Gründe

I.

1

Im Streit steht die Wirksamkeit der von den Verfahrensbeteiligten am 11. Oktober 2007 geschlossenen "Dienstvereinbarung zur Regulierung der Arbeitszeit unter Berücksichtigung der Notwendigkeit des Anlegens von Dienst- und Schutzkleidung".

2

Diese gilt nach ihrem § 1 für alle Beschäftigten des Beteiligten, die zur Ausübung ihrer Tätigkeit Dienst- oder Schutzkleidung anlegen bzw. sie im Anschluss hieran wieder ablegen müssen.

3

§ 2 der Vereinbarung hat folgenden Wortlaut:

"Die Arbeitszeit beginnt und endet dort, wo die Mitarbeiterin / der Mitarbeiter ihre / seine Arbeitsleistung zu erbringen hat.

Das Anlegen von Dienst- bzw. Schutzkleidung ist bereits als Arbeitsleistung anzusehen und gehört zu den arbeitsvertraglichen Pflichten.

Unter Berücksichtigung der dadurch anfallenden Zeiten wird eine durchschnittliche Umkleidezeit von jeweils 6 Minuten nach Dienstbeginn und vor Dienstende (täglich insgesamt 12 Minuten) vereinbart.

Diese Zeiten sind bei der Dienstplangestaltung / Arbeitseinsatzplanung zu berücksichtigen."

4

Am 18. Dezember 2007 schloss der Beteiligte mit dem Landesbezirk Berlin-Brandenburg der Gewerkschaft ver.di auf Grundlage bereits am 18. Oktober 2006 vereinbarter Eckpunkte den "Tarifvertrag für die Charité - Universitätsmedizin Berlin" (im folgenden TV-Charité), der ausweislich seines § 39 rückwirkend zum 1. Januar 2007 in Kraft gesetzt wurde.

5

Über die Frage der Wirksamkeit der Dienstvereinbarung vom 11. Oktober 2007 kam es zum Streit zwischen den Verfahrensbeteiligten.

6

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag des Antragstellers festgestellt, dass die Dienstvereinbarung wirksam ist. Das Oberverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 16. September 2010 die hiergegen erhobene Beschwerde des Beteiligten unter Zulassung der Rechtsbeschwerde zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Zuständigkeit des Antragstellers für den Abschluss der Dienstvereinbarung könne nicht ernstlich in Zweifel gezogen werden, da diese Beschäftigte des Beteiligten aus beiden seiner personalvertretungsrechtlichen Dienststellen im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 Berliner Universitätsmedizingesetz erfasse. Die bislang fehlende Bekanntmachung der Dienstvereinbarung stehe ihrer Wirksamkeit nicht entgegen, da die Bekanntmachung keine Wirksamkeitsvoraussetzung darstelle. Die Dienstvereinbarung weise auch keine materiell-rechtlichen Fehler auf. Insbesondere schließe § 75 Satz 1 BlnPersVG eine Dienstvereinbarung zu Umkleidezeiten nicht aus, obwohl § 15 Abs. 7 BAT/BAT-O hierzu eine tarifvertragliche Regelung enthalte. § 75 Satz 1 BlnPersVG setze in Bezug auf das Merkmal der tarifvertraglichen Regelung voraus, dass die Dienststelle an die in Rede stehende tarifvertragliche Regelung tarifgebunden sei, was hier hinsichtlich des Beteiligten nach dem Austritt seiner Rechtsvorgängerinnen aus den Tarifgemeinschaften der Arbeitgeber KAV und VAdöD am 10. Januar 2003 und der ersten nachfolgenden Änderung von BAT/BAT-O zum 31. Januar 2003 nicht mehr der Fall gewesen sei. Auch das Merkmal der Tarifüblichkeit komme nicht zum Tragen. Zwar gelte ein gekündigter und gemäß § 4 Abs. 5 TVG nachwirkender Tarifvertrag regelmäßig weiterhin als tarifüblich. Jedoch sei die Tarifüblichkeit spätestens damit entfallen, dass die Tarifvertragsparteien am 18. Oktober 2006 Eckpunkte für einen Tarifvertrag vereinbart hätten, der keine dem § 15 Abs. 7 BAT/BAT-O vergleichbare Regelung mehr habe enthalten sollen. Hinzukomme, dass in Anbetracht der mit Abschluss von TVöD und TV-L entstandenen Insellage Berlins das Ende der alten Tarifregelungen und die Angleichung an die neuen Tarifverträge jedenfalls mittelfristig absehbar gewesen sei.

7

Der Beteiligte hat hiergegen Rechtsbeschwerde eingelegt und begründet diese im Wesentlichen wie folgt: Die Bekanntmachung sei, wie Wortlaut und systematischer Zusammenhang von § 74 Abs. 1 Satz 2 BlnPersVG ergeben würden, eine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Dienstvereinbarung. Für das Merkmal der Regelung durch Tarifvertrag im Sinne von § 75 Satz 1 BlnPersVG komme es auf die Tarifbindung nicht an. Im Lichte des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts vom 22. März 2005 (- 1 ABR 64/03 -) sei maßgeblich, dass der Beteiligte die Möglichkeit gehabt habe, wie das Land Berlin mit den tarifschließenden Gewerkschaften die Geltung des § 15 Abs. 7 BAT/BAT-O zu vereinbaren; jedenfalls sei der Beteiligte in den fachlichen Geltungsbereich des BAT gefallen. Das Oberverwaltungsgericht habe im Hinblick auf das Merkmal der Tarifüblichkeit verkannt, dass die Geltung des § 15 BAT/BAT-O in den Arbeitsverträgen der Beschäftigten bestimmt gewesen sei. Aus dem Umstand der rückwirkenden Inkraftsetzung des TV-Charité, der keine mit § 15 Abs. 7 BAT/BAT-O vergleichbare Regelung enthalten habe, sei ein Wegfall der Tarifüblichkeit nicht abzuleiten. Die Tarifüblichkeit entfalle nur dann, wenn die Tarifvertragsparteien keinen Tarifvertrag mehr anstreben würden. Dies stehe nicht fest. Derzeit würden Verhandlungen mit den Gewerkschaften ver.di und DBB über Änderungen und Ergänzungen des TV-Charité stattfinden. Inhalt der Vereinbarungen würde dabei auch die tarifliche Regelung von Umkleidezeiten sein können.

8

Der Beteiligte beantragt,

den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. September 2010 sowie den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 6. November 2008 abzuändern und den Antrag zurückzuweisen.

9

Der Antragsteller hat sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.

II.

10

Die zulässige Rechtsbeschwerde des Beteiligten ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht die Wirksamkeit der Dienstvereinbarung vom 11. Oktober 2007 bejaht.

11

1. Dienstvereinbarungen im Sinne von § 74 BlnPersVG bedürfen nicht der Bekanntmachung, um rechtliche Wirksamkeit zu erlangen. Soweit § 74 Abs. 1 Satz 2 BlnPersVG für die Dienststelle (vgl. § 78 Abs. 1 BlnPersVG) die Pflicht begründet, Dienstvereinbarungen in geeigneter Weise bekanntzumachen, handelt es sich - im Gegensatz zu den am selben Ort normierten Geboten der schriftlichen Niederlegung und der beiderseitigen Unterzeichnung - nicht um eine Wirksamkeitsbedingung, sondern um eine bloße Ordnungsvorschrift. Der Senat schließt sich insoweit der überwiegenden Literaturauffassung zum nahezu wortgleich formulierten § 73 Abs. 1 Satz 2 BPersVG an (Fischer/Goeres/Gronimus, in: GKÖD, Bd. V, Stand 2011, K § 73 Rn. 14; Rehak, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, BPersVG, 170. EL 2012, § 73 Rn. 8; Altvater, in: Altvater/Baden/Kröll/Lemcke/Peiseler, BPersVG, 7. Aufl. 2011, § 73 Rn. 9; a.A. Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalvertretungsgesetz, 11. Aufl. 2008, § 73 Rn. 14). Auch der in § 77 Abs. 2 Satz 3 BetrVG vorgeschriebenen Auslegung von Betriebsvereinbarungen wird überwiegend keine konstitutive Bedeutung beigemessen (Fitting, Betriebsverfassungsgesetz, 25. Aufl. 2010, § 77 Rn. 25 m.w.N.).

12

Entscheidend gegen ein Verständnis der Bekanntmachung als Wirksamkeitsbedingung spricht, wie bereits das Oberverwaltungsgericht ausgeführt hat, das Fehlen gesetzlicher Regelungen über Form und Verfahren der Publikation. Auch außerhalb des Berliner Personalvertretungsgesetzes existieren keine rechtlichen Vorgaben - oder auch nur als Standard anerkannte praktische Gepflogenheiten - zur Art und Weise dienststelleninterner Veröffentlichungen. Infolgedessen wäre bei konstitutiver Bedeutung der Bekanntmachung in vielen Fällen mit Unsicherheiten behaftet, ob eine Dienstvereinbarung als wirksam zustande gekommen angesehen werden könnte oder nicht. Dies kann vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt gewesen sein.

13

Soweit hiergegen in der Literatur mit Blick auf die Qualität der Dienst- bzw. Betriebsvereinbarung als Normenvertrag vereinzelt der rechtsstaatliche Grundsatz der Normenpublizität angeführt wird (Fischer, BB 2000, 354 <360 f.>), ist anzumerken, dass § 74 Abs. 1 Satz 2 BlnPersVG die Bekanntgabe der Vereinbarung durchaus vorsieht. Es liegt im eigenen Interesse der Dienststelle, dieser Vorgabe nachzukommen; die Personalvertretung wird sie hierzu anhalten und ihrerseits die Beschäftigten regelmäßig über von ihr ausgehandelte Dienstvereinbarungen informieren.

14

2. Der Wirksamkeit der Dienstvereinbarung vom 11. Oktober 2007 steht § 75 Satz 1 BlnPersVG nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Dienstvereinbarung sein.

15

Die Dienstvereinbarung vom 11. Oktober 2007 regelt zwar ersichtlich Arbeitsbedingungen im Sinne von § 75 Satz 1 BlnPersVG. Zweifelhaft ist aber bereits, ob sie überhaupt dem Anwendungsbereich dieser Vorschrift unterfällt oder nicht vielmehr anhand von § 85 BlnPersVG zu beurteilen ist (unten a). Die Frage bedarf indes keiner abschließenden Klärung, weil von der tariflichen Regelung in § 15 Abs. 7 BAT/BAT-O, wonach die Arbeitszeit an der Arbeitsstelle bzw. am Arbeitsplatz beginnt und endet, im vorliegenden Fall jedenfalls keine Sperrwirkung im Sinne von § 75 Satz 1 BlnPersVG ausgehen konnte (unten b).

16

a) Die Wirksamkeit einer Dienstvereinbarung beurteilt sich dann nicht nach § 75 Satz 1 BlnPersVG, wenn diese Angelegenheiten regelt, die einem Mitbestimmungstatbestand nach § 85 Abs. 1 BlnPersVG unterfallen. Dies in Betracht zu ziehen, gibt der vorliegende Fall Anlass.

17

aa) § 75 Satz 1 BlnPersVG entspricht § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG, der für Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, eine Regelung durch Betriebsvereinbarung ausschließt. Eine gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist unwirksam (BAG, Urteil vom 26. August 2008 - 1 AZR 354/07 - BAGE 127, 297 <299>; stRspr). § 75 Satz 1 BlnPersVG dient wie § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG dem Schutz der ausgeübten und aktualisierten Tarifautonomie. Er ist ersichtlich in Anlehnung an diese Vorschrift formuliert und damit entsprechend auszulegen (vgl. BAG, Urteil vom 27. Juni 2006 - 3 AZR 255/05 - BAGE 118, 326 <334> zur vergleichbaren Vorschrift des § 70 PersVG NW).

18

bb) Durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist seit längerem geklärt, dass der Tarifvorbehalt gemäß § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nicht einem Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 BetrVG - dem § 85 Abs. 1 BlnPersVG entspricht - entgegensteht und dass dieses Mitbestimmungsrecht auch durch Abschluss einer Betriebsvereinbarung wahrgenommen werden kann (BAG, Beschluss vom 3. Dezember 1991 - GS 2.90 - BAGE 69, 134 <150>; seitdem stRspr). Zur Prüfung der Wirksamkeit von Betriebsvereinbarungen in Mitbestimmungsangelegenheiten nach § 87 Abs. 1 BetrVG ist § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG demnach nicht heranzuziehen. Dies gewinnt praktische Bedeutung insbesondere in Fällen, in denen der Arbeitgeber nicht tarifgebunden ist. Denn der Tarifvorrang gemäß dem Eingangssatz in § 87 Abs. 1 BetrVG kommt nur bei Tarifbindung des Arbeitgebers zum Tragen (BAG, Beschluss vom 10. August 1993 - 1 ABR 21/93 - AP Nr. 12 zu § 87 BetrVG 1972 Auszahlung Bl. 950; stRspr), der Tarifvorbehalt gemäß § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hingegen auch ohne diese (BAG, Urteil vom 26. August 2008 a.a.O. S. 299; stRspr). Auch im Rahmen von § 85 BlnPersVG greift der dort normierte Tarifvorrang nur bei Tarifbindung des Arbeitgebers (Beschlüsse vom 20. November 2008 - BVerwG 6 P 17.07 - Buchholz 251.2 § 85 BlnPersVG Nr. 15 S. 8 und vom 2. Februar 2009 - BVerwG 6 P 2.08 - Buchholz 251.2 § 85 BlnPersVG Nr. 16 S. 17).

19

cc) Das Verhältnis zwischen § 75 Satz 1 BlnPersVG und § 85 Abs. 1 BlnPersVG ist entsprechend dem Verhältnis zwischen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG und § 87 Abs. 1 BetrVG zu bestimmen. Es sind keine Gründe ersichtlich, die an dieser Stelle Abweichungen zwischen der betriebsverfassungsrechtlichen und der personalvertretungsrechtlichen Normauslegung gebieten würden. Das Bundesarbeitsgericht hat die Unanwendbarkeit des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG im Bereich der zwingenden Mitbestimmung des § 87 Abs. 1 BetrVG im Kern darauf gestützt, dass ein Interessensschutz der Beschäftigten bei bloßer Tarifüblichkeit bzw. bei Fehlen einer bindenden tarifvertraglichen Vereinbarung - also in Konstellationen, in denen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG dennoch zu einer Regelungssperre für die Betriebsparteien führen könnte - nicht bereits hergestellt ist und es vor diesem Hintergrund zweckwidrig wäre, die Mitbestimmung durch Abschluss von Betriebsvereinbarungen auszuschließen und die Parteien hierzu auf formlose Regelungsabsprachen zu beschränken (BAG, Beschluss vom 3. Dezember 1991 a.a.O. S. 152). Diese Erwägung erscheint im personalvertretungsrechtlichen Kontext gleichermaßen überzeugend. § 75 Satz 1 BlnPersVG muss daher als Maßstab für die rechtliche Beurteilung solcher Dienstvereinbarungen ausscheiden, die Mitbestimmungsangelegenheiten nach § 85 Abs. 1 BlnPersVG regeln. Regelt eine Dienstvereinbarung hingegen Angelegenheiten jenseits der zwingenden gesetzlichen Beteiligungstatbestände, was nach dem Berliner Personalvertretungsgesetz anders als nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz zulässig ist (vgl. Beschluss vom 6. Oktober 2010 - BVerwG 6 PB 11.10 - juris Rn. 8), so kommt der Maßstab des § 75 Satz 1 BlnPersVG zur Anwendung. Anders als das Oberverwaltungsgericht angenommen hat, setzt diese Vorschrift ebenso wenig wie § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG die Tarifbindung des Arbeitgebers voraus (so bereits für § 83 Abs. 1 Satz 2 HmbPersVG, der § 75 Satz 1 BlnPersVG entspricht: BAG, Urteil vom 23. Mai 2007 - 10 AZR 403/06 - juris Rn. 26).

20

dd) Bei Abschluss der Dienstvereinbarung vom 11. Oktober 2007 unterlag der Beteiligte keiner Tarifbindung. Seine Rechtsvorgängerinnen waren am 10. Januar 2003 aus den Tarifgemeinschaften der Arbeitgeber KAV und VAdöD ausgetreten, so dass die Nachbindung an den BAT/BAT-O im Sinne von § 3 Abs. 3 TVG mit der ersten nachfolgenden Änderung zum 31. Januar 2003 (78. Tarifvertrag zur Änderung des BAT und 13. Tarifvertrag zur Änderung des BAT-O) endete (vgl. Beschluss vom 20. November 2008 a.a.O. S. 8; allgemein: BAG, Urteil vom 7. November 2001 - 4 AZR 703/00 - AP Nr. 11 zu § 3 TVG Verbandsaustritt Bl. 786). Unterfiele die Dienstvereinbarung einem der Mitbestimmungstatbestände des § 85 Abs. 1 BlnPersVG, stünde folglich der dort normierte Tarifvorrang ihrer Wirksamkeit nicht entgegen.

21

ee) Ob die Dienstvereinbarung vom 11. Oktober 2007 dem - hier allein in Frage kommenden - Mitbestimmungstatbestand des § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlnPersVG unterfällt, ist zweifelhaft.

22

(1) Indem die Dienstvereinbarung das Anlegen der Dienst- und Schutzkleidung der geschuldeten Arbeitszeit der Bediensteten zuordnet und hierfür eine Zeitspanne von sechs Minuten als Rechengröße für die Dienstplangestaltung bzw. Arbeitszeitplanung festlegt, erfüllt ihr Regelungsgegenstand das Merkmal der "Arbeitszeit" im Sinne von § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlnPersVG. In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist geklärt, dass Umkleidezeiten dann zur Arbeitszeit im Sinne der Parallelvorschrift in § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG zählen, wenn sie einem fremden Bedürfnis dienen und nicht zugleich ein eigenes Bedürfnis erfüllen (BAG, Beschluss vom 10. November 2009 - 1 ABR 54/08 - AP Nr. 125 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit Rn. 15). Nichts anderes kann im personalvertretungsrechtlichen Zusammenhang gelten. Die Fremdnützigkeit der hier in Rede stehenden Dienst- und Schutzkleidung ergibt sich aus dem Umstand, dass sie in erster Linie hygienischen Zwecken und damit der Erfüllung der betrieblichen Pflichten des Beteiligten dient.

23

(2) Weniger eindeutig beantwortet sich demgegenüber die Frage, ob die Dienstvereinbarung darüber hinaus auch eine Regelung zu "Beginn und Ende" der Arbeitszeit im Sinne von § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlnPersVG trifft. Hieran ließe sich deshalb zweifeln, weil sie keine entsprechenden Zeitpunkte fixiert, was aber nach der Rechtsprechung erforderlich wäre, um den fraglichen Mitbestimmungstatbestand zu erfüllen (vgl. Beschluss vom 23. August 2007 - BVerwG 6 P 7.06 - Buchholz 251.4 § 86 HmbPersVG Nr. 13 S. 14). Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht in einer neueren Entscheidung in der umgekehrten Konstellation einer arbeitgeberseitig angewiesenen Nichtanrechnung von Umkleidezeiten auf die Arbeitszeit den parallelen Mitbestimmungstatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG als erfüllt angesehen (BAG, Beschluss vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 16 ff.). Aus den nachstehend dargelegten Gründen bedarf indes keiner abschließenden Klärung, ob im Lichte dieser Entscheidung die in der Rechtsprechung des Senats bislang entwickelten Maßgaben zur Auslegung von § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlnPersVG oder vergleichbarer Normen in anderen Personalvertretungsgesetzen der Fortentwicklung bedürfen.

24

b) Die Wirksamkeit der Dienstvereinbarung vom 11. Oktober 2007 folgt jedenfalls daraus, dass von § 15 Abs. 7 BAT/BAT-O im vorliegenden Fall keine Sperrwirkung im Sinne von § 75 Satz 1 BlnPersVG ausgeht. Indem § 15 Abs. 7 BAT/BAT-O bestimmt, dass die Arbeitszeit an der Arbeitsstelle bzw. am Arbeitsplatz beginnt und endet, trifft er zwar eine inhaltlich abschließende Regelung zu demjenigen Gegenstand, der Inhalt der Dienstvereinbarung vom 11. Oktober 2007 geworden ist. § 15 Abs. 7 BAT/BAT-O hat zunächst auch - und zwar über das Ende der Tarifbindung des Beteiligten hinaus - eine Sperrwirkung entfaltet. Zumindest dadurch jedoch, dass der mit Rückwirkung auf den 1. Januar 2007 in Kraft gesetzte TV-Charité zu diesem Gegenstand keine Vorgaben enthält und damit die Regelungsprärogative der Tarifvertragsparteien bewusst aufgegeben hat, ist diese Sperrwirkung entfallen.

25

aa) Durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist geklärt, dass Arbeitsbedingungen dann im Sinne von § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG durch Tarifvertrag geregelt sind, wenn über sie ein Tarifvertrag abgeschlossen ist und der fragliche Betrieb in den räumlichen, betrieblichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereich des Vertrages fällt (BAG, Beschlüsse vom 21. Januar 2003 - 1 ABR 9/02 - AP Nr. 1 zu § 21a BetrVG 1972 Bl. 727 und vom 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - BAGE 114, 162 <170>). Besteht für einen Betrieb bei Abschluss einer Betriebsvereinbarung kein den gleichen Gegenstand regelnder Tarifvertrag, kommt es darauf an, ob die betreffende Angelegenheit im Sinne von § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG üblicherweise tariflich geregelt wird. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich anhand der einschlägigen Tarifpraxis (BAG, Urteil vom 26. August 2008 a.a.O. S. 299; Beschluss vom 22. März 2005 a.a.O. S. 170).

26

bb) Nach diesen auf das Personalvertretungsrecht zu übertragenden Maßstäben führte der Fortfall der Tarifbindung an § 15 Abs. 7 BAT/BAT-O am 31. Januar 2003 schon deshalb nicht zum Entfallen der Regelungssperre im Sinne von § 75 Satz 1 BlnPersVG, weil der Beteiligte bzw. seine Rechtsvorgängerinnen über diesen Zeitpunkt hinaus weiterhin dem Geltungsbereich des BAT/BAT-O unterfielen. Dies gilt unbeschadet des Umstandes, dass der BAT/BAT-O keinen branchenspezifisch definierten Geltungsbereich aufweist, dem der Beteiligte schon kraft der Eigenart seines Betätigungsfeldes zugeordnet werden könnte. Legt ein Tarifvertrag seinen Geltungsbereich nicht an fachlich-betrieblichen Kriterien, sondern - wie der BAT/BAT-O - ausschließlich an der Mitgliedschaft des Arbeitgebers im tarifschließenden Verband aus, so kann sich dieser über die aktuellen Mitglieder hinaus auch auf die potentiellen Mitglieder dieses Verbandes erstrecken, die ihm - erstmalig oder wieder - beitreten können (BAG, Urteil vom 23. März 2011 - 4 AZR 268/09 - juris Rn. 37 ff.; Beschluss vom 22. März 2005 a.a.O. S. 172 ff.). Ob dies der Fall ist, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei die übereinstimmende Interessenslage der Tarifvertragsparteien typischerweise dahin geht, den Geltungsbereich des Tarifvertrages wie bei einer fachlichen Umschreibung auf diejenigen Unternehmen zu erstrecken, die durch Beitritt zum Arbeitgeberverband eine Tarifbindung herbeiführen könnten. Ohne deutliche Anhaltspunkte im Tarifvertrag selbst kann nicht angenommen werden, dass die Tarifvertragsparteien durch die mitgliedschaftsbezogene Festlegung des Geltungsbereichs den Geltungsanspruch des Tarifvertrages und ihre Tarifautonomie beschränken wollen (BAG, Urteil vom 23. März 2011 a.a.O. Rn. 39). In Bezug auf den BAT-Zuwendungstarifvertrag hat das Bundesarbeitsgericht einen entsprechend weit gefassten tariflichen Geltungsanspruch ohne weiteres bejaht (BAG, Urteil vom 23. Mai 2007 a.a.O. Rn. 26). In Bezug auf den BAT-Manteltarifvertrag kann nichts anderes angenommen werden, so dass im Ergebnis § 15 Abs. 7 BAT/BAT-O in Bezug auf den Beteiligten - der der zuständigen Tarifgemeinschaft der Arbeitgeber wieder hätte beitreten können - Sperrwirkung auch über denjenigen Zeitpunkt hinaus entfaltete, in dem seine Bindung an diesen Tarifvertrag endete.

27

Unabhängig davon blieb der BAT/BAT-O für den öffentlichen Dienst und damit auch für den Beteiligten zunächst weiterhin tarifüblich im Sinne von § 75 Satz 1 BlnPersVG.

28

cc) Die Dauer des Fortbestands einer Sperrwirkung gemäß § 75 Satz 1 BlnPersVG hängt davon ab, inwieweit Sinn und Zweck der Vorschrift im Lichte der weiteren Entwicklung auf tariflicher Ebene den Ausschluss von Dienstvereinbarungen zu dem in Frage stehenden Regelungsgegenstand noch gebieten. Danach hat jedenfalls der rückwirkende Abschluss des TV-Charité die aus § 75 Satz 1 BlnPersVG resultierenden Wirksamkeitshindernisse gegen die Dienstvereinbarung vom 11. Oktober 2007 beseitigt.

29

(1) § 75 Satz 1 BlnPersVG soll verhindern, dass Gegenstände, derer sich die Tarifvertragsparteien angenommen haben, konkurrierend durch Dienstvereinbarung geregelt werden. Er räumt den Tarifvertragsparteien den Vorrang bei der Regelung von Arbeitsbedingungen ein und schützt hierdurch die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie. Diese wird auch dann gestört, wenn nicht tarifgebundene Arbeitgeber kollektivrechtliche Konkurrenzregelungen in Form von Dienstvereinbarungen treffen können. Der Tarifvorbehalt bildet keine Kollisionsnorm, sondern eine Zuständigkeitsabgrenzung (vgl. BAG, Beschluss vom 22. März 2005 a.a.O. S. 170; Urteil vom 12. März 2008 - 4 AZR 616/06 - AP Nr. 18 zu § 1 TVG Tarifverträge: Chemie Rn. 28, jeweils zu § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG). Dem entsprechend führt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu § 77 Abs. 3 BetrVG selbst das Auslaufen eines Tarifvertrages nicht automatisch zum Entfallen der Sperrwirkung gegenüber den Betriebsparteien. Das Bundesarbeitsgericht prüft in solchen Fällen unter dem Gesichtspunkt der Tarifüblichkeit, ob die Tarifvertragsparteien endgültig den Willen zur Regelung des in Frage stehenden Gegenstandes aufgegeben haben (BAG, Beschlüsse vom 24. Februar 1987 - 1 ABR 18/85 - BAGE 54, 191 <199> und vom 21. Januar 2003 a.a.O. Bl. 729; ähnlich Fitting, a.a.O. § 77 Rn. 93). Erst bei Vorliegen eines solchen Willens eröffnet sich demnach hier die betriebliche Regelungszuständigkeit. In Bezug auf Dienstvereinbarungen im Sinne von § 74 Abs. 1 BlnPersVG muss entsprechendes gelten.

30

(2) Vor diesem Hintergrund kann sich aus dem reinen Zeitablauf kein Entfallen der einmal entstandenen Sperrwirkung aufgrund von § 15 BAT/BAT-O begründen. Maßgeblich kann allein sein, ob sich auf der tariflichen Ebene zwischenzeitlich Änderungen ergeben haben, in deren Lichte sich der Abschluss der Dienstvereinbarung vom 11. Oktober 2007 nicht länger als Eingriff in die tarifliche Regelungsprärogative darstellen konnte, insbesondere weil ein Wille der Tarifvertragsparteien erkennbar geworden war, zukünftig auf eine eigene Regelung zu verzichten. Dies ist hier, wie das Oberverwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen hat, der Fall.

31

Aus Sicht des beschließenden Senats bestehen allerdings Zweifel am Begründungsweg, den das Oberverwaltungsgericht eingeschlagen hat. Die zum einen angesprochene tarifpolitische Gesamtentwicklung im öffentlichen Dienst, die für Bund, Kommunen und die Mehrzahl der Länder zur Ablösung des BAT durch den TVöD am 1. Oktober 2005 bzw. den TV-L am 1. November 2006 führte, änderte für den hier fraglichen Zeitraum nichts an der weiteren tariflichen Prägewirkung von BAT/BAT-O für den öffentlichen Dienst im Land Berlin. Wesentliche Bestimmungen des BAT/BAT-O, darunter auch dessen § 15 Abs. 7, blieben durch die Inbezugnahme in § 2 Abs. 1 des Tarifvertrags vom 31. Juli 2003 zur Anwendung von Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes zwischen dem Land Berlin und den Gewerkschaften ver.di, GEW, GdP und IG Bauen Agrar Umwelt weiterhin anwendbar. Dies spricht dafür, dass § 15 Abs. 7 BAT/BAT-O im Land Berlin - und folglich ungeachtet seiner fehlenden eigenen Bindung an den Tarifvertrag vom 31. Juli 2003 auch gegenüber dem Beteiligten - über das Jahr 2006 hinaus zumindest weiter als tarifübliche Regelung im Sinne von § 75 Satz 1 BlnPersVG anzusehen war. Auf die von dem Beteiligten in seiner Rechtsbeschwerdebegründung aufgeworfene Frage, ob mit Blick auf seine Möglichkeit, selbst einen vergleichbaren Anwendungstarifvertrag zu schließen, nach Maßgabe der Grundsätze des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts vom 22. März 2005 (a.a.O.) zudem auch das Tatbestandsmerkmal der tariflichen Regelung im Sinne von § 75 Satz 1 BlnPersVG weiterhin erfüllt war, dürfte es insofern nicht entscheidend ankommen.

32

Zweifelhaft erscheint dem Senat auch der Ansatz des Oberverwaltungsgerichts, eine Aufgabe des tariflichen Regelungswillens zum hier fraglichen Gegenstand aus der Eckpunktevereinbarung vom 18. Oktober 2006 abzuleiten, denn diese stand ausweislich ihrer Ziffer 10 unter dem Vorbehalt der Gesamteinigung und besaß daher nur vorläufigen Charakter.

33

Zu diesen Punkten bedarf es aber letztlich keiner Entscheidung, weil jedenfalls mit dem Abschluss des TV-Charité, der zur Frage des Beginns der Arbeitszeitmessung keine Regelung trifft, eine Sperrwirkung im Sinne von § 75 Satz 1 BlnPersVG endete. Die (nunmehr maßgeblich gewordenen) Tarifvertragsparteien haben hiermit bindend zum Ausdruck gebracht, dass der Regelung dieser Frage auf Ebene der Dienststelle fortan keine kollektivrechtlichen Hindernisse entgegenstehen sollten. Unschädlich ist hierbei, dass der TV-Charité erst am 18. Dezember 2007, also mehr als zwei Monate nach der Dienstvereinbarung vom 11. Oktober 2007 abgeschlossen wurde. Denn der Abschluss geschah mit Rückwirkung auf den 1. Januar 2007 und hat damit eine etwaige Sperrwirkung im Sinne von § 75 Satz 1 BlnPersVG nachträglich aufgehoben.

34

Der Annahme einer nachträglichen Aufhebung der Sperrwirkung stehen rechtliche Bedenken nicht entgegen. Eine gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist nicht nichtig, sondern schwebend unwirksam (vgl. BAG, Urteile vom 20. April 1999 - 1 AZR 631/98 - BAGE 91, 244 <257 f.> und vom 29. Oktober 2002 - 1 AZR 573/01 - BAGE 103, 187 <191>). Das Bundesarbeitsgericht hat dies damit begründet, dass § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG als kompetenzausgestaltende Norm nicht ohne weiteres einer Verbotsnorm im Sinne des § 134 BGB gleichzusetzen sei (Urteil vom 20. April 1999 a.a.O. S. 257). Ungeachtet der Frage, ob diese Begründung in ihrem rechtsdogmatischen Ansatz auf Dienstvereinbarungen zu übertragen ist, kann für diese jedenfalls im Ergebnis nichts anderes gelten (a.A. Germelmann, in: Germelmann/Binkert/Germelmann, Personalvertretungsgesetz Berlin, 3. Aufl. 2010, § 75 Rn. 17). Hierfür sprechen insbesondere die weiteren rechtlichen Konsequenzen, die sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts an die fehlende Nichtigkeitsfolge eines Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG knüpfen können. Hierdurch wird es den Tarifvertragsparteien nämlich ermöglicht, die aus einem solchen Verstoß folgende Sperrwirkung nachträglich durch eine rückwirkende Tariföffnungsklausel im Sinne von § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG zu beseitigen (BAG, Urteile vom 20. April 1999 a.a.O. S. 258 und vom 29. Oktober 2002 a.a.O. S. 191). Die ausdrückliche Zulassung von Tariföffnungsklauseln in § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG macht deutlich, dass es den Tarifvertragsparteien vorbehalten bleibt, ob sie abweichende Betriebsvereinbarungen zulassen wollen oder nicht. Der Schutzzweck der Norm ist auch dann gewahrt, wenn die Tarifvertragsparteien nachträglich über die Billigung einer tarifvorbehaltswidrigen Betriebsvereinbarung durch entsprechende Öffnungsklausel entscheiden (BAG, Urteil vom 20. April 1999 a.a.O. S. 258). Im Rahmen von § 75 BlnPersVG, der in Satz 2 gleichfalls eine Rechtsgrundlage für Tariföffnungsklauseln normiert, muss eine solche Gestaltungsoption gleichermaßen bestehen. Es sind keine Gründe dafür ersichtlich, warum den Tarifvertragsparteien in Bezug auf tarifvorbehaltswidrige Dienstvereinbarungen nicht dasjenige möglich sein sollte, was ihnen in Bezug auf tarifvorbehaltswidrige Betriebsvereinbarungen nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts möglich ist, nämlich ihnen nachträglich zur Wirksamkeit zu verhelfen. Soweit ausnahmsweise Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes entgegenstehen sollten, kann diesen im personalvertretungsrechtlichen ebenso wie im betriebsverfassungsrechtlichen Zusammenhang durch eine fallweise Begrenzung der Rückwirkung angemessen Rechnung getragen werden (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 20. April 1999 a.a.O. S. 259).

35

Bestehen demnach gegen eine nachträgliche tarifvertragliche Aufhebung der Sperrwirkung keine prinzipiellen Bedenken, so bestehen sie auch nicht speziell gegen die Annahme, dass dies durch die Anordnung des rückwirkenden Inkrafttretens des gesamten Tarifvertrags statt durch Vereinbarung punktuell rückwirkender Tariföffnungsklauseln geschehen könne. Mit Blick auf den Wortlaut des § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG fordert das Bundesarbeitsgericht in Bezug auf Tariföffnungsklauseln zwar, dass die Zulassung einer Regelung durch die Betriebsparteien deutlich zum Ausdruck kommen muss (Urteil vom 29. Oktober 2002 a.a.O. S. 191). In Bezug auf Tariföffnungsklauseln, die sich auf § 75 Satz 2 BlnPersVG stützen, dürfen trotz des in Teilen abweichenden Wortlauts dieser Vorschrift keine geringeren Anforderungen gelten. Sie werden durch die hier in Rede stehende Dienstvereinbarung vom 11. Oktober 2007 insofern unterschritten, als diese sich zur Frage des Beginns der Arbeitszeitmessung gänzlich ausschweigt. Das Deutlichkeitsgebot erhält indes seinen Sinn dadurch, dass mit der Tariföffnung im Sinne von § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG bzw. § 75 Satz 2 BlnPersVG ausnahmsweise eine Regelungsbefugnis auf Ebene des Betriebes bzw. der Dienststelle in einem Regelungsfeld eröffnet wird, das vom Grundsatz her tarifvertraglich belegt ist. Daher ist es schon aus Gründen der rechtsklaren Zuordnung beider Regelungsebenen geboten, für eine entsprechende Öffnung vorauszusetzen, dass sie unzweideutig zum Ausdruck gebracht wird; erst recht muss dies gelten, soweit Öffnungen nachträglich erfolgen und damit Rechtsverhältnisse in der Vergangenheit gestaltet werden sollen. In der hier vorliegenden Konstellation eines insgesamt rückwirkenden Inkrafttretens eines Tarifvertrages, der wie der TV-Charité das in Frage stehende Regelungsfeld vollständig ausspart, liegen die Dinge jedoch anders. Dieser stellt nachträglich eine tarifvertragliche Lage her, die, hätte sie von Beginn an bestanden, ohne weiteres einen sofort wirksamen Abschluss der Dienstvereinbarung ermöglicht hätte. Wegen der vollständigen Aussparung des fraglichen Regelungsfeldes auf tarifvertraglicher Ebene können anders als im Falle punktueller Tariföffnungsklauseln im Sinne von § 75 Satz 2 BlnPersVG Schwierigkeiten in der (nachträglichen) Zuordnung der Regelungsebenen von vorneherein nicht auftreten. Daher ist es unbedenklich, die Befugnis der Tarifvertragsparteien zur nachträglichen Beseitigung von Wirksamkeitshemmnissen gegen Dienstvereinbarungen nicht davon abhängig zu machen, dass deren Regelungsgegenstand ausdrücklich im Tarifvertrag bezeichnet wird. Den Tarifvertragsparteien steht es im Übrigen jederzeit frei, das betreffende Regelungsfeld wieder selbst durch tarifvertragliche Normierung zu belegen und hierdurch die Wirksamkeit der Dienstvereinbarung zu beenden (vgl. Fitting, a.a.O. § 77 Rn. 83).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 09. März 2012 - 6 P 27/10

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Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 09. März 2012 - 6 P 27/10 zitiert 11 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 134 Gesetzliches Verbot


Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 4 Wirkung der Rechtsnormen


(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 87 Mitbestimmungsrechte


(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen: 1. Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;2. Beginn und Ende der täglichen A

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 1 Inhalt und Form des Tarifvertrags


(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen könne

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 77 Durchführung gemeinsamer Beschlüsse, Betriebsvereinbarungen


(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseit

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 3 Tarifgebundenheit


(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist. (2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, der

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 21a Übergangsmandat *)


(1) Wird ein Betrieb gespalten, so bleibt dessen Betriebsrat im Amt und führt die Geschäfte für die ihm bislang zugeordneten Betriebsteile weiter, soweit sie die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 erfüllen und nicht in einen Betrieb eingegliedert

Bundespersonalvertretungsgesetz - BPersVG | § 73


(1) Dienstvereinbarungen sind zulässig, soweit sie dieses Gesetz ausdrücklich vorsieht. Sie werden durch Dienststelle und Personalrat gemeinsam beschlossen, sind schriftlich niederzulegen, von beiden Seiten zu unterzeichnen und in geeigneter Weise be

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Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 09. März 2012 - 6 P 27/10 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 23. März 2011 - 4 AZR 268/09

bei uns veröffentlicht am 23.03.2011

Tenor 1. Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. Februar 2009 - 3 Sa 1376/08 - wird zurückgewiesen.

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(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Dienstvereinbarungen sind zulässig, soweit sie dieses Gesetz ausdrücklich vorsieht. Sie werden durch Dienststelle und Personalrat gemeinsam beschlossen, sind schriftlich niederzulegen, von beiden Seiten zu unterzeichnen und in geeigneter Weise bekanntzumachen.

(2) Dienstvereinbarungen, die für einen größeren Bereich gelten, gehen den Dienstvereinbarungen für einen kleineren Bereich vor.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Wird ein Betrieb gespalten, so bleibt dessen Betriebsrat im Amt und führt die Geschäfte für die ihm bislang zugeordneten Betriebsteile weiter, soweit sie die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 erfüllen und nicht in einen Betrieb eingegliedert werden, in dem ein Betriebsrat besteht (Übergangsmandat). Der Betriebsrat hat insbesondere unverzüglich Wahlvorstände zu bestellen. Das Übergangsmandat endet, sobald in den Betriebsteilen ein neuer Betriebsrat gewählt und das Wahlergebnis bekannt gegeben ist, spätestens jedoch sechs Monate nach Wirksamwerden der Spaltung. Durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung kann das Übergangsmandat um weitere sechs Monate verlängert werden.

(2) Werden Betriebe oder Betriebsteile zu einem Betrieb zusammengefasst, so nimmt der Betriebsrat des nach der Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer größten Betriebs oder Betriebsteils das Übergangsmandat wahr. Absatz 1 gilt entsprechend.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch, wenn die Spaltung oder Zusammenlegung von Betrieben und Betriebsteilen im Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung oder einer Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz erfolgt.
-----

*)
Diese Vorschrift dient der Umsetzung des Artikels 6 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen (ABl. EG Nr. L 82 S. 16).

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Tenor

1. Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. Februar 2009 - 3 Sa 1376/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kostenentscheidung des Landesarbeitsgerichts wird aufgehoben. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu gleichen Teilen zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die dynamische Anwendung der Entgelttarifverträge der Bauwirtschaft auf ihr Arbeitsverhältnis und sich daraus ergebende Zahlungsansprüche.

2

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Entsorgungswirtschaft und beschäftigt insgesamt etwa 260 Mitarbeiter. Beide Kläger sind bei der Beklagten seit 1. Oktober 1992 beschäftigt, der Kläger zu 1) als Projektingenieur und der Kläger zu 2) als Gerätefahrer im Straßenbau.

3

Die Beklagte hatte bereits am 24. Oktober 1990 mit der Industriegewerkschaft Bau-Steine-Erden (IG BSE) einen Haustarifvertrag vereinbart, der ua. wie folgt lautet:

        

Vergütung

        

…       

        

Hinsichtlich der Vergütung für die gewerblichen Arbeitnehmer, Angestellte und Auszubildende sind die Tarifverträge LTV und GTV ehemals Berlin (West) für das Bauhauptgewerbe mit folgender Maßgabe anzuwenden, daß die darin enthaltenen Vergütungen ab 1.11.1990 mit 65 % in Ansatz gebracht werden. Die Festlegung hat nach kaufmännischer Rundung zu erfolgen.

        

Dieses gilt für die regelmäßige Arbeitszeit ab 1.11.1990 bei einer 42-Stunden-Woche und einer monatlichen durchschnittlichen Arbeitszeit von 183 Stunden. Die Arbeitszeit für 2-Schichtler beträgt ebenfalls 42 Stunden und für den 3-Schichtler 40 Stunden pro Woche auf der Basis der Vergütung der Regelarbeitszeit. Ab 1.1.1991 wird die regelmäßige 40-Stunden-Woche eingeführt. Die 2-Schichtler haben ebenfalls 40-Stunden-Woche, die 3-Schichtler eine 38-Stunden-Woche auf der Basis der Vergütung der Regelarbeitszeit. Als Ausgleich für die Arbeitszeitverkürzung bleiben die Gehälter gleich. Bei gewerblichen Arbeitnehmern erhöht sich der jeweilige tarifliche Stundenlohn um 5,2 %.

        

Die so entstandene Basis am 1.1.1991 ist die Grundlage für eine 10-prozentige Erhöhung ab 1.4.1991. Diese Regelung gilt bis zum 30.9.1991. Ab 1.10.1991 wird eine weitere Lohnerhöhung festgelegt. Auf der Basis 1.4.1991 der jeweiligen Vergütung wird ein Zuschlag von 10 % für alle Arbeitnehmer gewährt. Diese Regelung gilt bis zum 31.3.1992.

        

…       

        

Zuschlagsregelungen für 2-Schicht- und 3-Schichtarbeiter

        

Arbeitnehmer im 2-Schichtsystem erhalten einen Zuschlag für ihre gesamte tatsächlich verbrachte Arbeitszeit in Höhe von 7,5 % des Tarifstundenlohnes der Lohngruppe III.

        

Für Arbeitnehmer im 3-Schichtbetrieb beträgt dieser Zuschlag 12,5 %.“

4

Die IG BSE kündigte den Haustarifvertrag zum 31. März 1992. Die darauf folgenden Tarifverhandlungen zwischen den Tarifvertragsparteien blieben ergebnislos.

5

Der Arbeitsvertrag des Klägers zu 2) stammt vom 2. November 1992, der Arbeitsvertrag des Klägers zu 1) ist undatiert. Beide Arbeitsverträge gelten „mit Wirkung vom 01.10.1992“. Sie enthalten ua. folgende Bestimmungen:

        

„1.     

        

Sie werden entsprechend der ausgeübten Tätigkeit in die tarifliche Gehaltsgruppe T 4, Beschäftigungsjahr 1 [Kl. zu 2): Lohngruppe MIII 1] eingestuft.

        

Auf der Grundlage der Einstufung erhalten Sie folgende monatliche Bruttovergütung [Kl. zu 2): folgenden monatlichen Bruttostundenlohn]:

        

Gehaltsgruppe T 4, Beschäftigungsjahr 1

DM 3612,00

        

[Kl. zu 2): Bruttostundenlohn

DM 18,52

        

Schichtzuschlag

DM ………..]

        

AT/ Zulage

DM ………..

        

……………….

DM ………..

        

Gesamt

DM 3612,00

                 

[Kl. zu 2):

                 

DM 18,52]

        

Basis: Rahmentarifvertrag [Kl. zu 2): BRTV] für das Baugewerbe (in Verbindung mit der Arbeitsordnung) in der jeweils gültigen Fassung, HTV der M mbH vom 24.10.1990.

        

…       

        

Außertarifliche Gehaltsbestandteile [Kl. zu 2): Lohnbestandteile] werden von der Firma freiwillig gewährt und stehen unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufes. Sie sind bei einer Erhöhung der Gehaltstarife [Kl. zu 2): Lohntarife], beim Aufrücken in eine höhere Gehaltsstufe [Kl. zu 2): Lohnstufe] und bei Höhergruppierungen anrechenbar.“

6

Die Beklagte bezahlte den Klägern in der Folgezeit eine Vergütung, die den zwischen dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes und dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie einerseits und der IG BSE bzw. IG BAU andererseits vereinbarten Gehalts- und Lohntarifverträgen für das Baugewerbe im Beitrittsgebiet entsprach.

7

Am 20. November 1995 vereinbarte die Beklagte mit dem Gesamtbetriebsrat eine „Betriebsvereinbarung über die Lohn- und Gehaltszahlung in der M mbH“ (GBV 1995), deren Ziffer 1 wie folgt lautet:

        

„1.     

Soweit nicht im Einzelfall ein höheres Arbeitsentgelt vereinbart ist, richtet sich die Höhe des Lohnes bzw. Gehaltes nach den geltenden Tarifverträgen;

                 

-       

Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe

                 

-       

Rahmentarifvertrag für die techn. und kaufm. Angestellten des Baugewerbes“

8

Am 26. April 1999 fand zwischen der Geschäftsführung der Beklagten und Vertretern der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) ein Gespräch statt. Darüber erstellte die Beklagte eine „Protokollnotiz“ vom 27. April 1999, die auszugsweise wie folgt lautet:

        

„Im weiteren Verlauf erklärt die Geschäftsleitung den Vertretern der IG Bau verbindlich:

        

Die M fällt auf Grund ihrer Betriebsstruktur nicht unter die Tarifgebundenheit. Die M hat sich an die Tarife der Bauindustrie angelehnt und die entsprechenden Tarifbewegungen bei Löhnen und Gehältern ohne Rechtsanspruch bis heute mitvollzogen. Die M wird auch künftig für den Kernbereich und für Beschäftigte, deren Eingruppierung sich aus dem BRTV bzw. RTV ableitet, nach diesen Grundsätzen die entsprechenden Lohn- und Gehaltstarife anwenden. Der Haustarifvertrag vom 24.10.1990 hat, soweit er nicht bereits in den einzelnen Punkten realisiert worden ist, weiter Bestand.“

9

Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellungen darüber getroffen, ob die Arbeitnehmer von der Protokollnotiz Kenntnis erlangten. Es führt aus, die örtlichen Betriebsräte hätten „nach dem Vortrag der Kläger“ die Protokollnotiz am „Schwarzen Brett“ ausgehängt. Die Beklagte hat einen Aushang jedenfalls nicht veranlasst.

10

Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft e.V. (BDE) und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) vereinbarten am 24. Oktober 2001 einen ab 1. Januar 2002 geltenden Bundes-Entgeltrahmentarifvertrag (ETV Entsorgung 2002) und am 3. Dezember 2004 sowie am 3. Juni 2008 Folgetarifverträge. Der Bundes-Entgeltrahmentarifvertrag und die Folgetarifverträge enthalten zum fachlichen Geltungsbereich folgende Regelung:

        

„§ 1   

        

Geltungsbereich

        

…       

        

2. fachlich:

für alle Unternehmen, die Mitglied des Arbeitgeberverbandes BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft e.V. sind.“

11

Die Satzung des BDE sieht für den Beitritt neuer Mitglieder folgende Bestimmung vor:

        

„§ 3   

        

Mitgliedschaften

        

…       

        

(2)     

Die Mitgliedschaft unterscheidet zwischen ordentlichen, korporativen, fördernden sowie ausländischen Mitgliedern:

                 

a)    

Ordentliches Mitglied

                          

können alle Unternehmen und Betriebe der Kreislauf- und Entsorgungswirtschaft sowie der Wasser- und Abwasserwirtschaft einschließlich der mit diesen verwandten Servicebetrieben werden, die in privater Rechtsform organisiert, tatsächlich operativ tätig sind und in der Bundesrepublik Deutschland ihren Sitz oder eine Betriebsstätte haben; ist ihr Sitz im Freistaat Bayern gelegen, gehören diese Mitglieder in der Regel dem korporativen Mitglied des Bundesverbandes, nämlich dem ‚VBS - Verband Bayerischer Entsorgungsunternehmen e.V. - Kreislaufwirtschaft und Städtereinigung -’ an.

                 

…“    

        
12

Die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes vereinbarten am 20. Dezember 2001 den mit Wirkung vom 1. März 2002 in Kraft getretenen Tarifvertrag zur Einführung neuer Gehaltsstrukturen für die Angestellten und Poliere des Baugewerbes. Die Gehaltsgruppe T 4, ab 3. Berufsjahr, (alt) wurde zur Gehaltsgruppe A VII (neu). Die sich hieraus ergebende Vergütungssteigerung von monatlich 27,00 Euro brutto gab die Beklagte nicht an den Kläger zu 1) weiter. Aufgrund des Tarifvertrages zur Einführung neuer Lohnstrukturen für die gewerblichen Arbeitnehmer des Baugewerbes vom 4. Juli 2002 wurde die Lohngruppe M III 2 (alt) mit Wirkung vom 1. September 2002 zur Lohngruppe 4 für Baumaschinenführer (neu).

13

Die für die Bauwirtschaft vereinbarten prozentualen Entgelterhöhungen zum 1. September 2002 und 1. April 2003 übernahm die Beklagte und erklärte in gleichlautenden - jeweils undatierten - Schreiben an alle Mitarbeiter im Jahr 2002:

        

„Trotz der angespannten Lage des Unternehmens erfolgt ab 01.09.2002 die Anpassung mit 3,2 % an die Höhe der Löhne und Gehälter der Bauindustrie. Das heißt, die M mbH erhöht selbst unter den schwierigen Rahmenbedingungen die Löhne und Gehälter aller Mitarbeiter.“

und im Jahr 2003:

        

„Trotz der angespannten Lage des Unternehmens hat sich die Geschäftsführung entschieden, auch unter den schwierigen Rahmenbedingungen ab 01.04.2003 eine Erhöhung der Löhne und Gehälter um 2,4% durchzuführen.“

14

In den Jahren 2004 und 2005 gab es keine tariflichen Entgelterhöhungen im Baugewerbe. Auch die Beklagte erhöhte die Vergütungen nicht.

15

Im Bereich der Angestellten erhöhte sich zum 1. Januar 2006 die tarifliche regelmäßige Arbeitszeit von 39 auf 40 Wochenstunden ohne Erhöhung des Gehalts. Bei den gewerblichen Arbeitnehmern vereinbarten die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes ebenfalls mit Wirkung vom 1. Januar 2006 eine Erhöhung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 39 auf 40 Stunden unter gleichzeitiger Absenkung des Stundenlohnes um 2,5 %. Die Beklagte gab weder die Arbeitszeiterhöhung noch die Lohnsenkung an die Mitarbeiter weiter. Auch die mit Wirkung vom 1. April 2006 vorgesehene tarifliche Erhöhung der Gehälter und Löhne in der Bauwirtschaft um 1 % übernahm die Beklagte nicht.

16

Am 20. August 2007 vereinbarten die Tarifvertragsparteien der Bauwirtschaft den Tarifvertrag zur Regelung der Gehälter und Ausbildungsvergütungen für die Angestellten und Poliere des Baugewerbes im Beitrittsgebiet mit Ausnahme des Landes Berlin (TV Bau Gehalt/Ost) und den Tarifvertrag zur Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen im Baugewerbe im Beitrittsgebiet mit Ausnahme des Landes Berlin (TV Bau Lohn/Ost) mit Wirkung vom 1. April 2007. Danach erhöhte sich das Tarifentgelt für die Angestellten und die gewerblichen Mitarbeiter zum 1. Juni 2007 einheitlich um 3,1 %. Das Gehalt in der Gehaltsgruppe A VII beträgt danach 3.073,00 Euro, der Gesamttarifstundenlohn der „Baumaschinenführer der Lohngruppe 4“ 13,61 Euro. Die Beklagte erhöhte die Entgelte ihrer Arbeitnehmer auch diesmal nicht. Sie zahlte dem Kläger zu 1) weiterhin ein Monatsgehalt von 2.924,00 Euro brutto und dem Kläger zu 2) einen Stundenlohn von 13,42 Euro brutto sowie zusätzlich einen Schichtzuschlag von 7,5 %.

17

Der Kläger zu 1) machte mit Schreiben vom 15. Oktober 2007 die „Anpassung an die tarifliche Entlohnung“ und mit Schreiben vom 11. Dezember 2007 einen - in rechnerischer Höhe unstreitigen - Differenzbetrag von 432,00 Euro für die Zeit von Juni bis November 2007 geltend. Der Kläger zu 2) forderte mit Schreiben vom 7. Dezember 2007 Unterschiedsbeträge für denselben Zeitraum in ebenfalls unstreitiger Höhe von insgesamt 204,56 Euro.

18

Die Kläger verlangen mit ihrer Klage die Weitergabe der 3,1 %-igen Tariferhöhung zum 1. Juni 2007 nach dem TV Bau Gehalt/Ost und dem TV Bau Lohn/Ost sowie im Wege der Feststellungsklage die Zahlung künftiger Tariferhöhungen. Sie haben die Auffassung vertreten, die auf der Anwendung der Bau-Entgelttarifverträge beruhenden Ansprüche ergäben sich aus der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel, aus der GBV 1995, aus der Protokollnotiz vom 27. April 1999 sowie aus dem Grundsatz der betrieblichen Übung. Der Arbeitsvertrag enthalte in Ziffer 1 eine dynamische Verweisungsklausel, welche nicht nur den (Bundes-)Rahmentarifvertrag für das Baugewerbe, sondern auch den jeweils geltenden Entgelttarifvertrag des Baugewerbes erfasse. Die GBV 1995 verweise angesichts der Formulierung „Höhe des Lohnes bzw. Gehaltes“ ebenfalls auf die Entgelttarifverträge des Baugewerbes. Außerdem ergebe sich ein Anspruch aus der Protokollnotiz vom 27. April 1999, welche eine Gesamtzusage des Arbeitgebers darstelle. Schließlich sei durch die jahrzehntelange Weitergabe der Tariferhöhungen eine betriebliche Übung entstanden. Die strenge Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Entstehen einer betrieblichen Übung bei der Weitergabe von Tariferhöhungen durch nicht tarifgebundene Arbeitgeber sei nicht einschlägig, weil die Beklagte auch durch den Beitritt zu den Arbeitgeberverbänden der Bauwirtschaft keine normative Geltung der Bautarifverträge hätte herbeiführen können. Der Unterschied zu den vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fällen liege darin, dass die Beklagte als Betrieb der Entsorgungswirtschaft nicht dem betrieblichen Geltungsbereich der Bautarifverträge unterfalle. Außerdem ergäben sich besondere Anhaltspunkte für einen Bindungswillen der Beklagten aus dem Arbeitsvertrag, aus der GBV 1995 und der Protokollnotiz.

19

Die Kläger haben zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 1) brutto 405,00 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 17. März 2008 zu zahlen,

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger zu 1) ab dem 1. März 2008 39/40 des jeweiligen Tabellenentgelts der Vergütungsgruppe A VII nach dem jeweils geltenden Tarifvertrag zur Regelung der Gehälter und Auszubildendenvergütungen für Angestellte im Baugewerbe (TV Bau Gehalt/Ost) abzüglich 27,00 Euro monatlich zu zahlen,

        

3.    

die Beklagte weiter zu verurteilen, an den Kläger zu 2) 306,89 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 17. März 2008 zu zahlen,

        

4.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger zu 2) ab dem 1. März 2008 das Tabellenentgelt der Lohngruppe 4 für Baumaschinenführer des jeweils geltenden Tarifvertrages zur Regelung der Löhne und Auszubildendenvergütungen im Baugewerbe (TV Bau Lohn/Ost) einschließlich des Bauzuschlages zu zahlen.

20

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Entgelttarifverträge des Baugewerbes seien nicht anwendbar. Der Arbeitsvertrag enthalte nur in Bezug auf den (Bundes-)Rahmentarifvertrag eine dynamische Verweisung, hinsichtlich des Entgelts sei die Verweisung auf die Gehaltsgruppe statisch. Die GBV 1995 verweise nicht auf einen Entgelttarifvertrag und sei im Übrigen wegen der Sperrwirkung der Bundes-Entgelttarifverträge der Entsorgungswirtschaft gemäß § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam. Aus der Protokollnotiz ergebe sich bereits nach deren Wortlaut kein Anspruch. Eine betriebliche Übung sei entsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Weitergabe von Tariferhöhungen bei tarifungebundenen Arbeitgebern nicht entstanden. Besondere Anhaltspunkte für einen Bindungswillen des Arbeitgebers lägen nicht vor, insbesondere könnten diese sich nicht aus dem Arbeitsvertrag, aus der GBV 1995 oder der Protokollnotiz ergeben. Hilfsweise argumentiert die Beklagte, sie habe die betriebliche Übung durch eine gegenläufige betriebliche Übung wieder beendet.

21

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung stattgegeben und die Klage abgewiesen. Mit der Revision streben die Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils an. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

22

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung der Beklagten in der Hauptbegründung weitgehend rechtsfehlerfrei stattgegeben.

23

I. Die Klage ist teilweise unzulässig. Die Feststellungsanträge 2 und 4 sind nur insoweit zulässig, als sie sich auf die Anwendbarkeit des TV Bau Gehalt/Ost vom 20. August 2007 und des TV Bau Lohn/Ost vom 20. August 2007 beziehen. Die beantragte Verpflichtung zur Anwendung des „jeweils geltenden“ Entgelttarifvertrages betrifft künftige Entgelttarifverträge, die nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein können.

24

1. Gemäß § 256 Abs. 1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Dabei muss die Feststellung grundsätzlich auf ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis gerichtet sein (BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 566/04 - zu II 1 der Gründe, BAGE 115, 12; BGH 13. März 2001 - VI ZR 290/00 - MDR 2001, 829). Dieses muss so genau bezeichnet sein, dass über seine Identität und damit über den Umfang der Rechtskraft des begehrten Feststellungsanspruchs keinerlei Ungewissheit herrschen kann. Dagegen können nicht absehbare künftige Ansprüche nicht zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 136/05 - zu 1 und 2 a der Gründe). Eine Klage auf Feststellung von Rechtsfolgen aus einem erst künftig (möglicherweise) entstehenden Rechtsverhältnis ist unzulässig.

25

2. Dieser Grenzziehung genügen die Anträge 2 und 4 nur zum Teil. Sie betreffen neben der Verpflichtung zur Anwendung des gegenwärtigen TV Bau Gehalt/Ost und des gegenwärtigen TV Bau Lohn/Ost auch die Verpflichtung zur Anwendung der „jeweils geltenden“, dh. der künftigen Entgelttarifverträge. Die Rechtsverhältnisse aus künftigen Entgelttarifverträgen sind nicht gegenwärtig. Die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes vereinbaren zwar üblicherweise regelmäßig Tariferhöhungen in eigenständigen Entgelttarifverträgen. Solange ein künftiger Tarifvertrag noch nicht abgeschlossen ist, kann jedoch auch eine Verpflichtung zu seiner Anwendung noch nicht festgestellt werden. So ist zB nicht auszuschließen, dass die Tarifvertragsparteien der hier streitigen Tarifverträge die Geltungsbereiche künftiger Tarifverträge anders formulieren als bisher und deswegen eine Anwendung auf die Kläger ausscheidet. Weiter ist denkbar, dass die Tarifvertragsparteien keine eigenständigen Lohn- und Gehaltstarifverträge „Ost“ und „West“ mehr abschließen, sondern einen bundeseinheitlichen Entgelttarifvertrag.

26

II. Die ansonsten zulässige Klage ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat in seiner Hauptbegründung rechtsfehlerfrei entschieden, dass für die Anwendung der Entgelttarifverträge des Baugewerbes keine Anspruchsgrundlage besteht. Ein Anspruch folgt weder aus dem Arbeitsvertrag noch aus der GBV 1995 noch aus der Protokollnotiz vom 27. April 1999 noch aus einer betrieblichen Übung.

27

1. Ein Anspruch auf Anwendung des TV Bau Gehalt/Ost oder des TV Bau Lohn/Ost ergibt sich nicht aus der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel.

28

a) Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass der Arbeitsvertrag hinsichtlich der Höhe der Vergütung nur eine Bezugnahme auf den Haustarifvertrag enthalte. Der Haustarifvertrag wiederum verweise nicht dynamisch auf die Entgelttarifverträge des Baugewerbes, sondern verpflichte zur Zahlung eines prozentualen Anteils der Bautarife. Steigerungen seien danach nur bis zum 31. März 1992 vorgesehen gewesen.

29

b) Diese Auffassung begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken; auch die Revisionsbegründung der Kläger erhebt diesbezüglich keine ausdrückliche Rüge.

30

aa) Der Arbeitsvertrag nennt in Ziffer 1 zunächst die „tarifliche Gehaltsgruppe T 4“ bzw. die „tarifliche Lohngruppe MIII 1“. Als „Basis“ hierfür wird an erster Stelle der „Rahmentarifvertrag für das Baugewerbe“ bzw. der „BRTV für das Baugewerbe“ angeführt. Der Zusatz „in der jeweils gültigen Fassung“ zeigt, dass die Verweisung auf den (Bundes-)Rahmentarifvertrag des Baugewerbes dynamisch ist, enthält jedoch keine Verweisung auf die jeweiligen Entgelttarifverträge. Das Landesarbeitsgericht weist zutreffend darauf hin, dass im Baugewerbe die tariflichen Entgeltregelungen in eigenständigen Entgelttarifverträgen vereinbart wurden und werden. Das im Arbeitsvertrag bezifferte Gehalt in Höhe von 3.612,00 DM bzw. der genannte Stundenlohn in Höhe von 18,52 DM entsprechen nicht den Vergütungen nach den damals geltenden Entgelttarifverträgen. Das Tarifgehalt der Tarifgruppe T 4 im ersten Berufsjahr betrug nach dem Tarifvertrag zur Regelung der Gehälter und Ausbildungsvergütungen für die Angestellten des Baugewerbes im Beitrittsgebiet (ausgenommen Berlin-Ost) vom 19. Mai 1992 ab 1. April 1992 bis zur nächsten Erhöhung am 1. April 1993 3.537,00 DM. Der Tarifvertrag zur Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen im Baugewerbe im Beitrittsgebiet (ausgenommen Berlin-Ost) vom 19. Mai 1992 sah für die  Berufsgruppe M III ab 1. Oktober 1992 einen Gesamttarifstundenlohn von 17,79 DM vor. Erst in der Folgezeit vergütete die Beklagte entsprechend den Entgelttarifverträgen für das Beitrittsgebiet.

31

bb) Eine vertragliche Einbeziehung der Bau-Entgelttarifverträge ergibt sich auch nicht im Wege einer ergänzenden Auslegung. Es besteht schon keine unbewusste Regelungslücke. Die Arbeitsvertragsparteien haben neben dem Baurahmentarifvertrag gleichwertig ausdrücklich auch den „HTV der M mbH vom 24.10.1990“ in Bezug genommen. Auch dieser im Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses normativ nachwirkende Haustarifvertrag enthält Regelungen zur Höhe der Vergütung, die auf die Zeit bis zum 31. März 1992 befristet waren. Danach richtet sich die Vergütung für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte nach den „Tarifverträgen LTV und GTV ehemals Berlin (West) für das Bauhauptgewerbe“ mit der Maßgabe, dass ein Vergütungsniveau von 65 % dieser (West-)Tarife zugrunde gelegt wird. Darüber hinaus sollte sich die Vergütung in zwei Stufen zum 1. April 1991 und zum 1. Oktober 1991 jeweils um 10 % erhöhen. Bei den gewerblichen Arbeitnehmern sieht der Haustarifvertrag eine zusätzliche Erhöhung zum 1. Januar 1991 als Ausgleich für eine Arbeitszeitverkürzung vor. Eine Verweisung auf die Entgelttarifverträge für das Beitrittsgebiet (TV Bau Gehalt/Ost bzw. TV Bau Lohn/Ost) ergibt sich aus dem in Bezug genommenen Haustarifvertrag jedoch gerade nicht, obwohl es bereits bei Vereinbarung des Arbeitsvertrages eigenständige Tarifverträge für das Beitrittsgebiet gab.

32

2. Das Landesarbeitsgericht hat auch zutreffend erkannt, dass die GBV 1995 nicht geeignet ist, den klägerischen Anspruch zu begründen.

33

a) Das Berufungsurteil stützt sich insoweit darauf, dass die GBV 1995 als Anspruchsgrundlage wegen der Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG ausscheide. Mit Inkrafttreten der in der Entsorgungswirtschaft abgeschlossenen Entgelttarifverträge sei die GBV 1995 unwirksam geworden. Die mitgliedschaftsbezogene Festlegung des Geltungsbereichs der Entgelttarifverträge der Entsorgungswirtschaft spreche nicht gegen die Sperrwirkung, weil ein Verbandsbeitritt der Beklagten nach der Satzung des BDE möglich gewesen wäre.

34

b) Auch diese Darlegungen des Landesarbeitsgerichts sind rechtsfehlerfrei. Daher konnte es die Frage offenlassen, ob sich aus der GBV 1995 überhaupt ein Anspruch auf Anwendung der Entgelttarifverträge des Baugewerbes hätte ergeben können.

35

aa) Nach § 77 Abs. 3 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Eine gegen § 77 Abs. 3 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist unwirksam.

36

(1) Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, die ausgeübte und aktualisierte Tarifautonomie zu schützen, indem sie den Tarifvertragsparteien den Vorrang zur Regelung von Arbeitsbedingungen einräumt. Diese Befugnis soll nicht dadurch ausgehöhlt werden, dass Arbeitgeber und Betriebsrat ergänzende oder abweichende Regelungen vereinbaren. Die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie würde aber auch dann gestört, wenn die nicht tarifgebundenen Arbeitgeber kollektivrechtliche Konkurrenzregelungen in Form von Betriebsvereinbarungen erreichen könnten (vgl. BAG 20. November 2001 - 1 AZR 12/01 - zu II 2 a der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 70; BAG 24. Januar 1996 - 1 AZR 597/95 - zu I 1 der Gründe, BAGE 82, 89). Die Sperrwirkung ist deshalb nicht davon abhängig, ob ein Arbeitgeber tarifgebunden ist oder nicht (BAG 26. August 2008 - 1 AZR 354/07 - Rn. 11, BAGE 127, 297).

37

(2) Die Sperrwirkung einer tariflichen Regelung nach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG reicht grundsätzlich soweit wie deren Geltungsanspruch(BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (3) (a) der Gründe, BAGE 114, 162). Dies gilt auch für den Fall, dass der Tarifvertrag seinen Geltungsbereich nicht durch eine fachlich-betriebliche Begrenzung bestimmt, sondern nach seinem Wortlaut für die Mitglieder des tarifschließenden Unternehmerverbandes gelten soll. Die mitgliedschaftsbezogene Festlegung des Geltungsbereichs eines Tarifvertrages und die Sperrwirkung nach § 77 Abs. 3 BetrVG schließen einander nicht aus(BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (3) (b) der Gründe, aaO).

38

(a) Den Tarifvertragsparteien steht es frei, den Geltungsbereich organisationsbezogen festzulegen. Zwar ergibt sich dann nicht unmittelbar aus dem Tarifvertrag, sondern erst aus der Verbandssatzung, welche Unternehmen und Betriebe vom fachlichen Geltungsbereich erfasst werden. Dies verstößt jedoch nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz oder gegen das Schriftformerfordernis nach § 1 Abs. 1, Abs. 2 TVG(BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (3) (b) der Gründe, BAGE 114, 162). Voraussetzung ist allerdings, dass die Satzung des Arbeitgeberverbandes nicht für jeden Arbeitgeber voraussetzungslos eine Beitrittsmöglichkeit vorsieht, sondern diese an bestimmte Kriterien knüpft, durch die der Kreis potentieller Mitglieder ähnlich wie durch das Erfordernis einer Branchenzugehörigkeit beschränkt wird (BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - aaO).

39

(b) Für eine Anwendung des § 77 Abs. 3 BetrVG auch auf nicht tarifgebundene Arbeitgeber ist außerdem erforderlich, dass die Tarifvertragsparteien den Geltungsanspruch eines mitgliedschaftsbezogenen Tarifvertrages auch auf potentielle Mitglieder erstrecken und nicht auf aktuelle Mitglieder beschränken wollen. Ob dies geschehen ist, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei die übereinstimmende Interessenlage der Tarifvertragsparteien typischerweise dahin geht, den Geltungsbereich des Tarifvertrages wie bei einer fachlichen Umschreibung auf diejenigen Unternehmen zu erstrecken, die durch Beitritt zum Arbeitgeberverband eine Tarifbindung herbeiführen können. Ohne deutliche Anhaltspunkte im Tarifvertrag selbst kann nicht angenommen werden, dass die Tarifvertragsparteien durch die mitgliedschaftsbezogene Festlegung des Geltungsbereichs den durch § 77 Abs. 3 BetrVG gewährleisteten Geltungsanspruch des Tarifvertrages und ihre Tarifautonomie beschränken wollen (vgl. insgesamt BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (3) (c) der Gründe, BAGE 114, 162).

40

(3) Eine gegen § 77 Abs. 3 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist unwirksam(BAG 20. November 2001 - 1 AZR 12/01 - zu II 2 a der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 70). Dies gilt nicht nur dann, wenn bei ihrem Zustandekommen entsprechende Tarifverträge bereits bestanden. Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG wirkt vielmehr auch, wenn entsprechende Tarifbestimmungen erst später in Kraft treten(BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (1) der Gründe, BAGE 114, 162; BAG 21. Januar 2003 - 1 ABR 9/02 - zu B II 2 c aa (1) der Gründe, AP BetrVG 1972 § 21a Nr. 1 = EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 3).

41

(4) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gilt die Sperre des § 77 Abs. 3 BetrVG nicht in Angelegenheiten, die nach § 87 Abs. 1 BetrVG der Mitbestimmung des Betriebsrates unterliegen(BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C I 4 der Gründe, BAGE 69, 134). Erzwingbare Betriebsvereinbarungen werden nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Angelegenheit nur üblicherweise durch Tarifvertrag geregelt wird oder zwar tariflich geregelt, der Arbeitgeber aber an den betreffenden Tarifvertrag nicht gebunden ist (BAG 20. November 2001 - 1 AZR 12/01 - zu II 2 c der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 70).

42

bb) Nach diesen Grundsätzen ist die GBV 1995 zumindest ab dem Inkrafttreten der vom Landesarbeitsgericht herangezogenen Bundes-Entgelttarifverträge in der Entsorgungswirtschaft ab dem 1. Januar 2002 unwirksam. Denn in diesen ist die Höhe des Entgelts für die Arbeitsverhältnisse im Bereich der Entsorgungsunternehmen tariflich geregelt. Der Betrieb der Beklagten unterfällt in der Sache auch dem fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge.

43

(1) Unerheblich ist, dass die Beklagte nicht Mitglied des BDE ist. § 77 Abs. 3 BetrVG setzt keine Tarifgebundenheit des Arbeitgebers voraus. Auch die mitgliedschaftsbezogene Festlegung des Geltungsbereichs der vom BDE abgeschlossenen Bundes-Entgeltrahmentarifverträge vom 24. Oktober 2001, vom 3. Dezember 2004 und vom 3. Juni 2008 schadet nicht. Eine Auslegung ergibt, dass der Geltungsbereich der Tarifverträge nicht nur aktuelle, sondern auch potentielle Mitglieder des BDE erfassen soll. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Tarifvertragsparteien BDE und ver.di auf den Geltungsanspruch des Tarifvertrages nach § 77 Abs. 3 BetrVG bei tarifungebundenen Arbeitgebern verzichten wollten. Das Landesarbeitsgericht hat auch zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte nach der Satzung des BDE dessen Mitglied werden konnte. Gemäß § 3 Abs. 2 Buchst. a der Satzung des BDE können alle Unternehmen und Betriebe der Kreislauf- und Entsorgungswirtschaft sowie der Wasser- und Abwasserwirtschaft ordentliches Mitglied werden, die in privater Rechtsform organisiert, tatsächlich operativ tätig sind und in der Bundesrepublik Deutschland ihren Sitz oder eine Betriebsstätte haben. Diese Voraussetzungen werden nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und nach den übereinstimmenden Angaben der Parteien von der Beklagten, einem Unternehmen der Entsorgungswirtschaft, erfüllt.

44

(2) In dem zwischen den Parteien streitigen Zeitraum ab dem 1. Juni 2007 war die GBV 1995 unwirksam. Spätestens ab dem Inkrafttreten der zwischen dem BDE und ver.di abgeschlossenen Bundes-Entgelttarifverträge der Entsorgungswirtschaft am 1. Januar 2002 war eine mögliche betriebsverfassungsrechtliche Wirkung der GBV 1995 nach § 77 Abs. 3 BetrVG gesperrt. Es kommt daher nicht darauf an, ob sich schon aus früheren Tarifverträgen der Entsorgungswirtschaft oder aus der Nachwirkung des Haustarifvertrages vom 24. Oktober 1990 eine Sperrwirkung für die GBV 1995 ergeben hat.

45

(3) Der Sperrwirkung entgegenstehende Tarifverträge steht auch nicht § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG entgegen. Zwar ist die Beklagte nicht tarifgebunden, so dass die Regelungssperre des § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG - im Unterschied zu § 77 Abs. 3 BetrVG - nicht eingreifen könnte. Der geregelte Sachverhalt der Entgelthöhe ist aber nicht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitbestimmungspflichtig, weil die Höhe der Vergütung nicht zur mitbestimmungspflichtigen betrieblichen Lohngestaltung gehört.

46

3. Der Anspruch auf die Anwendung des TV Bau Gehalt/Ost bzw. TV Bau Lohn/Ost ergibt sich auch nicht aus der Protokollnotiz vom 27. April 1999. Das Landesarbeitsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass sie keine Gesamtzusage enthält, aus der sich ein Anspruch auf Weitergabe der künftigen Tariferhöhungen ergibt.

47

a) Das Landesarbeitsgericht hat sich darauf berufen, dass in der Protokollnotiz vom 27. April 1999 keine Gesamtzusage des Arbeitgebers liege, weil diese Erklärung nicht an die Arbeitnehmer gerichtet gewesen sei. Außerdem sei die Erklärung so zu verstehen, dass die Beklagte Tariferhöhungen in der Vergangenheit ohne Rechtsanspruch weitergegeben habe und auch in Zukunft so verfahren wolle.

48

b) Insoweit zeigt die Revision keine Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts auf.

49

aa) Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer des Betriebs oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form gerichtete Erklärung des Arbeitgebers, zusätzliche Leistungen erbringen zu wollen (st. Rspr., vgl. BAG 17. November 2009 - 9 AZR 765/08 - Rn. 19, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 88 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 12). Eine Gesamtzusage setzt eine bewusste und gezielte Bekanntgabe an die Arbeitnehmer voraus (BAG 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 32, BAGE 118, 360).

50

bb) Danach liegt in der unterschriebenen Protokollnotiz keine Gesamtzusage der Beklagten.

51

(1) Es handelt sich um die Wiedergabe einer Besprechung vom 26. April 1999 zwischen der Geschäftsleitung der Beklagten, einem Vertreter des Bauarbeitgeberverbandes und Vertretern der IG BAU. Für eine Gesamtzusage wäre jedoch eine an alle Arbeitnehmer gerichtete Erklärung erforderlich gewesen. Nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erfolgte der von den Klägern behauptete Aushang am „Schwarzen Brett“ jedenfalls nicht auf Veranlassung der Beklagten. Wenn die örtlichen Betriebsräte die Protokollnotiz ausgehängt haben sollten, läge hierin keine bewusste und gezielte Bekanntmachung der Beklagten.

52

Soweit die Revision sich darauf beruft, die Beklagte habe ausdrücklich ausgeführt, die Erklärung sei „verbindlich“, so verkennt sie, dass auch insoweit als Adressat einer verbindlichen Erklärung vorliegend nicht die Belegschaft der Beklagten, sondern - wenn überhaupt - allenfalls die IG BAU in Betracht kommt, unabhängig davon, dass sich aus dem weiteren Inhalt der Erklärung nicht ergibt, worauf sich die „Verbindlichkeit“ eigentlich beziehen soll.

53

(2) Das Landesarbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf abgestellt, dass die Beklagte in der Protokollnotiz festgehalten hat, die Vergütungen in der Vergangenheit „ohne Rechtsanspruch“ weitergegeben zu haben. Der sich unmittelbar anschließende Satz in der Protokollnotiz, die Beklagte werde „auch künftig“ die Tarife „nach diesen Grundsätzen“ anwenden, ist vor diesem Hintergrund ebenfalls dahingehend zu verstehen, dass die Beklagte beabsichtigte, Tariferhöhungen auch weiterhin ohne Rechtsanspruch weiterzugeben.

54

(3) Im Übrigen wäre selbst dann, wenn es sich bei der Erklärung um eine Gesamtzusage handelte, das Bezugsobjekt der Verweisung nicht der Bau-Entgelttarifvertrag für das Beitrittsgebiet, dh. zB der TV Bau Lohn/Ost oder der TV Bau Gehalt/Ost. Denn in der Protokollnotiz heißt es ausdrücklich weiter, der Haustarifvertrag habe weiter Bestand. Aus diesem ergibt sich jedoch eine Verweisung auf die Bau-Entgelttarifverträge West mit einem Tarifniveau von 65 % nebst Erhöhungen bis zum 31. März 1992.

55

(4) Ein Vertragsschluss kann entgegen der Revision auch nicht aus einem Schweigen der Beklagten auf den von den Klägern behaupteten Aushang der Protokollnotiz durch die örtlichen Betriebsräte hergeleitet werden. Wie vorstehend ausgeführt, enthält die Protokollnotiz keine (Gesamt-)Zusage einer Weitergabe künftiger Bau-Tarifentgelterhöhungen. Das Schweigen der Beklagten könnte nur die fehlende Zielgerichtetheit der Erklärung an die Arbeitnehmer ersetzen. Es würde jedoch nichts am Inhalt der Erklärung ändern.

56

4. Schließlich ist auch keine betriebliche Übung auf die Weitergabe künftiger Tariferhöhungen nach dem TV Bau Gehalt/Ost bzw. TV Bau Lohn/Ost entstanden.

57

a) Das Landesarbeitsgericht hat sich darauf gestützt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber, der einzelne Tariferhöhungen an seine Arbeitnehmer weitergibt, nur bei Vorliegen besonderer Anhaltspunkte verpflichtet ist, über die Weitergewährung der weitergegebenen Tariflohnerhöhung hinaus auch die von den Tarifvertragsparteien zukünftig vereinbarten Tariferhöhungen weiterzugeben. Derartige Anhaltspunkte lägen hier nicht vor. Insbesondere könne hierfür weder die - unwirksame - GBV 1995 noch die Protokollnotiz vom 27. April 1999 herangezogen werden. Es komme hinzu, dass die Beklagte nicht nur nicht tarifgebunden, sondern nicht einmal ein Unternehmen der Bauwirtschaft sei, so dass sie auch durch einen Beitritt zum Arbeitgeberverband der Bauindustrie keine Tarifgebundenheit hätte herstellen können.

58

b) Diesen im Hinblick auf das Bestehen einer betrieblichen Übung der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegenden (BAG 24. März 2010 - 10 AZR 43/09 - Rn. 15, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 90 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 13; BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 45, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 54; BAG 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 39, BAGE 118, 360) Ausführungen des Landesarbeitsgerichts folgt der Senat im Ergebnis und teilweise auch in der Begründung.

59

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist unter einer betrieblichen Übung die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden.

60

(1) Aus einem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 317/09 - Rn. 20, AP TVG § 1 Tarifverträge: Brotindustrie Nr. 9 = EzA TVG § 4 Brot- und Backwarenindustrie Nr. 2; BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 43, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 54; BAG 16. Juni 2004 - 4 AZR 417/03 - zu II 2 b der Gründe). Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und durfte (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 317/09 - aaO; BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - aaO; BAG 16. Juni 2004 - 4 AZR 417/03 - zu II 2 b der Gründe). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber mit einem entsprechenden Verpflichtungswillen gehandelt hat. Die Wirkung einer Willenserklärung im Rechtsverkehr setzt ein, wenn der Erklärende aus der Sicht des Erklärungsempfängers einen auf eine bestimmte Rechtswirkung gerichteten Willen geäußert hat (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - aaO; BAG 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 35, BAGE 118, 360).

61

(2) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber eine betriebliche Übung, die zu einem Rechtsanspruch auf Erhöhung der Löhne und Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet führt, nur angenommen werden, wenn deutliche Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür erkennbar sind, dass er auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien jeweils ausgehandelten Tariflohnerhöhungen übernehmen will (BAG 26. August 2009 - 5 AZR 969/08 - Rn. 26, AP BGB § 613a Nr. 375 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 115; BAG 9. Februar 2005 - 5 AZR 284/04 - zu III 3 b der Gründe; BAG 13. März 2002 - 5 AZR 755/00 - zu II 2 der Gründe, EzA ZPO § 259 Nr. 1). Mit den in Anlehnung an Tariflohnerhöhungen erfolgenden freiwilligen Lohnsteigerungen entsteht regelmäßig lediglich ein Anspruch der Arbeitnehmer auf Fortzahlung dieses erhöhten Lohns, nicht aber zugleich eine Verpflichtung des Arbeitgebers, auch künftige Tariflohnerhöhungen weiterzugeben (BAG 20. Juni 2001 - 4 AZR 290/00 - zu A II 4 c bb der Gründe, EzA BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 45). Nach der Rechtsprechung des Fünften Senats will sich ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber grundsätzlich nicht für die Zukunft der Regelungsmacht der Verbände unterwerfen. Dies ist gerade Sinn des nicht erfolgten Beitritts zu einem Arbeitgeberverband. Die fehlende Tarifgebundenheit verdeutlicht den Willen des Arbeitgebers, die Erhöhung der Löhne und Gehälter zukünftig nicht ohne Beitrittsprüfung entsprechend der Tarifentwicklung vorzunehmen. Die nicht vorhersehbare Dynamik der Lohnentwicklung und die hierdurch verursachten Personalkosten sprechen grundsätzlich gegen einen objektiv erkennbaren rechtsgeschäftlichen Willen des Arbeitgebers, sich dauerhaft zu einer Entgeltanhebung entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet verpflichten zu wollen.

62

bb) Danach hat die Beklagte mit der Übernahme einzelner Tarifentgelterhöhungen keine betriebliche Übung begründet, auf die die Kläger ihren Klageanspruch stützen könnten.

63

(1) Die bloße Weitergabe von Tariflohnerhöhungen in der Bauwirtschaft konnte insbesondere deshalb bei den Arbeitnehmern der Beklagten nicht zur Erwartung einer generellen Übernahme der jeweiligen Tariferhöhungen führen, weil es bei der dynamischen Inbezugnahme von Entgelttarifverträgen durch eine betriebliche Übung jedenfalls dann besonderer, im vorliegenden Fall fehlender Anhaltspunkte für einen entsprechenden Bindungswillen des Arbeitgebers bedarf, wenn er nicht nur selbst nicht tarifgebunden ist, wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, sondern wenn die in der Vergangenheit weitergebenen Vergütungserhöhungen sich an einem branchenfremden Tarifvertrag orientieren, also selbst bei einer Mitgliedschaft des Arbeitgebers im Verband eine normative Wirkung der Entgelttarifverträge mangels Unterfallen der Arbeitsverhältnisse unter den Geltungsbereich nicht eintreten konnte. Denn die für eine bestimmte Branche vereinbarten Erhöhungen der Tarifentgelte orientieren sich notwendigerweise an der wirtschaftlichen Entwicklung in dieser Branche, die für einen einer anderen Branche angehörenden Arbeitgeber und die dort beschäftigten Arbeitnehmer nicht ohne weiteres maßgebend ist. Bereits aus diesem Grund ist der erstmals in der Revision erbrachte Vortrag der Kläger, die Beklagte sei „Mitglied des Arbeitgeberverbandes der Bauwirtschaft“, ohne Belang.

64

(2) Ein dem entgegenstehender besonderer Anhaltspunkt ist nicht in der arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel zu sehen, da diese ausdrücklich auf den Haustarifvertrag verweist, der seinerseits wiederum das auf 65 % abgesenkte Entgeltniveau der Bau-Entgelttarifverträge West nebst zwei konkreten Entgeltsteigerungen in Bezug  nimmt. Für die Absicht einer dynamischen Anwendung der Bau-Entgelttarifverträge Ost in voller Höhe für die weitere Zukunft spricht dagegen nichts.

65

(3) Auch die GBV 1995 bietet keine deutlichen Anhaltspunkte für eine betriebliche Übung. Im Gegenteil weist ihr Abschluss und ihre - zeitweise erfolgte - Umsetzung darauf hin, dass die Beklagte mit der Weitergabe der Entgelterhöhungen in diesem Zeitraum vermeintliche Verpflichtungen aus der GBV 1995 erfüllen wollte. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts scheidet eine betriebliche Übung bei Normenvollzug oder einem aus Sicht der Arbeitnehmer vermeintlichen Normenvollzug aus (BAG 27. Oktober 2010 - 10 AZR 410/09 - Rn. 31, ZTR 2011, 172; BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 43, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 54). Wenn der Arbeitgeber Leistungen für den Arbeitnehmer erkennbar aufgrund einer anderen und sei es auch tatsächlich nicht bestehenden Rechtspflicht hat erbringen wollen, kann der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, ihm solle eine Leistung auf Dauer unabhängig von dieser Rechtspflicht und auf einer anderen Rechtsgrundlage, nämlich der betrieblichen Übung, gewährt werden (BAG 5. November 2008 - 5 AZR 455/07 - Rn. 22). Auf für den Arbeitnehmer nicht erkennbare subjektive Vorstellungen des Arbeitgebers allein kommt es nicht an (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - aaO).

66

(4) Die Kläger können sich insoweit auch nicht auf die Protokollnotiz vom 27. April 1999 berufen. Sie ist - wie dargelegt - dahingehend auszulegen, dass sie einerseits keine an die Arbeitnehmer gerichtete Erklärung enthält und ihr Erklärungsinhalt anderseits auch nicht darin besteht, die Weitergabe künftiger Tariferhöhungen zuzusagen. Aus diesem Grund scheidet die Protokollnotiz auch als besonderer Anhaltspunkt für eine betriebliche Übung aus. Im Übrigen musste sich aus Sicht der Arbeitnehmer die Weitergabe der Tariferhöhungen noch als Vollzug der GBV 1995 darstellen. Hierauf war die Klage ursprünglich auch vorrangig gestützt und hierauf hat auch das Arbeitsgericht bei seiner stattgebenden Entscheidung maßgeblich abgestellt, in der es - zu Unrecht - die GBV 1995 als wirksam angesehen hat.

67

5. Soweit die Revision im Hinblick auf eine von den Klägern begehrte Erhöhung der Vergütung von drei Prozent zum 1. Juni 2008 Verfahrensrügen erhebt, sind diese unzulässig.

68

a) Nach dem Vortrag der Kläger hat die Beklagte ab Juni 2008 „allen Mitarbeitern in Übernahme der Tarifentwicklung der Bauwirtschaft eine 3 %ige Lohnerhöhung gewährt“. Ausgenommen von der Entgelterhöhung seien nur die Kläger und andere Mitarbeiter, die Ansprüche nach den Bau-Entgelttarifverträgen gerichtlich geltend gemacht hätten.

69

b) Es kann dahinstehen, ob bei Vorliegen der behaupteten Tatsachen ein Verstoß der Beklagten gegen das Maßregelungsverbot nach § 612a BGB und den Gleichbehandlungsgrundsatz vorläge. Eine Tariflohnerhöhung um drei Prozent zum 1. Juni 2008 ist nicht Gegenstand der im vorliegenden Rechtsstreit gestellten Anträge. Die Zahlungsanträge 1 und 3 betreffen von vornherein nur den Zeitraum von Juni 2007 bis Februar 2008. Die Feststellungsanträge 2 und 4 beziehen sich nur auf die Verpflichtung zur Zahlung des Tabellenentgelts nach dem „jeweils geltenden“ TV Bau Gehalt/Ost und TV Bau Lohn/Ost. In diesen ist eine Mindestlaufzeit bis zum 31. März 2009 vereinbart worden; sie enthalten aber keine Erhöhung der Entgelte um drei Prozent zum 1. Juni 2008. Weder der angegebene Zeitpunkt noch die behauptete prozentuale Höhe finden sich in den Tarifverträgen wieder. Der Streitgegenstand der Feststellungsanträge ist aber auf die Tarifbewegungen der beiden genannten Tarifverträge (und - insoweit unzulässig - künftiger Entgelttarifverträge) beschränkt. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Feststellung einer Zahlungsverpflichtung hinsichtlich einer von der Beklagten tatsächlich gewährten dreiprozentigen Erhöhung im Juni 2008 nicht als „Minus“ in den Feststellungsanträgen enthalten.

70

c) Deshalb sind die auf diesen nicht streitgegenständlichen Anspruch bezogenen Verfahrensrügen unzulässig, da sie nicht die erforderliche Kausalität zwischen den behaupteten Verfahrensmängeln (hier: Verstoß gegen den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG und Verletzung der Hinweispflicht nach § 139 ZPO)und dem Urteil des Berufungsgerichts darlegen (vgl. BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - BAGE 109, 145).

71

d) Soweit die Rüge der Verletzung der Hinweispflicht durch das Landesarbeitsgericht zusätzlich darauf bezogen ist, dass dieses hätte darauf hinweisen müssen, dass sich der Feststellungsantrag der Kläger nach seiner Auffassung nicht auf die dreiprozentige Vergütungserhöhung ab dem 1. Juni 2008, sondern lediglich auf die Weitergabe der Tariflohnerhöhungen bezog, ist dies schon deshalb unzulässig, weil die Revision dazu hätte angeben müssen, was sie auf einen entsprechenden Hinweis hin vorgebracht hätte und inwieweit sich dieser Vortrag auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ausgewirkt hätte (vgl. dazu BAG 14. November 2007 - 4 AZR 861/06 - Rn. 22, NZA-RR 2008, 362). Hierzu reicht es nicht aus, wie in der Revision der Kläger, allein mitzuteilen, dass sie dann „ihre Anträge entsprechend präzisiert und ausdrücklich die Feststellung des Anspruchs ab Juni 2008 in die Feststellungsanträge einbezogen“ hätten. Da es sich insoweit um einen neuen Streitgegenstand und damit eine Klageerweiterung gehandelt hätte, weil es sich bei den Ansprüchen ab dem 1. Juni 2008 nicht um eine Weitergabe von Tariferhöhungen gehandelt hätte, sondern, wie die Revision selbst vorträgt, um einen „Anspruch auf Gleichbehandlung“, hätte neben einer vollständigen Antragsformulierung und -begründung auch Vortrag zu den Voraussetzungen einer Klageerweiterung in der Berufungsinstanz nach § 533 ZPO erbracht werden müssen. Darauf, dass bereits außerordentlich zweifelhaft ist, ob der klägerische Vortrag in der Berufungsinstanz Anlass zu einer entsprechenden Überlegung nebst daraus resultierender Hinweispflicht des Landesarbeitsgerichts gegeben hätte, kommt es demnach nicht mehr an.

72

III. Die Kostenentscheidung des Landesarbeitsgerichts ist rechtsfehlerhaft. Die Kostenverteilung erfolgt gemäß § 100 Abs. 1 ZPO nach „Kopfteilen“. Bei zwei Klägern haben diese die Kosten zu gleichen Teilen zu tragen.

73

1. Das Rechtsmittelgericht hat gemäß § 308 Abs. 2 ZPO von Amts wegen zu prüfen, ob der Kostenausspruch der Vorinstanzen richtig ist(BAG 22. April 2010 - 6 AZR 948/08 - Rn. 24, AP KSchG 1969 § 17 Nr. 38 = EzA KSchG § 17 Nr. 22). Selbst bei einem erfolglosen Rechtsmittel hat das Rechtsmittelgericht eine falsche Kostenentscheidung der Vorinstanz zu korrigieren (Zöller/Herget ZPO 28. Aufl. § 97 Rn. 6).

74

2. Das Landesarbeitsgericht hat die Kosten nach dem Verhältnis der eingeklagten Beträge gequotelt und die Entscheidung auf § 91 ZPO gestützt. Dies verstößt gegen § 100 Abs. 1 ZPO. Besteht die unterlegene Partei eines Rechtsstreits aus mehreren Personen, haften diese für die Kostenerstattung grundsätzlich nach Kopfteilen. Eine Quotelung kommt nach § 100 Abs. 2 ZPO nur bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit in Betracht. Als „erheblich“ wird die Verschiedenheit der Beteiligung aber nur angenommen, wenn ein Streitgenosse nur zu 3/4 oder jedenfalls 2/3 beteiligt ist (Musielak ZPO 8. Aufl. § 100 Rn. 3). Ein Verhältnis von 43 % zu 57 %, wie es hier nach der Kostenentscheidung des Landesarbeitsgerichts vorliegt, genügt hierfür nicht. Es bleibt somit bei der Haftung nach Kopfteilen gem. § 100 Abs. 1 ZPO.

        

    Bepler    

        

    Winter    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Kiefer    

        

    Görgens    

                 

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.