung gemäß § 5 FreizügG/EU vorlegen, wonach P Staatsbürger der EU und zum freien Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland berechtigt sei, eine Kopie der Gewerbeummeldung vom 3. Mai 2010, die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer P’s und eine Bescheinigung des Finanzamts E, wonach dieser seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten versteuern dürfe. Da die Kl im Gutschriftverfahren abrechnen wollte, nahm sie eine „Bestätigung und Vereinbarung betreffend Gutschriftsabrechnung“ zu ihren Akten, wonach sie für die abgeschlossenen Geschäfte die Abrechnungslast trägt. Darin wird erklärt, P sei umsatzsteuerpflichtig und zum gesonderten Ausweis der Steuer berechtigt und werde beim Finanzamt E unter der Steuernummer .../... geführt. Die Vereinbarung enthält ferner die Versicherung, dass P der KL eine Änderung seiner umsatzsteuerlichen Verhältnisse umgehend mitteile. Die „Bestätigung und Vereinbarung betreffend Gutschriftsabrechnung“ trägt die Unterschrift „P“ sowie das Datum 11. Mai 2010. P bestreitet, diese Unterschrift geleistet zu haben. |
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| Für P wurden zwischen 12. Mai 2010 und 29. Juli 2010 in insgesamt ... Fällen rund ... Kilogramm Altgold bei der Kl angeliefert. Die Anlieferungen erfolgten durch S; P bestreitet, jemals selbst im Hause der Kl gewesen zu sein. Für das gelieferte Gold berechnete der KL Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt ...,... EUR. Über sämtliche Lieferungen erteilte sie Gutschriften, die sie an P sandte; S erhielt Mehrfertigungen. Ein Postrücklauf erfolgte nicht. Die gutgeschriebenen Beträge überwies die Kl auf die Konten P‘s. |
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| Für seine Bankkonten hatte P dem S und dessen Mitarbeiter N Vollmachten erteilt. Diese hoben die dorthin von der Kl überwiesenen Beträge ab. P erhielt für seine Mitwirkung an den Goldlieferungen lediglich insgesamt ... EUR. Umsatzsteuer aus den Lieferungen an die Kl meldete er nicht an. |
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| 3. Am 1. Juli 2010 erschien im Hause der Kl der Ku. Er legte ihrem Geschäftsführer eine mit „29.06.2010“ datierte Vollmacht vor, wonach er bevollmächtigt sei, im Namen der in Z ansässigen Telefon GmbH Erklärungen und Unterschriften zu leisten und mit der Kl einen Kooperationsvertrag für die Abgabe von Edelmetallen zu vereinbaren. Die am 18. Mai 2010 gegründete Telefon GmbH hatte am 29. Juni 2010 eine Gewerbe-Ummeldung vorgenommen, weil sie über den Handel und Vertrieb von Telekommunikationsdienstleistungen sowie die Erbringung von Serviceleistungen im Geschäftsfeld Telekommunikation hinaus künftig auch den Groß- und Einzelhandel mit Edelmetallen betreiben wollte. Die Kl nahm neben der Gewerbe-Ummeldung vom 29. Juni 2010, eine Kopie des ausländischen Personalausweises des Telefon GmbH-Geschäftsführers K, eine Kopie des in H ausgestellten deutschen Personalausweises des Ku, eine am 29. Juni 2010 vom Finanzamt für Körperschaften Z ausgestellte Bescheinigung, wonach die Telefon GmbH dort unter der Steuernummer .../... geführt werde und einen am 10. Juni 2010 erstellten Handelsregisterauszug der Telefon GmbH zu ihren Akten. Die Kl ließ Ku eine „Bestätigung und Vereinbarung betreffend Gutschriftsabrechnung“ unterzeichnen, wonach die Abrechnungslast für die abgeschlossenen Geschäfte bei ihr liege. In der Vereinbarung wird erklärt, dass die Telefon GmbH umsatzsteuerpflichtig und zum gesonderten Ausweis der Steuer berechtigt sei und beim Finanzamt Z unter der Steuernummer .../... geführt werde. Die Vereinbarung enthält ferner die Versicherung, dass die Telefon GmbH der Kl. eine Änderung ihrer umsatzsteuerlichen Verhältnisse umgehend mitteile. |
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| Zwischen 2. Juli 2010 und 8. Oktober 2010 lieferte Ku in insgesamt x Fällen rund ... Kilogramm Altgold an die Kl. Das Material wurde von der Firma FM zur Kl gebracht, die dort für mindestens fünf weitere Lieferanten als Botin und Inkassobevollmächtigte auftrat. Über sämtliche Lieferungen erteilte die Kl Gutschriften, die sie an die ihr genannte Firmenanschrift der Telefon GmbH in der ... Allee x in Z sandte. Ein Postrücklauf war nicht zu verzeichnen. Die gutgeschriebenen Beträge einschließlich gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer im Gesamtbetrag von ...,... EUR überwies sie auf das Bankkonto der Gesellschaft. |
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| Die der Kl gegenüber genannte Geschäftsadresse der Telefon GmbH in der ... Allee x in Z war die Anschrift eines Büroserviceunternehmens, das lediglich mit der Postannahme beauftragt war. Dessen Inhaberin erklärte der Umsatzsteuerprüferin In vom Finanzamt für Körperschaften in Z gegenüber, dass der Geschäftsführer der Telefon GmbH dort lediglich in regelmäßigen Abständen die Post abgeholt, aber keine wirtschaftlichen Tätigkeiten für die Gesellschaft entfaltet habe. Dementsprechend habe die Vergütung auch nur monatlich 38 EUR zuzüglich Umsatzsteuer betragen. Ergänzend wird auf den Aktenvermerk der Prüferin In vom 15. Dezember 2010 Bezug genommen. Umsatzsteuer aus den Lieferungen an die Kl meldete die Telefon GmbH nicht an. |
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| 4. Am 23. Juli 2010 unterzeichnete der türkische Staatsangehörige Ya aus D das von der Kl für Altgoldlieferanten verwendete Formular „Bestätigung und Vereinbarung betreffend Gutschriftsabrechnung“. Sein dazu verwendeter Stempel weist ihn als Inhaber eines Gewerbebetriebes für Kleintransporte und Kurierdienste sowie den An- und Verkauf von Edelmetallen aus. Es wurde vereinbart, dass die Abrechnungslast für die abgeschlossenen Geschäfte bei der Kl liege. In der Vereinbarung erklärt Ya, dass er umsatzsteuerpflichtig und zum gesonderten Ausweis der Steuer berechtigt sei und beim Finanzamt W unter der Steuernummer .../... geführt werde. Die Vereinbarung enthält ferner die Versicherung, dass der Unterzeichner der Kl eine Änderung seiner umsatzsteuerlichen Verhältnisse umgehend mitteile. Die Kl kopierte den Pass Ya‘s, dessen am 2. Juni 2010 bei der Stadt D erfolgte Gewerbeanmeldung, eine Bestätigung des Finanzamts W vom 23. Juni 2010, dass Ya unter der Steuernummer .../... für die Einkommensteuer geführt werde und dessen VR-BankCard. |
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| Am 26. Juli 2010, am 8. September 2010 und am 15. September 2010 lieferte Ya insgesamt rund x Kilogramm Altgold an die Kl. Vereinbarungsgemäß rechnete die Kl mit ihm über Gutschriften ab, die sie an die von ihm genannte Firmenanschrift sandte. Ein Postrücklauf erfolgte nicht. Die gutgeschriebenen Beträge einschließlich der gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge im Gesamtbetrag von ...,... EUR überwies die Kl auf das Bankkonto Ya‘s. |
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| Ya hatte dem Finanzamt W anlässlich seiner Betriebseröffnung am 15. Juni 2010 einen ausgefüllten Fragebogen vorgelegt, wonach er die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen wolle. Mit Schreiben vom 2. August 2010 hatte sein Steuerberater dem Finanzamt mitgeteilt, dass sein Mandant rückwirkend zum 1. Juni 2010 die Istversteuerung beantrage. Beim Finanzamt W ließ Ya von seinem Steuerberater auf elektronischem Wege Umsatzsteuervoranmeldungen für Juli und September 2010 einreichen und am 20. Juni 2012 die Umsatzsteuererklärung für 2010. Darin war die Umsatzsteuer aus den drei Lieferungen an Kl erklärt. Allerdings standen der Umsatzsteuerschuld Vorsteuerbeträge gegenüber, die aus Rechnungen einer H. GmbH in O und aus den von der Kl in Rechnung gestellten Scheidekosten in Höhe von brutto ...,... EUR stammten. Eine Gegenüberstellung der Rechnungen der H. GmbH an Ya und der Gutschriften der Kl ergibt folgendes Bild: |
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| Die Firma H. GmbH war im Bereich Hoch- und Tiefbau, Gerüstbau und Rohrleitungsarbeiten, Trockenbau, Schweißarbeiten sowie Einbau genormter Fertigteile, Gebäudereinigung und Durchführung von Kleintransporten tätig. Sie gab letztmals für April 2010 Umsatzsteuervoranmeldungen ab. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung erklärte Ya den Steuerfahndern, er habe das in X abgelieferte Gold von einem „Herrn H.“ bekommen, an den er auch den bei der Kl erzielten Erlös weitergegeben habe. Einen „Herrn H.“ gibt es indes nicht. Geschäftsführer der H. GmbH war ab 1. April 2010 ein gewisser Herr Ka, der seit dem Herbst 2010 verschwunden ist. |
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| Der Senat hat Ya in der mündlichen Verhandlung als Zeugen vernommen. Befragt, wie er zum Goldgeschäft und an das von ihm an die Kl gelieferte Gold gekommen sei, erklärte er, bei einem Aufenthalt in einem Lokal in O habe ihm ein in einem benachbarten Lokal beschäftigter Landsmann erzählt, dass man mit der Lieferung von Altgold Geld verdienen könne. Er habe angenommen, dass ihm sein Landsmann mit seiner Einbeziehung in das Goldgeschäft etwas Gutes habe antun wollen. In O sei ihm zwar gesagt worden, er solle das ihm übergebene Gold zu einem Händler bringen, der Name der Kl sei aber nicht gefallen. Die Kl habe er durch Zufall im Internet entdeckt. Mit dem dortigen Chef habe er nicht gesprochen, auch beim Aufnahmegespräch nicht. Eine Unterhaltung habe nicht stattgefunden, er sei nicht gefragt worden, woher er sein Altgold beziehe. Befragt, wie die Kl zu den Kopien seines Passes, seiner am 2. Juni 2010 erfolgten Gewerbeanmeldung, der Bestätigung des Finanzamts W vom 23. Juni 2010 und der VR-BankCard gekommen sei, erklärte Ya, er habe diese Papiere immer in der Tasche gehabt. Er habe zwar das Formular „Bestätigung und Vereinbarung betreffend Gutschriftsabrechnung“ bei der Kl unterschrieben, wisse aber nicht, was es bedeutete. Die von der Kl erhaltenen Briefe habe er nicht verstanden und sie an seinen Steuerberater weitergegeben. Hinsichtlich der Herkunft der Mittel für an ihn erfolgte Goldlieferungen verstrickte sich der Zeuge Ya in Widersprüche. Im Laufe der Vernehmung erstreckten sich die Erklärungsbemühungen von Darlehen Verwandter bis zur vorweggenommenen Erbschaft vom Schwiegervater. Mit dem Goldgeschäft habe er, Ya, wieder aufgehört, weil „Spiele gespielt“ worden seien, die ihm nicht gefallen hätten. Letztlich habe er Verluste gemacht. |
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| 5. Der ausländische Staatsangehörige Me lieferte im Zeitraum zwischen 1. September bis 28. Dezember 2010 ... Mal Altgold an die Kl, insgesamt rund ... Kilogramm. Bei der Neuaufnahme des Kunden kopierte der Geschäftsführer der Kl dessen Ausweis und nahm die Kopie zu den Akten. Darüber hinaus ließ er sich die Bankkarten Me‘s vorlegen. Aus der vorgelegten Gewerbeummeldung ist ersichtlich, dass Me am 22. Juli 2010 seinen Tischlerbetrieb in L um den Kauf und Verkauf von Edelmetall (Gold, Silber) erweitert hatte. Am 31. August 2010 unterzeichnete Me das von der Kl für Altgoldlieferanten verwendete Formular „Bestätigung und Vereinbarung betreffend Gutschriftsabrechnung“. Es wurde vereinbart, dass die Abrechnungslast für die abgeschlossenen Geschäfte bei der Kl liege. In der Vereinbarung erklärt Me, dass er umsatzsteuerpflichtig und zum gesonderten Ausweis der Steuer berechtigt sei und beim Finanzamt U unter der Steuernummer .../... geführt werde. Die Vereinbarung enthält ferner die Versicherung, dass der Unterzeichner eine Änderung seiner umsatzsteuerlichen Verhältnisse umgehend mitteilen werde. Me übergab der Kl auch eine am 10. August 2010 vom Finanzamt T –Verwaltungsstelle U- gefertigte Mitteilung, wonach die Steuernummer .../... –.../... für seinen Betrieb „An- und Verkauf von Edelmetallen“ gelte: Die Steuernummer umfasse die Anlage EÜR. Dazu ist ausgeführt: „Wird der Gewinn für Ihren o.g. Betrieb/Ihre o.g. Tätigkeit nach § 4 Abs. 3 EStG durch den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ermittelt, ist eine Gewinnermittlung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck (Anlage EÜR) abzugeben. Von dieser Verpflichtung kann nur abgesehen werden, wenn die Summe der Betriebseinnahmen weniger als 17.500 EUR beträgt. In diesen Fällen kann an Stelle des amtlichen Vordrucks eine formlose Gewinnermittlung beigefügt werden.“ Im Abschnitt „Die Steuernummer umfasst folgende Steuerarten bzw. Besteuerungsvorgänge“ ist das Feld für die Umsatzsteuer nicht angekreuzt. |
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| Wie vereinbart, rechnete die Kl mit Me über Gutschriften ab. Die gutgeschriebenen Beträge einschließlich Umsatzsteuer in der Gesamtsumme in Höhe von ...,... EUR überwies sie auf die von Me angegebenen Bankkonten. |
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| Me hatte seinen Handwerkbetrieb am 10. März 2009 begonnen und im Fragebogen zu seiner steuerlichen Erfassung angegeben, als Kleinunternehmer handeln zu wollen. Die nach § 19 Abs. 2 Satz 1 UStG mögliche Option zur Regelbesteuerung hat er nicht erklärt. Für das Jahr 2009 reichte Me weder eine Gewinnermittlung noch eine Umsatzsteuererklärung ein. Auch seine Umsätze aus den Goldanlieferungen bei der Kl im Jahr 2010 erklärte Me nicht. |
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| 6. Am 23. September 2010 suchte der unter dem Falschnamen „K. Maker“ auftretende deutsche Staatsangehörige Ä geschäftlichen Kontakt zur Kl. Ein Ausländer namens „Reza“ hatte Ä im Frühsommer 2010 versprochen, er könne „eine Stange Geld verdienen“, wenn er von ihm, Reza, beschafftes Altgold bei der Kl anliefere. Daraufhin hatte sich Ä im Juli 2010 einen gefälschten ausländischen Pass auf den Namen „K. Maker“ besorgt. Unter dessen Vorlage hatte er bei der Stadt N zunächst unter der Anschrift „Ka ... Straße 7“ und wenig später unter der Anschrift „Ka ... Straße 5“ einen Wohnsitz angemeldet. Am 15. Juli 2010 hatte Ä beim Gewerbeamt der Stadt N unter dem Namen „K. Maker“ und unter der Anschrift „Ka ... Straße 7“ ein Gewerbe für den Handel mit Gold- und Edelmetallen angezeigt. Wenig später hatte er ebenfalls unter seinem Falschnamen mehrere Bankkonten eröffnet und sich EC-Karten ausstellen lassen. Ebenfalls unter Verwendung seines Falschnamens und der Anschrift „Ka ... Straße 5“ hatte er sich beim Finanzamt N steuerlich registrieren und eine Steuernummer zuteilen lassen. Das Finanzamt hatte ihm mit Schreiben vom 9. September 2010 bescheinigt, dass er unter dieser Steuernummer für die Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer geführt werde und dass die vom Finanzamt festgesetzten und fälligen Steuern entrichtet worden seien. |
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| Auf Verlangen des Geschäftsführers der Kl legte Ä die Bescheinigung des Finanzamtes N vom 9. September 2010, seinen gefälschten Reisepass, seine Gewerbeanmeldung vom 15. Juli 2010, eine Bestätigung des Bundesamts für Steuern über die erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und seine von der N Bank ausgestellte EC-Karte vor. Daneben gab er eine Mobilfunktelefonnummer und eine inländische Festnetznummer an. Nachdem die Kl hiervon Kopien gefertigt und Ä die Umsatzsteuerpflichtigkeit des angeblichen Unternehmers „K. Maker“ versichert hatte, vereinbarten die Parteien, dass über die Altgoldlieferungen im Gutschriftverfahren abgerechnet werden solle. Wenige Tage später fragte die bei der Kl angestellte A bei der Steuerfahndung an, ob dort ein „K. Maker“ bekannt sei, was verneint wurde. Hätten die Finanzbehörden auf einen Hinterziehungsverdacht hingewiesen, wäre die Geschäftsbeziehung abgebrochen worden. Dies war im Hause der Kl so üblich und wurde in anderen Fällen praktiziert. |
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| Zwischen 28. September 2010 und 1. Dezember 2010 lieferte Ä alias „K. Maker“ ...-mal Altgold bei der Kl an, insgesamt rund ... Kilogramm. Diese erteilte darüber Gutschriften, die wie folgt betrugen: |
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...,... EUR Umsatzsteuer, |
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...,... EUR Umsatzsteuer, |
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...,... EUR Umsatzsteuer. |
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| Die Kl sandte die Gutschriften in die Ka ... Straße 5 in N. Keiner der Briefe kam zurück. Die gutgeschriebenen Beträge überwies sie auf die beiden vom vermeintlichen „Maker“ angegebenen Bankkonten. Die genannten Umsatzsteuerbeträge zog sie in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen für September, Oktober und November 2010 als Vorsteuer ab. |
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| Am 28. November 2010 legte Ä alias „Maker“ der Kl eine ihm von dem Werttransunternehmen WERT erteilte Anlieferungsvollmacht vor und forderte sie auf, für die zukünftig geplanten Anlieferungen von Altgold die Überweisungen auf das Konto der Firma WERT vorzunehmen. Für eine Lieferung am 29. November 2010 geschah dies so; am Morgen des 30. November 2010 überwies die Kl ...,... EUR auf das Bankkonto der WERT. Als Ä der Kl am 1. Dezember 2010 erneut Material liefern wollte, wurde er von der Kriminalpolizei festgenommen. Der Kl war nicht bekannt, dass „K. Maker“ ein Falschname war. Umsätze aus seinen Goldanlieferungen bei der Kl erklärte Ä alias „Maker“ nicht. |
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| 7. Ed hatte bei der Stadt K am 2. August 2010 einen Gewerbebetrieb angemeldet, dessen Gegenstand neben Kleintransporten, Kurierdiensten und Abbrucharbeiten der Handel mit Edelmetallen sein sollte. Als er sich bei der Kl als Neukunde bewarb, fertigte ihr Geschäftsführer Kopien der Gewerbeanmeldung und seines Ausweises und nahm sie zu den Akten. Darüber hinaus überprüfte er die Bankkarte Ed‘s. Am 22. Oktober 2010 unterzeichnete Ed das von der Kl für Altgoldlieferanten verwendete Formular „Bestätigung und Vereinbarung betreffend Gutschriftsabrechnung“. Es wurde vereinbart, dass die Abrechnungslast für die abgeschlossenen Geschäfte bei der Kl liege. Ed erklärte, dass er umsatzsteuerpflichtig und zum gesonderten Ausweis der Steuer berechtigt sei und beim Finanzamt K unter der Steuernummer .../... geführt werde. Die Vereinbarung enthält ferner die Versicherung, dass der Unterzeichner eine Änderung seiner umsatzsteuerlichen Verhältnisse umgehend mitteile. Ed übergab der Kl auch eine vom Finanzamt K gefertigte Mitteilung, wonach er die Steuernummer .../... erhalte, ferner eine Bescheinigung des Finanzamtes K vom 22. Oktober 2010, dass er unter der genannten Steuernummer auch für Umsatzsteuerzwecke geführt werde. |
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| Zwischen 26. Oktober 2010 und 17. Dezember 2010 lieferte Ed in ... Fällen insgesamt rund x Kilogramm Altgold bei der Kl an. Wie vereinbart, rechnete die Kl mit ihm über Gutschriften ab, worin Umsatzsteuer im Gesamtbetrag von ...,... EUR gesondert ausgewiesen war. Die Kl überwies die gutgeschriebenen Beträge auf Ed’s Bankkonto. |
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| Beim Finanzamt K ließ Ed seine Steuerberaterin Umsatzsteuer-Voranmeldungen für Oktober bis Dezember 2010 abgeben. Der Umsatzsteuer aus seinen Goldlieferungen waren Vorsteuerbeträge aus Rechnungen gegenüber-gestellt, die auf eine „Fa Itali Donna Gr... Straße x - Plz R ausgestellt waren. Weil die Firma Itali für Oktober bis Dezember 2010 keine Voranmeldungen abgegeben hatte, ermittelte die Steuerfahndung des Finanzamtes W. Dabei erhielt sie vom Bundeskriminalamt die Mitteilung, dass es sich bei der von der angeblichen Donna Itali verwendeten italienischen Identitätskarte um eine Fälschung handelte. Im Schriftverkehr mit dem Finanzamt, auf den Rechnungen und auf dem Firmenstempel wurden Telefon- und Faxnummern verwendet, bei denen es sich um Anschlüsse eines in R ansässigen Internet-Cafés handelte. |
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| Der Senat hat Ed in der mündlichen Verhandlung als Zeugen vernommen. Dieser erklärte, ein gewisser He habe ihn in den Goldhandel eingeführt. Dieser habe wohl Geschäftsbeziehungen zur Kl gehabt und ihn zum Aufnahmegespräch begleitet. In X seien sie vom Geschäftsführer der Kl empfangen worden. Das Gespräch habe zwischen 10 und 15 Minuten gedauert. Der Geschäftsführer habe gefragt, ob er ein Goldgeschäft habe. Er, Ed, habe dies verneint und erklärt, dass er sein Gold von Goldgeschäften beziehe. An den weiteren Inhalt des Gesprächs könne er sich nicht erinnern. In seiner Vernehmung vor Gericht erklärte Ed, er habe weder einschlägige Erfahrungen noch Geld besessen. He habe ihm aber gesagt, das mache nichts, die Goldankäufe würden auf Kommissionsbasis abgewickelt. Einmal habe er das bei der Kl anzuliefernde Gold von He bekommen, später von einem Ausländer, dessen Namen er nicht kenne. Bei dem Gold habe es sich um alten Schmuck gehandelt, der ihm in Mengen zwischen einem halben und einem Kilo in Plastiktüten übergeben worden sei. Befragt, warum sein Lieferant nicht selbst zur Kl gefahren sei, meinte Ed, dieser sei wohl zu sehr anderweitig beschäftigt gewesen. Man sei sehr früh morgens zur Kl gefahren, schon um 6 Uhr hätten auf dem Parkplatz der Kl viele Fahrzeuge gestanden. Dort habe er andere Goldlieferanten getroffen, denen er selbst niemals Gold anvertraut hätte. Diese Personen hätten einen ungepflegten Eindruck gemacht, Schuhe für 5 EUR getragen, aber zwei Taschen voll Gold mit sich geführt. Für ihn, Ed, habe der Goldhandel kein Risiko bedeutet, denn er habe das Geld ja immer bekommen, bevor er es an seinen Lieferanten weiterreichte. Mit dem Goldhandel habe er aufgehört, als sich keiner mehr bei ihm gemeldet habe. Im Januar 2011 seien seine Geschäftspartner verschwunden. Obwohl er selbst beim Goldhandel wohl keinen Verlust gemacht habe, fühle er sich im Nachhinein ausgenutzt und betrogen. |
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| 8. Bei der Stadt C wurde unter dem Namen Öz am 26. August 2010 zum 1. Juli 2010 ein Gewerbebetrieb angemeldet, dessen Gegenstand der Handel mit Schmuck und Gold sein sollte. Der Betriebsinhaber wohnte angeblich in der „Su...Straße x, Plz C“, was tatsächlich aber nicht der Fall war. Geschäftsadresse sollte die X-Allee in D sein. Unter der Geschäftsanschrift ist ein Büroservice-Unternehmen ansässig, dass im Falle „Öz“ mit der Annahme und Weiterleitung von Post beauftragt war. Bevor sich die Kl am 4. November 2010 vom angeblichen „Öz“ zum ersten Mal Altgold und Altsilber liefern ließ, forderte ihr Geschäftsführer die Vorlage einer Kopie der Gewerbeanmeldung vom 26. August 2010, des --was er nicht wusste: gefälschten-- ausländischen Passes des „Öz“ und einer an diesen adressierten Mitteilung des Finanzamtes C vom 7. September 2010, wonach „Öz“ für Zwecke der Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer unter der Steuernummer .../... geführt werde. Darüber hinaus überprüfte er die Bankverbindung der ihm gegenüber als „Öz“ auftretenden Person, indem er sich die Eröffnung des Geschäftskontos bei der Bank bestätigen ließ. Am 3. November 2010 ließ sich die Kl ihr für Altgoldlieferanten verwendetes Formular „Bestätigung und Vereinbarung betreffend Gutschriftsabrechnung“ von „Öz“ unterzeichnen. Es wurde vereinbart, dass die Abrechnungslast für die abgeschlossenen Geschäfte bei der Kl liege. In der Vereinbarung wird erklärt, dass der mit Steuernummer, Geschäftsadresse und Telefonnummer bezeichnete Lieferant umsatzsteuerpflichtig und zum gesonderten Ausweis der Steuer berechtigt sei und beim Finanzamt C unter der Steuernummer .../... geführt werde. Die Vereinbarung enthält ferner die Versicherung, dass der Unterzeichner eine Änderung seiner umsatzsteuerlichen Verhältnisse umgehend mitteile. |
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| Zwischen 4. und 12. November 2010 lieferte die als „Öz“ auftretende Person x-mal Altgold bei der Kl an, insgesamt rund ... Kilogramm. Wie vereinbart, rechnete die Kl über Gutschriften ab, die an die Anschrift in der „X-Allee“ in D versandt wurden. Ein Postrücklauf erfolgte nicht. Die Kl überwies die Gutschriftbeträge einschließlich gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer im Gesamtbetrag von ...,... EUR auf das Bankkonto des „Öz“. Umsatzsteuer aus den Goldanlieferungen bei der Kl wurde nicht angemeldet. |
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| 9. Bei der Stadt C wurde am 26. August 2010 unter dem Namen Ba ein Gewerbebetrieb angemeldet, dessen Gegenstand der Handel mit Altgold sein sollte. Der Betriebsinhaber, der in Wahrheit Gü hieß, wohnte angeblich in der „Su...Straße x, Plz C“, Geschäftsadresse sollte die X-Allee in D sein. Unter der Geschäftsanschrift ist ein Büroservice-Unternehmen ansässig, dass lediglich mit der Annahme und Weiterleitung von Post beauftragt war. Bevor Gü alias Ba bei der Kl am 8. November 2010 zum ersten Mal Altgold anlieferte, ließ sich deren Geschäftsführer eine Kopie der Gewerbeanmeldung vom 26. August 2010 vorlegen, ferner den ausländischen Pass des angeblichen Ba sowie an diesen adressierte Bescheinigungen des Finanzamtes C vom 8. September 2010, wonach Ba für Zwecke der Umsatzsteuer und Gewerbesteuer unter der Steuernummer .../... geführt werde, alle festgesetzten Steuern bezahlt seien und er zur Besteuerung der Umsätze nach vereinnahmten Entgelten berechtigt sei. Am 8. November 2010 ließ sich die Kl ihr für Altgoldlieferanten verwendetes Formular „Bestätigung und Vereinbarung betreffend Gutschriftsabrechnung“ von der als Ba auftretenden Person unterzeichnen. Es wurde vereinbart, dass die Abrechnungslast für die abgeschlossenen Geschäfte bei der Kl liegen solle. In der Vereinbarung wird erklärt, dass der mit Steuernummer, Geschäftsadresse und Telefonnummer bezeichnete Lieferant umsatzsteuerpflichtig und zum gesonderten Ausweis der Steuer berechtigt sei und beim Finanzamt C unter der Steuernummer .../... geführt werde. Die Vereinbarung enthält ferner die Versicherung, dass der Unterzeichner eine Änderung seiner umsatzsteuerlichen Verhältnisse umgehend mitteile. |
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| Zwischen 8. und 17. November 2010 lieferte Gü alias Ba der Kl x-mal Altgold, insgesamt rund x Kilogramm. Über drei Lieferungen wurde vereinbarungsgemäß mit Gutschriften abgerechnet. Diese wurden an die Geschäftsanschrift des vermeintlichen Ba versandt und kamen von dort nicht zurück. Die Kl überwies die Gutschriftbeträge einschließlich der gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer im Gesamtbetrag von ...,... EUR auf das ihr für Ba genannte Bankkonto. Umsatzsteuer aus den Goldanlieferungen bei der Kl wurde nicht angemeldet. |
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| 1. Nachdem U Ende Mai 2010 bei der vom Finanzamt H durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung an der von ihr verwendeten Anschrift im ... Weg x in H nicht angetroffen wurde und eine Kontaktaufnahme mit ihr auch sonst nicht möglich war, wertete das Finanzamt die Abrechnungen zwischen der Kl und U als „Scheinrechnungen“. |
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| 2. Gegen P ermittelte die Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes VI. P machte dort am 19. Mai 2011 umfangreiche Angaben. Die Steuerfahndung kam zu dem Ergebnis, dass P selbst keine unternehmerische Tätigkeit ausgeübt habe. Unternehmer seien vielmehr Hintermänner gewesen, welche P vorgeschoben hätten. |
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| 3. Die Altgoldlieferungen an die Kl waren Gegenstand einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung, welche das Finanzamt für Körperschaften Z bei der Telefon GmbH durchführte. Da sich diese der Anschrift eines Büroserviceunternehmens bediente, gelangte das Finanzamt für Körperschaften Z zu der Auffassung, dass der GmbH ein tatsächlicher Geschäftssitz und damit die Unternehmereigenschaft fehle. |
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| 4. Gegen den zuvor jahrelang als Lagerarbeiter eines Gemüsehandels tätigen Ya ermittelte die Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes W. Nach der Vernehmung ging das Finanzamtes W davon aus, dass dieser nicht auf eigene Verantwortung und Rechnung gehandelt und kein Unternehmerrisiko getragen habe. Es stelle sich vielmehr so dar, dass er lediglich gegen einen Lohn in Höhe von ... EUR als Bote für andere gehandelt habe. Ya sei deshalb kein Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts. |
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| 5. Nach den Feststellungen der Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes W war Me aufgrund seiner Angaben im Fragebogen zur Gewerbeanmeldung beim zuständigen Finanzamt T als Kleinunternehmer im Sinne des § 19 UStG erfasst. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Me bereits im Januar 2010 die Absicht hatte, mit Gold zu handeln und dementsprechend einen Umsatz von mehr als 50.000 EUR zu erzielen. Me habe gegenüber dem Finanzamt auf die Anwendung der Kleinunternehmer-Regelung nicht verzichtet. Der Ausweis der Umsatzsteuer in einer Rechnung bzw. einer Gutschrift stelle keine Option zur Regelbesteuerung dar. Me sei als Kleinunternehmer im Sinne des § 19 UStG zu behandeln. |
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| 6. Nachdem die Ermittlungen gegen „K. Maker“ zu dem Ergebnis geführt hatten, dass es sich dabei um einen von Ä verwendeten Falschnamen handelte und Ä nach seinen Angaben für Hintermänner handelte, sprach der Bekl „K. Maker“ die Unternehmereigenschaft ab. Die Kl könne deshalb aus den Gutschriften keine Vorsteuer abziehen. |
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| 7 Bei seiner Vernehmung durch die Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes W hatte Ed angegeben, das bei der Kl angelieferte Altgold von verschiedenen Personen erhalten und als deren Gehilfe zur Kl gebracht zu haben. Die von der Kl an ihn überwiesenen Erlöse habe er bis auf Beträge von jeweils ... EUR bis ... EUR an die Hintermänner weitergegeben. Die Steuerfahndungsstelle zog daraus den Schluss, dass Ed bei den Altgoldgeschäften kein Unternehmer gewesen sei. |
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| 8. Da es sich bei Öz um einen Falschnamen gehandelt habe, er nie in der Su...Straße x in C ansässig gewesen sei und am angegebenen Betriebssitz „X-Allee“ in D auch kein Unternehmen betrieben habe, sprach die ermittelnde Steuerfahndung des Finanzamtes C „Öz“ die Unternehmereigenschaft ab. |
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| 9. Der verwendete Falschname und die Tatsachen, dass er weder in der Su...Straße x in C ansässig war noch am angegebenen Betriebssitz „X-Allee “ in D ein Unternehmen betrieb, ließen die ermittelnde Steuerfahndung des Finanzamtes C zu der Schlussfolgerung gelangen, dass Ba kein Unternehmer sei. |
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| 1. a) Auf der Grundlage des Prüfungsberichts betreffend U erließ der Bekl am 4. Februar 2011 einen Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung für April 2010, worin er den Vorsteuerabzug um ...,... EUR kürzte. Den dagegen eingelegten Einspruch wies er mit Einspruchsentscheidung vom 11. Mai 2012 als unbegründet zurück. |
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| b) Aufgrund seiner aus der Aussage Ä‘s alias „K. Maker“ erlangten Erkenntnisse erließ der Bekl am 17. März 2011 Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlungen für September 2010, Oktober 2010 und November 2010. Darin kürzte er den Vorsteuerabzug im September 2010 um ...,... EUR, im Oktober 2010 um ...,... EUR und im November 2010 um ...,... EUR. Die dagegen eingelegten Einsprüche wies er mit Einspruchsentscheidung vom 19. April 2012 als unbegründet zurück. |
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| 2. Am 8. März 2012 reichte die Kl ihre Umsatzsteuererklärung für 2010 beim Bekl ein. Sie machte Vorsteuerbeträge aus Rechnungen von anderen Unternehmern in Höhe von ...,... EUR geltend. In diesem Betrag sind alle Vorsteuerbeträge aus den Geschäften mit den unter II. genannten Personen enthalten. |
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| 3. a) Am 23. Mai 2012 hat die Kl wegen der Umsatzsteuervorauszahlungen für April 2010, September 2010, Oktober 2010 und November 2010 Klage erhoben. |
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| Am 16. August 2012 erließ der Bekl den Umsatzsteuerjahresbescheid für 2010. Darin versagte er nicht nur den Vorsteuerabzug aus Edelmetallankäufen von U und Maker, sondern auch noch von den oben unter II. genannten sieben weiteren Lieferanten. Die Vorsteuerkürzungen betragen wie folgt: |
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| b) Nach Ansicht der Kl liegen sämtliche für ihren Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) erforderlichen Voraussetzungen vor. Alle ihr gegenüber als Lieferanten aufgetretenen Personen seien als Unternehmer im Sinne der genannten Vorschrift anzusehen. Dies folge aus der „Strohmann-Rechtsprechung“ des Bundesfinanzhofs (BFH), die z.B. in dessen Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01 (Sammlung der Entscheidungen des BFH --BFHE-- 198, 208; Bundessteuerblatt --BStBl-- II 2004, 622) veröffentlicht sei. Die Eigenschaft des Leistenden bestimme sich allein nach der zivilrechtlichen Rechtslage. Entscheidend sei, wer aus dem Rechtsgeschäft berechtigt und verpflichtet werde. Leistender könne auch ein sog. „Strohmann“ sein. Trete jemand im Rechtsverkehr als „Strohmann“ im eigenen Namen, aber für Rechnung eines anderen auf, der --aus welchen Gründen auch immer-- nicht selbst als Vertragspartner in Erscheinung treten wolle (sog. „Hintermann“), sei grundsätzlich nur der „Strohmann“ aus dem Rechtsgeschäft berechtigt und verpflichtet. Dementsprechend seien dem „Strohmann“ Leistungen zuzurechnen, die der „Hintermann“ berechtigterweise im Namen des Strohmanns tatsächlich ausgeführt habe. In Anwendung der Grundsätze der „Strohmann-Rechtsprechung“ sei selbst derjenige Lieferant als Unternehmer im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG zu betrachten, welcher wie Ä (K. Maker) einen falschen Namen benutzt habe. Zivilrechtlich betrachtet habe Ä unter fremdem Namen gehandelt. |
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| Bei dem Lieferanten Me handle es sich auch dann um einen zum gesonderten Ausweis der Steuer berechtigten Unternehmer, wenn dieser beim Finanzamt als Kleinunternehmer registriert gewesen sein sollte. Dies folge z.B. aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 6. September 2012 Rs. C-324/11 - Gábor Tóth. Selbst wenn der Leistungserbringer nicht für mehrwertsteuerliche Zwecke registriert sei, stehe dem Leistungsempfänger das Recht zum Vorsteuerabzug zu, wenn die Rechnungen über die erbrachten Dienstleistungen alle nach Art. 226 der Richtlinie 2006/112 vorgeschriebenen Angaben enthielten, insbesondere diejenigen, die zur Bestimmung des Ausstellers der Rechnung und der Art der Dienstleistungen erforderlich seien. |
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| Der Kl könne nicht entgegengehalten werden, dass an den von der Telefon GmbH und von Öz angegebenen Geschäftsanschriften keine Gewerbebetriebe bestanden hätten. Ob dies der Fall war, habe nicht die Kl, sondern das Finanzamt prüfen müssen, als es der Telefon GmbH eine Steuernummer erteilt habe. Dies folge aus dem EuGH-Urteil vom 6. September 2012 Rs C-273/11 – Mecsek-Gabona Kft – (Umsatzsteuer-Rundschau --UR--2012, 796) das zwar zur Erteilung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ergangen sei, aber für die Erteilung einer Steuernummer gleichermaßen gelte. |
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| Der Vorsteuerabzug stehe der Kl auch aus Gründen des Gutglaubensschutzes zu. Nach der Rechtsprechung des EuGH in den Urteilen vom 12. Januar 2006 Rs. C-354/03, Deutsches Steuerrecht --DStR--2006, 133 - Optigen; vom 6. Juli 2006 Rs. C-439/04 und C-440/04, DStR 2006, 1274 - Kittel und Recolta; vom 21. Februar 2008 Rs. C-271/06, DStR 2008, 450 - Netto-Supermarkt) ergebe sich das Recht auf Vorsteuerabzug unmittelbar aus Art 167 MwStSystRL und damit unmittelbar aus § 15 UStG. Die Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 19. April 2007 V R 48/04, UR 2007, 693 und vom 30. April 2009 V R 15/07, UR 2009, 816), wonach die Vollständigkeit und Richtigkeit der Rechnungsangaben als materiell-rechtliche Voraussetzungen des Rechts auf Vorsteuerabzug eingestuft werden, verstoße eindeutig gegen die EuGH-Rechtsprechung zum Vertrauensschutz im Rahmen des Vorsteuerabzugs und verletze die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der steuerlichen Neutralität, der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit. Die Auffassung des BFH, wonach Vertrauensschutz nur im Rahmen eines gesonderten Billigkeitsverfahrens gewährt werden könne, verstoße ebenfalls gegen diese Grundsätze. Faktisch führe sie dazu, dass die vom EuGH aufgestellten Grundsätze des Gutglaubensschutzes in einer Vielzahl von Fällen leerliefen. Auf der gleichen Linie liege die Kritik von Stadie, in: Rau/Dürrwächter UStG §15, Rn. 150 und 568, Englisch, UR 2009, 184, Drüen, Der Betrieb --DB-- 2010, 1847 und Heidner, UR 2002, 445 sowie des Finanzgerichts Köln in seinem Urteil vom 6. Dezember 2006 4 K 1356/02, juris. |
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| Zwar habe der EuGH in seinem Urteil vom 6. Juli 2007 Rs. C-439/04 und C-440/04 -Kittel und Recolta- auch ausgesprochen, dass das nationale Gericht den Vorsteuerabzug zu verweigern habe, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit dem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war und dass dies selbst dann gelte, wenn eine Lieferung tatsächlich erfolgt sei und der Lieferant die umsatzsteuerrechtliche Unternehmereigenschaft erfülle. Der Kl könne jedoch nicht vorgeworfen werden, sie habe wissen müssen, dass ihre Lieferanten die von ihr erhaltene Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt abführen. Dazu hätte sie deren kriminelles Verhalten mindestens billigend in Kauf nehmen müssen. Aus den englischen Sprachfassungen der einschlägigen Urteile des EuGH in diesem Bereich (z.B. vom 12. Januar 2006 Rs. C-354/03 - Optigen und vom 11. Mai 2006 Rs. C-384/04 - Federation of Technological IndURies -) -- „ought to know“-- folge, dass das „Wissen müssen“ mehr erfordere als Fahrlässigkeit. Angesichts der von der Kl entfalteten Aufklärungsbemühungen könne ihr kein bedingter Vorsatz angelastet werden. In seinen Urteilen vom 21. Juni 2012 Rs. C-80/11 und C-142/11 - Mahagében und Dávid (UR 2012, 591) und vom 6. September 2012 Rs. C-324/11 -Gábor Tóth- (UR 2012, 851) habe der EuGH auch entschieden, dass es der Steuerbehörde obliege, die objektiven Umstände rechtlich hinreichend nachzuweisen, die den Schluss zulassen, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass der zur Begründung dieses Rechts geltend gemachte Umsatz in eine vom Liefernden bzw. vom Leistenden oder einem anderen Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden Umsatzstufe der Lieferkette begangene Steuerhinterziehung einbezogen war. Die Steuerverwaltung könne von dem Steuerpflichtigen, der sein Recht auf Vorsteuerabzug ausüben möchte, nicht generell verlangen, zum einen zu prüfen, ob der Aussteller der Rechnung über die Gegenstände und Dienstleistungen, für die dieses Recht geltend gemacht wird, Steuerpflichtiger ist, über die fraglichen Gegenstände verfügte und sie liefern konnte und seinen Verpflichtungen hinsichtlich der Erklärung und Abführung der Mehrwertsteuer nachgekommen ist, um sich zu vergewissern, dass auf der Ebene der Wirtschaftsteilnehmer einer vorhergehenden Umsatzstufe keine Unregelmäßigkeiten und Steuerhinterziehung vorliegen, oder zum anderen entsprechende Unterlagen vorzulegen. Es sei nämlich grundsätzlich Sache der Steuerbehörden, bei den Steuerpflichtigen die erforderlichen Kontrollen durchzuführen, um Unregelmäßigkeiten und Mehrwertsteuerhinterziehung aufzudecken und gegen den Steuerpflichtigen, der diese Unregelmäßigkeiten oder Steuerhinterziehung begangen hat, Sanktionen zu verhängen. Nach Ansicht der Kl steht damit fest, dass der Bekl ihr nicht unter Verweis auf etwaige bloße Zweifel das Recht auf Vorsteuerabzug verwehren kann. Sie habe sämtliche Sorgfaltspflichten erfüllt, indem sie die ihr möglichen und zumutbaren Aufklärungsmöglichkeiten wahrgenommen habe. Ihr, der Kl, mehr abzuverlangen, verstoße gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Übermaßverbot. Im Ergebnis würde ihr die gesamte Verantwortung für die Zahlung der Mehrwertsteuer auferlegt. |
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| Entgegen dem Vorbringen des Bekl sei es in der Branche der Kl nicht üblich, Recherchen zur Markttätigkeit des Lieferanten vorzunehmen, dessen Betriebssitz durch Außendienstmitarbeiter überprüfen, Nachforschungen über dessen Vorlieferanten anstellen und die Ursachen signifikanter Umsatzsteigerungen aufklären. Selbst wenn man unterstelle, dass Branchenunternehmen solche weitergehenden Überprüfungsmaßnahmen vorgenommen hätten, könne diese Tatsache die Sorgfaltsanforderungen an die Kl nicht erhöhen. Der Sorgfaltsmaßstab ergebe sich allein aus den Vorgaben der bereits zitierten EuGH-Rechtsprechung. Darüber hinaus sei fraglich, ob die vom Bekl aufgezeigten Maßnahmen geeignet seien, einen Umsatzsteuerbetrug des Lieferanten auszuschließen. Mit der Unterstützung der Finanzbehörden habe die Kl nicht rechnen können. Als sie sich in einzelnen Verdachtsfällen an die Steuerfahndung und die Kriminalpolizei gewandt habe, sei ihr unter Hinweis auf das Steuergeheimnis Hilfe versagt worden. Es sei im Hause der Kl üblich gewesen, dass die Geschäftsbeziehungen zu Lieferanten abgebrochen wurden, wenn diese in den Verdacht der Steuerhinterziehung geraten seien. Bei einer Lieferantin habe die Kl die Umsatzsteuer sogar selbst an das Finanzamt abgeführt, um sicherzustellen, dass diese ihren umsatzsteuerrechtlichen Pflichten nachkommt. |
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| Auch die Hinweise des Bekl auf die steuerlichen Risiken beim Ankauf von Altgold und die übergebenen Merkblätter seien nicht dazu geeignet gewesen, die Sorgfaltsanforderungen an die Kl zu erhöhen. Wenn der Bekl einräume, dass seine eigenen Mittel nicht ausreichten, um Umsatzsteuerbetrüger vom Markt fernzuhalten, so könne er diese Defizite nicht durch die Inanspruchnahme der Kl ausgleichen und sie im Falle des Versagens seiner unzumutbaren Prüfungsanforderungen mit dem Risiko nicht abziehbarer Vorsteuer belasten. |
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| Die bei der Kl im Streitzeitraum zu verzeichnenden Umsatzsteigerungen seien kein Indiz für ihre Einbindung in Umsatzsteuerbetrügereien. Umsatzsteigerungen habe es auch bei anderen Unternehmen der Branche gegeben und es sei ja tatsächlich immer Ware geliefert worden. Die Tatsache, dass jemand vom gewohnten Erscheinungsbild anderer Goldlieferanten abweiche, bedeute noch nicht, dass man in ihm einen Steuerhinterzieher sehen müsse. Auch frühe Öffnungszeiten und kundenorientierte Zahlungsmodalitäten seien kein Beleg dafür, dass die Kl mit Umsatzsteuerbetrügereien ihrer Lieferanten gerechnet habe. Aus dem fehlenden Bemühen der Lieferanten um Preisverhandlungen habe die Kl keine Schlüsse ziehen müssen, da allen Kunden der tagesaktuelle Metallpreis abzüglich eines konstanten Satzes vergütet worden sei. Auch ein steuerehrlicher Lieferant habe deshalb einen Profit erzielen können. Die Kunden hätten auch ihre Bankkonten nicht auffällig oft gewechselt. Wenn eine Person über keinen Festnetzanschluss verfüge, begründe dies noch keinen Verdacht der Umsatzsteuerhinterziehung. |
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| Aufgrund des Umstandes, dass Me steuerrechtlich erfasst war, habe die Kll davon ausgehen dürfen, dass er auch zum gesonderten Ausweis der Umsatzsteuer in einer Rechnung berechtigt war. Schließlich habe er dies mit seiner Unterschrift in der Vereinbarung über das Gutschriftverfahren bestätigt. Die Unterschriften auf den verschiedenen von der Telefon GmbH erhobenen Dokumenten zeigten keine Auffälligkeiten, die sich als Vorbereitungshandlungen für künftige Umsatzsteuerhinterziehungen darstellten. Alle Geschäfte, in denen Ku für die Telefon GmbH aufgetreten sei, seien mit deren Einverständnis erfolgt und ordnungsgemäß abgewickelt worden. Der Umstand, dass Öz und Ba dieselbe Geschäftsanschrift und den gleichen Telefonhauptanschluss hätten, sei nicht völlig außergewöhnlich und lasse nicht auf einen beabsichtigten Umsatzsteuerbetrug schließen. |
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| c) Nach Ansicht des Bekl sind bei den Altgoldankäufen von U, P, der Telefon GmbH, Ya, Me, Maker, Ed, Öz und Ba die nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG erforderlichen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nicht erfüllt. Für Nicht- oder Kleinunternehmer erstellte Gutschriften berechtigten nicht zum Vorsteuerabzug. Der Ausweis der Vorsteuer in einer ordnungsgemäßen Rechnung bzw. Gutschrift sei nach der BFH-Rechtsprechung (z.B. Urteil vom 1. Juli 2004 V R 33/01 (BStBl II 2004,861) unerlässlich. Die Angaben im Abrechnungspapier hätten eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung des leistenden Unternehmers zu ermöglichen. Rechnungsaussteller und leistender Unternehmer müssten grundsätzlich identisch sein (BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01 --BStBl II 2004,622-- mit weiteren Nachweisen). Nach dem BFH-Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 61/05 (BStBl II 2008, 695) sei in der Rechnung die zutreffende Anschrift anzugeben. Die Angabe einer Anschrift, an der im Zeitpunkt der Rechnungsstellung keine geschäftlichen Aktivitäten stattfinden, reiche nicht aus (BFH-Urteile vom 27. Juni 1996 V R 51/93, BStBl II 1996, 620, und vom 19. April 2007 V R 48/04, BStBl II 2009, 315). Die Feststellungslast für die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen trage der den Vorsteuerabzug Begehrende (z.B. BFH-Beschluss vom 3. August 2007 V B 73/07, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs --BFH/NV-- 2007, 2368). Im Streitfall lägen bei den oben genannten Lieferanten der Kl die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nicht vor, weil es sich bei Ya, P und Ed lediglich um Boten und keine selbständigen Unternehmer handle, Me Kleinunternehmer sei und in den Fällen U, Telefon GmbH, Ä alias Maker, Öz und Ba Gutschriften ohne die zutreffenden Anschriften der Unternehmer vorlägen. |
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| Selbst wenn im Streitfall die Rechnungen die Anforderungen der §§ 14 und 14a UStG erfüllen würden, sei der Vorsteuerabzug jedoch zu versagen, wenn aufgrund objektiver Umstände feststehe, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war. Dies folge aus den EuGH-Urteilen vom 12. Januar 2006 Rs. C-354/03 - Optigen, und vom 6. Juli 2006 Rs. C-439/04 und C-440/04 - Kittel/Recolta. Nach Abschnitt 15.2 Abs. 2 Satz 5 Umsatzsteueranwendungserlass (UStAE) sei nur derjenige Unternehmer in seinem Vertrauen geschützt, der alle Maßnahmen getroffen habe, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden könnten, um sicherzustellen, dass seine Umsätze nicht in einen Betrug einbezogen sind. Der Umfang der Prüfungspflicht bestimme sich nach den Umständen des Einzelfalles. In einer als missbrauchsanfällig bekannten Branche seien höhere Sorgfaltsanforderungen zu stellen als in anderen Bereichen. Mit diesem eingeschränkten Verlangen setze sich die Finanzverwaltung weder in Widerspruch zur EuGH-Rechtsprechung noch verstoße sie gegen die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der steuerlichen Neutralität, der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit. |
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| Durch das Tätigwerden verschiedener Steuerfahndungsstellen in ihrem Hause sei der Kl schon 2008 bekannt geworden, dass es im Zusammenhang mit dem Ankauf von Altgold häufig zu Umsatzsteuerhinterziehungen komme. Am 9. Juli 2010 sei mit ihrer Geschäftsleitung noch einmal ausführlich über die Problematik gesprochen worden; mit einem Schreiben der Steuerfahndung X sei sie darüber informiert worden, welche Vorsichtsmaßnahmen beachtet werden sollten. Auf die Lieferanten U, P, Telefon GmbH, Ya, Me, Maker, Ed, Öz und Ba träfen jeweils mehrere Punkte zu, die in dem oben beschriebenen Kriterienkatalog der Steuerfahndung X enthalten seien. Bei allen habe es sich um Neukunden gehandelt, die Betriebe seien kurz vor der Aufnahme der Geschäftsbeziehungen zur Kl entweder gegründet oder branchenfremd erweitert worden und die Liefermengen seien trotz erst kurz zuvor erfolgter Aufnahme des Altgoldhandels auffallend groß gewesen. U, Me, die Telefon GmbH und Ed hätten keine Festnetzverbindungen angegeben, Öz und Ba ihren Geschäftssitz bei einem Büroserviceunternehmen gehabt. Keiner der Betriebe habe Arbeitnehmer beschäftigt, obwohl teilweise auch andere Leistungen angeboten bzw. Altgold in erheblichen Mengen beschafft worden wären. Trotzdem habe sich die Kl bei den genannten Lieferanten darauf beschränkt, sich den Personalausweis, die Gewerbeanmeldung, Dokumente über das Vorhandensein einer Steuernummer und einer Bankverbindung vorlegen und die Lieferanten eine Zustimmungserklärung zur Abrechnung im Gutschriftverfahren unterzeichnen zu lassen. |
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| Obwohl die Kl nach § 148b Gewerbeordnung zur sorgfältigen Prüfung ihrer Lieferanten verpflichtet sei, habe sie im Umgang mit den eingeholten Nachweisen die notwendige Sorgfalt vermissen lassen: Die Behauptung des Geschäftsführers der Kl, er habe mit P in seinem Betrieb gesprochen, sei unglaubhaft. P habe in seiner Vernehmung durch die Steuerfahndung erklärt, nie in X gewesen zu sein. Auf vorgelegten Lichtbildern habe der Geschäftsführer der Kl den P nicht erkannt. Aufgrund der nicht unterzeichneten Vollmacht, der Anlieferung durch eine andere Person (S) und der Übersendung von Mehrfertigung der Gutschriften an diesen müsse davon ausgegangen werden, dass die Kl damit gerechnet habe, dass ihr Vertragspartner tatsächlich ein Hintermann und nicht der als Scheinunternehmer auftretende P sei. |
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| Die vom Geschäftsführer der Telefon GmbH unterschriebene Vollmacht für Ku erstrecke sich nur auf die Aufnahme eines Kooperationsvertrages mit der Kl, berechtige diesen aber nicht zu Goldlieferungen. Bei einem Vergleich der Unterschrift des Geschäftsführers K aus seinem Pass mit der Unterschrift auf der Vollmacht dränge sich der Verdacht auf, dass die Unterschriften nicht von derselben Person stammten. Außerdem seien die Vereinbarungen oder Vollmachten von K nur mit seinem Vornamen sowie mit dem Buchstaben „T“ unterschrieben worden. |
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| Die von Ya vorgelegte Bescheinigung des Finanzamtes W vom 23. Juni 2010 gelte nur für die Einkommensteuer, nicht für die Umsatzsteuer. Die Steuernummer im Firmenstempel weiche von der Steuernummer auf der Bescheinigung des Finanzamtes ab. |
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| Die Bescheinigung des Finanzamts T vom 10. August 2010 für Me enthalte nur die Bestätigung, dass dieser steuerlich geführt werde und verpflichtet sei, eine Anlage EÜR abzugeben. Aus dieser Mitteilung gehe eindeutig hervor, dass er unter dieser Steuernummer nicht umsatzsteuerlich geführt werde. Daraus folge, dass er Kleinunternehmer im Sinne des § 19 UStG war. |
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| Öz und Ba hätten die Kl im selben Zeitraum beliefert. Der Kl sei nicht aufgefallen, dass beide denselben Wohnsitz und dieselbe Geschäftsadresse angegeben hätten. Beide hätten ihr Gewerbe am selben Tag angemeldet. Die angegebenen Telefonnummern (Öz: .../...-..., Ba: .../...-xyy) seien beide unter demselben Hauptanschluss gelaufen. |
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| Alle von der Steuerfahndung befragten Lieferanten hätten ausgesagt, sie hätten mit der Kl keine Preisverhandlungen geführt. Dies sei im seriösen Geschäftsverkehr völlig unüblich und für einen verständigen Empfänger der Ware ein klares Indiz dafür, dass der Lieferant seinen Profit aus der später nicht abgeführten Umsatzsteuer erzielen kann und will. |
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| Andere in X ansässige Branchenunternehmen hätten bei ihren Lieferanten Aufklärung über Umsatzsteigerungen verlangt und Nachforschungen über die Vorlieferanten in der Lieferkette angestellt. Sie hätten im Internet recherchiert, ob der Lieferant am Markt auftritt und durch Außendienstmitarbeiter vor Ort die Existenz der Lieferanten überprüft. |
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| Soweit die Kl den Vorsteuerabzug im Billigkeitswege über § 163 AO erreichen wolle und sich auf Vertrauensschutz berufe, könne diesem Begehren nicht entsprochen werden. Vertrauensschutz habe die Kl nicht verdient, weil sie nicht alle Überprüfungsmaßnahmen vorgenommen habe, die vernünftigerweise von ihr hätten verlangt werden können, um sich von der Richtigkeit der Angaben ihrer Lieferanten zu überzeugen. Außerdem halte der Bekl daran fest, dass über einen Erlass nach § 163 AO in einem gesonderten Verfahren zu entscheiden sei. |
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| den Umsatzsteuerbescheid für 2010 vom 16. August 2012 dahin zu än- dern, dass die abziehbare Vorsteuer um ...,... EUR erhöht wird, |
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| hilfsweise: die Revision zuzulassen. |
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| Für den Fall der Klagabweisung beantragt die Kl dem Europäischen Gerichtshof folgende Fragen zur Entscheidung vorzulegen: |
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| 1. Ist der Vorsteuerabzug auch dann zu versagen, wenn neben dem Käufer auch das Finanzamt von einem Betrug auf der Vorebene hätte wissen müssen, da dem Finanzamt die Lieferanten bekannt waren und das Finanzamt von der Betrugsanfälligkeit von Liefervorgängen im Goldbereich wusste? |
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| 2. Ist bei der Frage des Gutglaubensschutzes eine Bescheinigung des Finanzamts, in der dem Lieferanten dessen Steuernummer und/oder die Erfüllung steuerlicher Pflichten und/oder die steuerliche Unbedenklichkeit bescheinigt wird, in besonderer Weise bei der Frage des Gutglaubensschutzes im Bereich des Vorsteuerabzuges zu berücksichtigen? |
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| hilfsweise: die Revision zuzulassen. |
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| Der dargestellte Sachverhalt beruht auf dem Inhalt der Akten (4 Bände Gerichtsakten nebst 2 Stehordnern mit Anlagen zu in den Gerichtsakten enthaltenen Schriftsätzen, 1 Band Umsatzsteuerakten, 4 Bände Rechtsbehelfsakten), den Einlassungen des Geschäftsführers der Kl in der mündlichen Verhandlung und auf den Aussagen der dort vernommenen Zeugen. Zu Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten, die Protokolle der mündlichen Verhandlung und auf die Tonaufzeichnungen der Zeugenaussagen Bezug genommen. |
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| Der Senat hat in der Sache am 20. Juni 2013 mündlich verhandelt. In der damaligen Sitzung übergaben die Klägervertreter einen 28-seitigen Schriftsatz mit Beweisanträgen. Der Senat beschloss am 26. Juni 2013, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen und P, sowie die bei der Kl angestellten An, Ri und Schm als Zeugen zu laden. Der Zeuge P erwies sich als unauffindbar. Mit Beweisbeschluss vom 23. August 2013 beschloss der Senat deshalb, den Steuerfahnder St als Zeugen zu vernehmen, der gegen P ermittelt und an dessen Vernehmung am 19. Mai 2011 teilgenommen hatte. |
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| Infolge des zeitlichen Abstandes zur mündlichen Verhandlung am 20. Juni 2013 musste die mündliche Verhandlung am 18. September 2013 in anderer Senatsbesetzung neu begonnen werden. Am 18. September 2013 wurden Steuerfahnder St sowie die bei der Kl beschäftigten Zeugen An, Ri und Schm vernommen. Aufgrund eines von der Kl gestellten Beweisantrages hat der Senat mit Beschluss vom 27. September 2013 die mündliche Verhandlung wiedereröffnet und beschlossen, den Umsatzsteuer-Sonderprüfer Fe vom Finanzamt H zum Sachverhalt „U“, den Steuerfahnder Sa vom Finanzamt S zum Sachverhalt P sowie die Goldanlieferer Ya und Ed als Zeugen zu vernehmen. Mit Beweisbeschluss vom 11. Oktober 2013 beschloss der Senat, auch den für P aufgetretenen S als Zeugen zu hören. Nachdem die Anwältin des S glaubhaft dargelegt hatte, dass gegen diesen wegen des Beweisthemas ein Steuerstrafverfahren anhängig sei, wurde S gemäß § 82 Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. mit § 386 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) von seiner Zeugenpflicht befreit. Im Fortsetzungstermin am 24. Oktober 2013 wurden die Zeugen Fe, Sa und Ya vernommen. Weil der gleichfalls geladene Zeuge Ed nicht erschienen war, musste am 15. November 2013 ein weiterer Fortsetzungstermin angesetzt werden. Dort wurde neben ihm auch der Steuerfahnder Sb vom Finanzamt H vernommen. Ferner wurde der Aktenvermerk der Prüferin In vom 15. Dezember 2010 betreffend die Telefon GmbH verlesen. |
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