Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 24. Juni 2016 - 2 B 45/15

Gericht
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. April 2015 wird zurückgewiesen.
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Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
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Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 717,26 € festgesetzt.
Gründe
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Die zulässige, auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde ist nicht begründet.
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1. Der Kläger war seit dem Jahr 2001 Beamter der Landeshauptstadt des Beklagten. Im Mai 2005 wurde er zum Verwaltungsoberinspektor (Besoldungsgruppe A 10 BBesO) befördert. Im Oktober 2008 wechselte er in den Dienst des Beklagten und wurde zum Regierungsoberinspektor (Besoldungsgruppe A 10 BBesO) ernannt. Im Mai 2012 wurde er mit einem Gesamtergebnis von 12 Punkten dienstlich beurteilt. Auf seinen Antrag hin wurde ihm vom Beklagten mitgeteilt, dass für eine Beförderung bei einem Beurteilungsprädikat von 12 Punkten nach den einschlägigen Beurteilungsrichtlinien eine Mindestwartezeit von sechs Jahren und sechs Monaten seit der letzten Beförderung gelte. Da bei kommunalen Dienstherren die erste Beförderung in der Regel schneller erfolge als bei dem Beklagten, sei für entsprechende Beamte ein fiktives Ernennungsdatum zu ermitteln; dieses sei für den Kläger der 1. April 2007. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte zurück. Hiergegen hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht erhoben, die auf Beförderung und darauf gerichtet gewesen ist, ihn besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als wenn seine Beförderung zum Regierungsamtmann schon zum 1. November 2012 erfolgt wäre. Das Verwaltungsgericht hat der auf Beförderung gerichteten Klage stattgegeben, mit Blick auf den Schadensersatzanspruch die Klage jedoch abgewiesen. Der Kläger ist mit Wirkung vom 1. Oktober 2013 zum Regierungsamtmann (Besoldungsgruppe A 11 BBesO) befördert worden. Die Berufung des Klägers hat der Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, dass das Abstellen auf einen fiktiven Beförderungszeitpunkt gegen den Grundsatz der Bestenauslese des Art. 33 Abs. 2 GG verstoße. Dem Beklagten sei insoweit jedoch kein Verschulden anzulasten. Zum Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde habe es keine Rechtsprechung gegeben, wonach die konkrete Handhabung der Beförderungsrichtlinien, die zur Gewährleistung einer Gleichbehandlung mit Beamten, die beim Beklagten als Probebeamte begonnen haben, auf ein fiktives Ernennungsdatum abstellen, gegen Art. 33 Abs. 2 GG verstoße. Es sei nicht erkennbar gewesen, ob diese Verwaltungspraxis von den Gerichten gebilligt werde.
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2. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Januar 2011 - 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4 und vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9).
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Diese Voraussetzungen erfüllt die vom Kläger aufgeworfene Frage,
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ob bei einem Verstoß des Dienstherrn gegen Art. 33 Abs. 2 GG (unbedingte) Voraussetzung für ein schuldhaftes Verhalten ist, dass eine Rechtsprechung vorliegt, aus der sich die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Dienstherrn ergibt oder ob es genügt, wenn diese Rechtswidrigkeit "bei sorgfältiger rechtlicher Prüfung" festzustellen ist,
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nicht.
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Diese Frage vermag die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht zu rechtfertigen, weil sie sich im Revisionsverfahren nicht stellen würde. Insbesondere hat auch das Berufungsgericht seiner Entscheidung nicht den - ihm in der Fragestellung unterstellten - Rechtssatz aufgestellt, das für die Zubilligung eines Schadensersatzanspruchs erforderliche Verschulden setze voraus, dass die Handhabung der von der Behörde zugrunde gelegten Beförderungsrichtlinien bereits konkret von den Verwaltungsgerichten beanstandet worden sei. Vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darauf abgestellt, von den für die Auswahlentscheidung verantwortlichen Bediensteten des Dienstherrn sei zu verlangen, dass sie die Sach- und Rechtslage unter Heranziehung aller ihnen zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewissenhaft prüfen und sich aufgrund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung bilden. Dazu gehöre auch die Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Mit diesen Rechtssätzen stimmt das Berufungsgericht exakt mit der Rechtsprechung des Senats in dem vom Kläger angeführten Urteil vom 19. März 2015 - 2 C 12.14 - (BVerwGE 151, 333 Rn. 21) überein. Durch die Verwendung des Wortes "auch" wird deutlich, dass die Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung nur ein Aspekt unter mehreren ist, der zu der Anwendung der erforderlichen Sorgfalt gehört. Das Vorliegen einer Rechtsprechung, die sich mit der Handhabung der konkreten Beförderungsrichtlinien befasst, ist danach gerade nicht unbedingte Voraussetzung für die Annahme eines Verschuldens.
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Das Berufungsgericht hat auch nicht durch seine Subsumtion diese zutreffenden Grundsätze abgewandelt. Das wäre ohnehin nur denkbar, wenn sich die Subsumtion nicht auf die Anwendung des zuvor dargestellten geltenden Rechts auf den Einzelfall beschränkte, sondern wenn gelegentlich der Subsumtion eine Rechtsauffassung klar zum Ausdruck gebracht würde, die von den zuvor dargestellten Rechtssätzen abwiche. Dies ist nicht der Fall. Das Berufungsgericht misst im Rahmen der Einzelfallbetrachtung zwar dem Umstand großes Gewicht bei, dass eine Rechtsprechung zur Handhabung der konkreten Beförderungsrichtlinien noch nicht vorlag. Damit bringt es aber nicht die Rechtsauffassung zum Ausdruck, dass nur bei deren Vorhandensein überhaupt ein Verschulden denkbar ist. Vielmehr wendet es mit der Berücksichtigung dieses Umstands die zuvor zutreffend dargestellten Rechtssätze auf den Einzelfall an. Des Weiteren hebt es hervor, dass der Beklagte bei seiner Beförderungsentscheidung auch den Gleichbehandlungs- und den Fürsorgegrundsatz bedacht hat. Dadurch wird deutlich, dass es nicht auf einen Umstand allein (Vorhandensein von Rechtsprechung), sondern auf alle Umstände, welche bei der Entscheidungsfindung gegeben waren, bei der Beurteilung des Verschuldens abgestellt und somit die zuvor genannten Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung übernommen und umgesetzt hat.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 1 GKG.

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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
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vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.