Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. September 2012 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Erstattung der Kosten für die Anschaffung eines Bettes plus Lattenrost für ein knapp dreieinhalbjähriges Kind als Leistungen für Erstausstattung nach dem SGB II.

2

Der im Mai 2007 geborene Kläger lebt mit seiner Mutter zusammen. Sie erhalten laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Im Oktober 2010 beantragte er die Übernahme der Kosten ua für ein Bett und einen Lattenrost als Erstausstattung iS des § 23 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB II, weil er für das vorhandene Kinderbett zu lang geworden sei. Durch Bescheid vom 3.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2010 lehnte der Beklagte dies ab. Die Mutter des Klägers erwarb im Februar 2012 ein Bett mit Lattenrost zu einem Preis von 272,25 Euro für den Kläger.

3

Vor dem SG ist der Kläger erfolglos geblieben (Urteil vom 13.1.2012). Das LSG hat die Berufung des Klägers hiergegen durch Urteil vom 13.9.2012 zurückgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger keinen Kostenerstattungsanspruch für Bett und Lattenrost habe. § 23 SGB II sei bedarfsbezogen auszulegen. So könne zwar auch ein bereits gedeckter Bedarf durch außergewöhnliche Umstände erneut entstehen. Dieser neue Bedarf sei jedoch vom Erhaltungs-, Ergänzungs- oder Ersatzbeschaffungsbedarf abzugrenzen, der durch die Regelleistung zu decken sei. Bei dem angeschafften Bett handele es sich um eine Ersatzbeschaffung, denn es sei bereits ein Bett für den Kläger im Haushalt der Mutter vorhanden. Das neue Bett habe grundsätzlich dieselbe Funktion wie das nicht mehr passende Gitterbett - beides diene zum Schlafen. Lediglich wegen des Wachsens des Klägers sei der Bedarf nach einem neuen Bett entstanden. Insoweit sei die Rechtslage der bei Kinderkleidung vergleichbar, die nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 23.3.2010 - B 14 AS 81/08 R - SozR 4-4200 § 20 Nr 8)auch nur bei der erstmaligen Anschaffung für einen Säugling, der noch keine Kleidung gehabt habe, einen Sonderbedarf iS des § 23 Abs 3 SGB II darstelle. Wegen des Wachstums der Kinder benötigte größere Bekleidungsstücke seien aus der Regelleistung zu finanzieren. Ein Anspruch auf die Kostenerstattung sei auch nicht aus Verfassungsrecht herzuleiten.

4

Der Kläger rügt mit der vom LSG zugelassenen Revision eine Verletzung von § 23 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB II. Er macht geltend, dass er nicht über ein seinem Bedarf entsprechendes Bett verfüge. Der Bedarf könne auch nicht aus der Regelleistung gedeckt werden, denn dort seien 5,10 Euro monatlich für Möbel und Einrichtungsgegenstände eingestellt. Den geltend gemachten Erstattungsbetrag habe der Kläger damit bis zur Antragstellung nicht ansparen können. Möbel seien anders als Kinderkleidung nicht dem Verschleiß unterworfen. So sei auch hier der Bedarf nicht durch Verschleiß entstanden, sondern weil das Gitterbett nicht mehr nutzbar sei. Ein Jugendbett sei im Haushalt jedoch noch nicht vorhanden. Die Funktion von Kinder- und Jugendbett sei zudem nicht identisch. Das Kinderbett in der Gestalt des Gitterbettes sei auf die spezifischen Bedürfnisse des Kindes/Säuglings zugeschnitten. Ebenso wenig sei die Entscheidung des BSG zur Kinderkleidung auf den Erstausstattungsbedarf für ein Jugendbett zu übertragen. Anders als bei der Kinderkleidung handele es sich bei dem Jugendbett nicht um einen kindspezifischen Bedarf, der zudem nicht laufend neu entstehe.

5

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. September 2012 und des Sozialgerichts Freiburg vom 13. Januar 2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 3. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 272,25 Euro zu zahlen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält die Ausführungen in der Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist im Sinne der Zurückverweisung begründet.

9

Der Senat konnte anhand der Feststellungen des LSG nicht abschließend darüber befinden, ob der Kläger einen Anspruch auf die Erstattung seiner Aufwendungen für das selbst beschaffte Jugendbett mit Lattenrost in Höhe von 272,25 Euro hat. Der Beklagte hat die Bewilligung von Leistungen hierfür zwar rechtswidrig versagt. Bei der erstmaligen Beschaffung eines "Jugendbettes" - nachdem das Kind dem "Kinderbett" entwachsen ist - handelt es sich um eine Erstausstattung für die Wohnung iS von § 23 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB II, die auch dem Grunde nach angemessen ist. Es mangelt jedoch an Feststellungen des LSG, um eine abschließende Beurteilung der Angemessenheit der Höhe des Erstattungsanspruchs vornehmen zu können.

10

1. Streitgegenstand ist allein der vom Beklagten durch Bescheid vom 3.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.12.2010 abgelehnte Anspruch des Klägers auf Leistungen für Erstausstattung nach § 23 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706). Hierbei handelt es sich um einen eigenständigen, abtrennbaren Streitgegenstand, über den isoliert und unabhängig von den übrigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts entschieden werden kann (vgl BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 12; BSG vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 4, RdNr 9; BSG vom 13.4.2011 - B 14 AS 53/10 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 12, RdNr 9; BSG vom 27.9.2011 - B 4 AS 202/10 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 13, RdNr 11).

11

2. Der Kläger verfolgt sein Begehren zu Recht mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG). Zwar ist bei Streitigkeiten um eine Wohnungserstausstattung regelmäßig die Verpflichtungsbescheidungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 SGG) die statthafte Klageart, weil der Leistungsberechtigte einen gebundenen Rechtsanspruch nur im Hinblick auf das "Ob" und nicht jedoch auch auf das "Wie" der Leistungserbringung nach § 23 Abs 3 S 5 SGB II hat. Es steht regelmäßig im pflichtgemäßen Auswahlermessen des Grundsicherungsträgers, ob er die Leistung als Sachleistung oder als (gegebenenfalls pauschalierte) Geldleistung erbringt und in welcher Höhe er diesen Anspruch erfüllt (vgl BSG vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 4, RdNr 10; BSG vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5, RdNr 19). Beschafft sich jedoch der Hilfebedürftige die im Streit stehenden Gegenstände endgültig selbst, wie es hier nach den Feststellungen der Vorinstanz der Fall war, besteht für die gerichtliche Klärung eines Sachleistungsanspruchs iS des § 23 Abs 3 S 5 SGB II (also etwa die Überlassung eines Jugendbettes aus eigenen Beständen des Grundsicherungsträgers oder durch Gutscheine für bestimmte Möbelkaufhäuser) regelmäßig kein Rechtsschutzinteresse mehr. Das Begehren des Leistungsbedürftigen richtet sich ausschließlich auf eine Geldleistung, die allein im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage zu verfolgen ist (BSG vom 19.8.2010 - B 14 AS 36/09 R - RdNr 13).

12

3. Nach den bindenden der Feststellungen des LSG erfüllt der Kläger die Voraussetzungen für den Leistungsanspruch nach § 7 SGB II. Er ist leistungsberechtigt nach § 7 Abs 2 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 24.3.2006 (BGBl I 558). Danach erhalten Leistungen auch Personen, die mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Die Mutter des Klägers ist eine erwerbsfähige Hilfebedürftige iS des § 7 Abs 1 S 1 SGB II. Ihrem Haushalt gehört der Kläger an (Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II), woraus sich dessen Berechtigung auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Sozialgeld nach § 7 Abs 2 und § 28 Abs 1 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Neuausrichtung arbeitsmarktpolitischer Instrumente vom 21.12.2008, BGBl I 2917) ableitet.

13

4. Der Kläger hat auch dem Grunde nach Anspruch auf Erstausstattung in Gestalt eines Jugendbettes mit Lattenrost nach § 23 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB II. Danach sind Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten nicht von der Regelleistung umfasst. Sie werden gesondert erbracht (§ 23 Abs 3 S 2 SGB II). Die Bewilligung einer Leistung nach § 23 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB II dem Grunde nach setzt dabei zweierlei voraus: die Ausstattung mit dem begehrten Gegenstand muss eine erstmalige Ausstattung (a.) und der Gegenstand selbst muss dem Grunde nach angemessen sein (b.).

14

a) Um eine Erstausstattung für Wohnung im Sinne dieser Vorschrift handelt es sich dann, wenn ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung besteht, der nicht bereits durch vorhandene Möbel und andere Einrichtungsgegenstände gedeckt ist. Der Anspruch ist insoweit bedarfsbezogen zu verstehen (BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 19; BSG vom 27.9.2011 - B 4 AS 202/10 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 13, RdNr 16). In Abgrenzung zu einem Erhaltungs- und Ergänzungsbedarf, der aus der Regelleistung zu bestreiten ist, kommt eine Wohnungserstausstattung allerdings auch bei einem erneuten Bedarfsanfall in Betracht, wenn der Hilfebedürftige nachweist, dass er - regelmäßig im Zusammenhang mit besonderen Ereignissen - über die nunmehr notwendigen Ausstattungsgegenstände bisher nicht oder nicht mehr verfügt. Von den in den Gesetzesmaterialien beispielhaft genannten Bedarfen für eine Wohnungserstausstattung, zB nach einem Wohnungsbrand oder bei Erstanmietung nach einer Haft (BT-Drucks 15/1514, S 60 zum gleichlautenden § 32 Abs 1 SGB XII), steht jedenfalls der Wohnungsbrand für Konstellationen, bei denen - nach dem Willen des Gesetzgebers - Leistungen nach § 23 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB II für einen erneuten Bedarfsanfall im Sinne einer Ersatzbeschaffung als "Wohnungserstausstattung" gewährt werden können. Entsprechend hat der Senat bereits entschieden, dass der erstmaligen Ausstattung einer Wohnung wertungsmäßig diejenigen Fälle einer Ersatzbeschaffung gleichzustellen sind, bei denen vorhandene Ausstattungsgegenstände allein durch einen vom Grundsicherungsträger veranlassten Umzug in eine angemessene Wohnung unbrauchbar geworden (BSG vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 4, RdNr 14 f) oder bei einem Rückumzug aus dem Ausland im Ausland untergegangen sind (BSG vom 27.9.2011 - B 4 AS 202/10 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 13, RdNr 17).

15

Bei der Anschaffung eines Jugendbettes handelt es sich im konkreten Fall um eine Erstausstattung in diesem Sinne. Ein für den Kläger geeignetes Bett war, nachdem er nach den Feststellungen des LSG dem "Gitterbett" entwachsen war, nicht mehr vorhanden. Das "Gitterbett" ist zwar nicht "untergegangen". Der Kläger benötigte jedoch erstmals in seinem Leben ein seiner Körpergröße angepasstes größeres Bett. Bei dem Jugendbett handelt es sich um ein Aliud gegenüber dem Gitter- oder Kinderbett. Anders wäre die Lage zu beurteilen, wenn der Kläger bereits über ein im Kleinkindalter angeschafftes Jugendbett verfügen, dieses jedoch etwa in der Pubertät nicht mehr seinen geschmacklichen Vorstellungen entsprechen würde. Dann handelte es sich bei einem neuen Jugend- oder Erwachsenenbett um eine Ersatzbeschaffung, die tatsächlich Ersatz für einen bereits vorhandenen und geeigneten Einrichtungsgegenstand ist.

16

Mit dieser Bewertung begibt sich der Senat auch nicht in einen Widerspruch zur Entscheidung des 14. Senats betreffend den Ersatz von Kinderkleidung, der Kinder entwachsen sind (BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 81/08 R - SozR 4-4200 § 20 Nr 8). Der 14. Senat hat dort die Erstausstattung im Sinne eines einmaligen Bedarfs nach § 23 Abs 3 SGB II von dem für regelmäßig laufende Anschaffungen und Instandhaltungen von Kleidung nach § 20 SGB II abgegrenzt(BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 81/08 R - SozR 4-4200 § 20 Nr 8, RdNr 16). Genau hier verläuft auch die Grenzlinie im vorliegenden Fall. Bei der Anschaffung des Jugendbettes handelt es sich hier - wie oben dargelegt - um einen ein- und erstmaligen Bedarf im Unterschied zu den laufenden Bedarfen für Kinderkleidung. Soweit das LSG zur Untermauerung der fehlenden "Erstmaligkeit" des Bedarfs den Bedarf nach einem Jugendbett von dem nach einem Schreibtisch, der zur Einschulung angeschafft werden soll, abgrenzt, folgt hieraus nichts anderes. Die Beschaffung sowohl des Jugendbettes als auch des Schreibtisches können eine Leistung zur Erstausstattung iS des § 23 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB II sein. Ob für den Schreibtisch eine solche Leistung vom Grundsicherungsträger zu erbringen wäre, entscheidet sich demnach nicht bei der Prüfung der Erstmaligkeit, sondern in Beantwortung der Frage nach der Angemessenheit dieses Einrichtungsgegenstandes dem Grunde nach. Hiervon scheint auch das LSG unausgesprochen auszugehen, denn es räumt ein, dass beim Schreibtisch zu prüfen sei, ob insoweit überhaupt ein Bedarf angenommen werden könne. Gemeint ist damit wohl, dass geprüft werden müsse, ob es sich um einen grundsicherungsrechtlich relevanten Bedarf handelt, also ob die Beschaffung dieses Einrichtungsgegenstandes dem Grunde nach angemessen ist.

17

b) Handelt es sich bei dem begehrten Gegenstand um eine Erstausstattung im zuvor dargelegten Sinne, so ist er vom Grundsicherungsträger nach § 23 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB II nur dann zu finanzieren, wenn es sich um einen dem Grunde nach zum Wohnen und zur Haushaltsführung angemessen Gegenstand im Sinne des Grundsicherungsrechts handelt(Fortführung von BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 75/10 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 11, RdNr 15 ff). Leistungen nach § 23 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB II sind, wie die zuständigen Senate des BSG übereinstimmend entschieden haben, für die Ausstattung mit wohnraumbezogenen Gegenständen zu erbringen, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichen(BSG vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5, RdNr 14; BSG vom 13.4.2011 - B 14 AS 53/10 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 12, RdNr 13). Wohnung oder Unterkunft - nach dem Sprachgebrauch des § 22 SGB II werden die Begriffe synonym verwandt - soll zwar nicht nur die Bedürfnisse nach Schutz vor Witterung und einer Gelegenheit zum Schlafen befriedigen, sondern auch die Unterbringung von Gegenständen aus dem persönlichen Lebensbereich ermöglichen(BSG vom 16.12.2008 - B 4 AS 1/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 14, RdNr 16) sowie die Führung eines Haushalts, wie sich aus der gesonderten Aufführung der Haushaltsgeräte in § 23 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB II ergibt. Andererseits werden die Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II nur übernommen, soweit sie angemessen sind. Dies erfordert, dass die Unterkunft nach Lage, Ausstattung und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Standard aufweist (BSG vom 16.12.2008 - B 4 AS 1/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 14, RdNr 15 mwN). Dies gilt auch für die Ausstattung der Wohnung mit Einrichtungsgegenständen und Haushaltsgeräten. Von daher wird von dem Begriff "Wohnen" iS des § 23 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB II nur die Befriedigung von grundlegenden Bedürfnissen umfasst. Der 14. Senat des BSG hat es folglich abgelehnt auch Gegenstände zur Freizeitbeschäftigung unter den Begriff der Erstausstattung zu fassen (BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 75/10 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 11, RdNr 16 - Fernsehgerät).

18

Im vorliegenden Fall bestehen keine Zweifel, dass die Beschaffung eines Jugendbettes dem Grunde nach angemessen in diesem Sinne ist. Durch das Jugendbett soll ein elementares Grundbedürfnis gedeckt werden, das Bedürfnis eine Stätte zum Schlafen zu erhalten.

19

5. Eine abschließende Bewertung der Höhe des Erstattungsanspruchs ist dem Senat nach den Feststellungen des LSG jedoch nicht möglich. Unschädlich ist insoweit zwar, dass das Bett für den Kläger bereits beschafft worden ist und er daher keine Sach- oder Geldleistung vom Beklagten, sondern eine Kostenerstattung begehrt. Nicht beurteilen kann der Senat jedoch, ob die getätigte Anschaffung der Höhe nach angemessen war.

20

a) Mit der Beschaffung des Bettes durch die Mutter des Klägers ist der Bedarf des Klägers nach einem seiner Körpergröße angemessenen Bett zwar gedeckt worden. Da hier die "Selbstbeschaffung" der begehrten Leistung jedoch wegen der fehlenden Unterstützung durch den Beklagten erfolgt ist, ist dessen Leistung durch den Erwerb des Bettes lediglich substituiert worden. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats kann eine solche Substitution wegen einer Rechtswidrigkeit der Leistungsablehnung dem Kläger nicht entgegengehalten werden (vgl BSG vom 27.9.2010 - B 4 AS 202/10 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 13, RdNr 23; für die Sozialhilfe BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R - SozR 4-3500 § 21 Nr 1, RdNr 11; BVerwG vom 30.04.1992 - 5 C 12/87 - BVerwGE 90, 154 ff; s zur Substitution durch Darlehensgewährung BSG vom 20.12.2011 - B 4 AS 46/11 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 45).

21

b) Ebenso ist es unschädlich, dass sich hier der Sach- oder Geldleistungsanspruch in einen Kostenerstattungsanspruch gewandelt hat. § 23 Abs 3 S 5 SGB II räumt dem Leistungsträger zwar ein Auswahlermessen dergestalt ein, dass er die Leistungen entweder als Sachleistungen oder als Geldleistungen, letztere auch in Form von Pauschalbeträgen erbringen kann. Dieses Auswahlermessen kann der Beklagte nach der Selbstbeschaffung des Bettes durch den Kläger nicht mehr ausüben. Wie der 14. Senat des BSG jedoch bereits entschieden hat, ist die Erstattung von Kosten bei Selbstbeschaffung unaufschiebbarer Sozialleistungen (also in Eil- und Notfällen) sowie im Falle rechtswidriger Leistungsablehnung Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens im Sozialrecht (vgl bereits BSG vom 30.10.2001 - B 3 KR 27/01 R - BSGE 89, 50, 56 f = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 8, juris RdNr 36; BSG vom 19.8.2010 - B 14 AS 36/09 R - RdNr 21; Grube, Sozialrecht aktuell 2010, 11, 12). Liegen seine Voraussetzungen vor, wandelt sich auch im Anwendungsbereich des SGB II ein Sachleistungsanspruch in einen Kostenerstattungsanspruch, gerichtet auf Geld, um (vgl BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 58/09 R - BSGE 106, 190 = SozR 4-4200 § 22 Nr 41, RdNr 21). So liegt der Fall hier. Der Beklagte hat die Gewährung von Leistungen nach § 23 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB II abgelehnt und der Kläger hat die Selbstbeschaffung erst deutlich nach der Verwaltungsentscheidung getätigt. Die ablehnende Entscheidung des Beklagten war auch - wie oben dargelegt - rechtswidrig.

22

c) Ob der Kläger jedoch einen Erstattungsanspruch in Höhe seiner tatsächlich getätigten Ausgaben hat, kann der Senat in Ermangelung von Feststellungen des LSG hierzu nicht entscheiden. Der selbstbeschaffte Einrichtungsgegenstand muss von seinem Wert her - also der Höhe nach -, ausgedrückt im Preis für den Erwerb, angemessen sein. Insofern besteht kein Unterschied zwischen dem Kostenerstattungsanspruch und der Geldleistung iS des § 23 Abs 3 S 5 SGB II. Beide sind so zu bemessen, dass sie realitätsgerecht einen einfachen und grundlegenden Bedarf decken können. Anhaltspunkte zur Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit können dabei aus der Regelung des § 23 Abs 3 S 6 SGB II und den vom BSG entwickelten Regeln zur Bestimmung des angemessenen Pauschalbetrags gewonnen werden. Dabei ist allerdings einerseits zu beachten, dass der Leistungsberechtigte möglicherweise keinen Zugriff auf kostengünstige Sachleistungen hat, wie sie ein Grundsicherungsträger anbieten kann, sodass der Marktpreis beim eigentätigen Erwerb unter Umständen höher sein kann. Die Obergrenze der Angemessenheit ist andererseits dort zu ziehen, wo die Aufwendungen für den selbst beschafften Gegenstand der Erstausstattung aus Sicht eines verständigen Leistungsberechtigten offenkundig außer Verhältnis zu dem stehen, was einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht (vgl hierzu die Rspr zur Schließung von Versorgungslücken bei Hilfsmitteln, BSG vom 12.9.2012 - B 3 KR 20/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 20).

23

Das LSG wird demnach im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu prüfen haben, ob die Höhe der Aufwendungen des Klägers für die Beschaffung von Bett und Lattenrost in diesem Sinne angemessen war.

24

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

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Die Kläger begehren als einmalige Leistung einen Zuschuss für Kosten der Kinderbekleidung.

2

Der am 2.2002 geborene Kläger und die am 3.2003 geborene Klägerin leben gemeinsam mit ihren Eltern sowie ihrem am 6.2006 geborenen Bruder K. in einem Haushalt. Sie bezogen ebenso wie ihre Eltern seit Februar 2005 (ihr Bruder seit seiner Geburt) Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zuletzt bewilligte ihnen die Beklagte für den Zeitraum 1.8.2006 bis 31.1.2007 Leistungen in Höhe von monatlich insgesamt 1423 Euro (Bescheid vom 13.7.2006). Der Leistungsbewilligung legte die Beklagte dabei jeweils einen Bedarf der Kläger zu 1 und 2 in Höhe von 304,60 Euro zu Grunde (207 Euro Regelleistung und 97,60 Euro für die anteiligen monatlichen Kosten der Unterkunft und Heizung).

3

Mit Schreiben vom 6.7.2006 beantragte die Mutter bei der Beklagten eine Beihilfe für Bekleidung als Erstausstattung für die Kläger. Die Kläger benötigten Kleidung in den Konfektionsgrößen 116 und 110, besäßen jedoch lediglich Garderobe in den Größen 104 und 98, die sie nicht weiter tragen könnten. Antrag und Widerspruch blieben ohne Erfolg (Bescheid vom 10.7.2006; Widerspruchsbescheid vom 10.8.2006).

4

Mit ihrer Klage zum Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen haben die Kläger die Gewährung eines einmaligen verlorenen Zuschusses in Höhe von insgesamt 448 Euro zur Beschaffung von Kinderkleidung begehrt. Der Kläger habe bereits eine Winterjacke für 25 Euro und zwei Paar Strumpfhosen für 15 Euro erhalten. Auch für die Klägerin würden für den Winter 2006/2007 eine Winterjacke (im Wert von 25 Euro) und zwei Paar Strumpfhosen (im Wert von 15 Euro) benötigt sowie für jedes Kind zwei Hosen (im Wert von 80 Euro), drei Pullover (im Wert von 90 Euro), drei T-Shirts (im Wert von 48 Euro), ein Satz Unterwäsche (im Wert von 50 Euro), ein Paar Schuhe (im Wert von 50 Euro), ein Paar Pantoffeln (im Wert von 20 Euro) sowie Mütze und Handschuhe (im Wert von 30 Euro).

5

Die Klage ist ohne Erfolg geblieben (Urteil vom 22.6.2007). Der allgemeine Bedarf, nämlich die Beschaffung von Kleidung, sei auch von Kindern aus deren Regelleistung zu bestreiten, wie die Aufzählung in § 20 Abs 1 SGB II deutlich mache. Auf § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II könne der Anspruch nicht gestützt werden. Der Begriff der Erstausstattung sei abzugrenzen von den Fällen des Erhaltungs- bzw Ergänzungsbedarfs, die vorlägen, wenn es sich nicht um eine erstmalige Ausstattung handele. Die Erstausstattung mit Bekleidung umfasse neben den im Gesetz genannten Ereignissen der Schwangerschaft und Geburt auch einen Bedarf bei Gesamtverlust (zB durch Wohnungsbrand) oder auf Grund "außergewöhnlicher Umstände" (BT-Drucks 15/1514 S 60). Zu den außergewöhnlichen Umständen zählten zB eine Gewichtszu- oder Gewichtsabnahme oder eine unzureichende Bekleidungsausstattung nach einer Haft oder Wohnungslosigkeit. Dass Kinder im Rahmen des Wachstums regelmäßig auf neue Kleidung angewiesen seien, stelle einen normalen, vom Gesetzgeber im Rahmen der Bemessung der Regelleistung berücksichtigten Umstand dar, der die Gewährung eines Mehrbedarfs auf Grund wachstumsbedingter Notwendigkeit der Beschaffung neuer Kleidung ausschließe. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Regelleistung nach § 20 SGB II oder des abschließenden Katalogs an einmaligen Leistungen in § 23 Abs 3 SGB II habe das Gericht nicht.Die Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat das LSG zurückgewiesen (Urteil vom 17.9.2008) und zur Begründung im Wesentlichen nach § 153 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Urteilsgründe des SG Bezug genommen.

6

Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger. Die Ausstattung eines Kindes mit Bekleidung nach einem Wachstumsschritt sei nicht von der Regelleistung nach § 28 Abs 1 SGB II iVm § 20 SGB II mit umfasst. In der pauschalen Regelleistung sei ein Anteil von 10 Prozent für die Anschaffung von Kleidung und Schuhen vorgesehen. Die Regelleistung entspreche der Höhe nach den Regelsätzen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) und sei damit auf Grund der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe festgesetzt worden. Mit der Datenerhebung sei jedoch ausschließlich der Bedarf eines alleinstehenden Erwachsenen ermittelt worden. Wegen des Bedarfs für Kinder unter 14 Jahren sei lediglich ein Abschlag von 40 Prozent erfolgt, ohne deren konkrete Situation in Blick zu nehmen. Insoweit sei die Regelleistung für Kinder verfassungswidrig. Unabhängig davon bestehe ein Anspruch auf Erstausstattung mit Bekleidung, bei dem es nicht darauf ankomme, ob er erstmals gewährt werden müsse. Es gehe im vorliegenden Fall nicht um einen Erhaltungsbedarf, der vorliegende Sachverhalt erfordere die Neuanschaffung der Kleidungsstücke. Ähnlich wie bei einer Gewichtszunahme bei Erwachsenen, die in der Gesetzesbegründung zu § 31 SGB XII als Beispiel für eine Erstausstattung genannt werde, gehe es nach jedem Wachstumsschritt um einen erstmaligen Bedarf in der neuen Konfektionsgröße, auf die bei der Bemessung der Regelsätze keine Rücksicht genommen worden sei. Die Gewährung eines Darlehens nach § 23 Abs 1 SGB II sei von den Klägern nicht beantragt worden, weil die Aufrechnung mit der Darlehensrückforderung - wie im Falle von wiederkehrenden Fahrkosten - zu "einer belastenden Hypothek für die Zukunft" werde.

7

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17.9.2008 und das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 22.6.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.8.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Klägern zusätzliche Leistungen nach dem SGB II in Form eines verlorenen Zuschusses für die Anschaffung von Kinderbekleidung in Höhe von insgesamt 448 Euro zu gewähren.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässigen Revisionen der Kläger sind unbegründet. Den Klägern stehen die geltend gemachten Kosten für Bekleidung nicht als einmalige Leistung zu.

11

1. Streitgegenstand sind ausschließlich die begehrten Leistungen für Kosten der Kinderbekleidung, die für den Winter 2006/2007 notwendig geworden ist. Bei dem Anspruch auf Leistungen für Erstausstattungen gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II, auf den die Kläger ihr Begehren ausschließlich stützen, handelt es sich um einen Individualanspruch desjenigen, der den entsprechenden Bedarf geltend macht. Gegenstand des Verfahrens sind der Bescheid vom 10.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.8.2006, mit dem der Träger der Grundsicherung eine von der Bewilligung der übrigen Leistungen für den Bewilligungsabschnitt vom 1.8.2006 bis 31.1.2007 gesonderte Entscheidung getroffen hat. Dieses Vorgehen des Trägers der Grundsicherung ist zwar nicht zwingend. Über den Anspruch auf Erstausstattung, der auch ohne ausdrückliche Antragstellung vom Antrag auf insgesamt bedarfsdeckende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den jeweiligen Bewilligungsabschnitt umfasst ist (vgl Urteil des Senats vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R), kann aber isoliert und unabhängig von den übrigen Grundsicherungsleistungen entschieden werden. Der Anspruch kann in der Folge isoliert gerichtlich geltend gemacht werden (zum Anspruch auf eine Erstausstattung für die Wohnung gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II vgl BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, jeweils RdNr 12 und BSG Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R, juris RdNr 9, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; zum Anspruch auf Gewährung von Kosten für Klassenfahrten BSGE 102, 68 = SozR 4-4300 § 23 Nr 1, jeweils RdNr 13). Deshalb war nicht zu überprüfen, ob die im Übrigen gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der Höhe nach richtig bemessen waren. Die Höhe der laufenden Regelleistungen für den Bewilligungsabschnitt, für den auch die Sonderbedarfe geltend gemacht werden, haben die Kläger nicht angegriffen. Der Bescheid vom 13.7.2006, den das LSG insoweit in seinem Urteil in Bezug genommen hat, ist bestandskräftig geworden.

12

Die Eltern der Kläger sind damit durch die angefochtenen Bescheide nicht in eigenen Rechten verletzt (§ 54 Abs 1 Satz 2 SGG) und haben die von ihnen ursprünglich geführten Revisionen auf entsprechenden Hinweis des Senats zurückgenommen. § 23 Abs 3 SGB II erfordert ein Vorgehen aller Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft nur für den Fall, dass einer Personenmehrheit weitergehende Ansprüche zustehen können als dem einzelnen Hilfebedürftigen (vgl BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, jeweils RdNr 11). Das ist bei der personenbezogenen Ausstattung mit Bekleidung nicht der Fall.

13

2. Zutreffend haben SG und LSG entschieden, dass die Voraussetzungen für einen von den Klägern als einmalige Leistung geltend gemachten Anspruch auf Erstausstattung wegen Bekleidung nicht vorliegen. Einen solchen Anspruch können sie weder aus § 23 Abs 3 Nr 2 SGB II (dazu unter a) noch aus Verfassungsrecht herleiten (dazu unter b).

14

Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG sind die Kläger leistungsberechtigt nach § 7 Abs 2 SGB II. Danach erhalten Leistungen auch Personen, die mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Die Eltern der Kläger sind erwerbsfähige Hilfebedürftige im Sinne des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II. Ihrem gemeinsamen Haushalt gehören ihre Kinder, die Kläger zu 1 und 2 sowie der am 6.2006 geborene Bruder, an (Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II), woraus sich deren Berechtigung auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Sozialgeld nach §§ 7 Abs 2, 28 Abs 1 SGB II) ableitet.

15

a) Gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II sind Leistungen für Erstausstattung für Bekleidung nicht von der Regelleistung umfasst und werden gemäß § 23 Abs 3 Satz 2 SGB II gesondert erbracht. Mit § 23 Abs 3 Satz 1 SGB II hat der Gesetzgeber normiert, dass trotz der grundsätzlichen Abgeltung auch einmaliger Bedarfe durch die Regelleistung bestimmte Bedarfe weiterhin gesondert gedeckt werden können. Es handelt sich dabei um spezielle Bedarfe, die erheblich vom durchschnittlichen Bedarf abweichen. § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II in der ab dem 1.8.2006 zur Anwendung kommenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende (vom 20.7.2006; BGBl I 1706) sieht einen Anspruch auf "Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt" vor.

16

Schon der Vergleich mit § 20 Abs 1 SGB II zeigt, dass § 23 Abs 3 SGB II bedarfsbezogen zu verstehen ist(vgl bereits BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, jeweils RdNr 19 und Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, juris RdNr 14). Entscheidend ist bezogen auf die Erstausstattung mit Bekleidung, ob auf Grund eines besonderen Umstandes erstmals ein Bedarf für die Ausstattung mit Bekleidung entsteht. Demgegenüber unterfallen die Kosten für die laufende Anschaffung und Instandhaltung der Kleidung ausdrücklich der Regelleistung. Zwar entsteht mit jedem Wachstumsschritt bei Kindern ein Bedarf für ein bestimmtes Kleidungsstück in einer bestimmten Größe "erstmalig". Gleichwohl gehört gerade bei Kindern die Notwendigkeit, Kleidungsstücke sowohl wegen des Wachstums als auch wegen des erhöhten Verschleißes in kurzen Zeitabschnitten zu ersetzen, zu dem regelmäßigen Bedarf. Die Ausstattung eines Kindes mit Bekleidung ist laufend, wenn auch in engeren zeitlichen Abständen als bei Erwachsenen zu ergänzen, je nachdem welches Kleidungsstück zu welchem Zeitpunkt von ihm nicht mehr getragen werden kann. Der wachstums- und verschleißbedingte besondere Aufwand, der hier im Unterschied zu Erwachsenen entsteht, ist als kindspezifischer, regelmäßiger Bedarf mit der Regelleistung abzudecken (Bender in Gagel, SGB III mit SGB II, Stand Juni 2009, § 23 SGB II RdNr 75; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 20 RdNr 54; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand März 2008, § 20 RdNr 36; O. Loose in Hohm, GK-SGB II, Stand November 2009, § 23 RdNr 40; aA Münder, LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 23 RdNr 35; differenzierend nach der allgemein üblichen Tragedauer Lang/Blüggel in Eicher/Spellbrink, aaO, § 23 RdNr 106; differenzierend im Hinblick auf ein "außergewöhnliches" Größenwachstum Behrend in JurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 23 RdNr 82; ähnlich auch Kohte in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 1. Aufl 2009, § 23 SGB II RdNr 15).

17

b) Die Kläger können den geltend gemachten Anspruch auch nicht aus Verfassungsrecht herleiten. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seiner Entscheidung vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09, NJW 2010, 505 = DVBl 2010, 314) zwar ua § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 1 1. Alt SGB II iVm § 20 Abs 1 SGB II für verfassungswidrig erklärt. Die Regelleistung für Kinder habe der Gesetzgeber von der Höhe der Regelleistung für Erwachsene abgeleitet, ohne zuvor den kindspezifischen Bedarf zu ermitteln. § 28 Abs 1 Satz 1 SGB II, wonach das Sozialgeld für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 60 vom Hundert der Regelleistung für einen alleinstehenden Erwachsenen beträgt, beruhe auf keiner vertretbaren Methode zur Bestimmung des Existenzminimums eines Kindes bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres. Das BVerfG hat aber dabei im Grundsatz die systematische Herleitung der Regelleistung nach einer Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe auf Grundlage des Statistikmodells nicht beanstandet und es ausdrücklich für zulässig erachtet, dass der Gesetzgeber die Leistung im Grundsatz als monatlichen Festbetrag gewährt und sich von dem unter Geltung des Bundessozialhilfegesetzes geltenden System der Bedarfsdeckung durch ein Zusammenspiel von laufenden und einer Vielzahl von einmaligen Leistungen gelöst hat (BVerfG, aaO, RdNr 205). Es hat auch bezogen auf die Regelleistung für Kinder nicht feststellen können, dass die gesetzlich festgesetzten Regelleistungen evident unzureichend sind (aaO, RdNr 155). Der Gesetzgeber ist lediglich verpflichtet, bis zum 31.12.2010 alle existenznotwendigen Aufwendungen folgerichtig in einem transparenten und sachgerechten Verfahren realitätsnah zu bemessen. Bis zu diesem Zeitpunkt ist § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 1 SGB II weiter anwendbar. Über den Wortlaut des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II hinaus sind die Leistungen für Kinder damit gegenwärtig nicht um einen einmaligen (etwa jährlich zu zahlenden) Betrag für den (regelmäßigen) Bekleidungsbedarf zu erhöhen (in diesem Sinne aber Münder, NZS 2008, 168, 171).

18

Auch soweit das BVerfG entschieden hat, dass der Gesetzgeber den typischen Bedarf zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums zwar durch einen monatlichen Festbetrag decken kann, es aber mit Art 1 Abs 1 Grundgesetz (GG) iVm Art 20 Abs 1 GG unvereinbar ist, dass eine Härtefallregelung fehlt, die einen Anspruch zur Deckung eines über den Regelbedarf hinausgehenden unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarf einräumt, folgt daraus ein Anspruch für die Kläger nicht. Dabei kann der Senat offen lassen, ob Leistungen zur Deckung eines solchen Bedarfs auch für Leistungszeiträume vor der Entscheidung des BVerfG in Betracht kommen (so BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 29/09 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, juris RdNr 34). Voraussetzung wäre jedenfalls, dass es sich um einen erheblich von dem durchschnittlichen Bedarf abweichenden Bedarf handelt. Eine solche Sondersituation, die gerade bei den Klägern (etwa aufgrund eines außergewöhnlichen Wachstumsschubes) im Unterschied zu anderen gleichaltrigen Kindern eingetreten ist, haben weder die Kläger geltend gemacht noch hat das LSG dies festgestellt. Bei kurzfristig entstehenden Bedarfsspitzen, die aus der laufenden Regelleistung nicht zu decken sind, kommt schließlich vorrangig die Gewährung eines Darlehens nach § 23 Abs 1 SGB II in Betracht, das die Kläger aber ausdrücklich nicht geltend machen. Anders als die Kläger meinen, hat das BVerfG die im Gesetz vorgesehene Tilgung eines solchen Darlehens durch Einbehaltung von 10 Prozent der Regelleistungen in § 23 Abs 1 Satz 3 SGB II nicht beanstandet(aaO, Rz 150).

19

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 21. April 2010 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob und ggf in welcher Höhe die Klägerin einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine Wohnungserstausstattung hat.

2

Die 1973 geborene Klägerin arbeitete seit 1999 für die Firma S Wegen eines Wechsels ihres Arbeitgebers nach Spanien im Jahre 2003 entschloss sie sich, dort für ihn tätig zu werden und zog - mit Übernahme der Transportkosten durch den Arbeitgeber - mit ihrem gesamten Hausstand in eine von diesem angemietete Wohnung in S/Mallorca. Zum 15.4.2006 kündigte der Arbeitgeber ihr aus wirtschaftlichen Gründen. Die Klägerin erhielt nach ihrer Rückkehr nach Bremen von dem Beklagten ab 20.4.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

3

Den Antrag auf Erstausstattung einer Wohnung vom 10.9.2006 begründete die Klägerin damit, dass ihr Arbeitgeber ihr angeboten habe, die Möbel und den gesamten Haushalt in Spanien einzulagern. Als sie ihm telefonisch mitgeteilt habe, dass sie zum 1.10.2006 den gesamten Hausstand benötige, habe er ihr gesagt, dass die ganzen Möbel "weg seien". Sie besitze nur noch einen "Koffer mit Klamotten". Der Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 18.9.2006; Widerspruchsbescheid vom 11.10.2006).

4

Das VG Bremen hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und den Beklagten entsprechend dem Klageantrag verurteilt, der Klägerin für eine Erstausstattung 1003,90 Euro zu gewähren (Urteil vom 13.12.2007). Die Klägerin habe einen Anspruch auf Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten, weil sie ohne eigenen Hausrat sei. Zur Überzeugung der Kammer habe sie einen eigenen Haushalt in Spanien gehabt, der untergegangen sei. Der Anspruch werde nicht dadurch ausgeschlossen, dass sie den Verlust des Hausstandes nicht bei der spanischen Polizei angezeigt und keine zivilrechtlichen Schritte gegen den Arbeitgeber eingeleitet habe. Auch der Umstand, dass die Klägerin sich in der Zwischenzeit von einer Freundin Möbel geliehen habe, schließe den Anspruch nicht aus. Der Beklagte habe die Höhe der Wohnungserstausstattung nach seinen Verwaltungsanweisungen zu § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II auf 1003,90 Euro pauschaliert.

5

Auf die Berufung des Beklagten hat das OVG Bremen das Urteil des VG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 21.4.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht ausgeführt, eine Ersatzbeschaffung für eine Wohnungsausstattung komme nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht, etwa bei Zerstörung einer Wohnung durch Brand oder bei längerer Haft. Ein vergleichbarer Ausnahmefall könne indes unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falls nicht angenommen werden. Selbst wenn man der Klägerin den Verlust ihrer Wohnungseinrichtung in Spanien "abnehme", scheide die Gewährung von Sozialleistungen für eine (erneute) Wohnungserstausstattung aus, weil sie den Verlust durch fahrlässiges Verhalten mit zu verantworten und nicht das ihr Zumutbare unternommen habe, um den (vollständigen und ersatzlosen) Verlust abzuwenden. Angesichts der Veränderung in den wirtschaftlichen Verhältnissen ihres Arbeitgebers habe sie nicht damit rechnen dürfen, dass ihr Arbeitgeber für den Rücktransport der Möbel in gleicher Weise wie für den Hintransport sorge. Unabhängig hiervon sei es von ihr fahrlässig gewesen, den Hausstand einschließlich aller persönlichen Dinge in der beschriebenen Art in einer von dem Arbeitgeber angemieteten Garage unterzustellen und dort für längere Zeit zu lagern. Selbstständig tragend komme hinzu, dass die Klägerin nichts unternommen habe, nachdem ihr früherer Arbeitgeber ihr mitgeteilt habe, dass die Möbel verschwunden seien. Es sei ihr ohne Weiteres zuzumuten gewesen, die notwendigen Erkundigungen einzuholen (zB bei einem spanischen Konsulat) und sodann weitere Schritte einzuleiten, wie etwa eine Kontaktaufnahme mit dem Vermieter ihres früheren Arbeitgebers und die Aufgabe einer Strafanzeige bei der spanischen Polizei.

6

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Das BSG habe bereits entschieden, dass der Anspruch nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II bedarfsbezogen zu verstehen sei. Entscheidend sei, ob ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung bestehe, der nicht bereits durch vorhandene Möbel und Einrichtungsgegenstände gedeckt sei. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG und der Motive des Gesetzgebers liege hier ein Ausnahmefall vor, in dem wegen des Untergangs des vorhandenen Mobiliars von einer "Erstausstattung" auszugehen sei. Da der Beklagte nach dem Inhalt der Verwaltungsanweisungen in Bremen stets Pauschalen bewillige, belaufe sich der zuzusprechende Geldbetrag auf 1003,90 Euro. Unabhängig von seinem Vorliegen führe das vom Berufungsgericht festgestellte fahrlässige Verhalten nicht zu einem Wegfall des Anspruchs. Insofern habe das BSG bereits betont, dass eine "Verwirkung" des Anspruchs auf Erstausstattung - entsprechend den Voraussetzungen des § 34 Abs 1 SGB II - nur bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Verhalten möglich sei(Hinweis auf BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5).

7

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 21. April 2010 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 13. Dezember 2007 zurückzuweisen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

9

Er nimmt auf die Begründung des Berufungsurteils Bezug.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des OVG und Zurückverweisung des Rechtsstreits zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG Niedersachsen-Bremen begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

11

1. Streitgegenstand ist allein ein Anspruch der Klägerin auf Leistungen für die Wohnungserstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Hierbei handelt es sich um einen eigenständigen, abtrennbaren Streitgegenstand, über den isoliert und unabhängig von den übrigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts entschieden werden kann (vgl zB BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 12; BSG Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 9).

12

Die Klägerin verfolgt ihr Begehren zu Recht mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG). Zwar ist bei Streitigkeiten um eine Wohnungserstausstattung regelmäßig die sog Verpflichtungsbescheidungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) die statthafte Klageart, weil der Hilfebedürftige einen gebundenen Rechtsanspruch nur im Hinblick auf das "Ob" und nicht auch auf das "Wie" der Leistungserbringung nach § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II hat. Es steht regelmäßig im pflichtgemäßen Auswahlermessen des Grundsicherungsträgers, ob er die Leistung als Sachleistung oder als (gegebenenfalls pauschalierte) Geldleistung erbringt und in welcher Höhe er diesen Anspruch erfüllt (vgl BSG Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 10; BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 19). Vorliegend erbringt der Beklagte die Leistungen der Wohnungserstausstattung nach der Verwaltungsanweisung der Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales in Bremen zu § 23 Abs 3 SGB II, in der ausschließlich Pauschalbeträge ua für die Erstausstattung von Wohnungen einschließlich Haushaltsgeräten vorgesehen sind, aus denen bei Vorhandensein von Möbeln und Haushaltsgeräten entsprechende Geldbeträge herauszurechnen sind(Nr 2.1 iVm Anlage 1 "Teilpauschalen"). Da das Ermessen somit bereits durch Verwaltungsbinnenrecht im Sinne von pauschalen Geldleistungen gebunden ist, besteht bei Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen von vornherein ein Anspruch der Klägerin auf Geldleistungen (vgl BSG Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 36/09 R - RdNr 14, 21).

13

Gegenstand des Verfahrens ist auch die Höhe des vom VG ausgeurteilten Pauschalbetrags, weil der Beklagte neben dem Bestreiten eines Anspruchs dem Grunde nach im Berufungsverfahren auch vorgetragen hat, die Klägerin sei nach dem Ergebnis eines Hausbesuchs am 30.10.2007 weitgehend eingerichtet und habe bisher nicht nachgewiesen, dass die nach ihrem Vortrag nur geliehenen Einrichtungsgegenstände zurückgefordert werden könnten. Entsprechend dem erstinstanzlichen Klageantrag, dem Tenor des VG-Urteils und in Ermangelung einer Berufung der Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil ist die streitige Höhe des Pauschalbetrags für die Wohnungsausstattung jedoch auf den (auch in den Verwaltungsanweisungen) vorgesehenen Höchstbetrag von 1003,90 Euro begrenzt.

14

2. Das OVG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass ein Anspruch auf Erstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II schon dem Grunde nach nicht besteht.

15

Nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II, also ua die von der Regelleistung nicht umfassten Leistungen für Erstausstattungen der Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten(§ 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II), Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr 1), erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig (Nr 3) sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4). Diese allgemeinen Voraussetzungen liegen nach den Feststellungen des OVG hier vor.

16

§ 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II bestimmt, dass Leistungen für Erstausstattungen der Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten gesondert erbracht werden. Der Anspruch ist - entsprechend den anderen Leistungen des SGB II - bedarfsbezogen zu verstehen. Entscheidend ist, ob erstmals ein Bedarf entsteht (BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 19). In Abgrenzung zu einem Erhaltungs- und Ergänzungsbedarf, der aus der Regelleistung zu bestreiten ist, kommt eine Wohnungserstausstattung aber auch bei einem erneuten Bedarfsanfall in Betracht, wenn der Hilfebedürftige nachweist, dass er - regelmäßig im Zusammenhang mit besonderen Ereignissen - über die nunmehr notwendigen Ausstattungsgegenstände bisher nicht oder nicht mehr verfügt. Von den in den Gesetzesmaterialien beispielhaft genannten Bedarfen für eine Wohnungserstausstattung, zB nach einem Wohnungsbrand oder bei Erstanmietung nach einer Haft (BT-Drucks 15/1514 S 60 zum gleichlautenden § 32 Abs 1 SGB XII), steht jedenfalls der Wohnungsbrand für Konstellationen, bei denen - nach dem Willen des Gesetzgebers - Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II für einen erneuten Bedarfsanfall im Sinne einer Ersatzbeschaffung als "Wohnungserstausstattung" gewährt werden können. Entsprechend hat der Senat bereits entschieden, dass der erstmaligen Ausstattung einer Wohnung wertungsmäßig diejenigen Fälle einer Ersatzbeschaffung gleichzustellen sind, bei denen vorhandene Ausstattungsgegenstände allein durch einen vom Grundsicherungsträger veranlassten Umzug in eine angemessene Wohnung unbrauchbar werden (BSG Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 14 f). Gleiches gilt unter Berücksichtigung der gebotenen bedarfsbezogenen Betrachtungsweise, wenn die Wohnungsausstattung bei einem Zuzug aus dem Ausland (zB durch die besonderen Umstände des Umzugs) untergegangen ist (vgl bejahend für den Zuzug aus dem Ausland: O. Loose in GK-SGB II, § 23 RdNr 36, Stand 11/2009; zum inhaltsgleichen § 24 SGB II idF ab 1.1.2011: Bender in Gagel, SGB II/SGB III, § 24 SGB II RdNr 58, Stand Juni 2011; vgl Behrend in jurisPK-SGB II, § 24 SGB II RdNr 52, Stand 8/2011). Auch diese Fallgestaltungen sind grundsätzlich von einer Ersatzbeschaffung für Wohnungserstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II umfasst.

17

Soweit das OVG meint, ein den Fallgestaltungen in den Gesetzesmaterialien vergleichbarer Sachverhalt liege nicht vor, weil die Klägerin - auch bei unterstelltem tatsächlichen Verlust - diesen Verlust durch fahrlässiges Verhalten mit zu verantworten habe, geht es von unzutreffenden rechtlichen Überlegungen aus. Insofern verbindet das OVG die gebotene ausschließlich bedarfsbezogene Betrachtungsweise hinsichtlich des Vorhandenseins eines Bedarfs an Wohnungserstausstattung in unzulässiger Weise mit der Frage nach den Ursachen der Hilfebedürftigkeit und Verschuldensgesichtspunkten. Mit dem 14. Senat geht auch der erkennende Senat davon aus, dass Verschuldensgesichtspunkte nicht schon bei der Feststellung des Bedarfs berücksichtigt werden dürfen, weil der im SGB II zu deckende Bedarf grundsätzlich aktuell bestehen muss und auch aktuell vom Grundsicherungsträger zu decken ist (BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 15; BSG Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 36/09 R - RdNr 17).

18

3. Ob ein Anspruch auf Wohnungserstausstattung im konkreten Fall gegeben ist, hängt mithin davon ab, ob die Klägerin eine Wohnungseinrichtung in Spanien hatte und diese tatsächlich untergegangen ist. Dies hat das OVG letztlich offen gelassen, weil es - diese Tatsachen unterstellend - den geltend gemachten Anspruch der Klägerin im Ergebnis ausschließlich wegen eines ihr zugerechneten Verhaltens im Zusammenhang mit dem Verlust der Wohnungsausstattung abgelehnt hat. Dieser Ablehnungsgrund greift jedoch nicht durch (s dazu näher unter 4).

19

Das LSG wird daher von Amts wegen (§ 103 Satz 1 SGG) aufklären und feststellen müssen, ob bei der Klägerin als Grundvoraussetzung für einen Anspruch nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II überhaupt ein Bedarf für die Wohnungserstausstattung bestand. Anlass für die Annahme von verringerten Anforderungen an die Amtsermittlungspflicht - etwa wegen des vom OVG erhobenen Vorwurfs eines fahrlässigen Verhaltens der Klägerin - bestehen nicht (vgl ua zur Hinweispflicht des Gerichts vor nachteiligen Schlüssen aus dem Verhalten eines Beteiligten zB BSGE 102, 181 ff = SozR 4-2500 § 109 Nr 15 RdNr 25; BSG SozR 4-1500 § 128 Nr 5 RdNr 15; BSG SozR 1500 § 103 Nr 23 und 27 mwN).

20

4. Anders als vom OVG angenommen, steht ein von diesem festgestelltes und als fahrlässig bewertetes Verhalten der Klägerin im Zusammenhang mit dem Verlust der Wohnungserstausstattung einem etwaigen Anspruch auch nicht wegen einer Verletzung ihrer Pflicht zur Eigenaktivität nach § 2 Abs 1 SGB II entgegen. Nach § 2 Abs 1 Satz 1 SGB II haben Hilfebedürftige in eigener Verantwortung alle Möglichkeiten zu nutzen, um ihren Lebensunterhalt aus eigenen Kräften und Mitteln zu bestreiten. Auch dürfen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 3 Abs 3 SGB II nur erbracht werden, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigt werden kann.

21

Diese Vorschriften regeln keine eigenständigen Ausschlusstatbestände. Es handelt sich vielmehr um Grundsatznormen, die durch die Regelungen insbesondere über den Einsatz von Einkommen und Vermögen bzw sonstige leistungshindernde Normen konkretisiert werden und regelmäßig nur im Zusammenhang mit ihnen Wirkung entfalten. Hierfür spricht der Standort dieser Normen in den Allgemeinen Vorschriften des Ersten Kapitels des SGB II und der Umstand, dass das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende in den §§ 31 ff SGB II konkrete Leistungsausschlussnormen enthält(vgl zur Sozialhilfe BSG Urteil vom 26.8.2008 - B 8/9b SO 16/07 R - FEVS 60, 346 ff; BSG Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 23/08 R - BSGE 104, 219 ff = SozR 4-3500 § 74 Nr 1, RdNr 20), die hier nicht einschlägig sind.

22

Der Leistungsausschluss in der Existenzsicherung bedarf auch im Hinblick auf den Bedarfdeckungsgrundsatz einer ausdrücklichen gesetzlichen Normierung. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende dienen der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens. Diese Sicherstellung ist eine verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, die aus dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums folgt (BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 3/09, 4/09 - BVerfGE 125, 175 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 12; vgl auch BVerfGE 82, 60, 80 = SozR 3-5870 § 10 Nr 1 S 5). Bei der Beurteilung der Hilfebedürftigkeit ist daher ausschließlich auf die gegenwärtige Lage und auf Umstände in der Vergangenheit nur insoweit abzustellen, als sie eindeutige Erkenntnisse über die gegenwärtige Lage ermöglichen (BVerfG Beschluss vom 12.5.2005 - 1 BvR 569/05 - Breithaupt 2005, 803, 807). Nicht zulässig ist es daher - wie hier geschehen - einen Anspruch allgemein wegen eines fahrlässigen Verhaltens in der Verfolgung eigener Belange in der Vergangenheit oder bloßen Mutmaßungen abzulehnen.

23

5. Kommt das LSG nach weiteren Ermittlungen zu dem Ergebnis, dass ein Anspruch auf Wohnungserstausstattung besteht, wird es noch prüfen müssen, ob und ggf in welchem Umfang durch von Freunden zwischenzeitlich zur Verfügung gestellte Möbel der Bedarf an Wohnungserstausstattung gedeckt worden ist. Sollte eine zwischenzeitliche und zulässige "Selbstbeschaffung" der begehrten Leistung vorliegen, welche die fehlende Unterstützung durch den Beklagten lediglich substituierte, kann diese der Klägerin dann wegen einer Rechtswidrigkeit der Leistungsablehnung nicht entgegengehalten werden (vgl für die Sozialhilfe BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R - SozR 4-3500 § 21 Nr 1 RdNr 11; BVerwGE 90, 154 ff). Kommt das LSG bei seinen weiteren Ermittlungen zu dem Ergebnis, dass die Klägerin die ihr überlassenen Möbel und Haushaltsgegenstände auch im Falle eines Obsiegens nicht zurückgeben muss, es sich also tatsächlich um dauerhaft zugewandte Wohnungseinrichtungsgegenstände handelt, liegt wegen eines (teilweisen) Bedarfswegfalls bei einmaligen Leistungen nach Erlass ablehnender Bescheide eine Änderung der Sachlage vor, die zu einer (teilweisen) Erledigung der Ablehnungsbescheide auf andere Weise iS des § 39 Abs 2 SGB X führt(BSG Beschluss vom 16.5.2007 - B 7b AS 40/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 4 RdNr 6; vgl zur Sozialhilfe: BSG Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 16/08 R - BSGE 104, 213, 217 = SozR 4-1300 § 44 Nr 20, RdNr 17; zur Erledigung aus Rechtsgründen vgl auch BSG Urteil vom 11.7.2000 - B 1 KR 14/99 - SozR 3-1300 § 39 Nr 7 = juris RdNr 20). Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II können dann wegen Wegfalls des konkreten Bedarfs trotz ggf rechtswidriger Leistungsablehnung nicht mehr erbracht werden, weil die SGB II-Leistungen ihren Zweck der Bedarfsdeckung nicht mehr erfüllen können(vgl zur Sozialhilfe BSG Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 16/08 R - BSGE 104, 213 ff = SozR 4-1300 § 44 Nr 20, RdNr 17; vgl zum Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses bei zwischenzeitlicher Bedarfsdeckung BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 75/10 R - RdNr 10).

24

6. Kommt das LSG zu dem Ergebnis, dass ein Anspruch auf eine Wohnungserstausstattung besteht, dieser aber nur zu einem Teil zu einem späteren Zeitpunkt durch dauerhaft zur Verfügung gestellte Gegenstände der Wohnungsausstattung gedeckt worden ist, sind weitere Feststellungen zum Umfang des Anspruchs erforderlich.

25

Wie die zuständigen Senate des BSG mehrfach entschieden haben, sind Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II für die Ausstattung mit wohnraumbezogenen Gegenständen zu erbringen, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichen sollen(BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 18; BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, RdNr 23 mwN). Die zu gewährende Erstausstattung muss - in Anlehnung an die Vorschrift des § 22 SGB II zur Unterkunft - nur eine angemessene Ausstattung berücksichtigen, die der Befriedigung von einfachen und grundlegenden Wohnbedürfnissen genügt(BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 53/10 R - RdNr 19, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 36/09 R - RdNr 20). Wird - wie hier - zur Erfüllung des Wohnungserstausstattungsanspruchs vom Grundsicherungsträger die Leistungsart "Geldleistung" gewählt, so kann er diese auch in Form von Pauschalbeträgen erbringen (§ 23 Abs 3 Satz 5 SGB II). Insofern ist aber eine richterliche Plausibilitätskontrolle durchzuführen, ob bei deren Bemessung iS von § 23 Abs 3 Satz 6 SGB II geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte über die Kosten von Einrichtungsgegenständen zur Stützung der Pauschalbeträge berücksichtigt worden sind(BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 20 f).

26

Ob die vom VG zugrunde gelegte Verwaltungsanweisung der Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen in Bremen den genannten Anforderungen hinsichtlich des Umfangs der zu gewährenden Erstausstattung genügt und die festgesetzten Pauschalbeträge und Teilpauschalen, insbesondere für die regelmäßig von dem Einzelposten "Küchenausstattung" erfassten Haushaltsgeräte (Herd, Kühlschrank, Waschmaschine), hinreichend abgesichert sind, wird das LSG mithin prüfen müssen (vgl BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 21; vgl auch SG Bremen Beschlüsse vom 2.3.2010 - S 23 AS 257/10 ER und vom 28.5.2009 - S 23 AS 877/09 ER).

27

7. Der Rechtsstreit ist an das LSG Niedersachsen-Bremen zurückzuverweisen, obwohl das OVG der Freien Hansestadt Bremen "das Urteil erlassen" hat (vgl § 170 Abs 2 Satz 2 SGG am Ende). Die früheren §§ 50a ff SGG, nach denen aufgrund Landesrechts die Sozialgerichtsbarkeit in bestimmten sozialrechtlichen Materien durch besondere Spruchkörper der Verwaltungsgerichte ausgeübt wurde(eingeführt durch Gesetz vom 9.12.2004, BGBl I 3302), sind mit Wirkung vom 1.1.2009 aufgehoben. Die Übergangsregelung in § 206 Abs 2 SGG sieht vor, dass Verfahren, die am 1.1.2009 bei den besonderen Spruchkörpern der Verwaltungsgerichte anhängig sind, bei diesen anhängig bleiben und entsprechend der bisherigen Rechtslage fortgeführt werden; für Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung eines besonderen Spruchkörpers, die nach dem 31.12.2008 ergehen, ist jedoch das LSG zuständig. Dieser Grundsatz, die anhängigen Verfahren in den besonderen Spruchkörpern zu belassen, diese nach Abschluss der Instanz aber der üblichen Zuständigkeitsregelung zu unterwerfen, ist auch auf das zurückverwiesene Verfahren anwendbar (vgl bereits BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 132/10 R).

28

Das LSG wird ggf abschließend auch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden haben.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 13. Oktober 2008 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von dem beklagten Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende 1329 Euro als Kosten für die Erstausstattung seiner Wohnung.

2

Der 1950 geborene Kläger lebte in W. und bezog zuletzt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) von dem örtlich zuständigen Träger der Grundsicherung. Er löste seine dortige Wohnung im Januar 2005 auf und vernichtete dabei das bis dahin genutzte Mobiliar, weil es nach seinen Angaben wegen Schimmelbefalls und altersbedingt nicht mehr zu gebrauchen gewesen sei. Vom 26.1.2005 bis zum 30.9.2005 befand er sich wegen einer Alkoholerkrankung in einer Rehabilitationsmaßnahme. Während dieser Zeit meldete er sich bei der Beklagten als wohnhaft in der Wohnung seiner Mutter in O. (rund 230 km von W. entfernt). Unter anderem für die Zeit vom 1.8.2005 bis zum 31.1.2006 gewährte die Beklagte ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (Bescheid vom 18.7.2005 und Änderungsbescheide vom 30.8.2005 und vom 28.9.2005 für die Zeit ab 1.10.2005).

3

Am 23.8.2005 teilte der Kläger bei der Beklagten mit, er habe am 16.8.2005 eine eigene Wohnung in O. angemietet, die er zum 1.10.2005 beziehen werde. Er besitze kein eigenes Wohnungsinventar und beantrage daher die Gewährung einer Erstausstattung. Er kaufte am 25.8.2005 und am 30.8.2005 Möbel im Wert von insgesamt 1329 Euro, nachdem ihm seine Mutter hierfür ein entsprechendes Darlehen gewährt hatte. Der Antrag auf Gewährung einer Erstausstattung blieb ohne Erfolg (Bescheid vom 24.10.2005; Widerspruchsbescheid vom 21.4.2006).

4

Das hiergegen angerufene Sozialgericht (SG) Leipzig hat Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen W. und die Beklagte sodann mit Urteil vom 26.7.2007 antragsgemäß zur Zahlung von Leistungen für die Erstausstattung der Wohnung in Höhe von 1329 Euro verurteilt.

5

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung seines Urteils vom 13.10.2008 hat es ausgeführt, die Voraussetzungen des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II lägen nicht vor, denn es habe sich lediglich um eine Ersatzanschaffung von Wohnungseinrichtungsgegenständen gehandelt. Eine Ersatzbeschaffung liege in Abgrenzung zur Erstausstattung vor, wenn der Bedarf allein auf eine übliche Abnutzung oder andere Umstände, die vom Berechtigten beeinflussbar seien, zurückzuführen sei. Die Möbel in der früheren Wohnung, die vom Kläger entsorgt worden seien, seien nach seinem eigenen Vortrag wegen Abnutzung sowie Schimmelbefalls nicht mehr zu nutzen gewesen. Dass der Schimmelbefall einen nicht vom Kläger zu beeinflussenden Umstand dargestellt habe, sei nicht nachgewiesen und auch nicht mehr nachweisbar, weil er die Gegenstände vernichtet habe und aus der Wohnung ausgezogen sei. Auch liege eher die Annahme nahe, dass ein Umstand, den der Kläger beeinflussen habe können (das Bewohnen der vom Schimmel befallenen Wohnung), zu dem (Ersatz-)Bedarf geführt habe. Er habe ferner nach seinen Angaben wegen der Wertlosigkeit der Möbel von der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen seinen ehemaligen Vermieter abgesehen, die ihm die Beklagte angesonnen habe, was ebenfalls lediglich für einen Ersatz der Möbel spreche. Selbst wenn man entgegen der Ansicht des Senats von einer "Erstausstattung" ausginge, bestehe kein Anspruch des Klägers auf Leistungen für die Wohnungserstausstattung im Hinblick auf die am 25.8.2005 und am 30.8.2005 angeschafften Gegenstände. Soweit Gegenstände vor dem 23.8.2005 angeschafft worden seien, sei die Beklagte schon wegen des Antragserfordernisses nach § 37 Abs 1 und 2 SGB II nicht zur Erbringung der begehrten Leistungen verpflichtet. Der Antrag vom 14.7.2005 auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes könne nicht dahingehend ausgelegt werden, dass auch Leistungen zur Wohnungserstausstattung mit beantragt werden sollten, denn diese beträfen einen speziellen, mit dem Bezug einer Wohnung verbundenen einmaligen Bedarf.

6

Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers. Er rügt die fehlerhafte Anwendung des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Er habe seine Wohnung in W. krankheitsbedingt aufgeben müssen; die Trennung vom bisherigen Lebensumfeld und der Wohnung sei zur erfolgreichen Durchführung der Therapie zwingend notwendig gewesen. Eine Einlagerung des de facto wertlosen Mobiliars über mehr als 6 Monate hätte Kosten verursacht, die er nicht habe aufbringen können. Es sei für ihn auch konkret nicht möglich gewesen, den Umzug verbunden mit einer Einlagerung zu organisieren. Das LSG habe insoweit keine weiteren Ermittlungen zu seiner konkreten Situation angestellt. Auch im Hinblick auf den Zustand der Möbel habe das LSG unzureichend ermittelt. Seine Situation sei der nach der Verbüßung einer Haftstrafe oder der Trennung von Ehegatten vergleichbar. Ein gesondertes Antragserfordernis bestehe im Bezug auf die Erstausstattung nicht. Bereits bei Stellung des Antrages auf laufende Leistungen habe die Beklagte seinen Bedarf insoweit erkennen können. Ein längeres Zuwarten auf die Entscheidung der Beklagten wäre nicht zumutbar gewesen. Er hätte sich die Möbel selbst beschaffen dürfen, weil er die Anschaffung nur an den wenigen Tagen hätte durchführen können, an denen er sich besuchsweise in seinem späteren Wohnort aufgehalten habe.

7

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 13. Oktober 2008 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 26. Juli 2007 zurückzuweisen.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Insbesondere habe der Kläger von vornherein den Bezug einer neuen Wohnung im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten geplant und deshalb Fernseher und Waschmaschine behalten. Er habe die noch vorhandenen Möbel folglich - etwa im Keller des Wohnhauses der Mutter - einlagern müssen. Im Übrigen wäre die Neuanschaffung der Möbel - den Vortrag des Klägers als zutreffend unterstellt - auch ohne den Umzug notwendig geworden. Für eine Ersatzbeschaffung sehe § 23 Abs 3 Satz 1 SGB II aber keine Leistungen vor.

10

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Sozialgerichtsgesetz) erklärt.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne einer Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet, § 170 Abs 2 Satz 2 SGG.

12

1. Streitgegenstand ist allein die begehrte Übernahme von Kosten für die vom Kläger bereits gezahlte Erstausstattung seiner Wohnung. Über einen solchen Anspruch auf Leistungen für Erstausstattungen gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 SGB II kann nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate von dem Träger der Grundsicherung isoliert und unabhängig von den übrigen Leistungen der Grundsicherung entschieden werden. Der Anspruch kann in der Folge auch isoliert gerichtlich geltend gemacht werden (vgl BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, jeweils RdNr 12 und BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 9).

13

Das damit zulässigerweise auf Erstattung von Kosten für bereits angeschaffte Einrichtungsgegenstände beschränkte Begehren verfolgt der Kläger zutreffend im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ( § 54 Abs 4 SGG ) gegen den Bescheid vom 24.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.4.2006. Zwar ist bei Streitigkeiten um die Erstausstattung einer Wohnung regelmäßig die sog Verpflichtungsbescheidungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) die statthafte Klageart. Nach der gesetzlichen Systematik hat der Hilfebedürftige nämlich einen gebundenen Rechtsanspruch nur im Hinblick auf das "Ob" und nicht auch auf das "Wie" der Leistungserbringung, denn nach § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II steht es im pflichtgemäßen Auswahlermessen des Grundsicherungsträgers, ob er die Leistung als Sachleistung oder als (gegebenenfalls pauschalierte) Geldleistung erbringt(vgl BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 10; BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 19). Beschafft sich jedoch der Hilfebedürftige die im Streit stehenden Gegenstände endgültig selbst, wie es hier nach den Feststellungen der Vorinstanzen der Fall war, besteht für die gerichtliche Klärung eines Sachleistungsanspruchs iS des § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II (also etwa die Überlassung von Möbeln aus eigenen Beständen des Trägers der Grundsicherung oder durch Gutscheine für bestimmte Möbelkaufhäuser) regelmäßig kein Rechtsschutzinteresse mehr. Das Begehren des Hilfebedürftigen richtet sich ausschließlich auf eine Geldleistung, die allein im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage zu verfolgen ist.

14

2. Zu Unrecht ist das LSG davon ausgegangen, dass ein Anspruch auf Erstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II dem Grunde nach ausscheidet(dazu unter a) und hat ungeprüft gelassen, ob die Beklagte - wie dies in ihrem Vortrag in den Vorinstanzen zum Ausdruck kommt - in ihrer Verwaltungspraxis auf Grundlage eines entsprechenden Beschlusses des Kreistages zur Erfüllung von Ansprüchen auf Erstausstattung für Wohnungen ausschließlich Geldleistungen zur Verfügung stellt (dazu b). Sollte die Ermessensausübung insoweit durch entsprechendes Verwaltungsinnenrecht bereits gebunden sein, besteht ein Anspruch auf Geldleistung auch für den Kläger. Das LSG wird in diesem Fall weiter zu prüfen haben, ob die von der Beklagten nach ihrem Vortrag regelmäßig gewährte Pauschale die notwendigen Aufwendungen des Klägers abdeckt (dazu c).

15

a) Die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 24.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.4.2006 misst sich in erster Linie an § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und § 48 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Die Beklagte hatte dem Kläger mit dem vorangegangenen Bewilligungsbescheid vom 18.7.2005 sowie den folgenden Änderungsbescheiden (für die Zeit ab 1.10.2005) vom 30.8.2005 sowie vom 28.9.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1.8.2005 bis zum 31.1.2006 bewilligt. Soweit beim Kläger innerhalb dieses Bewilligungsabschnitts mit Anmietung und Bezug einer eigenen Wohnung ein Bedarf für eine Erstausstattung für diese Wohnung iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II entstanden ist, handelt es sich um eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen im Sinne der genannten Vorschriften zugunsten des Klägers. Entgegen der Auffassung des LSG kommt es für die Entstehung des Anspruchs auf Erstausstattung für die Wohnung damit nicht auf eine (gesonderte) Antragstellung an (dazu im Einzelnen Urteil des Senats vom heutigen Tag - B 14 AS 10/09 R - sowie Urteil des Senats vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R), sodass insoweit unerheblich ist, ob der Kläger sich bereits vor seiner Vorsprache bei der Beklagten Möbel beschafft hatte.

16

Der Senat hat bereits entschieden, dass der Anspruch nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II wie alle Leistungen des SGB II bedarfsbezogen zu verstehen ist(BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, jeweils RdNr 19; BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 14). Entscheidend für die Auslegung des Begriffs der Erstausstattung ist, ob ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung besteht, der nicht bereits durch vorhandene Möbel und andere Einrichtungsgegenstände gedeckt ist. Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II sind für die Ausstattung mit wohnraumbezogenen Gegenständen zu erbringen, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichen(BSG aaO mwN). In diesem Sinne war die Wohnung des Klägers, die er zum 1.10.2005 bezogen hat, nicht ausgestattet und insofern bestand ein Bedarf iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Aus dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG ergibt sich, dass der Kläger - sofern überhaupt davon auszugehen ist, dass er bei seiner Mutter eine Unterkunft iS des § 22 Abs 1 SGB II inne hatte und er nicht ausschließlich anderweitig stationär bzw teilstationär untergebracht war - bereits in dieser vorangegangenen Wohnung über mehr als einen Bewilligungsabschnitt hinweg nicht über eigenes Mobiliar verfügte, das dem Standard der herrschenden Lebensgewohnheiten auch unter Berücksichtigung einfachster Verhältnisse entsprach. Damit handelt es sich um einen Bedarf iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II und nicht um einen Fall der Ersatzbeschaffung einzelner, bereits unmittelbar vor dem Einzug in eine Wohnung vorhanden gewesener Gegenstände(vgl dazu BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 4). Ob in Fällen nur kurzfristiger Wohnungslosigkeit bzw bei kurzfristigem Fehlen einer Ausstattung gleiches gilt, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Hier war infolge der Alkoholerkrankung ein eigener Hausstand jedenfalls für mehr als 6 Monate (wenn nicht sogar zukunftsoffen) aufgegeben worden. Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass seine Situation dem in der Gesetzesbegründung (§ 131 Abs 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch) genannten Fall der Haft entsprach (vgl BT-Drucks 15/1514 S 60 zu § 32).

17

Der Senat hat ebenfalls bereits entschieden, dass - entgegen der Auffassung des LSG - Verschuldensgesichtspunkte nicht schon bei der Feststellung des Bedarfs eine Rolle spielen können (vgl BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 15). Wie das Verhältnis von §§ 19 ff SGB II zu § 34 SGB II zeigt, ist ein bestehender Bedarf immer dann zu erfüllen, wenn dies Voraussetzung für ein menschenwürdiges Dasein ist. Ob vorliegend das Verhalten des Klägers bei Auszug aus seiner letzten eigenen Wohnung (also die Aufgabe der bisherigen Wohnungsausstattung) den späteren Bedarf auf Ausstattung iS des § 34 SGB II vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, erscheint ohnehin zweifelhaft. Die Beklagte hat nicht konkret aufgezeigt, welche Handlungsalternativen sich dem Kläger geboten hätten. Unklar ist insbesondere geblieben, welche Kosten (auch für den Träger der Grundsicherung) durch einen Umzug der Möbel und die anschließende Einlagerung entstanden wären und ob vor dem Hintergrund solcher Folgekosten die Aufgabe des Mobiliars wirtschaftlich gesehen nicht geboten war. Schließlich gibt die akute Alkoholerkrankung des Klägers Anlass an einem subjektiv vorwerfbaren Verhalten zu zweifeln. Dies braucht vorliegend jedoch nicht weiter aufgeklärt zu werden, weil Ersatzansprüche nach § 34 SGB II nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind.

18

b) Der Anspruch nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II ist im Sinne eines unbedingten Rechtsanspruchs zu realisieren, wenn - wie hier - die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Der Beklagten steht allerdings ein Auswahlermessen dergestalt zu, dass sie die Leistungen entweder als Sachleistungen oder als Geldleistungen, letztere auch in Form von Pauschalbeträgen erbringen kann. Dieses Auswahlermessen kann die Beklagte nach der Selbstbeschaffung der Möbel durch den Kläger nicht mehr ausüben. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Geldleistung scheitert mithin dann, wenn keine Gesichtspunkte vorliegen, die das Ermessen der Beklagten im Sinne einer "Ermessensreduktion auf Null" einschränken. Gesichtspunkte des Einzelfalls, die eine Ermessensreduktion auf Null nahe liegend erscheinen lassen, sind dabei nach dem jetzigen Stand des Verfahrens nicht erkennbar. Der Bedarf des Klägers hätte (in dem Zeitpunkt, in dem er entstanden ist) grundsätzlich auch anderweitig als durch Geldleistungen gedeckt werden können. Ein Fall der Ermessensreduktion auf Null liegt allerdings auch dann vor, wenn die Beklagte - worauf ihr Vortrag in den Vorinstanzen hindeutet - auf Grundlage eines Beschlusses des Kreistages durch interne Verwaltungsrichtlinien dahin gebunden ist, für die Erstausstattung einer Wohnung stets eine Leistung in Geld (in pauschalierter Höhe) zu erbringen. Bestehen verwaltungsinterne Regelungen, mit denen sich die Beklagte entsprechend bindet, könnte sie nicht ohne Ermessensfehlgebrauch, insbesondere nicht ohne Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art 3 Abs 1 Grundgesetz), zu einer Ablehnung der Leistung als Geldleistung gelangen (vgl BSGE 85, 75, 83 = SozR 3-3610 § 27 Nr 2 RdNr 25). Liegt eine solche Bindung vor, wäre auch dem Kläger gegenüber nur eine Auswahlentscheidung richtig, nämlich die Gewährung der Erstausstattung als Geldleistung.

19

Ob bislang nicht geprüfte Gesichtspunkte des Einzelfalles oder eine entsprechende Bindung der Beklagten durch Verwaltungsinnenrecht im Ergebnis hinsichtlich des "Wie" der Leistungserbringung zu einer Ermessensreduktion auf Null führen, wird das LSG nach Zurückverweisung des Rechtsstreits zu klären haben.

20

c) Bindet sich der Träger der Grundsicherung bei der Auswahl der Leistungen auf die Leistungsart "Geldleistung" und erbringt er diese in Form von Pauschalbeträgen, unterliegt auch die Festsetzung der Höhe der Pauschalen der richterlichen Kontrolle (vgl bereits BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 20 f). Es muss dem Hilfebedürftigen möglich sein, mit dem gewährten Betrag seinen Bedarf auf Erstausstattung in vollem Umfang zu befriedigen. Die Gewährung von Pauschalbeträgen führt nicht zu einer Verkürzung des Leistungsanspruchs gegenüber der Gewährung durch Sachleistung oder der individuell bestimmten Geldleistung. Ggf hat das LSG damit in einem weiteren Schritt zu überprüfen, ob die von der Beklagten in den Vorinstanzen in Bezug genommenen Pauschalbeträge für die Erstausstattung einer Wohnung in Höhe von 700 Euro diesen Anforderungen genügen. Bei der Bemessung der Pauschalbeträge sind geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen (vgl § 23 Abs 3 Satz 6 SGB II). Die Beklagte wird insofern "nachvollziehbare Erfahrungswerte" über die Kosten von Einrichtungsgegenständen (allerdings in einem unteren Segment des Einrichtungsniveaus) zur Stützung ihrer Pauschalbeträge vorzulegen haben, die vom LSG dahin zu überprüfen sind, ob sie hinreichend empirisch abgesichert sind. Ist dies der Fall, steht dem Kläger lediglich eine Geldleistung in pauschalierter Form zu.

21

3. Besteht im Ergebnis ein Leistungsanspruch auf Geld unmittelbar aus § 23 Abs 3 SGB II nicht, wird das LSG im Hinblick auf die vom Kläger selbst beschafften Leistungen (hilfsweise) einen Kostenerstattungsanspruch zu prüfen haben. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist die Erstattung von Kosten bei Selbstbeschaffung unaufschiebbarer Sozialleistungen (also in Eil- und Notfällen) sowie im Falle rechtswidriger Leistungsablehnung Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens im Sozialrecht (vgl bereits BSGE 84, 50, 56 f = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 8 = juris RdNr 36; Grube, Sozialrecht aktuell 2010, 11, 12). Liegen seine Voraussetzungen vor, wandelt sich auch im Anwendungsbereich des SGB II ein Sachleistungsanspruch in einen Kostenerstattungsanspruch gerichtet auf Geld um (vgl BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 58/09 R).

22

Auch wenn die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der §§ 19 ff SGB II im Einzelnen - wie oben dargelegt - nicht "antragsabhängig" sind, sondern die im Einzelfall erforderlichen Leistungen von dem (ersten) Antrag auf laufende Leistungen erfasst sind, setzt ein Kostenerstattungsanspruch in den Fällen des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II im Grundsatz aber voraus, dass der Träger der Grundsicherung vor Inanspruchnahme einer vom Hilfebedürftigen selbst beschafften Leistung bei Entstehen des konkreten Bedarfs mit dem Leistungsbegehren in der Sache befasst wurde. Nur dann ist es dem Träger möglich, sein Auswahlermessen pflichtgemäß auszuüben. Eine Kostenerstattung kommt damit grundsätzlich erst bei Selbstbeschaffung einer Leistung nach einer rechtswidrigen Leistungsablehnung in Betracht.

23

Die Ablehnung der Leistung "Erstausstattung" durch die Beklagte hat der Kläger nach den Feststellungen des LSG nicht abgewartet. Ein Anspruch auf Kostenerstattung kommt nach den in Bezug genommen allgemeinen Grundsätzen des Kostenerstattungsrechts deshalb nur in Betracht, wenn im Zeitpunkt der Selbstbeschaffung der Leistung ein unaufschiebbarer Eil- bzw Notfall vorgelegen hat. Das LSG wird den entsprechenden Vortrag des Klägers, ihm sei wegen der zu erwartenden Lieferzeiten für die Möbel ein Zuwarten auf die Entscheidung des Trägers nicht möglich gewesen, zu überprüfen haben. Nach dem derzeitigen Sachstand liegen Anhaltspunkte für einen solchen Eilfall allerdings nicht nahe. Der Einzug in die Wohnung war erst für den 1.10.2005 vorgesehen, sodass von daher die Notwendigkeit, Möbel bereits wenige Tage nach einer entsprechenden Befassung durch die Beklagte zu bestellen, bislang nicht erkennbar geworden ist.

24

Das LSG wird abschließend auch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden haben.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Bedarfe für Bildung werden nur bei Personen berücksichtigt, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen und keine Ausbildungsvergütung erhalten (Schülerinnen und Schüler).

(2) Bei Schülerinnen und Schülern werden die tatsächlichen Aufwendungen anerkannt für

1.
Schulausflüge und
2.
mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen.
Für Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird, gilt Satz 1 entsprechend.

(3) Für die Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit persönlichem Schulbedarf ist § 34 Absatz 3 und 3a des Zwölften Buches mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass der nach § 34 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 3a des Zwölften Buches anzuerkennende Bedarf für das erste Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. August und für das zweite Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. Februar zu berücksichtigen ist.

(4) Bei Schülerinnen und Schülern, die für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs auf Schülerbeförderung angewiesen sind, werden die dafür erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit sie nicht von Dritten übernommen werden. Als nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs gilt auch eine Schule, die aufgrund ihres Profils gewählt wurde, soweit aus diesem Profil eine besondere inhaltliche oder organisatorische Ausgestaltung des Unterrichts folgt; dies sind insbesondere Schulen mit naturwissenschaftlichem, musischem, sportlichem oder sprachlichem Profil sowie bilinguale Schulen, und Schulen mit ganztägiger Ausrichtung.

(5) Bei Schülerinnen und Schülern wird eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen. Auf eine bestehende Versetzungsgefährdung kommt es dabei nicht an.

(6) Bei Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung werden die entstehenden Aufwendungen berücksichtigt für

1.
Schülerinnen und Schüler und
2.
Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird.
Für Schülerinnen und Schüler gilt dies unter der Voraussetzung, dass die Mittagsverpflegung in schulischer Verantwortung angeboten wird oder durch einen Kooperationsvertrag zwischen Schule und Tageseinrichtung vereinbart ist. In den Fällen des Satzes 2 ist für die Ermittlung des monatlichen Bedarfs die Anzahl der Schultage in dem Land zugrunde zu legen, in dem der Schulbesuch stattfindet.

(7) Für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden pauschal 15 Euro monatlich berücksichtigt, sofern bei Leistungsberechtigten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, tatsächliche Aufwendungen entstehen im Zusammenhang mit der Teilnahme an

1.
Aktivitäten in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit,
2.
Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und
3.
Freizeiten.
Neben der Berücksichtigung von Bedarfen nach Satz 1 können auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den Leistungsberechtigten im Einzelfall nicht zugemutet werden kann, diese aus den Leistungen nach Satz 1 und aus dem Regelbedarf zu bestreiten.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 21. April 2010 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob und ggf in welcher Höhe die Klägerin einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine Wohnungserstausstattung hat.

2

Die 1973 geborene Klägerin arbeitete seit 1999 für die Firma S Wegen eines Wechsels ihres Arbeitgebers nach Spanien im Jahre 2003 entschloss sie sich, dort für ihn tätig zu werden und zog - mit Übernahme der Transportkosten durch den Arbeitgeber - mit ihrem gesamten Hausstand in eine von diesem angemietete Wohnung in S/Mallorca. Zum 15.4.2006 kündigte der Arbeitgeber ihr aus wirtschaftlichen Gründen. Die Klägerin erhielt nach ihrer Rückkehr nach Bremen von dem Beklagten ab 20.4.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

3

Den Antrag auf Erstausstattung einer Wohnung vom 10.9.2006 begründete die Klägerin damit, dass ihr Arbeitgeber ihr angeboten habe, die Möbel und den gesamten Haushalt in Spanien einzulagern. Als sie ihm telefonisch mitgeteilt habe, dass sie zum 1.10.2006 den gesamten Hausstand benötige, habe er ihr gesagt, dass die ganzen Möbel "weg seien". Sie besitze nur noch einen "Koffer mit Klamotten". Der Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 18.9.2006; Widerspruchsbescheid vom 11.10.2006).

4

Das VG Bremen hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und den Beklagten entsprechend dem Klageantrag verurteilt, der Klägerin für eine Erstausstattung 1003,90 Euro zu gewähren (Urteil vom 13.12.2007). Die Klägerin habe einen Anspruch auf Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten, weil sie ohne eigenen Hausrat sei. Zur Überzeugung der Kammer habe sie einen eigenen Haushalt in Spanien gehabt, der untergegangen sei. Der Anspruch werde nicht dadurch ausgeschlossen, dass sie den Verlust des Hausstandes nicht bei der spanischen Polizei angezeigt und keine zivilrechtlichen Schritte gegen den Arbeitgeber eingeleitet habe. Auch der Umstand, dass die Klägerin sich in der Zwischenzeit von einer Freundin Möbel geliehen habe, schließe den Anspruch nicht aus. Der Beklagte habe die Höhe der Wohnungserstausstattung nach seinen Verwaltungsanweisungen zu § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II auf 1003,90 Euro pauschaliert.

5

Auf die Berufung des Beklagten hat das OVG Bremen das Urteil des VG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 21.4.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht ausgeführt, eine Ersatzbeschaffung für eine Wohnungsausstattung komme nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht, etwa bei Zerstörung einer Wohnung durch Brand oder bei längerer Haft. Ein vergleichbarer Ausnahmefall könne indes unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falls nicht angenommen werden. Selbst wenn man der Klägerin den Verlust ihrer Wohnungseinrichtung in Spanien "abnehme", scheide die Gewährung von Sozialleistungen für eine (erneute) Wohnungserstausstattung aus, weil sie den Verlust durch fahrlässiges Verhalten mit zu verantworten und nicht das ihr Zumutbare unternommen habe, um den (vollständigen und ersatzlosen) Verlust abzuwenden. Angesichts der Veränderung in den wirtschaftlichen Verhältnissen ihres Arbeitgebers habe sie nicht damit rechnen dürfen, dass ihr Arbeitgeber für den Rücktransport der Möbel in gleicher Weise wie für den Hintransport sorge. Unabhängig hiervon sei es von ihr fahrlässig gewesen, den Hausstand einschließlich aller persönlichen Dinge in der beschriebenen Art in einer von dem Arbeitgeber angemieteten Garage unterzustellen und dort für längere Zeit zu lagern. Selbstständig tragend komme hinzu, dass die Klägerin nichts unternommen habe, nachdem ihr früherer Arbeitgeber ihr mitgeteilt habe, dass die Möbel verschwunden seien. Es sei ihr ohne Weiteres zuzumuten gewesen, die notwendigen Erkundigungen einzuholen (zB bei einem spanischen Konsulat) und sodann weitere Schritte einzuleiten, wie etwa eine Kontaktaufnahme mit dem Vermieter ihres früheren Arbeitgebers und die Aufgabe einer Strafanzeige bei der spanischen Polizei.

6

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Das BSG habe bereits entschieden, dass der Anspruch nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II bedarfsbezogen zu verstehen sei. Entscheidend sei, ob ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung bestehe, der nicht bereits durch vorhandene Möbel und Einrichtungsgegenstände gedeckt sei. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG und der Motive des Gesetzgebers liege hier ein Ausnahmefall vor, in dem wegen des Untergangs des vorhandenen Mobiliars von einer "Erstausstattung" auszugehen sei. Da der Beklagte nach dem Inhalt der Verwaltungsanweisungen in Bremen stets Pauschalen bewillige, belaufe sich der zuzusprechende Geldbetrag auf 1003,90 Euro. Unabhängig von seinem Vorliegen führe das vom Berufungsgericht festgestellte fahrlässige Verhalten nicht zu einem Wegfall des Anspruchs. Insofern habe das BSG bereits betont, dass eine "Verwirkung" des Anspruchs auf Erstausstattung - entsprechend den Voraussetzungen des § 34 Abs 1 SGB II - nur bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Verhalten möglich sei(Hinweis auf BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5).

7

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 21. April 2010 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 13. Dezember 2007 zurückzuweisen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

9

Er nimmt auf die Begründung des Berufungsurteils Bezug.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des OVG und Zurückverweisung des Rechtsstreits zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG Niedersachsen-Bremen begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

11

1. Streitgegenstand ist allein ein Anspruch der Klägerin auf Leistungen für die Wohnungserstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Hierbei handelt es sich um einen eigenständigen, abtrennbaren Streitgegenstand, über den isoliert und unabhängig von den übrigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts entschieden werden kann (vgl zB BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 12; BSG Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 9).

12

Die Klägerin verfolgt ihr Begehren zu Recht mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG). Zwar ist bei Streitigkeiten um eine Wohnungserstausstattung regelmäßig die sog Verpflichtungsbescheidungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) die statthafte Klageart, weil der Hilfebedürftige einen gebundenen Rechtsanspruch nur im Hinblick auf das "Ob" und nicht auch auf das "Wie" der Leistungserbringung nach § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II hat. Es steht regelmäßig im pflichtgemäßen Auswahlermessen des Grundsicherungsträgers, ob er die Leistung als Sachleistung oder als (gegebenenfalls pauschalierte) Geldleistung erbringt und in welcher Höhe er diesen Anspruch erfüllt (vgl BSG Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 10; BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 19). Vorliegend erbringt der Beklagte die Leistungen der Wohnungserstausstattung nach der Verwaltungsanweisung der Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales in Bremen zu § 23 Abs 3 SGB II, in der ausschließlich Pauschalbeträge ua für die Erstausstattung von Wohnungen einschließlich Haushaltsgeräten vorgesehen sind, aus denen bei Vorhandensein von Möbeln und Haushaltsgeräten entsprechende Geldbeträge herauszurechnen sind(Nr 2.1 iVm Anlage 1 "Teilpauschalen"). Da das Ermessen somit bereits durch Verwaltungsbinnenrecht im Sinne von pauschalen Geldleistungen gebunden ist, besteht bei Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen von vornherein ein Anspruch der Klägerin auf Geldleistungen (vgl BSG Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 36/09 R - RdNr 14, 21).

13

Gegenstand des Verfahrens ist auch die Höhe des vom VG ausgeurteilten Pauschalbetrags, weil der Beklagte neben dem Bestreiten eines Anspruchs dem Grunde nach im Berufungsverfahren auch vorgetragen hat, die Klägerin sei nach dem Ergebnis eines Hausbesuchs am 30.10.2007 weitgehend eingerichtet und habe bisher nicht nachgewiesen, dass die nach ihrem Vortrag nur geliehenen Einrichtungsgegenstände zurückgefordert werden könnten. Entsprechend dem erstinstanzlichen Klageantrag, dem Tenor des VG-Urteils und in Ermangelung einer Berufung der Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil ist die streitige Höhe des Pauschalbetrags für die Wohnungsausstattung jedoch auf den (auch in den Verwaltungsanweisungen) vorgesehenen Höchstbetrag von 1003,90 Euro begrenzt.

14

2. Das OVG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass ein Anspruch auf Erstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II schon dem Grunde nach nicht besteht.

15

Nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II, also ua die von der Regelleistung nicht umfassten Leistungen für Erstausstattungen der Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten(§ 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II), Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr 1), erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig (Nr 3) sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4). Diese allgemeinen Voraussetzungen liegen nach den Feststellungen des OVG hier vor.

16

§ 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II bestimmt, dass Leistungen für Erstausstattungen der Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten gesondert erbracht werden. Der Anspruch ist - entsprechend den anderen Leistungen des SGB II - bedarfsbezogen zu verstehen. Entscheidend ist, ob erstmals ein Bedarf entsteht (BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 19). In Abgrenzung zu einem Erhaltungs- und Ergänzungsbedarf, der aus der Regelleistung zu bestreiten ist, kommt eine Wohnungserstausstattung aber auch bei einem erneuten Bedarfsanfall in Betracht, wenn der Hilfebedürftige nachweist, dass er - regelmäßig im Zusammenhang mit besonderen Ereignissen - über die nunmehr notwendigen Ausstattungsgegenstände bisher nicht oder nicht mehr verfügt. Von den in den Gesetzesmaterialien beispielhaft genannten Bedarfen für eine Wohnungserstausstattung, zB nach einem Wohnungsbrand oder bei Erstanmietung nach einer Haft (BT-Drucks 15/1514 S 60 zum gleichlautenden § 32 Abs 1 SGB XII), steht jedenfalls der Wohnungsbrand für Konstellationen, bei denen - nach dem Willen des Gesetzgebers - Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II für einen erneuten Bedarfsanfall im Sinne einer Ersatzbeschaffung als "Wohnungserstausstattung" gewährt werden können. Entsprechend hat der Senat bereits entschieden, dass der erstmaligen Ausstattung einer Wohnung wertungsmäßig diejenigen Fälle einer Ersatzbeschaffung gleichzustellen sind, bei denen vorhandene Ausstattungsgegenstände allein durch einen vom Grundsicherungsträger veranlassten Umzug in eine angemessene Wohnung unbrauchbar werden (BSG Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 14 f). Gleiches gilt unter Berücksichtigung der gebotenen bedarfsbezogenen Betrachtungsweise, wenn die Wohnungsausstattung bei einem Zuzug aus dem Ausland (zB durch die besonderen Umstände des Umzugs) untergegangen ist (vgl bejahend für den Zuzug aus dem Ausland: O. Loose in GK-SGB II, § 23 RdNr 36, Stand 11/2009; zum inhaltsgleichen § 24 SGB II idF ab 1.1.2011: Bender in Gagel, SGB II/SGB III, § 24 SGB II RdNr 58, Stand Juni 2011; vgl Behrend in jurisPK-SGB II, § 24 SGB II RdNr 52, Stand 8/2011). Auch diese Fallgestaltungen sind grundsätzlich von einer Ersatzbeschaffung für Wohnungserstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II umfasst.

17

Soweit das OVG meint, ein den Fallgestaltungen in den Gesetzesmaterialien vergleichbarer Sachverhalt liege nicht vor, weil die Klägerin - auch bei unterstelltem tatsächlichen Verlust - diesen Verlust durch fahrlässiges Verhalten mit zu verantworten habe, geht es von unzutreffenden rechtlichen Überlegungen aus. Insofern verbindet das OVG die gebotene ausschließlich bedarfsbezogene Betrachtungsweise hinsichtlich des Vorhandenseins eines Bedarfs an Wohnungserstausstattung in unzulässiger Weise mit der Frage nach den Ursachen der Hilfebedürftigkeit und Verschuldensgesichtspunkten. Mit dem 14. Senat geht auch der erkennende Senat davon aus, dass Verschuldensgesichtspunkte nicht schon bei der Feststellung des Bedarfs berücksichtigt werden dürfen, weil der im SGB II zu deckende Bedarf grundsätzlich aktuell bestehen muss und auch aktuell vom Grundsicherungsträger zu decken ist (BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 15; BSG Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 36/09 R - RdNr 17).

18

3. Ob ein Anspruch auf Wohnungserstausstattung im konkreten Fall gegeben ist, hängt mithin davon ab, ob die Klägerin eine Wohnungseinrichtung in Spanien hatte und diese tatsächlich untergegangen ist. Dies hat das OVG letztlich offen gelassen, weil es - diese Tatsachen unterstellend - den geltend gemachten Anspruch der Klägerin im Ergebnis ausschließlich wegen eines ihr zugerechneten Verhaltens im Zusammenhang mit dem Verlust der Wohnungsausstattung abgelehnt hat. Dieser Ablehnungsgrund greift jedoch nicht durch (s dazu näher unter 4).

19

Das LSG wird daher von Amts wegen (§ 103 Satz 1 SGG) aufklären und feststellen müssen, ob bei der Klägerin als Grundvoraussetzung für einen Anspruch nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II überhaupt ein Bedarf für die Wohnungserstausstattung bestand. Anlass für die Annahme von verringerten Anforderungen an die Amtsermittlungspflicht - etwa wegen des vom OVG erhobenen Vorwurfs eines fahrlässigen Verhaltens der Klägerin - bestehen nicht (vgl ua zur Hinweispflicht des Gerichts vor nachteiligen Schlüssen aus dem Verhalten eines Beteiligten zB BSGE 102, 181 ff = SozR 4-2500 § 109 Nr 15 RdNr 25; BSG SozR 4-1500 § 128 Nr 5 RdNr 15; BSG SozR 1500 § 103 Nr 23 und 27 mwN).

20

4. Anders als vom OVG angenommen, steht ein von diesem festgestelltes und als fahrlässig bewertetes Verhalten der Klägerin im Zusammenhang mit dem Verlust der Wohnungserstausstattung einem etwaigen Anspruch auch nicht wegen einer Verletzung ihrer Pflicht zur Eigenaktivität nach § 2 Abs 1 SGB II entgegen. Nach § 2 Abs 1 Satz 1 SGB II haben Hilfebedürftige in eigener Verantwortung alle Möglichkeiten zu nutzen, um ihren Lebensunterhalt aus eigenen Kräften und Mitteln zu bestreiten. Auch dürfen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 3 Abs 3 SGB II nur erbracht werden, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigt werden kann.

21

Diese Vorschriften regeln keine eigenständigen Ausschlusstatbestände. Es handelt sich vielmehr um Grundsatznormen, die durch die Regelungen insbesondere über den Einsatz von Einkommen und Vermögen bzw sonstige leistungshindernde Normen konkretisiert werden und regelmäßig nur im Zusammenhang mit ihnen Wirkung entfalten. Hierfür spricht der Standort dieser Normen in den Allgemeinen Vorschriften des Ersten Kapitels des SGB II und der Umstand, dass das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende in den §§ 31 ff SGB II konkrete Leistungsausschlussnormen enthält(vgl zur Sozialhilfe BSG Urteil vom 26.8.2008 - B 8/9b SO 16/07 R - FEVS 60, 346 ff; BSG Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 23/08 R - BSGE 104, 219 ff = SozR 4-3500 § 74 Nr 1, RdNr 20), die hier nicht einschlägig sind.

22

Der Leistungsausschluss in der Existenzsicherung bedarf auch im Hinblick auf den Bedarfdeckungsgrundsatz einer ausdrücklichen gesetzlichen Normierung. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende dienen der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens. Diese Sicherstellung ist eine verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, die aus dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums folgt (BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 3/09, 4/09 - BVerfGE 125, 175 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 12; vgl auch BVerfGE 82, 60, 80 = SozR 3-5870 § 10 Nr 1 S 5). Bei der Beurteilung der Hilfebedürftigkeit ist daher ausschließlich auf die gegenwärtige Lage und auf Umstände in der Vergangenheit nur insoweit abzustellen, als sie eindeutige Erkenntnisse über die gegenwärtige Lage ermöglichen (BVerfG Beschluss vom 12.5.2005 - 1 BvR 569/05 - Breithaupt 2005, 803, 807). Nicht zulässig ist es daher - wie hier geschehen - einen Anspruch allgemein wegen eines fahrlässigen Verhaltens in der Verfolgung eigener Belange in der Vergangenheit oder bloßen Mutmaßungen abzulehnen.

23

5. Kommt das LSG nach weiteren Ermittlungen zu dem Ergebnis, dass ein Anspruch auf Wohnungserstausstattung besteht, wird es noch prüfen müssen, ob und ggf in welchem Umfang durch von Freunden zwischenzeitlich zur Verfügung gestellte Möbel der Bedarf an Wohnungserstausstattung gedeckt worden ist. Sollte eine zwischenzeitliche und zulässige "Selbstbeschaffung" der begehrten Leistung vorliegen, welche die fehlende Unterstützung durch den Beklagten lediglich substituierte, kann diese der Klägerin dann wegen einer Rechtswidrigkeit der Leistungsablehnung nicht entgegengehalten werden (vgl für die Sozialhilfe BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R - SozR 4-3500 § 21 Nr 1 RdNr 11; BVerwGE 90, 154 ff). Kommt das LSG bei seinen weiteren Ermittlungen zu dem Ergebnis, dass die Klägerin die ihr überlassenen Möbel und Haushaltsgegenstände auch im Falle eines Obsiegens nicht zurückgeben muss, es sich also tatsächlich um dauerhaft zugewandte Wohnungseinrichtungsgegenstände handelt, liegt wegen eines (teilweisen) Bedarfswegfalls bei einmaligen Leistungen nach Erlass ablehnender Bescheide eine Änderung der Sachlage vor, die zu einer (teilweisen) Erledigung der Ablehnungsbescheide auf andere Weise iS des § 39 Abs 2 SGB X führt(BSG Beschluss vom 16.5.2007 - B 7b AS 40/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 4 RdNr 6; vgl zur Sozialhilfe: BSG Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 16/08 R - BSGE 104, 213, 217 = SozR 4-1300 § 44 Nr 20, RdNr 17; zur Erledigung aus Rechtsgründen vgl auch BSG Urteil vom 11.7.2000 - B 1 KR 14/99 - SozR 3-1300 § 39 Nr 7 = juris RdNr 20). Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II können dann wegen Wegfalls des konkreten Bedarfs trotz ggf rechtswidriger Leistungsablehnung nicht mehr erbracht werden, weil die SGB II-Leistungen ihren Zweck der Bedarfsdeckung nicht mehr erfüllen können(vgl zur Sozialhilfe BSG Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 16/08 R - BSGE 104, 213 ff = SozR 4-1300 § 44 Nr 20, RdNr 17; vgl zum Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses bei zwischenzeitlicher Bedarfsdeckung BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 75/10 R - RdNr 10).

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6. Kommt das LSG zu dem Ergebnis, dass ein Anspruch auf eine Wohnungserstausstattung besteht, dieser aber nur zu einem Teil zu einem späteren Zeitpunkt durch dauerhaft zur Verfügung gestellte Gegenstände der Wohnungsausstattung gedeckt worden ist, sind weitere Feststellungen zum Umfang des Anspruchs erforderlich.

25

Wie die zuständigen Senate des BSG mehrfach entschieden haben, sind Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II für die Ausstattung mit wohnraumbezogenen Gegenständen zu erbringen, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichen sollen(BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 18; BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, RdNr 23 mwN). Die zu gewährende Erstausstattung muss - in Anlehnung an die Vorschrift des § 22 SGB II zur Unterkunft - nur eine angemessene Ausstattung berücksichtigen, die der Befriedigung von einfachen und grundlegenden Wohnbedürfnissen genügt(BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 53/10 R - RdNr 19, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 36/09 R - RdNr 20). Wird - wie hier - zur Erfüllung des Wohnungserstausstattungsanspruchs vom Grundsicherungsträger die Leistungsart "Geldleistung" gewählt, so kann er diese auch in Form von Pauschalbeträgen erbringen (§ 23 Abs 3 Satz 5 SGB II). Insofern ist aber eine richterliche Plausibilitätskontrolle durchzuführen, ob bei deren Bemessung iS von § 23 Abs 3 Satz 6 SGB II geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte über die Kosten von Einrichtungsgegenständen zur Stützung der Pauschalbeträge berücksichtigt worden sind(BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 20 f).

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Ob die vom VG zugrunde gelegte Verwaltungsanweisung der Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen in Bremen den genannten Anforderungen hinsichtlich des Umfangs der zu gewährenden Erstausstattung genügt und die festgesetzten Pauschalbeträge und Teilpauschalen, insbesondere für die regelmäßig von dem Einzelposten "Küchenausstattung" erfassten Haushaltsgeräte (Herd, Kühlschrank, Waschmaschine), hinreichend abgesichert sind, wird das LSG mithin prüfen müssen (vgl BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 21; vgl auch SG Bremen Beschlüsse vom 2.3.2010 - S 23 AS 257/10 ER und vom 28.5.2009 - S 23 AS 877/09 ER).

27

7. Der Rechtsstreit ist an das LSG Niedersachsen-Bremen zurückzuverweisen, obwohl das OVG der Freien Hansestadt Bremen "das Urteil erlassen" hat (vgl § 170 Abs 2 Satz 2 SGG am Ende). Die früheren §§ 50a ff SGG, nach denen aufgrund Landesrechts die Sozialgerichtsbarkeit in bestimmten sozialrechtlichen Materien durch besondere Spruchkörper der Verwaltungsgerichte ausgeübt wurde(eingeführt durch Gesetz vom 9.12.2004, BGBl I 3302), sind mit Wirkung vom 1.1.2009 aufgehoben. Die Übergangsregelung in § 206 Abs 2 SGG sieht vor, dass Verfahren, die am 1.1.2009 bei den besonderen Spruchkörpern der Verwaltungsgerichte anhängig sind, bei diesen anhängig bleiben und entsprechend der bisherigen Rechtslage fortgeführt werden; für Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung eines besonderen Spruchkörpers, die nach dem 31.12.2008 ergehen, ist jedoch das LSG zuständig. Dieser Grundsatz, die anhängigen Verfahren in den besonderen Spruchkörpern zu belassen, diese nach Abschluss der Instanz aber der üblichen Zuständigkeitsregelung zu unterwerfen, ist auch auf das zurückverwiesene Verfahren anwendbar (vgl bereits BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 132/10 R).

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Das LSG wird ggf abschließend auch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden haben.

(1) Angemessene Beiträge für eine Kranken- und Pflegeversicherung sind als Bedarf anzuerkennen, soweit Leistungsberechtigte diese nicht aus eigenem Einkommen tragen können. Leistungsberechtigte können die Beiträge so weit aus eigenem Einkommen tragen, wie diese im Wege der Einkommensbereinigung nach § 82 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 abzusetzen sind. Der Bedarf nach Satz 1 erhöht sich entsprechend, wenn bei der Einkommensbereinigung für das Einkommen geltende Absetzbeträge nach § 82 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 3 bis 6 zu berücksichtigen sind.

(2) Bei Personen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung

1.
nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 des Fünften Buches oder nach § 2 Absatz 1 Nummer 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte pflichtversichert sind,
2.
nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 des Fünften Buches oder nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte weiterversichert sind,
3.
als Rentenantragsteller nach § 189 des Fünften Buches als Mitglied einer Krankenkasse gelten,
4.
nach § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 bis 8 des Fünften Buches oder nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte freiwillig versichert sind oder
5.
nach § 188 Absatz 4 des Fünften Buches oder nach § 22 Absatz 3 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte weiterversichert sind,
gilt der monatliche Beitrag als angemessen.

(3) Bei Personen, denen Beiträge nach Absatz 2 als Bedarf anerkannt werden, gilt auch der Zusatzbeitragssatz nach § 242 Absatz 1 des Fünften Buches als angemessen.

(4) Bei Personen, die gegen das Risiko Krankheit bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sind, sind angemessene Beiträge nach den Sätzen 2 und 3 anzuerkennen. Angemessen sind Beiträge

1.
bis zu der Höhe des sich nach § 152 Absatz 4 des Versicherungsaufsichtsgesetzes ergebenden halbierten monatlichen Beitrags für den Basistarif, sofern die Versicherungsverträge der Versicherungspflicht nach § 193 Absatz 3 des Versicherungsvertragsgesetzes genügen, oder
2.
für eine Absicherung im brancheneinheitlichen Standardtarif nach § 257 Absatz 2a des Fünften Buches in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung.
Ein höherer Beitrag kann als angemessen anerkannt werden, wenn die Leistungsberechtigung nach diesem Kapitel voraussichtlich nur für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten besteht. Im begründeten Ausnahmefall kann auf Antrag ein höherer Beitrag auch im Fall einer Leistungsberechtigung für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten als angemessen anerkannt werden, wenn vor Ablauf der drei Monate oder bereits bei Antragstellung davon auszugehen ist, dass die Leistungsberechtigung nach diesem Kapitel für einen begrenzten, aber mehr als drei Monate andauernden Zeitraum bestehen wird.

(4a) Für Personen, die Mitglied in einer in § 176 Absatz 1 des Fünften Buches genannten Solidargemeinschaft sind, werden angemessene Beiträge bis zur Hälfte des sich nach § 152 Absatz 3 Satz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes ergebenden Höchstbeitrags der gesetzlichen Krankenversicherung anerkannt.

(5) Bei Personen, die in der sozialen Pflegeversicherung nach

1.
den §§ 20, 21 und 21a des Elften Buches pflichtversichert sind oder
2.
§ 26 des Elften Buches weiterversichert sind oder
3.
§ 26a des Elften Buches der sozialen Pflegeversicherung beigetreten sind,
gilt der monatliche Beitrag als angemessen.

(6) Bei Personen, die gegen das Risiko Pflegebedürftigkeit bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in Erfüllung ihrer Versicherungspflicht nach § 23 des Elften Buches versichert sind oder nach § 26a des Elften Buches der privaten Pflegeversicherung beigetreten sind, gilt bei Versicherung im brancheneinheitlichen Standardtarif nach § 257 Absatz 2a des Fünften Buches in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung der geschuldete Beitrag als angemessen, im Übrigen höchstens jedoch bis zu einer Höhe des nach § 110 Absatz 2 Satz 3 des Elften Buches halbierten Höchstbeitrags in der sozialen Pflegeversicherung. Für die Höhe des im Einzelfall angemessenen monatlichen Beitrags gilt Absatz 4 Satz 3 und 4 entsprechend.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 21. April 2010 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob und ggf in welcher Höhe die Klägerin einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine Wohnungserstausstattung hat.

2

Die 1973 geborene Klägerin arbeitete seit 1999 für die Firma S Wegen eines Wechsels ihres Arbeitgebers nach Spanien im Jahre 2003 entschloss sie sich, dort für ihn tätig zu werden und zog - mit Übernahme der Transportkosten durch den Arbeitgeber - mit ihrem gesamten Hausstand in eine von diesem angemietete Wohnung in S/Mallorca. Zum 15.4.2006 kündigte der Arbeitgeber ihr aus wirtschaftlichen Gründen. Die Klägerin erhielt nach ihrer Rückkehr nach Bremen von dem Beklagten ab 20.4.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

3

Den Antrag auf Erstausstattung einer Wohnung vom 10.9.2006 begründete die Klägerin damit, dass ihr Arbeitgeber ihr angeboten habe, die Möbel und den gesamten Haushalt in Spanien einzulagern. Als sie ihm telefonisch mitgeteilt habe, dass sie zum 1.10.2006 den gesamten Hausstand benötige, habe er ihr gesagt, dass die ganzen Möbel "weg seien". Sie besitze nur noch einen "Koffer mit Klamotten". Der Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 18.9.2006; Widerspruchsbescheid vom 11.10.2006).

4

Das VG Bremen hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und den Beklagten entsprechend dem Klageantrag verurteilt, der Klägerin für eine Erstausstattung 1003,90 Euro zu gewähren (Urteil vom 13.12.2007). Die Klägerin habe einen Anspruch auf Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten, weil sie ohne eigenen Hausrat sei. Zur Überzeugung der Kammer habe sie einen eigenen Haushalt in Spanien gehabt, der untergegangen sei. Der Anspruch werde nicht dadurch ausgeschlossen, dass sie den Verlust des Hausstandes nicht bei der spanischen Polizei angezeigt und keine zivilrechtlichen Schritte gegen den Arbeitgeber eingeleitet habe. Auch der Umstand, dass die Klägerin sich in der Zwischenzeit von einer Freundin Möbel geliehen habe, schließe den Anspruch nicht aus. Der Beklagte habe die Höhe der Wohnungserstausstattung nach seinen Verwaltungsanweisungen zu § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II auf 1003,90 Euro pauschaliert.

5

Auf die Berufung des Beklagten hat das OVG Bremen das Urteil des VG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 21.4.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht ausgeführt, eine Ersatzbeschaffung für eine Wohnungsausstattung komme nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht, etwa bei Zerstörung einer Wohnung durch Brand oder bei längerer Haft. Ein vergleichbarer Ausnahmefall könne indes unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falls nicht angenommen werden. Selbst wenn man der Klägerin den Verlust ihrer Wohnungseinrichtung in Spanien "abnehme", scheide die Gewährung von Sozialleistungen für eine (erneute) Wohnungserstausstattung aus, weil sie den Verlust durch fahrlässiges Verhalten mit zu verantworten und nicht das ihr Zumutbare unternommen habe, um den (vollständigen und ersatzlosen) Verlust abzuwenden. Angesichts der Veränderung in den wirtschaftlichen Verhältnissen ihres Arbeitgebers habe sie nicht damit rechnen dürfen, dass ihr Arbeitgeber für den Rücktransport der Möbel in gleicher Weise wie für den Hintransport sorge. Unabhängig hiervon sei es von ihr fahrlässig gewesen, den Hausstand einschließlich aller persönlichen Dinge in der beschriebenen Art in einer von dem Arbeitgeber angemieteten Garage unterzustellen und dort für längere Zeit zu lagern. Selbstständig tragend komme hinzu, dass die Klägerin nichts unternommen habe, nachdem ihr früherer Arbeitgeber ihr mitgeteilt habe, dass die Möbel verschwunden seien. Es sei ihr ohne Weiteres zuzumuten gewesen, die notwendigen Erkundigungen einzuholen (zB bei einem spanischen Konsulat) und sodann weitere Schritte einzuleiten, wie etwa eine Kontaktaufnahme mit dem Vermieter ihres früheren Arbeitgebers und die Aufgabe einer Strafanzeige bei der spanischen Polizei.

6

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Das BSG habe bereits entschieden, dass der Anspruch nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II bedarfsbezogen zu verstehen sei. Entscheidend sei, ob ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung bestehe, der nicht bereits durch vorhandene Möbel und Einrichtungsgegenstände gedeckt sei. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG und der Motive des Gesetzgebers liege hier ein Ausnahmefall vor, in dem wegen des Untergangs des vorhandenen Mobiliars von einer "Erstausstattung" auszugehen sei. Da der Beklagte nach dem Inhalt der Verwaltungsanweisungen in Bremen stets Pauschalen bewillige, belaufe sich der zuzusprechende Geldbetrag auf 1003,90 Euro. Unabhängig von seinem Vorliegen führe das vom Berufungsgericht festgestellte fahrlässige Verhalten nicht zu einem Wegfall des Anspruchs. Insofern habe das BSG bereits betont, dass eine "Verwirkung" des Anspruchs auf Erstausstattung - entsprechend den Voraussetzungen des § 34 Abs 1 SGB II - nur bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Verhalten möglich sei(Hinweis auf BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5).

7

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 21. April 2010 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 13. Dezember 2007 zurückzuweisen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

9

Er nimmt auf die Begründung des Berufungsurteils Bezug.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des OVG und Zurückverweisung des Rechtsstreits zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG Niedersachsen-Bremen begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

11

1. Streitgegenstand ist allein ein Anspruch der Klägerin auf Leistungen für die Wohnungserstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Hierbei handelt es sich um einen eigenständigen, abtrennbaren Streitgegenstand, über den isoliert und unabhängig von den übrigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts entschieden werden kann (vgl zB BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 12; BSG Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 9).

12

Die Klägerin verfolgt ihr Begehren zu Recht mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG). Zwar ist bei Streitigkeiten um eine Wohnungserstausstattung regelmäßig die sog Verpflichtungsbescheidungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) die statthafte Klageart, weil der Hilfebedürftige einen gebundenen Rechtsanspruch nur im Hinblick auf das "Ob" und nicht auch auf das "Wie" der Leistungserbringung nach § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II hat. Es steht regelmäßig im pflichtgemäßen Auswahlermessen des Grundsicherungsträgers, ob er die Leistung als Sachleistung oder als (gegebenenfalls pauschalierte) Geldleistung erbringt und in welcher Höhe er diesen Anspruch erfüllt (vgl BSG Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 10; BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 19). Vorliegend erbringt der Beklagte die Leistungen der Wohnungserstausstattung nach der Verwaltungsanweisung der Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales in Bremen zu § 23 Abs 3 SGB II, in der ausschließlich Pauschalbeträge ua für die Erstausstattung von Wohnungen einschließlich Haushaltsgeräten vorgesehen sind, aus denen bei Vorhandensein von Möbeln und Haushaltsgeräten entsprechende Geldbeträge herauszurechnen sind(Nr 2.1 iVm Anlage 1 "Teilpauschalen"). Da das Ermessen somit bereits durch Verwaltungsbinnenrecht im Sinne von pauschalen Geldleistungen gebunden ist, besteht bei Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen von vornherein ein Anspruch der Klägerin auf Geldleistungen (vgl BSG Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 36/09 R - RdNr 14, 21).

13

Gegenstand des Verfahrens ist auch die Höhe des vom VG ausgeurteilten Pauschalbetrags, weil der Beklagte neben dem Bestreiten eines Anspruchs dem Grunde nach im Berufungsverfahren auch vorgetragen hat, die Klägerin sei nach dem Ergebnis eines Hausbesuchs am 30.10.2007 weitgehend eingerichtet und habe bisher nicht nachgewiesen, dass die nach ihrem Vortrag nur geliehenen Einrichtungsgegenstände zurückgefordert werden könnten. Entsprechend dem erstinstanzlichen Klageantrag, dem Tenor des VG-Urteils und in Ermangelung einer Berufung der Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil ist die streitige Höhe des Pauschalbetrags für die Wohnungsausstattung jedoch auf den (auch in den Verwaltungsanweisungen) vorgesehenen Höchstbetrag von 1003,90 Euro begrenzt.

14

2. Das OVG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass ein Anspruch auf Erstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II schon dem Grunde nach nicht besteht.

15

Nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II, also ua die von der Regelleistung nicht umfassten Leistungen für Erstausstattungen der Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten(§ 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II), Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr 1), erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig (Nr 3) sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4). Diese allgemeinen Voraussetzungen liegen nach den Feststellungen des OVG hier vor.

16

§ 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II bestimmt, dass Leistungen für Erstausstattungen der Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten gesondert erbracht werden. Der Anspruch ist - entsprechend den anderen Leistungen des SGB II - bedarfsbezogen zu verstehen. Entscheidend ist, ob erstmals ein Bedarf entsteht (BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 19). In Abgrenzung zu einem Erhaltungs- und Ergänzungsbedarf, der aus der Regelleistung zu bestreiten ist, kommt eine Wohnungserstausstattung aber auch bei einem erneuten Bedarfsanfall in Betracht, wenn der Hilfebedürftige nachweist, dass er - regelmäßig im Zusammenhang mit besonderen Ereignissen - über die nunmehr notwendigen Ausstattungsgegenstände bisher nicht oder nicht mehr verfügt. Von den in den Gesetzesmaterialien beispielhaft genannten Bedarfen für eine Wohnungserstausstattung, zB nach einem Wohnungsbrand oder bei Erstanmietung nach einer Haft (BT-Drucks 15/1514 S 60 zum gleichlautenden § 32 Abs 1 SGB XII), steht jedenfalls der Wohnungsbrand für Konstellationen, bei denen - nach dem Willen des Gesetzgebers - Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II für einen erneuten Bedarfsanfall im Sinne einer Ersatzbeschaffung als "Wohnungserstausstattung" gewährt werden können. Entsprechend hat der Senat bereits entschieden, dass der erstmaligen Ausstattung einer Wohnung wertungsmäßig diejenigen Fälle einer Ersatzbeschaffung gleichzustellen sind, bei denen vorhandene Ausstattungsgegenstände allein durch einen vom Grundsicherungsträger veranlassten Umzug in eine angemessene Wohnung unbrauchbar werden (BSG Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 14 f). Gleiches gilt unter Berücksichtigung der gebotenen bedarfsbezogenen Betrachtungsweise, wenn die Wohnungsausstattung bei einem Zuzug aus dem Ausland (zB durch die besonderen Umstände des Umzugs) untergegangen ist (vgl bejahend für den Zuzug aus dem Ausland: O. Loose in GK-SGB II, § 23 RdNr 36, Stand 11/2009; zum inhaltsgleichen § 24 SGB II idF ab 1.1.2011: Bender in Gagel, SGB II/SGB III, § 24 SGB II RdNr 58, Stand Juni 2011; vgl Behrend in jurisPK-SGB II, § 24 SGB II RdNr 52, Stand 8/2011). Auch diese Fallgestaltungen sind grundsätzlich von einer Ersatzbeschaffung für Wohnungserstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II umfasst.

17

Soweit das OVG meint, ein den Fallgestaltungen in den Gesetzesmaterialien vergleichbarer Sachverhalt liege nicht vor, weil die Klägerin - auch bei unterstelltem tatsächlichen Verlust - diesen Verlust durch fahrlässiges Verhalten mit zu verantworten habe, geht es von unzutreffenden rechtlichen Überlegungen aus. Insofern verbindet das OVG die gebotene ausschließlich bedarfsbezogene Betrachtungsweise hinsichtlich des Vorhandenseins eines Bedarfs an Wohnungserstausstattung in unzulässiger Weise mit der Frage nach den Ursachen der Hilfebedürftigkeit und Verschuldensgesichtspunkten. Mit dem 14. Senat geht auch der erkennende Senat davon aus, dass Verschuldensgesichtspunkte nicht schon bei der Feststellung des Bedarfs berücksichtigt werden dürfen, weil der im SGB II zu deckende Bedarf grundsätzlich aktuell bestehen muss und auch aktuell vom Grundsicherungsträger zu decken ist (BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 15; BSG Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 36/09 R - RdNr 17).

18

3. Ob ein Anspruch auf Wohnungserstausstattung im konkreten Fall gegeben ist, hängt mithin davon ab, ob die Klägerin eine Wohnungseinrichtung in Spanien hatte und diese tatsächlich untergegangen ist. Dies hat das OVG letztlich offen gelassen, weil es - diese Tatsachen unterstellend - den geltend gemachten Anspruch der Klägerin im Ergebnis ausschließlich wegen eines ihr zugerechneten Verhaltens im Zusammenhang mit dem Verlust der Wohnungsausstattung abgelehnt hat. Dieser Ablehnungsgrund greift jedoch nicht durch (s dazu näher unter 4).

19

Das LSG wird daher von Amts wegen (§ 103 Satz 1 SGG) aufklären und feststellen müssen, ob bei der Klägerin als Grundvoraussetzung für einen Anspruch nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II überhaupt ein Bedarf für die Wohnungserstausstattung bestand. Anlass für die Annahme von verringerten Anforderungen an die Amtsermittlungspflicht - etwa wegen des vom OVG erhobenen Vorwurfs eines fahrlässigen Verhaltens der Klägerin - bestehen nicht (vgl ua zur Hinweispflicht des Gerichts vor nachteiligen Schlüssen aus dem Verhalten eines Beteiligten zB BSGE 102, 181 ff = SozR 4-2500 § 109 Nr 15 RdNr 25; BSG SozR 4-1500 § 128 Nr 5 RdNr 15; BSG SozR 1500 § 103 Nr 23 und 27 mwN).

20

4. Anders als vom OVG angenommen, steht ein von diesem festgestelltes und als fahrlässig bewertetes Verhalten der Klägerin im Zusammenhang mit dem Verlust der Wohnungserstausstattung einem etwaigen Anspruch auch nicht wegen einer Verletzung ihrer Pflicht zur Eigenaktivität nach § 2 Abs 1 SGB II entgegen. Nach § 2 Abs 1 Satz 1 SGB II haben Hilfebedürftige in eigener Verantwortung alle Möglichkeiten zu nutzen, um ihren Lebensunterhalt aus eigenen Kräften und Mitteln zu bestreiten. Auch dürfen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 3 Abs 3 SGB II nur erbracht werden, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigt werden kann.

21

Diese Vorschriften regeln keine eigenständigen Ausschlusstatbestände. Es handelt sich vielmehr um Grundsatznormen, die durch die Regelungen insbesondere über den Einsatz von Einkommen und Vermögen bzw sonstige leistungshindernde Normen konkretisiert werden und regelmäßig nur im Zusammenhang mit ihnen Wirkung entfalten. Hierfür spricht der Standort dieser Normen in den Allgemeinen Vorschriften des Ersten Kapitels des SGB II und der Umstand, dass das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende in den §§ 31 ff SGB II konkrete Leistungsausschlussnormen enthält(vgl zur Sozialhilfe BSG Urteil vom 26.8.2008 - B 8/9b SO 16/07 R - FEVS 60, 346 ff; BSG Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 23/08 R - BSGE 104, 219 ff = SozR 4-3500 § 74 Nr 1, RdNr 20), die hier nicht einschlägig sind.

22

Der Leistungsausschluss in der Existenzsicherung bedarf auch im Hinblick auf den Bedarfdeckungsgrundsatz einer ausdrücklichen gesetzlichen Normierung. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende dienen der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens. Diese Sicherstellung ist eine verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, die aus dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums folgt (BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 3/09, 4/09 - BVerfGE 125, 175 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 12; vgl auch BVerfGE 82, 60, 80 = SozR 3-5870 § 10 Nr 1 S 5). Bei der Beurteilung der Hilfebedürftigkeit ist daher ausschließlich auf die gegenwärtige Lage und auf Umstände in der Vergangenheit nur insoweit abzustellen, als sie eindeutige Erkenntnisse über die gegenwärtige Lage ermöglichen (BVerfG Beschluss vom 12.5.2005 - 1 BvR 569/05 - Breithaupt 2005, 803, 807). Nicht zulässig ist es daher - wie hier geschehen - einen Anspruch allgemein wegen eines fahrlässigen Verhaltens in der Verfolgung eigener Belange in der Vergangenheit oder bloßen Mutmaßungen abzulehnen.

23

5. Kommt das LSG nach weiteren Ermittlungen zu dem Ergebnis, dass ein Anspruch auf Wohnungserstausstattung besteht, wird es noch prüfen müssen, ob und ggf in welchem Umfang durch von Freunden zwischenzeitlich zur Verfügung gestellte Möbel der Bedarf an Wohnungserstausstattung gedeckt worden ist. Sollte eine zwischenzeitliche und zulässige "Selbstbeschaffung" der begehrten Leistung vorliegen, welche die fehlende Unterstützung durch den Beklagten lediglich substituierte, kann diese der Klägerin dann wegen einer Rechtswidrigkeit der Leistungsablehnung nicht entgegengehalten werden (vgl für die Sozialhilfe BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R - SozR 4-3500 § 21 Nr 1 RdNr 11; BVerwGE 90, 154 ff). Kommt das LSG bei seinen weiteren Ermittlungen zu dem Ergebnis, dass die Klägerin die ihr überlassenen Möbel und Haushaltsgegenstände auch im Falle eines Obsiegens nicht zurückgeben muss, es sich also tatsächlich um dauerhaft zugewandte Wohnungseinrichtungsgegenstände handelt, liegt wegen eines (teilweisen) Bedarfswegfalls bei einmaligen Leistungen nach Erlass ablehnender Bescheide eine Änderung der Sachlage vor, die zu einer (teilweisen) Erledigung der Ablehnungsbescheide auf andere Weise iS des § 39 Abs 2 SGB X führt(BSG Beschluss vom 16.5.2007 - B 7b AS 40/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 4 RdNr 6; vgl zur Sozialhilfe: BSG Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 16/08 R - BSGE 104, 213, 217 = SozR 4-1300 § 44 Nr 20, RdNr 17; zur Erledigung aus Rechtsgründen vgl auch BSG Urteil vom 11.7.2000 - B 1 KR 14/99 - SozR 3-1300 § 39 Nr 7 = juris RdNr 20). Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II können dann wegen Wegfalls des konkreten Bedarfs trotz ggf rechtswidriger Leistungsablehnung nicht mehr erbracht werden, weil die SGB II-Leistungen ihren Zweck der Bedarfsdeckung nicht mehr erfüllen können(vgl zur Sozialhilfe BSG Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 16/08 R - BSGE 104, 213 ff = SozR 4-1300 § 44 Nr 20, RdNr 17; vgl zum Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses bei zwischenzeitlicher Bedarfsdeckung BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 75/10 R - RdNr 10).

24

6. Kommt das LSG zu dem Ergebnis, dass ein Anspruch auf eine Wohnungserstausstattung besteht, dieser aber nur zu einem Teil zu einem späteren Zeitpunkt durch dauerhaft zur Verfügung gestellte Gegenstände der Wohnungsausstattung gedeckt worden ist, sind weitere Feststellungen zum Umfang des Anspruchs erforderlich.

25

Wie die zuständigen Senate des BSG mehrfach entschieden haben, sind Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II für die Ausstattung mit wohnraumbezogenen Gegenständen zu erbringen, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichen sollen(BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 18; BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, RdNr 23 mwN). Die zu gewährende Erstausstattung muss - in Anlehnung an die Vorschrift des § 22 SGB II zur Unterkunft - nur eine angemessene Ausstattung berücksichtigen, die der Befriedigung von einfachen und grundlegenden Wohnbedürfnissen genügt(BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 53/10 R - RdNr 19, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 36/09 R - RdNr 20). Wird - wie hier - zur Erfüllung des Wohnungserstausstattungsanspruchs vom Grundsicherungsträger die Leistungsart "Geldleistung" gewählt, so kann er diese auch in Form von Pauschalbeträgen erbringen (§ 23 Abs 3 Satz 5 SGB II). Insofern ist aber eine richterliche Plausibilitätskontrolle durchzuführen, ob bei deren Bemessung iS von § 23 Abs 3 Satz 6 SGB II geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte über die Kosten von Einrichtungsgegenständen zur Stützung der Pauschalbeträge berücksichtigt worden sind(BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 20 f).

26

Ob die vom VG zugrunde gelegte Verwaltungsanweisung der Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen in Bremen den genannten Anforderungen hinsichtlich des Umfangs der zu gewährenden Erstausstattung genügt und die festgesetzten Pauschalbeträge und Teilpauschalen, insbesondere für die regelmäßig von dem Einzelposten "Küchenausstattung" erfassten Haushaltsgeräte (Herd, Kühlschrank, Waschmaschine), hinreichend abgesichert sind, wird das LSG mithin prüfen müssen (vgl BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 21; vgl auch SG Bremen Beschlüsse vom 2.3.2010 - S 23 AS 257/10 ER und vom 28.5.2009 - S 23 AS 877/09 ER).

27

7. Der Rechtsstreit ist an das LSG Niedersachsen-Bremen zurückzuverweisen, obwohl das OVG der Freien Hansestadt Bremen "das Urteil erlassen" hat (vgl § 170 Abs 2 Satz 2 SGG am Ende). Die früheren §§ 50a ff SGG, nach denen aufgrund Landesrechts die Sozialgerichtsbarkeit in bestimmten sozialrechtlichen Materien durch besondere Spruchkörper der Verwaltungsgerichte ausgeübt wurde(eingeführt durch Gesetz vom 9.12.2004, BGBl I 3302), sind mit Wirkung vom 1.1.2009 aufgehoben. Die Übergangsregelung in § 206 Abs 2 SGG sieht vor, dass Verfahren, die am 1.1.2009 bei den besonderen Spruchkörpern der Verwaltungsgerichte anhängig sind, bei diesen anhängig bleiben und entsprechend der bisherigen Rechtslage fortgeführt werden; für Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung eines besonderen Spruchkörpers, die nach dem 31.12.2008 ergehen, ist jedoch das LSG zuständig. Dieser Grundsatz, die anhängigen Verfahren in den besonderen Spruchkörpern zu belassen, diese nach Abschluss der Instanz aber der üblichen Zuständigkeitsregelung zu unterwerfen, ist auch auf das zurückverwiesene Verfahren anwendbar (vgl bereits BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 132/10 R).

28

Das LSG wird ggf abschließend auch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden haben.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren als einmalige Leistung einen Zuschuss für Kosten der Kinderbekleidung.

2

Der am 2.2002 geborene Kläger und die am 3.2003 geborene Klägerin leben gemeinsam mit ihren Eltern sowie ihrem am 6.2006 geborenen Bruder K. in einem Haushalt. Sie bezogen ebenso wie ihre Eltern seit Februar 2005 (ihr Bruder seit seiner Geburt) Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zuletzt bewilligte ihnen die Beklagte für den Zeitraum 1.8.2006 bis 31.1.2007 Leistungen in Höhe von monatlich insgesamt 1423 Euro (Bescheid vom 13.7.2006). Der Leistungsbewilligung legte die Beklagte dabei jeweils einen Bedarf der Kläger zu 1 und 2 in Höhe von 304,60 Euro zu Grunde (207 Euro Regelleistung und 97,60 Euro für die anteiligen monatlichen Kosten der Unterkunft und Heizung).

3

Mit Schreiben vom 6.7.2006 beantragte die Mutter bei der Beklagten eine Beihilfe für Bekleidung als Erstausstattung für die Kläger. Die Kläger benötigten Kleidung in den Konfektionsgrößen 116 und 110, besäßen jedoch lediglich Garderobe in den Größen 104 und 98, die sie nicht weiter tragen könnten. Antrag und Widerspruch blieben ohne Erfolg (Bescheid vom 10.7.2006; Widerspruchsbescheid vom 10.8.2006).

4

Mit ihrer Klage zum Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen haben die Kläger die Gewährung eines einmaligen verlorenen Zuschusses in Höhe von insgesamt 448 Euro zur Beschaffung von Kinderkleidung begehrt. Der Kläger habe bereits eine Winterjacke für 25 Euro und zwei Paar Strumpfhosen für 15 Euro erhalten. Auch für die Klägerin würden für den Winter 2006/2007 eine Winterjacke (im Wert von 25 Euro) und zwei Paar Strumpfhosen (im Wert von 15 Euro) benötigt sowie für jedes Kind zwei Hosen (im Wert von 80 Euro), drei Pullover (im Wert von 90 Euro), drei T-Shirts (im Wert von 48 Euro), ein Satz Unterwäsche (im Wert von 50 Euro), ein Paar Schuhe (im Wert von 50 Euro), ein Paar Pantoffeln (im Wert von 20 Euro) sowie Mütze und Handschuhe (im Wert von 30 Euro).

5

Die Klage ist ohne Erfolg geblieben (Urteil vom 22.6.2007). Der allgemeine Bedarf, nämlich die Beschaffung von Kleidung, sei auch von Kindern aus deren Regelleistung zu bestreiten, wie die Aufzählung in § 20 Abs 1 SGB II deutlich mache. Auf § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II könne der Anspruch nicht gestützt werden. Der Begriff der Erstausstattung sei abzugrenzen von den Fällen des Erhaltungs- bzw Ergänzungsbedarfs, die vorlägen, wenn es sich nicht um eine erstmalige Ausstattung handele. Die Erstausstattung mit Bekleidung umfasse neben den im Gesetz genannten Ereignissen der Schwangerschaft und Geburt auch einen Bedarf bei Gesamtverlust (zB durch Wohnungsbrand) oder auf Grund "außergewöhnlicher Umstände" (BT-Drucks 15/1514 S 60). Zu den außergewöhnlichen Umständen zählten zB eine Gewichtszu- oder Gewichtsabnahme oder eine unzureichende Bekleidungsausstattung nach einer Haft oder Wohnungslosigkeit. Dass Kinder im Rahmen des Wachstums regelmäßig auf neue Kleidung angewiesen seien, stelle einen normalen, vom Gesetzgeber im Rahmen der Bemessung der Regelleistung berücksichtigten Umstand dar, der die Gewährung eines Mehrbedarfs auf Grund wachstumsbedingter Notwendigkeit der Beschaffung neuer Kleidung ausschließe. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Regelleistung nach § 20 SGB II oder des abschließenden Katalogs an einmaligen Leistungen in § 23 Abs 3 SGB II habe das Gericht nicht.Die Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat das LSG zurückgewiesen (Urteil vom 17.9.2008) und zur Begründung im Wesentlichen nach § 153 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Urteilsgründe des SG Bezug genommen.

6

Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger. Die Ausstattung eines Kindes mit Bekleidung nach einem Wachstumsschritt sei nicht von der Regelleistung nach § 28 Abs 1 SGB II iVm § 20 SGB II mit umfasst. In der pauschalen Regelleistung sei ein Anteil von 10 Prozent für die Anschaffung von Kleidung und Schuhen vorgesehen. Die Regelleistung entspreche der Höhe nach den Regelsätzen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) und sei damit auf Grund der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe festgesetzt worden. Mit der Datenerhebung sei jedoch ausschließlich der Bedarf eines alleinstehenden Erwachsenen ermittelt worden. Wegen des Bedarfs für Kinder unter 14 Jahren sei lediglich ein Abschlag von 40 Prozent erfolgt, ohne deren konkrete Situation in Blick zu nehmen. Insoweit sei die Regelleistung für Kinder verfassungswidrig. Unabhängig davon bestehe ein Anspruch auf Erstausstattung mit Bekleidung, bei dem es nicht darauf ankomme, ob er erstmals gewährt werden müsse. Es gehe im vorliegenden Fall nicht um einen Erhaltungsbedarf, der vorliegende Sachverhalt erfordere die Neuanschaffung der Kleidungsstücke. Ähnlich wie bei einer Gewichtszunahme bei Erwachsenen, die in der Gesetzesbegründung zu § 31 SGB XII als Beispiel für eine Erstausstattung genannt werde, gehe es nach jedem Wachstumsschritt um einen erstmaligen Bedarf in der neuen Konfektionsgröße, auf die bei der Bemessung der Regelsätze keine Rücksicht genommen worden sei. Die Gewährung eines Darlehens nach § 23 Abs 1 SGB II sei von den Klägern nicht beantragt worden, weil die Aufrechnung mit der Darlehensrückforderung - wie im Falle von wiederkehrenden Fahrkosten - zu "einer belastenden Hypothek für die Zukunft" werde.

7

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17.9.2008 und das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 22.6.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.8.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Klägern zusätzliche Leistungen nach dem SGB II in Form eines verlorenen Zuschusses für die Anschaffung von Kinderbekleidung in Höhe von insgesamt 448 Euro zu gewähren.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässigen Revisionen der Kläger sind unbegründet. Den Klägern stehen die geltend gemachten Kosten für Bekleidung nicht als einmalige Leistung zu.

11

1. Streitgegenstand sind ausschließlich die begehrten Leistungen für Kosten der Kinderbekleidung, die für den Winter 2006/2007 notwendig geworden ist. Bei dem Anspruch auf Leistungen für Erstausstattungen gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II, auf den die Kläger ihr Begehren ausschließlich stützen, handelt es sich um einen Individualanspruch desjenigen, der den entsprechenden Bedarf geltend macht. Gegenstand des Verfahrens sind der Bescheid vom 10.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.8.2006, mit dem der Träger der Grundsicherung eine von der Bewilligung der übrigen Leistungen für den Bewilligungsabschnitt vom 1.8.2006 bis 31.1.2007 gesonderte Entscheidung getroffen hat. Dieses Vorgehen des Trägers der Grundsicherung ist zwar nicht zwingend. Über den Anspruch auf Erstausstattung, der auch ohne ausdrückliche Antragstellung vom Antrag auf insgesamt bedarfsdeckende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den jeweiligen Bewilligungsabschnitt umfasst ist (vgl Urteil des Senats vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R), kann aber isoliert und unabhängig von den übrigen Grundsicherungsleistungen entschieden werden. Der Anspruch kann in der Folge isoliert gerichtlich geltend gemacht werden (zum Anspruch auf eine Erstausstattung für die Wohnung gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II vgl BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, jeweils RdNr 12 und BSG Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R, juris RdNr 9, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; zum Anspruch auf Gewährung von Kosten für Klassenfahrten BSGE 102, 68 = SozR 4-4300 § 23 Nr 1, jeweils RdNr 13). Deshalb war nicht zu überprüfen, ob die im Übrigen gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der Höhe nach richtig bemessen waren. Die Höhe der laufenden Regelleistungen für den Bewilligungsabschnitt, für den auch die Sonderbedarfe geltend gemacht werden, haben die Kläger nicht angegriffen. Der Bescheid vom 13.7.2006, den das LSG insoweit in seinem Urteil in Bezug genommen hat, ist bestandskräftig geworden.

12

Die Eltern der Kläger sind damit durch die angefochtenen Bescheide nicht in eigenen Rechten verletzt (§ 54 Abs 1 Satz 2 SGG) und haben die von ihnen ursprünglich geführten Revisionen auf entsprechenden Hinweis des Senats zurückgenommen. § 23 Abs 3 SGB II erfordert ein Vorgehen aller Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft nur für den Fall, dass einer Personenmehrheit weitergehende Ansprüche zustehen können als dem einzelnen Hilfebedürftigen (vgl BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, jeweils RdNr 11). Das ist bei der personenbezogenen Ausstattung mit Bekleidung nicht der Fall.

13

2. Zutreffend haben SG und LSG entschieden, dass die Voraussetzungen für einen von den Klägern als einmalige Leistung geltend gemachten Anspruch auf Erstausstattung wegen Bekleidung nicht vorliegen. Einen solchen Anspruch können sie weder aus § 23 Abs 3 Nr 2 SGB II (dazu unter a) noch aus Verfassungsrecht herleiten (dazu unter b).

14

Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG sind die Kläger leistungsberechtigt nach § 7 Abs 2 SGB II. Danach erhalten Leistungen auch Personen, die mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Die Eltern der Kläger sind erwerbsfähige Hilfebedürftige im Sinne des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II. Ihrem gemeinsamen Haushalt gehören ihre Kinder, die Kläger zu 1 und 2 sowie der am 6.2006 geborene Bruder, an (Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II), woraus sich deren Berechtigung auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Sozialgeld nach §§ 7 Abs 2, 28 Abs 1 SGB II) ableitet.

15

a) Gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II sind Leistungen für Erstausstattung für Bekleidung nicht von der Regelleistung umfasst und werden gemäß § 23 Abs 3 Satz 2 SGB II gesondert erbracht. Mit § 23 Abs 3 Satz 1 SGB II hat der Gesetzgeber normiert, dass trotz der grundsätzlichen Abgeltung auch einmaliger Bedarfe durch die Regelleistung bestimmte Bedarfe weiterhin gesondert gedeckt werden können. Es handelt sich dabei um spezielle Bedarfe, die erheblich vom durchschnittlichen Bedarf abweichen. § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II in der ab dem 1.8.2006 zur Anwendung kommenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende (vom 20.7.2006; BGBl I 1706) sieht einen Anspruch auf "Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt" vor.

16

Schon der Vergleich mit § 20 Abs 1 SGB II zeigt, dass § 23 Abs 3 SGB II bedarfsbezogen zu verstehen ist(vgl bereits BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, jeweils RdNr 19 und Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, juris RdNr 14). Entscheidend ist bezogen auf die Erstausstattung mit Bekleidung, ob auf Grund eines besonderen Umstandes erstmals ein Bedarf für die Ausstattung mit Bekleidung entsteht. Demgegenüber unterfallen die Kosten für die laufende Anschaffung und Instandhaltung der Kleidung ausdrücklich der Regelleistung. Zwar entsteht mit jedem Wachstumsschritt bei Kindern ein Bedarf für ein bestimmtes Kleidungsstück in einer bestimmten Größe "erstmalig". Gleichwohl gehört gerade bei Kindern die Notwendigkeit, Kleidungsstücke sowohl wegen des Wachstums als auch wegen des erhöhten Verschleißes in kurzen Zeitabschnitten zu ersetzen, zu dem regelmäßigen Bedarf. Die Ausstattung eines Kindes mit Bekleidung ist laufend, wenn auch in engeren zeitlichen Abständen als bei Erwachsenen zu ergänzen, je nachdem welches Kleidungsstück zu welchem Zeitpunkt von ihm nicht mehr getragen werden kann. Der wachstums- und verschleißbedingte besondere Aufwand, der hier im Unterschied zu Erwachsenen entsteht, ist als kindspezifischer, regelmäßiger Bedarf mit der Regelleistung abzudecken (Bender in Gagel, SGB III mit SGB II, Stand Juni 2009, § 23 SGB II RdNr 75; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 20 RdNr 54; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand März 2008, § 20 RdNr 36; O. Loose in Hohm, GK-SGB II, Stand November 2009, § 23 RdNr 40; aA Münder, LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 23 RdNr 35; differenzierend nach der allgemein üblichen Tragedauer Lang/Blüggel in Eicher/Spellbrink, aaO, § 23 RdNr 106; differenzierend im Hinblick auf ein "außergewöhnliches" Größenwachstum Behrend in JurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 23 RdNr 82; ähnlich auch Kohte in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 1. Aufl 2009, § 23 SGB II RdNr 15).

17

b) Die Kläger können den geltend gemachten Anspruch auch nicht aus Verfassungsrecht herleiten. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seiner Entscheidung vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09, NJW 2010, 505 = DVBl 2010, 314) zwar ua § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 1 1. Alt SGB II iVm § 20 Abs 1 SGB II für verfassungswidrig erklärt. Die Regelleistung für Kinder habe der Gesetzgeber von der Höhe der Regelleistung für Erwachsene abgeleitet, ohne zuvor den kindspezifischen Bedarf zu ermitteln. § 28 Abs 1 Satz 1 SGB II, wonach das Sozialgeld für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 60 vom Hundert der Regelleistung für einen alleinstehenden Erwachsenen beträgt, beruhe auf keiner vertretbaren Methode zur Bestimmung des Existenzminimums eines Kindes bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres. Das BVerfG hat aber dabei im Grundsatz die systematische Herleitung der Regelleistung nach einer Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe auf Grundlage des Statistikmodells nicht beanstandet und es ausdrücklich für zulässig erachtet, dass der Gesetzgeber die Leistung im Grundsatz als monatlichen Festbetrag gewährt und sich von dem unter Geltung des Bundessozialhilfegesetzes geltenden System der Bedarfsdeckung durch ein Zusammenspiel von laufenden und einer Vielzahl von einmaligen Leistungen gelöst hat (BVerfG, aaO, RdNr 205). Es hat auch bezogen auf die Regelleistung für Kinder nicht feststellen können, dass die gesetzlich festgesetzten Regelleistungen evident unzureichend sind (aaO, RdNr 155). Der Gesetzgeber ist lediglich verpflichtet, bis zum 31.12.2010 alle existenznotwendigen Aufwendungen folgerichtig in einem transparenten und sachgerechten Verfahren realitätsnah zu bemessen. Bis zu diesem Zeitpunkt ist § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 1 SGB II weiter anwendbar. Über den Wortlaut des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II hinaus sind die Leistungen für Kinder damit gegenwärtig nicht um einen einmaligen (etwa jährlich zu zahlenden) Betrag für den (regelmäßigen) Bekleidungsbedarf zu erhöhen (in diesem Sinne aber Münder, NZS 2008, 168, 171).

18

Auch soweit das BVerfG entschieden hat, dass der Gesetzgeber den typischen Bedarf zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums zwar durch einen monatlichen Festbetrag decken kann, es aber mit Art 1 Abs 1 Grundgesetz (GG) iVm Art 20 Abs 1 GG unvereinbar ist, dass eine Härtefallregelung fehlt, die einen Anspruch zur Deckung eines über den Regelbedarf hinausgehenden unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarf einräumt, folgt daraus ein Anspruch für die Kläger nicht. Dabei kann der Senat offen lassen, ob Leistungen zur Deckung eines solchen Bedarfs auch für Leistungszeiträume vor der Entscheidung des BVerfG in Betracht kommen (so BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 29/09 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, juris RdNr 34). Voraussetzung wäre jedenfalls, dass es sich um einen erheblich von dem durchschnittlichen Bedarf abweichenden Bedarf handelt. Eine solche Sondersituation, die gerade bei den Klägern (etwa aufgrund eines außergewöhnlichen Wachstumsschubes) im Unterschied zu anderen gleichaltrigen Kindern eingetreten ist, haben weder die Kläger geltend gemacht noch hat das LSG dies festgestellt. Bei kurzfristig entstehenden Bedarfsspitzen, die aus der laufenden Regelleistung nicht zu decken sind, kommt schließlich vorrangig die Gewährung eines Darlehens nach § 23 Abs 1 SGB II in Betracht, das die Kläger aber ausdrücklich nicht geltend machen. Anders als die Kläger meinen, hat das BVerfG die im Gesetz vorgesehene Tilgung eines solchen Darlehens durch Einbehaltung von 10 Prozent der Regelleistungen in § 23 Abs 1 Satz 3 SGB II nicht beanstandet(aaO, Rz 150).

19

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.

(1a) Der Regelbedarf wird in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches in Verbindung mit der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Soweit in diesem Buch auf einen Regelbedarf oder eine Regelbedarfsstufe verwiesen wird, ist auf den Betrag der für den jeweiligen Zeitraum geltenden Neuermittlung entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz abzustellen. In Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 des Zwölften Buches erfolgt, ist auf den Betrag abzustellen, der sich für den jeweiligen Zeitraum entsprechend der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches ergibt.

(2) Als Regelbedarf wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt. Für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft wird als Regelbedarf anerkannt:

1.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 4, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
2.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 in den übrigen Fällen.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Absatz 5 umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannte Betrag als Regelbedarf anzuerkennen.

(4) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anzuerkennen.

(5) (weggefallen)

Tatbestand

1

Die Kläger begehren als einmalige Leistung einen Zuschuss für Kosten der Kinderbekleidung.

2

Der am 2.2002 geborene Kläger und die am 3.2003 geborene Klägerin leben gemeinsam mit ihren Eltern sowie ihrem am 6.2006 geborenen Bruder K. in einem Haushalt. Sie bezogen ebenso wie ihre Eltern seit Februar 2005 (ihr Bruder seit seiner Geburt) Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zuletzt bewilligte ihnen die Beklagte für den Zeitraum 1.8.2006 bis 31.1.2007 Leistungen in Höhe von monatlich insgesamt 1423 Euro (Bescheid vom 13.7.2006). Der Leistungsbewilligung legte die Beklagte dabei jeweils einen Bedarf der Kläger zu 1 und 2 in Höhe von 304,60 Euro zu Grunde (207 Euro Regelleistung und 97,60 Euro für die anteiligen monatlichen Kosten der Unterkunft und Heizung).

3

Mit Schreiben vom 6.7.2006 beantragte die Mutter bei der Beklagten eine Beihilfe für Bekleidung als Erstausstattung für die Kläger. Die Kläger benötigten Kleidung in den Konfektionsgrößen 116 und 110, besäßen jedoch lediglich Garderobe in den Größen 104 und 98, die sie nicht weiter tragen könnten. Antrag und Widerspruch blieben ohne Erfolg (Bescheid vom 10.7.2006; Widerspruchsbescheid vom 10.8.2006).

4

Mit ihrer Klage zum Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen haben die Kläger die Gewährung eines einmaligen verlorenen Zuschusses in Höhe von insgesamt 448 Euro zur Beschaffung von Kinderkleidung begehrt. Der Kläger habe bereits eine Winterjacke für 25 Euro und zwei Paar Strumpfhosen für 15 Euro erhalten. Auch für die Klägerin würden für den Winter 2006/2007 eine Winterjacke (im Wert von 25 Euro) und zwei Paar Strumpfhosen (im Wert von 15 Euro) benötigt sowie für jedes Kind zwei Hosen (im Wert von 80 Euro), drei Pullover (im Wert von 90 Euro), drei T-Shirts (im Wert von 48 Euro), ein Satz Unterwäsche (im Wert von 50 Euro), ein Paar Schuhe (im Wert von 50 Euro), ein Paar Pantoffeln (im Wert von 20 Euro) sowie Mütze und Handschuhe (im Wert von 30 Euro).

5

Die Klage ist ohne Erfolg geblieben (Urteil vom 22.6.2007). Der allgemeine Bedarf, nämlich die Beschaffung von Kleidung, sei auch von Kindern aus deren Regelleistung zu bestreiten, wie die Aufzählung in § 20 Abs 1 SGB II deutlich mache. Auf § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II könne der Anspruch nicht gestützt werden. Der Begriff der Erstausstattung sei abzugrenzen von den Fällen des Erhaltungs- bzw Ergänzungsbedarfs, die vorlägen, wenn es sich nicht um eine erstmalige Ausstattung handele. Die Erstausstattung mit Bekleidung umfasse neben den im Gesetz genannten Ereignissen der Schwangerschaft und Geburt auch einen Bedarf bei Gesamtverlust (zB durch Wohnungsbrand) oder auf Grund "außergewöhnlicher Umstände" (BT-Drucks 15/1514 S 60). Zu den außergewöhnlichen Umständen zählten zB eine Gewichtszu- oder Gewichtsabnahme oder eine unzureichende Bekleidungsausstattung nach einer Haft oder Wohnungslosigkeit. Dass Kinder im Rahmen des Wachstums regelmäßig auf neue Kleidung angewiesen seien, stelle einen normalen, vom Gesetzgeber im Rahmen der Bemessung der Regelleistung berücksichtigten Umstand dar, der die Gewährung eines Mehrbedarfs auf Grund wachstumsbedingter Notwendigkeit der Beschaffung neuer Kleidung ausschließe. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Regelleistung nach § 20 SGB II oder des abschließenden Katalogs an einmaligen Leistungen in § 23 Abs 3 SGB II habe das Gericht nicht.Die Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat das LSG zurückgewiesen (Urteil vom 17.9.2008) und zur Begründung im Wesentlichen nach § 153 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Urteilsgründe des SG Bezug genommen.

6

Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger. Die Ausstattung eines Kindes mit Bekleidung nach einem Wachstumsschritt sei nicht von der Regelleistung nach § 28 Abs 1 SGB II iVm § 20 SGB II mit umfasst. In der pauschalen Regelleistung sei ein Anteil von 10 Prozent für die Anschaffung von Kleidung und Schuhen vorgesehen. Die Regelleistung entspreche der Höhe nach den Regelsätzen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) und sei damit auf Grund der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe festgesetzt worden. Mit der Datenerhebung sei jedoch ausschließlich der Bedarf eines alleinstehenden Erwachsenen ermittelt worden. Wegen des Bedarfs für Kinder unter 14 Jahren sei lediglich ein Abschlag von 40 Prozent erfolgt, ohne deren konkrete Situation in Blick zu nehmen. Insoweit sei die Regelleistung für Kinder verfassungswidrig. Unabhängig davon bestehe ein Anspruch auf Erstausstattung mit Bekleidung, bei dem es nicht darauf ankomme, ob er erstmals gewährt werden müsse. Es gehe im vorliegenden Fall nicht um einen Erhaltungsbedarf, der vorliegende Sachverhalt erfordere die Neuanschaffung der Kleidungsstücke. Ähnlich wie bei einer Gewichtszunahme bei Erwachsenen, die in der Gesetzesbegründung zu § 31 SGB XII als Beispiel für eine Erstausstattung genannt werde, gehe es nach jedem Wachstumsschritt um einen erstmaligen Bedarf in der neuen Konfektionsgröße, auf die bei der Bemessung der Regelsätze keine Rücksicht genommen worden sei. Die Gewährung eines Darlehens nach § 23 Abs 1 SGB II sei von den Klägern nicht beantragt worden, weil die Aufrechnung mit der Darlehensrückforderung - wie im Falle von wiederkehrenden Fahrkosten - zu "einer belastenden Hypothek für die Zukunft" werde.

7

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17.9.2008 und das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 22.6.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.8.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Klägern zusätzliche Leistungen nach dem SGB II in Form eines verlorenen Zuschusses für die Anschaffung von Kinderbekleidung in Höhe von insgesamt 448 Euro zu gewähren.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässigen Revisionen der Kläger sind unbegründet. Den Klägern stehen die geltend gemachten Kosten für Bekleidung nicht als einmalige Leistung zu.

11

1. Streitgegenstand sind ausschließlich die begehrten Leistungen für Kosten der Kinderbekleidung, die für den Winter 2006/2007 notwendig geworden ist. Bei dem Anspruch auf Leistungen für Erstausstattungen gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II, auf den die Kläger ihr Begehren ausschließlich stützen, handelt es sich um einen Individualanspruch desjenigen, der den entsprechenden Bedarf geltend macht. Gegenstand des Verfahrens sind der Bescheid vom 10.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.8.2006, mit dem der Träger der Grundsicherung eine von der Bewilligung der übrigen Leistungen für den Bewilligungsabschnitt vom 1.8.2006 bis 31.1.2007 gesonderte Entscheidung getroffen hat. Dieses Vorgehen des Trägers der Grundsicherung ist zwar nicht zwingend. Über den Anspruch auf Erstausstattung, der auch ohne ausdrückliche Antragstellung vom Antrag auf insgesamt bedarfsdeckende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den jeweiligen Bewilligungsabschnitt umfasst ist (vgl Urteil des Senats vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R), kann aber isoliert und unabhängig von den übrigen Grundsicherungsleistungen entschieden werden. Der Anspruch kann in der Folge isoliert gerichtlich geltend gemacht werden (zum Anspruch auf eine Erstausstattung für die Wohnung gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II vgl BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, jeweils RdNr 12 und BSG Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R, juris RdNr 9, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; zum Anspruch auf Gewährung von Kosten für Klassenfahrten BSGE 102, 68 = SozR 4-4300 § 23 Nr 1, jeweils RdNr 13). Deshalb war nicht zu überprüfen, ob die im Übrigen gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der Höhe nach richtig bemessen waren. Die Höhe der laufenden Regelleistungen für den Bewilligungsabschnitt, für den auch die Sonderbedarfe geltend gemacht werden, haben die Kläger nicht angegriffen. Der Bescheid vom 13.7.2006, den das LSG insoweit in seinem Urteil in Bezug genommen hat, ist bestandskräftig geworden.

12

Die Eltern der Kläger sind damit durch die angefochtenen Bescheide nicht in eigenen Rechten verletzt (§ 54 Abs 1 Satz 2 SGG) und haben die von ihnen ursprünglich geführten Revisionen auf entsprechenden Hinweis des Senats zurückgenommen. § 23 Abs 3 SGB II erfordert ein Vorgehen aller Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft nur für den Fall, dass einer Personenmehrheit weitergehende Ansprüche zustehen können als dem einzelnen Hilfebedürftigen (vgl BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, jeweils RdNr 11). Das ist bei der personenbezogenen Ausstattung mit Bekleidung nicht der Fall.

13

2. Zutreffend haben SG und LSG entschieden, dass die Voraussetzungen für einen von den Klägern als einmalige Leistung geltend gemachten Anspruch auf Erstausstattung wegen Bekleidung nicht vorliegen. Einen solchen Anspruch können sie weder aus § 23 Abs 3 Nr 2 SGB II (dazu unter a) noch aus Verfassungsrecht herleiten (dazu unter b).

14

Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG sind die Kläger leistungsberechtigt nach § 7 Abs 2 SGB II. Danach erhalten Leistungen auch Personen, die mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Die Eltern der Kläger sind erwerbsfähige Hilfebedürftige im Sinne des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II. Ihrem gemeinsamen Haushalt gehören ihre Kinder, die Kläger zu 1 und 2 sowie der am 6.2006 geborene Bruder, an (Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II), woraus sich deren Berechtigung auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Sozialgeld nach §§ 7 Abs 2, 28 Abs 1 SGB II) ableitet.

15

a) Gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II sind Leistungen für Erstausstattung für Bekleidung nicht von der Regelleistung umfasst und werden gemäß § 23 Abs 3 Satz 2 SGB II gesondert erbracht. Mit § 23 Abs 3 Satz 1 SGB II hat der Gesetzgeber normiert, dass trotz der grundsätzlichen Abgeltung auch einmaliger Bedarfe durch die Regelleistung bestimmte Bedarfe weiterhin gesondert gedeckt werden können. Es handelt sich dabei um spezielle Bedarfe, die erheblich vom durchschnittlichen Bedarf abweichen. § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II in der ab dem 1.8.2006 zur Anwendung kommenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende (vom 20.7.2006; BGBl I 1706) sieht einen Anspruch auf "Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt" vor.

16

Schon der Vergleich mit § 20 Abs 1 SGB II zeigt, dass § 23 Abs 3 SGB II bedarfsbezogen zu verstehen ist(vgl bereits BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, jeweils RdNr 19 und Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, juris RdNr 14). Entscheidend ist bezogen auf die Erstausstattung mit Bekleidung, ob auf Grund eines besonderen Umstandes erstmals ein Bedarf für die Ausstattung mit Bekleidung entsteht. Demgegenüber unterfallen die Kosten für die laufende Anschaffung und Instandhaltung der Kleidung ausdrücklich der Regelleistung. Zwar entsteht mit jedem Wachstumsschritt bei Kindern ein Bedarf für ein bestimmtes Kleidungsstück in einer bestimmten Größe "erstmalig". Gleichwohl gehört gerade bei Kindern die Notwendigkeit, Kleidungsstücke sowohl wegen des Wachstums als auch wegen des erhöhten Verschleißes in kurzen Zeitabschnitten zu ersetzen, zu dem regelmäßigen Bedarf. Die Ausstattung eines Kindes mit Bekleidung ist laufend, wenn auch in engeren zeitlichen Abständen als bei Erwachsenen zu ergänzen, je nachdem welches Kleidungsstück zu welchem Zeitpunkt von ihm nicht mehr getragen werden kann. Der wachstums- und verschleißbedingte besondere Aufwand, der hier im Unterschied zu Erwachsenen entsteht, ist als kindspezifischer, regelmäßiger Bedarf mit der Regelleistung abzudecken (Bender in Gagel, SGB III mit SGB II, Stand Juni 2009, § 23 SGB II RdNr 75; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 20 RdNr 54; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand März 2008, § 20 RdNr 36; O. Loose in Hohm, GK-SGB II, Stand November 2009, § 23 RdNr 40; aA Münder, LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 23 RdNr 35; differenzierend nach der allgemein üblichen Tragedauer Lang/Blüggel in Eicher/Spellbrink, aaO, § 23 RdNr 106; differenzierend im Hinblick auf ein "außergewöhnliches" Größenwachstum Behrend in JurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 23 RdNr 82; ähnlich auch Kohte in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 1. Aufl 2009, § 23 SGB II RdNr 15).

17

b) Die Kläger können den geltend gemachten Anspruch auch nicht aus Verfassungsrecht herleiten. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seiner Entscheidung vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09, NJW 2010, 505 = DVBl 2010, 314) zwar ua § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 1 1. Alt SGB II iVm § 20 Abs 1 SGB II für verfassungswidrig erklärt. Die Regelleistung für Kinder habe der Gesetzgeber von der Höhe der Regelleistung für Erwachsene abgeleitet, ohne zuvor den kindspezifischen Bedarf zu ermitteln. § 28 Abs 1 Satz 1 SGB II, wonach das Sozialgeld für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 60 vom Hundert der Regelleistung für einen alleinstehenden Erwachsenen beträgt, beruhe auf keiner vertretbaren Methode zur Bestimmung des Existenzminimums eines Kindes bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres. Das BVerfG hat aber dabei im Grundsatz die systematische Herleitung der Regelleistung nach einer Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe auf Grundlage des Statistikmodells nicht beanstandet und es ausdrücklich für zulässig erachtet, dass der Gesetzgeber die Leistung im Grundsatz als monatlichen Festbetrag gewährt und sich von dem unter Geltung des Bundessozialhilfegesetzes geltenden System der Bedarfsdeckung durch ein Zusammenspiel von laufenden und einer Vielzahl von einmaligen Leistungen gelöst hat (BVerfG, aaO, RdNr 205). Es hat auch bezogen auf die Regelleistung für Kinder nicht feststellen können, dass die gesetzlich festgesetzten Regelleistungen evident unzureichend sind (aaO, RdNr 155). Der Gesetzgeber ist lediglich verpflichtet, bis zum 31.12.2010 alle existenznotwendigen Aufwendungen folgerichtig in einem transparenten und sachgerechten Verfahren realitätsnah zu bemessen. Bis zu diesem Zeitpunkt ist § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 1 SGB II weiter anwendbar. Über den Wortlaut des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II hinaus sind die Leistungen für Kinder damit gegenwärtig nicht um einen einmaligen (etwa jährlich zu zahlenden) Betrag für den (regelmäßigen) Bekleidungsbedarf zu erhöhen (in diesem Sinne aber Münder, NZS 2008, 168, 171).

18

Auch soweit das BVerfG entschieden hat, dass der Gesetzgeber den typischen Bedarf zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums zwar durch einen monatlichen Festbetrag decken kann, es aber mit Art 1 Abs 1 Grundgesetz (GG) iVm Art 20 Abs 1 GG unvereinbar ist, dass eine Härtefallregelung fehlt, die einen Anspruch zur Deckung eines über den Regelbedarf hinausgehenden unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarf einräumt, folgt daraus ein Anspruch für die Kläger nicht. Dabei kann der Senat offen lassen, ob Leistungen zur Deckung eines solchen Bedarfs auch für Leistungszeiträume vor der Entscheidung des BVerfG in Betracht kommen (so BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 29/09 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, juris RdNr 34). Voraussetzung wäre jedenfalls, dass es sich um einen erheblich von dem durchschnittlichen Bedarf abweichenden Bedarf handelt. Eine solche Sondersituation, die gerade bei den Klägern (etwa aufgrund eines außergewöhnlichen Wachstumsschubes) im Unterschied zu anderen gleichaltrigen Kindern eingetreten ist, haben weder die Kläger geltend gemacht noch hat das LSG dies festgestellt. Bei kurzfristig entstehenden Bedarfsspitzen, die aus der laufenden Regelleistung nicht zu decken sind, kommt schließlich vorrangig die Gewährung eines Darlehens nach § 23 Abs 1 SGB II in Betracht, das die Kläger aber ausdrücklich nicht geltend machen. Anders als die Kläger meinen, hat das BVerfG die im Gesetz vorgesehene Tilgung eines solchen Darlehens durch Einbehaltung von 10 Prozent der Regelleistungen in § 23 Abs 1 Satz 3 SGB II nicht beanstandet(aaO, Rz 150).

19

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. April 2010 und des Sozialgerichts Hildesheim vom 22. Januar 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander in allen drei Rechtszügen keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von dem beklagten Landkreis Göttingen Leistungen für einen Fernseher im Rahmen der Erstausstattung einer Wohnung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II).

2

Der im Jahr 1970 geborene Kläger bezieht seit dem 17.7.2007 laufende Leistungen nach dem SGB II von dem beklagten Landkreis. Zunächst war er obdachlos; ab 15.8.2007 bezog er eine 17 qm große Ein-Zimmer-Wohnung in G . Er beantragte die Gewährung einer Erstausstattung für im Einzelnen aufgeführte Gegenstände, ua ein Fernsehgerät. Der Beklagte bewilligte für bestimmte Gegenstände einen Betrag von 506,50 Euro (Bescheid vom 8.8.2007) und einen Zuschuss für Gardinen in Höhe von 195,42 Euro (Bescheid vom 3.9.2007). Die Gewährung einer Beihilfe ua für einen Fernseher lehnte er ab (weiterer Bescheid vom 8.8.2007, Widerspruchsbescheid vom 29.11.2007).

3

Das Sozialgericht (SG) hat den Beklagten "verpflichtet, dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Erstausstattung mit einem Fernsehgerät zu gewähren" (Urteil vom 22.1.2009). Auf die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG geändert und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 8.8.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2007 "verurteilt, dem Kläger Geld- oder Sachleistungen für die Erstausstattung mit einem gebrauchten Fernsehgerät zu gewähren" (Urteil vom 27.4.2010). Zur Begründung hat das LSG im Wesentlichen ausgeführt: Gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II seien Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten nicht von der Regelleistung umfasst. Zur Begründung des wortgleichen § 31 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) sei auf § 21 Abs 1a Bundessozialhilfegesetz (BSHG) verwiesen worden, dessen Nr 6 auch Gebrauchsgüter von längerer Gebrauchsdauer umfasst habe, zu denen auch Haushaltsgegenstände und die Wohnungsausstattung gehört haben. Ein Fernsehgerät sei kein Haushaltsgerät iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II wie ein Herd oder eine Waschmaschine, es sei auch kein Einrichtungsgegenstand. Allerdings sei es ein "wohnraumbezogener Ausstattungsgegenstand", der Beziehungen zu Umwelt, Informationsdeckung und Teilhabe am kulturellen Leben ermögliche. Auch wenn ein Fernsehgerät im engeren Sinne nicht für eine geordnete Haushaltsführung erforderlich sei, gehöre es doch unter dem Aspekt der Üblichkeit selbst in unteren Einkommensgruppen zu einem an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientierten Wohnen. Die Einrichtung eines Zugangs für den Fernseh- und Radioempfang gehöre zu den üblichen Wohnstandards (Hinweis auf Bundessozialgericht Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 18). Die Ausstattungsdichte mit Fernsehgeräten betrage seit 1998 ca 93 Prozent auch in Haushalten von Arbeitslosen bzw 95 Prozent bezogen auf die Gesamtbevölkerung. Um eine Ausgrenzung zu verhindern und eine durch die Verweisung auf die Ansparleistung oder Darlehen drohende Bedarfsunterdeckung zu vermeiden, sei die Gewährung eines Fernsehgerätes im Rahmen der Erstausstattung erforderlich, wenn der Leistungsbezieher sich eines solchen - wie vorliegend - zur Informationsbeschaffung und Unterhaltung bedienen wolle. Es bestehe jedoch nur Anspruch auf Leistungen für ein gebrauchtes Gerät, da dies einem üblichen und sparsamen Verhalten entspreche. Das Urteil des SG sei zu ändern gewesen, da es im Ermessen des Beklagten stehe, ob er die Leistung als Geld- oder Sachleistung erbringen wolle.

4

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt der Beklagte die Verletzung materiellen Rechts: Ein Fernsehgerät sei kein Haushaltsgegenstand iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) habe nach dem BSHG ein Fernsehgerät zum Bedarf für den notwendigen Lebensunterhalt gehört. Hieraus könne aber nicht der Schluss gezogen werden, dass es auch zur Erstausstattung iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II gehöre, weil die unter dem BSHG gewährten einmaligen Leistungen durch die pauschalierte Regelleistung nach dem SGB II abgedeckt würden. Die Ausnahme in § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II erfasse nur die zum Wohnen erforderliche Erstausstattung, nicht aber ein Fernsehgerät. Auch unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten könne dem, der ein Fernsehgerät als Informationsquelle und Teilhabemöglichkeit am kulturellen Leben betrachte, ein solches nicht zusätzlich zur Regelleistung bewilligt werden, während anderen, die sich aus Zeitschriften, Büchern usw informierten oder sich Aufführungen im Theater anschauten, diese Leistungen aus ihrer Regelleistung erbringen müssten.

5

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. April 2010 und des Sozialgerichts Hildesheim vom 22. Januar 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält das angefochtene Urteil grundsätzlich für zutreffend. Zur Erstausstattung gehöre alles, was zum menschenwürdigen Leben unbedingt notwendig sei und daher auch ein Fernsehgerät einfacher Güte.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet. Die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27.4.2010 und des Sozialgerichts Hildesheim vom 22.1.2009 sind aufzuheben und die Klage abzuweisen, weil der Kläger im Rahmen der Erstausstattung seiner Wohnung keinen Anspruch auf ein gebrauchtes Fernsehgerät dem Grunde nach hat.

9

Bei dem vom Kläger begehrten Fernsehgerät als Teil der Erstausstattung seiner Wohnung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II handelt es sich um einen eigenständigen, abtrennbaren Streitgegenstand, über den isoliert und unabhängig von den übrigen Grundsicherungsleistungen entschieden werden kann(vgl nur BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 12, zuletzt Urteile des Senats vom 19.8.2010 - B 14 AS 10/09 R und B 14 AS 36/09 R).

10

Einer Sachentscheidung des Senats steht das als Klagevoraussetzung von Amts wegen zu prüfende Rechtsschutzbedürfnis nicht entgegen, auch wenn der Kläger nach dem Bezug der Wohnung in G wiederholt umgezogen ist. Ein Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben, wenn der Kläger mit seiner Anfechtungs- und Leistungsklage ein "berechtigtes Interesse" (vgl § 55 Abs 1 SGG am Ende) geltend macht und dieses nicht auf einfachere und schnellere Art und Weise zu erreichen ist (vgl nur BSGE 1, 246, 252 f; BSGE 82, 239 = SozR 3-2600 § 118 Nr 3). Das zur Zeit der Klageerhebung aufgrund der den Antrag des Klägers ablehnenden Verwaltungsentscheidung des Beklagten bestehende Rechtsschutzbedürfnis könnte allenfalls entfallen sein, wenn der Kläger zwischenzeitlich ein Fernsehgerät von dritter Seite erhalten hätte oder aufgrund anderer Umstände sich ein solcher Bedarf erledigt hätte (vgl Böttiger in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2009, § 54 RdNr 27 f). Derartiges ist dem vorliegenden Sachverhalt nicht zu entnehmen und der Kläger hat erklärt, dass er nach wie vor kein Fernsehgerät besitze und zwischenzeitlich auch keines besessen habe.

11

Der Kläger, der nach den Feststellungen des LSG dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II ist, hat wegen der Erstausstattung seiner am 15.8.2007 bezogenen Wohnung in G gegen den Beklagten keinen Anspruch auf ein gebrauchtes Fernsehgerät.

12

Als Anspruchsgrundlage hierfür kommt nur § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II idF vom 20.7.2006 in Betracht. Danach sind "Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten“ nicht von der Regelleistung umfasst; sie werden gesondert erbracht.

13

Mit § 23 Abs 3 Satz 1 SGB II hat der Gesetzgeber normiert, dass trotz der grundsätzlichen Abgeltung auch einmaliger Bedarfe durch die Regelleistung bestimmte Bedarfe weiterhin gesondert durch den Grundsicherungsträger zu erbringen sind. Der Anspruch nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II ist wie alle Leistungen des SGB II bedarfsbezogen zu verstehen(BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2). Entscheidend für die Auslegung des Begriffs der Erstausstattung ist, ob ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung besteht, der nicht bereits durch vorhandene Möbel und andere Einrichtungsgegenstände gedeckt ist. Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II sind, wie die zuständigen Senate des BSG übereinstimmend entschieden haben, für die Ausstattung mit wohnraumbezogenen Gegenständen zu erbringen, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichen(BSG aaO; zuletzt BSG vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 14).

14

Die Grundvoraussetzung für eine Erstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II ist nach den Feststellungen des LSG erfüllt, weil der Kläger vor seinem Einzug in die Wohnung obdachlos war und über keine Einrichtungsgegenstände verfügte.

15

Wie dem Wortlaut des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II und der bisher vom BSG verwandten Formulierung "Ausstattung mit wohnraumbezogenen Gegenständen, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Wohnverhältnisse orientiertes Wohnen ermöglichen," zu entnehmen ist, sind "Erstausstattungen für die Wohnung" nicht auf Haushaltsgeräte und Haushaltszubehör beschränkt, sondern schließen diese nur ein. Auch in der Literatur werden nahezu durchgängig neben die notwendigen Gegenstände für die Haushaltsführung die Gegenstände für ein menschenwürdiges Wohnen gestellt (vgl nur Bender in Gagel, SGB II, SGB III, Loseblatt, § 23 RdNr 63; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 23 RdNr 331; O. Loose in GK-SGB II, § 23 RdNr 38).

16

Die Wohnung oder Unterkunft - nach dem Sprachgebrauch des § 22 SGB II werden die Begriffe synonym verwandt - soll zwar nicht nur die Bedürfnisse nach Schutz vor Witterung und einer Gelegenheit zum Schlafen befriedigen, sondern auch die Unterbringung von Gegenständen aus dem persönlichen Lebensbereich ermöglichen(BSG vom 16.12.2008 - B 4 AS 1/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 14 RdNr 16) sowie die Führung eines Haushalts, wie sich aus der gesonderten Aufführung der Haushaltsgeräte in § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II ergibt. Andererseits werden die Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nur übernommen, soweit sie angemessen sind. Dies erfordert, dass die Unterkunft nach Lage, Ausstattung und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Standard aufweist (BSG vom 16.12.2008 - B 4 AS 1/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 14 RdNr 15 mwN). Von daher wird von dem Begriff "Wohnen" iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II nur die Befriedigung der grundlegenden Bedürfnisse Essen, Schlafen, Aufenthalt umfasst, nicht aber bestimmte Freizeitbeschäftigungen.

17

Hierfür spricht auch das oben schon angesprochene Verhältnis des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II als Sonderregelung zu der in § 20 SGB II kodifizierten Regelleistung, die grundsätzlich alle Bedarfe abdecken soll(vgl nur BT-Drucks 15/1516 S 56). Ergänzend ist auf die verschiedenen Abteilungen nach § 2 Abs 2 Regelsatzverordnung (RSV) hinzuweisen, in denen zwischen den Abteilungen 04 Wohnen, Energie, Wohnungsinstandhaltung und 05 Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände, die das Wohnen betreffen, und zB der Abteilung 09 Freizeit, Unterhaltung und Kultur unterschieden wird.

18

Eine Abgrenzung der Erstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II zu dem von der Regelleistung nach § 20 SGB II umfassten unabweisbaren Bedarf nach § 23 Abs 1 SGB II ist notwendig, weil die Erstausstattung als Beihilfe, während der Bedarf nach § 23 Abs 1 als Darlehen erbracht wird. Diese Abgrenzung kann entgegen der Auffassung des LSG nicht in Anlehnung an den früheren § 21 Abs 1a BSHG erfolgen, weil zB eine Waschmaschine zur Erstausstattung einer Wohnung gehören kann(vgl BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 18), aber auch ein Teil der Regelleistung ist. Die Ausführungen in der Gesetzesbegründung zu dem § 23 Abs 3 SGB II entsprechenden § 32 Abs 1 SGB XII: "Die Vorschrift regelt diejenigen bisherigen einmaligen Leistungen im Sinne des bisherigen § 21 Abs 1a des Bundessozialhilfegesetzes, die nicht in den Regelsatz einbezogen werden." (BT-Drucks 15/1514 S 60) können in Verbindung mit dem Gesetzestext nur in Bezug auf die spezifische Situation Erstausstattung einer Wohnung verstanden werden, womit es entscheidend auf den obigen Begriff des Wohnens ankommt.

19

Aus dem Adjektiv „menschenwürdig“ in Verbindung mit dem Begriff Wohnen kann nichts anderes hergeleitet werden, wie auch durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9.2.2010 über das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums bestätigt wird. Dieses Grundrecht umfasst zwar nicht nur die physische Existenz des Menschen, also Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit, sondern auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilnahme am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben; sein Umfang hängt ua von den jeweiligen wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten ab und ist entsprechend der sozialen Wirklichkeit zeit- und realitätsgerecht zu bestimmen (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 41 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175 ff, RdNr 135, 138). Es unterscheidet aber zwischen diesen verschiedenen Bedürfnissen, wie zB der hier umstrittenen Erstausstattung für eine Wohnung bzw Unterkunft und anderen Bedürfnissen, wie der Teilnahme am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben.

20

Ausgehend von diesen Voraussetzungen besteht kein Anspruch auf ein Fernsehgerät im Rahmen der Erstausstattung einer Wohnung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Aus den entgegenstehenden Aussagen in Teilen der instanzgerichtlichen Rechtsprechung (vgl neben dem hier angefochtenen Urteil: LSG Berlin-Brandenburg vom 7.10.2009 - L 18 AS 2221/07 - RdNr 19; Schleswig-Holsteinisches LSG vom 9.12.2009 - L 9 SO 5/09; SG Frankfurt am Main vom 28.5.2009 - S 17 AS 388/06 - und - S 17 AS 87/08 -) und der Literatur (Bender in Gagel, SGB II, SGB III, § 23 RdNr 64; O. Loose in GK-SGB II, § 23 RdNr 38.1; Mrozynski, Grundsicherung und Sozialhilfe, Loseblatt, II.8.81; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 23 RdNr 352; Münder in Lehr- und Praxiskommentar SGB II, 3. Aufl 2009, § 23 RdNr 30; Wieland in Estelmann, SGB II, § 23 RdNr 32) folgt nichts anderes.

21

Denn eine Begründung, warum ein Fernsehgerät Teil der Erstausstattung einer Wohnung ist und dem Bedürfnis "Wohnen“ dient und nicht nur ein in über 90 % aller Wohnungen anzutreffender Gegenstand ist, der anderen Zwecken dient, wird weder in der genannten Rechtsprechung noch Literatur angeführt. Um Teil der Erstausstattung einer Wohnung zu sein, genügt es - entgegen dem LSG - gerade nicht, dass es sich um einen "wohnraumbezogenen Ausstattungsgegenstand" handelt, der Beziehungen zu Umwelt, Informationsdeckung und Teilhabe am kulturellen Leben ermöglicht. Denn ein Fernsehgerät dient - selbst unter dem Aspekt der Üblichkeit in unteren Einkommensgruppen - nicht einem an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientierten "Wohnen“ iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II, sondern der Befriedigung von Unterhaltungs- und Informationsbedürfnissen.

22

Die mangelnde Unterscheidung zwischen dem Bedarf an einer Erstausstattung für Wohnung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II und anderen existenziellen Bedürfnissen liegt auch den Überlegungen des LSG zugrunde, wenn es die Gewährung eines Fernsehgerätes mit der Verhinderung einer Ausgrenzung und der Vermeidung einer Bedarfsunterdeckung begründen will. Denn mit der Verneinung eines Anspruchs auf ein Fernsehgerät im Rahmen der Erstausstattung wird keine Aussage über einen Anspruch auf ein solches Gerät nach § 23 Abs 1 SGB II als Darlehen getroffen.

23

Diese Entscheidung steht nicht im Widerspruch zum Urteil des 4. Senats des BSG vom 19.2.2009, der im Rahmen eines Rechtsstreits über die Höhe der Kosten der Unterkunft und die Übernahme der Kosten für einen Breitbandkabelanschluss ausgeführt hat: "Fernsehen und Radiohören gehören heute zu den in allen Gesellschaftsschichten standardmäßig genutzten Informationsquellen. Rund 36 Millionen Haushalte haben zu Hause Fernsehen, was einer Ausstattung von 95 Prozent der Bevölkerung Deutschlands entspricht (vgl …). Die Einrichtung eines Zugangs hierzu ist üblicher Wohnstandard, dem sich der Mieter in den seltensten Fällen entziehen kann …" (BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 18). Die Kosten wurden nicht übernommen, weil Fernsehen ein Teil des Wohnens ist, sondern weil ohne Übernahme dieser Kosten ggf keine Wohnung zu finden ist und sie damit angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II sind.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. April 2010 und des Sozialgerichts Hildesheim vom 22. Januar 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander in allen drei Rechtszügen keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von dem beklagten Landkreis Göttingen Leistungen für einen Fernseher im Rahmen der Erstausstattung einer Wohnung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II).

2

Der im Jahr 1970 geborene Kläger bezieht seit dem 17.7.2007 laufende Leistungen nach dem SGB II von dem beklagten Landkreis. Zunächst war er obdachlos; ab 15.8.2007 bezog er eine 17 qm große Ein-Zimmer-Wohnung in G . Er beantragte die Gewährung einer Erstausstattung für im Einzelnen aufgeführte Gegenstände, ua ein Fernsehgerät. Der Beklagte bewilligte für bestimmte Gegenstände einen Betrag von 506,50 Euro (Bescheid vom 8.8.2007) und einen Zuschuss für Gardinen in Höhe von 195,42 Euro (Bescheid vom 3.9.2007). Die Gewährung einer Beihilfe ua für einen Fernseher lehnte er ab (weiterer Bescheid vom 8.8.2007, Widerspruchsbescheid vom 29.11.2007).

3

Das Sozialgericht (SG) hat den Beklagten "verpflichtet, dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Erstausstattung mit einem Fernsehgerät zu gewähren" (Urteil vom 22.1.2009). Auf die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG geändert und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 8.8.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2007 "verurteilt, dem Kläger Geld- oder Sachleistungen für die Erstausstattung mit einem gebrauchten Fernsehgerät zu gewähren" (Urteil vom 27.4.2010). Zur Begründung hat das LSG im Wesentlichen ausgeführt: Gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II seien Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten nicht von der Regelleistung umfasst. Zur Begründung des wortgleichen § 31 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) sei auf § 21 Abs 1a Bundessozialhilfegesetz (BSHG) verwiesen worden, dessen Nr 6 auch Gebrauchsgüter von längerer Gebrauchsdauer umfasst habe, zu denen auch Haushaltsgegenstände und die Wohnungsausstattung gehört haben. Ein Fernsehgerät sei kein Haushaltsgerät iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II wie ein Herd oder eine Waschmaschine, es sei auch kein Einrichtungsgegenstand. Allerdings sei es ein "wohnraumbezogener Ausstattungsgegenstand", der Beziehungen zu Umwelt, Informationsdeckung und Teilhabe am kulturellen Leben ermögliche. Auch wenn ein Fernsehgerät im engeren Sinne nicht für eine geordnete Haushaltsführung erforderlich sei, gehöre es doch unter dem Aspekt der Üblichkeit selbst in unteren Einkommensgruppen zu einem an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientierten Wohnen. Die Einrichtung eines Zugangs für den Fernseh- und Radioempfang gehöre zu den üblichen Wohnstandards (Hinweis auf Bundessozialgericht Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 18). Die Ausstattungsdichte mit Fernsehgeräten betrage seit 1998 ca 93 Prozent auch in Haushalten von Arbeitslosen bzw 95 Prozent bezogen auf die Gesamtbevölkerung. Um eine Ausgrenzung zu verhindern und eine durch die Verweisung auf die Ansparleistung oder Darlehen drohende Bedarfsunterdeckung zu vermeiden, sei die Gewährung eines Fernsehgerätes im Rahmen der Erstausstattung erforderlich, wenn der Leistungsbezieher sich eines solchen - wie vorliegend - zur Informationsbeschaffung und Unterhaltung bedienen wolle. Es bestehe jedoch nur Anspruch auf Leistungen für ein gebrauchtes Gerät, da dies einem üblichen und sparsamen Verhalten entspreche. Das Urteil des SG sei zu ändern gewesen, da es im Ermessen des Beklagten stehe, ob er die Leistung als Geld- oder Sachleistung erbringen wolle.

4

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt der Beklagte die Verletzung materiellen Rechts: Ein Fernsehgerät sei kein Haushaltsgegenstand iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) habe nach dem BSHG ein Fernsehgerät zum Bedarf für den notwendigen Lebensunterhalt gehört. Hieraus könne aber nicht der Schluss gezogen werden, dass es auch zur Erstausstattung iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II gehöre, weil die unter dem BSHG gewährten einmaligen Leistungen durch die pauschalierte Regelleistung nach dem SGB II abgedeckt würden. Die Ausnahme in § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II erfasse nur die zum Wohnen erforderliche Erstausstattung, nicht aber ein Fernsehgerät. Auch unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten könne dem, der ein Fernsehgerät als Informationsquelle und Teilhabemöglichkeit am kulturellen Leben betrachte, ein solches nicht zusätzlich zur Regelleistung bewilligt werden, während anderen, die sich aus Zeitschriften, Büchern usw informierten oder sich Aufführungen im Theater anschauten, diese Leistungen aus ihrer Regelleistung erbringen müssten.

5

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. April 2010 und des Sozialgerichts Hildesheim vom 22. Januar 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält das angefochtene Urteil grundsätzlich für zutreffend. Zur Erstausstattung gehöre alles, was zum menschenwürdigen Leben unbedingt notwendig sei und daher auch ein Fernsehgerät einfacher Güte.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet. Die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27.4.2010 und des Sozialgerichts Hildesheim vom 22.1.2009 sind aufzuheben und die Klage abzuweisen, weil der Kläger im Rahmen der Erstausstattung seiner Wohnung keinen Anspruch auf ein gebrauchtes Fernsehgerät dem Grunde nach hat.

9

Bei dem vom Kläger begehrten Fernsehgerät als Teil der Erstausstattung seiner Wohnung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II handelt es sich um einen eigenständigen, abtrennbaren Streitgegenstand, über den isoliert und unabhängig von den übrigen Grundsicherungsleistungen entschieden werden kann(vgl nur BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 12, zuletzt Urteile des Senats vom 19.8.2010 - B 14 AS 10/09 R und B 14 AS 36/09 R).

10

Einer Sachentscheidung des Senats steht das als Klagevoraussetzung von Amts wegen zu prüfende Rechtsschutzbedürfnis nicht entgegen, auch wenn der Kläger nach dem Bezug der Wohnung in G wiederholt umgezogen ist. Ein Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben, wenn der Kläger mit seiner Anfechtungs- und Leistungsklage ein "berechtigtes Interesse" (vgl § 55 Abs 1 SGG am Ende) geltend macht und dieses nicht auf einfachere und schnellere Art und Weise zu erreichen ist (vgl nur BSGE 1, 246, 252 f; BSGE 82, 239 = SozR 3-2600 § 118 Nr 3). Das zur Zeit der Klageerhebung aufgrund der den Antrag des Klägers ablehnenden Verwaltungsentscheidung des Beklagten bestehende Rechtsschutzbedürfnis könnte allenfalls entfallen sein, wenn der Kläger zwischenzeitlich ein Fernsehgerät von dritter Seite erhalten hätte oder aufgrund anderer Umstände sich ein solcher Bedarf erledigt hätte (vgl Böttiger in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2009, § 54 RdNr 27 f). Derartiges ist dem vorliegenden Sachverhalt nicht zu entnehmen und der Kläger hat erklärt, dass er nach wie vor kein Fernsehgerät besitze und zwischenzeitlich auch keines besessen habe.

11

Der Kläger, der nach den Feststellungen des LSG dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II ist, hat wegen der Erstausstattung seiner am 15.8.2007 bezogenen Wohnung in G gegen den Beklagten keinen Anspruch auf ein gebrauchtes Fernsehgerät.

12

Als Anspruchsgrundlage hierfür kommt nur § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II idF vom 20.7.2006 in Betracht. Danach sind "Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten“ nicht von der Regelleistung umfasst; sie werden gesondert erbracht.

13

Mit § 23 Abs 3 Satz 1 SGB II hat der Gesetzgeber normiert, dass trotz der grundsätzlichen Abgeltung auch einmaliger Bedarfe durch die Regelleistung bestimmte Bedarfe weiterhin gesondert durch den Grundsicherungsträger zu erbringen sind. Der Anspruch nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II ist wie alle Leistungen des SGB II bedarfsbezogen zu verstehen(BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2). Entscheidend für die Auslegung des Begriffs der Erstausstattung ist, ob ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung besteht, der nicht bereits durch vorhandene Möbel und andere Einrichtungsgegenstände gedeckt ist. Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II sind, wie die zuständigen Senate des BSG übereinstimmend entschieden haben, für die Ausstattung mit wohnraumbezogenen Gegenständen zu erbringen, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichen(BSG aaO; zuletzt BSG vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 14).

14

Die Grundvoraussetzung für eine Erstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II ist nach den Feststellungen des LSG erfüllt, weil der Kläger vor seinem Einzug in die Wohnung obdachlos war und über keine Einrichtungsgegenstände verfügte.

15

Wie dem Wortlaut des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II und der bisher vom BSG verwandten Formulierung "Ausstattung mit wohnraumbezogenen Gegenständen, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Wohnverhältnisse orientiertes Wohnen ermöglichen," zu entnehmen ist, sind "Erstausstattungen für die Wohnung" nicht auf Haushaltsgeräte und Haushaltszubehör beschränkt, sondern schließen diese nur ein. Auch in der Literatur werden nahezu durchgängig neben die notwendigen Gegenstände für die Haushaltsführung die Gegenstände für ein menschenwürdiges Wohnen gestellt (vgl nur Bender in Gagel, SGB II, SGB III, Loseblatt, § 23 RdNr 63; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 23 RdNr 331; O. Loose in GK-SGB II, § 23 RdNr 38).

16

Die Wohnung oder Unterkunft - nach dem Sprachgebrauch des § 22 SGB II werden die Begriffe synonym verwandt - soll zwar nicht nur die Bedürfnisse nach Schutz vor Witterung und einer Gelegenheit zum Schlafen befriedigen, sondern auch die Unterbringung von Gegenständen aus dem persönlichen Lebensbereich ermöglichen(BSG vom 16.12.2008 - B 4 AS 1/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 14 RdNr 16) sowie die Führung eines Haushalts, wie sich aus der gesonderten Aufführung der Haushaltsgeräte in § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II ergibt. Andererseits werden die Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nur übernommen, soweit sie angemessen sind. Dies erfordert, dass die Unterkunft nach Lage, Ausstattung und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Standard aufweist (BSG vom 16.12.2008 - B 4 AS 1/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 14 RdNr 15 mwN). Von daher wird von dem Begriff "Wohnen" iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II nur die Befriedigung der grundlegenden Bedürfnisse Essen, Schlafen, Aufenthalt umfasst, nicht aber bestimmte Freizeitbeschäftigungen.

17

Hierfür spricht auch das oben schon angesprochene Verhältnis des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II als Sonderregelung zu der in § 20 SGB II kodifizierten Regelleistung, die grundsätzlich alle Bedarfe abdecken soll(vgl nur BT-Drucks 15/1516 S 56). Ergänzend ist auf die verschiedenen Abteilungen nach § 2 Abs 2 Regelsatzverordnung (RSV) hinzuweisen, in denen zwischen den Abteilungen 04 Wohnen, Energie, Wohnungsinstandhaltung und 05 Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände, die das Wohnen betreffen, und zB der Abteilung 09 Freizeit, Unterhaltung und Kultur unterschieden wird.

18

Eine Abgrenzung der Erstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II zu dem von der Regelleistung nach § 20 SGB II umfassten unabweisbaren Bedarf nach § 23 Abs 1 SGB II ist notwendig, weil die Erstausstattung als Beihilfe, während der Bedarf nach § 23 Abs 1 als Darlehen erbracht wird. Diese Abgrenzung kann entgegen der Auffassung des LSG nicht in Anlehnung an den früheren § 21 Abs 1a BSHG erfolgen, weil zB eine Waschmaschine zur Erstausstattung einer Wohnung gehören kann(vgl BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 18), aber auch ein Teil der Regelleistung ist. Die Ausführungen in der Gesetzesbegründung zu dem § 23 Abs 3 SGB II entsprechenden § 32 Abs 1 SGB XII: "Die Vorschrift regelt diejenigen bisherigen einmaligen Leistungen im Sinne des bisherigen § 21 Abs 1a des Bundessozialhilfegesetzes, die nicht in den Regelsatz einbezogen werden." (BT-Drucks 15/1514 S 60) können in Verbindung mit dem Gesetzestext nur in Bezug auf die spezifische Situation Erstausstattung einer Wohnung verstanden werden, womit es entscheidend auf den obigen Begriff des Wohnens ankommt.

19

Aus dem Adjektiv „menschenwürdig“ in Verbindung mit dem Begriff Wohnen kann nichts anderes hergeleitet werden, wie auch durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9.2.2010 über das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums bestätigt wird. Dieses Grundrecht umfasst zwar nicht nur die physische Existenz des Menschen, also Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit, sondern auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilnahme am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben; sein Umfang hängt ua von den jeweiligen wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten ab und ist entsprechend der sozialen Wirklichkeit zeit- und realitätsgerecht zu bestimmen (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 41 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175 ff, RdNr 135, 138). Es unterscheidet aber zwischen diesen verschiedenen Bedürfnissen, wie zB der hier umstrittenen Erstausstattung für eine Wohnung bzw Unterkunft und anderen Bedürfnissen, wie der Teilnahme am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben.

20

Ausgehend von diesen Voraussetzungen besteht kein Anspruch auf ein Fernsehgerät im Rahmen der Erstausstattung einer Wohnung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Aus den entgegenstehenden Aussagen in Teilen der instanzgerichtlichen Rechtsprechung (vgl neben dem hier angefochtenen Urteil: LSG Berlin-Brandenburg vom 7.10.2009 - L 18 AS 2221/07 - RdNr 19; Schleswig-Holsteinisches LSG vom 9.12.2009 - L 9 SO 5/09; SG Frankfurt am Main vom 28.5.2009 - S 17 AS 388/06 - und - S 17 AS 87/08 -) und der Literatur (Bender in Gagel, SGB II, SGB III, § 23 RdNr 64; O. Loose in GK-SGB II, § 23 RdNr 38.1; Mrozynski, Grundsicherung und Sozialhilfe, Loseblatt, II.8.81; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 23 RdNr 352; Münder in Lehr- und Praxiskommentar SGB II, 3. Aufl 2009, § 23 RdNr 30; Wieland in Estelmann, SGB II, § 23 RdNr 32) folgt nichts anderes.

21

Denn eine Begründung, warum ein Fernsehgerät Teil der Erstausstattung einer Wohnung ist und dem Bedürfnis "Wohnen“ dient und nicht nur ein in über 90 % aller Wohnungen anzutreffender Gegenstand ist, der anderen Zwecken dient, wird weder in der genannten Rechtsprechung noch Literatur angeführt. Um Teil der Erstausstattung einer Wohnung zu sein, genügt es - entgegen dem LSG - gerade nicht, dass es sich um einen "wohnraumbezogenen Ausstattungsgegenstand" handelt, der Beziehungen zu Umwelt, Informationsdeckung und Teilhabe am kulturellen Leben ermöglicht. Denn ein Fernsehgerät dient - selbst unter dem Aspekt der Üblichkeit in unteren Einkommensgruppen - nicht einem an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientierten "Wohnen“ iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II, sondern der Befriedigung von Unterhaltungs- und Informationsbedürfnissen.

22

Die mangelnde Unterscheidung zwischen dem Bedarf an einer Erstausstattung für Wohnung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II und anderen existenziellen Bedürfnissen liegt auch den Überlegungen des LSG zugrunde, wenn es die Gewährung eines Fernsehgerätes mit der Verhinderung einer Ausgrenzung und der Vermeidung einer Bedarfsunterdeckung begründen will. Denn mit der Verneinung eines Anspruchs auf ein Fernsehgerät im Rahmen der Erstausstattung wird keine Aussage über einen Anspruch auf ein solches Gerät nach § 23 Abs 1 SGB II als Darlehen getroffen.

23

Diese Entscheidung steht nicht im Widerspruch zum Urteil des 4. Senats des BSG vom 19.2.2009, der im Rahmen eines Rechtsstreits über die Höhe der Kosten der Unterkunft und die Übernahme der Kosten für einen Breitbandkabelanschluss ausgeführt hat: "Fernsehen und Radiohören gehören heute zu den in allen Gesellschaftsschichten standardmäßig genutzten Informationsquellen. Rund 36 Millionen Haushalte haben zu Hause Fernsehen, was einer Ausstattung von 95 Prozent der Bevölkerung Deutschlands entspricht (vgl …). Die Einrichtung eines Zugangs hierzu ist üblicher Wohnstandard, dem sich der Mieter in den seltensten Fällen entziehen kann …" (BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 18). Die Kosten wurden nicht übernommen, weil Fernsehen ein Teil des Wohnens ist, sondern weil ohne Übernahme dieser Kosten ggf keine Wohnung zu finden ist und sie damit angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II sind.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 21. April 2010 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob und ggf in welcher Höhe die Klägerin einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine Wohnungserstausstattung hat.

2

Die 1973 geborene Klägerin arbeitete seit 1999 für die Firma S Wegen eines Wechsels ihres Arbeitgebers nach Spanien im Jahre 2003 entschloss sie sich, dort für ihn tätig zu werden und zog - mit Übernahme der Transportkosten durch den Arbeitgeber - mit ihrem gesamten Hausstand in eine von diesem angemietete Wohnung in S/Mallorca. Zum 15.4.2006 kündigte der Arbeitgeber ihr aus wirtschaftlichen Gründen. Die Klägerin erhielt nach ihrer Rückkehr nach Bremen von dem Beklagten ab 20.4.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

3

Den Antrag auf Erstausstattung einer Wohnung vom 10.9.2006 begründete die Klägerin damit, dass ihr Arbeitgeber ihr angeboten habe, die Möbel und den gesamten Haushalt in Spanien einzulagern. Als sie ihm telefonisch mitgeteilt habe, dass sie zum 1.10.2006 den gesamten Hausstand benötige, habe er ihr gesagt, dass die ganzen Möbel "weg seien". Sie besitze nur noch einen "Koffer mit Klamotten". Der Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 18.9.2006; Widerspruchsbescheid vom 11.10.2006).

4

Das VG Bremen hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und den Beklagten entsprechend dem Klageantrag verurteilt, der Klägerin für eine Erstausstattung 1003,90 Euro zu gewähren (Urteil vom 13.12.2007). Die Klägerin habe einen Anspruch auf Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten, weil sie ohne eigenen Hausrat sei. Zur Überzeugung der Kammer habe sie einen eigenen Haushalt in Spanien gehabt, der untergegangen sei. Der Anspruch werde nicht dadurch ausgeschlossen, dass sie den Verlust des Hausstandes nicht bei der spanischen Polizei angezeigt und keine zivilrechtlichen Schritte gegen den Arbeitgeber eingeleitet habe. Auch der Umstand, dass die Klägerin sich in der Zwischenzeit von einer Freundin Möbel geliehen habe, schließe den Anspruch nicht aus. Der Beklagte habe die Höhe der Wohnungserstausstattung nach seinen Verwaltungsanweisungen zu § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II auf 1003,90 Euro pauschaliert.

5

Auf die Berufung des Beklagten hat das OVG Bremen das Urteil des VG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 21.4.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht ausgeführt, eine Ersatzbeschaffung für eine Wohnungsausstattung komme nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht, etwa bei Zerstörung einer Wohnung durch Brand oder bei längerer Haft. Ein vergleichbarer Ausnahmefall könne indes unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falls nicht angenommen werden. Selbst wenn man der Klägerin den Verlust ihrer Wohnungseinrichtung in Spanien "abnehme", scheide die Gewährung von Sozialleistungen für eine (erneute) Wohnungserstausstattung aus, weil sie den Verlust durch fahrlässiges Verhalten mit zu verantworten und nicht das ihr Zumutbare unternommen habe, um den (vollständigen und ersatzlosen) Verlust abzuwenden. Angesichts der Veränderung in den wirtschaftlichen Verhältnissen ihres Arbeitgebers habe sie nicht damit rechnen dürfen, dass ihr Arbeitgeber für den Rücktransport der Möbel in gleicher Weise wie für den Hintransport sorge. Unabhängig hiervon sei es von ihr fahrlässig gewesen, den Hausstand einschließlich aller persönlichen Dinge in der beschriebenen Art in einer von dem Arbeitgeber angemieteten Garage unterzustellen und dort für längere Zeit zu lagern. Selbstständig tragend komme hinzu, dass die Klägerin nichts unternommen habe, nachdem ihr früherer Arbeitgeber ihr mitgeteilt habe, dass die Möbel verschwunden seien. Es sei ihr ohne Weiteres zuzumuten gewesen, die notwendigen Erkundigungen einzuholen (zB bei einem spanischen Konsulat) und sodann weitere Schritte einzuleiten, wie etwa eine Kontaktaufnahme mit dem Vermieter ihres früheren Arbeitgebers und die Aufgabe einer Strafanzeige bei der spanischen Polizei.

6

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Das BSG habe bereits entschieden, dass der Anspruch nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II bedarfsbezogen zu verstehen sei. Entscheidend sei, ob ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung bestehe, der nicht bereits durch vorhandene Möbel und Einrichtungsgegenstände gedeckt sei. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG und der Motive des Gesetzgebers liege hier ein Ausnahmefall vor, in dem wegen des Untergangs des vorhandenen Mobiliars von einer "Erstausstattung" auszugehen sei. Da der Beklagte nach dem Inhalt der Verwaltungsanweisungen in Bremen stets Pauschalen bewillige, belaufe sich der zuzusprechende Geldbetrag auf 1003,90 Euro. Unabhängig von seinem Vorliegen führe das vom Berufungsgericht festgestellte fahrlässige Verhalten nicht zu einem Wegfall des Anspruchs. Insofern habe das BSG bereits betont, dass eine "Verwirkung" des Anspruchs auf Erstausstattung - entsprechend den Voraussetzungen des § 34 Abs 1 SGB II - nur bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Verhalten möglich sei(Hinweis auf BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5).

7

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 21. April 2010 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 13. Dezember 2007 zurückzuweisen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

9

Er nimmt auf die Begründung des Berufungsurteils Bezug.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des OVG und Zurückverweisung des Rechtsstreits zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG Niedersachsen-Bremen begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

11

1. Streitgegenstand ist allein ein Anspruch der Klägerin auf Leistungen für die Wohnungserstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Hierbei handelt es sich um einen eigenständigen, abtrennbaren Streitgegenstand, über den isoliert und unabhängig von den übrigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts entschieden werden kann (vgl zB BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 12; BSG Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 9).

12

Die Klägerin verfolgt ihr Begehren zu Recht mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG). Zwar ist bei Streitigkeiten um eine Wohnungserstausstattung regelmäßig die sog Verpflichtungsbescheidungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) die statthafte Klageart, weil der Hilfebedürftige einen gebundenen Rechtsanspruch nur im Hinblick auf das "Ob" und nicht auch auf das "Wie" der Leistungserbringung nach § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II hat. Es steht regelmäßig im pflichtgemäßen Auswahlermessen des Grundsicherungsträgers, ob er die Leistung als Sachleistung oder als (gegebenenfalls pauschalierte) Geldleistung erbringt und in welcher Höhe er diesen Anspruch erfüllt (vgl BSG Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 10; BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 19). Vorliegend erbringt der Beklagte die Leistungen der Wohnungserstausstattung nach der Verwaltungsanweisung der Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales in Bremen zu § 23 Abs 3 SGB II, in der ausschließlich Pauschalbeträge ua für die Erstausstattung von Wohnungen einschließlich Haushaltsgeräten vorgesehen sind, aus denen bei Vorhandensein von Möbeln und Haushaltsgeräten entsprechende Geldbeträge herauszurechnen sind(Nr 2.1 iVm Anlage 1 "Teilpauschalen"). Da das Ermessen somit bereits durch Verwaltungsbinnenrecht im Sinne von pauschalen Geldleistungen gebunden ist, besteht bei Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen von vornherein ein Anspruch der Klägerin auf Geldleistungen (vgl BSG Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 36/09 R - RdNr 14, 21).

13

Gegenstand des Verfahrens ist auch die Höhe des vom VG ausgeurteilten Pauschalbetrags, weil der Beklagte neben dem Bestreiten eines Anspruchs dem Grunde nach im Berufungsverfahren auch vorgetragen hat, die Klägerin sei nach dem Ergebnis eines Hausbesuchs am 30.10.2007 weitgehend eingerichtet und habe bisher nicht nachgewiesen, dass die nach ihrem Vortrag nur geliehenen Einrichtungsgegenstände zurückgefordert werden könnten. Entsprechend dem erstinstanzlichen Klageantrag, dem Tenor des VG-Urteils und in Ermangelung einer Berufung der Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil ist die streitige Höhe des Pauschalbetrags für die Wohnungsausstattung jedoch auf den (auch in den Verwaltungsanweisungen) vorgesehenen Höchstbetrag von 1003,90 Euro begrenzt.

14

2. Das OVG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass ein Anspruch auf Erstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II schon dem Grunde nach nicht besteht.

15

Nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II, also ua die von der Regelleistung nicht umfassten Leistungen für Erstausstattungen der Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten(§ 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II), Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr 1), erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig (Nr 3) sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4). Diese allgemeinen Voraussetzungen liegen nach den Feststellungen des OVG hier vor.

16

§ 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II bestimmt, dass Leistungen für Erstausstattungen der Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten gesondert erbracht werden. Der Anspruch ist - entsprechend den anderen Leistungen des SGB II - bedarfsbezogen zu verstehen. Entscheidend ist, ob erstmals ein Bedarf entsteht (BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 19). In Abgrenzung zu einem Erhaltungs- und Ergänzungsbedarf, der aus der Regelleistung zu bestreiten ist, kommt eine Wohnungserstausstattung aber auch bei einem erneuten Bedarfsanfall in Betracht, wenn der Hilfebedürftige nachweist, dass er - regelmäßig im Zusammenhang mit besonderen Ereignissen - über die nunmehr notwendigen Ausstattungsgegenstände bisher nicht oder nicht mehr verfügt. Von den in den Gesetzesmaterialien beispielhaft genannten Bedarfen für eine Wohnungserstausstattung, zB nach einem Wohnungsbrand oder bei Erstanmietung nach einer Haft (BT-Drucks 15/1514 S 60 zum gleichlautenden § 32 Abs 1 SGB XII), steht jedenfalls der Wohnungsbrand für Konstellationen, bei denen - nach dem Willen des Gesetzgebers - Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II für einen erneuten Bedarfsanfall im Sinne einer Ersatzbeschaffung als "Wohnungserstausstattung" gewährt werden können. Entsprechend hat der Senat bereits entschieden, dass der erstmaligen Ausstattung einer Wohnung wertungsmäßig diejenigen Fälle einer Ersatzbeschaffung gleichzustellen sind, bei denen vorhandene Ausstattungsgegenstände allein durch einen vom Grundsicherungsträger veranlassten Umzug in eine angemessene Wohnung unbrauchbar werden (BSG Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 14 f). Gleiches gilt unter Berücksichtigung der gebotenen bedarfsbezogenen Betrachtungsweise, wenn die Wohnungsausstattung bei einem Zuzug aus dem Ausland (zB durch die besonderen Umstände des Umzugs) untergegangen ist (vgl bejahend für den Zuzug aus dem Ausland: O. Loose in GK-SGB II, § 23 RdNr 36, Stand 11/2009; zum inhaltsgleichen § 24 SGB II idF ab 1.1.2011: Bender in Gagel, SGB II/SGB III, § 24 SGB II RdNr 58, Stand Juni 2011; vgl Behrend in jurisPK-SGB II, § 24 SGB II RdNr 52, Stand 8/2011). Auch diese Fallgestaltungen sind grundsätzlich von einer Ersatzbeschaffung für Wohnungserstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II umfasst.

17

Soweit das OVG meint, ein den Fallgestaltungen in den Gesetzesmaterialien vergleichbarer Sachverhalt liege nicht vor, weil die Klägerin - auch bei unterstelltem tatsächlichen Verlust - diesen Verlust durch fahrlässiges Verhalten mit zu verantworten habe, geht es von unzutreffenden rechtlichen Überlegungen aus. Insofern verbindet das OVG die gebotene ausschließlich bedarfsbezogene Betrachtungsweise hinsichtlich des Vorhandenseins eines Bedarfs an Wohnungserstausstattung in unzulässiger Weise mit der Frage nach den Ursachen der Hilfebedürftigkeit und Verschuldensgesichtspunkten. Mit dem 14. Senat geht auch der erkennende Senat davon aus, dass Verschuldensgesichtspunkte nicht schon bei der Feststellung des Bedarfs berücksichtigt werden dürfen, weil der im SGB II zu deckende Bedarf grundsätzlich aktuell bestehen muss und auch aktuell vom Grundsicherungsträger zu decken ist (BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 15; BSG Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 36/09 R - RdNr 17).

18

3. Ob ein Anspruch auf Wohnungserstausstattung im konkreten Fall gegeben ist, hängt mithin davon ab, ob die Klägerin eine Wohnungseinrichtung in Spanien hatte und diese tatsächlich untergegangen ist. Dies hat das OVG letztlich offen gelassen, weil es - diese Tatsachen unterstellend - den geltend gemachten Anspruch der Klägerin im Ergebnis ausschließlich wegen eines ihr zugerechneten Verhaltens im Zusammenhang mit dem Verlust der Wohnungsausstattung abgelehnt hat. Dieser Ablehnungsgrund greift jedoch nicht durch (s dazu näher unter 4).

19

Das LSG wird daher von Amts wegen (§ 103 Satz 1 SGG) aufklären und feststellen müssen, ob bei der Klägerin als Grundvoraussetzung für einen Anspruch nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II überhaupt ein Bedarf für die Wohnungserstausstattung bestand. Anlass für die Annahme von verringerten Anforderungen an die Amtsermittlungspflicht - etwa wegen des vom OVG erhobenen Vorwurfs eines fahrlässigen Verhaltens der Klägerin - bestehen nicht (vgl ua zur Hinweispflicht des Gerichts vor nachteiligen Schlüssen aus dem Verhalten eines Beteiligten zB BSGE 102, 181 ff = SozR 4-2500 § 109 Nr 15 RdNr 25; BSG SozR 4-1500 § 128 Nr 5 RdNr 15; BSG SozR 1500 § 103 Nr 23 und 27 mwN).

20

4. Anders als vom OVG angenommen, steht ein von diesem festgestelltes und als fahrlässig bewertetes Verhalten der Klägerin im Zusammenhang mit dem Verlust der Wohnungserstausstattung einem etwaigen Anspruch auch nicht wegen einer Verletzung ihrer Pflicht zur Eigenaktivität nach § 2 Abs 1 SGB II entgegen. Nach § 2 Abs 1 Satz 1 SGB II haben Hilfebedürftige in eigener Verantwortung alle Möglichkeiten zu nutzen, um ihren Lebensunterhalt aus eigenen Kräften und Mitteln zu bestreiten. Auch dürfen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 3 Abs 3 SGB II nur erbracht werden, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigt werden kann.

21

Diese Vorschriften regeln keine eigenständigen Ausschlusstatbestände. Es handelt sich vielmehr um Grundsatznormen, die durch die Regelungen insbesondere über den Einsatz von Einkommen und Vermögen bzw sonstige leistungshindernde Normen konkretisiert werden und regelmäßig nur im Zusammenhang mit ihnen Wirkung entfalten. Hierfür spricht der Standort dieser Normen in den Allgemeinen Vorschriften des Ersten Kapitels des SGB II und der Umstand, dass das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende in den §§ 31 ff SGB II konkrete Leistungsausschlussnormen enthält(vgl zur Sozialhilfe BSG Urteil vom 26.8.2008 - B 8/9b SO 16/07 R - FEVS 60, 346 ff; BSG Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 23/08 R - BSGE 104, 219 ff = SozR 4-3500 § 74 Nr 1, RdNr 20), die hier nicht einschlägig sind.

22

Der Leistungsausschluss in der Existenzsicherung bedarf auch im Hinblick auf den Bedarfdeckungsgrundsatz einer ausdrücklichen gesetzlichen Normierung. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende dienen der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens. Diese Sicherstellung ist eine verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, die aus dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums folgt (BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 3/09, 4/09 - BVerfGE 125, 175 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 12; vgl auch BVerfGE 82, 60, 80 = SozR 3-5870 § 10 Nr 1 S 5). Bei der Beurteilung der Hilfebedürftigkeit ist daher ausschließlich auf die gegenwärtige Lage und auf Umstände in der Vergangenheit nur insoweit abzustellen, als sie eindeutige Erkenntnisse über die gegenwärtige Lage ermöglichen (BVerfG Beschluss vom 12.5.2005 - 1 BvR 569/05 - Breithaupt 2005, 803, 807). Nicht zulässig ist es daher - wie hier geschehen - einen Anspruch allgemein wegen eines fahrlässigen Verhaltens in der Verfolgung eigener Belange in der Vergangenheit oder bloßen Mutmaßungen abzulehnen.

23

5. Kommt das LSG nach weiteren Ermittlungen zu dem Ergebnis, dass ein Anspruch auf Wohnungserstausstattung besteht, wird es noch prüfen müssen, ob und ggf in welchem Umfang durch von Freunden zwischenzeitlich zur Verfügung gestellte Möbel der Bedarf an Wohnungserstausstattung gedeckt worden ist. Sollte eine zwischenzeitliche und zulässige "Selbstbeschaffung" der begehrten Leistung vorliegen, welche die fehlende Unterstützung durch den Beklagten lediglich substituierte, kann diese der Klägerin dann wegen einer Rechtswidrigkeit der Leistungsablehnung nicht entgegengehalten werden (vgl für die Sozialhilfe BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R - SozR 4-3500 § 21 Nr 1 RdNr 11; BVerwGE 90, 154 ff). Kommt das LSG bei seinen weiteren Ermittlungen zu dem Ergebnis, dass die Klägerin die ihr überlassenen Möbel und Haushaltsgegenstände auch im Falle eines Obsiegens nicht zurückgeben muss, es sich also tatsächlich um dauerhaft zugewandte Wohnungseinrichtungsgegenstände handelt, liegt wegen eines (teilweisen) Bedarfswegfalls bei einmaligen Leistungen nach Erlass ablehnender Bescheide eine Änderung der Sachlage vor, die zu einer (teilweisen) Erledigung der Ablehnungsbescheide auf andere Weise iS des § 39 Abs 2 SGB X führt(BSG Beschluss vom 16.5.2007 - B 7b AS 40/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 4 RdNr 6; vgl zur Sozialhilfe: BSG Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 16/08 R - BSGE 104, 213, 217 = SozR 4-1300 § 44 Nr 20, RdNr 17; zur Erledigung aus Rechtsgründen vgl auch BSG Urteil vom 11.7.2000 - B 1 KR 14/99 - SozR 3-1300 § 39 Nr 7 = juris RdNr 20). Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II können dann wegen Wegfalls des konkreten Bedarfs trotz ggf rechtswidriger Leistungsablehnung nicht mehr erbracht werden, weil die SGB II-Leistungen ihren Zweck der Bedarfsdeckung nicht mehr erfüllen können(vgl zur Sozialhilfe BSG Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 16/08 R - BSGE 104, 213 ff = SozR 4-1300 § 44 Nr 20, RdNr 17; vgl zum Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses bei zwischenzeitlicher Bedarfsdeckung BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 75/10 R - RdNr 10).

24

6. Kommt das LSG zu dem Ergebnis, dass ein Anspruch auf eine Wohnungserstausstattung besteht, dieser aber nur zu einem Teil zu einem späteren Zeitpunkt durch dauerhaft zur Verfügung gestellte Gegenstände der Wohnungsausstattung gedeckt worden ist, sind weitere Feststellungen zum Umfang des Anspruchs erforderlich.

25

Wie die zuständigen Senate des BSG mehrfach entschieden haben, sind Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II für die Ausstattung mit wohnraumbezogenen Gegenständen zu erbringen, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichen sollen(BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 18; BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, RdNr 23 mwN). Die zu gewährende Erstausstattung muss - in Anlehnung an die Vorschrift des § 22 SGB II zur Unterkunft - nur eine angemessene Ausstattung berücksichtigen, die der Befriedigung von einfachen und grundlegenden Wohnbedürfnissen genügt(BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 53/10 R - RdNr 19, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 36/09 R - RdNr 20). Wird - wie hier - zur Erfüllung des Wohnungserstausstattungsanspruchs vom Grundsicherungsträger die Leistungsart "Geldleistung" gewählt, so kann er diese auch in Form von Pauschalbeträgen erbringen (§ 23 Abs 3 Satz 5 SGB II). Insofern ist aber eine richterliche Plausibilitätskontrolle durchzuführen, ob bei deren Bemessung iS von § 23 Abs 3 Satz 6 SGB II geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte über die Kosten von Einrichtungsgegenständen zur Stützung der Pauschalbeträge berücksichtigt worden sind(BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 20 f).

26

Ob die vom VG zugrunde gelegte Verwaltungsanweisung der Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen in Bremen den genannten Anforderungen hinsichtlich des Umfangs der zu gewährenden Erstausstattung genügt und die festgesetzten Pauschalbeträge und Teilpauschalen, insbesondere für die regelmäßig von dem Einzelposten "Küchenausstattung" erfassten Haushaltsgeräte (Herd, Kühlschrank, Waschmaschine), hinreichend abgesichert sind, wird das LSG mithin prüfen müssen (vgl BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 21; vgl auch SG Bremen Beschlüsse vom 2.3.2010 - S 23 AS 257/10 ER und vom 28.5.2009 - S 23 AS 877/09 ER).

27

7. Der Rechtsstreit ist an das LSG Niedersachsen-Bremen zurückzuverweisen, obwohl das OVG der Freien Hansestadt Bremen "das Urteil erlassen" hat (vgl § 170 Abs 2 Satz 2 SGG am Ende). Die früheren §§ 50a ff SGG, nach denen aufgrund Landesrechts die Sozialgerichtsbarkeit in bestimmten sozialrechtlichen Materien durch besondere Spruchkörper der Verwaltungsgerichte ausgeübt wurde(eingeführt durch Gesetz vom 9.12.2004, BGBl I 3302), sind mit Wirkung vom 1.1.2009 aufgehoben. Die Übergangsregelung in § 206 Abs 2 SGG sieht vor, dass Verfahren, die am 1.1.2009 bei den besonderen Spruchkörpern der Verwaltungsgerichte anhängig sind, bei diesen anhängig bleiben und entsprechend der bisherigen Rechtslage fortgeführt werden; für Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung eines besonderen Spruchkörpers, die nach dem 31.12.2008 ergehen, ist jedoch das LSG zuständig. Dieser Grundsatz, die anhängigen Verfahren in den besonderen Spruchkörpern zu belassen, diese nach Abschluss der Instanz aber der üblichen Zuständigkeitsregelung zu unterwerfen, ist auch auf das zurückverwiesene Verfahren anwendbar (vgl bereits BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 132/10 R).

28

Das LSG wird ggf abschließend auch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Landesozialgerichts Hamburg vom 29. April 2010 aufgehoben und die Berufungen des Beklagten gegen die Urteile des Sozialgerichts Hamburg vom 20.2.2008 zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Berücksichtigung von regelmäßigen monatlichen Geldzuwendungen der Eltern des Klägers bei der Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Zeitraum vom 1.7.2005 bis 30.6.2006.

2

Der 1967 geborene Kläger bezog vor dem 1.1.2005 Sozialhilfe nach dem BSHG, deren Höhe unter Anrechnung von "Unterhaltszahlungen" der Eltern in Höhe von 221 Euro monatlich festgesetzt worden war. Diese Zahlungen wurden im November 2004 in den Antrag des Klägers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in die Rubrik "Einkommen" eingetragen. Der Beklagte bewilligte daraufhin ab 1.1.2005 und für die Zeiträume vom 1.7. bis 31.12.2005 sowie 1.1. bis 30.6.2006 Alg II unter Berücksichtigung der Zuwendungen der Eltern des Klägers letztlich in Höhe von 190 Euro monatlich (220 Euro minus Versicherungspauschale von 30 Euro) als Einkommen im Sinne des SGB II (für den Zeitraum vom 1.7.2005 bis 30.6.2006 durch Bescheide vom 14.6.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.10.2005 und 2.1.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.4.2006 jeweils in der Fassung des Teilanerkenntnisses des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG).

3

Im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren vor dem SG Hamburg hat der Kläger gegen die Einkommensberücksichtigung eingewandt, dass seine Eltern zu den Zahlungen nicht verpflichtet seien. Zudem hat er im Juni 2007 ein als Darlehensvertrag bezeichnetes Schriftstück aus Januar 2005 vorgelegt, in dem es heißt: "Zur Sicherung des Lebensunterhalts von B K, wird von den Eltern F und G K, bis zur Klärung der Angelegenheit, ab Januar 2005 ein monatlich zu zahlendes Darlehen in Höhe von 220 Euro gewährt. Die bis zur Entscheidung aufgelaufenen Beträge sind sofort zurückzuzahlen; zuzüglich des gesetzlichen Zinssatzes." Das SG hat den Beklagten verurteilt, dem Kläger Alg II ohne Anrechnung von Einkommen (der Eltern) zu gewähren (Urteile vom 20.2.2008). Es hat im Wesentlichen darauf abgestellt, dass es sich bei den Zuwendungen der Eltern deswegen nicht um als Einkommen zu berücksichtigende Unterhaltszahlungen handele, weil eine Rückzahlungsverpflichtung vereinbart worden sei. Die Zuwendung diene - unter Berücksichtigung der zeugenschaftlichen Angaben der Eltern des Klägers - zur Deckung des in dieser Höhe offenen Bedarfs des Klägers. Auf die Berufungen des Beklagten hat das LSG Hamburg die Urteile aufgehoben und die Klagen abgewiesen (Urteil vom 29.4.2010). Zur Begründung hat es ausgeführt, die Zuwendungen der Eltern seien zu berücksichtigendes Einkommen. Zwar liege keine Schenkung vor, denn aus dem Vertrag ergebe sich eine Rückzahlungsverpflichtung. Das LSG qualifiziert die Zahlungen allerdings als Darlehen und damit als zu berücksichtigendes Einkommen, weil es über einen längeren Zeitraum gezahlt worden sei und unter einer völlig ungewissen Rückzahlungsverpflichtung gestanden habe. Eine eigenständige Rückzahlungsverpflichtung des Klägers etwa aus erlangtem Einkommen habe gegenüber den Eltern hingegen nicht bestanden. Eine Rückzahlung habe nur dann erfolgen sollen, wenn und soweit der Kläger mit seinen Rechtsmitteln gegen die Entscheidung des Beklagten erfolgreich gewesen sei.

4

Auf die Beschwerde des Klägers hat der erkennende Senat die Revision zugelassen. Der Kläger macht im Revisionsverfahren einen Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht des LSG geltend, weil das Gericht den Beweisantrag, seinen Vater zu der Frage zu vernehmen, ob das Darlehen zurückgezahlt werden sollte, ohne hinreichende Begründung übergangen habe. Zudem weiche das LSG von der Entscheidung des 14. Senats des BSG vom 17.6.2010 (B 14 AS 46/09 R) ab, in der das BSG eine darlehensweise gewährte Leistung dann nicht als Einkommen gewertet habe, wenn der Darlehensvertrag zivilrechtlich wirksam iS des § 488 BGB geschlossen worden sei. Dabei komme es nach der Rechtsprechung des BSG nicht darauf an, dass die Gestaltung und die Durchführung des Vereinbarten in jedem Punkt den zwischen Fremden üblichen Bedingungen entspreche. Insoweit sei die Auslegung des hier vorliegenden Darlehensvertrags durch das LSG bereits deswegen mangelhaft, weil sie sich nicht am Wortlaut ausrichte. Zudem habe das LSG einen überspannten Beurteilungsmaßstab gewählt und deswegen eine Rückzahlungsverpflichtung verneint. Schließlich handele es sich bei den Unterhaltszahlungen um zweckbestimmte Einnahmen, die zur Abwendung einer Notlage und nur deswegen erbracht worden seien, weil der Beklagte die existenzsichernden Leistungen um diese Einnahmen gekürzt habe.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 29. April 2010 aufzuheben und die Berufungen des Beklagten gegen die Urteile des Sozialgerichts Hamburg vom 20. Februar 2008 zurückzuweisen.

6

Der Beklage beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält die Ausführungen des LSG für zutreffend.

8

In der mündlichen Verhandlung vor dem BSG hat der Beklagte einen niedrigeren Abzug der Warmwasserpauschale und den Abzug einer Versicherungspauschale in Höhe von monatlich 30 Euro vom Einkommen des Klägers im Zeitraum vom 1.7.2005 bis 30.6.2006 sowie eine hieraus folgende Nachzahlung von Alg II anerkannt. Der Kläger hat das Teilanerkenntnis angenommen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Zu Unrecht hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Kläger hat Anspruch auf Alg II im streitigen Zeitraum ohne Berücksichtigung der Geldzuwendungen der Eltern. Die Reduzierung der Höhe der Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts um monatlich 190 Euro wegen der Zuwendungen der Eltern war rechtswidrig. Im streitigen Zeitraum waren die Zuwendungen der Eltern kein bei der Berechnung des Alg II zu berücksichtigendes Einkommen des Klägers iS des § 11 Abs 1 SGB II.

10

1. Streitgegenstand ist die Höhe des dem Kläger im Zeitraum vom 1.7.2005 bis 30.6.2006 zustehenden Alg II, die der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden vom 14.6.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.10.2005 und vom 2.1.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.4.2006 jeweils in der Fassung des Teilanerkenntnisses aus der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat unter Berücksichtigung eines monatlichen Einkommens von 190 Euro berechnet hat.

11

Der Kläger verfolgt sein Begehren auch zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG iVm § 56 SGG). Weitere Leistungen als die Regelleistung und Unterkunftskosten hat der Kläger im streitigen Zeitraum nicht geltend gemacht.

12

2. Der Kläger war in den streitigen Zeiträumen - nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) - anspruchsberechtigt nach dem SGB II. Er erfüllt die Voraussetzungen des § 7 SGB II, insbesondere war er erwerbsfähig und hilfebedürftig.

13

3. Der Kläger hat im streitigen Zeitraum Anspruch auf die volle Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts für einen alleinstehenden Hilfebedürftigen (§ 20 Abs 2 SGB II) und die Übernahme seiner Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II) in der vom Beklagten beschiedenen Höhe. Der Beklagte hat die Leistung für Unterkunft und Heizung unter Zugrundelegung der tatsächlichen Aufwendungen des Klägers und nach Abzug der den Vorgaben des BSG entsprechenden Aufwendungen für die Warmwasserbereitung berechnet. Der Kläger verfügte auch nicht über Einkommen, dass nach § 9 Abs 1 Nr 2 SGB II leistungsmindernd zu berücksichtigen war.

14

Nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II(idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954) sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem BVG und den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden.

15

Die Zuwendungen der Eltern des Klägers sind nicht als Einkommen im Sinne der Vorschriften bei der Berechnung des Alg II im streitgegenständlichen Zeitraum zu berücksichtigen. Zwar ist Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte(vgl nur BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 23; BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 18). Es kommt damit - wovon auch Beteiligte und Vorinstanzen ausgehen - nur die Berücksichtigung der Zuwendungen als Einkommen im Bedarfszeitraum, nicht dagegen als Vermögen in Betracht. Die Zuwendungen der Eltern sind jedoch kein Einkommen des Klägers iS des § 11 Abs 1 SGB II.

16

Aus dem Wortlaut des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II folgt zwar keine weitergehende Definition dessen, was Einkommen ist. Lediglich die im zweiten Satzteil genannten Leistungen sind von vornherein von der Berücksichtigung ausgenommen. Mit der bisherigen Rechtsprechung des BSG zur Arbeitslosenhilfe (BSGE 58, 160 = SozR 4100 § 138 Nr 11; SozR 4100 § 138 Nr 25) und des BVerwG zum Einkommensbegriff im Wohngeldrecht (stRspr seit BVerwGE 54, 358; BVerwGE 69, 247) kann auch im Anwendungsbereich des § 11 Abs 1 SGB II nach Sinn und Zweck der Norm eine von einem Dritten lediglich vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung jedoch nicht als Einkommen qualifiziert werden. Nur der "wertmäßige Zuwachs" stellt Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II dar; als Einkommen sind nur solche Einnahmen in Geld oder Geldeswert anzusehen, die eine Veränderung des Vermögensstandes dessen bewirken, der solche Einkünfte hat. Dieser Zuwachs muss dem Leistungsberechtigten zur endgültigen Verwendung verbleiben, denn nur dann lässt er seine Hilfebedürftigkeit in Höhe der Zuwendungen dauerhaft entfallen. Insoweit ist nach der bisherigen Rechtsprechung der beiden Grundsicherungssenate des BSG im Hinblick auf die Qualifizierung von Zuwendungen Dritter als Einkommen zu unterscheiden zwischen a) Geldzahlungen oder Sachleistungen, die einem SGB II-Leistungsberechtigten zum endgültigen Verbleib zugewendet werden, b) einem Darlehen, das mit einer Rückzahlungsverpflichtung im Sinne des BGB gegenüber dem Darlehensgeber belasteten ist und c) Zuwendungen Dritter, die eine rechtswidrig vom Grundsicherungsträger abgelehnte Leistung eben wegen der Ablehnung bis zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes substituieren sollen. Letztere stellen kein Einkommen im Sinne der eingangs dargelegten Definition des Einkommensbegriffs dar und entbinden den Grundsicherungsträger nicht von seiner Leistungsverpflichtung. So liegt der Fall hier.

17

Bereits zum BSHG war anerkannt, dass die Hilfe eines Dritten den Sozialhilfeanspruch dann nicht ausschließt, wenn der Dritte vorläufig - gleichsam anstelle des Sozialhilfeträgers und unter Vorbehalt des Erstattungsverlangens - nur deshalb einspringt, weil der Träger der Sozialhilfe nicht rechtzeitig geholfen oder Hilfe abgelehnt hat (vgl BVerwG vom 23.6.1994 - 5 C 26/92 - BVerwGE 96, 152; BVerwGE 94, 127; 90, 154; 26, 217). Dem sind der 14. und 4. Senat des BSG gefolgt (BSG vom 6.10.2011 - B 14 AS 66/11 R - und 27.9.2011 - B 4 AS 202/10 R sowie 22.11.2011 - B 4 AS 204/10 R, alle zur Veröffentlichung vorgesehen). Die Zuwendungen der Eltern des Klägers erfüllen im streitigen Zeitraum diese Voraussetzungen, weil sie - nach den tatsächlichen, nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts - in der Erwartung der Rückzahlung und im Vertrauen auf einen bestehenden, lediglich noch nicht erfüllten Alg II-Anspruch des Klägers erfolgt sind. Der Beklagte hat für den Zeitraum vom 1.7. bis 31.12.2005 durch den Bescheid vom 14.6.2005 Leistungen unter Berücksichtigung der Zuwendungen der Eltern bewilligt und damit zugleich in Höhe von 190 Euro die Leistungsgewährung abgelehnt. Die Eltern haben daraufhin ab dem 1.7.2005 den Differenzbetrag gezahlt. Auch für den Folgezeitraum ist davon auszugehen, dass die Eltern mit ihren Zuwendungen zumindest bis 30.6.2006 die ausgefallene Leistung des Beklagten substituieren wollten. Die Leistungen ab dem 1.1.2006 hat der Beklagte zwar erst durch Bescheid vom 2.1.2006 bewilligt, aufgrund des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 20.10.2005 auf den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 14.6.2005 mussten die Eltern und der Kläger jedoch davon ausgehen, dass der Beklagte auch in dem Folgezeitraum bis 30.6.2006 nur die reduzierte Leistung erbringen werde. Umgekehrt können dem Kläger die Zuwendungen der Eltern nicht entgegenhalten werden, denn nach den Feststellungen des LSG bestand weder eine gesetzliche Verpflichtung hierzu, noch waren sie zum endgültigen Verbleib beim Kläger vorgesehen. Welche Vereinbarungen zwischen dem Hilfebedürftigen und einem Dritten für den Fall getroffen werden, dass ein (Kosten)Erstattungsanspruch gegenüber dem Träger der Grundsicherung im Ergebnis eines Verfahrens nicht besteht, ist insoweit unerheblich (BSG vom 6.10.2011 - B 14 AS 66/11 R, zur Veröffentlichung vorgesehen). Der Beklagte wäre zudem ohne die Zuwendungen der Eltern in vollem Umfang zur Leistung verpflichtet gewesen.

18

Das LSG hat für den Senat bindend, weil nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffen (§ 163 SGG), festgestellt, dass der Bedarf des Klägers nicht in Höhe von 220 bzw 190 Euro monatlich durch eine Schenkung der Eltern endgültig gedeckt worden ist. Nach den Ausführungen des LSG haben die Eltern des Klägers das diesem zwischen dem 1.7.2005 und dem 30.6.2006 zugewandte Geld nicht iS des § 516 Abs 1 BGB geschenkt. Das Bestehen einer Unterhaltsverpflichtung der Eltern hat das LSG zutreffend ebenfalls verneint. Die Zuwendungen der Eltern sollten, wie das LSG ebenfalls bindend festgestellt hat, im streitigen Zeitraum im Falle des Obsiegens und der Nachzahlung durch den Beklagten an die Eltern zurückgezahlt werden. Sie sollten mithin nicht zum endgültigen Verbleib beim Kläger und einem wertmäßigen Zuwachs seines Vermögens führen (vgl hierzu für den Fall der endgültigen Überlassung von Erstausstattungsgegenständen durch einen Dritten nach der Ablehnung der Leistung für Erstausstattung, BSG vom 27.9.2011 - B 4 AS 202/10 R, zur Veröffentlichung vorgesehen).

19

Die Zuwendungen der Eltern des Klägers sind auch nicht erst im Monat nach dem Zufluss mit einer Rückzahlungsverpflichtung belastet worden. Anderenfalls bestünde nach der Rechtsprechung des BSG die Verpflichtung des Leistungsberechtigten, die Leistung als "bereite Mittel" in dem Monat des Zuflusses zu verbrauchen. Die erst danach entstehende Rückzahlungsverpflichtung wird alsdann zu einer nicht aus der Grundsicherungsleistung - von gesetzlich normierten Ausnahmefällen abgesehen - zu erbringende Schuldentilgung (vgl für den Fall der Rückforderung zu Unrecht gewährten Alg im Monat nach dem Zufluss, BSG vom 23.8.2011 - B 14 AS 165/10 R, zur Veröffentlichung vorgesehen). Nach den bindenden Feststellungen des LSG ist die Rückzahlungsverpflichtung des Klägers - im Falle des Obsiegens - in einer Darlehensvereinbarung aus Januar 2005 festgelegt worden. Für die hier streitigen Bewilligungszeiträume ist der Zufluss mithin erst nach der Entstehung der Rückzahlungsverpflichtung erfolgt.

20

Inwieweit die vorhergehenden Ausführungen auch für den Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005 und ab dem 1.7.2006 bis zum 31.1.2009 gelten, brauchte der Senat aufgrund der Begrenzung des streitigen Zeitraumes nicht zu entscheiden. Insoweit sei nur darauf hingewiesen, dass es für die positive Beantwortung der Frage der Substituierung darauf ankommt, ob die Zuwendungen subjektiv tatsächlich zur Erfüllung eines noch nicht erfüllten Leistungsanspruchs erfolgt sind und einer Rückzahlungsverpflichtung bei Leistung durch den Grundsicherungsträger unterlagen.

21

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 13. Oktober 2008 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von dem beklagten Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende 1329 Euro als Kosten für die Erstausstattung seiner Wohnung.

2

Der 1950 geborene Kläger lebte in W. und bezog zuletzt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) von dem örtlich zuständigen Träger der Grundsicherung. Er löste seine dortige Wohnung im Januar 2005 auf und vernichtete dabei das bis dahin genutzte Mobiliar, weil es nach seinen Angaben wegen Schimmelbefalls und altersbedingt nicht mehr zu gebrauchen gewesen sei. Vom 26.1.2005 bis zum 30.9.2005 befand er sich wegen einer Alkoholerkrankung in einer Rehabilitationsmaßnahme. Während dieser Zeit meldete er sich bei der Beklagten als wohnhaft in der Wohnung seiner Mutter in O. (rund 230 km von W. entfernt). Unter anderem für die Zeit vom 1.8.2005 bis zum 31.1.2006 gewährte die Beklagte ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (Bescheid vom 18.7.2005 und Änderungsbescheide vom 30.8.2005 und vom 28.9.2005 für die Zeit ab 1.10.2005).

3

Am 23.8.2005 teilte der Kläger bei der Beklagten mit, er habe am 16.8.2005 eine eigene Wohnung in O. angemietet, die er zum 1.10.2005 beziehen werde. Er besitze kein eigenes Wohnungsinventar und beantrage daher die Gewährung einer Erstausstattung. Er kaufte am 25.8.2005 und am 30.8.2005 Möbel im Wert von insgesamt 1329 Euro, nachdem ihm seine Mutter hierfür ein entsprechendes Darlehen gewährt hatte. Der Antrag auf Gewährung einer Erstausstattung blieb ohne Erfolg (Bescheid vom 24.10.2005; Widerspruchsbescheid vom 21.4.2006).

4

Das hiergegen angerufene Sozialgericht (SG) Leipzig hat Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen W. und die Beklagte sodann mit Urteil vom 26.7.2007 antragsgemäß zur Zahlung von Leistungen für die Erstausstattung der Wohnung in Höhe von 1329 Euro verurteilt.

5

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung seines Urteils vom 13.10.2008 hat es ausgeführt, die Voraussetzungen des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II lägen nicht vor, denn es habe sich lediglich um eine Ersatzanschaffung von Wohnungseinrichtungsgegenständen gehandelt. Eine Ersatzbeschaffung liege in Abgrenzung zur Erstausstattung vor, wenn der Bedarf allein auf eine übliche Abnutzung oder andere Umstände, die vom Berechtigten beeinflussbar seien, zurückzuführen sei. Die Möbel in der früheren Wohnung, die vom Kläger entsorgt worden seien, seien nach seinem eigenen Vortrag wegen Abnutzung sowie Schimmelbefalls nicht mehr zu nutzen gewesen. Dass der Schimmelbefall einen nicht vom Kläger zu beeinflussenden Umstand dargestellt habe, sei nicht nachgewiesen und auch nicht mehr nachweisbar, weil er die Gegenstände vernichtet habe und aus der Wohnung ausgezogen sei. Auch liege eher die Annahme nahe, dass ein Umstand, den der Kläger beeinflussen habe können (das Bewohnen der vom Schimmel befallenen Wohnung), zu dem (Ersatz-)Bedarf geführt habe. Er habe ferner nach seinen Angaben wegen der Wertlosigkeit der Möbel von der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen seinen ehemaligen Vermieter abgesehen, die ihm die Beklagte angesonnen habe, was ebenfalls lediglich für einen Ersatz der Möbel spreche. Selbst wenn man entgegen der Ansicht des Senats von einer "Erstausstattung" ausginge, bestehe kein Anspruch des Klägers auf Leistungen für die Wohnungserstausstattung im Hinblick auf die am 25.8.2005 und am 30.8.2005 angeschafften Gegenstände. Soweit Gegenstände vor dem 23.8.2005 angeschafft worden seien, sei die Beklagte schon wegen des Antragserfordernisses nach § 37 Abs 1 und 2 SGB II nicht zur Erbringung der begehrten Leistungen verpflichtet. Der Antrag vom 14.7.2005 auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes könne nicht dahingehend ausgelegt werden, dass auch Leistungen zur Wohnungserstausstattung mit beantragt werden sollten, denn diese beträfen einen speziellen, mit dem Bezug einer Wohnung verbundenen einmaligen Bedarf.

6

Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers. Er rügt die fehlerhafte Anwendung des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Er habe seine Wohnung in W. krankheitsbedingt aufgeben müssen; die Trennung vom bisherigen Lebensumfeld und der Wohnung sei zur erfolgreichen Durchführung der Therapie zwingend notwendig gewesen. Eine Einlagerung des de facto wertlosen Mobiliars über mehr als 6 Monate hätte Kosten verursacht, die er nicht habe aufbringen können. Es sei für ihn auch konkret nicht möglich gewesen, den Umzug verbunden mit einer Einlagerung zu organisieren. Das LSG habe insoweit keine weiteren Ermittlungen zu seiner konkreten Situation angestellt. Auch im Hinblick auf den Zustand der Möbel habe das LSG unzureichend ermittelt. Seine Situation sei der nach der Verbüßung einer Haftstrafe oder der Trennung von Ehegatten vergleichbar. Ein gesondertes Antragserfordernis bestehe im Bezug auf die Erstausstattung nicht. Bereits bei Stellung des Antrages auf laufende Leistungen habe die Beklagte seinen Bedarf insoweit erkennen können. Ein längeres Zuwarten auf die Entscheidung der Beklagten wäre nicht zumutbar gewesen. Er hätte sich die Möbel selbst beschaffen dürfen, weil er die Anschaffung nur an den wenigen Tagen hätte durchführen können, an denen er sich besuchsweise in seinem späteren Wohnort aufgehalten habe.

7

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 13. Oktober 2008 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 26. Juli 2007 zurückzuweisen.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Insbesondere habe der Kläger von vornherein den Bezug einer neuen Wohnung im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten geplant und deshalb Fernseher und Waschmaschine behalten. Er habe die noch vorhandenen Möbel folglich - etwa im Keller des Wohnhauses der Mutter - einlagern müssen. Im Übrigen wäre die Neuanschaffung der Möbel - den Vortrag des Klägers als zutreffend unterstellt - auch ohne den Umzug notwendig geworden. Für eine Ersatzbeschaffung sehe § 23 Abs 3 Satz 1 SGB II aber keine Leistungen vor.

10

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Sozialgerichtsgesetz) erklärt.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne einer Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet, § 170 Abs 2 Satz 2 SGG.

12

1. Streitgegenstand ist allein die begehrte Übernahme von Kosten für die vom Kläger bereits gezahlte Erstausstattung seiner Wohnung. Über einen solchen Anspruch auf Leistungen für Erstausstattungen gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 SGB II kann nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate von dem Träger der Grundsicherung isoliert und unabhängig von den übrigen Leistungen der Grundsicherung entschieden werden. Der Anspruch kann in der Folge auch isoliert gerichtlich geltend gemacht werden (vgl BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, jeweils RdNr 12 und BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 9).

13

Das damit zulässigerweise auf Erstattung von Kosten für bereits angeschaffte Einrichtungsgegenstände beschränkte Begehren verfolgt der Kläger zutreffend im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ( § 54 Abs 4 SGG ) gegen den Bescheid vom 24.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.4.2006. Zwar ist bei Streitigkeiten um die Erstausstattung einer Wohnung regelmäßig die sog Verpflichtungsbescheidungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) die statthafte Klageart. Nach der gesetzlichen Systematik hat der Hilfebedürftige nämlich einen gebundenen Rechtsanspruch nur im Hinblick auf das "Ob" und nicht auch auf das "Wie" der Leistungserbringung, denn nach § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II steht es im pflichtgemäßen Auswahlermessen des Grundsicherungsträgers, ob er die Leistung als Sachleistung oder als (gegebenenfalls pauschalierte) Geldleistung erbringt(vgl BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 10; BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 19). Beschafft sich jedoch der Hilfebedürftige die im Streit stehenden Gegenstände endgültig selbst, wie es hier nach den Feststellungen der Vorinstanzen der Fall war, besteht für die gerichtliche Klärung eines Sachleistungsanspruchs iS des § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II (also etwa die Überlassung von Möbeln aus eigenen Beständen des Trägers der Grundsicherung oder durch Gutscheine für bestimmte Möbelkaufhäuser) regelmäßig kein Rechtsschutzinteresse mehr. Das Begehren des Hilfebedürftigen richtet sich ausschließlich auf eine Geldleistung, die allein im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage zu verfolgen ist.

14

2. Zu Unrecht ist das LSG davon ausgegangen, dass ein Anspruch auf Erstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II dem Grunde nach ausscheidet(dazu unter a) und hat ungeprüft gelassen, ob die Beklagte - wie dies in ihrem Vortrag in den Vorinstanzen zum Ausdruck kommt - in ihrer Verwaltungspraxis auf Grundlage eines entsprechenden Beschlusses des Kreistages zur Erfüllung von Ansprüchen auf Erstausstattung für Wohnungen ausschließlich Geldleistungen zur Verfügung stellt (dazu b). Sollte die Ermessensausübung insoweit durch entsprechendes Verwaltungsinnenrecht bereits gebunden sein, besteht ein Anspruch auf Geldleistung auch für den Kläger. Das LSG wird in diesem Fall weiter zu prüfen haben, ob die von der Beklagten nach ihrem Vortrag regelmäßig gewährte Pauschale die notwendigen Aufwendungen des Klägers abdeckt (dazu c).

15

a) Die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 24.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.4.2006 misst sich in erster Linie an § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und § 48 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Die Beklagte hatte dem Kläger mit dem vorangegangenen Bewilligungsbescheid vom 18.7.2005 sowie den folgenden Änderungsbescheiden (für die Zeit ab 1.10.2005) vom 30.8.2005 sowie vom 28.9.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1.8.2005 bis zum 31.1.2006 bewilligt. Soweit beim Kläger innerhalb dieses Bewilligungsabschnitts mit Anmietung und Bezug einer eigenen Wohnung ein Bedarf für eine Erstausstattung für diese Wohnung iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II entstanden ist, handelt es sich um eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen im Sinne der genannten Vorschriften zugunsten des Klägers. Entgegen der Auffassung des LSG kommt es für die Entstehung des Anspruchs auf Erstausstattung für die Wohnung damit nicht auf eine (gesonderte) Antragstellung an (dazu im Einzelnen Urteil des Senats vom heutigen Tag - B 14 AS 10/09 R - sowie Urteil des Senats vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R), sodass insoweit unerheblich ist, ob der Kläger sich bereits vor seiner Vorsprache bei der Beklagten Möbel beschafft hatte.

16

Der Senat hat bereits entschieden, dass der Anspruch nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II wie alle Leistungen des SGB II bedarfsbezogen zu verstehen ist(BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, jeweils RdNr 19; BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 14). Entscheidend für die Auslegung des Begriffs der Erstausstattung ist, ob ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung besteht, der nicht bereits durch vorhandene Möbel und andere Einrichtungsgegenstände gedeckt ist. Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II sind für die Ausstattung mit wohnraumbezogenen Gegenständen zu erbringen, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichen(BSG aaO mwN). In diesem Sinne war die Wohnung des Klägers, die er zum 1.10.2005 bezogen hat, nicht ausgestattet und insofern bestand ein Bedarf iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Aus dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG ergibt sich, dass der Kläger - sofern überhaupt davon auszugehen ist, dass er bei seiner Mutter eine Unterkunft iS des § 22 Abs 1 SGB II inne hatte und er nicht ausschließlich anderweitig stationär bzw teilstationär untergebracht war - bereits in dieser vorangegangenen Wohnung über mehr als einen Bewilligungsabschnitt hinweg nicht über eigenes Mobiliar verfügte, das dem Standard der herrschenden Lebensgewohnheiten auch unter Berücksichtigung einfachster Verhältnisse entsprach. Damit handelt es sich um einen Bedarf iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II und nicht um einen Fall der Ersatzbeschaffung einzelner, bereits unmittelbar vor dem Einzug in eine Wohnung vorhanden gewesener Gegenstände(vgl dazu BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 4). Ob in Fällen nur kurzfristiger Wohnungslosigkeit bzw bei kurzfristigem Fehlen einer Ausstattung gleiches gilt, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Hier war infolge der Alkoholerkrankung ein eigener Hausstand jedenfalls für mehr als 6 Monate (wenn nicht sogar zukunftsoffen) aufgegeben worden. Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass seine Situation dem in der Gesetzesbegründung (§ 131 Abs 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch) genannten Fall der Haft entsprach (vgl BT-Drucks 15/1514 S 60 zu § 32).

17

Der Senat hat ebenfalls bereits entschieden, dass - entgegen der Auffassung des LSG - Verschuldensgesichtspunkte nicht schon bei der Feststellung des Bedarfs eine Rolle spielen können (vgl BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 15). Wie das Verhältnis von §§ 19 ff SGB II zu § 34 SGB II zeigt, ist ein bestehender Bedarf immer dann zu erfüllen, wenn dies Voraussetzung für ein menschenwürdiges Dasein ist. Ob vorliegend das Verhalten des Klägers bei Auszug aus seiner letzten eigenen Wohnung (also die Aufgabe der bisherigen Wohnungsausstattung) den späteren Bedarf auf Ausstattung iS des § 34 SGB II vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, erscheint ohnehin zweifelhaft. Die Beklagte hat nicht konkret aufgezeigt, welche Handlungsalternativen sich dem Kläger geboten hätten. Unklar ist insbesondere geblieben, welche Kosten (auch für den Träger der Grundsicherung) durch einen Umzug der Möbel und die anschließende Einlagerung entstanden wären und ob vor dem Hintergrund solcher Folgekosten die Aufgabe des Mobiliars wirtschaftlich gesehen nicht geboten war. Schließlich gibt die akute Alkoholerkrankung des Klägers Anlass an einem subjektiv vorwerfbaren Verhalten zu zweifeln. Dies braucht vorliegend jedoch nicht weiter aufgeklärt zu werden, weil Ersatzansprüche nach § 34 SGB II nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind.

18

b) Der Anspruch nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II ist im Sinne eines unbedingten Rechtsanspruchs zu realisieren, wenn - wie hier - die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Der Beklagten steht allerdings ein Auswahlermessen dergestalt zu, dass sie die Leistungen entweder als Sachleistungen oder als Geldleistungen, letztere auch in Form von Pauschalbeträgen erbringen kann. Dieses Auswahlermessen kann die Beklagte nach der Selbstbeschaffung der Möbel durch den Kläger nicht mehr ausüben. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Geldleistung scheitert mithin dann, wenn keine Gesichtspunkte vorliegen, die das Ermessen der Beklagten im Sinne einer "Ermessensreduktion auf Null" einschränken. Gesichtspunkte des Einzelfalls, die eine Ermessensreduktion auf Null nahe liegend erscheinen lassen, sind dabei nach dem jetzigen Stand des Verfahrens nicht erkennbar. Der Bedarf des Klägers hätte (in dem Zeitpunkt, in dem er entstanden ist) grundsätzlich auch anderweitig als durch Geldleistungen gedeckt werden können. Ein Fall der Ermessensreduktion auf Null liegt allerdings auch dann vor, wenn die Beklagte - worauf ihr Vortrag in den Vorinstanzen hindeutet - auf Grundlage eines Beschlusses des Kreistages durch interne Verwaltungsrichtlinien dahin gebunden ist, für die Erstausstattung einer Wohnung stets eine Leistung in Geld (in pauschalierter Höhe) zu erbringen. Bestehen verwaltungsinterne Regelungen, mit denen sich die Beklagte entsprechend bindet, könnte sie nicht ohne Ermessensfehlgebrauch, insbesondere nicht ohne Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art 3 Abs 1 Grundgesetz), zu einer Ablehnung der Leistung als Geldleistung gelangen (vgl BSGE 85, 75, 83 = SozR 3-3610 § 27 Nr 2 RdNr 25). Liegt eine solche Bindung vor, wäre auch dem Kläger gegenüber nur eine Auswahlentscheidung richtig, nämlich die Gewährung der Erstausstattung als Geldleistung.

19

Ob bislang nicht geprüfte Gesichtspunkte des Einzelfalles oder eine entsprechende Bindung der Beklagten durch Verwaltungsinnenrecht im Ergebnis hinsichtlich des "Wie" der Leistungserbringung zu einer Ermessensreduktion auf Null führen, wird das LSG nach Zurückverweisung des Rechtsstreits zu klären haben.

20

c) Bindet sich der Träger der Grundsicherung bei der Auswahl der Leistungen auf die Leistungsart "Geldleistung" und erbringt er diese in Form von Pauschalbeträgen, unterliegt auch die Festsetzung der Höhe der Pauschalen der richterlichen Kontrolle (vgl bereits BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 20 f). Es muss dem Hilfebedürftigen möglich sein, mit dem gewährten Betrag seinen Bedarf auf Erstausstattung in vollem Umfang zu befriedigen. Die Gewährung von Pauschalbeträgen führt nicht zu einer Verkürzung des Leistungsanspruchs gegenüber der Gewährung durch Sachleistung oder der individuell bestimmten Geldleistung. Ggf hat das LSG damit in einem weiteren Schritt zu überprüfen, ob die von der Beklagten in den Vorinstanzen in Bezug genommenen Pauschalbeträge für die Erstausstattung einer Wohnung in Höhe von 700 Euro diesen Anforderungen genügen. Bei der Bemessung der Pauschalbeträge sind geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen (vgl § 23 Abs 3 Satz 6 SGB II). Die Beklagte wird insofern "nachvollziehbare Erfahrungswerte" über die Kosten von Einrichtungsgegenständen (allerdings in einem unteren Segment des Einrichtungsniveaus) zur Stützung ihrer Pauschalbeträge vorzulegen haben, die vom LSG dahin zu überprüfen sind, ob sie hinreichend empirisch abgesichert sind. Ist dies der Fall, steht dem Kläger lediglich eine Geldleistung in pauschalierter Form zu.

21

3. Besteht im Ergebnis ein Leistungsanspruch auf Geld unmittelbar aus § 23 Abs 3 SGB II nicht, wird das LSG im Hinblick auf die vom Kläger selbst beschafften Leistungen (hilfsweise) einen Kostenerstattungsanspruch zu prüfen haben. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist die Erstattung von Kosten bei Selbstbeschaffung unaufschiebbarer Sozialleistungen (also in Eil- und Notfällen) sowie im Falle rechtswidriger Leistungsablehnung Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens im Sozialrecht (vgl bereits BSGE 84, 50, 56 f = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 8 = juris RdNr 36; Grube, Sozialrecht aktuell 2010, 11, 12). Liegen seine Voraussetzungen vor, wandelt sich auch im Anwendungsbereich des SGB II ein Sachleistungsanspruch in einen Kostenerstattungsanspruch gerichtet auf Geld um (vgl BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 58/09 R).

22

Auch wenn die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der §§ 19 ff SGB II im Einzelnen - wie oben dargelegt - nicht "antragsabhängig" sind, sondern die im Einzelfall erforderlichen Leistungen von dem (ersten) Antrag auf laufende Leistungen erfasst sind, setzt ein Kostenerstattungsanspruch in den Fällen des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II im Grundsatz aber voraus, dass der Träger der Grundsicherung vor Inanspruchnahme einer vom Hilfebedürftigen selbst beschafften Leistung bei Entstehen des konkreten Bedarfs mit dem Leistungsbegehren in der Sache befasst wurde. Nur dann ist es dem Träger möglich, sein Auswahlermessen pflichtgemäß auszuüben. Eine Kostenerstattung kommt damit grundsätzlich erst bei Selbstbeschaffung einer Leistung nach einer rechtswidrigen Leistungsablehnung in Betracht.

23

Die Ablehnung der Leistung "Erstausstattung" durch die Beklagte hat der Kläger nach den Feststellungen des LSG nicht abgewartet. Ein Anspruch auf Kostenerstattung kommt nach den in Bezug genommen allgemeinen Grundsätzen des Kostenerstattungsrechts deshalb nur in Betracht, wenn im Zeitpunkt der Selbstbeschaffung der Leistung ein unaufschiebbarer Eil- bzw Notfall vorgelegen hat. Das LSG wird den entsprechenden Vortrag des Klägers, ihm sei wegen der zu erwartenden Lieferzeiten für die Möbel ein Zuwarten auf die Entscheidung des Trägers nicht möglich gewesen, zu überprüfen haben. Nach dem derzeitigen Sachstand liegen Anhaltspunkte für einen solchen Eilfall allerdings nicht nahe. Der Einzug in die Wohnung war erst für den 1.10.2005 vorgesehen, sodass von daher die Notwendigkeit, Möbel bereits wenige Tage nach einer entsprechenden Befassung durch die Beklagte zu bestellen, bislang nicht erkennbar geworden ist.

24

Das LSG wird abschließend auch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. Januar 2009 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Übernahme von Schulden, die im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis des Klägers entstanden sind.

2

Der Kläger bezog von dem Beklagten seit April 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Der Beklagte gewährte Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen. Der Kläger war ab Februar 2005 in Rückstand mit den Mietzahlungen geraten. Die Vermieterin kündigte das Mietverhältnis und erhob Mietzahlungs- und Räumungsklage. Dieser Rechtsstreit endete durch Vergleich vor dem Amtsgericht Lichtenberg vom 1.3.2006, wonach das Mietverhältnis seitens der Vermieterin fortgesetzt werde für den Fall, dass der Kläger bis zum 3.4.2006 die Mietschulden in Höhe von 2222,47 Euro begleiche.

3

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 25.4.2006 bei dem Beklagten die Übernahme der Schulden. Er wies zugleich darauf hin, dass er mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den Träger der Sozialhilfe auf Übernahme der Mietschulden vor dem Sozialgericht (SG) erfolglos geblieben und erst im Laufe des Aprils auf die Änderung der Rechtslage nach § 22 Abs 5 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) aufmerksam gemacht worden sei. Er legte ferner eine Erklärung der Vermieterin vom 18.5.2006 vor, dass diese das Mietverhältnis fortsetze, wenn neben dem Betrag aus dem Vergleich weitere Rechtsanwalts-, Gerichts- und Vollstreckungskosten in Höhe von 2183,48 Euro, insgesamt mithin 4405,95 Euro gezahlt würden. Weiterhin legte er ein Attest des Neurologen und Psychiaters Dr. M vor, wonach im Falle des Wohnungsverlustes Selbsttötungsgefahr bestehe. Der Kläger nahm schließlich ein mit 15 % verzinsliches Darlehen auf und zahlte hiervon die Mietrückstände und die Verfahrenskosten. Die Räumung der Wohnung konnte so abgewendet werden.

4

Antrag, Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg (Bescheid vom 11.5.2006, Widerspruchsbescheid vom 7.8.2006, Gerichtsbescheid des SG Berlin vom 14.8.2007).

5

Die Berufung des Klägers, mit der er die Zahlung von 4405,95 Euro nebst 15 % Zinsen seit dem 8.9.2006 geltend gemacht hat, hat das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 30.1.2009 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die zwischenzeitlich erfolgte Begleichung der Schulden habe einen möglichen Anspruch nach § 22 Abs 5 SGB II entfallen lassen. Daran ändere nichts, dass der Kläger hierfür andere Verbindlichkeiten eingegangen sei. Für eine nachträgliche Übernahme von Schulden, die nicht mehr der Sicherung der Unterkunft oder der Behebung einer vergleichbaren Notlage diene, sei schon nach dem Wortlaut der Vorschrift kein Raum. Ob der Kläger über Schonvermögen verfügt habe, das er zur Begleichung der Mietschulden einzusetzen gehabt hätte, sei damit unerheblich. Ebenso sei dem klägerischen Antrag auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens nicht nachzugehen gewesen. Dies könne allenfalls Aufschluss darüber geben, ob die Beklagte seinerzeit zur Übernahme der Schulden verpflichtet gewesen wäre. Der hilfsweise in der Berufungsverhandlung gestellte Antrag, die Beklagte zur Übernahme der Beträge im Wege der Folgenbeseitigung zu übernehmen, sei unzulässig, weil hierzu ein Vorverfahren nicht durchgeführt worden sei. Im Übrigen sei dieser Antrag auch unbegründet, weil ein Anspruch auf Folgenbeseitigung auf den Bereich der Eingriffsverwaltung beschränkt sei.

6

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Senat zugelassenen Revision. Das LSG sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass Schulden iS des § 22 Abs 5 SGB II nicht mehr vorlägen, weil er das notwendige Geld zur Abwendung der Wohnungslosigkeit im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Tatsachengerichts selbst aufgebracht habe. Der Anspruch auf Übernahme der Mietschulden habe sich mit der Eingehung neuer Verbindlichkeiten nicht tatsächlich und rechtlich erledigt. Für den Fall der Eingehung von Verbindlichkeiten gegenüber Dritten und deren Einsatz zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit seien solche Verbindlichkeiten normativ als Schulden im Sinne des § 22 Abs 5 SGB II anzusehen. Zu dem Zeitpunkt der Eingehung der Schulden habe Wohnungslosigkeit gedroht, die der Beklagte hätte abwenden müssen. Das LSG habe die Tatsache unberücksichtigt gelassen, dass er bereits am 12.1.2006 bei dem Beklagten und am 22.3.2006 beim Sozialhilfeträger die Übernahme der Schulden beantragt habe. Zu diesem Zeitpunkt wäre auch Schonvermögen nicht einzusetzen gewesen, sodass dieses weiterhin - wie nach der Rechtslage nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) - geschützt bleibe. Er rügt ferner die fehlerhafte Aufklärung des Sachverhalts. Das LSG sei ohne ausreichende Begründung einem von ihm in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens nicht gefolgt. Er sei aber unverschuldet aufgrund psychischer Erkrankung nicht in der Lage gewesen, sich auf andere Weise selbst zu helfen. Insbesondere der Auszug aus seiner Wohnung hätte eine weitergehende gesundheitliche Gefährdung bedeutet, die ihm nicht zumutbar gewesen wäre.

7

           

Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. Januar 2009 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 14. August 2007 sowie den Bescheid des Beklagten vom 11. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. August 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, Schulden in Höhe von 4405,95 Euro nebst 15 Prozent Zinsen seit dem 8. September 2006, als Zuschuss, hilfsweise als Darlehen, zu übernehmen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne einer Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet, § 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

11

Ob der Kläger Anspruch auf die begehrte Übernahme von Schulden nach § 22 Abs 5 SGB II hat, kann auf Grundlage des vom LSG festgestellten Sachverhalts nicht entschieden werden. Ein Anspruch auf Übernahme von Schulden, der grundsätzlich von einer gesonderten Antragstellung abhängig ist (dazu unter 2), scheidet nicht schon dann aus, wenn der Hilfebedürftige nach der maßgeblichen Antragstellung mit Hilfe eines anderweitig beschafften Darlehens die Unterkunft durch Zahlung der geschuldeten Summe gegenüber dem Vermieter gesichert hat. Eine Übernahme von Schulden kommt vielmehr in Betracht, wenn diese zunächst beantragt, der Träger der Grundsicherung über den Antrag aber nicht rechtzeitig entschieden oder den Antrag rechtswidrig abgelehnt hatte (dazu unter 3). Das LSG wird daher zu prüfen haben, ob zum Zeitpunkt der Aufnahme des Darlehens, der bislang noch nicht festgestellt ist, ein originärer Anspruch auf Übernahme der Schulden nach § 22 Abs 5 SGB II bestand(dazu unter 4). Bestand ein solcher Anspruch, kommt auch die Übernahme der im weiteren Verlauf entstandenen Schulden in Betracht, wenn bei rechtzeitigem rechtmäßigen Handeln des Beklagten solche Mehrkosten nicht entstanden wären (dazu unter 5).

12

1. Die Klage ist als Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl § 54 Abs 1, 4 SGG) zulässig. Streitgegenstand ist allein die begehrte Übernahme von Schulden. Gegenstand des Rechtsstreits ist damit der Bescheid vom 11.5.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.8.2006. Das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers steht nicht deshalb in Frage, weil er im Laufe des Verfahrens die Schulden aus dem Mietverhältnis gegenüber der Vermieterin anders als durch die ursprünglich begehrte Leistung aufgebracht und beglichen und so den drohenden Verlust der Wohnung selbst endgültig abgewendet hat. Da er hierfür anderweitige Verbindlichkeiten und entsprechende (gegenüber einer Darlehensgewährung durch den Beklagten weitaus ungünstigere) Rückzahlungsverpflichtungen eingegangen ist, bleibt die Frage zu klären, ob ihm ein Leistungsanspruch weiterhin zusteht oder ein solcher Anspruch wegen dieser zwischenzeitlichen "Selbstbeschaffung" ausscheidet, wie das LSG meint.

13

2. Als Anspruchsgrundlage kommt für den Kläger, der nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG als alleinstehender, erwerbsfähiger Hilfebedürftiger seit April 2005 durchgehend Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung (vgl §§ 19, 22 Abs 1 SGB II) bezogen hat, nur § 22 Abs 5 SGB II(eingefügt zum 1.4.2006 mit dem Gesetz zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 24.3.2006, BGBl I 558) in Betracht. Nach dessen Satz 1 können, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen nach Satz 2 übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen (Satz 3). Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden (Satz 4).

14

Ein Anspruch auf Übernahme von Schulden iS des § 22 Abs 5 SGB II ist im Regelfall vom Antrag auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß §§ 19 ff SGB II nicht erfasst, sondern vom Hilfebedürftigen gesondert geltend zu machen. Der von § 22 Abs 5 SGB II zu deckende Bedarf kommt unabhängig vom Bedarf auf laufende Leistungen nicht schon dann als Leistung in Betracht, wenn Schulden in Bezug auf die Unterkunft tatsächlich entstehen. Insoweit unterscheidet er sich von einmaligen Sonderbedarfen nach § 23 Abs 3 SGB II, die nicht gesondert beantragt werden müssen (vgl dazu Urteil des Senats vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Erst wenn sich der Hilfebedürftige nicht mehr in der Lage sieht, trotz des Bezuges von Leistungen nach §§ 19, 22 Abs 1 SGB II und seiner Verpflichtung, vorrangig eigene Mittel zur Schuldentilgung einzusetzen, seine Unterkunft zu sichern, kommt eine Übernahme der Schulden in Betracht. Der Antragsteller muss deshalb die weitergehende Notwendigkeit von zusätzlichen Geldleistungen zur Sicherung der Unterkunft in seinem Vorbringen gegenüber dem Träger der Grundsicherung zum Ausdruck bringen. Erst ein solches Vorbringen kann als Antrag ausgelegt werden und den entsprechenden Anspruch auf Übernahme von Schulden auslösen.

15

Maßgeblicher Zeitpunkt der Antragstellung für die Leistung nach § 22 Abs 5 SGB II ist vorliegend damit der 25.4.2006. Soweit der Kläger mit seinem Revisionsvorbringen vorträgt, er habe die Leistungen bereits am 12.1.2006 beim Träger der Grundsicherung beantragt, ergibt sich dies zwar aus dem Akteninhalt. Der Beklagte hatte diesen Antrag allerdings bereits mit bestandskräftigem Bescheid vom 16.1.2006 beschieden.

16

3. Bei den vom Kläger im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG geltend gemachten Beträgen handelt es sich entgegen der Auffassung des LSG um Schulden im Sinne des § 22 Abs 5 SGB II.

17

a) Die Abgrenzung von Schulden nach § 22 Abs 5 SGB II von den übrigen Kosten der Unterkunft und Heizung, die nach § 22 Abs 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen sind, ist unabhängig von der zivilrechtlichen Einordnung zu treffen. Ausgehend von dem Zweck der Leistungen nach dem SGB II ist danach zu unterscheiden, ob es sich um einen tatsächlich eingetretenen und bisher noch nicht von dem SGB II-Träger gedeckten Bedarf handelt oder nicht (vgl BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 62/09 R -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 17).

18

Soweit der Kläger in der Zeit ab April 2005 mit den Mietzahlungen in Rückstand geraten ist, handelt es sich bei den aufgelaufenen Beträgen schon deswegen um Schulden iS des § 22 Abs 5 SGB II, weil der Beklagte nach den Feststellungen des LSG den Anspruch auf Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in vollem Umfang ("in Höhe der tatsächlichen Miete") erfüllt hat. Im Hinblick auf die Kosten für Unterkunft und Heizung lässt aber die zweckwidrige Verwendung der vom Träger der Grundsicherung bewilligten Mittel durch den Hilfeempfänger einen erneuten Anspruch nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nicht entstehen. Sind insoweit Schulden entstanden, kann nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen des Abs 5 ein Anspruch auf Übernahme der Schulden bestehen.

19

Auch soweit der Kläger seinen fälligen Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis in Zeiträumen nicht nachgekommen ist, in denen er keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bezogen hat, gehören solche Schulden nicht zu den Aufwendungen nach § 22 Abs 1 SGB II, weil sie keinem laufenden Bewilligungszeitraum zugeordnet werden können. Verbindlichkeiten, die nicht im laufenden Bezug (etwa nach Abrechnung von Nebenkosten) fällig werden, sondern bereits zuvor bestanden haben, sind bei der Prüfung des aktuellen Bedarfs für Unterkunft und Heizung, den § 22 Abs 1 SGB II abdecken soll, grundsätzlich unbeachtlich. Die anteilige Berücksichtigung nach Kalendertagen im laufenden Monat kommt nur in Betracht, soweit die Miete bereits vor der (ersten) Antragstellung fällig geworden war (vgl § 41 Abs 1 Satz 3 SGB II; dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 22). Schulden aus Monaten, die dem Monat der (ersten) Antragstellung vorangegangen sind (hier also den Monaten Februar und März 2005), können in der Folgezeit damit nur unter den Voraussetzungen des § 22 Abs 5 SGB II übernommen werden.

20

b) Entgegen der Auffassung des LSG scheidet ein Anspruch nach § 22 Abs 5 SGB II nicht schon dann aus, wenn der Kläger nach Antragstellung mit Hilfe eines anderweitig beschafften Darlehens die Unterkunft durch Zahlung der geschuldeten Summe gegenüber dem Vermieter selbst gesichert hat. Auch Schulden gegenüber einem Dritten, die der Hilfebedürftige nach Antragstellung beim Träger der Grundsicherung eingegangen ist, um drohende Wohnungslosigkeit abzuwenden, können Schulden im Sinne des § 22 Abs 5 SGB II sein. Der Wortlaut des § 22 Abs 5 SGB II ist insoweit offen gefasst und ausdrücklich nicht auf Schulden aus dem Mietvertrag beschränkt. Diese Auslegung entspricht auch Sinn und Zweck der Vorschrift. Die ausnahmsweise Übernahme von Schulden soll dann ermöglicht werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft gerechtfertigt erscheint.

21

Jedenfalls für den Fall, dass eine Entscheidung des Trägers der Grundsicherung nicht mehr rechtzeitig erfolgt ist oder der Träger der Grundsicherung die Übernahme der Schulden rechtswidrig abgelehnt hatte und die Aufnahme eines Privatdarlehens aus diesem Grund erforderlich für die Abwendung der Wohnungslosigkeit war, kommt die Übernahme dieser "neuen" Schulden (an Stelle der ursprünglich gegenüber dem Vermieter bestehenden Schulden) in Betracht. Dies entspricht der im Sozialversicherungsrecht geltenden Pflicht zur Kostenerstattung bei nicht rechtzeitiger oder zu Unrecht verweigerter Sachleistung, die von der Rechtsprechung über den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 13 Abs 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) hinaus als allgemein gültiges Rechtsprinzip angesehen wird(vgl BSGE 89, 50, 56 f = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 8 = juris RdNr 36). Auch im Anwendungsbereich des SGB XII (wie auch zuvor des Bundessozialhilfegesetzes) kann dem Hilfesuchenden eine zwischenzeitliche Selbstbeschaffung der begehrten Leistung unter dem Gesichtspunkt einer "Zweckverfehlung" der ursprünglich beantragten Leistung nicht entgegengehalten werden (vgl BSG SozR 4-3500 § 21 Nr 1 RdNr 11 für die Übernahme von Kosten für eine Haushaltshilfe nach dem SGB XII unter Hinweis auf BVerwGE 90, 154, 156; 91, 245, 247 f; 94, 127, 135; 96, 152, 157; ausführlich Grube, Sozialrecht aktuell 2010, 11, 12). Soweit Leistungen nach dem SGB II nicht ohnehin pauschaliert und von daher dem Gedanken einer zwischenzeitlichen "faktischen" Bedarfsdeckung nicht zugänglich sind (vgl dazu etwa Urteil des Senats vom 18.2.2010 - B 14 AS 32/08 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), gilt nichts anderes. An die Stelle der ursprünglich begehrten Übernahme der Schulden gegenüber dem Vermieter treten dann die Schulden, die gegenüber dem Dritten eingegangen worden sind. Sind durch eine notwendig gewordene anderweitige Finanzierung weitergehende Kosten entstanden, kommt auch deren Übernahme unter dem Gesichtspunkt der Kostenerstattung in Betracht (dazu im Einzelnen unter 5).

22

Das LSG wird daher zu prüfen haben, wann der Kläger die noch bestehenden Verbindlichkeiten eingegangen ist. Lediglich wenn die Schulden gegenüber der Vermieterin bereits vor Antragstellung anderweitig als durch die vom Beklagten begehrte Geldleistung getilgt und die Unterkunft gesichert worden war (wofür der Vortrag des Klägers in der Revisionsinstanz und der vom LSG mitgeteilte Sachverhalt bislang keine Anhaltspunkte bieten), scheidet ein Anspruch nach dem Gesagten regelmäßig aus.

23

Ein Anspruch auf Übernahme von Schulden kann schließlich dann ("ersatzlos") entfallen, wenn die ursprünglich bewohnte Wohnung in der Folge aufgegeben wird und das gesetzliche Ziel der Übernahme der Schulden - der Erhalt der Wohnung - schon tatsächlich nicht mehr erreicht werden kann. Für eine Übernahme der Schulden nach § 22 Abs 5 SGB II lediglich unter dem Aspekt einer finanziellen Restitution ist kein Raum. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.

24

4. Die mithin erforderliche Prüfung, ob der Kläger die Übernahme der Schulden nach § 22 Abs 5 Satz 1 und 2 SGB II verlangen kann, kann der Senat auf Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend durchführen.

25

a) Ausgangspunkt der vom LSG noch durchzuführenden Prüfung ist dabei zunächst § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II, wonach die Übernahme von Schulden in jedem Fall voraussetzt, dass sie "zur Sicherung der Unterkunft" (oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage) gerechtfertigt ist.

26

§ 22 Abs 5 Satz 1 SGB II schützt nach seinem Wortlaut die Wohnung dann, wenn ihr Erhalt durch die Übernahme von Schulden gerechtfertigt ist. Grundsätzlich wird für eine Übernahme der Schulden zu fordern sein, dass die laufenden Kosten für die Unterkunft abstrakt angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II sind. Der mit der Übernahme der Schulden bezweckte langfristige Erhalt einer Wohnung erscheint nur dann gerechtfertigt, wenn die (künftigen) laufenden Kosten dem entsprechen, was innerhalb des nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in Bezug zu nehmenden Vergleichsraumes von dem Träger der Grundsicherung zu übernehmen ist. Das LSG hat (wie auch das SG) keine Feststellungen zur Höhe der laufenden Kosten der klägerischen Wohnung sowie ihrer Angemessenheit getroffen und wird dies nachzuholen haben. Die insoweit aus der Akte ersichtlichen Kosten geben allerdings keinen Anlass, ernstlich an ihrer Angemessenheit zu zweifeln, zumal der Kläger die Wohnung aktuell noch bewohnt und Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II weiterhin bezieht. Ob in Einzelfällen auch für abstrakt unangemessen teure Wohnungen, deren laufende Kosten etwa auf Grundlage des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II übernahmefähig sein mögen, die Übernahme der Schulden gerechtfertigt sein kann, kann nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens dahinstehen.

27

b) Nach § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II steht die Übernahme der Schulden im Ermessen des Grundsicherungsträgers. Dieses Ermessen ist nach Satz 2 eingeschränkt, wenn die Übernahme der Schulden gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. In diesem Fall sollen die Schulden übernommen werden. Da nach den Feststellungen des LSG die Vermieterin des Klägers bei Antragstellung nach Ablauf der vor dem Amtsgericht Lichtenberg vereinbarten Zahlungsfrist zum 3.4.2006 nur noch bereit war, das Mietverhältnis bei einer Zahlung der Schulden fortzusetzen, und offenbar ein vollstreckbarer Räumungstitel vorlag, besteht für das LSG nach Zurückverweisung Anlass zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Übernahme der Schulden auf Grundlage des Satzes 2 vorgelegen haben.

28

Auch die drohende Wohnungslosigkeit im Sinne des § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II bezieht sich in ihrem Ausgangspunkt auf die konkret bewohnte Wohnung. Es geht um den drohenden Verlust dieser Wohnung. So wie § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nicht lediglich sicherstellen soll, dass ein Ort zum Schutz vor der Witterung zur Verfügung steht, an dem der Hilfebedürftige schlafen kann(dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 14 RdNr 16), soll auch die Übernahme von Mietschulden nach Abs 5 den persönlichen Lebensbereich "Wohnung" des Hilfebedürftigen schützen. Das Tatbestandsmerkmal "drohende Wohnungslosigkeit" kann damit nicht unter Hinweis auf Unterbringungsmöglichkeiten in einer Not- oder Obdachlosenunterkunft verneint werden.

29

Soweit allerdings eine angemessene neue Wohnung gefunden werden kann, liegt drohende Wohnungslosigkeit regelmäßig nicht vor. Es ist von dem Hilfebedürftigen jedenfalls dann zu fordern, eine an sich kostenangemessene Wohnung zu verlassen und nach einem Umzug (der sich dann als notwendig iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II darstellt) eine neue Wohnung zu beziehen, wenn durch sein unwirtschaftliches Verhalten (hier die zweckwidrige Verwendung der nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II gewährten Mittel) eine Schuldenlage entstanden ist. Es geht auch im Anwendungsbereich des § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II nicht darum, den Hilfebedürftigen finanziell durch die Übernahme der Schulden zu entlasten. Deshalb kann dem Verlust einer angemessenen Unterkunft auch dadurch begegnet werden, dass eine neue Wohnung bezogen wird.

30

Drohende Wohnungslosigkeit, die einen Anspruch auf Übernahme von Schulden nach § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II auslöst, bedeutet damit den drohenden Verlust der bewohnten, kostenangemessenen Wohnung bei fehlender Möglichkeit ebenfalls angemessenen Ersatzwohnraum zu erhalten. Eine den Angemessenheitskriterien entsprechende Wohnung muss dabei konkret für den Hilfebedürftigen anmietbar sein. Ersatzwohnungen stehen beispielsweise dann zur Verfügung, wenn der Träger der Grundsicherung auf ein sog "geschütztes Marktsegment" zurückgreifen kann und dem Hilfebedürftigen eine Ersatzwohnung anbietet bzw vermittelt. Dagegen ist bei der Frage der drohenden Wohnungslosigkeit unerheblich, ob der Markt - wie nach Auffassung des Beklagten etwa in Berlin - allgemein "entspannt" ist bzw es anderen Hilfebedürftigen regelmäßig gelingt (etwa im Rahmen von Kostensenkungsbemühungen nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II), eine Ersatzwohnung zu finden. Aus den Akten ist ersichtlich, dass der Kläger vorgetragen hat, 14 Vermieter (darunter gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften mit einem großen Wohnungsbestand) wegen Ersatzwohnungen angefragt, aber wegen einer fehlenden Bescheinigung über die Mietschuldenfreiheit nur Absagen erhalten zu haben. Auch die Aufnahme auf die Warteliste für das "geschützte Marktsegment" des Sozialamtes Lichtenberg ist aktenkundig, ohne dass erkennbar würde, ob insoweit eine Ersatzwohnung vor dem Räumungstermin hätte beschafft werden können. Insbesondere diese Umstände wird das LSG zu überprüfen haben, um die notwendigen Feststellungen zur drohenden Wohnungslosigkeit iS des § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II zu treffen. Erst wenn feststeht, dass drohende Wohnungslosigkeit nicht vorgelegen hat, weil eine andere angemessene Wohnung konkret zur Verfügung stand, kommt es auf den weiteren Vortrag des Klägers an, ihm sei aus gesundheitlichen Gründen ein Umzug nicht zumutbar gewesen.

31

c) Liegt drohende Wohnungslosigkeit vor, sollen gemäß § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II die Schulden übernommen werden. Die Feststellung, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des Satzes 2 gegeben sind, bedeutet zugleich, dass dem Beklagten für die Ausübung seines Ermessens regelmäßig kein Spielraum verbleibt. Führt eine Schuldenlage zu drohender Wohnungslosigkeit im dargestellten Sinne, ist die Übernahme der Schulden im Regelfall gerechtfertigt und notwendig. Es ist regelmäßig keine andere Entscheidung als die Übernahme der Schulden denkbar, um den Anspruch des Hilfebedürftigen auf eine angemessene Unterkunft zu sichern. Lediglich in atypischen Ausnahmefällen kann die Übernahme der Schulden abgelehnt werden. Den Interessen der Allgemeinheit an der zweckentsprechenden Verwendung von Steuergeldern ist dabei zum einen dadurch Rechnung getragen, dass die Übernahme von Schulden im Regelfall nur darlehensweise erfolgt. Zum anderen wird eine Übernahme der Schulden von dem Träger der Grundsicherung regelmäßig von einer Entscheidung nach § 22 Abs 4 SGB II im Hinblick auf die künftige Mittelverwendung flankiert und so der zweckentsprechende Einsatz der Steuermittel künftig gesichert werden, wie dies vorliegend bereits im Januar 2006 geschehen ist. Andere Gesichtspunkte, die im Anwendungsbereich des Satzes 1 in die Ermessensentscheidung mit einfließen können (etwa die Höhe der Schulden im Vergleich zu den im Falle eines Umzugs vom Träger aufzuwendenden Folgekosten), finden im Rahmen des Satzes 2 schon deshalb keine Berücksichtigung mehr, weil bei drohender Wohnungslosigkeit - wie oben ausgeführt - die Alternative einer konkreten Unterkunftsmöglichkeit nicht besteht. Schließlich tritt auch wirtschaftlich unvernünftiges (vorwerfbares) Handeln des Hilfebedürftigen, das die drohende Wohnungslosigkeit (mit)verursacht haben mag, in den Fällen des Satzes 2 regelmäßig zurück. Wie bereits ausgeführt fallen in erster Linie solche Verbindlichkeiten überhaupt nur unter den Begriff der Schulden nach Abs 5, die auf ein (mehr oder weniger nachvollziehbares) Fehlverhalten des Hilfebedürftigen (sei es während des Leistungsbezuges, sei es zuvor) zurückzuführen sind. Ob ausnahmsweise anderes gelten kann, wenn zielgerichtetes Verhalten des Hilfeempfängers (insbesondere im Wiederholungsfall) zu Lasten des Trägers der Grundsicherung nachgewiesen werden kann, kann nach dem derzeitigen Verfahrensstand offen bleiben.

32

5. Auch hinsichtlich des Umfangs der zu übernehmenden Schulden gilt der Maßstab nach § 22 Abs 5 Satz 1 und 2 SGB II. Die Schulden sind also in dem Umfang zu übernehmen, in dem ihre Übernahme gerechtfertigt, und in dem sie (im Falle des Satzes 2) zur Abwendung der Wohnungslosigkeit notwendig sind.

33

Aus § 22 Abs 5 Satz 3 SGB II ergibt sich dabei, dass die Übernahme nicht gerechtfertigt ist, wenn der Hilfebedürftige mit eigenen Mitteln die Notlage abwenden kann. Der Einsatz des Grundfreibetrages nach § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II kann uneingeschränkt verlangt werden. Für den Kläger gelten hier keine Einschränkungen deshalb, weil er sich unter Geltung der alten Rechtslage noch an den Träger der Sozialhilfe gewandt hatte. Abgesehen davon, dass im Anwendungsbereich des SGB XII ein so weitgehender Schutz wie in § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II nicht zum Tragen kommt, sind Übergangsregelungen nicht ersichtlich und erscheinen auch nicht erforderlich. Der Freibetrag für notwendige Anschaffungen nach § 12 Abs 2 Nr 4 SGB II ist in § 22 Abs 5 Satz 3 SGB II zwar nicht erwähnt. Dieser Betrag ist jedoch auch und gerade zum Einsatz in unvorhergesehenen Bedarfslagen gedacht, sodass nicht ersichtlich ist, weshalb er in Ansehung von Mietschulden geschützt sein sollte. Ob solches Vermögen im Zeitpunkt der Antragstellung überhaupt vorlag, wird das LSG festzustellen haben.

34

Die Übernahme von Kosten der Vermieterin, die nicht aus dem Mietverhältnis stammen, aber an die sie (nach Ablauf der in § 543 Abs 2 Nr 3 Bürgerliches Gesetzbuch vorgesehenen Fristen zur Abwendung einer Kündigung wegen Zahlungsrückständen zulässigerweise) die Fortführung bzw den Neuabschluss des Mietverhältnisses geknüpft hat, können nach dem oben Ausgeführten ebenfalls zu den im Rahmen des § 22 Abs 5 SGB II übernahmefähigen Kosten gehören. Im Hinblick auf den vorliegenden Einzelfall, der durch den Zuständigkeitswechsel der Träger aufgrund der Rechtsänderung gekennzeichnet ist, erscheinen sie im Zeitpunkt der Antragstellung als nicht (mehr) abwendbar und damit (sofern die Voraussetzungen des Satzes 2 vorliegen) notwendig zur Sicherung der Wohnung.

35

Schließlich ist auch die Frage, ob dem Kläger die geltend gemachten Zinsen zuzusprechen sind, danach zu entscheiden, ob die Aufnahme des Kredits zu den dargestellten Bedingungen zur Abwendung der Wohnungslosigkeit notwendig war. Es sind hierdurch zwar erhebliche Mehrkosten entstanden, die bei Übernahme der ursprünglich bestehenden Schulden durch den Beklagten nicht angefallen wären. Die Erstattung von Kosten bei Selbstbeschaffung unaufschiebbarer Sozialleistungen (dh in Eil- und Notfällen trotz rechtzeitiger Antragstellung) sowie im Falle rechtswidriger Leistungsablehnung ist aber Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens im Sozialrecht (vgl bereits BSGE 89, 50, 56 f = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 8 = juris RdNr 36; Grube, Sozialrecht aktuell 2010, 11, 12). Solche Mehrkosten sind im Rahmen des § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II grundsätzlich übernahmefähig, wenn andere Möglichkeiten der Sicherung der Wohnung (vor allem ein nochmaliger Aufschub durch den Vermieter bis zur endgültigen Entscheidung des Leistungsträgers) endgültig ausscheiden. Wegen der Einzelheiten der Darlehensgewährung wird das LSG diese Voraussetzungen und sodann abschließend zu überprüfen haben, ob dem Kläger eine günstigere Möglichkeit der Kreditaufnahme offen gestanden hätte.

36

Das LSG wird auch abschließend über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 19. Mai 2011 geändert und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 8. Oktober 2008 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass dem Kläger für bereits entstandene Reparatur- und Wartungskosten des Zweit-Elektrorollstuhls 4072,13 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu erstatten sind.

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten des Klägers; im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig sind die Erstattung von Reparatur- und Wartungskosten für einen zweiten Elektrorollstuhl sowie die Übernahme zukünftiger Kosten.

2

Der 1973 geborene, bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte und in einem Pflegeheim lebende Kläger leidet an den Folgen einer spastischen Tetraplegie, die ihn dauernd auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen sein lässt. Eine selbstständige Fortbewegung ohne fremde Hilfe ist behinderungsbedingt nur mit einem Elektrorollstuhl möglich. Der Kläger ist deswegen von der beklagten Krankenkasse zuletzt 2001 mit einem Elektrorollstuhl "Chairman" mit integrierter Aufstehvorrichtung und Joystick-Steuerung sowie individueller Anpassung der Sitzschale ausgestattet worden (im Folgenden: Erst-Elektrorollstuhl). Zusätzlich hat er 2006 einen neuen Leichtgewichtsrollstuhl für Aktivitäten erhalten, bei denen der Elektrorollstuhl nicht mitgeführt werden kann. Im Zuge dessen hatte die Beklagte den Kläger zunächst aufgefordert, den ihm ursprünglich im Jahre 1999 überlassenen und 2001 durch den neuen Elektrorollstuhl ersetzten Elektrorollstuhl "Allround" (im Folgenden: Zweit-Elektrorollstuhl) zurückzugeben. Davon hat sie im weiteren Verlauf zwar Abstand genommen, jedoch zugleich entschieden, dass sie die Kosten zukünftiger Reparaturen und Wartungen für den Zweit-Elektrorollstuhl nicht mehr tragen werde (Bescheid vom 27.9.2006; Widerspruchsbescheid vom 19.1.2007).

3

Im Februar 2007 hat der Kläger unter Verweis auf mehrfache Ausfallzeiten seines Erst-Elektrorollstuhls über mehrere Wochen - in einem Fall sogar über 2 ½ Monate - Klage mit dem Ziel erhoben, die Beklagte zur Übernahme der Reparatur- und Wartungskosten an dem Zweit-Elektrorollstuhl zu verpflichten. Das SG hat die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verurteilt, die bereits entstandenen und zukünftig entstehenden Reparatur- und Wartungskosten für den Zweit-Elektrorollstuhl zu übernehmen, weil der Kläger wegen erheblicher Ausfallzeiten des Erst-Elektrorollstuhls während dessen Reparatur einen zweiten Elektrorollstuhl benötige (Urteil vom 8.10.2008). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG geändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 19.5.2011): Der Kläger habe weder Anspruch auf die Zusage der dauerhaften Übernahme von Reparaturkosten für seinen Zweit-Elektrorollstuhl noch könne er - wie im Berufungsverfahren ergänzend beantragt - die Erstattung der bis dahin aufgelaufenen Reparaturkosten beanspruchen. Der Rollstuhl sei nach einem von der Beklagten zwischenzeitlich eingeholten Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) so erheblich verschlissen, dass eine Verpflichtung zur Übernahme künftiger Reparaturkosten mit den Anforderungen des Wirtschaftlichkeitsgebots nach § 12 Abs 1 SGB V nicht zu vereinbaren sei. Aber auch die von dem Kläger bis dahin getragenen Reparaturkosten seien nicht zu übernehmen. Jedenfalls ab dem Zeitpunkt der Erstellung des MDK-Gutachtens seien diese Kosten wegen des Verschleißes des Zweit-Elektrorollstuhls als unwirtschaftlich anzusehen. Für den Zeitraum davor sei es ihm gerade noch zumutbar gewesen, bei Reparaturen des Erst-Elektrorollstuhls Ausfallzeiten von 4 - 6 Wochen hinzunehmen und insoweit die Hilfe von Pflegepersonen in Anspruch zu nehmen.

4

Mit seiner vom BSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Die Entscheidung des LSG zwinge ihn, die Versorgung mit einem unzureichenden Hilfsmittel in Kauf zu nehmen. Seiner Behinderung werde allein die Versorgung mit einem Elektrorollstuhl gerecht. Dies diene der eigenständigen Fortbewegung und erfülle damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens; dies müsse auch für die in erheblichem Maße angefallenen Ausfallzeiten gelten. Im Übrigen sei die Annahme lebensfremd, dass er in dem Pflegeheim für jeden individuellen Positionswechsel im Rollstuhl Pflegepersonal in Anspruch nehmen könne.

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Der Kläger beantragt,
das Urteil des Hessischen LSG vom 19. Mai 2011 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Wiesbaden vom 8. Oktober 2008 mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass ihm für bereits entstandene Reparatur- und Wartungskosten des Zweit-Elektrorollstuhls "Allround" 4072,13 Euro nebst Zinsen zu erstatten sind.

6

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers hat Erfolg, soweit er die Erstattung der bisher angefallenen Reparaturkosten für seinen Zweit-Elektrorollstuhl beansprucht. Zu Recht hat die Beklagte es dagegen abgelehnt, den Zweit-Elektrorollstuhl auch in Zukunft ständig funktionsfähig zu erhalten; dies hat das LSG zutreffend entschieden.

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1. Als Rechtsgrundlage für die in Zukunft begehrten Reparaturleistungen kommt nur § 34 Abs 1 S 1 SGB X iVm § 33 Abs 1 S 4 SGB V(hier in der insoweit gleichlautenden Fassung von Art 5 Nr 9 des SGB IX vom 19.6.2001, BGBl I 1046, und - ab 1.4.2007 - Art 1 Nr 17 Buchst a des GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378) in Betracht. Danach umfasst der Hilfsmittelanspruch nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V zwar die "notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln"(§ 33 Abs 1 S 4 SGB V). Hierüber kann eine in die Zukunft reichende Zusicherung gemäß § 34 Abs 1 S 1 SGB X indes nur erteilt werden, wenn die Sach- und Rechtslage - wie aus § 34 Abs 3 SGB X zu schließen ist - bereits gegenwärtig eine abschließende positive Sachentscheidung erlaubt. Das aber ist nicht der Fall, weil bindende Reparaturzusagen für künftige Reparaturfälle unabhängig vom konkreten Reparaturbedarf - wie vom Kläger erstrebt - schon allgemein unvereinbar mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V sind und dafür bei einer Zweit-Versorgung wie hier erst Recht kein Raum ist.

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a) Anders als der Kläger möglicherweise meint, räumt § 33 Abs 1 S 4 SGB V mit dem Anspruch auf "Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln" keine isoliert zu betrachtende Rechtsposition ein. Systematisch ist die Regelung vielmehr ausschließlich in Bezug auf den Primäranspruch des § 33 Abs 1 S 1 SGB V zu sehen, der die Versorgung mit den Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln gewährleistet, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Diese im Einzelfall notwendigen Hilfsmittel haben die Krankenkassen den Versicherten unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots nach § 12 Abs 1 SGB V als Sachleistung zur Verfügung zu stellen, soweit weder das SGB V noch das SGB IX etwas Abweichendes vorsehen(vgl § 2 Abs 1 S 1 und Abs 2 S 1 SGB V). Teil dieser Leistungspflicht sind demgemäß auch die notwendigen Maßnahmen bei einem Defekt oder der sonstigen Störung eines Hilfsmittels. Daher sieht § 33 Abs 1 S 4 SGB V ausdrücklich vor, dass "der Anspruch" - gemeint ist der Anspruch nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V - auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln umfasst.

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b) Damit begründet § 33 Abs 1 S 4 SGB V indes keinen einklagbaren Anspruch auf Durchführung einer bestimmten Reparaturmaßnahme im Fall eines Hilfsmitteldefekts. Einen notfalls auch gerichtlich durchsetzbaren Anspruch haben die Versicherten nur darauf, auf der Rechtsgrundlage von § 33 Abs 1 S 1 SGB V überhaupt mit einem funktionsfähigen Hilfsmittel versorgt zu sein. Wie die Krankenkassen dies im Einzelnen sicherstellen, ist dagegen ihrer pflichtgemäßen Entscheidung im Rahmen ihrer Sachleistungsverantwortung nach § 2 Abs 1 S 1 SGB V überlassen. Im Außenverhältnis zum Versicherten ist es deshalb rechtlich ohne Bedeutung, ob die Krankenkasse auf den Defekt eines Hilfsmittels durch Instandsetzung oder durch Ersatzbeschaffung reagiert, wenn sie denn den Gebrauch des im Einzelnen notwendigen Hilfsmittels nur überhaupt ermöglicht. Dies schließt es schon im Ansatz aus, eine Krankenkasse unabhängig von Zustand und Restwert eines Hilfsmittels sowie dem Anlass einer möglichen Reparatur - von ihrer tatsächlichen Durchführbarkeit ganz abgesehen - zur Übernahme aller künftig anfallenden Reparaturkosten für ein bestimmtes Hilfsmittel zu verpflichten, wie es das SG ausgesprochen hat und der Kläger weiterhin begehrt.

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c) Das gilt hier umso mehr, als sich die von dem Kläger begehrte Zusage auf die Reparatur eines Ersatz-Hilfsmittels richtet. Unbeschadet der Verpflichtung der Beklagten, Defekte an dem von ihr nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V zur Verfügung zu stellenden Elektrorollstuhl binnen angemessener Frist zu beheben, ist es nach der aufgezeigten Regelungssystematik allein ihre Sache, im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots aus § 12 Abs 1 SGB V über die dazu im Einzelnen erforderlichen Maßnahmen zu entscheiden. Das mag es nicht ausschließen, einem Versicherten in Einzelfällen funktionsfähige Ersatzhilfsmittel zur Verfügung zu stellen, wenn anders das Versorgungsgebot des § 33 Abs 1 S 1 SGB V wirtschaftlich nicht sicherzustellen ist. Dies zu entscheiden obliegt jedoch grundsätzlich der Krankenkasse und ihrer Einschätzung der jeweils zu Gebote zu stehenden Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Umsetzung ihres Versorgungsauftrags aus § 2 Abs 2 S 1 iVm § 33 Abs 1 S 1 SGB V, ohne dass hiervon im Regelfall die Rechtsposition der Versicherten betroffen wäre. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn die Sicherstellung einer ausreichenden Hilfsmittelversorgung ohne dauerhaft zur Verfügung gestellte Zweitversorgung als Vorsorge für Reparaturfälle im Einzelfall aus besonderen Gründen schlechterdings ausgeschlossen erscheint (ähnlich bereits Beschluss des erkennenden Senats vom 6.8.2009 - B 3 KR 4/09 B - juris RdNr 8). Dies ist vorliegend nicht der Fall; doch selbst wenn es hier so wäre, obläge es immer noch der Entscheidung der Beklagten, ob sie dem Kläger als Zweit-Elektrorollstuhl einen neuen (Ersatz-)Rollstuhl zur Verfügung stellt oder den 2001 ersetzten Elektrorollstuhl durch Reparatur funktionsfähig hält.

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2. Rechtsgrundlage für die Erstattung der vom Kläger in der Vergangenheit für seinen Zweit-Elektrorollstuhl aufgewandten Reparaturkosten ist § 13 Abs 3 S 2 SGB V iVm § 15 Abs 1 S 4 SGB IX. Danach ist die Krankenkasse als Trägerin der medizinischen Rehabilitation zur Erstattung der Kosten für eine vom Versicherten selbst beschaffte Leistung ua dann verpflichtet, wenn sie diese nach Maßgabe des für sie geltenden Leistungsrechts - hier des SGB V - zu Unrecht abgelehnt hat und zwischen der rechtswidrigen Ablehnung und der Kostenlast des Versicherten ein Ursachenzusammenhang besteht (stRspr, vgl zuletzt BSG Urteil vom 18.5.2011 - B 3 KR 12/10 R - juris RdNr 7 mwN, Rollstuhl-Bike III). Dies ist hier der Fall, weil die Beklagte bei Ausfallzeiten des Erst-Elektrorollstuhls von bis zu 2 1/2 Monaten nicht für eine hinreichende Hilfsmittelausstattung des Klägers Sorge getragen hat und der Kläger sich deshalb veranlasst sehen durfte, seinen Zweit-Elektrorollstuhl weiter funktionsfähig zu halten.

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a) Ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats zufolge haben die Leistungen zum Behinderungsausgleich gemäß § 33 Abs 1 S 1, 3. Variante SGB V zwei Zielrichtungen: Im Vordergrund steht der Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion selbst; bei diesem sog unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (stRspr, BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 18 mwN - Badeprothese). Dabei kann die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem nicht behinderten Menschen erreicht ist (BSG aaO; vgl auch BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 mwN - C-leg-Prothese). Die Prüfung, ob mit der vorgesehenen Verwendung ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betroffen ist, entfällt in den Fällen der Erst- oder Ersatzausstattung, weil sich die unmittelbar auszugleichende Funktionsbeeinträchtigung selbst immer schon auf ein Grundbedürfnis bezieht; die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion ist als solche ein Grundbedürfnis (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 18 - Badeprothese).

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b) Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, direkte und indirekte Folgen der Behinderung auszugleichen. Im Rahmen dieses sog mittelbaren Behinderungsausgleichs geht es nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl § 1 SGB V, § 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme (zum mittelbaren Behinderungsausgleich zuletzt eingehend: BSGE 107, 44 = SozR 4-2500 § 33 Nr 31, RdNr 18 - Scalamobil sowie BSGE 108, 206 = SozR 4-2500 § 33 Nr 34, RdNr 32 ff - Rollstuhl-Bike III, jeweils mwN). Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist daher von der GKV nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft (stRspr, zuletzt BSGE 109, 199 = SozR 4-2500 § 33 Nr 37, RdNr 14 mwN - Therapiestuhl). Nach ständiger Rechtsprechung gehören zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnehmen, Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (vgl zuletzt BSG aaO, mwN).

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c) Den hieraus sich ergebenden Ausgleichsanforderungen genügt die Krankenkasse für das Grundbedürfnis auf Erschließung eines körperlichen Freiraums bei Versicherten, denen - wie hier beim Kläger - behinderungsbedingt eine eigenständige Fortbewegung in zumutbarer Weise (vgl hierzu BSGE 108, 206 = SozR 4-2500 § 33 Nr 34, RdNr 41 - Rollstuhl-Bike III) mit einem Aktivrollstuhl nicht möglich ist, nach der Rechtsprechung des BSG nur durch die Versorgung mit einem entsprechend ausgestatteten Elektrorollstuhl. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist es wesentliches Ziel der Hilfsmittelversorgung, dass behinderte Menschen nach Möglichkeit von der Hilfe anderer Menschen unabhängig, zumindest aber deutlich weniger abhängig werden (Urteil vom 12.8.2009 - B 3 KR 8/08 R - SozR 4-2500 § 33 Nr 27, RdNr 18 f - Elektrorollstuhl). Die spezielle Pflicht der GKV, behinderten Menschen durch eine angemessene Hilfsmittelversorgung eine möglichst selbstständige Lebensführung zu bewahren, ergibt sich zunächst aus der allgemeinen Pflicht der Sozialversicherungsträger, in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich die sozialen Rechte der Versicherten und Leistungsberechtigten zu sichern. Nach § 2 Abs 2 SGB I sind die "nachfolgenden sozialen Rechte" bei der Auslegung der Vorschriften des Sozialgesetzbuchs(SGB I bis SGB XII) und bei der Ausübung des Ermessens zu beachten; dabei ist sicherzustellen, dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden. Der Bereich der Hilfsmittelversorgung durch die Krankenkassen ist speziell in § 4 Abs 2 Nr 1 SGB I angesprochen, wonach Versicherte im Rahmen der GKV ein Recht auf die notwendigen Maßnahmen zum Schutz, zur Erhaltung, zur Besserung und zur Wiederherstellung der Gesundheit und der Leistungsfähigkeit haben. Die Hilfsmittelversorgung dient dabei der Sicherung des Erfolges der Krankenbehandlung, der Vorbeugung gegen eine drohende Behinderung und dem Behinderungsausgleich (§ 33 Abs 1 S 1 SGB V). Im Bereich der Pflegeversicherung findet sich eine ähnliche Verpflichtung: Die Pflegekassen haben pflegebedürftige Versicherte ua dann mit Pflegehilfsmitteln auszustatten, wenn diese ihnen eine "selbständigere Lebensführung ermöglichen" (§ 40 Abs 1 SGB XI).

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d) Diese Anforderungen sind auch bei Defekten eines von der Krankenkasse zur Verfügung gestellten Rollstuhls zu beachten. Die Krankenkasse genügt ihrer Leistungspflicht ersichtlich nicht schon dann, wenn sie überhaupt für eine Reparatur oder Ersatzbeschaffung Sorge trägt. Maßstab der Versorgung ist vielmehr auch bei einem Hilfsmitteldefekt allein der Anspruch aus § 33 Abs 1 S 1 SGB V. Das ist die Kehrseite dessen, dass § 33 Abs 1 SGB V keinen gesonderten Anspruch auf die Instandsetzung eines Hilfsmittels vorsieht, sondern nur den Grundanspruch nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V kennt. Dies bedeutet nicht, dass die Krankenkassen bei jeglichem Ausfall eines Hilfsmittels sofort einen Ersatz zu stellen haben. Jedoch müssen sowohl die notwendigen Entscheidungsprozesse als auch die tatsächlichen Instandsetzungs- oder Ersatzbeschaffungsmaßnahmen so organisiert sein, dass die Versicherten bei einem Hilfsmitteldefekt in zumutbarer Zeit wieder in einer den Anforderungen des § 33 Abs 1 S 1 SGB V genügenden Weise versorgt sind.

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e) Diese Pflicht zur zeitnahen Instandsetzungs- oder Ersatzbeschaffung wird nicht für alle Hilfsmittel und alle Versorgungsfälle einheitlich zu beurteilen sein. Einen Anhaltspunkt für die insoweit einerseits von den Versicherten hinzunehmende und andererseits von den Rehabilitationsträgern zu beachtende Zeitspanne bieten aber § 14 Abs 2 S 2 und § 15 Abs 1 S 2 und 3 SGB IX, die eine Entscheidung über den Teilhabebedarf selbst - ohne Zeiten einer etwaigen Begutachtung - regelmäßig innerhalb von drei Wochen vorsehen und nach Ablauf einer weiteren angemessenen Frist den Weg zur Selbstbeschaffung der begehrten Leistung eröffnen. Das spricht zur Überzeugung des Senats dafür, dass Versicherte zwar defektbedingte Ausfallzeiten in geringem Maße - zusammenhängend etwa bis zur Obergrenze von 10 Tagen und abhängig von den Gegebenheiten des Einzelfalles - hinzunehmen haben, wenn ihrem Versorgungsbedürfnis ansatzweise auf andere Weise Rechnung getragen ist, wie hier mit dem Aktivrollstuhl und der Möglichkeit, diesen von Mitarbeitern des Wohnheims bedienen zu lassen. Unversorgte Zeiten über dieses Maß hinaus - an das bei mehreren Ausfallzeiten pro Jahr noch strengere Maßstäbe anzulegen sein dürften - sind hingegen mit den aus § 33 Abs 1 S 1 abzuleitenden Anforderungen in aller Regel nicht vereinbar.

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f) Diesen Anforderungen genügte die Versorgung seitens der Beklagten hier bei Weitem nicht. Insbesondere kam es im Jahr 2006 nach den unbestrittenen Angaben des Klägers bei dem Erst-Elektrorollstuhl zu Ausfallzeiten von zum Teil mehreren Wochen bis hin zu 2 ½ Monaten (24.1. bis 26.1.2006, 2.3. bis 21.3.2006, 25.4. bis 27.4.2006 sowie 8.8. bis 2.11.2006). Das setzte sich nach Auskunft des zuständigen Sanitätshauses auch in den Folgejahren mit Reparaturzeiten von jeweils vier bis sechs Wochen fort. Ebenso hat der MDK über umfangreiche Reparaturen berichtet, ausgewiesen durch zehn Reparaturrechnungen für 2008 (6.2.2008, 7.3.2008, 7.4.2008, 4.7.2008, 15.7.2008, 27.8.2008, 15.9.2008, 13.10.2008, 24.11.2008 und 5.12.2008) und für Arbeiten an der Aufstehvorrichtung des Rollstuhls sowie an den mechanischen Teilen des Rollstuhlsitzes. Die Ursache hierfür hat der MDK ua darin gesehen, dass die Mechanik des Rollstuhls mit Aufstehfunktion nicht ausreichend an den Belastungsanforderungen des Klägers ausgerichtet sei.

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g) Diesen seit 2006 immer wieder auftretenden Versorgungslücken durfte der Kläger durch die Instandhaltung seines Zweit-Elektrorollstuhls begegnen; die hierdurch bedingten Kosten sind iS von § 13 Abs 3 S 2 SGB V iVm § 15 Abs 1 S 4 SGB IX als durch die der Beklagten zuzurechnenden Versorgungsausfälle verursacht anzusehen. Dass sich der Anspruch der Versicherten grundsätzlich gerade nicht auf die Reparatur eines bestimmten Hilfsmittels oder einer Ersatzbevorratung richtet, steht dem nicht entgegen. Zwar gewährt § 13 Abs 3 S 2 SGB V iVm § 15 Abs 1 S 4 SGB IX Anspruch auf Kostenerstattung nur für solche selbstbeschaffte Leistungen, die der dem Versicherten eigentlich zustehenden Sachleistung entsprechen(BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 28). Geht die selbst beschaffte Leistung über das als Naturalleistung Geschuldete hinaus, ist sie insoweit nicht notwendig (BSG vom 11.9.2012 - B 1 KR 3/12 R - RdNr 32 zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen). So liegt es hier indes nicht, weil sich der Kläger durch die Instandhaltung seines Zweit-Elektrorollstuhls nur die Leistung selbst beschafft hat, die eigentlich die Beklagte geschuldet hat - nämlich die allenfalls durch begrenzte Ausfallzeiten unterbrochene Versorgung mit einem Elektrorollstuhl.

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Für die Schließung dieser Versorgungslücke durfte der Kläger die Reparatur seines Zweit-Elektrorollstuhls auch als wirtschaftlich ansehen, denn die Kosten einer Ersatzbeschaffung wären wesentlich höher gewesen. Ob die Beklagte im Einzelfall eine kostengünstigere Form der Ersatz-Versorgung hätte realisieren können, ist jedenfalls solange ohne Belang, wie sich die von dem Kläger verursachten Kosten nicht als evident unwirtschaftlich darstellen. Denn verantwortlich für den Anfall dieser (Zusatz-)Kosten war allein die Beklagte und der von ihr zu vertretende unzureichende Umgang mit den Ausfällen des Erst-Elektrorollstuhls. In dieser Lage kann einem Versicherten in der Regel nicht vorgeworfen werden, dass er für ein ggf weniger taugliches Hilfsmittel Reparaturaufwendungen wie hier für den inzwischen nur noch eingeschränkt brauchbaren Zweit-Elektrorollstuhl veranlasst (ähnlich der 1. Senat des BSG zum fehlenden Hinweis auf günstige Möglichkeiten angemessener Selbstbeschaffung vom 11.9.2012 - B 1 KR 3/12 R - RdNr 34 zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen). Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn die Kosten der Ersatzbeschaffung aus der Sicht eines verständigen Versicherten offenkundig außer Verhältnis zu dem Gewinn an Versorgungssicherheit stehen. Dafür ist hier indes nichts ersichtlich; auch die Beklagte selbst hat sich darauf nicht berufen.

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h) Zu erstatten hat die Beklagte demnach die vom Kläger geltend gemachten Reparaturkosten - deren Höhe nicht im Streit steht - einschließlich der Zinsen als notwendige Beschaffungskosten (vgl BSG vom 11.9.2012 - B 1 KR 3/12 R - RdNr 43 zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen, mwN). Die Erstattung "in entstandener Höhe" (§ 13 Abs 3 S 1 SGB V)geht insoweit der allgemeinen Regelung des § 44 SGB I vor(vgl zur abweichenden Situation bei Zinsaufwendungen zur Befriedigung einer rechtswidrigen Erstattungsforderung BSGE 76, 233 = SozR 3-1750 § 945 Nr 1).

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.