Bundessozialgericht Urteil, 22. März 2018 - B 5 RE 1/17 R

ECLI:ECLI:DE:BSG:2018:220318UB5RE117R0
bei uns veröffentlicht am22.03.2018

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 11. Januar 2017 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten noch darüber, ob die Beklagte den Kläger für die Zeiträume 1.6.2007 bis 31.12.2007 und 1.1.2009 bis 30.6.2009 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien und der Kläger für diese Zeit Beiträge zahlen muss.

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Der Kläger ist geboren am 30.11.1969 und seit dem 1.12.2003 als Versicherungsfachmann selbstständig tätig. Zunächst vermittelte der Kläger bis zum 31.12.2006 Versicherungen und Finanzdienstleistungen der A. AG. Der Kläger beschäftigte ab dem 1.12.2003 bis 30.6.2006 eine Büroleiterin gegen eine Vergütung von 1000 Euro im Monat. Ab dem 1.7.2006 war die Büroleiterin für ein monatliches Gehalt von 165 Euro tätig und erzielte auch zusammen mit Arbeitsverdiensten aus anderen Beschäftigungen kein Arbeitsentgelt in Höhe von mehr als 400 Euro monatlich.

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Ab dem 1.1.2007 war der Kläger als Handelsvertreter in der Vermittlung von Versicherungen und Geldanlagen für die H. aG und deren Kooperationspartner tätig. Daneben arbeitete der Kläger ab Dezember 2008 auch als Handelsvertreter für die Firma s. Immobilien. In dieser Tätigkeit erzielte der Kläger keine positiven Einkünfte.

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Am 14.5.2007 reichte der Kläger bei der Beklagten einen Fragebogen zur Feststellung der Pflichtversicherung kraft Gesetzes als selbstständig Tätiger ein und gab an, seit dem 1.12.2003 Versicherungen zu vermitteln und keinen Arbeitnehmer zu beschäftigen. Mit Schreiben vom 25.5.2007 teilte die Beklagte dem Kläger mit, es bestehe die Möglichkeit, dass er aufgrund seiner selbstständigen Tätigkeit als Versicherungsfachmann ab dem 1.12.2003 versicherungspflichtig sei. Weitere Angaben für die Erteilung des Bescheides über die Versicherungspflicht würden benötigt. Es bestehe die Möglichkeit von einkommensgerechten Beitragszahlungen. Eine befristete Befreiung könne nicht erfolgen. In einem Telefonat mit der Beklagten am 1.6.2007 teilte der Kläger mit, er habe vom 1.12.2003 bis 31.12.2006 einen rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt. Mit Bescheid vom 16.7.2007 stellte die Beklagte fest, dass vom 1.12.2003 bis 30.6.2006 keine Versicherungspflicht des Klägers bestand, da im Zusammenhang mit der selbstständigen Tätigkeit mindestens ein versicherungspflichtiger Arbeitnehmer beschäftigt wurde. Ab dem 1.7.2006 bestehe Versicherungspflicht. In einem weiteren Bescheid vom 16.7.2007 setzte die Beklagte für die Zeit der versicherungspflichtigen Tätigkeit ab dem 1.7.2006 die monatlichen Beitragshöhen fest. Dagegen erhob der Kläger am 6.8.2007 Widerspruch und machte geltend, die Beitragspflicht dürfte erst drei Jahre nach erstmaliger Aufnahme seiner selbstständigen Tätigkeit, dh erst am 1.12.2006 bestehen. Die Beklagte sah darin einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht ab 1.12.2003 und lehnte diesen mit Bescheid vom 1.11.2007 ab. Dagegen erhob der Kläger erneut Widerspruch am 20.11.2007. Mit Bescheid vom 25.1.2008 lehnte die Beklagte den "Antrag vom 06.06.2007 in Verbindung mit 20.11.2007" ab. Der Kläger habe bereits eine selbstständige Tätigkeit als Versicherungsvertreter im Zeitraum 1.12.2003 bis 31.12.2006 ausgeübt. Eine Befreiung für diesen Zeitraum sei wegen verspäteter Antragstellung abgelehnt worden. Für die Tätigkeit als Versicherungsvertreter als zweite Existenzgründung ab 01.1.2007 sei eine Befreiung von der Versicherungspflicht nicht möglich, da der Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen Tätigkeit nicht wesentlich verändert worden sei. Von der Aufnahme einer zweiten selbstständigen Tätigkeit könne nicht ausgegangen werden. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3.3.2009 zurück. Der Widerspruchsbescheid erging auf den "Widerspruch gegen den Bescheid vom 01.11.2007". Zur Begründung führte die Beklagte aus, mit dem Widerspruch werde die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ab dem 1.1.2007 begehrt. Dies sei nur während der Existenzgründerphase von drei Jahren möglich. Der Beginn des Dreijahreszeitraums richte sich nach der Aufnahme der Tätigkeit, die zur Versicherungspflicht geführt habe. Dies gelte auch, wenn noch nicht alle Voraussetzungen der Versicherungspflicht vorgelegen haben. Eine befristete Befreiung sei nur für die erste und die zweite aufgenommene Tätigkeit möglich. Von einer zweiten Existenzgründung könne auch ausgegangen werden, wenn diese unmittelbar an die Aufgabe der ersten selbstständigen Tätigkeit anschließe, es sich jedoch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise um eine neue Gründung handele. Dies sei beim Kläger nicht der Fall.

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Mit seiner zum SG Altenburg erhobenen Klage hat der Kläger zunächst beantragt, "den Bescheid vom 01.11.2007" in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.3.2009 aufzuheben. Mit Bescheid vom 11.4.2012 hat die Beklagte die Versicherungsfreiheit des Klägers in der Zeit vom 1.1.2008 bis 31.12.2008 festgestellt, da die selbstständige Tätigkeit in geringfügigem Umfang ausgeübt wurde, und die seit 1.7.2006 rückständigen Beiträge sowie die laufenden Beitragshöhen festgesetzt und ausgeführt, der Bescheid werde Gegenstand des anhängigen sozialgerichtlichen Verfahrens. Mit Bescheid vom 14.11.2013 hat die Beklagte neue Beitragshöhen ab 1.11.2007 und mit einem weiteren Bescheid vom 14.11.2013 erneut die Beiträge ab 1.7.2006 sowie eine Nachzahlung von insgesamt 14 327,06 Euro festgesetzt. In beiden Bescheiden hat die Beklagte ausgeführt, sie würden Gegenstand des anhängigen sozialgerichtlichen Verfahrens. Mit Beschluss vom 12.3.2014 hat das SG Altenburg das Verfahren ausgesetzt. Die Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 12.6.2014 den Widerspruch gegen den Bescheid vom 16.7.2007, soweit ihm nicht durch die Bescheide vom 11.4.2012 und vom 14.11.2013 abgeholfen worden ist, zurückgewiesen. Zuletzt hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem SG beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 25.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.3.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn für den Zeitraum vom 1.1.2007 bis zum 31.12.2007 und vom 1.1.2009 bis zum 31.12.2009 von der Versicherungspflicht zu befreien sowie den Bescheid vom 14.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.6.2014 aufzuheben, soweit darin für die Zeiträume vom 1.1.2007 bis 31.12.2007 und vom 1.1.2009 bis 31.10.2012 Beiträge gefordert werden.

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Das SG hat die Beklagte verurteilt, den Kläger für die Zeiträume 1.6.2007 bis 31.12.2007 und 1.1.2009 bis 30.6.2009 von der Versicherungspflicht zu befreien und den Bescheid vom 25.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.3.2009 aufgehoben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht. Es hat zudem den Bescheid vom "14.11.2014" in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.6.2014 aufgehoben, soweit er eine Beitragserhebung für die Zeiträume 1.6.2007 bis 31.12.2007 und 1.1.2009 bis 30.6.2009 beinhaltet. Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen (Urteil vom 14.10.2014). Das SG hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass die erstmalige Aufnahme einer Tätigkeit, die die Voraussetzungen der Versicherungspflicht erfüllte, am 1.7.2006 erfolgt sei. Hiernach bestimme sich der Beginn des Dreijahreszeitraums für die Befreiung von der Versicherungspflicht. Die Befreiung wirke vorliegend vom Eingang des Antrags an. Der Kläger habe zwar erstmals in seinem Widerspruch vom 6.8.2007 den Wunsch nach einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht zum Ausdruck gebracht. Der Kläger werde im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs jedoch so gestellt, als hätte er den Befreiungsantrag bereits am 1.6.2007 gestellt. Aus der telefonischen Mitteilung des Klägers von diesem Tag sei für die Beklagte erkennbar gewesen, dass der Kläger seine Beitragsbelastung möglichst gering halten wollte und dass in Folge der zunächst gegebenen, dann aber weggefallenen Beschäftigung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers mit der Folge des Eintritts der Versicherungspflicht des Klägers diese Befreiung von der Versicherungspflicht in Betracht gekommen sei. Eine entsprechende Antragstellung sei eine erkennbare, naheliegende Gestaltungsmöglichkeit, die der Kläger aller Voraussicht nach wahrgenommen hätte.

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Die Berufung der Beklagten hat das Thüringer LSG zurückgewiesen und auf die Begründung des SG Bezug genommen (Urteil vom 11.1.2017). Ergänzend hat das LSG ausgeführt, die Befreiungsvorschrift des § 6 Abs 1a SGB VI setze systematisch voraus, dass der Selbstständige versicherungspflichtig sein müsse. Dies sei nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI nicht der Fall, wenn der Selbstständige einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftige.

8

Dagegen hat die Beklagte Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung von § 6 Abs 1a S 1 Nr 1 SGB VI. Der Wortlaut dieser Vorschrift spreche stärker dafür, dass für den Beginn des Dreijahreszeitraums auf die Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit abzustellen sei. Anderenfalls hätte das Gesetz zum Ausdruck bringen müssen, dass der Dreijahreszeitraum mit dem erstmaligen Eintreten der Versicherungspflicht beginne. Langjährig Selbstständige würden sonst noch als Existenzgründer behandelt, sofern sie zB erst nach vielen Jahren einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer entlassen und erst dadurch versicherungspflichtig werden. Selbst für Tätigkeiten, die vor dem 1.1.1999 aufgenommen wurden, sei eine Befreiung bei Versicherungspflicht ab 1.1.1999 möglich gewesen, soweit der Dreijahreszeitraum nach Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit noch nicht überschritten gewesen sei. Die Befreiungsmöglichkeit bestehe nach den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 14/1855, S 9) nur für die Übergangsphase zu Beginn einer selbstständigen Tätigkeit (Existenzgründungsphase) und solle die Konzentration der finanziellen Mittel auf den Aufbau des Betriebes ermöglichen. Zudem beruhe die Einbeziehung der Selbstständigen mit einem Auftraggeber in die Versicherungspflicht darauf, dass diese nicht weniger sozial schutzbedürftig seien als die anderen von § 2 SGB VI erfassten Personen. Eine wie vom LSG angenommene Befreiungsmöglichkeit würde deshalb einem langjährig Schutzbedürftigen die Möglichkeit einräumen, sich selbst des sozialen Schutzes zu berauben. Die Beklagte sieht ihre Rechtsauffassung bestätigt in der Vorschrift des § 6 Abs 1a S 3 SGB VI. Trete nach Ende einer Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 10 SGB VI eine Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI ein, werde die Zeit, in der die dort genannten Merkmale bereits vor dem Eintritt der Versicherungspflicht nach dieser Vorschrift vorgelegen haben, auf den Dreijahreszeitraum nicht angerechnet. Die Beklagte verweist auch auf die Regelung des § 165 Abs 1 S 2 SGB VI. Auch hier werde allein auf die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit abgestellt.

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Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 11. Januar 2017 aufzuheben, das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 14. Oktober 2014 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

11

Der Kläger trägt vor, in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 14/1855, S 9) werde ausdrücklich ausgeführt, der Beginn des Dreijahreszeitraums richte sich nach der erstmaligen Erfüllung der Merkmale des § 2 S 1 Nr 9 SGB VI. Es sei nicht einzusehen, weshalb der in der Krise befindliche Selbstständige, der versicherungspflichtige Arbeitnehmer entlassen muss und plötzlich versicherungspflichtig wird, vor zusätzlichen Beiträgen nicht geschützt werden soll.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen LSG-Urteils und der Zurückverweisung des Rechtsstreits an dieses Gericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet.

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Die Voraussetzungen für eine Befreiung des Klägers von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs 1a S 1 Nr 1 SGB VI liegen zwar in der Zeit vom 1.6.2007 bis 31.12.2007 und vom 1.1.2009 bis 30.6.2009 dem Grunde nach vor. Der Senat kann auf der Grundlage der vom LSG festgestellten Tatsachen jedoch nicht abschließend beurteilen, wann ein Befreiungsantrag des Klägers bei der Beklagten eingegangen ist, dh ab welchem Zeitpunkt eine von der Beklagten zu erteilende Befreiung wirkt (§ 6 Abs 4 SGB VI) und der Kläger infolge dessen keine Beiträge zu zahlen hat. Deshalb ist das Urteil des LSG insgesamt aufzuheben und der Rechtsstreit an dieses Gericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

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A. Im Revisionsverfahren ist darüber zu entscheiden, ob die Beklagte mit Bescheid vom 25.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.3.2009 die Befreiung des Klägers von der Rentenversicherungspflicht vom 1.6.2007 bis 31.12.2007 und vom 1.1.2009 bis 30.6.2009 rechtswidrig abgelehnt und den Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt hat. Weiterer Prüfungsinhalt ist der Bescheid der Beklagten vom 14.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.6.2014, soweit darin für diese Zeiträume Rentenversicherungsbeiträge festgesetzt wurden.

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I. Der Kläger hat mit seiner am 25.3.2009 beim SG Altenburg erhobenen Klage den Bescheid vom 25.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.3.2009 fristgerecht angefochten. Zwar hat der Kläger mit seinem Schriftsatz vom 24.3.2009 ausdrücklich Klage erhoben "gegen den Bescheid der Beklagten vom 01.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2009". Während die Beklagte in ihrem Bescheid vom 1.11.2007 die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ab dem 1.12.2003 wegen einer verspäteten Antragstellung vom 6.8.2007 ablehnte, war Gegenstand des Widerspruchsbescheides vom 3.3.2009 die Überprüfung der abgelehnten Befreiung erst für die Zeit ab dem 1.1.2007. Entgegen der Formulierung im Eingangssatz zum Widerspruchsbescheid vom 3.3.2009 "hat Ihren Widerspruch gegen den Bescheid vom 1.1.2007 geprüft und beschlossen" erging der Widerspruchsbescheid auf den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 25.1.2008. Nur dieser Bescheid enthält eine Entscheidung über den Antrag des Klägers auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht in seiner Tätigkeit für die H. aG ab dem 1.1.2007. Der Widerspruchsbescheid vom 3.3.2009 nennt das falsche Datum des Ausgangsbescheides "01.11.2007" statt "25.1.2008". Diesen offensichtlichen Schreibfehler hat der Kläger in seiner Klage zum SG Altenburg übernommen. Wie auch die Klagebegründung im Schriftsatz vom 11.8.2009 zeigt, begehrte der Kläger eindeutig allein die Befreiung von der Versicherungspflicht ab dem 1.1.2007 und damit die Aufhebung des Bescheides vom 25.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.3.2009. Mit seinem erstmals in der mündlichen Verhandlung gestellten Verpflichtungsantrag hat der Kläger den Klageantrag zulässig erweitert nach § 99 Abs 3 Nr 2 SGG(vgl Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 99 RdNr 4).

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Der Kläger begehrt nur noch eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für die Zeiträume vom 1.6.2007 bis 31.12.2007 und vom 1.1.2009 bis 30.6.2009. Nach der Feststellung der Versicherungsfreiheit des Klägers in der Zeit vom 1.1.2008 bis 31.12.2008 mit Bescheid der Beklagten vom 11.4.2012 hat sich der Bescheid vom 25.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.3.2009 für diesen Zeitraum erledigt.

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II. Weiterer Prüfungsinhalt ist der alle früheren Bescheide über die Festsetzung von Rentenversicherungsbeiträgen für die streitigen Zeiträume ersetzende Bescheid der Beklagten vom 14.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.6.2014. Entgegen dem Hinweis der Beklagten, der Bescheid würde nach § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des anhängigen sozialgerichtlichen Verfahrens, ist der Regelungsgegenstand nicht identisch mit dem Inhalt des zunächst allein mit der Klage angegriffenen Bescheides vom 25.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.3.2009 über die Ablehnung der Befreiung von der Versicherungspflicht. Die Nichtanwendbarkeit des § 96 Abs 1 SGG schließt es aber nicht aus, dass diese Bescheide im Wege einer (gewillkürten) Klageänderung nach § 99 Abs 1 iVm Abs 2 SGG zum Gegenstand eines anhängigen Prozesses gemacht werden, wenn sich die übrigen Beteiligten - wie hier - in der mündlichen Verhandlung darauf eingelassen haben(vgl BSG Urteil vom 7.2.2012 - B 13 R 85/09 R - SozR 4-1200 § 52 Nr 5, RdNr 35 und vom 20.3.1996 - 6 RKa 51/95 - BSGE 78, 98, 103 = SozR 3-2500 § 87 Nr 12 S 38 f).

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Nach Aussetzung des Verfahrens vor dem SG wurde das noch fehlende Widerspruchsverfahren nachgeholt. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.6.2014 hat die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 16.7.2007, soweit ihm nicht durch die Bescheide vom 11.4.2012 und vom 14.11.2013 abgeholfen worden ist, zurückgewiesen. Damit liegen alle, auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen vor.

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B. Für die von den Vorinstanzen ausgeurteilten Zeiten vom 1.6.2007 bis 31.12.2007 und vom 1.1.2009 bis 30.6.2009 kommt ein Anspruch des Klägers auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht als sog arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger nach § 6 Abs 1a S 1 Nr 1 SGB VI(idF von Art 2 Nr 2 des Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit vom 20.12.1999, BGBl I 2) grundsätzlich in Betracht. Danach werden von der Versicherungspflicht befreit Personen, die nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI versicherungspflichtig sind, für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 S 1 Nr 9 SGB VI erfüllen. Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an (§ 6 Abs 4 SGB VI idF von Art 1 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung - Rentenreformgesetz 1992 - vom 18.12.1989, BGBl I 2261).

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I. Als einzige tatbestandsmäßige Voraussetzung von § 6 Abs 1a S 1 Nr 1 SGB VI ist die Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI durch die entsprechenden Regelungen in den Bescheiden vom 16.7.2007 aufgrund ihrer Tatbestandswirkungen im Verhältnis der Beteiligten und für die Gerichte verbindlich geklärt. Eine weitere Prüfung ist damit weder zulässig noch erforderlich. Der Streit der Beteiligten betrifft folgerichtig allein die Rechtsfolge des § 6 Abs 1a S 1 Nr 1 SGB VI und dort die Frage nach dem Beginn des für eine Befreiung äußerstenfalls in Betracht kommenden Zeitraums. Der Normwortlaut der Nr 1 "für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt", gibt entgegen der Auffassung des LSG weder Anlass, auch insofern den Eintritt von Versicherungspflicht zu verlangen, noch rechtfertigt er entgegen der Revision ein Verständnis, demzufolge bereits die bloße Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit genügen könnte.

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1. Generell ergibt sich Versicherungspflicht erst aus der Zusammenschau einer Mehrheit normativer Anordnungen und kann erst dann bejaht werden, wenn neben den Voraussetzungen eines die Versicherungspflicht anordnenden Grundtatbestandes nicht gleichzeitig gesetzliche Tatbestands- oder Rechtsfolgenreduktionen eingreifen, Regelungen zur Versicherungsfreiheit einschlägig sind, oder eine im Einzelfall vorrangige Befreiung zu beachten ist. Eine derartige vom Grundtatbestand des § 2 S 1 Nr 9 SGB VI ausgehende - hiermit aber nicht endende - umfassende Prüfung der Versicherungspflicht erfordert § 6 Abs 1a S 1 SGB VI lediglich als tatbestandsmäßige Voraussetzung eines Befreiungsanspruchs ("Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind …"). Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Norm (vgl bereits BSGE 95, 238, 243 = SozR 4-2600 § 2 Nr 5, RdNr 22)und daraus, dass rechtlich und sprachlogisch eine "Befreiung" nur beim Bestehen von Versicherungspflicht in Betracht kommen kann (so auch die stRspr des BSG, etwa Urteil vom 24.11.2005 - B 12 RA 9/03 R - SozR 4-2600 § 6 Nr 5 RdNr 16 und BSG Urteil vom 28.6.1990 - 4 RA 12/90 - Juris RdNr 16). Dagegen nimmt das Gesetz für den Beginn des Dreijahreszeitraums auf der Rechtsfolgenseite lediglich die "Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9" in Bezug, verweist also auf die tatbestandlichen Voraussetzungen allein dieser Norm und fordert weder eine darüber hinausgehende "Versicherungspflicht" noch lässt es bereits die bloße Aufnahme einer von dieser Norm nicht erfassten selbstständigen Tätigkeit genügen.

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2. Dass der Kläger versicherungspflichtig nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI ist, ist durch die entsprechenden Regelungen in den Bescheiden vom 16.7.2007 aufgrund ihrer Tatbestandswirkungen im Verhältnis der Beteiligten und für die Gerichte verbindlich geklärt. Der Kläger hat gegen die Feststellung der Versicherungspflicht ab dem 1.7.2006 keinen Widerspruch erhoben. Dies ergibt sich aus dem Vorbringen des Klägers in seinem Widerspruch vom 6.8.2007. Für den Inhalt eines Antrages ist maßgebend, wie ihn die Behörde unter Berücksichtigung aller erkennbaren Umstände sowie nach Treu und Glauben zu verstehen hat (vgl BSG Urteil vom 30.10.2014 - B 5 R 8/14 R - BSGE 117, 192 = SozR 4-1500 § 163 Nr 7 RdNr 34). Der Kläger führte in seinem Schreiben aus, er widerspreche dem "Bescheid zur Zahlung der Rentenversicherungsbeiträge" und bitte "um nochmalige Prüfung des Zeitpunktes der Zahlungspflicht". Über diesen Widerspruch, gerichtet gegen die Beitragsfestsetzung, hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.6.2014 entschieden. Der im Widerspruch vom 6.8.2007 enthaltene weitere Vortrag enthält kein Rechtsschutzgesuch in Form eines Widerspruchs, sondern einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht. Deren weitere Prüfung ist damit weder zulässig noch erforderlich.

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II. Die Zeiträume für eine Befreiung des Klägers von der Rentenversicherungspflicht vom 1.6.2007 bis 31.12.2007 und vom 1.1.2009 bis 30.6.2009 lagen noch innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 S 1 Nr 9 SGB VI erfüllt(dazu 1.). Aufgrund der Feststellungen des LSG vermag der Senat jedoch nicht abschließend zu beurteilen, ob - wie vom LSG entschieden - im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ein Befreiungsantrag des Klägers bereits mit Datum vom 1.6.2007 anzunehmen oder ein solcher erst später gestellt worden ist (dazu 2.).

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1. Der Dreijahreszeitraum einer möglichen Befreiung beginnt vorliegend mit der Erfüllung auch der negativen Tatbestandsvoraussetzung des § 2 S 1 Nr 9a SGB VI "… im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen …" am 1.7.2006 und endet am 30.6.2009 (§ 187 Abs 2 S 1 BGB, § 188 Abs 2 BGB iVm § 26 Abs 1 SGB X). Innerhalb dieses Zeitraums kann der Kläger für Zeiten einer gleichzeitigen Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI und damit für die beiden vorliegend streitigen Zeiträume ungeachtet des Umstandes befreit werden, dass beide einen mehrjährigen Abstand zur erstmaligen Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit als Handelsvertreter aufweisen. Der Begriff der "Existenzgründungsphase", auf den sich die Beklagte unter Bezugnahme auf die Materialien beruft, ist vorliegend nur insofern einschlägig, als er in § 6 Abs 1a S 1 Nr 1 SGB VI eine normative Ausgestaltung gefunden hat und bestimmt nicht etwa umgekehrt den Regelungsgehalt dieser Norm. Ein weiterer Befreiungszeitraum nach § 6 Abs 1a S 2 SGB VI kommt vorliegend nicht in Betracht, weil die selbstständige Tätigkeit des Klägers ausgehend von den bindenden Feststellungen des LSG mit dem bloßen Wechsel zu einem anderen Auftraggeber am 1.1.2007 keine relevante Änderung des Geschäftszwecks erfahren hat und es sich damit nach der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung in S 4 aaO nicht um eine "2. selbständige Tätigkeit" handelt.

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a) Schon die Gesetzesbindung der Verwaltung und der Gerichte verbietet es, den Befreiungszeitraum statt "mit der erstmaligen Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt," bereits mit der erstmaligen Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit beginnen und den erläuternden Relativsatz unberücksichtigt zu lassen. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 6 Abs 1a S 1 Nr 1 SGB VI werden von der Versicherungspflicht befreit Personen, die nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI versicherungspflichtig sind, für einen Zeitraum von drei Jahren "nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 S 1 Nr 9 SGB VI erfüllt".

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Wäre der maßgebliche Beginn des Befreiungszeitraums von drei Jahren die erstmalige Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit als solcher, dh hier der Beginn der Tätigkeit des Klägers zur Vermittlung von Versicherungen und Finanzdienstleistungen der A. AG am 1.12.2003, hätte als Gesetzeswortlaut "nach erstmaliger Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit" als abschließende Formulierung genügt. Der Gesetzgeber hat jedoch einen Relativsatz angefügt und an die erstmalige Aufnahme nur einer solchen selbstständigen Tätigkeit angeknüpft, "die die Merkmale des § 2 S 1 Nr 9 SGB VI erfüllt". Damit wird - entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten - im Wortlaut unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass der mögliche Befreiungszeitraum erst beginnt, wenn der (Grund-)Tatbestand der Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI vollständig erfüllt ist.

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Der Beklagten ist zuzugestehen, dass auch der Zeitraum "von drei Kalenderjahren nach dem Jahr der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit," für den nach § 165 Abs 1 S 2 SGB VI grundsätzlich ein Arbeitseinkommen in Höhe von 50 vH der Bezugsgröße als beitragspflichtige Einnahmen anzusetzen sind, nicht den Eintritt von Versicherungspflicht aufgrund der in Frage stehenden selbstständigen Tätigkeit voraussetzt(BSG Urteil vom 10.12.1998 - B 12 RJ 2/98 R - SozR 3-2600 § 165 Nr 1 RdNr 15). Indessen ergibt sich auch aus dieser Entscheidung nicht etwa, dass der Drei-Jahres-Zeitraum des § 165 Abs 1 S 2 SGB VI ausgehend von einer Tätigkeit hätte bestimmt werden können, die nicht den Grundtatbestand der Versicherungspflicht(dort: § 1 Abs 1 S 1 des Handwerkerversicherungsgesetzes in der bis 31.12.1991 geltenden Fassung) erfüllte. Insofern ergibt sich kein Unterschied zur vorliegenden Fragestellung.

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b) Die Gesetzesmaterialien geben keinen durchgreifenden Hinweis auf ein anderes Verständnis der hier in Frage stehenden Regelung. Nach dem Gesetzentwurf soll § 6 Abs 1a S 1 Nr 1 SGB VI eine vorübergehende Befreiung in der "Existenzgründungsphase" ermöglichen und es dem Selbstständigen ermöglichen, seine finanziellen Mittel auf den Aufbau des Betriebes zu konzentrieren(vgl Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 14/1855, S 9). Die Materialien gehen dabei von der Annahme aus, dass der Existenzgründer bereits mit der Aufnahme seiner Tätigkeit versicherungspflichtig nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI ist. Dies ist - wie der Sachverhalt vorliegend zeigt - jedoch nicht zwingend der Fall. Deshalb ist auch in dem Gesetzentwurf ausdrücklich ausgeführt, der Beginn des Dreijahreszeitraums richte sich nach der erstmaligen Erfüllung der Merkmale des § 2 S 1 Nr 9 SGB VI (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 14/1855, S 9).

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Der Beklagten ist ebenfalls zuzugestehen, dass auch die weitere Gesetzesbegründung, wonach das Befreiungsrecht für die Übergangszeit auch Personen zustehen sollte, die sich bereits vor dem 1.1.1999, dh vor Inkrafttreten der Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI, selbstständig gemacht haben, dies allerdings nur "soweit der Dreijahreszeitraum nach Aufnahme der selbständigen Tätigkeit nicht überschritten ist"(vgl Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 14/1855, S 9), mit dem Erfordernis einer Versicherungspflicht am Beginn des Befreiungszeitraums kaum vereinbar wäre. Auch wenn eine Versicherungspflicht vor dem (rückwirkenden) Inkrafttreten von § 2 S 1 Nr 9 SGB VI(idF von Art 2 Nr 1 Buchst a des Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit vom 20.12.1999, BGBl I 2) nicht begründet werden konnte, lässt sich jedoch auch eine vor dem 1.1.1999 ausgeübte Tätigkeit ohne Weiteres unter das Tatbestandsmerkmal "Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt" subsumieren.

30

c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 6 Abs 1a S 3 SGB VI(idF von Art 4 Nr 4 des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002, BGBl I 4621).

31

Hiernach gilt Folgendes: Tritt nach Ende einer Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 10 SGB VI eine Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI ein, wird die Zeit, in der die dort genannten Merkmale bereits vor dem Eintritt der Versicherungspflicht nach dieser Vorschrift vorgelegen haben, auf den in S 1 Nr 1 genannten Zeitraum nicht angerechnet. Nach § 2 S 1 Nr 10 SGB VI(idF von Art 4 Nr 1 des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002, BGBl I 4622, aufgehoben mWv 1.4.2012 durch Art 9 Nr 1 Buchst a Doppelbuchst bb Gesetz vom 20.12.2011, BGBl I 2854) waren Personen für die Dauer des Bezugs eines Existenzgründungszuschusses nach § 421l SGB III versicherungspflichtig. Nach § 2 S 1 Nr 1 bis 9 SGB VI war nicht versicherungspflichtig, wer in dieser Tätigkeit nach S 1 Nr 10 versicherungspflichtig war(§ 2 S 2 SGB VI idF von Art 4 Nr 1 des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002, BGBl I 4622). Die frühere Regelung in § 2 S 2 SGB VI, wonach die Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 10 SGB VI der Versicherungspflicht nach den Tatbeständen des § 2 S 1 Nr 1 bis 9 SGB VI vorging, war deshalb erforderlich, weil eine Tätigkeit zugleich sowohl die Merkmale von § 2 S 1 Nr 10 SGB VI als auch die Merkmale des § 2 S 1 Nr 9 SGB VI erfüllen konnte. § 6 Abs 1a S 3 SGB VI sollte deshalb Existenzgründern einer "Ich-AG", die aufgrund des Bezugs des Existenzgründungszuschusses versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung waren, nach Fortfall dieser Versicherungspflicht das Befreiungsrecht nach § 6 Abs 1a S 1 Nr 1 SGB VI auch dann in vollem Umfang erhalten, wenn der Existenzgründer schon während der Zeit, in der für ihn Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 10 SGB VI bestanden hat, "die Merkmale des § 2 S 1 Nr 9 SGB VI erfüllt hat"(vgl Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/26, S 27). Dass auch in derartigen Fällen Versicherungspflicht auf der Grundlage von § 2 S 1 Nr 9 SGB VI nicht bereits am Beginn des Befreiungszeitraums bestanden haben kann, ergibt sich bei dieser Sachlage ohne Weiteres schon deshalb, weil S 3 tatbestandsmäßig gerade eine zeitliche Aufeinanderfolge der in Frage stehenden Versicherungspflichten voraussetzt. Wohl aber begegnet eine zeitliche Parallelität von Umständen, die die Voraussetzungen von § 2 S 1 Nr 9 SGB VI erfüllen und einer Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 10 SGB VI aF keinen rechtlichen Hindernissen. Auch die Sonderregelung in § 6 Abs 1a S 3 SGB VI bildet damit die unterschiedlichen Anknüpfungssachverhalte des § 6 Abs 1a S 1 SGB VI - Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI einerseits und Erfüllung der Voraussetzungen dieser Norm andererseits - gerade exakt ab und konfundiert sie nicht etwa.

32

d) Ein anderes Ergebnis folgt schließlich entgegen der Argumentation der Beklagten auch nicht daraus, dass selbstständig Tätige, die - wie der Kläger - erst Jahre nach Beginn ihrer Selbstständigkeit versicherungspflichtig nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI werden, die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs 1a S 1 Nr 1 SGB VI für diesen späten Zeitraum beanspruchen können, obwohl sie sich nicht mehr in der besonderen Situation der "eigentlichen Existenzgründungsphase" befinden, sodass weder Mehrfachversicherungen (neben einer daneben noch bestehenden Versicherungspflicht wegen Beschäftigung) noch wirtschaftliche Schwierigkeiten während der Existenzgründungsphase bestehen können.

33

Der Gesetzgeber hat jedoch darauf verzichtet, für den konkreten Zusammenhang einen Rechtsbegriff der Existenzgründungsphase in einem von der Beklagten bevorzugten weiten Sinn auszugestalten. Ebenso fehlt es an einem allgemeinen Rechtsbegriff der Existenzgründungsphase. Soweit die sog Materialien das Befreiungsrecht der nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI Versicherungspflichtigen dennoch hiermit in Zusammenhang bringen, kann es folglich nicht um eine Existenzgründungsphase in Bezug auf die Aufnahme einer beliebigen, rechtlich irrelevanten, selbstständigen Tätigkeit, sondern einzig um die Anfangsphase einer tatbestandlich gerade § 2 S 1 Nr 9 SGB VI unterfallenden Tätigkeit gehen. Allein ein derartiges Verständnis trägt - wie dargelegt - dem Wortlaut von § 6 Abs 1a S 1 Nr 1 SGB VI wie dessen Funktion gerade im Blick auf eine auf § 2 S 1 Nr 9 SGB VI gründende Versicherungspflicht Rechnung. Im Ergebnis muss folglich genügen, dass die Befreiung von der Versicherungspflicht in Fällen der vorliegenden Art den von dieser Norm Erfassten vorübergehend gerade in Bezug auf diese Tätigkeit Gestaltungs- und Vorsorgefreiheit belässt und ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gleichzeitig erforderlich, dass - zumindest typisierend - Probleme des Übergangs von einer abhängigen Beschäftigung zu einer selbstständigen Tätigkeit behoben werden. Erst recht kommt es nicht auf eine individuelle Schutzbedürftigkeit der Betroffenen an. Wird diese schon von § 2 S 1 Nr 9 SGB VI nicht vorausgesetzt, weil sie allein auf der Erfüllung des formalen gesetzlichen Tatbestandes beruht, in dem nach Auffassung des Gesetzgebers die soziale Schutzbedürftigkeit typisierend verkörpert ist(BSG Urteil vom 4.11.2009 - B 12 R 7/08 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 13 RdNr 23), kann es auf die konkrete Situation auch nicht zur Begründung des Befreiungstatbestandes ankommen.

34

2. Der Senat kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des LSG nicht beurteilen, wann der Kläger den für den konkreten Beginn der Befreiung maßgeblichen Antrag (§ 6 Abs 4 S 1 SGB VI)gestellt hat bzw rechtlich so zu behandeln ist, als habe er einen wirksamen Antrag gestellt. Insbesondere fehlt es im Zusammenhang eines grundsätzlich auch hier in Betracht kommenden sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs an weiteren Feststellungen zum Inhalt des Telefonats vom 1.6.2007 und dessen näheren Umständen. Abhängig vom Ergebnis der weiteren Sachaufklärung kämen mehrere weitere Zeitpunkte einer - von der Beklagten offen gelassenen - Antragstellung in Betracht.

35

a) Der Senat kann anhand der vom LSG festgestellten Tatsachen nicht abschließend beurteilen, ob die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs hier erfüllt sind. Dessen (im Wesentlichen dreigliedriger) Tatbestand fordert zunächst das Vorliegen einer Pflichtverletzung, die dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnen ist. Dadurch muss beim Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden eingetreten sein. Schließlich muss durch Vornahme einer Amtshandlung des Trägers der Zustand wiederhergestellt werden können, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht erfolgt wäre (vgl BSG Urteil vom 3.4.2014 - B 5 R 5/13 R - SozR 4-2600 § 137b Nr 1, RdNr 37 mwN; BSGE 92, 182 = SozR 4-6940 Art 3 Nr 1, RdNr 25; BSGE 96, 44 = SozR 4-1300 § 27 Nr 2 RdNr 28).

36

Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch kommt insbesondere in Betracht, wenn ein Leistungsträger durch Verletzung einer ihm aus dem Sozialleistungsverhältnis obliegenden Haupt- oder Nebenpflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung, nachteilige Folgen für die Rechtsposition des Betroffenen herbeigeführt hat und diese Rechtsfolgen durch ein rechtmäßiges Verwaltungshandeln wieder beseitigt werden können (stRspr vgl Senatsurteil vom 5.4.2000 - B 5 RJ 50/98 R - SozR 3-1200 § 14 Nr 29, S 95 mwN; BSG Urteil vom 17.8.2000 - B 13 RJ 87/98 R). Demgemäß ist ein Herstellungsanspruch von der Rechtsprechung des BSG bejaht worden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: (1) Vorliegen einer Pflichtverletzung, die sich der Sozialleistungsträger im Verhältnis zum Berechtigten zurechnen lassen muss, (2) Eintritt eines rechtlichen Schadens beim Berechtigten, (3) Kausalzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem Schadenseintritt und (4) Möglichkeit der Herstellung des Zustands, der ohne die Pflichtverletzung eingetreten wäre (stRspr - vgl mwN BSG SozR 4-2600 § 4 Nr 2, RdNr 21).

37

Zwar ist es zur Annahme einer fehlerhaften Verletzung der Auskunfts- und Beratungspflicht ausreichend, dass überhaupt nicht auf einen erkennbaren Beratungsbedarf eingegangen und der Hinweis unterlassen wurde, dass auch etwas unternommen werden müsse (vgl BSG aaO RdNr 26). Entsprechende Feststellungen des LSG dazu jedoch fehlen. Zum Inhalt des Telefonats am 1.6.2007 stellte das LSG lediglich fest, der Kläger habe mitgeteilt, er habe vom 1.12.2003 bis 31.12.2006 einen rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt. Weitere Feststellungen zum Inhalt dieses Telefonats fehlen. Diese wären aber insbesondere im Hinblick darauf erforderlich gewesen, dass der Kläger mit dem Hinweis auf die Beschäftigung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers Umstände vortrug, die die Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI bereits ausschlossen. Auch wurde das Telefonat zu einem Zeitpunkt geführt, zu dem die Prüfung einer Versicherungspflicht ab 1.12.2003 durch die Beklagte noch nicht abgeschlossen war. Nur kurz zuvor hatte diese mit Schreiben an den Kläger vom 25.5.2007 um weitere Angaben für die Erteilung des Bescheides über die Versicherungspflicht gebeten. Ob auch vor diesem Hintergrund zum Zeitpunkt des Telefongesprächs am 1.6.2007 bereits ein Beratungsbedürfnis des Klägers bestand, lässt sich ohne entsprechende weitere Feststellungen des LSG nicht bestimmen.

38

b) Sollte das LSG nach näheren Feststellungen zum Inhalt des Telefonats am 1.6.2007 zu dem Ergebnis kommen, dass die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht gegeben sind, wird es im weiteren zu prüfen haben, ob ggf ein entsprechender Befreiungsantrag erstmals im Widerspruch vom 6.8.2007 oder erst im Widerspruch vom 20.11.2007 formuliert wurde. Die Beklagte selbst hat den maßgeblichen Zeitpunkt des Befreiungsantrags im Übrigen offen gelassen, indem sie mit Bescheid vom 25.1.2008 den "Antrag vom 06.08.2007 in Verbindung mit 20.11.2007" ablehnte.

39

C. Nachdem der Senat auf der Grundlage der vom LSG festgestellten Tatsachen nicht abschließend beurteilen kann, ab welchem Zeitpunkt eine von der Beklagten zu erteilende Befreiung wirkt (§ 6 Abs 4 SGB VI), kann auch nicht entschieden werden, ob und ggf für welche Zeiträume der Kläger Beiträge nach §§ 173, 169 Nr 1 SGB VI zu tragen und zu zahlen hat.

40

Die Kostenentscheidung bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung des LSG vorbehalten.

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(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. (2) Ist der Beginn

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(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. (2) Eine Abschrift des neuen Ver

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 188 Fristende


(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist. (2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Fa

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(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. (2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änd

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(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit1.Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öff

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Versicherungspflichtig sind selbständig tätige 1. Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,2. Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglin

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(1) Für die Berechnung von Fristen und für die Bestimmung von Terminen gelten die §§ 187 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend, soweit nicht durch die Absätze 2 bis 5 etwas anderes bestimmt ist. (2) Der Lauf einer Frist, die von einer B

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(1) Beitragspflichtige Einnahmen sind 1. bei selbständig Tätigen ein Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße, bei Nachweis eines niedrigeren oder höheren Arbeitseinkommens jedoch dieses Arbeitseinkommen, mindestens jedoch das Zwölffache der am 1. Ja

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Die Beiträge werden getragen 1. bei selbständig Tätigen von ihnen selbst,2. bei Künstlern und Publizisten von der Künstlersozialkasse,3. bei Hausgewerbetreibenden von den Versicherten und den Arbeitgebern je zur Hälfte,4. bei Hausgewerbetreibenden, d

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Die Beiträge sind, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist, von denjenigen, die sie zu tragen haben (Beitragsschuldner), unmittelbar an die Träger der Rentenversicherung zu zahlen.

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(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Versicherungspflichtig sind selbständig tätige

1.
Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
2.
Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
3.
Hebammen und Entbindungspfleger,
4.
Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen,
5.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
6.
Hausgewerbetreibende,
7.
Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen,
8.
Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 der Handwerksordnung sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 der Handwerksordnung außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt,
9.
Personen, die
a)
im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
b)
auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Als Arbeitnehmer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gelten
1.
auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,
2.
nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,
3.
für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Versicherungspflichtig sind selbständig tätige

1.
Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
2.
Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
3.
Hebammen und Entbindungspfleger,
4.
Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen,
5.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
6.
Hausgewerbetreibende,
7.
Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen,
8.
Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 der Handwerksordnung sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 der Handwerksordnung außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt,
9.
Personen, die
a)
im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
b)
auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Als Arbeitnehmer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gelten
1.
auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,
2.
nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,
3.
für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Versicherungspflichtig sind selbständig tätige

1.
Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
2.
Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
3.
Hebammen und Entbindungspfleger,
4.
Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen,
5.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
6.
Hausgewerbetreibende,
7.
Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen,
8.
Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 der Handwerksordnung sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 der Handwerksordnung außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt,
9.
Personen, die
a)
im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
b)
auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Als Arbeitnehmer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gelten
1.
auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,
2.
nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,
3.
für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(1) Beitragspflichtige Einnahmen sind

1.
bei selbständig Tätigen ein Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße, bei Nachweis eines niedrigeren oder höheren Arbeitseinkommens jedoch dieses Arbeitseinkommen, mindestens jedoch das Zwölffache der am 1. Januar des jeweiligen Kalenderjahres geltenden Geringfügigkeitsgrenze,
2.
bei Seelotsen das Arbeitseinkommen,
3.
bei Künstlern und Publizisten das voraussichtliche Jahresarbeitseinkommen (§ 12 Künstlersozialversicherungsgesetz), mindestens jedoch 3 900 Euro, wobei Arbeitseinkommen auch die Vergütung für die Verwertung und Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke oder Leistungen sind,
4.
bei Hausgewerbetreibenden das Arbeitseinkommen,
5.
bei Küstenschiffern und Küstenfischern das in der Unfallversicherung maßgebende beitragspflichtige Arbeitseinkommen.
Beitragspflichtige Einnahmen sind bei selbständig Tätigen abweichend von Satz 1 Nr. 1 bis zum Ablauf von drei Kalenderjahren nach dem Jahr der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit ein Arbeitseinkommen in Höhe von 50 vom Hundert der Bezugsgröße, auf Antrag des Versicherten jedoch ein Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße. Für den Nachweis des von der Bezugsgröße abweichenden Arbeitseinkommens nach Satz 1 Nummer 1 sind die sich aus dem letzten Einkommensteuerbescheid für das zeitnaheste Kalenderjahr ergebenden Einkünfte aus der versicherungspflichtigen selbständigen Tätigkeit so lange maßgebend, bis ein neuer Einkommensteuerbescheid vorgelegt wird; wurden diese Einkünfte nicht während des gesamten Kalenderjahres erzielt, sind sie auf ein Jahresarbeitseinkommen hochzurechnen. Das nach Satz 3 festgestellte Arbeitseinkommen ist mit dem Vomhundertsatz zu vervielfältigen, der sich aus dem Verhältnis des vorläufigen Durchschnittsentgelts (Anlage 1) für das Kalenderjahr, für das das Arbeitseinkommen nachzuweisen ist, zu dem Durchschnittsentgelt (Anlage 1) für das maßgebende Veranlagungsjahr des Einkommensteuerbescheides ergibt. Übersteigt das nach Satz 4 festgestellte Arbeitseinkommen die Beitragsbemessungsgrenze des nachzuweisenden Kalenderjahres, wird ein Arbeitseinkommen in Höhe der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze so lange zugrunde gelegt, bis sich aus einem neuen Einkommensteuerbescheid niedrigere Einkünfte ergeben. Der Einkommensteuerbescheid ist dem Träger der Rentenversicherung spätestens zwei Kalendermonate nach seiner Ausfertigung vorzulegen. Statt des Einkommensteuerbescheides kann auch eine Bescheinigung des Finanzamtes vorgelegt werden, die die für den Nachweis des Arbeitseinkommens erforderlichen Daten des Einkommensteuerbescheides enthält. Änderungen des Arbeitseinkommens werden vom Ersten des auf die Vorlage des Bescheides oder der Bescheinigung folgenden Kalendermonats, spätestens aber vom Beginn des dritten Kalendermonats nach Ausfertigung des Einkommensteuerbescheides, an berücksichtigt. Ist eine Veranlagung zur Einkommensteuer aufgrund der versicherungspflichtigen selbständigen Tätigkeit noch nicht erfolgt, ist für das Jahr des Beginns der Versicherungspflicht ein Jahresarbeitseinkommen zugrunde zu legen, das sich aus den vom Versicherten vorzulegenden Unterlagen ergibt. Für die Folgejahre ist Satz 4 sinngemäß anzuwenden.

(1a) Abweichend von Absatz 1 Satz 3 ist auf Antrag des Versicherten vom laufenden Arbeitseinkommen auszugehen, wenn dieses im Durchschnitt voraussichtlich um wenigstens 30 vom Hundert geringer ist als das Arbeitseinkommen nach Absatz 1 Satz 3. Das laufende Arbeitseinkommen ist durch entsprechende Unterlagen nachzuweisen. Änderungen des Arbeitseinkommens werden vom Ersten des auf die Vorlage der Nachweise folgenden Kalendermonats an berücksichtigt. Das festgestellte laufende Arbeitseinkommen bleibt solange maßgebend, bis der Einkommensteuerbescheid über dieses Veranlagungsjahr vorgelegt wird und zu berücksichtigen ist. Für die Folgejahre ist Absatz 1 Satz 4 sinngemäß anzuwenden. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für Küstenschiffer und Küstenfischer, wenn das laufende Arbeitseinkommen im Durchschnitt voraussichtlich um wenigstens 30 vom Hundert geringer ist als das Arbeitseinkommen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5. Das für Küstenschiffer und Küstenfischer festgestellte laufende Arbeitseinkommen bleibt für ein Jahr maßgebend. Für die Folgejahre sind die Sätze 6 und 7 erneut anzuwenden.

(1b) Bei Künstlern und Publizisten wird für die Dauer des Bezugs von Elterngeld oder Erziehungsgeld oder für die Zeit, in der Erziehungsgeld nur wegen des zu berücksichtigenden Einkommens nicht bezogen wird, auf Antrag des Versicherten das in diesen Zeiten voraussichtlich erzielte Arbeitseinkommen, wenn es im Durchschnitt monatlich 325 Euro übersteigt, zugrunde gelegt.

(2) Für Hausgewerbetreibende, die ehrenamtlich tätig sind, gelten die Regelungen für Arbeitnehmer, die ehrenamtlich tätig sind, entsprechend.

(3) Bei Selbständigen, die auf Antrag versicherungspflichtig sind, gelten als Arbeitseinkommen im Sinne von § 15 des Vierten Buches auch die Einnahmen, die steuerrechtlich als Einkommen aus abhängiger Beschäftigung behandelt werden.

Versicherungspflichtig sind selbständig tätige

1.
Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
2.
Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
3.
Hebammen und Entbindungspfleger,
4.
Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen,
5.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
6.
Hausgewerbetreibende,
7.
Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen,
8.
Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 der Handwerksordnung sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 der Handwerksordnung außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt,
9.
Personen, die
a)
im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
b)
auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Als Arbeitnehmer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gelten
1.
auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,
2.
nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,
3.
für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben.

(3) Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden,
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird,
3.
statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.

(4) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, ist unanfechtbar.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben.

(3) Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden,
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird,
3.
statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.

(4) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, ist unanfechtbar.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 14. Oktober 2008 und der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 6. Februar 2005 geändert.
2. Auf das Anerkenntnis der Beklagten werden ihre Bescheide vom 11. und 22. Mai 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. März 2002 sowie der Bescheid vom 31. Januar 2002 aufgehoben.
3. Die Bescheide der Beklagten vom 15. Mai 2003, 2. März 2004, 15. Oktober 2004, 23. Mai 2005, 1. Juni 2007 und 9. Juni 2008 werden hinsichtlich der aufgrund der Verrechnung einbehaltenen Beträge aufgehoben.
4. Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
5. Die Beklagte hat dem Kläger sieben Achtel seiner außergerichtlichen Kosten aller Rechtszüge zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die von der Beklagten vorgenommene Verrechnung eines Teils seiner Rentenansprüche (Nachzahlung und laufende Zahlungen) mit gegen ihn gerichteten Beitrags- und Nebenforderungen des beigeladenen Unfallversicherungsträgers.

2

Der im 1937 geborene Kläger ist verheiratet. Seine Ehefrau bezieht seit Juli 2001 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) iHv (seinerzeit) 1 265,08 DM. Der von den Eheleuten für die gemeinsame Wohnung entrichtete Mietzins betrug ab Juni 2001 257,22 Euro, ab Oktober 2002 263,77 Euro und ab September 2004 247,35 Euro. Seit 2001 sind beim Kläger ein Grad der Behinderung von 50 sowie die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" festgestellt.

3

Der Kläger war seit Mai 1990 als selbstständiger Handwerksmeister mit eigener Firma in L. tätig.

4

Mit Beschluss des Amtsgerichts L. vom 5.6.1996 wurde wegen Zahlungsunfähigkeit des Klägers über dessen Vermögen das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet und mit Beschluss vom 26.9.2002 eingestellt.

5

Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 10.10.1996 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU) rückwirkend vom 1.5.1993 bis zum 31.10.1995, die allerdings aufgrund von Rehabilitationsmaßnahmen und Übergangsgeldbezug nur in der Zeit vom 29.3. bis zum 31.10.1995 zur Auszahlung kam. Seit 1.2.1996 bezog der Kläger eine Rente wegen EU auf Dauer (Bescheid vom 18.10.1996).

6

Mit Bescheiden vom 25.4.2001 stellte die Beklagte die Renten wegen BU und EU neu fest. Für die Rente wegen BU ergab sich eine Nachzahlung iHv 1 759,62 DM und für die Rente wegen EU iHv 24 727,83 DM.

7

Bereits mit Schreiben vom 23.8.1995 hatte die Beigeladene der Beklagten mitgeteilt, der Kläger schulde ihr aus seiner Mitgliedschaft "rechtswirksam festgestellte Beiträge zuzüglich Nebenforderungen (zB Säumnisgebühren, Mahngebühren, Kosten der Zwangsvollstreckung) in Höhe von derzeit 43 982,50 DM", und die Beklagte zugleich zur Verrechnung gegen Geldleistungen ermächtigt, die der Kläger jetzt oder in Zukunft erhalte.

8

Auf Anfrage der Beklagten teilte die Beigeladene mit Schreiben vom 9.5.2001 mit, dass ihre Ansprüche, derentwegen sie die Beklagte mit Schreiben vom 23.8.1995 zur Verrechnung ermächtigt hatte, "derzeit 66 635,31 DM" (= 34 070,09 Euro) betrügen, und bat die Beklagte nunmehr auf Grund der seinerzeitigen Ermächtigung um Verrechnung.

9

Die die Renten wegen BU und EU betreffenden Verrechnungen mit Bescheiden vom 11. und 22.5.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.3.2002 sowie mit Bescheid vom 31.1.2002, gegen die der Kläger beim SG Leipzig Klage erhoben hatte (S 7 RJ 285/02), sind nach dem in der Revisionsverhandlung vom 7.2.2012 erklärten Anerkenntnis der Beklagten (s hierzu Nr 2 des Entscheidungssatzes) nicht mehr streitig.

10

Mit Bescheid vom 10.5.2002 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 1.7.2002 Regelaltersrente und verrechnete einen Betrag iHv monatlich 34,76 Euro; es verblieb ein monatlicher Auszahlungsbetrag iHv 820 Euro. Den Widerspruch des Klägers gegen die Verrechnung wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 10.10.2002 zurück. Zur Begründung der Erhöhung des monatlichen Verrechnungsbetrags zum 1.7.2002 (gegenüber zuvor 20,80 Euro) führte die Beklagte aus, dass diese mit der Erhöhung des Rentenzahlbetrags aufgrund der Rentenanpassung zum 1.7.2002 einhergehe. Der Erhöhung des monatlichen Rentenzahlbetrags um 24,76 Euro auf 854,76 Euro stehe eine Erhöhung des aufgrund Verrechnung einbehaltenen Betrags von ca 14 Euro gegenüber. Im Ergebnis verbleibe dem Kläger ab 1.7.2002 mit monatlich 820 Euro ein höherer Rentenauszahlungsbetrag als bisher. Die besondere Einkommensgrenze des § 81 Abs 1 BSHG werde nicht unterschritten; der Kläger werde nicht sozialhilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des BSHG über die Hilfe zum Lebensunterhalt. Der monatliche Verrechnungsbetrag sei in Anbetracht der wirtschaftlichen Situation des Klägers auch sachgerecht. Besondere Umstände, die eine für ihn günstigere Entscheidung im Rahmen der Ermessensausübung nach § 51 Abs 2 SGB I bei der Festsetzung des Verrechnungsbetrags rechtfertigen könnten, seien nicht erkennbar. Das öffentliche Interesse an der Einbehaltung von Rententeilen zur Tilgung von Beitragsforderungen überwiege. Auch gegen diesen Bescheid hat der Kläger Klage beim SG Leipzig erhoben (S 7 RJ 558/02).

11

Das SG hat mit Beschluss vom 19.11.2004 beide Klageverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

12

Wegen "Änderungen in den Rentenberechnungsgrundlagen" ergingen in der Folgezeit weitere (Verrechnungs-)Bescheide der Beklagten. Ab 1.7.2003 erhöhte sich der Verrechnungsbetrag auf monatlich 54,91 Euro (Bescheid vom 15.5.2003), ab 1.4.2004 betrug er monatlich 49,29 Euro (Bescheid vom 2.3.2004), ab 1.12.2004 monatlich 51,16 Euro (Bescheid vom 15.10.2004), ab 1.7.2005 monatlich 46,95 Euro (Bescheide vom 23.5.2005 und 1.6.2007) und ab 1.7.2008 monatlich 58,39 Euro (Bescheid vom 9.6.2008); dabei verblieb von Juli 2007 bis Juni 2008 ein auszuzahlender Betrag iHv monatlich 814,49 Euro (Bescheid vom 1.6.2007), im Übrigen jeweils monatlich 810 Euro. Im Bescheid vom 15.5.2003 hatte die Beklagte ergänzend mitgeteilt, dass für die Ermittlung des verrechenbaren Betrags die auf volle Euro aufgerundeten Werte aus dem BSHG zugrunde gelegt worden seien. Dieser Wert werde nicht dynamisiert und betrage gegenwärtig 810 Euro. Der Bescheid vom 15.10.2004 enthielt den Hinweis, dass sich aufgrund der Senkung des Beitragssatzes zur Krankenversicherung ab dem 1.12.2004 eine höhere Nettorente ergebe (861,16 Euro). Der entstehende Differenzbetrag werde zur Tilgung der Forderung herangezogen (51,16 Euro). Im Bescheid vom 9.6.2008 hat die Beklagte mit Hinweis auf die zum 1.7.2008 durchgeführte Rentenanpassung ergänzend darauf hingewiesen, dass der monatliche Selbstbehalt des Klägers bei 810 Euro liege, sodass der "abzutrennende Betrag" sich ab 1.7.2008 auf 58,39 Euro erhöhe.

13

Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 6.1.2005 (nicht - wie im Tenor versehentlich angegeben - vom 6.2.2005) die Klagen abgewiesen.

14

Das Sächsische LSG hat mit Urteil vom 14.10.2008 die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die seit Juli 2001 von der Beklagten vorgenommene Verrechnung von Beitragsforderungen der Beigeladenen mit Rentenzahlungsansprüchen des Klägers sei rechtmäßig. Keine Bedenken bestünden gegen die Durchführung der Verrechnung durch Verwaltungsakt.

15

Die Voraussetzungen für eine Verrechnung lägen vor: Die Verrechnungsermächtigung der Beigeladenen mit Schreiben vom 23.8.1995 (aktualisiert mit Schreiben vom 9.5.2001) sei hinreichend bestimmt. Art und Umfang der Forderung seien so genau bezeichnet, dass die Beklagte in die Lage versetzt worden sei, eine substantiierte Verrechnungserklärung abzugeben.

16

Es bestehe eine Verrechnungslage. Die Forderungen der Beigeladenen seien bestandskräftig festgestellt. Gegen die entsprechenden Bescheide habe der Kläger Widerspruch nicht erhoben. Die Rentenansprüche, mit denen verrechnet worden sei, seien gleichartige Forderungen, die bindend bewilligt und fällig gewesen seien.

17

Entgegen der Ansicht des Klägers hindere das über sein Vermögen durchgeführte Gesamtvollstreckungsverfahren die Verrechnung nicht.

18

Ebenso wenig stehe der Verrechnung nach der Beendigung des Gesamtvollstreckungsverfahrens der Vollstreckungsschutz des § 18 Abs 2 S 3 Gesamtvollstreckungsordnung (GesO) entgegen. Denn diese Norm bewirke Schutz nur gegen konkrete Maßnahmen der Einzelzwangsvollstreckung, zu denen die Verrechnung nicht zähle. Zudem werde die Regelung des § 18 Abs 2 S 3 GesO - soweit wie hier mit Beitragsansprüchen verrechnet werde - durch die Sonderregelung des § 51 Abs 2 SGB I(iVm § 52 SGB I) verdrängt.

19

Der Kläger sei aufgrund der Verrechnung nicht sozialhilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des BSHG über die Hilfe zum Lebensunterhalt bzw ab Januar 2005 im Sinne der Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt geworden. Ausgehend von den im Freistaat Sachsen für den Haushaltsvorstand geltenden Regelsätzen und Mehrbedarfszuschlägen nach § 23 Abs 1 Nr 2 BSHG (bis 30.6.2002) und nach § 23 Abs 1 Nr 1 BSHG (ab 1.7.2002) sowie den auf ihn entfallenden anteiligen Unterkunftskosten von 125 Euro (inklusive Heizkosten) seien dem Kläger nach Abzug der jeweiligen Verrechnungsbeträge monatliche Geldmittel verblieben, die den Eintritt einer sozialhilferechtlichen Notlage ausschlössen. Im gesamten Verrechnungszeitraum bis zum 31.12.2004 habe er einen monatlichen Rentenauszahlungsbetrag erhalten, der seinen sozialhilferechtlichen Bedarf nach dem BSHG sogar bei bedarfssteigernder Berücksichtigung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen überstiegen habe. Nach der ab Januar 2005 geltenden Rechtslage sei der Kläger verpflichtet, nachzuweisen, dass durch die Verrechnung Bedürftigkeit nach dem SGB XII eingetreten sei. Trotz entsprechender gerichtlicher Hinweise habe er diesbezügliche Nachweise nicht vorgelegt.

20

Ermessensfehler der Beklagten seien nicht ersichtlich. Sie habe das ihr eröffnete Ermessen in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Dem öffentlichen Interesse an der Begleichung von Beitragsschulden und damit der Funktionsfähigkeit der Versicherungssysteme habe sie Vorrang vor dem privaten Interesse des Klägers an der ungeschmälerten Auszahlung seiner Rente gegeben, weil bei diesem keine außergewöhnliche soziale oder finanzielle Situation vorgelegen habe.

21

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 52 SGB I. Die Beklagte hätte die von der Beigeladenen geltend gemachten Forderungen nicht durch Verwaltungsakt mit seinen Rentenansprüchen verrechnen dürfen. Insoweit beruft er sich auf die Entscheidung des 4. Senats des BSG vom 24.7.2003 (B 4 RA 60/02 R - SozR 4-1200 § 52 Nr 1).

22
        

Auf Anfragebeschluss des erkennenden Senats vom 5.2.2009 (B 13 R 31/08 R) hat der 4. Senat mit Beschluss vom 22.9.2009 (B 4 SF 1/09 S) erklärt, er halte an seiner Auffassung fest, dass die Verrechnung nach § 52 SGB I nicht durch Verwaltungsakt erfolge. Der daraufhin vom erkennenden Senat mit Beschluss vom 25.2.2010 (B 13 R 76/09 R) angerufene Große Senat (GrS) hat durch Beschluss vom 31.8.2011 (GS 2/10 - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-1200 § 52 Nr 4 vorgesehen) entschieden:    

"Der Leistungsträger darf die Rechtsfolgen einer einseitig gegenüber dem originär Sozialleistungsberechtigten durchgeführten Verrechnung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen mit ihm obliegenden Geldleistungen nach § 52 SGB I durch Verwaltungsakt regeln."

23

Die Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, sich hierzu zu äußern.

24

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 14.10.2008 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 6.1.2005 sowie die Bescheide der Beklagten vom 11. und 22.5.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.3.2002, den Bescheid vom 31.1.2002, den Bescheid vom 10.5.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2002, die Bescheide vom 15.5.2003, 2.3.2004, 15.10.2004, 23.5.2005, 1.6.2007 und 9.6.2008 hinsichtlich der aufgrund der Verrechnung einbehaltenen Beträge aufzuheben.

25
        

In der Revisionsverhandlung am 7.2.2012, in der der Kläger nicht mehr vertreten war, hat die Beklagte das folgende Anerkenntnis abgegeben:        

        

Die Beklagte hebt folgende Bescheide hinsichtlich der aufgrund Verrechnung einbehaltenen Beträge auf:
die Bescheide vom 11. und 22.5.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.3.2002 sowie den Bescheid vom 31.1.2002.

26

Im Übrigen hat sie beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

27

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Sie sieht sich durch die Entscheidung des GrS in ihrer Rechtsauffassung zur Erklärung einer Verrechnung durch Verwaltungsakt bestätigt.

Entscheidungsgründe

28

Die zulässige Revision des Klägers ist in dem im Urteilsausspruch genannten Umfang begründet.

29

Soweit die Beklagte die Bescheide vom 11. und 22.5.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.3.2002 und den Bescheid vom 31.1.2002 hinsichtlich der aufgrund Verrechnung aus den Renten des Klägers wegen BU/EU einbehaltenen Beträge aufgehoben hat, war sie nach dem über § 202 SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbaren § 307 S 1 ZPO ihrem Anerkenntnis entsprechend - ohne weitere Sachprüfung - zu verurteilen(vgl BSG vom 12.7.1988 - SozR 6580 Art 5 Nr 4 S 10 f; BSG vom 24.07.2003 - B 4 RA 62/02 R - juris RdNr 18; Senatsurteil vom 6.5.2010 - SozR 4-1300 § 48 Nr 19 RdNr 21 mwN, stRspr).

30

Auch das Begehren des Klägers, die Bescheide der Beklagten vom 15.5.2003, 2.3.2004, 15.10.2004, 23.5.2005, 1.6.2007 und 9.6.2008 hinsichtlich der aufgrund Verrechnung für die Zeit ab 1.7.2003 aus seiner Altersrente einbehaltenen Beträge aufzuheben, hat Erfolg. Die genannten Bescheide erweisen sich insoweit als rechtswidrig. Richtige Klageart ist hier die reine Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Alt 1 SGG). Denn mit der Aufhebung der angefochtenen Verrechnungs-Verwaltungsakte steht fest, dass die verrechneten Beträge auf Grund der Rentenbewilligung an den Kläger auszuzahlen sind.

31

Im Übrigen ist die Revision des Klägers unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 10.5.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2002 ist hinsichtlich des für den Zeitraum vom 1.7.2002 bis zum 30.6.2003 aufgrund Verrechnung aus seiner Regelaltersrente jeweils einbehaltenen monatlichen Betrags iHv 34,76 Euro rechtmäßig.

32

1. Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass die Bescheide vom 15.5.2003, 2.3.2004, 15.10.2004, 23.5.2005, 1.6.2007 in entsprechender Anwendung des § 96 Abs 1 SGG in seiner bis zum 31.3.2008 geltenden und hier insoweit noch maßgeblichen Fassung (aF) Gegenstand des Verfahrens geworden sind.

33

Dem steht nicht entgegen, dass diese nicht den mit der Klage (ursprünglich) angefochtenen Bescheid vom 10.5.2002 (in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2002) abgeändert oder ersetzt hat, sondern andere Verrechnungszeiträume erfassen. Denn nach der bis zum 31.3.2008 geltenden Rechtslage hatte das BSG in ständiger Rechtsprechung eine entsprechende Anwendung des § 96 Abs 1 SGG (aF) im Interesse einer sinnvollen Anwendung der Prozessökonomie bzw eines schnellen und zweckmäßigen Verfahrens dann zugelassen, wenn der ursprüngliche Bescheid zwar nicht abgeändert oder ersetzt wurde, der spätere Bescheid aber im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses erging und ein streitiges Rechtsverhältnis regelte, das im Kern dieselbe Rechtsfrage betraf und sich an den vom ursprünglichen Bescheid erfassten Zeitraum anschloss(vgl etwa BSG vom 17.11.2005 - SozR 4-1500 § 96 Nr 4 RdNr 16 f mwN). Diese Voraussetzungen werden von den Verrechnungs-Folgebescheiden vom 15.5.2003, 2.3.2004, 15.10.2004, 23.5.2005 und 1.6.2007 erfüllt.

34

Ob auch der Bescheid vom 9.6.2008 in entsprechender Anwendung des § 96 Abs 1 SGG (aF) noch Gegenstand des Verfahrens geworden ist, kann dahingestellt bleiben. Voraussetzung hierfür wäre, dass der Kläger eine Rechtsposition erworben hätte, die ein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand einer Anwendung des § 96 SGG in seiner bis zum 31.3.2008 geltenden Fassung begründen könnte. Denn eine analoge Anwendung des § 96 SGG für nicht ändernde oder ersetzende Folgebescheide scheidet seit 1.4.2008 durch die mit Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 (BGBl I 444) neu eingeführte Fassung aus (BSG vom 16.12.2009 - B 7 AL 146/09 B - RdNr 7 f).

35

Dies bedarf hier aber keiner näheren Erörterung. Die Nichtanwendbarkeit des § 96 Abs 1 SGG schließt es nämlich nicht aus, dass ein Folgebescheid im Wege einer (gewillkürten) Klageänderung nach § 99 Abs 1 iVm Abs 2 SGG zum Gegenstand des anhängigen Prozesses gemacht wird, wenn die übrigen Beteiligten - wie hier - nicht widersprochen und sich auf die Klageerweiterung, die auch im Berufungsverfahren noch möglich ist(vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 99 RdNr 12), eingelassen haben (vgl BSG vom 21.3.1978 - SozR 4600 § 143d Nr 3 S 9 f; BSG vom 7.2.1996 - SozR 3-2500 § 85 Nr 12 S 75 f; BSG vom 20.3.1996 - BSGE 78, 98, 103 = SozR 3-2500 § 87 Nr 12 S 38 f; Leitherer, aaO, § 96 RdNr 9b, 11e).

36

Allerdings hätte das LSG über die während des Berufungsverfahrens ergangenen und Gegenstand des Verfahrens gewordenen Bescheide der Beklagten vom 23.5.2005, 1.6.2007 und 9.6.2008 nicht auf Berufung, sondern erstinstanzlich "auf Klage" entscheiden müssen (vgl BSG vom 30.1.1963 - BSGE 18, 231, 234 f = SozR Nr 17 zu § 96 SGG; BSG vom 27.1.1999 - SozR 3-2400 § 18b Nr 1 S 3; Senatsurteil vom 20.10.2010 - SozR 4-6480 Art 22 Nr 2 RdNr 23, stRspr).

37

2. Nach § 52 SGB I kann der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger - hier die Beklagte - mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers - hier der Beigeladenen - dessen Ansprüche gegen den Berechtigten - also den Kläger - mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig ist. Gemäß § 51 Abs 1 SGB I kann der zuständige Leistungsträger gegen Ansprüche auf Geldleistungen - hier auf Rentenauszahlung - mit Ansprüchen (jeder Art) gegen den Berechtigten aufrechnen, soweit die Ansprüche auf Geldleistungen nach § 54 Abs 2 und 4 SGB I pfändbar sind. Mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen und - wie hier - mit Beitragsansprüchen nach dem SGB kann der zuständige Leistungsträger nach § 51 Abs 2 SGB I gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte dadurch nicht hilfebedürftig nach den Vorschriften des BSHG über die Hilfe zum Lebensunterhalt wird (bis 31.12.2004); ab 1.1.2005 kann der zuständige Leistungsträger entsprechend aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig nach den Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II wird (§ 51 Abs 2 SGB I in der jeweiligen Fassung).

38

3. Der Bescheid der Beklagten vom 10.5.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2002 sowie ihre Bescheide vom 15.5.2003, 2.3.2004, 15.10.2004, 23.5.2005, 1.6.2007 und 9.6.2008 - jeweils über Verrechnungen mit der Regelaltersrente des Klägers - waren nicht deswegen rechtswidrig und aufzuheben, weil die Verrechnung nicht durch Verwaltungsakt hätte erfolgen dürfen. Vielmehr konnte die Beklagte die Verrechnung einseitig nur in dieser Handlungsform (und nicht durch sog öffentlich-rechtliche Willenserklärung) vornehmen (dazu unter a). Es bestand eine Verrechnungslage (dazu unter b). Die Beklagte war nicht gehindert, die Verrechnung mit Ansprüchen der Beigeladenen auf rückständige Beiträge auf unpfändbare Teile der Rentenzahlungsansprüche des Klägers zu erstrecken. Ebenso wenig stand der Verrechnung nach der Beendigung des Gesamtvollstreckungsverfahrens die Vollstreckungsbeschränkung des § 18 Abs 2 S 3 GesO entgegen(dazu unter c). Die Beklagte hat bei der mit dem Bescheid vom 10.5.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2002 durchgeführten Verrechnung das ihr gemäß § 52 iVm 51 Abs 2 SGB I zustehende Ermessen erkannt und pflichtgemäß ausgeübt(§ 39 Abs 1 SGB I). Dies gilt jedoch nicht für die weiteren streitgegenständlichen Verrechnungs-Bescheide vom 15.5.2003, 2.3.2004, 15.10.2004, 23.5.2005, 1.6.2007 und 9.6.2008; diese erweisen sich vielmehr als ermessensfehlerhaft. Denn es fehlen Ausführungen, die eine ordnungsgemäße Ermessensbetätigung erkennen lassen (dazu unter d). Dahingestellt bleiben kann, ob die letztgenannten Bescheide auch deshalb rechtswidrig sind, weil die Beklagte vor ihrem Erlass den Kläger nicht angehört (§ 24 Abs 1 SGB X) und dies auch nicht bis zum Abschluss des LSG-Verfahrens nachgeholt hat (§ 41 Abs 1 Nr 3 iVm Abs 2 SGB X; dazu unter e). Der Kläger ist durch die mit Bescheid vom 10.5.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2002 für den Zeitraum vom 1.7.2002 bis zum 30.6.2003 vorgenommene Verrechnung mit einem monatlichen Einbehalt iHv 34,76 Euro bei einem verbleibenden Rentenauszahlungsbetrag iHv 820 Euro nicht hilfebedürftig nach den hier noch maßgeblichen Bestimmungen des BSHG zur laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt geworden (dazu unter f).

39

a) Die Beklagte war berechtigt, auf die Verrechnungsermächtigung der Beigeladenen vom 23.8.1995, in der Forderungshöhe aktualisiert mit Schreiben vom 9.5.2001, deren Beitrags- und Nebenforderungen iHv insgesamt 66 635,31 DM (= 34 070,09 Euro) mit Rentenansprüchen des Klägers durch Verwaltungsakt (§ 31 S 1 SGB X) zu verrechnen (dazu unter aa). Die Verrechnungs-Verwaltungsakte waren auch inhaltlich hinreichend bestimmt iS des § 33 Abs 1 SGB X(dazu unter bb).

40

aa) Die Beklagte hat die Verrechnung zu Recht durch Verwaltungsakt geregelt (vgl BSG - GrS - vom 31.8.2011 - GS 2/10 - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-1200 § 52 Nr 4 vorgesehen - RdNr 15 ff).

41

(1) Nach § 31 S 1 SGB X ist ein "Verwaltungsakt … jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist". Die Regelung eines Einzelfalls mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen liegt bei einem Verrechnungs-Bescheid darin, dass die durch sie erklärte Verrechnung eine unmittelbare Wirkung auf den Auszahlungsanspruch des Berechtigten (hier des Klägers) hat, diesen nämlich hinsichtlich der im Rentenbescheid festgelegten Art und Weise der Erfüllung (dh - wie in der Regel, vgl § 47 SGB I - durch Überweisung auf das dort benannte Konto des Empfängers bei einem Geldinstitut) modifiziert(vgl § 48 Abs 1 S 1 SGB X) und zum Erlöschen bringt, soweit die Verrechnung reicht und wirksam wird (Vorlagebeschluss des Senats vom 25.2.2010 - B 13 R 76/09 R - RdNr 17; BSG - GrS - vom 31.8.2011 - aaO - RdNr 15). Das Tatbestandsmerkmal "auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts" in § 31 S 1 SGB X ist erfüllt, weil § 52 SGB I eine spezifische Gestaltung von Rechtsbeziehungen zwischen Leistungsempfängern und Sozialleistungsträgern durch mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattete Leistungsträger (wie die Beklagte) ermöglicht. Die Erklärung einer Verrechnung nach § 52 SGB I enthält schließlich eine hoheitliche Maßnahme, also eine einseitige behördliche Handlung, die nur dem Sozialleistungsträger, nicht aber ihrem Adressaten - dem Sozialleistungsempfänger - in dieser Form ihrer Art nach zusteht(vgl Vorlagebeschluss des Senats vom 25.2.2010 - aaO; BSG - GrS - vom 31.8.2011 - aaO). Im Übrigen ist - anders als im Zivilrecht - nach dem SGB I die Verrechnung (§ 52 SGB I) ebenso wie die Aufrechnung (§ 51 SGB I) nicht nur davon abhängig, dass sich der verrechnende (aufrechnende) Leistungsträger hierfür frei entscheidet und dies erklärt. Vielmehr ist ihre Ausübung an die Betätigung pflichtgemäßen Ermessens gebunden (§ 52 iVm § 51 Abs 1 Halbs 1, Abs 2 Halbs 1 SGB I: "kann") und zudem gemäß § 51 Abs 1 Halbs 2 SGB I an die Pfändbarkeit der Geldleistungen bzw gemäß § 51 Abs 2 SGB I an die Höhenbegrenzung (bis zur Hälfte der laufenden Geldleistungen) sowie das Nichteintreten von Hilfebedürftigkeit aufgrund der Verrechnung (Aufrechnung).

42

(2) Auch der Gesetzgeber sieht in der Durchführung einer Verrechnung nach § 52 SGB I einen Verwaltungsakt. Dies ergibt sich aus der Regelung des § 24 Abs 2 Nr 7 SGB X, die durch das Zweite Gesetz zur Änderung des SGB vom 13.6.1994 (BGBl I 1229) mit Wirkung ab 18.6.1994 eingefügt wurde. Spätestens mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber klarstellend von seiner Befugnis Gebrauch gemacht, die Verrechnung (Aufrechnung) für den Bereich des Sozialrechts der Handlungsform "Verwaltungsakt" zu unterstellen.

43

Nach § 24 Abs 1 SGB X ist (nur) vor Erlass eines Verwaltungsakts, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zur Äußerung zu geben; dies gilt jedoch nach Abs 2 Nr 7 der Vorschrift nicht, wenn gegen Ansprüche oder mit Ansprüchen von weniger als (in der ursprünglichen Fassung: 100 DM, jetzt:) 70 Euro (aufgerechnet oder) verrechnet werden soll. Hieraus kann nur geschlossen werden, dass - unabhängig von der Höhe - die Verrechnung nach § 52 SGB I (ebenso wie die Aufrechnung nach § 51 SGB I) durch Verwaltungsakt zu erklären ist(vgl ferner die Entwurfsbegründung zu § 24 Abs 2 Nr 7 SGB X, BT-Drucks 12/5187 S 35 - Zu Art 6, Zu Nr 1, wonach "materielle Einwände gegen die Aufrechnung bzw Verrechnung … im Widerspruchsverfahren geltend gemacht werden" können). An den hierin zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers sind die Gerichte gemäß Art 20 Abs 3 GG selbst dann gebunden, wenn sie eine solche Zuordnung aufgrund rechtssystematischer Erwägungen für unzutreffend oder aus praktischen Überlegungen heraus für unerwünscht halten sollten (vgl Wolff/Brink in Bader/Ronellenfitsch, Komm zum VwVfG, 2010, § 35 RdNr 28 f; U. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl 2008, § 35 RdNr 13 - beide unter Hinweis auf BVerwGE 70, 77, 82; zur Respektierung der gesetzgeberischen Grundentscheidung s auch BVerfGE 128, 193, 210).

44

Im Übrigen hat der Gesetzgeber erst jüngst in § 42a Abs 2 S 2 bzw § 43 Abs 4 S 1 SGB II(mit Wirkung ab 1.4.2011 idF von Art 2 Nr 32 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011, BGBl I 453) ausdrücklich angeordnet, dass Aufrechnungen im Sozialleistungsbereich des SGB II "durch Verwaltungsakt zu erklären" sind. Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber damit für den Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende eine vom allgemeinen Sozialverwaltungsverfahrensrecht abweichende Sonderregelung hat treffen wollen, finden sich in den Materialien zum Gesetzgebungsverfahren an keiner Stelle (vgl BT-Drucks 17/3404 S 117 - zu § 43, zu Abs 3; BT-Drucks 17/3958 S 19 - zu Art 2 Nr 32 <§ 42a Abs 2 S 2 SGB II>; BT-Drucks 17/4095 S 35 - zu Buchst n, zu Doppelbuchst cc <§ 42a Abs 2 SGB II>).

45

(3) Einer über die Bestimmung des § 52 SGB I hinausgehenden ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung für den Erlass eines Verwaltungsakts mit dem Inhalt der Verrechnung bedarf es nicht(s hierzu BSG - GrS - vom 31.8.2011 - aaO - RdNr 16 ff).

46

bb) Die Verrechnungs-Verwaltungsakte der Beklagten waren iS des § 33 Abs 1 SGB X "inhaltlich hinreichend bestimmt".

47

Das Bestimmtheitserfordernis verlangt, dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsakts nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzt, sein Verhalten daran auszurichten. Mithin muss aus dem Verfügungssatz für die Beteiligten vollständig klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde regeln will. Insoweit kommt dem Verfügungssatz des Verwaltungsakts Klarstellungsfunktion zu. Unschädlich ist, wenn zur Auslegung des Verfügungssatzes auf die Begründung des Verwaltungsakts, auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden muss ( BSG vom 6.2.2007 - SozR 4-2600 § 96a Nr 9 RdNr 38; BSG vom 17.12.2009 - BSGE 105, 194 = SozR 4-4200 § 31 Nr 2, RdNr 13 mwN, stRspr).

48

Nach diesen Maßstäben sind die angefochtenen Verrechnungs-Bescheide inhaltlich hinreichend bestimmt. Denn sie erklären die Verrechnung bestimmter, von der Beklagten dem Kläger geschuldeter Rentenleistungen mit einer - nach Art und Umfang - bestimmten, weil betragsmäßig im Widerspruchsbescheid vom 26.3.2002 genau bezifferten (Gesamt-)Forderung der Beigeladenen aus rückständigen Beiträgen zuzüglich Nebenforderungen (Säumniszuschläge, Mahngebühren, Kosten der Zwangsvollstreckung) iHv (insgesamt) 66 635,31 DM (= 34 070,09 Euro).

49

Aus den Verfügungssätzen der hier streitgegenständlichen Verwaltungsakte konnte der Kläger ohne weiteres den jeweiligen (monatlichen) Verrechnungsbetrag und den ihm aufgrund der Verrechnung mit den Forderungen der Beigeladenen noch verbleibenden (monatlichen) Rentenauszahlungsbetrag entnehmen. Damit war für ihn klar ersichtlich, dass und in welchem Umfang seine Rentenzahlungsansprüche gegen die Beklagte und damit korrespondierend die gegen ihn bestehenden Forderungen der Beigeladenen durch die Verrechnung jeweils erloschen waren (entsprechend § 389 BGB).

50

Unschädlich ist insoweit, dass der - aufgehobene - (Ausgangs-)Bescheid vom 11.5.2001 und der - ebenfalls aufgehobene - Widerspruchsbescheid vom 26.3.2002 in der Höhe der zur Verrechnung gestellten (Gesamt-)Forderung insoweit differieren, als der Bescheid von einer "offene(n) Forderung in Höhe von derzeit 66.635,31 DM zuzüglich weiterer Kosten wie Zinsen, Säumniszuschläge usw." spricht, während nach dem Widerspruchsbescheid - entsprechend der in der Forderungshöhe aktualisierten Verrechnungsermächtigung der Beigeladenen - die genannte Summe neben den Beiträgen auch die "Säumniszuschläge und sonstige Nebenforderungen" erfasst. Denn ausschlaggebend ist der (mit der Klage angefochtene) "ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat" (§ 95 SGG).

51

Dass die weiteren streitgegenständlichen Verrechnungs-Bescheide die zur Verrechnung gestellte Forderung der Beigeladenen nicht mehr beziffern, steht ihrer hinreichenden Bestimmtheit iS des § 33 Abs 1 SGB X nicht entgegen, da sich deren Ausgangshöhe (für den Kläger klar erkennbar) aus dem Widerspruchsbescheid vom 26.3.2002 ergab und deshalb - auf Verlangen des Klägers jederzeit - auch "bestimmt" werden konnte, in welchem Umfang die Gesamtforderung der Beigeladenen iHv 66 635,31 DM durch die bis dahin erfolgte Verrechnung mit den Rentenzahlungsansprüchen des Klägers bereits erloschen war.

52

Für die hinreichende Bestimmtheit der angefochtenen Verrechnungs-Verwaltungsakte der Beklagten ist nicht notwendig, dass sie die zur Verrechnung gestellte(n) Forderung(en) der Beigeladenen im Einzelnen - nach Umfang, Entstehungszeitpunkt, Bezugszeitraum oder Fälligkeit - aufschlüsseln. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - die bezifferte Gesamtsumme ohne Weiteres mit bestehenden, ihr Art nach benannten Einzelforderungen aufgefüllt werden kann. Insoweit ist ausreichend, dass die zur Verrechnung gestellten Forderungen des anderen Leistungsträgers bestimmbar sind. Denn eine Verrechnung kann - ebenso wie eine Aufrechnung - bei Bestehen mehrerer Forderungen (auch) erklärt werden, ohne (zunächst) im Einzelnen aufzeigen zu müssen, mit welcher (Einzel-)Forderung zuerst verrechnet werden soll (vgl BFH vom 3.11.1983 - BFHE 140, 10 f; BFH vom 6.2.1990 - BFHE 160, 108, 112; BFH vom 4.2.1997 - BFHE 182, 276, 278; alle zur Aufrechnung).

53

Hiergegen kann nicht eingewendet werden, dass dadurch die Rechtsverteidigung gegen Verrechnungs-Verwaltungsakte unzumutbar beeinträchtigt werde. Denn dem insoweit Beschwerten bleibt es unbenommen, im Vor- und Klageverfahren geltend zu machen, die zur Verrechnung gestellte (Gesamt-)Forderung des anderen Leistungsträgers bestehe nach Grund oder Höhe ganz oder teilweise nicht (bzw nicht mehr). Dann mag der verrechnende Leistungsträger darlegen und nachweisen, welche Forderungen ihm aufgrund der Ermächtigung des anderen Leistungsträgers zur Verrechnung zur Verfügung gestanden haben. Ist streitig, ob (und ggf welche) bzw in welchem Umfang Forderungen durch Verrechnung (bereits) erloschen sind, so ist die Konkretisierung (bzw Individualisierung) der Forderungen, mit denen die Verrechnung durch Verwaltungsakt erklärt wurde, unumgänglich. Denn nur auf diese Weise kann festgestellt werden, ob und inwieweit eine Verrechnungslage (entsprechend § 387 BGB)bestanden hat und wann bei mehreren Forderungen welche (ggf in entsprechender Anwendung des § 396 Abs 1 S 2 iVm § 366 Abs 2 BGB) durch Verrechnung - ganz oder teilweise - erloschen sind.

54

b) Vorliegend bestand ab 1.7.2002 objektiv eine Verrechnungslage (entsprechend § 387 BGB).

55

Eine solche ist gegeben, wenn der zur Verrechnung ermächtigende Leistungsträger die ihm gebührende Geldzahlung fordern und wenn der die Verrechnung erklärende Träger die ihm obliegende Geldzahlung bewirken kann. Die Forderung, mit der verrechnet wird (hier: Forderung der Beigeladenen gegen den Kläger), muss entstanden und fällig sein; die gleichartige Forderung, gegen die (durch Einbehaltung mittels Verwaltungsakts) verrechnet werden soll (hier: Zahlungsanspruch des Klägers aus der Regelaltersrente gegen die Beklagte), muss zwar nicht fällig, aber entstanden und erfüllbar sein (vgl BSG vom 5.9.2006 - BSGE 97, 63 = SozR 4-2500 § 255 Nr 1, RdNr 26).

56

Diese Voraussetzungen lagen hier ab dem oben genannten Zeitpunkt vor. Die von der Verrechnungsermächtigung der Beigeladenen vom 23.8.1995 (aktualisiert mit Schreiben vom 9.5.2001) erfassten und gegen den Kläger geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung rückständiger Beiträge (und der Nebenforderungen) iHv insgesamt 66 635,31 DM waren entstanden und fällig; sie sind von der Beigeladenen gegenüber dem Kläger durch Verwaltungsakte bestandskräftig festgestellt worden (§ 77 SGG). Die Zahlungsansprüche des Klägers aus der ihm bindend mit Rentenbescheid vom 10.5.2002 zuerkannten Regelaltersrente waren am Ersten eines jeden Monats jeweils entstanden und erfüllbar (vgl § 272a Abs 1 SGB VI idF des 3. SGB VI-ÄndG vom 27.12.2003 ).

57

c) Die Beklagte war nicht gehindert, die Verrechnung mit Ansprüchen der Beigeladenen auf rückständige Beiträge auf unpfändbare Teile der Rentenzahlungsansprüche des Klägers zu erstrecken (dazu unter aa). Ebenso wenig stand der Verrechnung nach der Beendigung des Gesamtvollstreckungsverfahrens die Vollstreckungsbeschränkung des § 18 Abs 2 S 3 GesO entgegen(dazu unter bb).

58

aa) Die Verrechnung mit den Beitragsforderungen der Beigeladenen war nicht deshalb rechtswidrig, weil die monatlichen Rentenzahlungsansprüche ab 1.1.2002 durchgängig unter der gemäß § 850c Abs 1 S 1 ZPO iVm § 54 Abs 4 SGB I für den Kläger maßgeblichen Pfändungsfreigrenze von monatlich 930 Euro (ab 1.7.2005: 985,15 Euro) lagen. Denn mit den Vorschriften der §§ 52, 51 Abs 2 SGB I hat der Gesetzgeber den Sozialleistungsträgern zur Durchsetzung ihrer Beitrags- und Erstattungsforderungen die Möglichkeit eröffnet, ohne Bindung an die Pfändungsfreigrenzen der ZPO auch mit dem unpfändbaren Teil einer laufenden Geldleistung bis zu deren Hälfte und bis zur Grenze der Hilfebedürftigkeit im Sinne der Vorschriften des BSHG über die Hilfe zum Lebensunterhalt bzw ab 1.1.2005 im Sinne der Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II aufzurechnen bzw zu verrechnen.

59

Die Regelungen in §§ 52, 51 Abs 2 SGB I bezwecken eine Privilegierung der Sozialleistungsträger(vgl grundlegend BSG vom 19.1.1978 - BSGE 45, 271, 273 ff = SozR 1200 § 51 Nr 3 S 4 ff; BSG vom 11.10.1979 - SozR 1200 § 51 Nr 5 S 10 f; BSG vom 27.3.1996 - BSGE 78, 132, 135 f = SozR 3-1200 § 51 Nr 5 S 17 f), wenn dem Versicherten bestimmte "systemerhaltende" Gegenansprüche (Beitragsansprüche, Ansprüche auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen) des zuständigen oder eines anderen Leistungsträgers entgegengehalten werden können. Die oben genannten Grenzen (höchstens bis zur Hälfte der laufenden Geldleistung, kein Hervorrufen der Hilfebedürftigkeit nach dem BSHG) hat die Beklagte bei der Verrechnung der laufenden Zahlungsansprüche des Klägers auf Regelaltersrente mit den Beitragsansprüchen der Beigeladenen im hier (noch) maßgeblichen Zeitraum nicht überschritten (s dazu näher unter f).

60

bb) Nach der Beendigung des Gesamtvollstreckungsverfahrens stand der Verrechnung die Vollstreckungsbeschränkung des § 18 Abs 2 S 3 GesO nicht entgegen.

61

Zwar mag die Möglichkeit eines Rentenversicherungsträgers, Beitrags- und Erstattungsforderungen eines anderen Leistungsträgers mit dem unpfändbaren Teil des Rentenzahlungsanspruchs nach Maßgabe des § 51 Abs 2 SGB I verrechnen zu können, zu Friktionen mit der in § 18 Abs 2 S 3 GesO geregelten (begrenzten) Restschuldbefreiung führen, wonach eine "Vollstreckung" hinsichtlich der "Altschulden" grundsätzlich nur stattfindet, "soweit der Schuldner über ein angemessenes Einkommen hinaus zu neuem Vermögen gelangt" ist.

62

Das LSG hat aber zu Recht einen Vollstreckungsschutz des Klägers nach § 18 Abs 2 S 3 GesO verneint.

63

Dies folgt bereits daraus, dass diese Vorschrift schon nach ihrem Wortlaut Schutz nur gegen konkrete Maßnahmen der "Vollstreckung" bietet (LSG Berlin-Brandenburg vom 4.10.2007 - L 8 B 1205/07 ER - juris RdNr 28; Brandenburgisches OLG vom 20.5.1998 - 13 U 35/97 - juris RdNr 15; OLG Celle vom 12.5.2000 - 4 W 85/00 - juris RdNr 19; Haarmeyer/Wutzke/Förster, GesO, 4. Aufl 1998, § 18 RdNr 53). Auch nach Art 108 Abs 1 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung (InsO) ist die "Vollstreckungsbeschränkung" des § 18 Abs 2 S 3 GesO nach dem 31.12.1998 nur bei einer "Zwangsvollstreckung" gegen einen Schuldner, über dessen Vermögen ein Gesamtvollstreckungsverfahren durchgeführt worden ist, zu beachten. Die Verrechnung ist aber - ebenso wie die Aufrechnung - keine Maßnahme der "Vollstreckung" iS der Vorschriften der ZPO oder anderer Verfahrensgesetze über die Zwangsvollstreckung (vgl BGH vom 26.5.1971 - NJW 1971, 1563; BVerwG vom 13.10.1971 - DÖV 1972, 573, 574; BFH vom 3.11.1983 - BFHE 140, 9 f; LSG Berlin-Brandenburg vom 4.10.2007 - L 8 B 1205/07 ER - juris RdNr 22, 28; FG Düsseldorf vom 10.11.2004 - 18 K 321/04 AO - juris RdNr 21; Martini in juris PR-InsR 19/2009 vom 24.9.2009, Anm 1 unter C).

64

Zwar ist die Verrechnung - ebenso wie die Aufrechnung - ein der Zwangsvollstreckung ähnlicher, außergerichtlicher Zugriff auf die Gegenforderung, eine Forderungsdurchsetzung im Wege der Selbsthilfe (vgl BGH vom 26.5.1971, aaO; BGH vom 13.6.1995 - BGHZ 130, 76, 80 mwN). Mit der Vorschrift des § 51 Abs 2 SGB I hat der Gesetzgeber jedoch - wie oben aufgezeigt - die Sozialleistungsträger bei der Durchsetzung von Beitrags- und Erstattungsforderungen im Wege der Aufrechnung bzw Verrechnung gegenüber anderen Gläubigern privilegiert, denen (bereits) durch die Unpfändbarkeit die Möglichkeit versperrt ist, ihre Forderungen im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen. Dass das (beschränkte) Restschuldbefreiungsverfahren des § 18 Abs 2 S 3 GesO darauf abzielt, dem Schuldner einen wirtschaftlichen Neubeginn zu ermöglichen (OLG Celle vom 12.5.2000 - 4 W 85/00 - juris RdNr 19; Hess/Binz/Wienberg, GesO, 4. Aufl 1998, § 18 RdNr 105),steht der sich aus § 51 Abs 2 SGB I ergebenden Aufrechnungs- bzw Verrechnungsbefugnis nicht entgegen. Denn anderenfalls wäre den Sozialleistungsträgern im Falle einer Privatinsolvenz des Versicherten bzw Schuldners (sogar) nach Abschluss des Gesamtvollstreckungsverfahrens stets die Möglichkeit versperrt, den unpfändbaren Teil der Ansprüche auf laufende Rentenleistungen mit Beitrags- und Erstattungsforderungen aufrechnen bzw verrechnen zu können, obwohl diese unterhalb der Pfändungsfreigrenzen liegenden Rentenzahlungen zuvor nicht zur Gesamtvollstreckungsmasse (vgl § 1 Abs 1 S 2 GesO) gehörten und somit während des Gesamtvollstreckungsverfahrens grundsätzlich gemäß §§ 52, 51 Abs 2 SGB I bis zur Grenze der Sozialhilfebedürftigkeit aufgerechnet bzw verrechnet werden konnten. Dann aber würde es einen Wertungswiderspruch bedeuten, wenn nach der Beendigung des Gesamtvollstreckungsverfahrens in der Restschuldbefreiungsphase das Postulat einer - zuvor nicht bestehenden - Gläubigergleichbehandlung ein Verrechnungsverbot bedingen sollte (vgl LSG Berlin-Brandenburg vom 27.7.2009 - L 33 R 204/09 B ER, L 33 R L 33 R 207/09 B PKH - juris RdNr 26; SG Dortmund vom 21.2.2008 - S 26 R 320/06 - juris RdNr 41, beide zur Zulässigkeit der Verrechnung bzw Aufrechnung während der Restschuldbefreiungsphase nach der InsO). Auch wären die Grenzen zwischen einer Aufrechnung bzw Verrechnung mit Erstattungs- oder Beitragsforderungen nach § 51 Abs 2 SGB I(iVm § 52 SGB I) und einer solchen mit sonstigen Geldforderungen nach § 51 Abs 1 SGB I(iVm § 52 SGB I) verwischt und das damit verbundene Privileg des mit Beitrags- oder Erstattungsansprüchen aufrechnenden bzw verrechnenden Sozialleistungsträgers in der Privatinsolvenz (faktisch) aufgehoben.

65

d) Die einseitig durch Verwaltungsakt geregelte Verrechnung steht - ebenso wie die Aufrechnung - im pflichtgemäßen Ermessen des sie durchführenden Leistungsträgers; insoweit handelt es sich bei dem "Kann" in § 52 Halbs 1 und § 51 Abs 1 Halbs 1, Abs 2 Halbs 1 SGB I um ein sog "Ermessens-Kann"(vgl Vorlagebeschluss des Senats vom 25.2.2010 - B 13 R 76/09 R - RdNr 18; vgl bereits BSG vom 16.9.1981 - BSGE 52, 98, 102 = SozR 1200 § 51 Nr 11 S 27; BSG vom 11.10.1979 - SozR 1200 § 51 Nr 5 S 11; BSG vom 21.7.1988 - BSGE 64, 17, 23 = SozR 1200 § 54 Nr 13 S 39; LSG Berlin-Brandenburg vom 4.6.2009 - L 17 R 48/09 - juris RdNr 52; LSG Baden-Württemberg vom 2.7.2009 - L 10 R 2467/08 - juris RdNr 19; ebenso Seewald in Kasseler Komm, SGB I, § 51 RdNr 13a, Stand Einzelkommentierung Oktober 2010; Pflüger in juris PK-SGB I, 2. Aufl 2011, § 51 RdNr 64-67, Stand Einzelkommentierung Januar 2012 mwN - unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien zu § 51 SGB I in BT-Drucks 7/868, S 32: "Der Leistungsträger hat bei der Ausübung seines Ermessens, ob und in welchem Umfang er aufrechnet, auch den Zweck der einzelnen Sozialleistung zu berücksichtigen; …").

66

Mit der Einräumung "echten Ermessens" steht dem die Verrechnung durch Verwaltungsakt regelnden Leistungsträger eine breite Handlungsmöglichkeit hinsichtlich des Ob und des Umfangs einer Verrechnung zur Verfügung, um so die Besonderheiten des Einzelfalls und insbesondere die wirtschaftliche Situation des Leistungsempfängers angemessen berücksichtigen zu können. Dabei ist das Verrechnungsermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und sind die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (§ 39 Abs 1 S 1 SGB I). Damit korrespondierend hat der Leistungsempfänger einen Anspruch auf die pflichtgemäße Ausübung des Ermessens (§ 39 Abs 1 S 2 SGB I). In diesem (eingeschränkten) Umfang unterliegt die Ermessensentscheidung der richterlichen Kontrolle, insbesondere auf Ermessensnichtgebrauch, Ermessensüberschreitung oder Ermessensfehlgebrauch (vgl § 54 Abs 2 S 2 SGG).

67

Die Anforderungen an eine Ermessensentscheidung sind für die mit Bescheid vom 10.5.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2002 durchgeführte Verrechnung (noch) zu bejahen (dazu unter aa), nicht hingegen für die in den Bescheiden vom 15.5.2003, 2.3.2004, 15.10.2004, 23.5.2005, 1.6.2007 und 9.6.2008 getroffenen Verrechnungs-Entscheidungen (dazu unter bb). Die Beklagte durfte in diesen Bescheiden auch nicht ausnahmsweise auf eine Begründung verzichten (dazu unter cc).

68

aa) Nach der Begründung im Widerspruchsbescheid (vgl § 95 SGG) hat die Beklagte erkannt, dass ihr im Rahmen der nach § 52 SGB I zu treffenden Verrechnungs-Entscheidung Ermessen zusteht und sie nicht verpflichtet ist, den für die Verrechnung mit den Beitragsforderungen der Beigeladenen nach § 51 Abs 2 SGB I gesetzten Rahmen der Höhe nach in jedem Fall auszuschöpfen(vgl in diesem Sinne bereits BSG vom 11.10.1979 - SozR 1200 § 51 Nr 5 S 11). Zwar hat sie die Beitragsforderungen der Beigeladenen mit unpfändbaren Rentenzahlungsansprüchen des Klägers verrechnet; sie hat sich jedoch bei der Festsetzung der monatlichen Verrechnungsbeträge ausdrücklich an der besonderen - für den Kläger eigentlich nicht einschlägigen - Einkommensgrenze des § 81 Abs 1 BSHG orientiert. Dem Kläger verblieb in dem hier maßgeblichen Verrechnungszeitraum vom 1.7.2002 bis zum 30.6.2003 damit deutlich mehr als die zulässige Grenze der laufenden Sozialhilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG (s hierzu unter f). Im Rahmen ihrer Ermessenserwägungen hat die Beklagte dem öffentlichen Interesse an der Begleichung der Beitragsschulden und damit der Funktionsfähigkeit der im Wesentlichen beitragsfinanzierten Sozialversicherungssysteme nur insoweit den Vorrang vor dem privaten Interesse des Klägers an der ungeschmälerten Auszahlung seiner Altersrente gegeben. Eine über die ohnehin von Gesetzes wegen zu beachtende Sozialhilfebedürftigkeitsgrenze hinausgehende außergewöhnliche soziale oder finanzielle Situation hatte der Kläger nicht vorgetragen; sie ist auch nicht ersichtlich.

69

bb) Demgegenüber sind in den Bescheiden vom 15.5.2003, 2.3.2004, 15.10.2004, 23.5.2005, 1.6.2007 und 9.6.2008 keinerlei Ermessenserwägungen der Beklagten zu den dort von ihr geregelten Verrechnungen enthalten.

70

Die Ausführungen in den Bescheiden geben keine Hinweise darauf, dass die Beklagte überhaupt erkannt hat, dass es sich auch bei den dortigen (Folge-)Verrechnungen um Ermessensentscheidungen handelt; sie hat jedenfalls keine entsprechenden Begründungen (mehr) gegeben, obwohl sie zB im Bescheid vom 15.5.2003 den ab 1.7.2003 einbehaltenen Verrechnungsbetrag von zuvor monatlich 34,76 Euro auf monatlich 54,91 Euro und damit um 20,15 Euro (ca 58 %) erhöht sowie den Rentenauszahlungsbetrag von zuvor monatlich 820 Euro auf monatlich 810 Euro reduziert hat. Der pauschale Hinweis der Beklagten, dass für die Ermittlung des verrechenbaren Betrags die auf volle Euro aufgerundeten Werte aus dem BSHG zugrunde gelegt worden seien, dieser Wert nicht dynamisiert werde und gegenwärtig 810 Euro betrage, reicht nicht aus. Entsprechendes gilt für die Hinweise zu den Verrechnungen in den Bescheiden vom 15.10.2004 und 9.6.2008 im Hinblick auf die Senkung des Beitragssatzes (zur Krankenversicherung) bzw die Rentenanpassung.

71

Es kann hier dahingestellt bleiben, ob die Beklagte bei Erlass der Bescheide vom 15.5.2003, 2.3.2004, 15.10.2004, 23.5.2005, 1.6.2007 und 9.6.2008 überhaupt kein Ermessen (mehr) ausgeübt hat oder ihr betätigtes Ermessen in diesen Bescheiden lediglich nicht begründet hat. Denn in beiden Fällen treten dieselben Rechtsfolgen der Anfechtung ein; die Bescheide sind im Hinblick auf die Ermessensausübung nicht hinreichend begründet iS des § 35 Abs 1 S 3 SGB X(vgl BSG vom 18.4.2000 - SozR 3-2700 § 76 Nr 2 S 5).

72

cc) Die Voraussetzungen des § 35 Abs 2 SGB X, bei deren Vorliegen ausnahmsweise auf eine (gesonderte) Begründung verzichtet werden kann, liegen hier nicht vor. Danach bedarf es keiner Begründung - außer in anderen, vorliegend von vornherein nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen -, soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar war (Nr 2 aaO).

73

Dem Kläger mag zwar durch den Hinweis im Bescheid vom 11.5.2001 zur Verrechnung mit den Zahlungsansprüchen aus seiner Rente wegen EU bekannt gewesen sein, dass der mit der Rente zu verrechnende Betrag bei jeder Änderung der Rentenhöhe (zB durch Rentenanpassungen, Neufeststellungen) von der Beklagten "neu ermittelt" werde. Unabhängig davon, dass bezüglich der Erkennbarkeit (… "ohne weiteres erkennbar" …) iS des § 35 Abs 2 Nr 2 SGB X ein strenger Maßstab(vgl Engelmann in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 35 RdNr 12; Waschull in LPK, SGB X, 3. Aufl 2011, § 35 RdNr 12) anzulegen ist, ergibt sich jedenfalls allein aus einer solchen pauschalen Mitteilung nicht, welche konkreten Umstände die Beklagte im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens dazu bewogen haben, gerade mit dem jeweils konkret einbehaltenen ("abgetrennten") Betrag zu verrechnen.

74

Aus dem Widerspruchsbescheid vom 10.10.2002 lässt sich nicht entnehmen, dass - und ggf in welchem Umfang - die dortigen Ermessenserwägungen - etwa im Sinne einer "vorweggenommenen Ermessensausübung" - auf von ihm nicht erfasste Verrechnungszeiträume "fortwirken" sollen; umgekehrt nehmen die nachfolgenden Verrechnungs-Bescheide auch nicht auf die dortigen Ausführungen zum Ermessen (ergänzend) Bezug. Unabhängig davon haben sich diese Bescheide auch nicht innerhalb der Verrechnungs-Entscheidungen im Bescheid vom 10.5.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2002 (Verrechnung monatlich 34,76 Euro; Auszahlungsbetrag 820 Euro) gehalten, sondern sind zu Ungunsten des Klägers davon abgewichen.

75

e) Angesichts dessen kann offen bleiben, ob die Verrechnungs-Bescheide vom 15.5.2003, 2.3.2004, 15.10.2004, 23.5.2005, 1.6.2007 und 9.6.2008 sämtlich oder zum Teil auch deshalb rechtswidrig waren, weil die Beklagte vor deren Erlass den Kläger nicht angehört (§ 24 Abs 1 SGB X) und dies auch nicht bis zum Abschluss des LSG-Verfahrens nachgeholt hat (§ 41 Abs 1 Nr 3 iVm Abs 2 SGB X).

76

Nach § 24 Abs 1 SGB X ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

77

aa) Trotz unterbliebener Anhörung des Klägers vor Erlass des Bescheids vom 10.5.2002 war jedenfalls dieser hinsichtlich der dort geregelten Verrechnung nicht rechtswidrig. Denn dieser Verfahrensfehler ist hier gemäß § 41 Abs 1 Nr 3 iVm Abs 2 SGB X im Widerspruchsverfahren geheilt worden. Der Kläger hat sich mit seinem Widerspruch zu den für die Verrechnungs-Entscheidung der Beklagten in diesem Bescheid maßgeblichen Tatsachen geäußert. Aus dem Widerspruchsbescheid vom 10.10.2002 wird zudem deutlich, dass die Beklagte die von dem Kläger vorgebrachten Einwände gegen die Verrechnung zur Kenntnis genommen und bei ihrer (ablehnenden) Entscheidung in Erwägung gezogen, wenn auch nicht für durchschlagend erachtet hat.

78

bb) Demgegenüber hat die Beklagte den Kläger hinsichtlich ihrer Verrechnungs-Entscheidungen in den Bescheiden vom 15.5.2003, 2.3.2004, 15.10.2004, 23.5.2005, 1.6.2007 und 9.6.2008 weder angehört noch dies mit heilender Wirkung nachgeholt. Der Senat braucht hier nicht zu entscheiden, ob von einer Anhörung zur Verrechnung in Rentenanpassungsbescheiden dann abgesehen werden kann, wenn sich der monatliche Auszahlungsbetrag nicht vermindert. Denn bereits mit Bescheid vom 15.5.2003 wurde ein niedrigerer Betrag (810 Euro) festgesetzt als zuvor mit Bescheid vom 10.5.2002 (820 Euro).

79

f) Der Kläger ist durch die mit Bescheid vom 10.5.2002 (in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2002) für den Zeitraum vom 1.7.2002 bis zum 30.6.2003 verfahrensfehlerfrei (s oben bei d aa und e aa) geregelte Verrechnung mit einem monatlichen Einbehalt iHv 34,76 Euro bei einem ihm noch verbleibenden monatlichen Rentenauszahlungsbetrag iHv 820 Euro nicht hilfebedürftig im Sinne der hier noch maßgeblichen Vorschriften des BSHG über die Hilfe zum Lebensunterhalt geworden (vgl hierzu BSG vom 15.12.1992 - SozR 3-1200 § 51 Nr 3 S 6).

80

Bei der Prüfung der Sozialhilfebedürftigkeit als Zulässigkeitsgrenze für die Verrechnung nach § 52 iVm § 51 Abs 2 SGB I mit Beitragsforderungen der Beigeladenen ist zunächst festzustellen, welcher Bedarf dem Kläger im hier maßgeblichen Zeitraum (1.7.2002 bis zum 30.6.2003) gemäß der Hilfe zum Lebensunterhalt nach Maßgabe des BSHG zusteht.

81

Der Umfang der Leistungen zur Hilfe zum Lebensunterhalt war in den §§ 11 ff BSHG geregelt. Nach § 22 Abs 2 BSHG iVm § 2 Abs 1 der Verordnung zur Durchführung des § 22 BSHG (Regelsatzverordnung) stand dem im Freistaat Sachsen lebenden Kläger(nach der Bekanntmachung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales zur Anhebung der Regelsätze und der Grundbeträge nach dem BSHG sowie zur Höhe der Blindenhilfe vom 31.5.2002, Sächsisches Amtsblatt 2002, 707) ab 1.7.2002 als Haushaltsvorstand ein monatlicher Regelsatz iHv 279 Euro zu. Zudem hatte der Kläger wegen Vollendung des 65. Lebensjahres und des Merkzeichens "G" gemäß § 23 Abs 1 Nr 1 BSHG Anspruch auf einen Mehrbedarf iHv monatlich 55,80 Euro. Zum notwendigen Lebensunterhalt zählen ferner die laufenden Kosten für die Unterkunft (vgl § 12 Abs 1 BSHG, § 3 Regelsatzverordnung). Diese betrugen nach den Feststellungen des LSG für die Mietwohnung des Klägers und seiner Ehefrau im hier maßgeblichen Zeitraum ab 1.10.2002 monatlich 263,77 Euro (zuvor monatlich 257,22 Euro). Für die mit dem Kläger zusammenlebende Ehefrau war als Haushaltsangehörige nach § 2 Abs 3 Nr 4 der Regelsatzverordnung iVm der Bekanntmachung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales vom 31.5.2002 (aaO) im Freistaat Sachsen ab 1.7.2002 ein monatlicher Bedarf iHv 223,00 Euro anzusetzen.

82

Dem danach berücksichtigungsfähigen monatlichen Bedarf iHv 821,57 Euro ist gemäß § 11 Abs 1 S 2 Halbs 1 BSHG das monatliche Einkommen und das Vermögen des Klägers und seiner Ehefrau gegenüberzustellen. Nach § 76 Abs 1 BSHG gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem BSHG, der Grundrenten nach dem Bundesversorgungsgesetz und der Rente oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden am Leben sowie an Körper und Gesundheit gewährt werden. Der Kläger verfügte im hier maßgeblichen Zeitraum über eine monatliche Nettoaltersrente iHv 820 Euro. Die Ehefrau des Klägers erhielt nach den Feststellungen des LSG eine Rente wegen EU iHv monatlich 646,83 Euro (= 1 265,08 DM). Danach verfügten der Kläger und seine Ehefrau über ein Monatseinkommen iHv 1 466,83 Euro. Dieser Betrag überstieg den berücksichtigungsfähigen monatlichen Bedarf iHv 821,57 Euro deutlich, und zwar um 645,26 Euro.

83

Anhaltspunkte für einen konkret zu beziffernden weiteren Bedarf des Klägers oder seiner Ehefrau nach §§ 11 ff BSHG oder vom vorgenannten anzurechnenden Einkommen gemäß § 76 Abs 2 BSHG abzugsfähige Belastungen (oder für anrechenbares Vermögen des Klägers oder seiner Ehefrau) ergeben sich für den Senat aus den tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht; da gegen diese Feststellungen keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen vom Kläger vorgebracht worden sind, sind sie für den Senat bindend (§ 163 SGG).

84

Damit erweist sich der Verrechnungs-Bescheid der Beklagten vom 10.5.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2002 (§ 95 SGG) auch insoweit als rechtmäßig.

85

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Versicherungspflichtig sind selbständig tätige

1.
Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
2.
Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
3.
Hebammen und Entbindungspfleger,
4.
Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen,
5.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
6.
Hausgewerbetreibende,
7.
Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen,
8.
Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 der Handwerksordnung sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 der Handwerksordnung außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt,
9.
Personen, die
a)
im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
b)
auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Als Arbeitnehmer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gelten
1.
auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,
2.
nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,
3.
für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Versicherungspflichtig sind selbständig tätige

1.
Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
2.
Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
3.
Hebammen und Entbindungspfleger,
4.
Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen,
5.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
6.
Hausgewerbetreibende,
7.
Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen,
8.
Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 der Handwerksordnung sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 der Handwerksordnung außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt,
9.
Personen, die
a)
im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
b)
auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Als Arbeitnehmer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gelten
1.
auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,
2.
nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,
3.
für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Versicherungspflichtig sind selbständig tätige

1.
Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
2.
Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
3.
Hebammen und Entbindungspfleger,
4.
Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen,
5.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
6.
Hausgewerbetreibende,
7.
Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen,
8.
Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 der Handwerksordnung sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 der Handwerksordnung außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt,
9.
Personen, die
a)
im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
b)
auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Als Arbeitnehmer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gelten
1.
auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,
2.
nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,
3.
für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Versicherungspflichtig sind selbständig tätige

1.
Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
2.
Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
3.
Hebammen und Entbindungspfleger,
4.
Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen,
5.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
6.
Hausgewerbetreibende,
7.
Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen,
8.
Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 der Handwerksordnung sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 der Handwerksordnung außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt,
9.
Personen, die
a)
im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
b)
auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Als Arbeitnehmer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gelten
1.
auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,
2.
nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,
3.
für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Oktober 2013 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Übernahme von Kosten für eine beidseitige Hörgeräteversorgung der Klägerin.

2

Die 1954 geborene Klägerin ist seit ihrer Kindheit schwerhörig und war ab den frühen 1980er Jahren als Arbeiterin am Fließband und in einem Reparaturbetrieb bei der T. tätig. Aufgrund ihrer Qualifikation nahm die Klägerin einige Zeit später eine Tätigkeit im Bereich der Finanzbuchhaltung für die T. auf, die sie auch noch im Jahre 2004 ausübte. Zu ihren Aufgaben zählte damals das Anlegen und Pflegen von Stammdaten für ein Telekommunikationsunternehmen. Diese Aufgaben wurden zentral in der Niederlassung in S. ausgeführt. Zum Tätigkeitsbereich der Klägerin gehörte die zentrale Stammdatenpflege in SAP R/3 mit Schwerpunkt Kreditorenstammdaten, die Neuanlage von Stammdaten, das Pflegen vorhandener Stammdaten, das Überwachen von Dubletten, das Sperren und Löschen von Stammdaten etc; die telefonische Beratung bezüglich der Kreditorenstammdaten konnte die Klägerin aufgrund ihrer eingeschränkten Hörfähigkeit nicht wahrnehmen. Zusätzliche Aufgaben der Klägerin waren ua die Einarbeitung/Ausbildung von Auszubildenden im Rahmen eines Praktikums bzw die Teilnahme und Umsetzung von Teambesprechungen (mit bis zu 30 Mitarbeitern), Arbeitsunterweisungen (für bis zu 20 Mitarbeiter), Netz- und Telefonkonferenzen (vgl die Arbeitsplatzbeschreibung durch den Arbeitgeber vom 4.10.2005).

3

Die Versorgungsverwaltung erkannte der Klägerin erstmals 1985 einen Grad der Behinderung (GdB) zu. Seit Dezember 2000 sind bei der Klägerin ein GdB von 100 und die Merkzeichen RF und Gl anerkannt. In den Jahren 1990/1991 fand die erste Hörgeräteversorgung am linken Ohr der Klägerin statt. Ab 1996 befindet sich die Klägerin bei ihrem derzeitigen HNO-Arzt Dr. A. in S. in Behandlung. Eine beidseitige Hörgeräteversorgung der Klägerin erfolgte 1998.

4

Dr. A. verordnete der Klägerin unter dem 8.11.2004 auf einem entsprechenden Vordruck neue Hörhilfen und nannte dazu als Diagnose "Schallempfindungsschwerhörigkeit beidseits". Mit dieser Hörgeräteverordnung wandte sich die Klägerin an das Hörgeräteakustikunternehmen R. Hörgeräte GmbH in S. Die Firma R. erstellte unter dem 9.11.2004 einen Kostenvoranschlag für eine beidseitige Hörgeräteversorgung der Klägerin mit dem Gerät Senso Diva SD-19 in Höhe von 3445,84 € (Gesamtpreis in Höhe von 4438,25 € abzüglich Festbetrag der gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von 992,41 €). Unter Verwendung des betreffenden Antragsformulars der beklagten Deutschen Rentenversicherung Bund und unter Beifügung des Kostenvoranschlags sowie der Hörgeräteverordnung vom 8.11.2004 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Übernahme der Kosten von behinderungsbedingten Zusatzausstattungen, dh die Übernahme der Kosten des Hörgeräts. Die Klägerin gab ua an, dass sie für die behinderungsbedingten Zusatzausstattungen bislang bei keiner anderen Stelle einen Antrag gestellt habe. Der Antrag ging bei der Beklagten am 11.11.2004 ein.

5

Mit Bescheid vom 29.11.2004 lehnte die Beklagte der Klägerin gegenüber den Antrag auf Hörhilfeversorgung ab. Zur Begründung führte sie ua aus, dass kein berufsspezifischer Mehrbedarf, der über Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu Lasten der Beklagten abzudecken sei, bestehe. In ständiger Rechtsprechung habe das BSG entschieden, dass die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit zu den elementaren Grundbedürfnissen des Menschen gehöre und daher die GKV die für die Berufsausübung erforderlichen Hilfsmittel als medizinischen Ausgleich einer Behinderung zur Verfügung zu stellen habe. Entscheidend sei hierbei, dass der Hilfsmittelbedarf für jedwede Form der Berufsausübung bestehe. Eine Leistungspflicht durch den Rentenversicherer bestehe nicht.

6

Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid am 13.12.2004 Widerspruch ein und führte zur Begründung ua aus, dass sie gerade bei ihrer Tätigkeit eine schnelle Auffassungsgabe benötige und daher nicht mehrmals nachfragen könne, was sie zu erledigen habe. Dazu gebe es viele unterschiedliche Geräusche in ihrem Büro (Telefone, Computer und Drucker), die zu erheblichen Belastungen führten. Ein weiterer wichtiger Aspekt sei die Kommunikation in der Lehrlingsausbildung an ihrem Arbeitsplatz. Diese Voraussetzungen seien jedoch nicht bei jeder beruflichen Tätigkeit gegeben. Sie bedürfe der Hörhilfe speziell für ihren Arbeitsplatz, weil die Anforderungen und der Druck immer stärker würden.

7

Mit Widerspruchsbescheid vom 1.3.2005 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück und führte zur Begründung ua aus, dass Hilfsmittel, die auf den unmittelbaren Ausgleich einer körperlichen Behinderung selbst gerichtet seien, zum Leistungskatalog der GKV gehörten (§ 27 Abs 1 Nr 3 SGB V). Die Übernahme von Kosten für Hilfsmittel in Form eines Hörgeräts als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben komme nur dann in Betracht, wenn das Hilfsmittel zum Ausgleich der Behinderung ausschließlich für einen bestimmten Arbeitsplatz bzw für eine spezielle Form einer Berufsausbildung bzw Berufsausübung benötigt werde. Die medizinischen Feststellungen hätten ergeben, dass die Klägerin auf speziell angepasste Hörgeräte angewiesen sei, jedoch seien diese zum Ausgleich der Behinderung nicht ausschließlich bei der Ausübung eines bestimmten Berufs erforderlich. Ebenso bestehe der Hilfsmittelbedarf für jedwede Form der Berufsausübung. Bei der speziell ausgeübten Tätigkeit als Angestellte bei einem Telekommunikationsunternehmen lägen keine speziellen beruflichen Anforderungen an das Hörvermögen vor, die eine Hörgeräteversorgung über die durch die GKV zu leistende medizinische Grundversorgung erforderten.

8

Die Firma R. stellte unter dem 16.3.2005 gegenüber der Klägerin eine Rechnung über zwei Hörgeräte nebst Zubehör vom Typ Senso Diva SD-19 mit Poti aus; die Firma R. bezifferte darin den Gesamtpreis mit 4333,25 €, brachte hiervon unter Berücksichtigung der gesetzlichen Zuzahlung in Höhe von 20,00 € einen Festbetrag der GKV in Höhe von 972,41 € in Abzug und machte der Klägerin gegenüber noch einen Betrag in Höhe von 3360,84 € geltend. Laut Angabe der beigeladenen Krankenkasse wurde die Hörgeräteverordnung nebst Kostenvoranschlag am 31.3.2005 bei ihr eingereicht; die Beigeladene entrichtete in der Folgezeit den Festbetrag in Höhe von 972,41 € an die Firma R.

9

Das SG Mainz hat die für die Klägerin zuständige Krankenkasse zum Verfahren beigeladen, ein hals-nasen-ohrenärztliches Sachverständigengutachten des Dr. S. sowie eine schriftliche Stellungnahme des Mitarbeiters A. D. der Firma R. eingeholt.

10

Mit Urteil vom 17.5.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen für die Erstattung der Kosten bei einer selbstbeschafften Leistung nach § 15 Abs 1 SGB IX lägen nicht vor. Die Beklagte habe als erstangegangener Rehabilitationsträger den Anspruch der Klägerin unter allen rechtlich in Betracht kommenden Möglichkeiten prüfen müssen. Die Klägerin habe jedoch keinen Anspruch auf Ausstattung mit den gewünschten und schließlich auch angeschafften digitalen Hörgeräten, die über die Festbetragsversorgung hinausgingen. Es sei bei Beachtung des Sachverständigengutachtens des Dr. S. vom 6.1.2006 davon auszugehen, dass die Klägerin zwar wegen der Art und Schwere der Hörbehinderung in Bezug auf die konkreten Bedingungen und Anforderungen ihres Arbeitsplatzes auf eine Versorgung mit digitalen Hörgeräten mit Spezialausstattung angewiesen sei. Vorliegend lasse sich jedoch nicht feststellen, dass ein zum Festbetrag erhältliches Hörgerät die Anforderungen im Fall der Klägerin, auch unter Berücksichtigung des speziellen Arbeitsplatzes, nicht erfüllt hätte. Zwar sei das Gerät, für das sich die Klägerin entschieden habe, subjektiv besser gewesen und habe auch objektiv ein - wenn auch nur geringfügig - besseres Hörvermögen erbracht. Die Unterschiede zwischen den getesteten Geräten seien jedoch so geringfügig, dass eine Versorgung mit dem Festbetragsgerät auch unter Berücksichtigung der Anforderungen am Arbeitsplatz der Klägerin zumutbar und ausreichend gewesen wäre.

11

Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG Rheinland-Pfalz nach Einvernahme der Zeugen B. und L. (Firma R.) mit Urteil vom 23.10.2013 das Urteil des SG vom 17.5.2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29.11.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1.3.2005 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 3360,84 € zur Beschaffung der Hörgeräte vom Typ Senso Diva SD-19 nebst Zubehör zu zahlen. Der Anspruch der Klägerin ergebe sich aus § 15 Abs 1 S 4 SGB IX, wonach eine Erstattungspflicht dann bestehe, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen könne oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt habe. Der bei der Beklagten am 11.11.2004 eingegangene Leistungsantrag der Klägerin sei mit Blick auf die Zuständigkeitsregelung des § 14 SGB IX als rehabilitationsrechtlicher Erstantrag zu werten. Es lägen keine Hinweise dafür vor, dass vor der Beklagten noch die beigeladene Krankenkasse mit dem Begehren der Klägerin befasst worden wäre. Die Beigeladene sei erst nach dem 16.3.2005, als die Firma R. den sich aus der Rechnung vom 16.3.2005 ergebenden Festbetrag habe einziehen wollen, mit der Angelegenheit befasst worden. Die Übergabe der Hörgeräteverordnung durch die Klägerin an die Firma R. am 8.11.2004 sei nicht als Antrag gegenüber der Beigeladenen zu werten. Die Klägerin habe in der mündlichen Verhandlung am 25.1.2011 angegeben, dass sie auf Anraten des Mitarbeiters der Firma R. den Rehabilitationsantrag gerade bei der Beklagten gestellt habe. Auch in Anbetracht der Rechtsprechung des BSG (vgl Urteil vom 24.1.2013 - B 3 KR 5/12 R - BSGE 113, 40 = SozR 4-3250 § 14 Nr 19, RdNr 20) sei - entgegen der Auffassung der Beklagten - aufgrund der konkreten Gegebenheiten nicht schon in der Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung durch die Klägerin an die Firma R. ein Leistungsantrag bei der beigeladenen Krankenkasse zu sehen. Vielmehr habe sich die Klägerin hier bewusst für eine Antragstellung bei der Beklagten entschieden. Sowohl die zum Zeitpunkt der Übergabe der Hörgeräteverordnung an die Firma R. zwischen der Beigeladenen und den Hörgeräteakustikunternehmen geltenden vertragsrechtlichen Bestimmungen des Rahmenvertrages vom 23.3.1993 (RV) als auch die zum Abschluss der Versorgung ab dem 1.2.2005 geltenden Bestimmungen der Versorgungsvereinbarung (VersV) sprächen nicht für eine quasi automatische Antragstellung bei der Krankenkasse im Moment der Übergabe der ärztlichen Hörgeräteverordnung an den Hörgeräteakustiker. § 8 RV iVm Ziff 1 S 1 der Anlage 5 (Abrechnungsverfahren) zum RV sehe vor, dass Rechnungen über abgeschlossene Versorgungen und sonstige Leistungen bis zum 15. des Folgemonats maschinenlesbar bei der zuständigen Krankenkasse in zweifacher Ausfertigung einzureichen seien. Ziff 1 S 4 aaO bestimme, dass die "vollständig ausgefüllten kassenärztlichen Verordnungen und ggf. die genehmigten Kostenvoranschläge … beizufügen" seien. Das nach diesen Bestimmungen einzuhaltende Verfahren zeige, dass erst dann eine Befassung der Krankenkasse mit der Angelegenheit stattfinde, wenn die Versorgung praktisch schon erfolgt sei und nur noch die Abrechnung ausstehe. In gleicher Weise gestalteten sich auch die Rechtsbeziehungen der für die Zeit ab dem 1.2.2005 geltenden VersV. Gemäß § 5 Abs 1 S 2 VersV sei bei einer Folgeversorgung - wie hier - die ohrenärztliche Verordnung für die Krankenkasse ohne Bedeutung, denn die Krankenkasse verzichte auf die Vorlage einer neuen vertragsärztlichen Verordnung. Insoweit werde die ohrenärztliche Verordnung bei einer Folgeversorgung nur im Verhältnis zwischen dem Patienten bzw Kunden und dem Hörgeräteakustiker relevant. Deshalb könne in der Vorlage einer kassenärztlichen Verordnung zur Folgeversorgung auch kein Antrag an die Krankenkasse gesehen werden. Der Hörgeräteakustiker trete sowohl bei einer Erst- als auch bei einer Folgeverordnung erst vor Beginn der Versorgung mit der Krankenkasse in Kontakt (§ 5 Abs 2 VersV) und stelle eine Versorgungsanzeige; der Beginn der Versorgung sei aber erst der Zeitpunkt, an dem die Anpassung gemäß § 5 Abs 3 VersV abgeschlossen sei(§ 3 Abs 8 S 1 VersV). Folglich werde auch nach den Regeln der VersV die zuständige Krankenkasse erst gegen Ende des Anpassungsverfahrens erstmals mit der Angelegenheit befasst. Schließlich ergäben sich aus den gemäß § 7 Abs 1 VersV für die Abrechnungen zwischen den beteiligten Krankenkassen und den Hörgeräteakustikern maßgebenden Vorschriften des § 302 SGB V keine Anhaltspunkte dafür, dass mit der hier unstreitig erfolgten Übergabe der ohrenärztlichen Hörgeräteverordnung durch die Klägerin ein Antrag auf Versorgung bei der Beigeladenen gestellt worden sein könnte. Erst wenn die Krankenkasse konkret um die Gewährung einer Leistung angegangen werde, zB hier durch eine Versorgungsanzeige, könne eine Antragstellung iS von § 16 Abs 1 SGB I angenommen werden. Schließlich würde die Auffassung der Beklagten, dass mit der Übergabe des Hörgeräterezepts an den Hörgeräteakustiker gleichzeitig ein Antrag iS von § 19 S 1 SGB IV an eine Krankenkasse gestellt worden wäre, jedenfalls vorliegend dazu führen, dass eine Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers von vornherein ausgeschlossen wäre, da die Übergabe der Hörgeräteverordnung zwangsläufig Grundlage für das Tätigwerden des Hörgeräteakustikers sei. Dass aber ein genereller Ausschluss der Zuständigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung von der Hörgeräteversorgung im Teilhabefall nicht gesetzlich gewollt sein kann, ergebe sich bereits aus den Vorschriften der §§ 9 f SGB VI, die die Teilhabe Versicherter am Arbeitsleben regeln.

12

Vorliegend sei auch die weitere Voraussetzung des § 15 Abs 1 S 4 SGB IX, dass durch den verpflichteten Rehabilitationsträger eine Leistung zu Unrecht abgelehnt worden sei, erfüllt. Die ablehnende Entscheidung der Beklagten sei rechtswidrig gewesen, weil sie den Anspruch der Klägerin auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach den §§ 9, 15 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX unberücksichtigt gelassen habe. Dass die Klägerin auf eine gute Kommunikationsfähigkeit im Rahmen ihrer Tätigkeit bei einem Telekommunikationsunternehmen angewiesen gewesen sei, ergebe sich nicht nur aus dem Vortrag der Klägerin, sondern auch aus der Arbeitsplatzbeschreibung ihres Arbeitgebers vom 4.10.2005. Die Klägerin sei demnach überwiegend mit EDV-Tätigkeiten, daneben auch mit der Einarbeitung und Ausbildung von Auszubildenden im Rahmen eines Praktikumseinsatzes bzw der Einarbeitung von Aushilfskräften befasst gewesen und habe darüber hinaus an Teambesprechungen mit bis zu 30 Mitarbeitern teilgenommen und Arbeitsanweisungen an bis zu 20 Mitarbeiter weitergeleitet. Dass die Klägerin an ihrem Arbeitsplatz auf eine möglichst hochwertige Hörgeräteversorgung angewiesen sei, habe auch der Sachverständige Dr. S. in seinem Gerichtsgutachten vom 6.11.2006 zur Überzeugung des Senats nachvollziehbar dargelegt. Demnach könne die Klägerin ausschließlich mit Hörgeräten in digitaler Mehrkanaltechnik und unter Verwendung spezieller Spracherkennungsprogramme sowie einem Störgeräuschunterdrückungsprogramm versorgt werden. Nach dem Gutachten sei die Klägerin auf die bestmögliche Kommunikation angewiesen, sodass auch eine geringe Abweichung gegenüber einem schlechteren Festbetragsgerät nicht hinzunehmen sei. Daher sei die Versorgung der Klägerin mit dem tatsächlich beschafften Gerät zur Fortsetzung ihrer Erwerbstätigkeit zwingend erforderlich, sodass auf Seiten der Beklagten eine "Ermessensreduktion auf Null" gegeben sei.

13

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 14 SGB IX und des § 33 Abs 1 S 1 SGB V als auch § 33 Abs 8 S 1 Nr 4 SGB IX sowie eine Verletzung des rechtlichen Gehörs(§ 128 Abs 2 SGG), des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 103 SGG) und eine Überschreitung der Grenzen freier Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 SGG).

14

Erstangegangener Rehabilitationsträger iS der §§ 14 SGB IX, 16 SGB I sei nicht die Beklagte, sondern die Beigeladene, zumal der maßgebliche Antrag zuerst bei ihr gestellt worden sei. Da die Beigeladene den Antrag nicht innerhalb von zwei Wochen an die Beklagte weitergeleitet habe, habe die Beigeladene und nicht die Beklagte den Anspruch anhand aller Rechtsgrundlagen prüfen müssen, die in der konkreten Bedarfssituation vorgesehen gewesen seien. Die Zuständigkeit der Beigeladenen sei demnach ausschließlicher Natur gewesen und habe die Zuständigkeit aller anderen Träger und somit auch der Beklagten ausgeschlossen. Zwar habe der 3. Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 24.1.2013 (B 3 KR 5/12 R - BSGE 113, 40 = SozR 4-3250 § 14 Nr 19) zunächst offengelassen, ob die maßgebliche Antragstellung iS des § 14 SGB IX in dem zu entscheidenden Fall durch Übergabe der kassenärztlichen Verordnung an den Hörgeräteakustiker oder durch dessen Versorgungsanzeige bei der Krankenkasse erfolgt sei. Indem das LSG ausführe, erst wenn die Krankenkasse konkret um die Gewährung einer Leistung angegangen werde, zB hier durch eine Versorgungsanzeige, könne eine Antragstellung iS von § 16 Abs 1 SGB I angenommen werden, schließe das LSG von dem tatsächlichen Geschehen auf die rechtliche Befassungswirkung der Versorgungsanzeige iS des SGB IX. Ein Abstellen auf diesen späten Zeitpunkt widerspreche den Anforderungen, die der 3. Senat in seinem Urteil vom 24.1.2013 (B 3 KR 5/12 R) zum Umgang mit dem Leistungsrecht des SGB V aufgestellt habe, wonach sich ein Rehabilitationsträger seiner leistungsrechtlichen Verantwortung nicht entziehen und dem Leistungserbringer quasi die Entscheidung darüber überlassen dürfe, ob dem Versicherten eine Teilhabeleistung zuteil werde. Nach Auffassung der Beklagten setze nach der vom LSG festgestellten ausschließlich bilateral zwischen den Krankenkassen und den Hörgeräteakustikern vertraglich vereinbarten Verfahrensweise bereits die Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteversorgung das Verwaltungsverfahren rechtswirksam zu Lasten der jeweiligen Krankenkasse in Gang. Auf das Vorliegen einer Versorgungsanzeige beziehungsweise deren Eingang bei der Krankenkasse komme es daher nicht mehr an. Wenn die Entscheidung über das Ob und Wie - jedenfalls bis zur Höhe des Festbetrages - nach den getroffenen Vereinbarungen ausschließlich bei dem Hörgeräteakustiker als Leistungserbringer liege, setze dies nach Auffassung des Beklagten zwingend einen Antrag voraus, der nicht ex post in der Versorgungsanzeige an die Krankenkasse gesehen werden könne, also zu einem Zeitpunkt, in welchem die eigentlich von der Krankenkasse zu treffende, aber auf den Leistungserbringer übergegangene Verwaltungsentscheidung über die Leistungsbewilligung de facto schon gefallen sei, wie das LSG zutreffend erkannt habe und vom BSG mit deutlichen Worten moniert werde. Mit der Übergabe der Hörgeräteverordnung an den Hörgeräteakustiker setze der Versicherte ein Hilfsmittelversorgungsverfahren in Gang, wobei der Hörgeräteakustiker aufgrund seiner vertraglichen Beziehungen mit der Krankenkasse legitimiert sei, eine Leistung - wenn auch nur zum Festbetrag - zu ihren Lasten zu erbringen (mit Verweis auf BSG Urteil vom 24.1.2013 - B 3 KR 5/12 R - BSGE 113, 40 = SozR 4-3250 § 14 Nr 19, RdNr 20). Vertragliche Beziehungen zwischen den Leistungserbringern und den Versicherten bestünden insoweit nicht. Der Leistungserbringer sei vollständig in die Versorgungsstruktur der Krankenkassen einbezogen und fungiere faktisch als deren Außenstelle beziehungsweise als deren "verlängerter Arm". Der Antrag des Versicherten gelte daher mit der Übergabe an den Hörgeräteakustiker als gestellt. Dieser sei nicht lediglich Erklärungsbote der Klägerin, sondern als "Prüfbeauftragter" der Beigeladenen anzusehen, da er nach § 127 SGB V als Leistungserbringer ausschließlich in die Verwaltungsprozesse bei der Krankenkasse eingebunden und berechtigt sei, den individuellen Bedarf verbindlich festzustellen. Soweit das LSG gegen diese Sichtweise anführe, eine Zuständigkeit der Rentenversicherung sei so von vornherein ausgeschlossen, da die Übergabe der Hörgeräteversorgung zwangsläufig Grundlage für das Tätigwerden des Hörgeräteakustikers sei, treffe dies tatsächlich nicht zu. Bei der Beklagten gingen regelmäßig ganz gezielt Anträge auf berufsbedingte Hörgeräteversorgung ohne vorherige ärztliche Verordnung oder Einbeziehung eines Hörgeräteakustikers ein. Für die GKV habe das BSG bereits deutlich gemacht, dass, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig erreicht sei im Sinne eines Gleichziehens mit einem gesunden Menschen, die Versorgung mit einem fortschrittlichen Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden könne, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend (BSG Urteil vom 16.9.2004 - B 3 KR 20/04 R - BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4). Die Beklagte halte demgegenüber den gesetzlichen Versorgungsauftrag der Rentenversicherung insgesamt für nicht gegeben. Der Versorgungsauftrag der Rentenversicherungsträger beginne erst dann, wenn eine höherwertige Ausstattung ausschließlich "nur wegen einer auf eine besonders gute Hörfähigkeit angewiesenen beruflichen Tätigkeit" (BSG Urteil vom 21.8.2008 - B 13 R 33/07 R - BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 48) bzw "aus rein beruflichen Gründen" (BSG Urteil vom 24.1.2013 - B 3 KR 5/12 R - BSGE 113, 40 = SozR 4-3250 § 14 Nr 19, RdNr 53) erforderlich werde. Werde die höherwertige Ausstattung bereits im Rahmen des Behinderungsausgleichs erforderlich (also auch für den Alltagsgebrauch), wozu der Anspruch auf das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen gehöre, sei eine Leistungsbegrenzung in der GKV nicht gerechtfertigt. Indem das LSG ausschließlich auf die Höranforderungen am konkreten Arbeitsplatz abstelle und sich nicht mit dem Grundbedürfnis des Hörens und Verstehens in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen auseinandersetze, weiche es von den Grundsätzen des BSG ab.

15

Außerdem stelle sich das Urteil des LSG als Überraschungsentscheidung dar, mit der vor dem Hintergrund des Sachverständigengutachtens, des Schreibens des Leistungserbringers vom 15.9.2005 und des Beklagtenvortrags nicht zu rechnen gewesen sei. Die Beklagte sei mit einer Tatsachenwürdigung überrascht worden, für die bis dahin keine Hinweise vorgelegen hätten, weshalb eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 128 Abs 2 SGG) vorliege. Mit dem Unterlassen der notwendigen weiteren Sachverhaltsaufklärung habe das LSG außerdem den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) verletzt, denn es hätte der Frage nachgehen müssen, ob die höherwertige Hörgeräteversorgung auch für den Alltagsgebrauch erforderlich war. Schließlich habe das LSG auch die Grenzen freier Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 SGG) überschritten, indem es die wesentliche Angabe des Sachverständigen unberücksichtigt gelassen habe, dass eine kostengünstigere Ausstattung nur dann denkbar sei, wenn das Umfeld weitgehend von Störgeräuschen befreit sei (mit Verweis auf BSG Urteil vom 4.6.2002 - B 2 U 16/01 R - Juris). Auch das Schreiben des Leistungserbringers vom 15.9.2005 und die Einlassung der Klägerin, wonach diese sich mit anderen als den streitgegenständlichen Hörgeräten in ihrem Alltag nicht ausreichend verständigen könne, seien vom LSG gänzlich unbeachtet gelassen worden.

16

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Oktober 2013 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 17. Mai 2011 zurückzuweisen.

17

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

18

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Anders als die Beklagte behaupte, habe die Klägerin nicht eingeräumt, sich weder mit Geräten zum Kassenfestbetrag noch mit anderen Geräten im Alltag ausreichend verständigen zu können. Auch der gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. S. habe festgestellt, dass die Klägerin das private Leben weitgehend von Störgeräuschen befreit gestalten könne und sich daher die technische Ausstattung der Hörhilfe im rein privaten Umfeld zweifelsfrei deutlich reduzieren und somit kostengünstiger umsetzen lasse.

Entscheidungsgründe

19

A. Die statthafte Revision ist zulässig, soweit sie sich gegen die Anwendung materiellen Rechts wendet. Dagegen berücksichtigt das Rechtsmittel nicht ausreichend, dass Verfahrensverstöße grundsätzlich nur auf Rüge geprüft werden, die bis zum Ablauf der Begründungsfrist - vorliegend am 24.4.2014 - ordnungsgemäß erhoben sein muss (§ 202 SGG, § 557 Abs 3 S 2 ZPO).

20

Die Beklagte hat die von ihr geltend gemachten Verfahrensfehler nicht ausreichend begründet. Gemäß § 164 Abs 2 S 3 SGG müssen bei Verfahrensrügen die Tatsachen bezeichnet werden, die den Mangel ergeben. Die maßgeblichen Vorgänge müssen so genau angegeben sein, dass das Revisionsgericht sie, die Richtigkeit des Vorbringens unterstellt, ohne weitere Ermittlungen beurteilen kann (BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 20/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 18; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 164 RdNr 12 mwN).

21

1. Bei einer behaupteten Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) ist darzulegen, dass und inwiefern sich das LSG auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen (Leitherer, aaO, § 164 RdNr 12a). Das erfordert neben der exakten Benennung des nach Auffassung des Revisionsführers zum Beleg einer bestimmten Tatsache ungenutzt gebliebenen Beweismittels regelmäßig die Angabe, zu welchem Ergebnis die unterlassene Beweisaufnahme geführt hätte und die Darlegung, welche konkrete Bedeutung das behauptete Beweisergebnis auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts für dessen Entscheidung gehabt hätte.

22

Die bloße Behauptung der Beklagten, das eingeholte Sachverständigengutachten reiche nicht aus, um zu klären, ob die höherwertige Hörgeräteversorgung auch für den Alltagsgebrauch erforderlich sei, das LSG hätte sich daher zu einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts gedrängt fühlen müssen, um ihre Leistungspflicht als Rentenversicherungsträger begründen zu können, genügt diesen Anforderungen nicht. Weder benennt die Beklagte ein ungenutzt gebliebenes Beweismittel, noch nimmt sie den Rechtsstandpunkt des LSG ein, um eine mögliche Entscheidungserheblichkeit aufzuzeigen.

23

2. Auch eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör in der besonderen Erscheinungsform des § 128 Abs 2 SGG hat die Revision nicht hinreichend dargelegt. Nach dieser Vorschrift darf das Urteil nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Die Beklagte missversteht den Anwendungsbereich der Norm, soweit sie geltend macht, vor dem Hintergrund des Sachverständigengutachtens, des Schreibens des Leistungserbringers vom 15.9.2005 und des Beklagtenvortrags habe sie mit der getroffenen Entscheidung nicht rechnen können und sei mit einer Tatsachenwürdigung überrascht worden, für die bis dahin keine Hinweise vorgelegen hätten. § 128 Abs 2 SGG konkretisiert den verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch auf rechtliches Gehör(Art 103 Abs 1 GG), beschränkt sich hierbei gegenüber dem inhaltlich weiteren § 62 SGG jedoch auf die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung. Die Beklagte benennt indessen keine derartigen Grundlagen, zu denen sie sich nicht hätte äußern können; sie ist vielmehr offenbar der Auffassung, sie hätte zu den hieraus zu ziehenden Schlussfolgerungen des Tatsachengerichts gehört werden müssen. § 128 Abs 2 SGG betrifft aber weder die (ohnehin nur eingeschränkte) Verpflichtung zum Rechtsgespräch noch das allgemeine Verbot von Überraschungsentscheidungen(vgl Breitkreuz in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 128 RdNr 10) und kommt damit auch nicht als Grundlage eines allgemeinen Verfahrensgrundsatzes in Betracht, der das Gericht verpflichten würde, die Beteiligten vor einer Entscheidung auf eine in Aussicht genommene Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gründe zuvor mit ihnen zu erörtern (vgl BSG Beschlüsse vom 17.10.2006 - B 1 KR 104/06 B - Juris und vom 2.11.2011 - B 12 KR 34/11 B - Juris). Etwas anderes könnte im engen Anwendungsbereich von § 128 Abs 2 SGG allenfalls dann gelten, wenn der vom Berufungsgericht eingenommene Standpunkt dem Verfahren eine überraschende Wende gibt(BSG Beschluss vom 2.11.2011 - B 12 KR 34/11 B - Juris RdNr 8; vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 62 RdNr 8a f), dh die als solche bekannten Tatsachen und Beweisergebnisse (das "Rohmaterial" der richterlichen Überzeugungsbildung und der auf ihrer Grundlage getroffenen tatsächlichen Feststellungen iS von § 163 SGG, die gemäß § 128 Abs 1 S 2 SGG erst im Urteil zu erläutern sind) in einen völlig neuen, von keinem Beteiligten vorhersehbaren rechtlichen Zusammenhang stellt. Auch dass ein solcher Ausnahmetatbestand vorliegt, hat die Beklagte weder dargelegt noch ist dies sonst ersichtlich. Vielmehr befassen sich bereits die angegriffenen Bescheide (zu Unrecht) allein mit der Frage, ob die Beklagte als Träger der gesetzlichen Rentenversicherung deshalb leistungsverpflichtet ist, weil der Arbeitsplatz der Klägerin besondere Anforderungen stellt und gerade im Blick hierauf eine spezielle Hörgeräteausstattung der Klägerin erforderlich ist. Unter diesen Umständen erschließt sich nicht, inwiefern die Beklagte dadurch in ihrer Rechtsverteidigung behindert worden sein könnte, dass das Berufungsgericht tatsächliche Feststellungen ungeachtet der inhaltlichen Richtigkeit seiner Schlussfolgerungen in einem von ihr selbst von Anfang an erörterten rechtlichen Kontext würdigt.

24

3. Schließlich hat die Beklagte auch den gedanklichen Weg des LSG zu seiner Überzeugung vom (Nicht-)Vorliegen des (aus seiner Sicht) rechtlich maßgeblichen Sachverhalts, also der zusammenfassenden Würdigung der Tatsachen und Beweisergebnisse (§ 128 Abs 1 S 1 SGG) nicht mit zulässigen Revisionsrügen angegriffen (§ 163 SGG). Die entsprechende Überzeugungsbildung ist grundsätzlich dem Tatsachengericht vorbehalten. Das Revisionsgericht kann das insofern eingeräumte Ermessen nur insofern überprüfen, ob das Tatsachengericht bei der Beweiswürdigung gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen hat, und ob es das Gesamtergebnis des Verfahrens ausreichend und umfassend berücksichtigt hat (stRspr vgl BSG Urteile vom 6.4.1989 - 2 RU 69/87 - HV-Info 1989, 1368 und vom 27.1.1994 - 2 RU 3/93 - HVBG-Info 1994, 943; BSG SozR 3-2200 § 551 Nr 16 und § 539 Nr 19; Keller, aaO, § 128 RdNr 10 bis 13 mwN). Soweit die Beklagte demgegenüber die Auffassung vertritt, die vom LSG formulierte Sachverhaltsbeschreibung hätte als Untersatz nicht unter die vom Berufungsgericht für einschlägig erachteten normativen Obersätze subsumiert werden dürfen bzw das LSG hätte den festgestellten Sachverhalt ausgehend von einer anderen Rechtsauffassung (rechtliche Maßgeblichkeit der Alltagssituation anstelle der Verhältnisse am Arbeitsplatz) würdigen müssen, betrifft auch ein derartiges Vorbringen schon seiner Art nach keinen Verfahrensfehler (error in procedendo), sondern den rechtlichen Ausgangspunkt des Berufungsgerichts und dessen inhaltliche Richtigkeit (error in iudicando). Aus der von der Revision in Bezug genommenen Entscheidung des 2. Senats des BSG (Urteil vom 4.6.2002 - B 2 U 16/01 R - Juris) ergibt sich schon deshalb nichts anderes. Das BSG befasst sich aaO mit dem - von der Beklagten vorliegend nicht ansatzweise behaupteten - Fall einer durch eigene Sachkunde nicht gerechtfertigten Abweichung des Berufungsgerichts von einer nach dessen eigener Auffassung rechtlich relevanten Aussage des medizinischen Sachverständigengutachtens, nicht aber mit der nach dem Vortrag der Revision allein in Betracht kommenden Konstellation, dass das LSG das Gutachtensergebnis rechtlich (!) in einer von der Auffassung eines Beteiligten abweichenden Weise würdigt und sich daher auf andere Aussagen stützt als der Beteiligte.

25

B. Die im Übrigen zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Die unabhängig von der Revisionsbegründung in vollem Umfang eröffnete Sachprüfung durch den erkennenden Senat ergibt, dass eine abschließende Entscheidung beim derzeitigen Erkenntnisstand "untunlich" ist und weitere Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des BSG (§ 170 Abs 5 SGG) erforderlich sind. Derzeit kann über die Frage, ob die Klägerin gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Erstattung eines Betrages in Höhe von 3360,84 € hat, insbesondere deshalb nicht entschieden werden, weil Feststellungen dazu fehlen, ob die Beklagte oder die Beigeladene im Rechtssinn erstangegangener Träger iS des § 14 SGB IX sind und aus welchem Rechtsgebiet ein (Primär-)Anspruch gegen den zuständigen Träger in Betracht kommt.

26

1. § 15 Abs 1 SGB IX, der vorliegend als einzige Anspruchsgrundlage in Betracht kommt, normiert trägerübergreifend Kostenerstattungsansprüche für selbstbeschaffte Teilhabeleistungen und ist unmittelbar auch in der gesetzlichen Rentenversicherung anwendbar(Urteil des Senats vom 20.10.2009 - B 5 R 5/07 R - SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 12). Dies bestätigt insbesondere der mit Wirkung vom 1.7.2001 in § 13 Abs 3 SGB V eingefügte S 2; danach werden Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem SGB IX gemäß § 15 SGB IX erstattet. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass sich die Kostenerstattung für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation abweichend von der Selbstbeschaffung anderer Leistungen nach dem SGB IX richtet (BT-Drucks 14/5074 S 117 zu Nr 7 Buchst b). Ausweislich dieser gesetzgeberischen Absicht sollte mit § 15 SGB IX eine einheitliche Kostenerstattungsregelung für den Bereich der Teilhabeleistungen geschaffen werden. Hierfür spricht auch, dass § 15 Abs 1 S 5 SGB IX ausdrücklich regelt, für welche Träger welche Kostenerstattungsansprüche der Norm nicht gelten sollen(vgl Urteil des Senats vom 20.10.2009 - B 5 R 5/07 R - SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 12).

27

Von den in § 15 Abs 1 S 1 bis 3 und S 4 SGB IX geregelten drei unterschiedlichen Tatbeständen, die zur Kostenerstattungspflicht führen können, kommt auf der Grundlage der derzeit vorliegenden Feststellungen die in S 4 aufgeführte zweite Alternative als Grundlage des streitigen rehabilitationsrechtlichen Anspruchs der Klägerin auf Erstattung der Kosten in Betracht, die ihr aus der Selbstbeschaffung von zwei Hörgeräten vom Typ "Senso Diva SD-19 mit Poti" zuzüglich Zubehör nach Gewährung eines Festbetrages durch die Beigeladene in Höhe von 972,41 € entstanden sind. Nach dieser Vorschrift besteht die Erstattungspflicht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat.

28

Rehabilitationsträger iS von § 15 Abs 1 S 4 SGB IX ist ausweislich des systematischen Zusammenhangs der Bestimmung mit S 3 der zuständige Rehabilitationsträger. Nach S 3 ist der "zuständige" Rehabilitationsträger unter bestimmten Voraussetzungen zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet, wenn sich Leistungsberechtigte eine erforderliche Leistung selbst beschaffen. Die Erstattungspflicht des "zuständigen" Rehabilitationsträgers erstreckt S 4 auf die darin geregelten Tatbestände, indem er bestimmt, dass die Erstattungspflicht "auch" in diesen Fällen besteht. Zuständiger Rehabilitationsträger iS des § 15 Abs 1 SGB IX ist der nach § 14 SGB IX verantwortliche Rehabilitationsträger(so auch Löschau, GK-SGB IX, § 15 RdNr 13, Stand VII/2008). Dies ergibt sich schon daraus, dass § 15 Abs 1 S 1, S 4 SGB IX an die in § 14 Abs 2 SGB IX normierten Fristen sowie an Verhaltenspflichten (rechtzeitige Erbringung bzw keine rechtswidrige Ablehnung der Leistung) anknüpft, die für das (Verwaltungs-)Verfahren zwischen dem zur Entscheidung berufenen Rehabilitationsträger und dem behinderten Menschen gelten. Welcher Rehabilitationsträger im Außenverhältnis zu diesem zuständig ist, richtet sich aber nach § 14 SGB IX(vgl bereits Urteil des Senats in SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 14).

29

2. Wie der Senat ebenfalls bereits zusammenfassend ausgeführt hat (Urteil vom 11.5.2011 - B 5 R 54/10 R - BSGE 108, 158 = SozR 4-3250 § 17 Nr 1, jeweils RdNr 31), ist für § 14 SGB IX durch die bisherige Rechtsprechung geklärt, dass derjenige Träger, der den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe nicht weitergeleitet hat (erstangegangener Träger) und derjenige Träger, an den der Antrag weitergeleitet wurde (zweitangegangener Träger) und der daher zu einer erneuten Weiterleitung grundsätzlich nicht ermächtigt ist, ungeachtet seiner "eigentlichen" Zuständigkeit jeweils zur umfassenden Prüfung des Rehabilitationsbedarfs nach § 10 SGB IX verpflichtet ist(vgl Urteil des Senats in SozR 4-3250 § 14 Nr 8; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7). Entsprechend dem Primärzweck der Norm, bei fortdauernder interner Verpflichtung des eigentlich zuständigen Leistungsträgers eine schnelle Klärung der Zuständigkeit im Außenverhältnis zu gewährleisten (BSGE 101, 79 = SozR 4-3500 § 54 Nr 1), hat dieser Träger auf den grundsätzlich in einem umfassenden Sinne zu verstehenden Antrag den Anspruch des Leistungsberechtigten an Hand aller Rechtsgrundlagen für Teilhabeleistungen, die überhaupt in der konkreten Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind, und unter Beachtung der persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der jeweiligen Leistungsgesetze zu prüfen (vgl Urteil des Senats aaO mwN und BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4 sowie BSGE 101, 79 = SozR 4-3500 § 54 Nr 1). Insofern bleibt der erst- bzw zweitangegangene Träger im Verhältnis zum Versicherten aufgrund einer gesetzlich besonders geregelten sachlichen Zuständigkeit endgültig, ausschließlich und umfassend leistungspflichtig, auch wenn er nach den geltenden Normen außerhalb des SGB IX nicht für die beanspruchte Rehabilitationsleistung zuständig ist (Urteil des Senats in BSGE 104, 294 = SozR 4-3250 § 14 Nr 9). Diese Zuständigkeit umfasst ggf auch Erstattungsansprüche aus § 15 Abs 1 S 4 SGB IX(vgl Urteil des Senats vom 20.10.2009 - B 5 R 5/07 R - SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 16 mwN; BSGE 98, 277 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4, RdNr 12; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 30). Soweit Leistungen verschiedener Leistungsgruppen oder mehrerer Rehabilitationsträger erforderlich sind, ist der nach § 14 SGB IX leistende Rehabilitationsträger dafür verantwortlich, dass die beteiligten Rehabilitationsträger im Benehmen miteinander und in Abstimmung mit dem Leistungsberechtigten die nach dem individuellen Bedarf voraussichtlich erforderlichen Leistungen funktionsbezogen feststellen und schriftlich so zusammenstellen, dass sie nahtlos ineinandergreifen(§ 10 Abs 1 S 1 SGB IX). Prozessual ergibt sich hieraus, dass sich Widerspruch und Klage allein gegen den nach § 14 SGB IX zuständigen Träger richten, ohne dass sich der Kläger um die innerhalb des gegliederten Systems verteilten Zuständigkeiten kümmern müsste. Der möglicherweise - im Innenverhältnis der Träger - endgültig zuständige ist notwendig beizuladen (BSGE 101, 79 = SozR 4-3500 § 54 Nr 1).

30

3. Nach den Feststellungen des LSG kommt vorliegend nur eine Zuständigkeit des erstangegangenen Trägers iS von § 14 Abs 1 S 1, Abs 2 S 1 SGB IX in Betracht, da auch nach der übereinstimmenden Darstellung der Beteiligten im Revisionsverfahren eine Weiterleitung des Antrags von einem Träger an einen anderen nicht stattgefunden hat. Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des hiernach verantwortlichen Rehabilitationsträgers ist der Antrag des Leistungsberechtigten. Im Zweifel will der behinderte Mensch die ihm günstigste Art der Leistungsgewährung in Anspruch nehmen, sodass der gestellte Antrag umfassend, dh auf alle nach Lage des Falles in Betracht kommenden Leistungen zu prüfen ist (BSG Urteile vom 29.11.2007 - B 13 R 44/07 R - SozR 4-2600 § 236a Nr 2 RdNr 21 und vom 21.8.2008 - B 13 R 33/07 R - BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7). Der erkennende Senat hat für den vorliegenden Zusammenhang bereits entschieden, dass ein beim Träger der GKV gestellter Antrag auf Versorgung mit Hörgeräten immer auch auf Leistungen zur Teilhabe iS von §§ 1, 4 und 5 SGB IX gerichtet ist(Urteil vom 20.10.2009 - B 5 R 5/07 R - SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 18). Umgekehrt ist aus der Sicht des Rentenversicherungsträgers ggf unerheblich, wenn die Versorgung mit Hörhilfen nach dem Recht der GKV keine Leistung zur medizinischen Rehabilitation ist. Denn § 14 SGB IX muss seiner Intention nach auch in solchen Fällen gelten, in denen eine Leistung (hier: Hörhilfe/Hilfsmittel) beantragt wird, die nach dem Recht des angegangenen Trägers eine solche der medizinischen Rehabilitation, nach dem der ("eigentlich" mit- oder allein-) zuständigen Krankenkasse jedoch keine Leistung zur Teilhabe(iS der §§ 4, 5 SGB IX) ist (BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, jeweils RdNr 38).

31

4. Der Senat vermag auf der Grundlage der derzeit getroffenen Feststellungen die Aussage des LSG nicht zu bestätigen, dass die Beklagte im vorstehend erörterten Sinne erstangegangener Träger und daher Schuldner des streitigen Erstattungsanspruchs ist. Er stellt die typischerweise von ausreichenden Feststellungen zum - aus seiner Sicht - rechtlich relevanten Sachverhalt abhängige Spruchreife ungeachtet von (zulässigen) Verfahrensrügen der Beteiligten stets in eigener Zuständigkeit fest (§ 170 Abs 2 S 2 SGG) und ist insbesondere vorliegend nicht gemäß § 163 SGG auf die Verwertung der positiv getroffenen "tatsächlichen Feststellungen" des Berufungsgerichts beschränkt. Hierzu gilt im Einzelnen Folgendes:

32

a) Der erstangegangene Träger wird im Blick auf die Zuständigkeitsregelung des § 14 SGB IX durch den rehabilitationsrechtlichen Erstantrag bestimmt. Antrag in diesem Sinne ist jede an den Versicherungsträger gerichtete Willenserklärung, aus der sich ein Leistungsverlangen ergibt (vgl Hampel in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 19 SGB IV RdNr 23). Der Antrag ist formlos, daher entsprechend dem Grundsatz des § 9 SGB X insbesondere auch mündlich oder durch sonstiges (konkludentes) Handeln, möglich(Luik in: jurisPK-SGB IX, § 14 SGB IX RdNr 51). An seinen Inhalt sind keine überspannten Anforderungen zu stellen (vgl Hessisches LSG Beschluss vom 6.9.2011 - L 7 AS 334/11 B ER - Juris RdNr 51). Sofern das Sozialrecht keine speziellen Regelungen trifft, finden bei der Auslegung konkludenter Handlungen die Vorschriften des BGB, insbesondere dessen § 133, Anwendung(BSG Urteil vom 2.4.2014 - B 4 AS 29/13 R - BSGE , SozR 4-4200 § 37 Nr 6, Juris RdNr 16; BSG Urteil vom 17.7.1990 - 12 RK 10/89 - SozR 3-1200 § 16 Nr 2 mwN, Juris RdNr 20). Der entsprechend anwendbare § 133 BGB erfordert die Feststellung des (normativ) in Wahrheit Gewollten nach Maßgabe des Empfängerhorizonts auf der Grundlage aller im Einzelfall als einschlägig in Betracht kommenden Umstände. Maßgebend für die Auslegung eines Antrags ist daher - unter Berücksichtigung aller Umstände - der erkennbare wirkliche Wille des Antragstellers (BSG Urteil vom 1.4.1981 - 9 RV 49/80 - SozR 3100 § 48 Nr 7, Juris RdNr 17; BSG Urteil vom 23.2.1973 - 3 RK 44/71 - BSGE 35, 220, 221 = SozR Nr 2 zu § 173a RVO, Juris RdNr 18). Die Auslegung hat nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung zu erfolgen (BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 3/09 R - SozR 4-4200 § 28 Nr 3 RdNr 14). Danach ist, sofern eine ausdrückliche Beschränkung auf eine bestimmte Leistung nicht vorliegt, davon auszugehen, dass der Antragsteller die nach der Lage des Falls ernsthaft in Betracht kommenden Leistungen begehrt, unabhängig davon, welchen Ausdruck er gewählt hat (BSG Urteil vom 11.9.2001 - B 2 U 41/00 R - SozR 3-2200 § 1150 Nr 5 Juris RdNr 24; BSG vom 1.4.1981 - 9 RV 49/80 - SozR 3100 § 48 Nr 7 Juris RdNr 17; BSG Urteil vom 15.11.1979 - 7 RAr 75/78 - BSGE 49, 114 = SozR 4100 § 100 Nr 5, Juris RdNr 13).

33

b) Die hiernach im Rahmen der Rechtsanwendung von den Tatsachengerichten zu leistende Gesamtaufgabe der Auslegung von Erklärungen ist dem BSG als Revisionsgericht dessen besonderem Aufgabenbereich entsprechend nur eingeschränkt zugewiesen. Das Revisionsgericht hat insofern grundsätzlich von den in den Urteilen der Tatsacheninstanzen getroffenen tatsächlichen Feststellungen auszugehen (§ 163 SGG).

34

Allerdings darf das Revisionsgericht die Ermittlung des rechtlich maßgeblichen Sinns (Auslegung) von Willenserklärungen durch ein Tatsachengericht unabhängig von einer Rüge vollinhaltlich daraufhin prüfen, ob dieses Gericht die revisiblen bundesrechtlichen Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB), anerkannte Auslegungsgrundsätze sowie allgemeine Erfahrungssätze beachtet und bei der Ermittlung des Bedeutungsgehalts nicht gegen Denkgesetze verstoßen hat (exemplarisch BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1, jeweils RdNr 67). Die vollständige Feststellung des Erklärungstatbestandes und die Ableitung des Erklärungsinhalts hieraus beschränkt sich nämlich nicht auf einschlägige Tatsachenfeststellungen zum maßgeblichen Lebenssachverhalt, sondern betrifft wesentlich die generell vorgeschriebene Methodik dieses Vorgangs, deren Kontrolle dem Revisionsgericht obliegt. Dessen Prüfungskompetenz kann jedoch ebenso von der Art der jeweils in Frage stehenden Erklärung abhängig sein wie das jeweils maßgebliche Auslegungsziel und ist damit bei empfangsbedürftigen öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen der vorstehend in Frage stehenden Art weiter als in den Fällen, in denen es im Rahmen der sog natürlichen Auslegung auf den "wahren" (inneren) Willen des jeweils Erklärenden ankommt (vgl zur methodischen Unterscheidung von natürlicher und normativer Auslegung Palandt/Ellenberger, BGB, 72. Aufl 2013, § 133 BGB RdNr 7). Rechtlich maßgebend für den Inhalt eines öffentlich-rechtlichen Antrags oder Rechtsbehelfs ist, wie die Behörde einen Antrag unter Berücksichtigung aller erkennbaren Umstände sowie nach Treu und Glauben zu verstehen hat. Dabei muss sich die Auslegung auf die in Frage stehenden Äußerungen in ihrer Gesamtheit und das mit ihnen erkennbar verfolgte Rechtsschutzziel beziehen (vgl insgesamt BVerwG Urteil vom 12.12.2001 - 8 C 17/01 - BVerwGE 115, 302 ff). Ein in der Revisionsinstanz zu beachtender Verstoß liegt auch vor, wenn bei Würdigung der festgestellten Tatsachen Begriffsbestimmungen des allgemeinen oder des rechtlichen Sprachgebrauchs nicht zutreffend verwendet wurden, denn auf diese Weise gewonnene Ergebnisse stehen mit den allgemeinen Erfahrungssätzen in der Regel nicht in Einklang und beeinflussen insofern das Ergebnis der Tatsachenwürdigung (vgl BFH Urteil vom 28.6.1977 - VIII R 115/73 - BFHE 122, 512 ff und BVerwG Urteil vom 27.5.1981 - 8 C 6/81 - NVwZ 1982, 196 f). Das BSG hat daher insbesondere zu prüfen, ob diese Anforderungen auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen überhaupt und ggf zutreffend beachtet sind. Hat das LSG weitere einschlägige Umstände zwar festgestellt, aber nicht - zutreffend - in seine Auslegung einbezogen, kann das BSG diese selbst vornehmen. Da der Anwendungsbereich des § 163 SGG auf positiv getroffene Feststellungen beschränkt ist, prüft das Revisionsgericht zudem in eigener Zuständigkeit auch, ob die zur Auslegung erforderlichen Umstände von der Vorinstanz vollständig ermittelt worden sind(BSG in SozR 1300 § 31 Nr 3 Juris RdNr 15 und BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1, jeweils RdNr 67). Fehlt es hieran, ist die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung nach weiterer Sachaufklärung zurückzuverweisen.

35

c) Zum rechtlichen Kontext von Erklärungen der in Frage stehenden Art hat der 3. Senat des BSG im Urteil vom 24.1.2013 (B 3 KR 5/12 R - BSGE 113, 40 = SozR 4-3250 § 14 Nr 19, jeweils RdNr 20)festgestellt:

        

"Der Senat kann offenlassen, ob die maßgebliche Antragstellung iS des § 14 SGB IX durch Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung vom 9.6.2006 seitens der Klägerin an den Hörgeräteakustiker oder erst durch dessen Versorgungsanzeige bei der Krankenkasse erfolgt ist. In dem einen wie in dem anderen Fall läge ein Leistungsbegehren der Klägerin und damit ein Leistungsantrag iS des § 19 S 1 SGB IV vor, der in der Zeit zwischen dem 9.6.2006 (Tag der vertragsärztlichen Verordnung) und dem 12.7.2006 (Tag der Verwaltungsentscheidung) bei der Beigeladenen eingegangen ist. Deren Einwand, die vom LSG als Antrag angesehene Versorgungsanzeige sei allein Bestandteil der Innenkommunikation zwischen Leistungsbringer und Krankenkasse zur Gewährung einer Sachleistung (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V), durch die im Wesentlichen die Mitgliedschaft des Versicherten (vgl § 19 Abs 1 SGB V) geklärt werde, ist unzutreffend und wirklichkeitsfremd. Wenn sich ein Rehabilitationsträger - wie hier und bei der Hörgeräteversorgung wohl allgemein üblich - seiner leistungsrechtlichen Verantwortung durch sog 'Verträge zur Komplettversorgung' nahezu vollständig entzieht und dem Leistungserbringer quasi die Entscheidung darüber überlässt, ob dem Versicherten eine Teilhabeleistung (wenn auch nur zum Festbetrag) zuteil wird, dann erfüllt er weder seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Einzelfallprüfung nach § 33 SGB V noch befolgt er die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit(§ 12 Abs 1 und § 70 Abs 1 S 2 SGB V). Wer sich der Pflicht zur Antragsentgegennahme (§ 16 SGB I) verweigert, kann sich nicht darauf berufen, es sei bei ihm kein Antrag gestellt worden. Es mutet zudem abenteuerlich an, dass die Rehabilitationsträger die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln - hier: Hörgeräte - praktisch nicht mehr selbst vornehmen, sondern in die Hände der Leistungserbringer 'outgesourced' haben. Dass ein solches Vorgehen weder dem Grundgedanken der Festbetragsregelung gerecht wird noch zur Kostendämpfung beiträgt, dürfte klar auf der Hand liegen. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass die Beigeladene hinsichtlich der erfolgten Versorgung keinerlei nachprüfbare Unterlagen vorlegen konnte, wie dies in ihrem 'Vertrag zur Komplettversorgung' mit den Hörgeräteakustikern vorgeschrieben ist. Es existiert lediglich ein Datenauszug, der mit Datum 12.7.2006 die Bewilligung eines Hörgeräts und des Festbetrages dokumentiert - ohne jede weitere Überprüfung des Leistungsfalles. Der Senat hält eine derartige Praxis im Umgang mit dem Leistungsrecht des SGB V für nicht mehr akzeptabel."

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Der erkennende Senat schließt sich dem in vollem Umfang an. Hiervon ausgehend kann die maßgebliche Erstantragstellung rechtlich gleichwertig ("In dem einen wie in dem anderen Fall …") bereits in der Übergabe einer vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung an den Hörgeräteakustiker oder erst in dessen Versorgungsanzeige bei der Krankenkasse bzw - wie vorliegend - in der Antragstellung durch die Klägerin bei der Beklagten liegen. Sind die tatsächlichen Voraussetzungen aller drei Möglichkeiten erfüllt, sind sie nach Maßgabe ihrer zeitlichen Priorität gegeneinander abzugrenzen. Sollte die Klägerin durch die Übergabe der Hörgeräteverordnung an die Firma R. am 8.11.2004 gleichzeitig konkludent einen Leistungsantrag bei der Beigeladenen gestellt haben, könnte nur diese und nicht die vom LSG verurteilte Beklagte anspruchsverpflichtet sein.

37

d) Das LSG hat hierzu im angegriffenen Urteil festgestellt:

        

"Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend die beklagte Rentenversicherung als erstangegangener Rehabilitationsträger für die begehrte Hörgeräteversorgung im Sinne des § 14 SGB IX anzusehen. Die Zuständigkeit der Beklagten ergibt sich daraus, dass die Klägerin unmittelbar nach der Hörgeräteverordnung durch ihren HNO-Arzt Dr. A vom 08.11.2004 den bei der Beklagten am 11.11.2004 eingegangenen Antrag auf Gewährung von Teilhabeleistungen gestellt hat. Es liegen zur Überzeugung des Senats keine Hinweise dafür vor, dass vor der Beklagten noch die beigeladene Krankenkasse mit dem Begehren der Klägerin auf Gewährung einer Hörgeräteversorgung befasst worden wäre. Aus in den Gerichtsakten enthaltenen Aufzeichnungen der Beigeladenen ergibt sich, dass diese erst nach dem 16.03.2005, als die Firma R den sich aus der Rechnung vom 16.3.2005 ergebenden Festbetrag einziehen wollte, mit der Angelegenheit befasst wurde. Diese Reihenfolge der Befassung der unterschiedlichen Träger mit der Abrechnung der von der Klägerin in Anspruch genommenen Hörgeräte wird auch durch die glaubhafte Aussage des Zeugen B bestätigt. Dieser hat u. a. angegeben, dass der Kontakt zur Krankenkasse üblicherweise erst dann hergestellt worden sei, wenn der Patient sich endgültig für die betreffenden Geräte entschieden habe und die Abrechnung habe beginnen können. Für einen im vorliegenden Fall abweichenden Ablauf der Versorgung liegen keine Anhaltspunkte vor.

        

Die Übergabe der Hörgeräteverordnung durch die Klägerin an die Firma R am 08.11.2004 ist nicht als Antrag gegenüber der Beigeladenen zu werten. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung am 25.01.2011 angegeben, dass sie auf Anraten des Mitarbeiters der Firma R den Rehabilitationsantrag gerade bei der Beklagten gestellt hat. Auch in Anbetracht der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 24.01.2013 - B 3 KR 5/12 R - a.a.O. Rdnr. 20) ist - entgegen der Auffassung der Beklagten - auf Grund der konkreten Gegebenheiten nicht schon in der Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung durch die Klägerin an die Firma R ein Leistungsantrag bei der Krankenkasse zu sehen. Hier liegen die Dinge eindeutig so, dass sich die Klägerin bewusst für eine Antragstellung bei der Beklagten entschieden hat. Sowohl die zum Zeitpunkt der Übergabe der Hörgeräteverordnung an die Firma R zwischen der Beigeladenen und den Hörgeräteakustikunternehmen geltenden vertragsrechtlichen Bestimmungen des Rahmenvertrages vom 23.03.1993 als auch die zum Abschluss der Versorgung ab dem 01.02.2005 geltenden Bestimmungen der Versorgungsvereinbarung sprechen nicht für eine quasi automatische bei der Krankenkasse im Moment der Übergabe der ärztlichen Hörgeräteversorgung beim Hörgeräteakustikunternehmen. § 8 RV i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 (Abrechnungsverfahren) zum RV sieht vor, dass Rechnungen über abgeschlossene Versorgungen und sonstige Leistungen bis zum 15. des Folgemonats maschinenlesbar bei der zuständigen Krankenkasse in zweifacher Ausfertigung einzureichen sind. Ziff. 1 Satz 4 a.a.O. bestimmt, dass die 'vollständig ausgefüllten kassenärztlichen Verordnungen und ggf. die genehmigten Kostenvoranschläge … beizufügen' sind. Das nach diesen Bestimmungen einzuhaltende Verfahren zeigt, dass jedenfalls nach den Bestimmungen des Rahmenvertrages vom 23.3.1993 erst dann eine Befassung der Krankenkasse mit der Angelegenheit stattfindet, wenn die Versorgung praktisch schon erfolgt ist und nur noch die Abrechnung aussteht. In gleicher Weise gestalten sich auch die Rechtsbeziehungen der für die Zeit ab dem 01.02.2005 geltenden Versorgungsvereinbarung. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 VersV ist bei einer Folgeversorgung - wie hier - die ohrenärztliche Verordnung für die Krankenkasse ohne Bedeutung, denn die Krankenkasse verzichtet auf die Vorlage einer neuen vertragsärztlichen Verordnung. Insoweit wird die ohrenärztliche Verordnung bei einer Folgeverordnung nur im Verhältnis zwischen dem Patienten bzw. Kunden und dem Hörgeräteakustiker relevant. Deshalb kann in der Vorlage einer Verordnung zur Folgeversorgung auch kein Antrag an die Krankenkasse zur Aufnahme einer Versorgung gesehen werden. Der Hörgeräteakustiker tritt sowohl bei der Erstversorgung als auch bei einer Folgeversorgung erst vor Beginn der Versorgung mit der Krankenkasse in Kontakt (§ 5 Abs. 2 VersV) und stellt eine Versorgungsanzeige; der Beginn der Versorgung ist aber erst der Zeitpunkt, an dem die Anpassung gemäß § 5 Abs. 3 VersV abgeschlossen ist (§ 3 Abs. 8 Satz 1 VersV). das heißt, dass auch nach den Regeln der Versorgungsvereinbarung die zuständige Krankenkasse erst gegen Ende des Anpassungsverfahrens erstmals mit der Angelegenheit befasst wird. Schließlich ergeben sich aus den gemäß § 7 Abs. 1 VersV für die Abrechnungen zwischen den beteiligten Krankenkassen und den Hörgeräteakustikern maßgebenden Vorschriften des § 302 SGB V keine Anhaltspunkte dafür, dass mit der hier unstreitig erfolgten Übergabe der ohrenärztlichen Hörgeräteverordnung durch die Klägerin ein Antrag auf Versorgung durch die Beigeladene gestellt worden sein könnte. Erst aber wenn die Krankenkasse konkret um die Gewährung einer Leistung angegangen wird, z.B. hier durch eine Versorgungsanzeige, kann eine Antragstellung i.S. v. § 16 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) angenommen werden. …"

38

e) Nach den Feststellungen des LSG galt zum rechtlich maßgeblichen Zeitpunkt der Übergabe der Hörgeräteverordnung durch die Klägerin an die Firma R. noch der Rahmenvertrag vom 23.3.1993 ua zwischen dem BKK Landesverband Rheinland-Pfalz und der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker. Das Berufungsgericht hat die Regelungen dieser Vereinbarung zu Unrecht nur insofern zur Begründung seiner Entscheidung herangezogen, als es allein den Bestimmungen über das Abrechnungsverfahren (§ 8 RV iVm Ziff 1 S 1 der Anlage 5) entnommen hat, dass der RV nicht für eine "quasi automatische Antragstellung" bei der Krankenkasse spreche und erst dann eine Befassung der Krankenkasse mit der Angelegenheit stattfinde, wenn die Versorgung praktisch schon erfolgt ist und nur noch die Abrechnung stattfindet. Das LSG hat dabei alle anderen Regelungen der RV unberücksichtigt gelassen und sich insbesondere nicht mit deren § 5 auseinandergesetzt. Nach Abs 1 aaO dürfen Leistungen nach diesem Vertrag nur aufgrund einer ohrenärztlichen Verordnung nach Maßgabe des Vordruckmusters 15 gemäß § 28 BMV-Ä(Anlage 3) erbracht werden. Die Verordnung verliert ihre Gültigkeit, wenn sie nicht innerhalb von sechs Wochen nach ihrer Ausstellung vom Hörgeräte-Akustiker angenommen worden ist (Datum des Annahmestempels), es sei denn, dass die Krankenkasse der Leistungserbringung zustimmt. Nach Abs 2 hält der Hörgeräte-Akustiker ein dort näher umschriebenes aktuelles, ausreichendes Sortiment von qualitativ hochwertigen Hörgeräten … vor. Gemäß Abs 3 aaO sind Leistungen entsprechend dem allgemeinen Stand der hörakustischen Erkenntnisse zu erbringen. Die Hörgeräteversorgung ist auf der Grundlage des Vergleichs des Hörerfolgs mit verschiedenen Hörgeräten durchzuführen. Abs 4 aaO sieht vor, dass dem Versicherten im Rahmen der Anpassung mindestens zwei zuzahlungsfreie Versorgungsvorschläge mit Hörgeräten der Anlage 2, die dem aktuellen technischen Stand entsprechen, zu unterbreiten sind. Wählt der Versicherte eine andere Hörhilfe, kann der Hörgeräte-Akustiker dieses Gerät einschließlich Zubehör abgeben und dem Versicherten eine Zuzahlung in Rechnung stellen. In solchen Fällen hat der Versicherte auf der Rückseite der ärztlichen Verordnung folgende Erklärung abzugeben und zu unterschreiben: "Ich bin über das Angebot einer zuzahlungsfreien Versorgung informiert worden. Mit einer Zuzahlung für das (die) von mir ausgewählten Hörgeräte bin ich einverstanden." Die Hörgeräte, mit denen der Versicherte versorgt wird, sind in der Verordnung mit der genauen Herstellerbezeichnung anzugeben. Die Anpassung gilt als abgeschlossen, wenn der verordnende Vertragsarzt auf Vordruckmuster 15 bestätigt hat, dass durch die vorgeschlagene Hörhilfe eine ausreichende Verbesserung der Hörfähigkeit erzielt wird und die Hörhilfe zweckmäßig ist. Der Hörgeräte-Akustiker verpflichtet sich, bei der Versorgung, die jeweils gültigen Heilmittel- und Hilfsmittel-Richtlinien zu beachten (Abs 5). Er stellt sicher, dass die Leistungen nach diesem Vertrag nur von Fachpersonal (Meister, Gesellen) im Hörgeräte-Akustiker-Handwerk erbracht werden (Abs 6). Der Versicherte hat den Empfang der Leistung unter Abgabe des Datums durch Unterschrift auf der Rückseite des Verordnungsvordrucks (Anlage 3) bzw der Empfangsbescheinigung zu bestätigen (Abs 7). Der Hörgeräte-Akustiker dokumentiert die Anpassunterlagen prüffähig und bewahrt sie vier Jahre auf. Auf Verlangen der Krankenkasse stellt er die Anpassunterlagen in den erforderlichen Einzelfällen, zB für den Medizinischen Dienst, kostenfrei zur Verfügung. Nachfolgend enthält § 6 Regelungen zu Nachbetreuung und Garantie sowie § 7 Regelungen zu Vergütung der Leistungen.

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In der Zusammenschau ergeben die Regelungen der RV damit kein anderes Rechtskonstrukt als dasjenige, das der Entscheidung des 3. Senats vom 24.1.2013 zugrunde liegt. Der gesamte Vorgang der Leistungserbringung von der Vorlage der ärztlichen Verordnung über die Anpassung und Auswahl der Hörgeräte bis zur Abrechnung mit dem Versicherten und seiner Kasse ist mit der Folge externalisiert, dass grundsätzlich jeder Kontakt des Versicherten mit seiner Kasse und damit der Aufwand eines Verwaltungsverfahrens vermieden wird. Dass eine Befassung der Kasse erst nach durchgeführter Versorgung erfolgt, ist notwendige tatsächliche Konsequenz einer derartigen evident an Gesichtspunkten einer betriebsorganisatorischen Optimierung und Zielen des "lean management" orientierten Handhabung nach dem Vorbild Privater, vermag allerdings rechtlich nicht das hieraus vom LSG abgeleitete Ergebnis zu begründen. Als Träger öffentlicher Verwaltung (§ 29 Abs 1 SGB IV, § 4 Abs 1 SGB IV) ist die Beigeladene nicht ermächtigt, sich ihrer verfassungsmäßigen Rechts- und Gesetzesbindung (Art 20 Abs 3 GG) zu entledigen und kann sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts insbesondere nicht durch eine faktische Privatisierung selbst von der Erledigung der ihr übertragenen Verwaltungsaufgaben entbinden. Vielmehr müssen sich Träger wie die Beigeladene in Abhängigkeit von der entsprechenden Willensbetätigung durch den Versicherten grundsätzlich bereits mit der Vorlage einer vertragsärztlichen Verordnung bei ihrem Vertragspartner so behandeln lassen, als wäre unmittelbar bei ihnen ein Leistungsantrag gestellt worden. Sie sähen sich andernfalls nicht nur zur Abbedingung zwingenden öffentlichen Rechts im eigenen Interesse ermächtigt, sondern müssten obendrein als befugt betrachtet werden, ihre systemübergreifenden rehabilitationsrechtlichen Aufgaben generell endgültig auf andere Träger abzuwälzen.

40

Aus den Nachfolgeregelungen in der ab 1.2.2005 geltenden Vereinbarung über die Versorgung von Versicherten ua der Betriebskrankenkassen in Rheinland-Pfalz (Versorgungsvereinbarung - VersV) ergibt sich ungeachtet ihrer vorliegend ohnehin fehlenden zeitlichen Anwendbarkeit strukturell nichts anderes. Versicherte, die gemäß § 19 S 1 SGB IV einen Antrag auf Versorgung mit Hörgeräten an ihre Kasse und damit zugleich einen Antrag auch auf Leistungen zur Teilhabe iS von §§ 1, 4 und 5 SGB IX stellen wollen, müssen damit ggf auch hiernach von Anfang an - ab dem Erstkontakt mit dem Leistungserbringer - so behandelt werden, als hätten sie diesen Antrag bei dem für sie zuständigen Träger der GKV gestellt. Der Umstand, dass die Kassen in Fällen der Folgeversorgung gegenüber den Hörgeräteakustikern "auf die Vorlage einer neuen vertragsärztlichen Verordnung" verzichten, mag zwar für den Normalfall die Schlussfolgerung des LSG rechtfertigen, dass es dann regelmäßig auch nicht mehr zur Übergabe einer Verordnung an den Hörgeräteakustiker kommt und insoweit auch die Möglichkeit entfällt, dass in der Übergabe gleichzeitig ein schlüssig erklärter Antrag an die Kasse liegen könnte. Indessen ist auch dann der VersV ein Verbot der ärztlichen (Folge-)Verordnung nicht zu entnehmen und bleibt vielmehr - wie sich aus § 73 Abs 2 Nr 7 SGB V ohne Weiteres ergibt - eine ärztliche Verordnung von Hörgeräten jederzeit möglich. Folglich kann der gerade formfrei mögliche Antrag nach § 19 S 1 SGB IV auch unter Geltung der VersV - jedenfalls im Einzelfall - noch ohne Weiteres darin liegen, dass eine ärztliche Anordnung - wie vorliegend - an den Hörgeräteakustiker übergeben wird. Soweit das BSG jedenfalls vor Inkrafttreten von § 33 Abs 5a SGB V die Auffassung vertreten hat, dass eine fehlende ärztliche Verordnung den Leistungsanspruch nicht ausschließt, weil sich der Arztvorbehalt des § 15 Abs 1 S 2 SGB V nicht auf den Hilfsmittelbereich erstreckt(vgl exemplarisch BSG vom 10.3.2010 in SozR 4-2500 § 33 Nr 29), ergibt sich auch hieraus nichts anderes. Demgegenüber würde die Rechtsauffassung des LSG zu dem sinnwidrigen Ergebnis führen, dass im Verhältnis des Hörgeräteakustikers zur Krankenkasse die Anwendbarkeit der VersV erst mit dessen Anzeige nach § 5 Abs 2 ebenda geklärt wäre und damit für notwendig vorher zu erbringende Leistungen wie die Ermittlung der (akustischen) Kenndaten des Gehörs(§ 4 VersV und Anlage 4 hierzu) sowie die Durchführung der Anpassung (§ 3 Abs 8 S 1, § 5 Abs 3 VersV) erst im Nachhinein rückwirkend feststünde, dass sie von Anfang an nach zwingenden Regelungen der VersV (§ 3 aaO) zu erbringen sind. Für das Verhältnis des Versicherten zu seiner Kasse ergäbe sich hieraus zudem, dass die ggf zum Leistungsprogramm der Kasse gehörenden Leistungen "Ermittlung der (akustischen) Kenndaten des Gehörs" und "Durchführung der Anpassung" zu deren Lasten vor jeder möglichen Antragstellung zu erbringen sind und bis zur rückwirkenden Klärung durch die Versorgungsanzeige des Hörgeräteakustikers ohne Bezug zu einem krankenversicherungsrechtlichen Anspruch/Verwaltungsverfahren bleiben, obwohl gerade hierin ihre Funktion liegt.

41

Der Senat ist nicht deshalb gehindert, die genannten Bestimmungen in den Verträgen der Beigeladenen mit den Leistungserbringern selbst auszulegen, weil das LSG deren Inhalt nicht - vollständig - ermittelt hat. Das würde selbst dann gelten, wenn es sich insoweit um nicht revisibles Recht iS des § 162 SGG handelte. Die Vorschrift des § 162 Abs 2 SGG steht der Anwendung einer nicht revisiblen Rechtsnorm durch das Revisionsgericht dann nicht entgegen, wenn das Berufungsgericht diese Rechtsnorm - wie hier - unberücksichtigt gelassen hat(BSG Urteil vom 10.4.2008 - B 3 KR 8/07 R - SozR 4-2500 § 127 Nr 2 mwN).

42

f) Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass Versicherte, die mit einem Leistungserbringer gerade als Vertragspartner ihrer Krankenkasse in Kontakt treten, damit grundsätzlich gleichzeitig den Antrag nach § 19 S 1 SGB IV stellen, den anders anzubringen ihnen durch das Verhalten ihrer Kasse faktisch gerade verwehrt ist. Aus der Sicht des Versicherten besteht ein der Krankenkasse zurechenbarer Rechtsschein der Empfangszuständigkeit des Hörgeräteakustikers für Leistungsanträge im Sinne einer geduldeten passiven Stellvertretung. Wer den Rechtsschein einer Vollmacht setzt, wird daran festgehalten, wenn ein Dritter darauf berechtigterweise vertraut hat (vgl grundlegend BGHZ 5, 111, 116 und BGH NJW 1962, 1003). Für die aktive Stellvertretung ist dabei erforderlich, dass 1. ein zum Handeln in fremdem Namen nicht Befugter als Vertreter aufgetreten ist, 2. der Geschäftsgegner davon ausgehen konnte und darauf vertraut hat, dass der als Vertreter Handelnde Vollmacht habe, und 3. der Geschäftsherr das Verhalten des unbefugten Vertreters kannte und nicht dagegen eingeschritten ist, obwohl ihm das möglich gewesen wäre. Im vorliegenden Zusammenhang beschränkt sich der Rechtsschein auf die Empfangszuständigkeit des Hörgeräteakustikers für rehabilitationsrechtliche Leistungsanträge. Für die passive Stellvertretung ergibt sich der Vertretungswille bereits aus den äußeren Umständen und bedarf daher nicht wie bei der aktiven Vertretung einer Kenntlichmachung des Vertreterwillens (Schramm in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl 2012, § 164 RdNr 133). Da die Krankenkasse im von ihr initiierten Versorgungsablauf praktisch das gesamte der ärztlichen Verordnung folgende Antrags-, Bedarfsfeststellungs-, Versorgungs- und Abrechnungsverfahren den Hörgeräteakustikern überantwortet hat, begründet sie bei ihren Versicherten ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass es sich beim Hörgeräteakustiker insoweit um eine zur Antragsentgegennahme zuständige Stelle handelt. In der Folge des selbst gesetzten Rechtsscheins muss sich die Krankenkasse behandeln lassen, als handele es sich bei dem von ihr mit den eigenen Verfahrenspflichten belasteten Leistungserbringer um eine zur Antragsentgegennahme zuständige Stelle iS des § 16 Abs 2 SGB I(vgl BSG Urteil vom 28.10.1981 - 3 RK 59/80 - BSGE 52, 254 = SozR 2200 § 216 Nr 5 zum Vertrauen auf Unterrichtung der Krankenkasse nach einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch den Kassenarzt; BSG Urteil vom 8.10.1998 - B 8 KN 1/97 U R - BSGE 83, 30 = SozR 3-5670 § 5 Nr 1 zum Vertrauen auf die Pflichterfüllung des Arztes, dem Träger der Unfallversicherung den Verdacht einer Berufskrankheit anzuzeigen; BSG Urteil vom 23.4.2009 - B 9 VJ 1/08 R - SozR 4-3851 § 60 Nr 3 RdNr 19 mwN zum Entschädigungsanspruch im Impfschadensrecht kraft Rechtsscheins einer öffentlichen Impfempfehlung).

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Hierdurch ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts allerdings nicht etwa ausgeschlossen, dass ausnahmsweise Hörgeräteakustiker von Versicherten, denen ein freies Wahlrecht hinsichtlich des in Anspruch genommenen Rehabilitationsträgers zusteht, allein in dieser Funktion - und nicht gleichzeitig als Repräsentant des Krankenversicherungsträgers - aufgesucht werden und damit Raum für eine (Erst-)Antragstellung insbesondere bei einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung bleibt. Entscheidend ist dann, welcher rechtlich objektivierte Wille sich aus der Gesamtheit der in diesem Sinne rechtlich relevanten Zeichen erschließen lässt. Soweit das LSG auf der Grundlage von deren persönlicher Einvernahme einen subjektiven (inneren) Willen der Klägerin festgestellt hat, durch die Übergabe der Hörgeräteverordnung an die Firma R. nicht "konkret" (S 20 des Berufungsurteils, Juris RdNr 38) die Beigeladene in Anspruch zu nehmen, ist dies rechtlich unerheblich. Wie dargelegt, kommt es vorliegend auf den nach außen positiv bekundeten Willen zur Antragstellung an, der auch schlüssig verlautbart werden kann. Soweit das Berufungsgericht die Übergabe der Hörgeräteversorgung als (Einzel-)Tatsache festgestellt hat, hat es auch diesen Umstand allein im Licht seiner unzutreffenden Rechtsauffassung gewürdigt und im Übrigen von einer Gesamtwürdigung im Kontext der rechtlich notwendig festzustellenden Gesamtheit möglicher weiterer rechtlich einschlägiger Zeichenträger abgesehen. So hat es insbesondere nicht ermittelt, welchen genauen Inhalt die vorliegend dem Hörgeräteakustiker vorgelegte ärztliche Hörhilfen-Verordnung "auf einem entsprechenden Vordruck" hatte. Soweit sich aus der nachzuholenden Sachverhaltsaufklärung ergibt, dass der Arzt der Klägerin als Vertragsarzt gehandelt und eine Verordnung zu Lasten der GKV vorgenommen hatte, könnte hierin ein Beweiszeichen für einen Willen zur Antragstellung bei der Beigeladenen zu sehen sein. Unberücksichtigt ist bisher darüber hinaus geblieben, dass der von der Firma R. erstellte Kostenvoranschlag nach den ausdrücklichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Seite 3) von Anfang an einen "Festbetrag der gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von 992,41 €" vorsah. Hiermit ist die Annahme des LSG, die Klägerin habe einen Antragswillen erstmals am 11.11.2004 gegenüber der Beklagten betätigt und von einer Antragstellung bei der Beigeladenen gerade absehen wollen - jedenfalls nach dem derzeitigen Stand der Erkenntnisse - nicht ohne Weiteres vereinbar. Erst unter Einbeziehung dieser Umstände ist schließlich auch eine abschließende Beurteilung des objektiven Bedeutungsgehalts von Erklärungen der Klägerin unter Berücksichtigung der für die Beigeladene verbindlichen Vereinbarungen mit Leistungserbringern möglich.

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5. Kann im Anschluss an eine nunmehr ordnungsgemäße Erhebung und Würdigung aller für die Feststellung der Erstantragstellung durch die Klägerin erheblichen Umstände abschließend beantwortet werden, welcher der beiden vorliegend in Betracht kommenden Träger der erstangegangene ist, steht damit gleichzeitig fest, dass - bei Erfüllung der weiteren Anspruchsvoraussetzungen - allein dieser als Adressat des streitigen Erstattungsanspruchs in Betracht kommt. Hierzu muss ua die anspruchsauslösende Selbstbeschaffung des notwendigen Hilfsmittels auf der vorangegangen Leistungsablehnung beruhen.

45

Dies kommt jedenfalls im Falle der Zuständigkeit der Beklagten bereits aufgrund des derzeit festgestellten Sachverhalts in Betracht. Diese hatte mit dem angegriffenen Bescheid vom 29.11.2004 und dem Widerspruchsbescheid vom 1.3.2005 einen Naturalleistungsanspruch der Klägerin abgelehnt und hierdurch Anlass zur Selbstbeschaffung gegeben. Der Senat ist diesbezüglich an die tatsächlichen Feststellungen des LSG gebunden, wonach die Klägerin sich jedenfalls vor Erlass des Bescheides vom 29.11.2004 nicht auf ein bestimmtes Gerät einer bestimmten Marke festgelegt hatte. Auch der eingereichte Kostenvoranschlag vom 9.11.2004 wurde demnach im Laufe der Anpassungsphase erstellt, in welcher die Klägerin mehrere Vorschläge des Hörgeräteakustikers getestet und sich dabei nicht bereits auf ein bestimmtes Gerät festgelegt hatte. Es gilt im Übrigen auch hier, dass ein Hilfsmittel nicht schon mit seiner Auswahl "selbst beschafft" ist. Die Auswahl ist dem Hilfsmittelbewilligungsverfahren notwendig vorgeschaltet und scheidet deshalb als Anknüpfungspunkt für den Zeitpunkt der Hilfsmittelbeschaffung aus. Maßgeblich ist vielmehr erst ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft im Verhältnis zwischen Versichertem und Leistungserbringer (BSG Urteile vom 24.1.2013 - B 3 KR 5/12 R - BSGE 113, 40 = SozR 4-3250 § 14 Nr 19, jeweils RdNr 44 und vom 3.8.2006 - B 3 KR 24/05 R - SozR 4-2500 § 13 Nr 10 RdNr 22). Hinsichtlich der Beigeladenen fehlt es bisher gleichermaßen an einer positiven oder negativen Feststellung darüber, ob und ggf wann diese der Klägerin gegenüber einen - dann ggf von deren Klagebegehren (§ 123 SGG) mitumfassten - Verwaltungsakt erlassen hat und in welchem zeitlichen Verhältnis hierzu der bisher nicht positiv festgestellte endgültige rechtliche Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts steht. Die festgestellte Erstellung einer Rechnung durch die Firma R. ermöglicht insofern allenfalls mittelbar Rückschlüsse, die das Berufungsgericht bisher indessen ebenfalls nicht gezogen hat.

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6. Der hiernach als allein leistungspflichtig in Betracht kommende Träger hatte den bei ihm gestellten und nicht fristgerecht weitergeleiteten Antrag umfassend, dh an Hand aller Rechtsgrundlagen zu prüfen, die überhaupt in der konkreten Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind, ohne dass insbesondere eine "künstliche" Aufspaltung in separate Teil-Leistungsanträge für die verschiedenen in Betracht kommenden Teilhabeleistungen in Betracht kommen könnte. Da sich die in § 14 Abs 1 und 2 SGB IX geregelte Zuständigkeit stets auf alle Rechtsgrundlagen erstreckt, die überhaupt in dieser Bedarfssituation für behinderte Menschen vorgesehen sind, und ihm nur ein einziger Anspruchsgegner gegenübersteht, kann es insofern auf ein Rangverhältnis von Ansprüchen aus verschiedenen betroffenen Rechtsgebieten nicht ankommen.

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Damit stellt sich jeweils zunächst die Frage, ob der krankenversicherungsrechtliche Primäranspruch der Klägerin auf den Festbetrag begrenzt werden durfte (§ 12 Abs 2 SGB V) oder die Klägerin einen - durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V begrenzten - Naturalleistungsanspruch aus Ausstattung mit den streitigen Hörgeräten(§ 33 SGB V) hatte. Letzteres könnte nach der Rechtsprechung des 3. Senats des BSG in Betracht kommen, weil es bei der Hörgeräteversorgung um die Frage des sog unmittelbaren Behinderungsausgleichs geht, die von dem Ziel des vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet werden muss (BSG Urteil vom 17.12.2009 - BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, jeweils RdNr 18). Insofern würde das Maß der notwendigen Versorgung verkannt, wenn eine Krankenkasse ihren Versicherten Hörgeräte ungeachtet hörgerätetechnischer Verbesserungen nur "zur Verständigung im Einzelgespräch unter direkter Ansprache" zur Verfügung stellen müsste. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es vielmehr, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in großen Räumen und bei störenden Nebengeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik(§ 3 Abs 1 S 3 SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen, was je nach Notwendigkeit auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten einschließt (BSGE 113, 40 = SozR 4-3250 § 14 Nr 19, RdNr 31). Auch in Fällen des mittelbaren Behinderungsausgleichs ist ein Hilfsmittel im Übrigen nach dem Recht der GKV zu gewähren, wenn damit die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder gemildert werden könnten und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens - wie das Hören - betroffen wäre (BSGE 113, 40 = SozR 4-3250 § 14 Nr 19 RdNr 32). Dagegen stößt der krankenversicherungsrechtliche Anspruch an seine Grenze, wo es um ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile geht.

48

Ein Primäranspruch auf Hilfsmittelversorgung mit der besonderen Zielsetzung des Ausgleichs behinderungsbedingter Nachteile gerade am Arbeitsplatz könnte der Klägerin indessen erforderlichenfalls nach dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung zugestanden haben. Die gesetzliche Rentenversicherung erbringt bei Vorliegen der persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 9 Abs 2 SGB VI) Leistungen zur Rehabilitation, um den Auswirkungen ua einer Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit des Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden (Abs 1 S 1 Nr 1 aaO) und dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wieder einzugliedern (Abs 1 S 1 Nr 2 aaO). Soweit die Revision eine Verletzung des § 33 Abs 8 S 1 Nr 4 SGB IX rügt, übersieht sie, dass das LSG diese Vorschrift richtigerweise nicht zur Anwendung gebracht hat. § 33 Abs 8 S 1 Nr 4 SGB IX bestimmt, dass Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auch Hilfsmittel umfassen, "es sei denn, dass... solche Leistungen als medizinische Leistung erbracht werden können". Da dies gemäß § 15 Abs 1 S 1 SGB VI, § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX für Hilfsmittel der Fall ist, scheidet eine Qualifizierung der Hörgeräte als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben iS des § 33 Abs 1, Abs 3 Nr 1 und 6, Abs 8 S 1 Nr 4 SGB IX iVm §§ 9, 10, 11, 16 SGB VI von vornherein aus(vgl BSG Urteil vom 21.8.2008 - B 13 R 33/07 R - BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7).

49

Allerdings fehlt es derzeit jedenfalls an einer nachvollziehbaren Grundlage für die Annahme des LSG, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 11 SGB VI seien vorliegend erfüllt. Diese sind nach dem Wortlaut der Norm positiv festzustellen, sodass ein bloßer Mangel an Anhaltspunkten für ihr Fehlen grundsätzlich nicht ausreicht. Auch kann die im Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit allein dem Gericht obliegende Feststellung tatsächlicher und rechtlicher Umstände nicht durch die Feststellung ersetzt werden, dass insofern zwischen den Beteiligten kein Streit herrscht.

50

Schließlich genügen die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht, um auf ihrer Grundlage eine Zuordnung des Sachverhalts zum Risikobereich eines der beteiligten Träger vorzunehmen. Das LSG hat ausgeführt, die Klägerin könne nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. S. ausschließlich mit Hörgeräten in digitaler Mehrkanaltechnik und unter Verwendung spezieller Spracherkennungsprogramme sowie einem Störgeräuschunterdrückungsprogramm versorgt werden, da sie am Arbeitsplatz auf die bestmögliche Kommunikation angewiesen sei, sodass auch eine geringe Abweichung gegenüber einem schlechteren Festbetragsgerät nicht hinzunehmen sei. Hieraus ist jedoch nicht erkennbar, ob Anforderungen, wie sie am Arbeitsplatz der Klägerin gestellt werden, nicht auch im Rahmen des unmittelbaren Behinderungsausgleichs zugrunde zu legen sind, in dessen Rahmen die Träger der GKV - wie dargelegt - auch Hörgeräte zur Verfügung zu stellen haben, die nicht nur die "Verständigung im Einzelgespräch unter direkter Ansprache" ermöglichen, sondern hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in großen Räumen und bei störenden Nebengeräuschen eröffnen. Den Ausführungen des Sachverständige Dr. S. liegt dabei offenbar ein Verständnis von "Alltag" zugrunde, das mit dem insofern vorliegend rechtlich maßgeblichen Wahrnehmungsbereich nicht identisch ist.

51

Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des LSG vorbehalten.

Versicherungspflichtig sind selbständig tätige

1.
Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
2.
Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
3.
Hebammen und Entbindungspfleger,
4.
Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen,
5.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
6.
Hausgewerbetreibende,
7.
Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen,
8.
Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 der Handwerksordnung sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 der Handwerksordnung außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt,
9.
Personen, die
a)
im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
b)
auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Als Arbeitnehmer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gelten
1.
auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,
2.
nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,
3.
für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist.

(2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Falle des § 187 Abs. 1 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt, im Falle des § 187 Abs. 2 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.

(3) Fehlt bei einer nach Monaten bestimmten Frist in dem letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endigt die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

(1) Für die Berechnung von Fristen und für die Bestimmung von Terminen gelten die §§ 187 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend, soweit nicht durch die Absätze 2 bis 5 etwas anderes bestimmt ist.

(2) Der Lauf einer Frist, die von einer Behörde gesetzt wird, beginnt mit dem Tag, der auf die Bekanntgabe der Frist folgt, außer wenn dem Betroffenen etwas anderes mitgeteilt wird.

(3) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, endet die Frist mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktages. Dies gilt nicht, wenn dem Betroffenen unter Hinweis auf diese Vorschrift ein bestimmter Tag als Ende der Frist mitgeteilt worden ist.

(4) Hat eine Behörde Leistungen nur für einen bestimmten Zeitraum zu erbringen, endet dieser Zeitraum auch dann mit dem Ablauf seines letzten Tages, wenn dieser auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend fällt.

(5) Der von einer Behörde gesetzte Termin ist auch dann einzuhalten, wenn er auf einen Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Sonnabend fällt.

(6) Ist eine Frist nach Stunden bestimmt, werden Sonntage, gesetzliche Feiertage oder Sonnabende mitgerechnet.

(7) Fristen, die von einer Behörde gesetzt sind, können verlängert werden. Sind solche Fristen bereits abgelaufen, können sie rückwirkend verlängert werden, insbesondere wenn es unbillig wäre, die durch den Fristablauf eingetretenen Rechtsfolgen bestehen zu lassen. Die Behörde kann die Verlängerung der Frist nach § 32 mit einer Nebenbestimmung verbinden.

Versicherungspflichtig sind selbständig tätige

1.
Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
2.
Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
3.
Hebammen und Entbindungspfleger,
4.
Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen,
5.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
6.
Hausgewerbetreibende,
7.
Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen,
8.
Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 der Handwerksordnung sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 der Handwerksordnung außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt,
9.
Personen, die
a)
im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
b)
auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Als Arbeitnehmer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gelten
1.
auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,
2.
nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,
3.
für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Versicherungspflichtig sind selbständig tätige

1.
Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
2.
Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
3.
Hebammen und Entbindungspfleger,
4.
Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen,
5.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
6.
Hausgewerbetreibende,
7.
Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen,
8.
Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 der Handwerksordnung sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 der Handwerksordnung außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt,
9.
Personen, die
a)
im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
b)
auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Als Arbeitnehmer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gelten
1.
auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,
2.
nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,
3.
für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(1) Beitragspflichtige Einnahmen sind

1.
bei selbständig Tätigen ein Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße, bei Nachweis eines niedrigeren oder höheren Arbeitseinkommens jedoch dieses Arbeitseinkommen, mindestens jedoch das Zwölffache der am 1. Januar des jeweiligen Kalenderjahres geltenden Geringfügigkeitsgrenze,
2.
bei Seelotsen das Arbeitseinkommen,
3.
bei Künstlern und Publizisten das voraussichtliche Jahresarbeitseinkommen (§ 12 Künstlersozialversicherungsgesetz), mindestens jedoch 3 900 Euro, wobei Arbeitseinkommen auch die Vergütung für die Verwertung und Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke oder Leistungen sind,
4.
bei Hausgewerbetreibenden das Arbeitseinkommen,
5.
bei Küstenschiffern und Küstenfischern das in der Unfallversicherung maßgebende beitragspflichtige Arbeitseinkommen.
Beitragspflichtige Einnahmen sind bei selbständig Tätigen abweichend von Satz 1 Nr. 1 bis zum Ablauf von drei Kalenderjahren nach dem Jahr der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit ein Arbeitseinkommen in Höhe von 50 vom Hundert der Bezugsgröße, auf Antrag des Versicherten jedoch ein Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße. Für den Nachweis des von der Bezugsgröße abweichenden Arbeitseinkommens nach Satz 1 Nummer 1 sind die sich aus dem letzten Einkommensteuerbescheid für das zeitnaheste Kalenderjahr ergebenden Einkünfte aus der versicherungspflichtigen selbständigen Tätigkeit so lange maßgebend, bis ein neuer Einkommensteuerbescheid vorgelegt wird; wurden diese Einkünfte nicht während des gesamten Kalenderjahres erzielt, sind sie auf ein Jahresarbeitseinkommen hochzurechnen. Das nach Satz 3 festgestellte Arbeitseinkommen ist mit dem Vomhundertsatz zu vervielfältigen, der sich aus dem Verhältnis des vorläufigen Durchschnittsentgelts (Anlage 1) für das Kalenderjahr, für das das Arbeitseinkommen nachzuweisen ist, zu dem Durchschnittsentgelt (Anlage 1) für das maßgebende Veranlagungsjahr des Einkommensteuerbescheides ergibt. Übersteigt das nach Satz 4 festgestellte Arbeitseinkommen die Beitragsbemessungsgrenze des nachzuweisenden Kalenderjahres, wird ein Arbeitseinkommen in Höhe der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze so lange zugrunde gelegt, bis sich aus einem neuen Einkommensteuerbescheid niedrigere Einkünfte ergeben. Der Einkommensteuerbescheid ist dem Träger der Rentenversicherung spätestens zwei Kalendermonate nach seiner Ausfertigung vorzulegen. Statt des Einkommensteuerbescheides kann auch eine Bescheinigung des Finanzamtes vorgelegt werden, die die für den Nachweis des Arbeitseinkommens erforderlichen Daten des Einkommensteuerbescheides enthält. Änderungen des Arbeitseinkommens werden vom Ersten des auf die Vorlage des Bescheides oder der Bescheinigung folgenden Kalendermonats, spätestens aber vom Beginn des dritten Kalendermonats nach Ausfertigung des Einkommensteuerbescheides, an berücksichtigt. Ist eine Veranlagung zur Einkommensteuer aufgrund der versicherungspflichtigen selbständigen Tätigkeit noch nicht erfolgt, ist für das Jahr des Beginns der Versicherungspflicht ein Jahresarbeitseinkommen zugrunde zu legen, das sich aus den vom Versicherten vorzulegenden Unterlagen ergibt. Für die Folgejahre ist Satz 4 sinngemäß anzuwenden.

(1a) Abweichend von Absatz 1 Satz 3 ist auf Antrag des Versicherten vom laufenden Arbeitseinkommen auszugehen, wenn dieses im Durchschnitt voraussichtlich um wenigstens 30 vom Hundert geringer ist als das Arbeitseinkommen nach Absatz 1 Satz 3. Das laufende Arbeitseinkommen ist durch entsprechende Unterlagen nachzuweisen. Änderungen des Arbeitseinkommens werden vom Ersten des auf die Vorlage der Nachweise folgenden Kalendermonats an berücksichtigt. Das festgestellte laufende Arbeitseinkommen bleibt solange maßgebend, bis der Einkommensteuerbescheid über dieses Veranlagungsjahr vorgelegt wird und zu berücksichtigen ist. Für die Folgejahre ist Absatz 1 Satz 4 sinngemäß anzuwenden. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für Küstenschiffer und Küstenfischer, wenn das laufende Arbeitseinkommen im Durchschnitt voraussichtlich um wenigstens 30 vom Hundert geringer ist als das Arbeitseinkommen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5. Das für Küstenschiffer und Küstenfischer festgestellte laufende Arbeitseinkommen bleibt für ein Jahr maßgebend. Für die Folgejahre sind die Sätze 6 und 7 erneut anzuwenden.

(1b) Bei Künstlern und Publizisten wird für die Dauer des Bezugs von Elterngeld oder Erziehungsgeld oder für die Zeit, in der Erziehungsgeld nur wegen des zu berücksichtigenden Einkommens nicht bezogen wird, auf Antrag des Versicherten das in diesen Zeiten voraussichtlich erzielte Arbeitseinkommen, wenn es im Durchschnitt monatlich 325 Euro übersteigt, zugrunde gelegt.

(2) Für Hausgewerbetreibende, die ehrenamtlich tätig sind, gelten die Regelungen für Arbeitnehmer, die ehrenamtlich tätig sind, entsprechend.

(3) Bei Selbständigen, die auf Antrag versicherungspflichtig sind, gelten als Arbeitseinkommen im Sinne von § 15 des Vierten Buches auch die Einnahmen, die steuerrechtlich als Einkommen aus abhängiger Beschäftigung behandelt werden.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Versicherungspflichtig sind selbständig tätige

1.
Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
2.
Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
3.
Hebammen und Entbindungspfleger,
4.
Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen,
5.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
6.
Hausgewerbetreibende,
7.
Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen,
8.
Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 der Handwerksordnung sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 der Handwerksordnung außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt,
9.
Personen, die
a)
im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
b)
auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Als Arbeitnehmer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gelten
1.
auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,
2.
nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,
3.
für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Versicherungspflichtig sind selbständig tätige

1.
Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
2.
Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
3.
Hebammen und Entbindungspfleger,
4.
Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen,
5.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
6.
Hausgewerbetreibende,
7.
Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen,
8.
Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 der Handwerksordnung sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 der Handwerksordnung außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt,
9.
Personen, die
a)
im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
b)
auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Als Arbeitnehmer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gelten
1.
auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,
2.
nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,
3.
für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Versicherungspflichtig sind selbständig tätige

1.
Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
2.
Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
3.
Hebammen und Entbindungspfleger,
4.
Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen,
5.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
6.
Hausgewerbetreibende,
7.
Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen,
8.
Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 der Handwerksordnung sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 der Handwerksordnung außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt,
9.
Personen, die
a)
im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
b)
auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Als Arbeitnehmer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gelten
1.
auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,
2.
nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,
3.
für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Versicherungspflichtig sind selbständig tätige

1.
Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
2.
Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
3.
Hebammen und Entbindungspfleger,
4.
Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen,
5.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
6.
Hausgewerbetreibende,
7.
Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen,
8.
Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 der Handwerksordnung sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 der Handwerksordnung außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt,
9.
Personen, die
a)
im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
b)
auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Als Arbeitnehmer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gelten
1.
auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,
2.
nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,
3.
für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Versicherungspflichtig sind selbständig tätige

1.
Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
2.
Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
3.
Hebammen und Entbindungspfleger,
4.
Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen,
5.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
6.
Hausgewerbetreibende,
7.
Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen,
8.
Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 der Handwerksordnung sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 der Handwerksordnung außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt,
9.
Personen, die
a)
im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
b)
auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Als Arbeitnehmer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gelten
1.
auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,
2.
nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,
3.
für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Versicherungspflichtig sind selbständig tätige

1.
Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
2.
Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
3.
Hebammen und Entbindungspfleger,
4.
Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen,
5.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
6.
Hausgewerbetreibende,
7.
Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen,
8.
Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 der Handwerksordnung sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 der Handwerksordnung außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt,
9.
Personen, die
a)
im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
b)
auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Als Arbeitnehmer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gelten
1.
auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,
2.
nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,
3.
für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 20. Juni 2012 aufgehoben.

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stade vom 18. November 2011 wird zurückgewiesen.

Für den Rechtsstreit sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf eine Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze aus der Seemannskasse, die seit dem 1.1.2009 anstelle der See-Berufsgenossenschaft (See-BG) von der Beklagten geführt wird.

2

Der am 1942 geborene Kläger ist zur See gefahren. Zum 31.12.2007 schied er aus der seemännischen Beschäftigung aus und bezieht seit dem 1.1.2008 eine Altersrente. Ende 2007 plante die Seemannskasse die Einführung einer Leistung, die sie als "Überbrückungsgeld für langjährig Versicherte" bezeichnen wollte. Die Leistung sollte an den Eintritt der Regelaltersgrenze anknüpfen und neben der Altersvollrente erbracht werden. Am 6.11.2007 beschloss die Vertreterversammlung der See-BG eine entsprechende Änderung der Satzung mit Wirkung zum 1.1.2008. Die betroffenen Versicherten wurden ab Ende März 2008 mit der ihnen übersandten Zeitschrift See und Sicherheit Nr. 1/2008 über eine geplante "Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze" informiert. Im Juni 2008 wurden auch die Versicherten der Geburtsjahrgänge 1937 bis 1942 persönlich angeschrieben. Das Bundesversicherungsamt (BVA) hatte die Genehmigung zur Änderung der Seemannskasse im Zusammenhang mit der beabsichtigten Einführung der neuen Leistung zunächst versagt. Die Genehmigung der "von der Vertreterversammlung der See-Berufsgenossenschaft am 6. November 2007 beschlossenen Neufassung der Satzung der Seemannskasse" erfolgte gemäß § 34 Abs 1 S 2 SGB IV iVm § 143 Abs 1 SGB VII unter dem 6.11.2008, nachdem ua § 143 SGB VII geändert worden war. Mit Schreiben vom selben Tag hatte das BVA die Beklagte außerdem darauf hingewiesen, dass "die textliche Angleichung der Satzung an den Wortlaut des durch Artikel 1 Nr. 18 geänderten § 143 SGB VII in den §§ 9, 17, 20 Abs. 1 Satz 3 und § 21 Abs. 6 als redaktionelle Änderungen im Rahmen der Drucklegung erfolgen" könne. Unter anderem in § 9 Nr 5 und § 17 der in der Zeitschrift HANSA vom Dezember 2008 veröffentlichten Neufassung der Satzung wurde die neue Leistung aus der Seemannskasse daraufhin als "Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze" bezeichnet. Die veröffentlichte Neufassung enthält - ohne Hinweis auf die dort vorgenommenen Textänderungen - am Schluss eine wörtliche Wiedergabe der Genehmigung des BVA vom 6.11.2008.

3

Die Beklagte lehnte den am 10.9.2009 gestellten Antrag auf Gewährung der Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze ab. Der Kläger habe bereits vor dem 1.1.2008 die Regelaltersgrenze erreicht und sei auch vor diesem Tag aus der Seefahrt ausgeschieden (Bescheid vom 6.10.2009, Widerspruchsbescheid vom 21.1.2010).

4

Das SG Stade hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 18.11.2011). Das LSG Niedersachsen-Bremen hat auf die Berufung des Klägers die Bescheide der Beklagten und den Gerichtsbescheid aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Gewährung von Leistungen nach Erreichen der Regelaltersgrenze unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden (Urteil vom 20.6.2012). Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe ihre Entscheidung auf Satzungsbestimmungen gestützt, die mit höherrangigem Recht unvereinbar seien. Der Beklagten obliege es, die entsprechenden Bestimmungen ihrer Satzung neu zu fassen und sodann das Begehren des Klägers neu zu prüfen.

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Die angegriffene Entscheidung beruhe auf einer völligen Verkennung der "Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze" und einer Missachtung des im Entwurf des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz - UVMG - vom 30.10.2008, BGBl I 2130) und in den Vorschriften des § 143 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB VII aF und § 137b Abs 1 S 2 SGB VI zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willens. Bei dieser Leistung handele es sich um eine neue, vom Überbrückungsgeld unabhängige Leistung, die arbeitsmarktpolitischen und versichertenbezogenen Zwecken diene und von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt sei. Selbst wenn § 17 S 3 der Satzung der Seemannskasse (zukünftig: Satzung) eine Stichtagsregelung sei, stelle die Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze eine neue Leistung dar, weshalb es sachgerecht sei, den Tag für den frühesten Erhalt der Leistung auf den Tag des Inkrafttretens der Neuregelung der Satzung zu legen. Die zeitliche Abgrenzung berücksichtige ferner die zukunftsgerichtete Zwecksetzung und den Umstand, dass die zu erbringenden Leistungen von den zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln gedeckt sein müssten.

6

Die Beklagte beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 20. Juni 2012 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stade vom 18. November 2011 zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Das LSG hat gegen Bundesrecht verstoßen, indem es den Gerichtsbescheid des SG aufgehoben und die Beklagte verpflichtet hat, den Antrag des Klägers auf Gewährung von Leistungen nach Erreichen der Regelaltersgrenze unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden.

10

Die Revision ist zulässig. Beteiligtenfähig (§ 70 SGG) ist die Beklagte, nicht aber die Seemannskasse. Die Seemannskasse wird mit Wirkung vom 1.1.2009 unter ihrem Namen durch die Beklagte als Träger der allgemeinen Rentenversicherung nach den §§ 137b bis 137e SGB VI weitergeführt(§ 137a SGB VI). Ihr Vermögen ist zum 1.1.2009 mit allen Rechten und Pflichten auf die Beklagte übergegangen (§ 137c Abs 1 SGB VI). Zu diesem Zeitpunkt ist die Beklagte im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (vgl BT-Drucks 16/9154 S 43) in die Rechte und Pflichten der See-BG bzw - soweit die Seemannskasse teilrechtsfähig war (vgl dazu Waibel, WzS 2003, 238, 243) - der Seemannskasse eingetreten. Damit ist die Seemannskasse selbst jedenfalls seit dem 1.1.2009 weder Trägerin von Rechten und Pflichten noch über § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig.

11

Die Revision der Beklagten ist auch begründet. Selbst wenn das LSG (zu Recht) von der Nichtigkeit der im Rahmen der Anfechtungs- und Leistungsklage des Klägers inzident überprüften Satzung der Beklagten überzeugt gewesen wäre, hätte es die Beklagte nicht verurteilen dürfen. Auch dann hätte es grundsätzlich und in aller Regel dem Ermessen der Beklagten als Normgeber überlassen bleiben müssen, wie die sich ergebende Lücke zu schließen ist. Andernfalls griffe das LSG in die dem Normgeber (Satzungsgeber) vorbehaltene Gestaltungsfreiheit ein, die ihm trotz zustehender Kontroll- und Verwerfungskompetenz über untergesetzliche Normen nicht zusteht (vgl BVerfGE 115, 81, 93 = SozR 4-1500 § 55 Nr 3 RdNr 45 sowie BVerwGE 102, 113, 117 f). Eine Rechtsschutzmöglichkeit, um den Erlass untergesetzlicher Normen durchzusetzen, gibt es daher grundsätzlich nicht. Dem Berufungsgericht war es folglich verwehrt, das Begehren des Klägers abweichend von seinem Antrag im Sinne einer von ihm angenommenen kombinierten Anfechtungs- und Verbescheidungsklage zu verstehen. Eine zusätzliche Feststellungsklage, um effektiven Rechtsschutz iS von Art 19 Abs 4 GG zu erlangen, hat der Kläger vor den Instanzgerichten nicht erhoben, obwohl ein derartiges Rechtsschutzbegehren grundsätzlich möglich gewesen wäre. Denn auch die Rechtsetzung der Exekutive in der Form von Rechtsverordnungen und Satzungen ist Ausübung öffentlicher Gewalt und daher in die Rechtsschutzgarantie einzubeziehen (vgl BVerfG, aaO, S 92 bzw RdNr 40). Die Erhebung einer Feststellungsklage vor dem BSG im Rahmen des Revisionsverfahrens ist nicht (mehr) möglich (vgl § 168 S 1 SGG sowie Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 99 RdNr 12 und § 168 RdNr 2b).

12

Das SG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass der Kläger auf der Grundlage des geltenden Bundesrechts keinen Anspruch auf die begehrte Leistung hat. Weder unmittelbar das geltende Gesetzesrecht noch eine der in Betracht kommenden Textfassungen der Satzung der Beklagten für Zeiten ab dem 1.1.2008 vermittelt denkbar ein entsprechendes Recht.

13

Nach der in der Zeitschrift HANSA im Dezember 2008 veröffentlichten Fassung erhält ein Versicherter auf Antrag eine "Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze", wenn er auf Dauer als Seemann nicht mehr tätig ist und die Wartezeit sowie die Halbbelegung erfüllt (vgl § 9 Nr 7, § 10 Abs 1 bis Abs 3 der Satzung). Ein Anspruch besteht jedoch nicht, wenn der Versicherte die Regelaltersgrenze noch vor dem 1.1.2008 erreicht hat und aus der Seefahrt ausgeschieden ist (vgl § 17 S 3 iVm S 1 der Satzung). Vorliegend hat der am 1942 geborene Kläger nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG die Regelaltersgrenze am 2007 erreicht und ist vor dem 1.1.2008, hier zum 31.12.2007, aus der Seefahrt ausgeschieden. Ein Anspruch scheidet damit nach § 17 S 3 der Satzung aus.

14

Die Beklagte konnte sich für den Erlass einer so gefassten Satzung und des hierauf gestützten (ablehnenden) Verwaltungsakts auf die Ermächtigung des § 143 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB VII(in der ab 1.1.2008 geltenden Fassung des UVMG vom 30.10.2008, aaO) bzw auf § 137b Abs 1 S 2 SGB VI(in der ab 1.1.2009 geltenden Fassung des UVMG vom 30.10.2008, aaO) stützen. Die Gesetzgebungskompetenz für diese Regelungen beruht auf Art 74 Nr 12 GG.

15

Nicht einschlägig ist demgegenüber § 143 Abs 1 SGB VII(in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung der Verordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407). Nach dieser Vorschrift konnte die See-BG unter ihrer Haftung mit Genehmigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales für die Gewährung eines Überbrückungsgelds nach Vollendung des 55. Lebensjahres sowie eines Überbrückungsgelds auf Zeit bei einem früheren Ausscheiden aus der Seefahrt an Seeleute sowie Küstenschiffer und Küstenfischer, die nach § 2 Abs 1 Nr 7 SGB VII versichert sind, eine Seemannskasse mit eigenem Haushalt einrichten(Satz 1). Die Mittel für die Seemannskasse waren im Wege der Umlage durch die Unternehmer aufzubringen, die bei ihr versichert waren oder die bei ihr Versicherte beschäftigten (Satz 2). Das Nähere, insbesondere über die Voraussetzungen und den Umfang der Leistungen sowie die Festsetzung und die Zahlung der Beiträge, bestimmte die Satzung; die Satzung konnte auch eine Beteiligung der Seeleute an der Aufbringung der Mittel vorsehen (Satz 3). Die Satzung bedurfte der Genehmigung des BVA (Satz 4).

16

Durch das UVMG vom 30.10.2008 (aaO) wurden in § 143 Abs 1 S 3 SGB VII die Worte "die Satzung kann auch eine Beteiligung der Seeleute an der Aufbringung der Mittel vorsehen" durch die Worte "die Satzung kann ergänzende Leistungen für Versicherte nach Erreichen der Regelaltersgrenze vorsehen" ersetzt. Die Möglichkeit, in der Satzung die Beteiligung der Seeleute an der Aufbringung der Mittel vorzusehen, wurde in dem neu eingefügten § 143 Abs 1 S 4 SGB VII geregelt. Die Änderungen des § 143 SGB VII traten gemäß Art 13 Abs 3 UVMG rückwirkend zum 1.1.2008 in Kraft. Gemäß Art 2 Nr 2 iVm Art 13 Abs 3 UVMG wurde § 143 SGB VII zum 1.1.2009 aufgehoben. Gleichzeitig traten die Regelungen der §§ 137a ff SGB VI in Kraft(Art 5 iVm Art 13 Abs 4 UVMG). Nach § 137b Abs 1 S 1 SGB VI ist Aufgabe der Seemannskasse die Gewährung eines Überbrückungsgelds nach Vollendung des 55. Lebensjahres an die bei ihr versicherten Seeleute sowie an Küstenschiffer und Küstenfischer, die aus der Seefahrt ausgeschieden sind. Nach S 2 dieser Regelung kann die Satzung ergänzende Leistungen für Versicherte nach Erreichen der Regelaltersgrenze vorsehen.

17

Mit der Schaffung einer Ermächtigungsgrundlage zur Einführung einer ergänzenden Leistung für Versicherte nach Erreichen der Regelaltersgrenze als zugelassene Aufgabe (§ 30 Abs 1 SGB IV) hat der Gesetzgeber einen Anreiz für ältere Berufsseeleute bezweckt, die Beschäftigung in der Seefahrt erst zum Beginn der Regelaltersgrenze bzw danach zu beenden und dennoch eine, wenn auch geringere Leistung in Anspruch nehmen zu können. Ein weiteres Ziel war die Deckung des Bedarfs an qualifiziertem Personal, der aufgrund der im Rahmen des "maritimen Bündnisses" zugesagten Rückflaggungen entstanden war (BT-Drucks 16/9154 S 29). Dieses weitere Ziel macht die Leistung aber - anders als das LSG meint - nicht etwa zu einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, die vom Bund finanziert werden müsste (vgl BSGE 81, 276, 285 = SozR 3-2600 § 158 Nr 1). Der verfassungsrechtliche weite Gattungsbegriff der "Sozialversicherung" schließt eine zur Grundversorgung hinzutretende Zusatzversorgung ein (BVerfGE 63, 1, 36). Die Beschränkung auf eine Notlage gehört hingegen nicht zu ihren konstituierenden Merkmalen. Außer dem Bedürfnis nach Ausgleich besonderer Lasten ist (nur) die Art und Weise kennzeichnend, wie die Aufgabe organisatorisch bewältigt wird. Die hierzu berufenen Träger der Sozialversicherung sind selbständige Anstalten oder Körperschaften des öffentlichen Rechts, die ihre Mittel durch Beiträge der Beteiligten aufbringen (BVerfGE 11, 105, 113).

18

Diese wesentlichen Strukturmerkmale der klassischen Sozialversicherung sind vorliegend erfüllt. Die Leistungen werden aus den Mitteln der Seemannskasse erbracht, die grundsätzlich im Wege der Umlage durch die Unternehmer aufzubringen sind, wobei die gesetzlichen Regelungen auch eine Beteiligung der Seeleute ermöglichen. Träger der Leistungen sind eigenständige juristische Personen des öffentlichen Rechts. Die auszugleichende besondere Last liegt in der Bereitschaft, bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nach dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung in der Seefahrt tätig zu sein, obwohl nach dem 71. Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) - das die Bundesrepublik zwar nicht ratifiziert hat, dessen Grundanliegen der Gewährung einer vorgezogenen Altersrente für Seeleute aber schon bei der Entstehung des § 891a RVO Berücksichtigung fand(vgl die Ausführungen des Abgeordneten Orgaß in der 197. Sitzung der 6. Wahlperiode des Deutschen Bundestages, 11650 A) - das System der Rentenversicherung für Seeleute so zu gestalten ist, dass Altersrenten bereits bei Erreichung des 55. oder 60. Lebensjahres zu gewähren sind.

19

Existenz erlangt eine Satzung erst mit ihrer öffentlichen Bekanntmachung. Gemäß § 34 Abs 2 SGB IV ist die Satzung, die sich ein Versicherungsträger gibt, öffentlich bekannt zu machen. Sie tritt, wenn kein anderer Zeitpunkt bestimmt ist, am Tage nach ihrer Bekanntmachung in Kraft und erlangt damit rechtliche Geltung. Nach der Grundregel des § 34 Abs 2 S 2 SGB IV iVm § 33 der Satzung wäre die Änderung der Satzung erst am Tag nach der Bekanntmachung in der Dezemberausgabe 2008 der "HANSA", Zeitschrift für Schifffahrt, Schiffbau, Hafen in Hamburg in Kraft getreten. Abweichend hiervon bestimmt § 34 der Satzung im Einklang mit der entsprechenden Ermächtigung in § 34 Abs 2 S 2 SGB IV das Inkrafttreten der Satzungsänderung spezialgesetzlich mit Wirkung vom 1.1.2008. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung lag damit vor dem der Bekanntmachung in der Vergangenheit. Das ist grundsätzlich zulässig (Finkenbusch, WzS 1992, 1, 10; aA Schneider-Danwitz, jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 34 RdNr 35), zumal Satzungsänderungen nicht vor Erteilung der Genehmigung durch das BVA bekannt gemacht werden dürfen (Schneider-Danwitz in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 34 RdNr 83), sodass die wirksame Wahrnehmung der Selbstverwaltungskompetenz bei einer Abhängigkeit des Zeitpunkts des Inkrafttretens von dem Datum der Genehmigung behindert werden könnte.

20

Die Einführung einer Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze in der Satzung bedurfte einer gesetzlichen Ermächtigung, die bis zur Neufassung des § 143 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB VII durch das UVMG vom 30.10.2008 (aaO) zum 1.1.2008 nicht vorlag.

21

Satzungen sind Rechtsvorschriften, die von einer dem Staat eingeordneten juristischen Person des öffentlichen Rechts im Rahmen der ihr gesetzlich verliehenen Autonomie mit Wirksamkeit für die ihr angehörigen und unterworfenen Personen erlassen werden (BVerfGE 10, 20, 49 f). Der Gesetzgeber begibt sich mit der Verleihung dieser Autonomie innerhalb eines von vornherein durch Wesen und Aufgabenstellung der Körperschaft begrenzten Bereichs seiner Regelungsbefugnis und ermächtigt einen bestimmten Kreis von Bürgern, durch demokratisch gebildete Organe ihre eigenen Angelegenheiten zu regeln. Er darf sich aber seiner Rechtssetzungsbefugnis nicht völlig entäußern und seinen Einfluss auf den Inhalt der von den körperschaftlichen Organen zu erlassenden Normen völlig preisgeben (BVerfGE 33, 125, 158). Der Gesetzesvorbehalt aus Art 20 Abs 3 GG verlangt, dass staatliches Handeln durch förmliches Gesetz legitimiert ist. Im Rahmen einer demokratisch-parlamentarischen Staatsverfassung, wie sie das GG ist, liegt es nahe anzunehmen, dass die Entscheidung aller grundsätzlichen Fragen, die den Bürger unmittelbar betreffen, durch Gesetz erfolgen muss, und zwar losgelöst von dem in der Praxis fließenden Abgrenzungsmerkmal des "Eingriffs" (BVerfGE 40, 237, 249).

22

Unabhängig von verfassungsrechtlichen Vorgaben hat der Gesetzgeber mit dem allgemeinen einfachgesetzlichen Gesetzesvorbehalt in § 31 SGB I bestimmt, dass in den Sozialleistungsbereichen des SGB Rechte und Pflichten nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden dürfen, soweit es ein Gesetz vorschreibt oder zulässt. Ohne Ermächtigung durch Parlamentsgesetz ist dem Sozialversicherungsträger die Regelung von Rechten oder Pflichten des Bürgers verwehrt. Insoweit bedürfen untergesetzliche Normen wie Satzungen einer Inhalt und Umfang bestimmenden Ermächtigungsgrundlage in einem formellen Gesetz (BSGE 108, 194 = SozR 4-2700 § 6 Nr 2, RdNr 37).

23

Nicht maßgeblich ist insofern, ob die Satzungsregelung den Bürger belastet und ihm Pflichten auferlegt oder ob er aus ihr Rechte herleiten kann. Der Gesetzesvorbehalt des § 31 SGB I gilt bereits seinem ausdrücklichen Wortlaut nach("Rechte") auch für begünstigende Handlungen und macht somit selbst bei der Leistungsgewährung eine gesetzliche Grundlage erforderlich (Weselski in jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2011, § 31 RdNr 9). Infolgedessen kann der Gesetzgeber die Satzungsautonomie insoweit einschränken, als Satzungsregelungen über zu gewährende Leistungen nur zulässig sind, soweit das Gesetz solche Leistungen zulässt (BSG SozR 4-7862 § 9 Nr 3 RdNr 18). Ergänzend bestimmt § 30 Abs 1 SGB IV, dass Versicherungsträger nur Geschäfte zur Erfüllung ihrer gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben führen und ihre Mittel nur für diese Aufgaben sowie die Verwaltungskosten verwenden dürfen.

24

Zur Einführung einer Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze war die See-BG erst seit dem 1.1.2008 durch § 143 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB VII(in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung) ermächtigt. Die Einführung einer Ermächtigungsnorm für die Gewährung ergänzender Leistungen für Versicherte nach Erreichen der Regelaltersgrenze - die grundsätzlich dazu führt, dass eine Vollrente bezogen werden kann - war nicht bereits durch die Ermächtigung zur Gewährung eines Überbrückungsgelds gedeckt. Weil die ergänzende Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze eine andere Zielrichtung als das Überbrückungsgeld verfolgt, handelt es sich bei der Ermächtigung zu ihrer Regelung auch nicht um eine gesetzgeberische "Klarstellung", sondern nach Wortlaut und Inhalt um die erstmalige Einführung einer besonderen Ermächtigungsgrundlage.

25

Zweck der Gewährung eines Überbrückungsgelds ist es, ein vorzeitiges Ausscheiden aus der Seefahrt zu ermöglichen oder zu erleichtern. Mit dem Überbrückungsgeld wird den besonderen Belastungen der Seeschifffahrt Rechnung getragen und dem Seemann vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze eine Versorgung gewährleistet, die die Lücke in der Zeit zwischen der Aufgabe der Seeschifffahrt und dem Beginn der allgemeinen Altersversorgung schließt (vgl Göttsch in Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, Bd 3, 4. Aufl, Stand April 2009, § 143 aF SGB VII RdNr 2). Nähert sich der Seemann beim Ausscheiden aus der Seefahrt dem Rentenalter, wird durch das Überbrückungsgeld de facto das Rentenalter für Seeleute vorgezogen (Orgelmann, Die Seemannskasse in § 891a RVO - Geschichte, Struktur und Funktion - Diss Bremen 1980, S 147). Ist die Regelaltersgrenze erreicht, kommt dem Zweck des Überbrückungsgelds keine Bedeutung mehr zu. Daher ist der Anspruch auf Überbrückungsgeld ausdrücklich an die negative Tatbestandsvoraussetzung geknüpft, dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer Vollrente wegen Alters nach den Vorschriften der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung nicht vorliegen (§ 10 Abs 1 S 2 der Satzung). Von einer derartigen Beschränkung gingen auch frühere Fassungen der Satzung aus (vgl BSG vom 14.11.1984 - 1 RS 4/83 - SozR 2200 § 891a Nr 4 S 6; Schleswig-Holsteinisches LSG vom 11.5.2001 - L 3 RJ 78/00 - Juris RdNr 39; LSG Niedersachsen-Bremen vom 16.12.2004 - L 1 RA 40/04 - Juris RdNr 29) aus.

26

Demgegenüber verfolgt die vorliegend in Frage stehende Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze einen anderen - demjenigen des Überbrückungsgelds entgegengesetzten - Zweck. Durch die Ergänzung des § 143 S 3 SGB VII(idF ab 1.1.2008) um die Worte "die Satzung kann ergänzende Leistungen für Versicherte nach Erreichen der Regelaltersgrenze vorsehen" sollte die Aufgabenstellung der Seemannskasse erweitert werden. Alleinige Aufgabe der Seemannskasse war es bis zum 31.12.2007, eine zusätzliche soziale Sicherung für Berufsseeleute zu schaffen, die ihnen in der Zeit ab der Vollendung des 55. Lebensjahres durch Zahlung eines Überbrückungsgelds das Ausscheiden aus der Seefahrt und ggf die Aufnahme einer Beschäftigung an Land erleichterte. Durch die Erweiterung der Vorschrift sollte den veränderten Beschäftigungsbedingungen in der deutschen Seeschifffahrt Rechnung getragen werden. Dazu wurde die Möglichkeit geschaffen, einen Anreiz für ältere Berufsseeleute zu setzen, die Beschäftigung in der Seefahrt erst zum Beginn der Regelaltersgrenze bzw danach zu beenden und dennoch eine Leistung in Anspruch nehmen zu können (vgl BT-Drucks 16/9154 S 29). Der Versicherte, dem trotz der schwierigen Arbeitsbedingungen in der Seefahrt eine Tätigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze möglich ist, soll hiervon nicht durch den "Fehlanreiz" eines Überbrückungsgelds bei vorzeitigem Ausscheiden abgehalten werden. Im Ergebnis geht es darum, die Versicherten zu einer Tätigkeit in der Seefahrt bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze anzuhalten, indem den durch das Überbrückungsgeld geschaffenen finanziellen Anreizen durch Setzung eines finanziellen Gegenanreizes entgegengewirkt wird. Insofern wird den Versicherten entgegen der Ansicht des LSG kein finanzieller Nachteil bei einem vorzeitigen Ausscheiden aus der Seefahrt, sondern im Vergleich mit der Rechtslage vor dem 1.1.2008 ein finanzieller Vorteil bei Verbleib in der Seefahrt in Aussicht gestellt.

27

Ebenfalls entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts begrenzt die so verstandene Ermächtigung zur Einführung "ergänzender Leistungen" die Satzungsbefugnis logisch und rechtlich nicht auf weitere Leistungen, die ihrer grundsätzlichen Zielrichtung nach das mit dem Überbrückungsgeld als "Hauptleistung" verfolgte Ziel erreichen können.

28

Die Satzung kann "ergänzende Leistungen für Versicherte nach Erreichen der Regelaltersgrenze" vorsehen. Insofern hat die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass das Überbrückungsgeld nach der gesetzlichen Ermächtigung an Versicherte ab der Vollendung des 55. Lebensjahres gezahlt werden kann, dagegen die ab dem 1.1.2008 neu eingeführte Leistung aber das Erreichen der Regelaltersgrenze voraussetzt und sich daher an unterschiedliche Zielgruppen richtet. Ist die Zielgruppe nicht identisch, kann die Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze nur die Gesamtkonzeption der Leistungen der Seemannskasse als Vorruhestands- und Zusatzversorgungskasse (vgl BT-Drucks 16/9154 S 42) ergänzen, nicht aber die - kontradiktorische - Leistung des Überbrückungsgelds. Dessen Anwendungsbereich entfällt vielmehr notwendig, sobald die Regelaltersrente beansprucht werden kann, deren Fehlen es kompensieren sollte, während es sich umgekehrt bei einer neben der Regelaltersrente zu erbringenden Leistung nur um ein aliud gegenüber dem Überbrückungsgeld handeln kann.

29

Abermals entgegen der Ansicht des LSG ist eine "enge" Auslegung des Begriffs der ergänzenden Leistung für Versicherte nach Erreichen der Regelaltersgrenze aus § 143 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB VI(idF ab 1.1.2008) bzw § 137b Abs 1 S 2 SGB VI(idF ab 1.1.2009) auch aus sonstigen Gründen nicht geboten. Insbesondere ergibt sich dies nicht aus einer vermeintlich erhöhten Beitragsbelastung der Mitglieder. Der Normgeber hat diesem Aspekt bereits dadurch ausreichend Beachtung geschenkt, dass er durch die Wahl einer Stichtagsregelung einen Eingriff in bereits abgeschlossene Rentenbiographien vermieden und durch die Beschränkung der begünstigenden Neuregelung auf Rentenneuzugänge eine erst allmählich zunehmende Belastung der Finanzierungsgemeinschaft sichergestellt hat (vgl zur Zulässigkeit einer derartigen Vorgehensweise in der Sozialversicherung BVerfG vom 7.7.1992 - 1 BvL 51/86, 1 BvL 50/87, 1 BvR 873/90 und 1 BvR 761/91 - BVerfGE 87, 1, 43 ff = SozR 3-5761 Allg Nr 1). Der Kläger ist zu keinem Zeitpunkt mit der Finanzierung der neuen Leistung belastet worden, kann sich aber auch umgekehrt nicht denkbar darauf berufen, er habe durch von ihm getragene Beiträge bereits entsprechende Anwartschaften erworben. Zudem wird schließlich gemäß § 19 Abs 5 S 1 der Satzung die Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze um alle nach § 9 Nr 1 bis 6 der Satzung zuvor gewährten Überbrückungsgelder vermindert und auch auf diese Weise eine Begrenzung der durch die neue Leistung verursachten Kosten erreicht.

30

Dass der Regelung über die Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze eine echte Rückwirkung zukommt, macht die Satzung nicht unwirksam. Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift (vgl BVerfGE 11, 139, 145 f; 101, 239, 263) oder wenn der Beginn ihrer zeitlichen Anwendung auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm durch ihre Verkündung rechtlich existent, dh gültig geworden ist (vgl BVerfGE 63, 343, 353; zu alledem BVerfGE 126, 369, 391 = SozR 4-5050 § 22b Nr 9 RdNr 71). Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit eines (materiellen) Gesetzes mit rückwirkender Kraft ist nur dann fraglich, wenn es sich um ein den Bürger belastendes Gesetz handelt (vgl BSG vom 29.8.2006 - B 13 RJ 47/04 R - Juris RdNr 70 f). Eine solche Belastung fehlt, wenn die streitige Satzungsnorm erstmalig Ansprüche der Versicherten der Seemannskasse regelt, für die es zuvor keine Anspruchsgrundlage gegeben hat (vgl BVerfGE 50, 177, 193 = SozR 5750 Art 2 § 9a Nr 8 S 24). Dies ist hier der Fall. Gemäß § 143 SGB VII(in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung) konnte die See-BG unter ihrer Haftung die Seemannskasse lediglich für die Gewährung eines Überbrückungsgelds nach Vollendung des 55. Lebensjahres sowie eines Überbrückungsgelds auf Zeit bei einem früheren Ausscheiden aus der Seefahrt einrichten. Nur für diese beiden Leistungen als zugelassene Aufgaben iS des § 30 Abs 1 SGB IV durfte die Seemannskasse ihre Mittel verwenden. Dem folgten die Regelungen der Satzung. Erst im Zuge der Schaffung der gesetzlichen Ermächtigung in § 143 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB VII zum 1.1.2008 wurde ein Anspruch auf Leistungen nach Erreichen der Regelaltersgrenze in der Satzung - begünstigend - geregelt.

31

Die Einführung der Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze scheitert auch nicht an der Zweckbindung von Sozialversicherungsbeiträgen. Sozialversicherungsbeiträge zeichnen sich durch eine strenge grundrechtlich und kompetenzrechtlich begründete Zweckbindung aus. Eine unter Eingriff in das Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit zustande gekommene Zwangsmitgliedschaft vermag die Auferlegung nur solcher Geldleistungspflichten zu rechtfertigen, die ihren Grund und ihre Grenze in den Aufgaben der Sozialversicherung finden. Die Kompetenzvorschrift des Art 74 Abs 1 Nr 12 GG lässt nur solche Finanzierungsregelungen zu, die einen sachlich-gegenständlichen Bezug zur Sozialversicherung aufweisen. Die erhobenen Geldmittel dürfen daher allein zur Finanzierung der Aufgaben der Sozialversicherung eingesetzt werden. Zur Befriedigung des allgemeinen Finanzbedarfs des Staats und seiner Glieder stehen sie nicht zur Verfügung (vgl BVerfGE 75, 108, 148 = SozR 5425 § 1 Nr 1; BVerfGE 113, 167, 203 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 55).

32

Diese Vorgaben sind bereits in den Regelungen der §§ 143 Abs 1 S 1 SGB VII(idF ab 1.1.2008) und 137c Abs 2 S 1 und 2 SGB VI (idF ab 1.1.2009) berücksichtigt, nach denen für die Seemannskasse (bis zum 31.12.2008) ein eigener Haushalt einzurichten war bzw (seit dem 1.1.2009) das Vermögen der Seemannskasse als Sondervermögen getrennt von dem sonstigen Vermögen der Beklagten zu verwalten ist, der Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben dem Vermögen zuzuführen und ein etwaiger Fehlbetrag aus diesem zu decken ist.

33

Der Einwand des LSG, finanzielle Anreize für einen möglichst langen aktiven Dienst der Seeleute müssten allein aus allgemeinen Steuermitteln oder von den betroffenen Unternehmen geleistet werden, verfängt nicht. Denn die Mittel für die Seemannskasse sind grundsätzlich im Wege der Umlage durch die Unternehmer aufzubringen, die bei ihr versichert sind oder die bei ihr Versicherte beschäftigen (§ 143 Abs 1 S 2 SGB VII bzw § 137c Abs 3 S 1 SGB VI). Darüber hinaus stellen die Regelungen des § 24 Abs 1 und 2 der Satzung sicher, dass die Unternehmer mindestens die Hälfte der Umlage aufbringen müssen.

34

Die Anknüpfung des Anspruchs an einen Stichtag (1.1.2008) verstößt nicht gegen Verfassungsrecht. Satzungen der Berufsgenossenschaften sind autonomes Recht (§ 34 SGB IV), wobei der Grund für die Übertragung dieser Regelungsgegenstände auf die Selbstverwaltung in ihrer besonderen Sachkunde und Sachnähe zu sehen ist. Von den Gerichten ist daher nicht zu entscheiden, ob die Vertreterversammlung im gesetzlichen Rahmen die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Satzungsregelung beschlossen hat (BSG vom 16.11.2005 - B 2 U 15/04 R - Juris RdNr 17 f mwN).

35

Die Wahl des Stichtages 1.1.2008 verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit nicht jede Differenzierung verwehrt. Die Festlegung eines Stichtags für die Schaffung von Ansprüchen ist trotz der damit verbundenen Härten grundsätzlich zulässig, wenn der Gesetzgeber seinen Spielraum in sachgerechter Weise genutzt hat, die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat und sich die gefundene Lösung im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt durch sachliche Gründe rechtfertigen lässt und nicht als willkürlich erscheint (vgl BVerfGE 117, 272, 301 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 73).

36

Vorliegend orientiert sich der gewählte Stichtag an der Einführung einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für die Gewährung der Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze. Eine solche Lösung erscheint sachgerecht. Zum einen werden mit ihr einzelfallbezogene Ermittlungen einer Anspruchsdauer über die Fragen nach bereits bezogenen Überbrückungsgelds hinaus vermieden. Zudem war zu berücksichtigen, dass eine Lenkung des Ausscheideverhaltens Versicherter im Wege der Normsetzung durch die Selbstverwaltungsorgane insofern beschränkt war, als eine Abschaffung des Überbrückungsgelds zum 1.1.2008 an höheren Anforderungen zu messen ist als die Einführung einer neuen Leistung. Seit dem 1.1.2009 ist der Beklagten die Abschaffung des Überbrückungsgelds gänzlich verwehrt, da die Gewährung eines Überbrückungsgelds gemäß § 137b Abs 1 S 1 SGB VI gesetzliche Pflichtaufgabe ist. Schließlich führt der neben der Gewährung eines Ausgleichs für die Nichtinanspruchnahme des Überbrückungsgelds verfolgte weitere Zweck der Personalbedarfsdeckung dazu, dass die in der Satzung erfolgte Stichtagsregelung sachgerecht ist. Es ist nicht zu beanstanden, dass nur der zum Zeitpunkt der gesetzlichen Ermächtigung vorhandene Versichertenbestand durch die neu eingeführte Leistung veranlasst werden sollte, die Beschäftigung in der Seefahrt erst zum Beginn der Regelaltersgrenze bzw danach zu beenden. Eine am aktuellen Versichertenbestand orientierte Lösung ermöglicht eine bessere Planbarkeit der Ausgaben für die Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze. Zudem erscheint nicht absehbar, welche Maßnahmen für die erneute Heranführung von aus der Seefahrt bereits aufgrund Alters ausgeschiedener Seeleute ergriffen werden müssten, um den mit dem Ausscheiden aus der Seefahrt und dem Erwerbsleben einhergehenden Verlust von Kenntnissen und Fertigkeiten zu begegnen.

37

Auch aufgrund des richterrechtlich entwickelten Rechtsinstituts eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs steht dem Kläger kein Anspruch zu. Die Voraussetzungen eines Herstellungsanspruchs sind hier nicht erfüllt. Dessen (im Wesentlichen dreigliedriger) Tatbestand fordert das Vorliegen einer Pflichtverletzung, die dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnen ist. Dadurch muss beim Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden eingetreten sein. Schließlich muss durch Vornahme einer Amtshandlung des Trägers der Zustand wiederhergestellt werden können, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht erfolgt wäre (vgl BSGE 92, 182 = SozR 4-6940 Art 3 Nr 1, RdNr 25; BSGE 96, 44 = SozR 4-1300 § 27 Nr 2, RdNr 28).

38

Es kann vorliegend offenbleiben, ob eine Hinweispflicht des Versicherungsträgers schon vor Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung bestehen kann (vgl BSG vom 6.5.1992 - 12 BK 1/92). Das hier maßgebliche Gesetz (UVMG, aaO) ist am 30.10.2008 verabschiedet worden und mit Wirkung zum 1.1.2008 in Kraft getreten. Auch aufgrund eines Hinweises zu diesem Zeitpunkt bzw ab Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens (vgl Gesetzentwürfe vom 14.3.2008, BR-Drucks 113/08 bzw vom 8.5.2008, BT-Drucks 16/9154) wäre der Kläger nicht mehr in der Lage gewesen, die Voraussetzungen für eine "Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze" (hier: keine Vollendung des 65. Lebensjahres vor dem 1.1.2008, kein Ausscheiden aus der Seefahrt vor dem 1.1.2008, vgl § 17 S 3 der Satzung) tatsächlich zu erfüllen.

39

Ein dem Kläger günstigeres Ergebnis ließe sich auch nicht aus der von der Vertreterversammlung der See-BG am 6.11.2007 beschlossenen und vom BVA am 6.11.2008 genehmigten - so aber nicht bekannt gemachten - Textfassung der Satzung ableiten. Die dort noch enthaltene Bezeichnung der neuen Leistung als "Überbrückungsgeld für langjährig Versicherte" ändert ungeachtet der vordergründigen und vom BVA schon deshalb beanstandeten Namensähnlichkeit nichts an ihren rechtlichen Unterschieden gegenüber dem hergebrachten, noch auf § 143 Abs 1 SGB VII in der bis 31.12.2007 geltenden Fassung als Ermächtigungsgrundlage beruhenden Überbrückungsgeld.

40

Unter diesen Umständen kann vorliegend offenbleiben, ob die in Frage stehende Fassung der Satzung mit der Folge der Nichtigkeit möglicherweise durchgreifenden formellen Bedenken begegnen könnte. Über die schlussendlich veröffentlichte Fassung hat nämlich weder die Vertreterversammlung der See-BG beschlossen noch ist sie vom BVA genehmigt worden. Das Vorliegen lediglich "redaktioneller Änderungen", die das BVA in seinem Begleitschreiben zur Genehmigung vom 6.11.2008 angenommen hat und die es nach der Rechtsprechung des BVerwG zum Erlass von gemeindlichen Bebauungsplänen (vgl Beschluss vom 14.8.1989 - 4 NB 24/88 - DVBl 1989, 1105 f) erlauben könnten, von einem Rechtssetzungsbefehl in Form eines (erneuten) Satzungsbeschlusses zur Umsetzung der nur bedingt erteilten Genehmigung abzusehen, erscheint fraglich. Nachdem nämlich - wie dargelegt - erstmals zum 1.1.2008 die erforderliche gesetzliche Grundlage für die Einführung einer neuen Leistung vorhanden war, konnte sich das zuständige Beschlussorgan der Rechtsvorgängerin der Beklagten hiermit am 6.11.2007 nicht befasst und die hierdurch eingetretene nachhaltige Änderung der Rechtslage nicht in seinen Willen aufgenommen haben. Ebenfalls offenbleiben kann, ob die Genehmigung anstelle ihres damaligen Trägers unmittelbar der Seemannskasse erteilt werden konnte und wie sich der Hinweis auf die für eine andere Fassung erteilte Genehmigung auf die Rechtmäßigkeit der Bekanntmachung der neugefassten Satzung im Dezember 2008 auswirkt.

41

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Versicherungspflichtig sind selbständig tätige

1.
Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
2.
Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
3.
Hebammen und Entbindungspfleger,
4.
Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen,
5.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
6.
Hausgewerbetreibende,
7.
Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen,
8.
Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 der Handwerksordnung sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 der Handwerksordnung außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt,
9.
Personen, die
a)
im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
b)
auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Als Arbeitnehmer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gelten
1.
auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,
2.
nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,
3.
für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Die Beiträge sind, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist, von denjenigen, die sie zu tragen haben (Beitragsschuldner), unmittelbar an die Träger der Rentenversicherung zu zahlen.

Die Beiträge werden getragen

1.
bei selbständig Tätigen von ihnen selbst,
2.
bei Künstlern und Publizisten von der Künstlersozialkasse,
3.
bei Hausgewerbetreibenden von den Versicherten und den Arbeitgebern je zur Hälfte,
4.
bei Hausgewerbetreibenden, die ehrenamtlich tätig sind, für den Unterschiedsbetrag von ihnen selbst.