Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 29. Juli 2015 - 3 B 39/14
Gericht
Gründe
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Nach einer landwirtschaftlichen Lehre arbeitete er ab 1966 bei der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) L. als Brigade-/Abteilungsleiter. Am 15. Mai 1977 wurde er dieser Funktion enthoben und das Arbeitsverhältnis beendet. Danach arbeitete der Kläger überwiegend für einen wesentlich geringeren Lohn in Gaststätten und bei der Handelsorganisation Jena. Im Oktober 1985 wurde ihm genehmigt, in die Bundesrepublik Deutschland überzusiedeln. Mit seinem Rehabilitierungsantrag von 2007 machte er geltend, die Entlassung aus der LPG L. sei auf politische Verfolgung zurückzuführen; er sei unter Druck gesetzt worden, in die SED einzutreten und habe, weil er sich geweigert habe, berufliche Nachteile erlitten. Der Beklagte erkannte den Kläger mit Bescheid vom 20. April 2010 als Verfolgten nach § 1 Abs. 1 BerRehaG an und stellte eine Verfolgungszeit von August 1984 bis Oktober 1985 fest; den weitergehenden Antrag lehnte er ab. Das erneuerte Begehren, auch die Zeit von 1977 bis 1984 als Verfolgungszeit festzustellen, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 7. November 2011 ab; die Entlassung aus der LPG L. sei nicht aus politischen Gründen erfolgt. Die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Soweit der Kläger die berufliche Rehabilitierung wegen der Beendigung seiner Tätigkeit in der LPG L. begehre, habe er nicht nachgewiesen, dass diese auf politischer Verfolgung beruhe. Sein Vortrag sei auch zu vage und unpräzise, um die Nachweiserleichterung des § 25 Abs. 2 BerRehaG anwenden zu können. Zudem habe er zu den Umständen der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses in L. erst auf Vorhalt eingeräumt, dass er des Diebstahls von Saatgut beschuldigt und zum Traktoristen degradiert worden sei und daraufhin selbst gekündigt habe. Gegen die Anwendung der Nachweiserleichterung spreche auch, dass der Kläger, als er im Aufnahmeverfahren nach seinen Gründen für die Ausreise aus der DDR gefragt worden sei, den ihn angeblich sehr belastenden Umstand, dass er nicht mehr in seinem Beruf als Bauer arbeiten durfte, mit keinem Wort erwähnt habe.
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Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, auf dem die Entscheidung beruhen kann, liegt nicht vor.
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Die Beschwerde macht geltend, das angefochtene Urteil habe nicht beachtet, dass der in § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verankerte Grundsatz der freien Beweiswürdigung wegen der Beweisnot des Klägers gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1 BerRehaG eingeschränkt gewesen sei. Nach dieser Vorschrift hätten seine Angaben zur Verfolgteneigenschaft (§ 1 Abs. 1) und zur Verfolgungszeit (§ 2 Abs. 1) der Entscheidung zugrunde gelegt werden müssen, weil sie glaubhaft seien. Das Gericht habe diese Vorschrift aber nicht dem Zweck des Gesetzes entsprechend angewendet. Seine Schlussfolgerung, dass seine Angaben nicht im Sinne des § 25 Abs. 2 Satz 1 BerRehaG glaubhaft erschienen, sei nicht tragfähig. Die Angaben des Klägers seien weder vage noch unpräzise. Das Gericht könne nicht verlangen, dass er nach Jahrzehnten noch Angaben zu Zeit und Ort einzelner Veranstaltungen oder Vorfälle machen könne. Wenn aus der Weigerung, in die SED einzutreten und politisch zu agitieren, nicht zwingend Maßnahmen politischer Verfolgung folgten, spreche das ebenfalls nicht gegen seine Darstellung. Vielmehr bestünden Bedenken gegen die Annahme des Gerichts, die Herabsetzung des Klägers vom Brigadier zum Traktoristen gehe nicht auf eine politische Verfolgung zurück. Die Herabsetzung sei ohne politische Verfolgung nur dann erklärlich, wenn sich der Kläger der ihm vorgeworfenen Straftat gegen das Volkseigentum schuldig gemacht habe. Er sei aber deswegen niemals verurteilt worden. Etwas anderes ergebe sich weder aus den Stasi-Unterlagen noch aus den Aussagen des ehemaligen Parteisekretärs oder des Betriebsleiters.
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Mit diesem Vortrag rügt die Beschwerde im Zusammenhang mit der Anwendung des § 25 Abs. 2 Satz 1 BerRehaG Fehler der Sachverhalts- und Beweiswürdigung, die regelmäßig dem materiellen Recht zuzuordnen sind und - wie die Beschwerde einräumt - nur bei gewichtigen Verstößen gegen Beweiswürdigungsgrundsätze in einen Verfahrensmangel münden. Solche gewichtigen Mängel zeigt die Beschwerde nicht auf. Es lässt sich insbesondere nicht feststellen, dass die vom Verwaltungsgericht aus den Gesamtumständen gezogenen Schlussfolgerungen willkürlich oder nicht nachvollziehbar sind. Bei seinen Würdigungen geht das Verwaltungsgericht der Sache nach von dem zutreffenden rechtlichen Ansatz aus, die Anwendung von § 25 Abs. 2 BerRehaG verlange einen glaubhaften Vortrag des Antragstellers, der die behauptete politische Verfolgung schlüssig ergibt. Dass es daran im Falle des Klägers fehlt, zieht die Beschwerde nicht durchgreifend in Zweifel. Das Fehlen hinreichend aussagekräftiger Angaben mag durch verständliche Erinnerungslücken des Klägers erklärlich sein; dies ändert aber nichts daran, dass eine tatsächliche Grundlage für die Anwendung der Nachweiserleichterung fehlt und die Bewertung des Verwaltungsgerichts, die Angaben des Klägers seien „zu vage und unpräzise“, Bestand hat. Dasselbe gilt für die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Vortrag des Klägers sei nicht stimmig, weil er Umstände, auf die er sich später berufen habe, nicht schon unmittelbar nach seiner Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland erwähnt habe, obwohl dazu Gelegenheit und Anlass bestanden hätten (UA S. 10). Die Beschwerde kann diese Erwägung nicht mit bloßen Vermutungen dazu entkräften, warum der Kläger die Angaben seinerzeit unterlassen hat.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.
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Annotations
(1) Wer in der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 2. Oktober 1990
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infolge einer in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Beitrittsgebiet) zu Unrecht erlittenen Freiheitsentziehung, - 2.
infolge eines Gewahrsams nach § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 oder 2 des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes, - 3.
durch eine hoheitliche Maßnahme nach § 1 des Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes oder - 4.
durch eine andere Maßnahme im Beitrittsgebiet, wenn diese der politischen Verfolgung gedient hat,
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 bis 3 muß der Zeitraum einer zu Unrecht erlittenen Freiheitsentziehung in einem Rehabilitierungs- oder Kassationsverfahren oder der Zeitraum eines Gewahrsams in einer Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 des Häftlingshilfegesetzes festgestellt sein oder die Aufhebung oder Feststellung der Rechtsstaatswidrigkeit der Maßnahme nach dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz erfolgt sein.
(1) In dem Verfahren vor der Rehabilitierungsbehörde sind Zeugen zur Aussage und Sachverständige zur Erstattung von Gutachten verpflichtet. § 65 des Verwaltungsverfahrensgesetzes gilt entsprechend.
(2) Die Angaben des Antragstellers zur Verfolgteneigenschaft nach § 1 Absatz 1 oder § 11a Absatz 3, zur Verfolgungszeit nach § 2 Absatz 1 und zur Verfolgung als Schüler nach § 3 Absatz 1 können, wenn Beweismittel nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder desjenigen, von dem er seine Rechte herleitet, verlorengegangen sind, der Entscheidung zugrundegelegt werden, soweit sie glaubhaft erscheinen. Unter den Voraussetzungen des Satzes 1 kann die Rehabilitierungsbehörde vom Antragsteller die Versicherung an Eides Statt gemäß § 27 des Verwaltungsverfahrensgesetzes verlangen.
(3) Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, gelten bis zum Erlaß entsprechender landesrechtlicher Bestimmungen die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes, des Verwaltungszustellungsgesetzes und des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes.
(4) Für das Verfahren nach dem Zweiten und Dritten Abschnitt gelten das Erste und Zehnte Buch Sozialgesetzbuch. Führt eine Änderung dieses Gesetzes zu einer Änderung laufend gewährter Ausgleichsleistungen nach § 8 Absatz 1, sind diese von Amts wegen neu festzustellen. Von einer förmlichen Bescheiderteilung kann abgesehen werden; ausgenommen hiervon sind Fälle nach § 8 Absatz 4.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
(1) In dem Verfahren vor der Rehabilitierungsbehörde sind Zeugen zur Aussage und Sachverständige zur Erstattung von Gutachten verpflichtet. § 65 des Verwaltungsverfahrensgesetzes gilt entsprechend.
(2) Die Angaben des Antragstellers zur Verfolgteneigenschaft nach § 1 Absatz 1 oder § 11a Absatz 3, zur Verfolgungszeit nach § 2 Absatz 1 und zur Verfolgung als Schüler nach § 3 Absatz 1 können, wenn Beweismittel nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder desjenigen, von dem er seine Rechte herleitet, verlorengegangen sind, der Entscheidung zugrundegelegt werden, soweit sie glaubhaft erscheinen. Unter den Voraussetzungen des Satzes 1 kann die Rehabilitierungsbehörde vom Antragsteller die Versicherung an Eides Statt gemäß § 27 des Verwaltungsverfahrensgesetzes verlangen.
(3) Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, gelten bis zum Erlaß entsprechender landesrechtlicher Bestimmungen die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes, des Verwaltungszustellungsgesetzes und des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes.
(4) Für das Verfahren nach dem Zweiten und Dritten Abschnitt gelten das Erste und Zehnte Buch Sozialgesetzbuch. Führt eine Änderung dieses Gesetzes zu einer Änderung laufend gewährter Ausgleichsleistungen nach § 8 Absatz 1, sind diese von Amts wegen neu festzustellen. Von einer förmlichen Bescheiderteilung kann abgesehen werden; ausgenommen hiervon sind Fälle nach § 8 Absatz 4.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
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vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
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die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.