Tenor

Auf die Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 16. Mai 2013 geändert. Der Antrag wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Gründe

I

1

Der Kläger begehrt mit dem diesem Zwischenverfahren zugrunde liegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren Einsicht in die seinen Sohn betreffenden Akten des Kreisjugendamtes. Vor dem Familiengericht streitet er mit der von ihm zwischenzeitlich geschiedenen Kindesmutter über deren Ausübung des Umgangsrechts mit dem gemeinsamen Kind.

2

Den wiederholten Antrag auf Akteneinsicht lehnte das Jugendamt unter Hinweis auf das bestandskräftig abgeschlossene vorangegangene Verfahren ab. Der Kreisrechtsausschuss wies den Widerspruch entscheidungstragend wegen des entgegenstehenden Schutzes anvertrauter Sozialdaten nach § 65 Abs. 1 SGB VIII zurück. Hiergegen erhob der Kläger Klage. Nachdem das Verwaltungsgericht mit der Eingangsverfügung den Beklagten zur vollständigen Vorlage der Akten aufgefordert hatte, gab das Ministerium des Inneren, für Sport und Infrastruktur Rheinland-Pfalz als oberste Aufsichtsbehörde unter dem 17. Januar 2013 eine Sperrerklärung hinsichtlich bestimmter Aktenbestandteile ab. Diese Aktenteile - neben Schreiben und E-Mails der Kindesmutter und ihrer Eltern insbesondere Gesprächs- und Telefonnotizen des Jugendamtes - enthielten Sozialdaten im Sinne von § 67 Abs. 1 SGB X, die dem Sozialgeheimnis nach § 35 Abs. 1 SGB I unterlägen und folglich nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO geheim gehalten werden könnten. Im Rahmen der Ermessensentscheidung sei die Geheimhaltungsbedürftigkeit der zurückgehaltenen Unterlagen gegen das Informationsinteresse des Klägers und die Erfordernisse der gerichtlichen Sachverhaltsaufklärung abzuwägen. Hiernach sei das Interesse des Klägers, die Kenntnis des Akteninhalts im familiengerichtlichen Verfahren dazu zu nutzen, unbegleitete Umgangskontakte der Mutter mit dem gemeinsamen Kind zu verhindern, nicht schutz- und unterstützungswürdig. Jedenfalls überwiege dieses Interesse nicht den Sozialdatenschutz und das Interesse der Kindesmutter und ihrer Eltern auf vertraulichen Umgang mit ihren Erklärungen gegenüber dem Jugendamt. Ohne Diskretion im Umgang mit diesen Akten sei die Funktionsfähigkeit des Jugendamts nicht gewährleistet. Schließlich sprächen auch die Erfordernisse einer gerichtlichen Sachaufklärung angesichts der Auswirkungen des Akteneinsichtsrechts nach § 100 VwGO nicht für eine uneingeschränkte Vorlage der Jugendamtsakte.

3

Auf Antrag des Klägers hat der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts mit Beschluss vom 16. Mai 2013 festgestellt, dass die Verweigerung der Vorlage rechtswidrig ist. Der Antrag sei zulässig. Ein Beweisbeschluss oder eine vergleichbare förmliche Verlautbarung der Entscheidungserheblichkeit der angeforderten Akten sei entbehrlich, da die Akteneinsicht Streitgegenstand sei und Geheimhaltungsgründe geltend gemacht würden, die sich unmittelbar aus dem Inhalt der Akten ergäben. Die Verweigerung der Vorlage sei rechtswidrig. Die Durchsicht der zurückgehaltenen Aktenteile habe zwar ergeben, dass sie Sozialdaten im Sinne von § 67 Abs. 1 Satz 1 SGB X enthielten und daher dem Sozialgeheimnis nach § 35 Abs. 1 SGB I unterfielen. Jedoch sei die Ermessensausübung fehlerhaft. Der Beigeladene habe die besondere Stellung des Klägers als Vater des Kindes, zu dem das Jugendamt die Akten führe, verkannt. Er sei insoweit jedenfalls kein außenstehender Dritter, sondern zumindest von der Mitwirkung des Jugendamts im familiengerichtlichen Umgangsrechtsstreit mitbetroffen. Hinzu komme, dass ihm als Kindesvater aus den familiengerichtlichen Verfahren der weitaus größte Teil des Inhalts der Jugendamtsakten zu seinem Sohn ohnehin bekannt sei und er sehr umfangreiche und detaillierte Kenntnis von den gesundheitlichen und sonstigen persönlichen Verhältnissen der Kindesmutter sowie von den Angaben ihrer Eltern erlangt habe.

4

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Beklagten.

II

5

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Zu Unrecht hat der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts die Rechtwidrigkeit der Vorlageverweigerung festgestellt. Eine Sachprüfung war ihm verwehrt. Denn der Antrag des Klägers ist - derzeit - unzulässig.

6

Der Antrag eines Verfahrensbeteiligten gemäß § 99 Abs. 2 Satz 1 VwGO auf Entscheidung des Fachsenat im selbständigen Zwischenverfahren, ob die Verweigerung der Vorlage der in Rede stehenden Akten rechtmäßig ist, setzt grundsätzlich voraus, dass das Gericht der Hauptsache die Entscheidungserheblichkeit der angeforderten Unterlagen ordnungsgemäß bejaht hat. An einem hiernach in aller Regel erforderlichen Beweisbeschluss oder einer vergleichbaren förmlichen Äußerung des Verwaltungsgerichts zur Klärung der rechtlichen Erheblichkeit des Akteninhalts für die Entscheidung des Rechtsstreits fehlt es. Das Verwaltungsgericht hat die Akten lediglich formularmäßig - ohne dokumentierte rechtliche Erwägungen - mit der Eingangsverfügung angefordert. Dieses Vorgehen wäre nur dann unschädlich, wenn die zurückgehaltenen Unterlagen zweifelsfrei rechtserheblich sind. Davon kann jedoch - entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts - nicht ausgegangen werden. Einer förmlichen Verlautbarung der Entscheidungserheblichkeit bedarf es zwar dann nicht, wenn die Pflicht zur Vorlage der Behördenakten bereits Streitgegenstand des Verfahrens zur Hauptsache ist und die dortige Entscheidung von der - allein anhand des Inhalts der umstrittenen Akten zu beantwortenden - Frage abhängt, ob die Akten, wie von der Behörde geltend gemacht, geheimhaltungsbedürftig sind (Beschlüsse vom 21. Januar 2014 - BVerwG 20 F 1.13 - juris Rn. 14, vom 19. April 2010 - BVerwG 20 F 13.09 - BVerwGE 136, 345 Rn. 4 und vom 22. Januar 2009 - BVerwG 20 F 5.08 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 53 Rn. 2, jeweils m.w.N.). Letzteres bedarf hier aber angesichts der Ausführungen im Widerspruchsbescheid der Darlegung durch das Gericht der Hauptsache.

7

Der Widerspruchsbescheid führt zwar aus, dass dem Akteneinsichtsbegehren des Klägers jedenfalls das besondere Weitergabeverbot für anvertraute Sozialdaten gemäß § 65 Abs. 1 SGB VIII entgegenstehe. Die Sperrerklärung zieht demgegenüber insoweit das allgemeine Sozialgeheimnis nach § 35 Abs. 1 SGB I heran. Auf diese Einordnung der Unterlagen, die sich - in Bezug auf den Schutz nach § 65 Abs. 1 SGB VIII zumindest auch - nach inhaltlichen Kriterien richtet, kommt es nach den Begründungserwägungen im Widerspruchsbescheid indessen dann nicht an, wenn der Kläger den Anspruch auf Einsicht in Akten, die das Jugendamt im Hinblick auf die Mitwirkung an einem familiengerichtlichen Verfahren (§ 2 Abs. 3 Nr. 6, § 50 SGB VIII) angelegt hat, allein vor den zuständigen Familiengerichten geltend machen kann. Mit dieser Rechtsauffassung, zu deren Stützung der Widerspruchsbescheid auf mehrere verwaltungsgerichtliche Entscheidungen verweist (VG Karlsruhe, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 4 K 2344/12 - juris Rn. 20 und VGH München, Beschluss vom 2. Dezember 2011 - 12 ZB 11.1386 - juris Rn. 10), setzt das Verwaltungsgericht sich nicht auseinander. Aufgrund der Aufgabenverteilung zwischen Fachsenat und Gericht der Hauptsache kann das im Verfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO nicht nachgeholt werden. In dieser Situation kann der beschließende Senat nicht erkennen, dass die Kenntnis vom Inhalt der zurückgehaltenen Akten für die Entscheidung des Hauptsachegerichts zweifelsfrei rechtserheblich ist.

8

Eine nachvollziehbare Verlautbarung über die Entscheidungserheblichkeit ist schließlich nicht deswegen entbehrlich, weil der Beigeladene eine Sperrerklärung abgegeben hat und dabei das ihm nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO grundsätzlich zustehende Ermessen betätigt hat. Eine solche vorgreifliche Ermessensentscheidung genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht (Beschluss vom 31. August 2009 - BVerwG 20 F 10.08 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 55 Rn. 5).

9

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 99


(1) Behörden sind zur Vorlage von Urkunden oder Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet. Wenn das Bekanntwerden des Inhalts dieser Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente oder dieser Auskünfte dem Wohl des Bu

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(1) Die Jugendhilfe umfasst Leistungen und andere Aufgaben zugunsten junger Menschen und Familien. (2) Leistungen der Jugendhilfe sind:1.Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit, der Schulsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und J

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(1) Die Beteiligten können die Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten Akten einsehen. Beteiligte können sich auf ihre Kosten durch die Geschäftsstelle Ausfertigungen, Auszüge, Ausdrucke und Abschriften erteilen lassen. (2) Werden die Proze

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(1) Jeder hat Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten (§ 67 Absatz 2 Zehntes Buch) von den Leistungsträgern nicht unbefugt verarbeitet werden (Sozialgeheimnis). Die Wahrung des Sozialgeheimnisses umfasst die Verpflichtung, auch innerha

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(1) Die nachfolgenden Begriffsbestimmungen gelten ergänzend zu Artikel 4 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freie

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(1) Das Jugendamt unterstützt das Familiengericht bei allen Maßnahmen, die die Sorge für die Person von Kindern und Jugendlichen betreffen. Es hat in folgenden Verfahren nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten

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(1) Sozialdaten, die dem Mitarbeiter eines Trägers der öffentlichen Jugendhilfe zum Zwecke persönlicher und erzieherischer Hilfe anvertraut worden sind, dürfen von diesem nur weitergegeben oder übermittelt werden 1. mit der Einwilligung dessen, der d

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Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 10. Okt. 2012 - 4 K 2344/12

bei uns veröffentlicht am 10.10.2012

Tenor 1. Der Antrag wird abgelehnt.2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt. Gründe   I. 1 Die Antragstellerin begehrt Akteneinsicht
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Verwaltungsgericht Köln Urteil, 31. Okt. 2016 - 26 K 5681/15

bei uns veröffentlicht am 31.10.2016

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinte

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(1) Sozialdaten, die dem Mitarbeiter eines Trägers der öffentlichen Jugendhilfe zum Zwecke persönlicher und erzieherischer Hilfe anvertraut worden sind, dürfen von diesem nur weitergegeben oder übermittelt werden

1.
mit der Einwilligung dessen, der die Daten anvertraut hat, oder
2.
dem Familiengericht zur Erfüllung der Aufgaben nach § 8a Absatz 2, wenn angesichts einer Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen ohne diese Mitteilung eine für die Gewährung von Leistungen notwendige gerichtliche Entscheidung nicht ermöglicht werden könnte, oder
3.
dem Mitarbeiter, der auf Grund eines Wechsels der Fallzuständigkeit im Jugendamt oder eines Wechsels der örtlichen Zuständigkeit für die Gewährung oder Erbringung der Leistung verantwortlich ist, wenn Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Kindeswohls gegeben sind und die Daten für eine Abschätzung des Gefährdungsrisikos notwendig sind, oder
4.
an die Fachkräfte, die zum Zwecke der Abschätzung des Gefährdungsrisikos nach § 8a hinzugezogen werden; § 64 Absatz 2a bleibt unberührt, oder
5.
unter den Voraussetzungen, unter denen eine der in § 203 Absatz 1 oder 4 des Strafgesetzbuchs genannten Personen dazu befugt wäre, oder
6.
wenn dies für die Durchführung bestimmter wissenschaftlicher Vorhaben zur Erforschung möglicher politisch motivierter Adoptionsvermittlung in der DDR erforderlich ist. Vom Adoptionsverfahren betroffene Personen dürfen nicht kontaktiert werden; § 64 Absatz 2b Satz 1 und 2 gilt entsprechend.
Der Empfänger darf die Sozialdaten nur zu dem Zweck weitergeben oder übermitteln, zu dem er sie befugt erhalten hat.

(2) § 35 Absatz 3 des Ersten Buches gilt auch, soweit ein behördeninternes Weitergabeverbot nach Absatz 1 besteht.

(1) Die nachfolgenden Begriffsbestimmungen gelten ergänzend zu Artikel 4 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Sozialdaten sind personenbezogene Daten (Artikel 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679), die von einer in § 35 des Ersten Buches genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch verarbeitet werden. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind alle betriebs- oder geschäftsbezogenen Daten, auch von juristischen Personen, die Geheimnischarakter haben.

(3) Aufgaben nach diesem Gesetzbuch sind, soweit dieses Kapitel angewandt wird, auch

1.
Aufgaben auf Grund von Verordnungen, deren Ermächtigungsgrundlage sich im Sozialgesetzbuch befindet,
2.
Aufgaben auf Grund von über- und zwischenstaatlichem Recht im Bereich der sozialen Sicherheit,
3.
Aufgaben auf Grund von Rechtsvorschriften, die das Erste und das Zehnte Buch für entsprechend anwendbar erklären, und
4.
Aufgaben auf Grund des Arbeitssicherheitsgesetzes und Aufgaben, soweit sie den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen durch Gesetz zugewiesen sind. § 8 Absatz 1 Satz 3 des Arbeitssicherheitsgesetzes bleibt unberührt.

(4) Werden Sozialdaten von einem Leistungsträger im Sinne von § 12 des Ersten Buches verarbeitet, ist der Verantwortliche der Leistungsträger. Ist der Leistungsträger eine Gebietskörperschaft, so sind der Verantwortliche die Organisationseinheiten, die eine Aufgabe nach einem der besonderen Teile dieses Gesetzbuches funktional durchführen.

(5) Nicht-öffentliche Stellen sind natürliche und juristische Personen, Gesellschaften und andere Personenvereinigungen des privaten Rechts, soweit sie nicht unter § 81 Absatz 3 fallen.

(1) Jeder hat Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten (§ 67 Absatz 2 Zehntes Buch) von den Leistungsträgern nicht unbefugt verarbeitet werden (Sozialgeheimnis). Die Wahrung des Sozialgeheimnisses umfasst die Verpflichtung, auch innerhalb des Leistungsträgers sicherzustellen, dass die Sozialdaten nur Befugten zugänglich sind oder nur an diese weitergegeben werden. Sozialdaten der Beschäftigten und ihrer Angehörigen dürfen Personen, die Personalentscheidungen treffen oder daran mitwirken können, weder zugänglich sein noch von Zugriffsberechtigten weitergegeben werden. Der Anspruch richtet sich auch gegen die Verbände der Leistungsträger, die Arbeitsgemeinschaften der Leistungsträger und ihrer Verbände, die Datenstelle der Rentenversicherung, die in diesem Gesetzbuch genannten öffentlich-rechtlichen Vereinigungen, Integrationsfachdienste, die Künstlersozialkasse, die Deutsche Post AG, soweit sie mit der Berechnung oder Auszahlung von Sozialleistungen betraut ist, die Behörden der Zollverwaltung, soweit sie Aufgaben nach § 2 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und § 66 des Zehnten Buches durchführen, die Versicherungsämter und Gemeindebehörden sowie die anerkannten Adoptionsvermittlungsstellen (§ 2 Absatz 3 des Adoptionsvermittlungsgesetzes), soweit sie Aufgaben nach diesem Gesetzbuch wahrnehmen, und die Stellen, die Aufgaben nach § 67c Absatz 3 des Zehnten Buches wahrnehmen. Die Beschäftigten haben auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit bei den genannten Stellen das Sozialgeheimnis zu wahren.

(2) Die Vorschriften des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches und der übrigen Bücher des Sozialgesetzbuches regeln die Verarbeitung von Sozialdaten abschließend, soweit nicht die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung unmittelbar gilt. Für die Verarbeitungen von Sozialdaten im Rahmen von nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679 fallenden Tätigkeiten finden die Verordnung (EU) 2016/679 und dieses Gesetz entsprechende Anwendung, soweit nicht in diesem oder einem anderen Gesetz Abweichendes geregelt ist.

(2a) Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.

(3) Soweit eine Übermittlung von Sozialdaten nicht zulässig ist, besteht keine Auskunftspflicht, keine Zeugnispflicht und keine Pflicht zur Vorlegung oder Auslieferung von Schriftstücken, nicht automatisierten Dateisystemen und automatisiert verarbeiteten Sozialdaten.

(4) Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse stehen Sozialdaten gleich.

(5) Sozialdaten Verstorbener dürfen nach Maßgabe des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches verarbeitet werden. Sie dürfen außerdem verarbeitet werden, wenn schutzwürdige Interessen des Verstorbenen oder seiner Angehörigen dadurch nicht beeinträchtigt werden können.

(6) Die Absätze 1 bis 5 finden neben den in Absatz 1 genannten Stellen auch Anwendung auf solche Verantwortliche oder deren Auftragsverarbeiter,

1.
die Sozialdaten im Inland verarbeiten, sofern die Verarbeitung nicht im Rahmen einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erfolgt, oder
2.
die Sozialdaten im Rahmen der Tätigkeiten einer inländischen Niederlassung verarbeiten.
Sofern die Absätze 1 bis 5 nicht gemäß Satz 1 anzuwenden sind, gelten für den Verantwortlichen oder dessen Auftragsverarbeiter nur die §§ 81 bis 81c des Zehnten Buches.

(7) Bei der Verarbeitung zu Zwecken gemäß Artikel 2 der Verordnung (EU) 2016/679 stehen die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und die Schweiz den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(1) Behörden sind zur Vorlage von Urkunden oder Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet. Wenn das Bekanntwerden des Inhalts dieser Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente oder dieser Auskünfte dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen, kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage von Urkunden oder Akten, die Übermittlung der elektronischen Dokumente und die Erteilung der Auskünfte verweigern.

(2) Auf Antrag eines Beteiligten stellt das Oberverwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss fest, ob die Verweigerung der Vorlage der Urkunden oder Akten, der Übermittlung der elektronischen Dokumente oder der Erteilung von Auskünften rechtmäßig ist. Verweigert eine oberste Bundesbehörde die Vorlage, Übermittlung oder Auskunft mit der Begründung, das Bekanntwerden des Inhalts der Urkunden, der Akten, der elektronischen Dokumente oder der Auskünfte würde dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht; Gleiches gilt, wenn das Bundesverwaltungsgericht nach § 50 für die Hauptsache zuständig ist. Der Antrag ist bei dem für die Hauptsache zuständigen Gericht zu stellen. Dieses gibt den Antrag und die Hauptsacheakten an den nach § 189 zuständigen Spruchkörper ab. Die oberste Aufsichtsbehörde hat die nach Absatz 1 Satz 2 verweigerten Urkunden oder Akten auf Aufforderung dieses Spruchkörpers vorzulegen, die elektronischen Dokumente zu übermitteln oder die verweigerten Auskünfte zu erteilen. Sie ist zu diesem Verfahren beizuladen. Das Verfahren unterliegt den Vorschriften des materiellen Geheimschutzes. Können diese nicht eingehalten werden oder macht die zuständige Aufsichtsbehörde geltend, dass besondere Gründe der Geheimhaltung oder des Geheimschutzes der Übergabe der Urkunden oder Akten oder der Übermittlung der elektronischen Dokumente an das Gericht entgegenstehen, wird die Vorlage oder Übermittlung nach Satz 5 dadurch bewirkt, dass die Urkunden, Akten oder elektronischen Dokumente dem Gericht in von der obersten Aufsichtsbehörde bestimmten Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Für die nach Satz 5 vorgelegten Akten, elektronischen Dokumente und für die gemäß Satz 8 geltend gemachten besonderen Gründe gilt § 100 nicht. Die Mitglieder des Gerichts sind zur Geheimhaltung verpflichtet; die Entscheidungsgründe dürfen Art und Inhalt der geheim gehaltenen Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente und Auskünfte nicht erkennen lassen. Für das nichtrichterliche Personal gelten die Regelungen des personellen Geheimschutzes. Soweit nicht das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, kann der Beschluss selbständig mit der Beschwerde angefochten werden. Über die Beschwerde gegen den Beschluss eines Oberverwaltungsgerichts entscheidet das Bundesverwaltungsgericht. Für das Beschwerdeverfahren gelten die Sätze 4 bis 11 sinngemäß.

(1) Die Beteiligten können die Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten Akten einsehen. Beteiligte können sich auf ihre Kosten durch die Geschäftsstelle Ausfertigungen, Auszüge, Ausdrucke und Abschriften erteilen lassen.

(2) Werden die Prozessakten elektronisch geführt, wird Akteneinsicht durch Bereitstellung des Inhalts der Akten zum Abruf oder durch Übermittlung des Inhalts der Akten auf einem sicheren Übermittlungsweg gewährt. Auf besonderen Antrag wird Akteneinsicht durch Einsichtnahme in die Akten in Diensträumen gewährt. Ein Aktenausdruck oder ein Datenträger mit dem Inhalt der Akten wird auf besonders zu begründenden Antrag nur übermittelt, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse darlegt. Stehen der Akteneinsicht in der nach Satz 1 vorgesehenen Form wichtige Gründe entgegen, kann die Akteneinsicht in der nach den Sätzen 2 und 3 vorgesehenen Form auch ohne Antrag gewährt werden. Über einen Antrag nach Satz 3 entscheidet der Vorsitzende; die Entscheidung ist unanfechtbar. § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(3) Werden die Prozessakten in Papierform geführt, wird Akteneinsicht durch Einsichtnahme in die Akten in Diensträumen gewährt. Die Akteneinsicht kann, soweit nicht wichtige Gründe entgegenstehen, auch durch Bereitstellung des Inhalts der Akten zum Abruf oder durch Übermittlung des Inhalts der Akten auf einem sicheren Übermittlungsweg gewährt werden. Nach dem Ermessen des Vorsitzenden kann der nach § 67 Absatz 2 Satz 1 und 2 Nummer 3 bis 6 bevollmächtigten Person die Mitnahme der Akten in die Wohnung oder Geschäftsräume gestattet werden. § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(4) In die Entwürfe zu Urteilen, Beschlüssen und Verfügungen, die Arbeiten zu ihrer Vorbereitung und die Dokumente, die Abstimmungen betreffen, wird Akteneinsicht nach den Absätzen 1 bis 3 nicht gewährt.

(1) Die nachfolgenden Begriffsbestimmungen gelten ergänzend zu Artikel 4 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Sozialdaten sind personenbezogene Daten (Artikel 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679), die von einer in § 35 des Ersten Buches genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch verarbeitet werden. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind alle betriebs- oder geschäftsbezogenen Daten, auch von juristischen Personen, die Geheimnischarakter haben.

(3) Aufgaben nach diesem Gesetzbuch sind, soweit dieses Kapitel angewandt wird, auch

1.
Aufgaben auf Grund von Verordnungen, deren Ermächtigungsgrundlage sich im Sozialgesetzbuch befindet,
2.
Aufgaben auf Grund von über- und zwischenstaatlichem Recht im Bereich der sozialen Sicherheit,
3.
Aufgaben auf Grund von Rechtsvorschriften, die das Erste und das Zehnte Buch für entsprechend anwendbar erklären, und
4.
Aufgaben auf Grund des Arbeitssicherheitsgesetzes und Aufgaben, soweit sie den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen durch Gesetz zugewiesen sind. § 8 Absatz 1 Satz 3 des Arbeitssicherheitsgesetzes bleibt unberührt.

(4) Werden Sozialdaten von einem Leistungsträger im Sinne von § 12 des Ersten Buches verarbeitet, ist der Verantwortliche der Leistungsträger. Ist der Leistungsträger eine Gebietskörperschaft, so sind der Verantwortliche die Organisationseinheiten, die eine Aufgabe nach einem der besonderen Teile dieses Gesetzbuches funktional durchführen.

(5) Nicht-öffentliche Stellen sind natürliche und juristische Personen, Gesellschaften und andere Personenvereinigungen des privaten Rechts, soweit sie nicht unter § 81 Absatz 3 fallen.

(1) Jeder hat Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten (§ 67 Absatz 2 Zehntes Buch) von den Leistungsträgern nicht unbefugt verarbeitet werden (Sozialgeheimnis). Die Wahrung des Sozialgeheimnisses umfasst die Verpflichtung, auch innerhalb des Leistungsträgers sicherzustellen, dass die Sozialdaten nur Befugten zugänglich sind oder nur an diese weitergegeben werden. Sozialdaten der Beschäftigten und ihrer Angehörigen dürfen Personen, die Personalentscheidungen treffen oder daran mitwirken können, weder zugänglich sein noch von Zugriffsberechtigten weitergegeben werden. Der Anspruch richtet sich auch gegen die Verbände der Leistungsträger, die Arbeitsgemeinschaften der Leistungsträger und ihrer Verbände, die Datenstelle der Rentenversicherung, die in diesem Gesetzbuch genannten öffentlich-rechtlichen Vereinigungen, Integrationsfachdienste, die Künstlersozialkasse, die Deutsche Post AG, soweit sie mit der Berechnung oder Auszahlung von Sozialleistungen betraut ist, die Behörden der Zollverwaltung, soweit sie Aufgaben nach § 2 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und § 66 des Zehnten Buches durchführen, die Versicherungsämter und Gemeindebehörden sowie die anerkannten Adoptionsvermittlungsstellen (§ 2 Absatz 3 des Adoptionsvermittlungsgesetzes), soweit sie Aufgaben nach diesem Gesetzbuch wahrnehmen, und die Stellen, die Aufgaben nach § 67c Absatz 3 des Zehnten Buches wahrnehmen. Die Beschäftigten haben auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit bei den genannten Stellen das Sozialgeheimnis zu wahren.

(2) Die Vorschriften des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches und der übrigen Bücher des Sozialgesetzbuches regeln die Verarbeitung von Sozialdaten abschließend, soweit nicht die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung unmittelbar gilt. Für die Verarbeitungen von Sozialdaten im Rahmen von nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679 fallenden Tätigkeiten finden die Verordnung (EU) 2016/679 und dieses Gesetz entsprechende Anwendung, soweit nicht in diesem oder einem anderen Gesetz Abweichendes geregelt ist.

(2a) Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.

(3) Soweit eine Übermittlung von Sozialdaten nicht zulässig ist, besteht keine Auskunftspflicht, keine Zeugnispflicht und keine Pflicht zur Vorlegung oder Auslieferung von Schriftstücken, nicht automatisierten Dateisystemen und automatisiert verarbeiteten Sozialdaten.

(4) Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse stehen Sozialdaten gleich.

(5) Sozialdaten Verstorbener dürfen nach Maßgabe des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches verarbeitet werden. Sie dürfen außerdem verarbeitet werden, wenn schutzwürdige Interessen des Verstorbenen oder seiner Angehörigen dadurch nicht beeinträchtigt werden können.

(6) Die Absätze 1 bis 5 finden neben den in Absatz 1 genannten Stellen auch Anwendung auf solche Verantwortliche oder deren Auftragsverarbeiter,

1.
die Sozialdaten im Inland verarbeiten, sofern die Verarbeitung nicht im Rahmen einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erfolgt, oder
2.
die Sozialdaten im Rahmen der Tätigkeiten einer inländischen Niederlassung verarbeiten.
Sofern die Absätze 1 bis 5 nicht gemäß Satz 1 anzuwenden sind, gelten für den Verantwortlichen oder dessen Auftragsverarbeiter nur die §§ 81 bis 81c des Zehnten Buches.

(7) Bei der Verarbeitung zu Zwecken gemäß Artikel 2 der Verordnung (EU) 2016/679 stehen die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und die Schweiz den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(1) Behörden sind zur Vorlage von Urkunden oder Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet. Wenn das Bekanntwerden des Inhalts dieser Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente oder dieser Auskünfte dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen, kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage von Urkunden oder Akten, die Übermittlung der elektronischen Dokumente und die Erteilung der Auskünfte verweigern.

(2) Auf Antrag eines Beteiligten stellt das Oberverwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss fest, ob die Verweigerung der Vorlage der Urkunden oder Akten, der Übermittlung der elektronischen Dokumente oder der Erteilung von Auskünften rechtmäßig ist. Verweigert eine oberste Bundesbehörde die Vorlage, Übermittlung oder Auskunft mit der Begründung, das Bekanntwerden des Inhalts der Urkunden, der Akten, der elektronischen Dokumente oder der Auskünfte würde dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht; Gleiches gilt, wenn das Bundesverwaltungsgericht nach § 50 für die Hauptsache zuständig ist. Der Antrag ist bei dem für die Hauptsache zuständigen Gericht zu stellen. Dieses gibt den Antrag und die Hauptsacheakten an den nach § 189 zuständigen Spruchkörper ab. Die oberste Aufsichtsbehörde hat die nach Absatz 1 Satz 2 verweigerten Urkunden oder Akten auf Aufforderung dieses Spruchkörpers vorzulegen, die elektronischen Dokumente zu übermitteln oder die verweigerten Auskünfte zu erteilen. Sie ist zu diesem Verfahren beizuladen. Das Verfahren unterliegt den Vorschriften des materiellen Geheimschutzes. Können diese nicht eingehalten werden oder macht die zuständige Aufsichtsbehörde geltend, dass besondere Gründe der Geheimhaltung oder des Geheimschutzes der Übergabe der Urkunden oder Akten oder der Übermittlung der elektronischen Dokumente an das Gericht entgegenstehen, wird die Vorlage oder Übermittlung nach Satz 5 dadurch bewirkt, dass die Urkunden, Akten oder elektronischen Dokumente dem Gericht in von der obersten Aufsichtsbehörde bestimmten Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Für die nach Satz 5 vorgelegten Akten, elektronischen Dokumente und für die gemäß Satz 8 geltend gemachten besonderen Gründe gilt § 100 nicht. Die Mitglieder des Gerichts sind zur Geheimhaltung verpflichtet; die Entscheidungsgründe dürfen Art und Inhalt der geheim gehaltenen Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente und Auskünfte nicht erkennen lassen. Für das nichtrichterliche Personal gelten die Regelungen des personellen Geheimschutzes. Soweit nicht das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, kann der Beschluss selbständig mit der Beschwerde angefochten werden. Über die Beschwerde gegen den Beschluss eines Oberverwaltungsgerichts entscheidet das Bundesverwaltungsgericht. Für das Beschwerdeverfahren gelten die Sätze 4 bis 11 sinngemäß.

(1) Sozialdaten, die dem Mitarbeiter eines Trägers der öffentlichen Jugendhilfe zum Zwecke persönlicher und erzieherischer Hilfe anvertraut worden sind, dürfen von diesem nur weitergegeben oder übermittelt werden

1.
mit der Einwilligung dessen, der die Daten anvertraut hat, oder
2.
dem Familiengericht zur Erfüllung der Aufgaben nach § 8a Absatz 2, wenn angesichts einer Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen ohne diese Mitteilung eine für die Gewährung von Leistungen notwendige gerichtliche Entscheidung nicht ermöglicht werden könnte, oder
3.
dem Mitarbeiter, der auf Grund eines Wechsels der Fallzuständigkeit im Jugendamt oder eines Wechsels der örtlichen Zuständigkeit für die Gewährung oder Erbringung der Leistung verantwortlich ist, wenn Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Kindeswohls gegeben sind und die Daten für eine Abschätzung des Gefährdungsrisikos notwendig sind, oder
4.
an die Fachkräfte, die zum Zwecke der Abschätzung des Gefährdungsrisikos nach § 8a hinzugezogen werden; § 64 Absatz 2a bleibt unberührt, oder
5.
unter den Voraussetzungen, unter denen eine der in § 203 Absatz 1 oder 4 des Strafgesetzbuchs genannten Personen dazu befugt wäre, oder
6.
wenn dies für die Durchführung bestimmter wissenschaftlicher Vorhaben zur Erforschung möglicher politisch motivierter Adoptionsvermittlung in der DDR erforderlich ist. Vom Adoptionsverfahren betroffene Personen dürfen nicht kontaktiert werden; § 64 Absatz 2b Satz 1 und 2 gilt entsprechend.
Der Empfänger darf die Sozialdaten nur zu dem Zweck weitergeben oder übermitteln, zu dem er sie befugt erhalten hat.

(2) § 35 Absatz 3 des Ersten Buches gilt auch, soweit ein behördeninternes Weitergabeverbot nach Absatz 1 besteht.

(1) Jeder hat Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten (§ 67 Absatz 2 Zehntes Buch) von den Leistungsträgern nicht unbefugt verarbeitet werden (Sozialgeheimnis). Die Wahrung des Sozialgeheimnisses umfasst die Verpflichtung, auch innerhalb des Leistungsträgers sicherzustellen, dass die Sozialdaten nur Befugten zugänglich sind oder nur an diese weitergegeben werden. Sozialdaten der Beschäftigten und ihrer Angehörigen dürfen Personen, die Personalentscheidungen treffen oder daran mitwirken können, weder zugänglich sein noch von Zugriffsberechtigten weitergegeben werden. Der Anspruch richtet sich auch gegen die Verbände der Leistungsträger, die Arbeitsgemeinschaften der Leistungsträger und ihrer Verbände, die Datenstelle der Rentenversicherung, die in diesem Gesetzbuch genannten öffentlich-rechtlichen Vereinigungen, Integrationsfachdienste, die Künstlersozialkasse, die Deutsche Post AG, soweit sie mit der Berechnung oder Auszahlung von Sozialleistungen betraut ist, die Behörden der Zollverwaltung, soweit sie Aufgaben nach § 2 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und § 66 des Zehnten Buches durchführen, die Versicherungsämter und Gemeindebehörden sowie die anerkannten Adoptionsvermittlungsstellen (§ 2 Absatz 3 des Adoptionsvermittlungsgesetzes), soweit sie Aufgaben nach diesem Gesetzbuch wahrnehmen, und die Stellen, die Aufgaben nach § 67c Absatz 3 des Zehnten Buches wahrnehmen. Die Beschäftigten haben auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit bei den genannten Stellen das Sozialgeheimnis zu wahren.

(2) Die Vorschriften des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches und der übrigen Bücher des Sozialgesetzbuches regeln die Verarbeitung von Sozialdaten abschließend, soweit nicht die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung unmittelbar gilt. Für die Verarbeitungen von Sozialdaten im Rahmen von nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679 fallenden Tätigkeiten finden die Verordnung (EU) 2016/679 und dieses Gesetz entsprechende Anwendung, soweit nicht in diesem oder einem anderen Gesetz Abweichendes geregelt ist.

(2a) Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.

(3) Soweit eine Übermittlung von Sozialdaten nicht zulässig ist, besteht keine Auskunftspflicht, keine Zeugnispflicht und keine Pflicht zur Vorlegung oder Auslieferung von Schriftstücken, nicht automatisierten Dateisystemen und automatisiert verarbeiteten Sozialdaten.

(4) Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse stehen Sozialdaten gleich.

(5) Sozialdaten Verstorbener dürfen nach Maßgabe des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches verarbeitet werden. Sie dürfen außerdem verarbeitet werden, wenn schutzwürdige Interessen des Verstorbenen oder seiner Angehörigen dadurch nicht beeinträchtigt werden können.

(6) Die Absätze 1 bis 5 finden neben den in Absatz 1 genannten Stellen auch Anwendung auf solche Verantwortliche oder deren Auftragsverarbeiter,

1.
die Sozialdaten im Inland verarbeiten, sofern die Verarbeitung nicht im Rahmen einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erfolgt, oder
2.
die Sozialdaten im Rahmen der Tätigkeiten einer inländischen Niederlassung verarbeiten.
Sofern die Absätze 1 bis 5 nicht gemäß Satz 1 anzuwenden sind, gelten für den Verantwortlichen oder dessen Auftragsverarbeiter nur die §§ 81 bis 81c des Zehnten Buches.

(7) Bei der Verarbeitung zu Zwecken gemäß Artikel 2 der Verordnung (EU) 2016/679 stehen die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und die Schweiz den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(1) Sozialdaten, die dem Mitarbeiter eines Trägers der öffentlichen Jugendhilfe zum Zwecke persönlicher und erzieherischer Hilfe anvertraut worden sind, dürfen von diesem nur weitergegeben oder übermittelt werden

1.
mit der Einwilligung dessen, der die Daten anvertraut hat, oder
2.
dem Familiengericht zur Erfüllung der Aufgaben nach § 8a Absatz 2, wenn angesichts einer Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen ohne diese Mitteilung eine für die Gewährung von Leistungen notwendige gerichtliche Entscheidung nicht ermöglicht werden könnte, oder
3.
dem Mitarbeiter, der auf Grund eines Wechsels der Fallzuständigkeit im Jugendamt oder eines Wechsels der örtlichen Zuständigkeit für die Gewährung oder Erbringung der Leistung verantwortlich ist, wenn Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Kindeswohls gegeben sind und die Daten für eine Abschätzung des Gefährdungsrisikos notwendig sind, oder
4.
an die Fachkräfte, die zum Zwecke der Abschätzung des Gefährdungsrisikos nach § 8a hinzugezogen werden; § 64 Absatz 2a bleibt unberührt, oder
5.
unter den Voraussetzungen, unter denen eine der in § 203 Absatz 1 oder 4 des Strafgesetzbuchs genannten Personen dazu befugt wäre, oder
6.
wenn dies für die Durchführung bestimmter wissenschaftlicher Vorhaben zur Erforschung möglicher politisch motivierter Adoptionsvermittlung in der DDR erforderlich ist. Vom Adoptionsverfahren betroffene Personen dürfen nicht kontaktiert werden; § 64 Absatz 2b Satz 1 und 2 gilt entsprechend.
Der Empfänger darf die Sozialdaten nur zu dem Zweck weitergeben oder übermitteln, zu dem er sie befugt erhalten hat.

(2) § 35 Absatz 3 des Ersten Buches gilt auch, soweit ein behördeninternes Weitergabeverbot nach Absatz 1 besteht.

(1) Die Jugendhilfe umfasst Leistungen und andere Aufgaben zugunsten junger Menschen und Familien.

(2) Leistungen der Jugendhilfe sind:

1.
Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit, der Schulsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes (§§ 11 bis 14),
2.
Angebote zur Förderung der Erziehung in der Familie (§§ 16 bis 21),
3.
Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (§§ 22 bis 25),
4.
Hilfe zur Erziehung und ergänzende Leistungen (§§ 27 bis 35, 36, 37, 39, 40),
5.
Hilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und ergänzende Leistungen (§§ 35a bis 37, 39, 40),
6.
Hilfe für junge Volljährige und Nachbetreuung (den §§ 41 und 41a).

(3) Andere Aufgaben der Jugendhilfe sind

1.
die Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42),
2.
die vorläufige Inobhutnahme von ausländischen Kindern und Jugendlichen nach unbegleiteter Einreise (§ 42a),
3.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Pflegeerlaubnis (§§ 43, 44),
4.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung sowie die Erteilung nachträglicher Auflagen und die damit verbundenen Aufgaben (§§ 45 bis 47, 48a),
5.
die Tätigkeitsuntersagung (§§ 48, 48a),
6.
die Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten (§ 50),
7.
die Beratung und Belehrung in Verfahren zur Annahme als Kind (§ 51),
8.
die Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz (§ 52),
9.
die Beratung und Unterstützung von Müttern bei Vaterschaftsfeststellung und Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen sowie von Pflegern und Vormündern (§§ 52a, 53a),
10.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Anerkennung als Vormundschaftsverein (§ 54),
11.
Beistandschaft, Pflegschaft und Vormundschaft des Jugendamts (§§ 55 bis 57),
12.
Beurkundung (§ 59),
13.
die Aufnahme von vollstreckbaren Urkunden (§ 60).

(1) Das Jugendamt unterstützt das Familiengericht bei allen Maßnahmen, die die Sorge für die Person von Kindern und Jugendlichen betreffen. Es hat in folgenden Verfahren nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit mitzuwirken:

1.
Kindschaftssachen (§ 162 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit),
2.
Abstammungssachen (§ 176 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit),
3.
Adoptionssachen (§ 188 Absatz 2, §§ 189, 194, 195 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit),
4.
Ehewohnungssachen (§ 204 Absatz 2, § 205 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) und
5.
Gewaltschutzsachen (§§ 212, 213 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit).

(2) Das Jugendamt unterrichtet insbesondere über angebotene und erbrachte Leistungen, bringt erzieherische und soziale Gesichtspunkte zur Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen ein und weist auf weitere Möglichkeiten der Hilfe hin. In Verfahren nach den §§ 1631b, 1632 Absatz 4, den §§ 1666, 1666a und 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie in Verfahren, die die Abänderung, Verlängerung oder Aufhebung von nach diesen Vorschriften getroffenen Maßnahmen betreffen, legt das Jugendamt dem Familiengericht den Hilfeplan nach § 36 Absatz 2 Satz 2 vor. Dieses Dokument beinhaltet ausschließlich das Ergebnis der Bedarfsfeststellung, die vereinbarte Art der Hilfegewährung einschließlich der hiervon umfassten Leistungen sowie das Ergebnis etwaiger Überprüfungen dieser Feststellungen. In anderen die Person des Kindes betreffenden Kindschaftssachen legt das Jugendamt den Hilfeplan auf Anforderung des Familiengerichts vor. Das Jugendamt informiert das Familiengericht in dem Termin nach § 155 Absatz 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit über den Stand des Beratungsprozesses. § 64 Absatz 2 und § 65 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 bleiben unberührt.

(3) Das Jugendamt, das in Verfahren zur Übertragung der gemeinsamen Sorge nach § 155a Absatz 4 Satz 1 und § 162 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit angehört wird, teilt

1.
rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen, aufgrund derer die Sorge gemäß § 1626a Absatz 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Eltern ganz oder zum Teil gemeinsam übertragen wird oder
2.
rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen, die die elterliche Sorge ganz oder zum Teil der Mutter entziehen oder auf den Vater allein übertragen,
dem nach § 87c Absatz 6 Satz 2 zuständigen Jugendamt zu den in § 58 genannten Zwecken unverzüglich mit. Mitzuteilen sind auch das Geburtsdatum und der Geburtsort des Kindes oder des Jugendlichen sowie der Name, den das Kind oder der Jugendliche zur Zeit der Beurkundung seiner Geburt geführt hat.

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin begehrt Akteneinsicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens.
Die Antragstellerin ist allein erziehende Kindesmutter ihrer am 02.05.2009 geborenen Tochter XXX. Das alleinige Sorgerecht hat bislang die Antragstellerin. Der in XXX wohnhafte Kindesvater nimmt mittlerweile sein Umgangsrecht in 4-6wöchigen Abständen wahr.
Laut Verfügung des Amtsgerichts - Familiengericht - XXX vom 14.09.2012 im Verfahren 4 F 22/11 wegen elterlicher Sorge findet am 16.10.2012 ein Termin zur Anhörung der Kindeseltern statt. Der Kindesvater beantragt im vorgenannten Verfahren, die gemeinsame elterliche Sorge für das Kind zu beschließen und das Aufenthaltsbestimmungsrecht über das Kind ihm zu übertragen.
Mit E-Mail vom 04.07.2012 beantragte die Antragsstellerin Akteneinsicht beim Jugendamt zum 27.07.2012. Mit Schreiben vom 13.07.2012 lehnte das Landratsamt Karlsruhe, Außenstelle XXX Jugendamt, ihren Antrag vom 04.07.2012 ab. Darin ist ausgeführt, grundsätzlich sei die Akteneinsicht im SGB X geregelt, welches hier jedoch keine Anwendung finde, da es sich um kein Verwaltungsverfahren, sondern um ein Familiengerichtsverfahren handele. Dem Schreiben war eine Rechtsbehelfsbelehrungen beigefügt, die auf die Möglichkeit eines Widerspruchs hinweist.
Dagegen legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 15.08.2012 Widerspruch ein, mit dem sie geltend machte, sie berufe sich auf ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 GG) und ihr Akteneinsichtsrecht aufgrund ihres Grundrechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG) im Rahmen der laufenden familiengerichtlichen Verfahren am Amtsgericht XXX sowie auf Art. 8 EU-Grundrechtscharta. Beim zuständigen Familiengericht XXX habe man die Ansicht vertreten, dass es sich bei den Akten des Jugendamtes nicht um Gerichtsakten entsprechend § 13 FamFG handele, sondern um Verwaltungsakten, deren Einsicht nur die Behörde gewähren könne, die die Akten führe, also das Jugendamt (Außenstelle XXX). Mit Schreiben vom 29.08.2012 führte sie ergänzend aus: Ihr berechtigtes Interesse ergebe sich daraus, dass sie zur Wahrung rechtlichen Gehörs und um ein faires Verfahren für sich und ihre Tochter XXX zu sichern, überprüfen müsse, ob ihre Eingaben beim Jugendamt richtig, vollständig und hinreichend wertungsfrei dokumentiert worden seien und sie müsse die Gelegenheit erhalten, diese gegebenenfalls bei Unrichtigkeit korrigieren oder löschen zu lassen (§ 84 Abs. 1 SGB X). Außerdem habe der Kindesvater ihr mitgeteilt, dass er Informationen über sie vom Jugendamt erhalten habe, die das Jugendamt vom Kindergarten über XXX und von der Kinderarztpraxis XXX (XXX) ohne ihre Erklärung der Schweigepflichtentbindung übermittelt bekommen habe. Ein berechtigtes Interesse zur Akteneinsicht ergebe sich auch aus verschiedentlichen Aussagen des Jugendamtes ihr gegenüber im Beisein der Zeugin XXX, die darauf abgezielt hätten, ihr das Sorgerecht zu entziehen. Ferner habe das Jugendamt im Rahmen eines familiengerichtlichen Verfahrens in seiner Stellungnahme fälschlicherweise angegeben, dass wegen offener Fragen hinsichtlich der Gesundheit des Kindes Sorge bestünde (s. Anl. IV). Unklar sei, wie das Jugendamt zu diesem Schluss gegenüber dem Familiengericht gekommen sei. Der Kindesvater mache nachweislich immer wieder Falschangaben über ihre Person (z. B. dass sie alkoholabhängig sei, ein Umfeld von Drogen- und Alkoholabhängigen habe, ihr gemeinsames Kind vernachlässige, das Arbeitsamt betrüge, weil sie angeblich in einer "Luxuswohnung“ lebe). In XXX habe er ein Verfahren nach § 1666 BGB gegen sie in der mündlichen Verhandlung einstellen lassen wollen, weil ihm eingefallen sei, dass keine Kindeswohlgefährdung in ihrem Haushalt vorliege. Deshalb bestehe seitens des Kindesvaters kein schutzwürdiges Interesse an Geheimhaltung seiner Angaben beim Jugendamt. Auch aus Gründen der Ungleichbehandlung gegenüber dem nicht sorgeberechtigten Kindesvater sehe sie ein berechtigtes Interesse, als sorgeberechtigte Kindesmutter Akteneinsicht zu erhalten. Immerhin erhalte der Kindesvater ohne Antrag unproblematisch Akteneinsicht, indem ihm unter anderen das genannte ärztliche Attest betreffend XXX übermittelt und Auskunft über ihren Akteneinsichtsantrag erteilt worden sei.
Mit dem am 01.10.2012 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Antrag beantragt die Antragsstellerin,
Akteneinsicht in alle ihre am 02.05.2009 geborene Tochter XXX und auch sie selbst betreffenden Akten des Jugendamtes Karlsruhe (Außenstelle XXX) „1. in vollständiger Form,“
hilfsweise 2. soweit sie –„zunächst auf dem einstweiligen Rechtsweg – selbst als Betroffene und Kindesmutter im Rahmen fehlerfreien Ermessens einen Anspruch auf Akteneinsicht habe“.
Zur Begründung trägt sie ergänzend zu ihren Ausführungen zum Widerspruch im Wesentlichen vor: Bekannt seien ihr folgende Aktenzeichen beim Jugendamt XXX: 31.133, 31.1314 sowie 31. 13144. Einen Widerspruchsbescheid habe sie bislang nicht erhalten. Vielmehr sei mit Datum vom 21.09.2012 ein „Zwischenbescheid" des Jugendamts ergangen, nachdem sie erneut um Akteneinsicht und Beschleunigung des Widerspruchsverfahrens gebeten habe. Damit sei ihr erneut Akteneinsicht in jeglicher Form versagt worden. Auch ein Elterngespräch sei abgelehnt worden. Inzwischen seien Gerichtsverhandlungen durch das Amtsgericht XXX in Sachen Sorgerecht (im Hauptsache- und Eilverfahren 4 F 22/11 und 4 F 376/11) sowie bezüglich des Umgangsrechts (4 F 77/12) terminiert worden. Es bestehe nunmehr die konkrete und nicht anders als durch einstweiligen Rechtsschutz abwendbare Gefahr der Verletzung ihres rechtlichen Gehörs in ihren familiengerichtlichen Verfahren, weil sie keinerlei Akteneinsicht bekomme, um sich adäquat auf die Verhandlungen vorbereiten zu können.
Die Dringlichkeit der Akteneinsicht bestehe umso mehr, da nun das Jugendamt XXX, ohne ihre Tochter seit Januar 2012 überhaupt einmal gesehen zu haben, gegenüber dem Amtsgericht XXX behaupte, dass ihre Tochter unter einem „Loyalitätskonflikt“ leide (Anl. 13).
10 
Der Antragsgegner beantragt,
11 
den Antrag abzulehnen.
12 
Er ist der Ansicht, es fehle an einem Anordnungsgrund und -anspruch. § 25 SGB X sei nicht anwendbar, weil das Akteneinsichtsgesuch nicht innerhalb eines Verwaltungsverfahrens verfolgt werde. Die Antragstellerin begehre Einsicht in Akten, die im Rahmen der Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten nach § 50 SGB VIII angefertigt worden seien. Ein im Ermessen der Verwaltung stehender Akteneinsichtsanspruch setze ein berechtigtes Interesse voraus. Nach Abwägung aller Umstände sei der Anspruch zu verneinen. Anvertraute Daten dürften nur in den in § 65 SGB VIII dargelegten Fällen weitergegeben werden. Diese seien vorliegend nicht einschlägig. Maßstab für das Handeln des Jugendamtes sei das Kindeswohl.
13 
Für die übrigen Aktenteile bestehe kein berechtigtes Interesse an der Einsicht, weil der Antragstellerin diese bekannt seien und, sofern dies nicht der Fall sei, sie sich durch ein Akteneinsichtsgesuch beim Familiengericht Kenntnis verschaffen könne. Einsicht in Aktenvermerke, die nach Gesprächen oder Telefonaten mit ihr verfasst worden seien, sei mit großem Verwaltungsaufwand verbunden. Außerdem habe sie keinen Anspruch darauf, vorab von den Stellungnahmen des Jugendamtes für das Familiengericht zu erfahren.
14 
Die Aussage zur Gesundheitsvorsorge sei wegen der Meinungsverschiedenheiten der Eltern nicht unberechtigt. Zum Loyalitätskonflikt des Kindes werde im familiengerichtlichen Verfahren ausführlich Stellung genommen. Die Ausführungen der Antragstellerin reichten nicht für einen Anordnungsgrund. Die Folgen einer Akteneinsichtsgewährung und eine Vorwegnahme der Hauptsache wären nicht mehr rückgängig zu machen.
15 
Dem Gericht liegen zwei Bände Akten des Antragsgegners vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird darauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
16 
Der Antrag ist sinngemäß dahin auszulegen (§ 88 VwGO), den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, der Antragstellerin Akteneinsicht (einstweilen) in die beim Jugendamt geführten Akten über sie und ihre Tochter XXX zu gewähren. Ein dahingehender Antrag ist statthaft, jedoch unbegründet.
17 
Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 S. 1 VwGO). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Verhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (§ 123 Abs. 1 S. 2 VwGO). Der Antragsteller hat sowohl die Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) als auch das Vorliegen eines entsprechenden Anordnungsanspruchs glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
18 
Im Hinblick auf die bevorstehende mündliche Verhandlung im Verfahren vor dem Amtsgericht XXX wegen des Antrags des Kindesvaters, die elterliche Sorge auf beide Elternteile zu übertragen, erscheint zwar ein Anordnungsgrund gegeben. Hinzu kommt, dass ein Akteneinsichtsrecht beim Familiengericht derzeit ebenfalls umstritten ist und der Antragstellerin bislang keine Akteneinsicht gewährt wurde.
19 
Ungeachtet der Frage, ob eine Ausnahme vom Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache vorläge, ist kein Anordnungsanspruch gegeben, weshalb der Antrag unbegründet ist.
20 
Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung, auf welche Rechtsgrundlage ein etwaiger Auskunftsanspruch zu stützen wäre (s. § 25 Abs. 3 SGB X) oder ob die Antragstellerin nicht auf die prozessuale Möglichkeit zu verweisen ist, im familiengerichtlichen Verfahren auf eine Einsichtnahme in die diesbezüglichen Teile der Akten des Jugendamtes des Antragsgegners hinzuwirken. Bei den streitgegenständlichen Akten des Antragsgegners handelt es sich um solche der Familiengerichtshilfe (VG Augsburg, Urt. v. 27.09.2011 - Au 3 K 09.1571.-, m.w.N.), soweit sie vor dem Hintergrund familienrechtlicher Verfahren angelegt wurden. Gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 6 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) gehört aber die Aufgabe der Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten nicht zu den Leistungen im Sinne des § 2 Abs. 1 SGB VIII, an die typischerweise der Anspruch auf Akteneinsicht in § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB X anknüpft, sondern zu den anderen Aufgaben zu Gunsten junger Menschen und Familien. Die Mitwirkung der Jugendämter in familiengerichtlichen Verfahren ist in § 50 SGB VIII geregelt. Ob und inwieweit in einem anhängigen familiengerichtlichen Verfahren ein Akteneinsichtsrecht gewährt werden kann, obliegt der Entscheidung der zuständigen Familiengerichte (Bay VGH, Beschl. v. 02.12.2011 - 12 ZB 11.1386 -, m.w.N.). Die in § 50 SGB VIII geregelten Verpflichtungen obliegen den Jugendämtern gegenüber den Familiengerichten, nicht aber gegenüber den am Streit beteiligten Personen, die aus diesen Regelungen folgerichtig auch keine eigenen subjektiv-öffentlichen Ansprüche gegenüber dem Jugendamt herleiten können.
21 
Der Gewährung der begehrten Akteneinsicht steht jedenfalls § 25 Abs. 3 SGB X i.V.m. § 65 Abs. 1 SGB VIII entgegen.
22 
Sozialdaten sind nach der Legaldefinition in § 67 Abs. 1 SGB X Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener), die von einer der in § 35 SGB I genannten Stellen im Hinblick auf die Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Einen solchen „persönlichen“ Bezug weisen alle Informationen auf, die über eine individualisierbare natürliche Person etwas aussagen und damit zur Identifikation dienen. Dementsprechend fallen auch alle Kenntnisse aus der privaten Sphäre, die ein Mitarbeiter des Jugendamtes bei Erfüllung seiner Aufgaben von einer außenstehenden Person erlangt hat, unter die Geheimhaltungspflicht. Dies gilt sowohl für die Namen von Beteiligten (insbesondere Informanten), aber auch für deren inhaltliche Angaben (VG Augsburg, Urt. v. 27.09.2011, a.a.O.; VG Schleswig-Holstein, Urt. v. 11.05.2009 - 15 A 160/08 -, ). Danach sind die streitgegenständlichen Angaben des Kindesvaters, des Kinderarztes und eines Vertreters des Kindergartens über die Antragstellerin und ihr Kind XXX gegenüber dem Jugendamt Sozialdaten im Sinne des § 67 Abs. 1 SGB X. Selbst wenn § 25 SGB X nicht anwendbar wäre, stünde einem Akteneinsichtsrecht § 65 Abs. 1 SGB VIII entgegen.
23 
Nach § 65 Abs. 1 SGB VIII besteht ein besonderer Vertrauensschutz in der persönlichen und erzieherischen Hilfe. Sozialdaten, die dem Mitarbeiter eines Trägers der öffentlichen Jugendhilfe zum Zweck persönlicher und erzieherischer Hilfe anvertraut worden sind, dürfen nach § 65 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII von diesem nur weitergegeben werden mit der Einwilligung dessen, der die Daten anvertraut hat (Nr. 1), oder unter bestimmten Voraussetzungen dem Familiengericht oder unter bestimmten Voraussetzungen an einen anderen Mitarbeiter des Jugendamtes oder an hinzugezogene Fachkräfte (Nr. 4) oder unter den Voraussetzungen, unter denen eine der in § 203 Abs. 1 oder 3 StGB genannten Personen dazu befugt wäre (Nr. 5). Aus dem Gesetzeswortlaut und dem Schutzzweck des § 65 SGB VIII folgt, dass es für seine Anwendbarkeit genügt, wenn es um Daten geht, die dem Jugendamt in einem Zusammenhang anvertraut werden, der zu persönlicher oder erzieherischer Hilfe führen kann. Dass eine solche Zweckgeeignetheit reicht, folgt aus dem Wortlaut des § 65 Abs. 1 SGB VIII („Sozialdaten, die... zum Zweck persönlicher oder erzieherischer Hilfe anvertraut worden sind, ...“).
24 
Um solche Sozialdaten geht es hier. Nach Aktenlage hat das Jugendamt vor dem Hintergrund familiengerichtlicher Verfahren wegen des Umgangsrechts und wegen der vom Kindesvater erstrebten Änderung des Sorgerechts mit dem Ziel einer gemeinsamen Ausübung des Sorgerechts (s. Schreiben vom 10.12.2010) Daten (Angaben des Kindesvaters, eine ärztliche Stellungnahme und Angaben eines Vertreters des Kindergartens) erhalten und dazu Akten angelegt. Dabei handelt es sich um Daten, die im Zusammenhang mit der Aufgabe des Jugendamtes aus § 18 SGB VIII stehen, nämlich der Beratung und Unterstützung bei der Ausübung der Personensorge und des Umgangsrechts. Nach § 18 Abs. 1 SGB VIII haben Mütter und Väter, die allein für ein Kind oder einen Jugendlichen zu sorgen haben oder tatsächlich sorgen, Anspruch auf Beratung und Unterstützung 1. bei der Ausübung der Personensorge einschließlich der Geltendmachung von Unterhalts- oder Unterhaltsersatzansprüchen des Kindes oder Jugendlichen, 2. bei der Geltendmachung ihrer Unterhaltsansprüche nach § 1615l des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Mütter und Väter, die mit dem anderen Elternteil nicht verheiratet sind, haben Anspruch auf Beratung über die Abgabe einer Sorgeerklärung (Abs. 2). Wie sich aus der Überschrift zum Zweiten Kapitel des SGB VIII ergibt, ist die Beratung und Unterstützung nach § 18 SGB VIII eine Leistung der Jugendhilfe. Nimmt das Jugendamt diese Aufgabe wahr, wovon mit Rücksicht auf die anhängig gemachten familienrechtlichen Verfahren wegen des Umgangsrechts und der elterlichen Sorge nach Aktenlage auszugehen ist, sind ihm die in diesem Zusammenhang gemachten Angaben zum Zwecke persönlicher und erzieherischer Hilfe anvertraut (§ 65 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII).
25 
Das besondere Weitergabeverbot des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII überlagert für seinen Regelungsbereich die allgemeinen Regelungen über die Akteneinsicht und den Schutz bzw. die Weitergabe von Sozialdaten u.a. aus § 25 SGB X (vgl. BayVGH, Beschl. v. 01.06.2011 - 12 C 10.1510 -, ; OVG NW, Beschl. v. 26.03.2008 - 12 E 115/08 -, m.w.N.). Damit die Jugendämter ihrer Aufgabe, eventuelle familiäre Probleme rechtzeitig zu entdecken und zu lösen, gerecht werden können, ist die Gewährung von Diskretion im Umgang mit datenschutzrechtlich relevanten Vorgängen Voraussetzung. Folglich bestimmt § 65 SGB VIII, dass Sozialdaten im Jugendhilferecht nur in den gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 SGB VIII genannten Fällen weitergegeben werden dürfen, d.h. insbesondere, wenn der Datengeber in die Weitergabe einwilligt. In verfassungsrechtlicher Hinsicht bestehen gegen diese Entscheidung des Gesetzgebers keine Bedenken; § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII ist nicht im Hinblick auf einen dadurch eingeschränkten Schutz des Persönlichkeitsrechtes der von Anzeigen Betroffenen grundrechtswidrig.
26 
An der Einwilligung des Kindesvaters fehlt es hier. Eine Einwilligung des Kinderarztes und von Vertretern des Kindergartens sind ebenfalls nicht ersichtlich und nicht glaubhaft gemacht. Der Antrag war deshalb abzulehnen. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin kommt es nicht darauf an, ob die zu den Akten genommenen Angaben des Kindesvaters richtig sind oder falsch. Das Weitergabeverbot des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII kennt keine weiteren Differenzierungen der anvertrauten Sozialdaten. Es kommt auch nicht auf ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse des Informanten, hier etwa des Kindesvaters, an. Auf die Ausnahmen vom Weitergabeverbot nach Nr. 2-5 dieser Vorschrift kann sich die Antragstellerin ebenfalls nicht berufen, die Anforderungen dafür sind nicht gegeben. Ob es Aktenteile bezüglich der Antragstellerin und ihres Kindes gibt, die nicht § 65 Abs. 1 SGB VIII unterliegen sollen, lässt sich bei der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung nicht klären. Außerdem begehrt die Antragstellerin auch nicht ausschließlich Einsicht in Aktenteile, die keine Sozialdaten betreffen. Ihr Antrag ist auf eine uneingeschränkte Akteneinsicht gerichtet.
27 
Aus Art. 3 Abs. 1 GG kann die Antragstellerin kein Akteneinsichtsrecht ableiten. Dass angeblich dem Kindesvater Informationen bzw. Sozialdaten über sie selbst und ihr Kind seitens des Jugendamtes weitergeleitet worden seien, begründet kein subjektives Recht auf Akteneinsicht. Ein solches kann nicht nicht über den Gleichbehandlungsgrundsatz geschaffen werden. Dieser setzt für eine Gleichbehandlung einen Anspruch der Antragstellerin voraus.
28 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 1. Halbsatz VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 188 Satz 2 1. Halbsatz VwGO nicht erhoben, weil es sich um ein Verfahren der Jugendhilfe handelt.
29 
Durch Art. 2 des Siebenten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes vom 9. Dezember 2004 (BGBl I S. 3302 <3304>) ist der Anwendungsbereich des § 188 Satz 2 1. Halbsatz VwGO dahin gefasst worden, dass er sich nunmehr auf die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung erstreckt. Der vorangestellte Begriff der Angelegenheiten der Fürsorge verweist nicht mehr auf ein bestimmtes Gesetzeswerk, sondern erfasst alle in die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit fallenden Sachgebiete, die Fürsorgemaßnahmen im weiteren Sinne zum Gegenstand haben, die nicht schon unter eines der im Folgenden aufgezählten Sachgebiete fallen. Dazu gehören insbesondere Sachgebiete, in denen Leistungen mit primär fürsorgerischer Zwecksetzung vorgesehen sind (BVerwG, Urt. v. 22. 10.1976 - 6 C 36.72 -, BVerwGE 51, 211, 216 u. Beschl. v. 20.04.2011 - 6 C 10/10 -; OVG Hamburg, Beschl. v. 04.10.2011 - 4 So 82/11 - m.w.N. unter Hinweis auf BT-Drucks. 15/3867 S. 4). Für die Jugendhilfe hat sich damit nichts geändert.
30 
Unter den Begriff Jugendhilfe i.S.d. § 188 Satz 2 1. Halbsatz VwGO fallen nicht jegliche der Förderung der Jugend dienende Maßnahmen, sondern ausschließlich Maßnahmen im Rahmen der allgemeinen öffentlichen Fürsorge. Zur Jugendhilfe zählen damit alle Streitigkeiten nach dem SGB VIII, aber auch Streitigkeiten über Angelegenheiten nach dem UnterhaltsvorschußG (Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 17. Aufl., § 188 Rn 3; Redecker/von Oerzten, VwGO, 15. Aufl. § 188 Rn 1 „alle SGB VIII unterfallenden Jugendhilfesachen“). In Einklang damit steht die Rechtsprechung, die zur Jugendhilfe i.S.d. § 188 VwGO alle Streitigkeiten nach dem SGB VIII und den ergänzenden Landesgesetzen zählt. An dem Verfahren muss nicht notwendig ein Leistungsempfänger beteiligt sein (Sächs. OVG, Beschl. v. 02.11.2007 - 5 BS 380/07 -, m.w.N.; i. Erg. ebenso OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 08.02.2006 - 9 L 5.06 -, ).
31 
Hiernach ist ein auf § 25 Abs. 1 SGB X gestützter Akteneinsichtsanspruch in Akten, die vom Jugendamt im Hinblick auf die Überwachung der Ausübung der alleinigen elterlichen Sorge der Kindesmutter und des Umgangsrechts des nicht sorgeberechtigten Kindesvaters sowie im Hinblick auf die vom Vater angestrebte gemeinsame elterliche Sorge für das Kind angelegt wurden, eine Streitigkeit nach dem SGB VIII, weil einem möglichen Anspruch auf Akteneinsicht, ungeachtet seiner Rechtsgrundlage, das besondere Weitergabeverbot des § 65 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII entgegengehalten werden kann. Dieses gehört nach seiner Stellung im SGB VIII und seinem Wortlaut zur Jugendhilfe. § 65 SGB VIII steht unter der Überschrift „Kinder- und Jugendhilfe“. Auch nach dem oben beschriebenen Sinn und Zweck der Vorschrift, ist diese der Jugendhilfe zuzuordnen. Soweit die Akten des Jugendamts im Vorfeld und mit Blick auf familiengerichtliche Verfahren wegen des Umgangs- und Sorgerechts angelegt wurden, gilt nichts anderes. Die Familiengerichtshilfe gem. § 50 SGB VIII ist ebenfalls Jugendhilfe. Für die Beurteilung, was Jugendhilfe i.S.d. § 188 Satz 2 1. Halbsatz VwGO ist, ist unerheblich, dass parallel zu dem hier anhängigen selbständigen Verfahren auf Akteneinsicht ein familiengerichtliches Verfahren anhängig ist, in dem möglicherweise ein Akteneinsichtsgesuch nach Maßgabe prozessualer Bestimmungen des FamFG geltend gemacht werden kann. Der Wortlaut des § 188 Satz 2 1. Halbsatz VwGO gibt für eine dahingehende Differenzierung nichts her.
32 
Zum gleichen Ergebnis gelangt die Auffassung, die die Anwendung des § 188 Satz 2 1. Halbsatz VwGO für Fälle eines Auskunftsbegehrens und Akteneinsichtsgesuchs gerechtfertigt hält, weil sie objektiv als Nebenverfahren der „Jugendhilfe“ anzusehen und dieser zuzuordnen sind (OVG NW, Beschl. v. 26.03.2008 - 12 E 115/08 -, für ein Auskunftsbegehren und einen Akteneinsichtsanspruch des nicht sorgeberechtigten Elternteils; ähnlich OVG Hamburg, Beschl. v. 04.10.2011 - 4 So 82/11 -, wenn das isolierte Einsichts- oder Auskunftsbegehren auf Akten oder Daten gerichtet wäre, die der Jugendhilfeträger im Rahmen des jugendhilferechtlichen Verwaltungsverfahrens angelegt bzw. gespeichert hat).
33 
Nicht anwendbar ist § 188 Satz 2 1. Halbsatz VwGO für selbständige Akteneinsichtsverfahren, die sich gegen nicht am Jugendhilfeverfahren beteiligte Dritte richten und auf das allgemeine Akteneinsichtsrecht nach landesrechtlichen Vorschriften eines Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes gestützt sind (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 18.07.2011 - OVG 12 L 42.11 -, m.w.N.). Darum geht es hier jedoch nicht.
34 
Das erkennende Gericht sieht sich im Rahmen der Kostenentscheidung befugt, § 188 Satz 2 1. Halbsatz VwGO anzuwenden (Redecker/von Oerzten, a.a.O., § 188 Rn 2), nachdem die zuständige Fachkammer für Jugendhilfe die Übernahme des Verfahrens abgelehnt hat.
35 
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.

(1) Behörden sind zur Vorlage von Urkunden oder Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet. Wenn das Bekanntwerden des Inhalts dieser Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente oder dieser Auskünfte dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen, kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage von Urkunden oder Akten, die Übermittlung der elektronischen Dokumente und die Erteilung der Auskünfte verweigern.

(2) Auf Antrag eines Beteiligten stellt das Oberverwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss fest, ob die Verweigerung der Vorlage der Urkunden oder Akten, der Übermittlung der elektronischen Dokumente oder der Erteilung von Auskünften rechtmäßig ist. Verweigert eine oberste Bundesbehörde die Vorlage, Übermittlung oder Auskunft mit der Begründung, das Bekanntwerden des Inhalts der Urkunden, der Akten, der elektronischen Dokumente oder der Auskünfte würde dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht; Gleiches gilt, wenn das Bundesverwaltungsgericht nach § 50 für die Hauptsache zuständig ist. Der Antrag ist bei dem für die Hauptsache zuständigen Gericht zu stellen. Dieses gibt den Antrag und die Hauptsacheakten an den nach § 189 zuständigen Spruchkörper ab. Die oberste Aufsichtsbehörde hat die nach Absatz 1 Satz 2 verweigerten Urkunden oder Akten auf Aufforderung dieses Spruchkörpers vorzulegen, die elektronischen Dokumente zu übermitteln oder die verweigerten Auskünfte zu erteilen. Sie ist zu diesem Verfahren beizuladen. Das Verfahren unterliegt den Vorschriften des materiellen Geheimschutzes. Können diese nicht eingehalten werden oder macht die zuständige Aufsichtsbehörde geltend, dass besondere Gründe der Geheimhaltung oder des Geheimschutzes der Übergabe der Urkunden oder Akten oder der Übermittlung der elektronischen Dokumente an das Gericht entgegenstehen, wird die Vorlage oder Übermittlung nach Satz 5 dadurch bewirkt, dass die Urkunden, Akten oder elektronischen Dokumente dem Gericht in von der obersten Aufsichtsbehörde bestimmten Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Für die nach Satz 5 vorgelegten Akten, elektronischen Dokumente und für die gemäß Satz 8 geltend gemachten besonderen Gründe gilt § 100 nicht. Die Mitglieder des Gerichts sind zur Geheimhaltung verpflichtet; die Entscheidungsgründe dürfen Art und Inhalt der geheim gehaltenen Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente und Auskünfte nicht erkennen lassen. Für das nichtrichterliche Personal gelten die Regelungen des personellen Geheimschutzes. Soweit nicht das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, kann der Beschluss selbständig mit der Beschwerde angefochten werden. Über die Beschwerde gegen den Beschluss eines Oberverwaltungsgerichts entscheidet das Bundesverwaltungsgericht. Für das Beschwerdeverfahren gelten die Sätze 4 bis 11 sinngemäß.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.