Bundessozialgericht Beschluss, 27. Nov. 2018 - B 2 U 17/18 B

ECLI:ECLI:DE:BSG:2018:271118BB2U1718B0
27.11.2018

Tenor

Dem Kläger wird hinsichtlich der Versäumnis der Fristen zur Einlegung und zur Begründung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 4. Mai 2017 - L 2 U 101/15 - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 4. Mai 2017 - L 2 U 101/15 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Streitig ist im vorliegenden Rechtsstreit die Zahlung von Verletztengeld wegen eines am 15.10.2004 erlittenen Unfalls.

2

Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 8.3.2011 Verletztengeld für die Zeit vom 15.1. bis 6.5.2006 und lehnte die Gewährung von Verletztengeld für die Zeit nach dem 6.5.2005 ab. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 8.3.2012 zurückgewiesen. Das SG hat die dagegen am 30.3.2012 erhobene Klage zunächst abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das LSG das Urteil des SG teilweise aufgehoben und den Rechtsstreit an das SG zurückverwiesen. Das SG hat daraufhin die Klage erneut, diesmal ohne mündliche Verhandlung, abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 15.4.2015 - S 5 U 206/14 ZVW). Hiergegen hat der Kläger wiederum Berufung eingelegt.

3

Das LSG hat dem Kläger mit Schreiben vom 29.3.2017 mitgeteilt, dass Termin zur mündlichen Verhandlung auf Donnerstag, den 4.5.2017, 13.00 Uhr, bestimmt werde. Auch in vier weiteren Verfahren des Klägers hat das LSG den Termin zur mündlichen Verhandlung auf diesen Tag zu derselben Uhrzeit anberaumt. Der im Berufungsverfahren nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertretene Kläger hat dem LSG telefonisch am 25.4.2017 mitgeteilt, dass er sich nicht in der Lage sehe, an fünf Verhandlungen hintereinander teilzunehmen; er würde zu einem Fall kommen, sei aber zu mehr nicht fähig. Daraufhin ist der Kläger telefonisch durch das LSG darüber informiert worden, dass er dies schriftlich mitteilen müsse, er nicht zwingend zu den Terminen erscheinen müsse und für eine Terminsaufhebung zwingend ein ärztliches Attest erforderlich sei, in dem bescheinigt werde, dass er nicht an den Verhandlungen teilnehmen könne. Am 28.4.2017 teilte der Kläger dem LSG durch ein Telefax mit, dass er weiterhin erkrankt und nicht in der Lage sei, uneingeschränkt und zur selben Zeit in allen Verfahren mündlich zu verhandeln. Einen Bevollmächtigten könne er sich nicht leisten und auch keinen finden. Im Rahmen seiner gesundheitlichen Möglichkeiten wolle er in jedem Fall an den mündlichen Verhandlungen teilnehmen und bitte um Vertagung bzw terminliche Aufteilung nach Aktenzeichen und Sachverhalt. Ergänzend hat er ein Schreiben eines Facharztes für Chirurgie vom 27.4.2017 eingereicht, aus dem zu entnehmen ist, dass dieser den Kläger aus gesundheitlichen Gründen nur für beschränkt aufnahmefähig hielt. Mit Schreiben vom 2.5.2017 hat der Vorsitzende des Senats des LSG dem Kläger mitgeteilt, eine Verlegung der mündlichen Verhandlung oder Absetzung einzelner Verfahren sei nicht möglich, weil die Schriftsätze des Klägers immer alle Anliegen umfassten und in mehreren Kopien jeweils zu allen Verfahren vorgelegt würden. Das vorgelegte Attest sei für eine Aufhebung des Termins nicht ausreichend, weil - wie dem Kläger bereits in anderen Verfahren mitgeteilt - die Verhandlungsunfähigkeit durch ein amtsärztliches Attest nachgewiesen werden müsse. Mit Schreiben vom 3.5.2017 hat der Kläger ua erneut eine Terminverlegung beantragt. Die Berichterstatterin des Senats des LSG hat dem Kläger am 4.5.2017 ergänzend mitgeteilt, über seinen Antrag könne erst nach der Entscheidung über sein ebenfalls gestelltes Ablehnungsgesuch entschieden werden; solange keine Abladung erfolgt sei, bleibe der Termin aufrechterhalten. Durch ein Telefax vom selben Tag hat der Kläger durch ein amtsärztliches Gutachten einer Fachärztin für Innere Medizin des amtsärztlichen Dienstes des Gesundheitsamtes M. dem LSG mitgeteilt, dass er am 4.5.2017 zu seiner Verhandlungsfähigkeit amtsärztlich begutachtet worden sei. Nach dem erhobenen Befund und den Zusatzbefundungen des MVZ Schmerztherapie/Palliativmedizin D. werde die Einschätzung gegeben, dass der Kläger wegen einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sowie einer medikamentösen Therapie nur über einen kürzeren Zeitraum voll konzentrationsfähig sei und der Verhandlung folgen könne.

4

Das LSG hat am 4.5.2017 das Ablehnungsgesuch des Klägers zurückgewiesen und danach die mündliche Verhandlung in allen fünf Verfahren eröffnet, durchgeführt und durch Urteil entschieden. Der Kläger ist zum Termin nicht erschienen. Das LSG hat den Eingang des amtsärztlichen Attests festgestellt und den Antrag, die mündliche Verhandlung auf einen anderen Termin festzusetzen bzw einen Teil der Sachen abzusetzen, abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, aus dem Attest ergebe sich, dass der Kläger jedenfalls für einige Zeit verhandlungsfähig sei. Seinem ausdrücklich geäußerten Anliegen, möglichst schnell Entscheidungen zu erhalten, könne nur dadurch nachgekommen werden, dass die mündliche Verhandlung durchgeführt werde. Bei Konzentrationsschwächen bestehe regelmäßig die Möglichkeit, Erholungspausen zu gewähren oder an einem späteren Tag die Sitzung fortzusetzen. In dem vorliegenden Verfahren hat das LSG sodann die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 4.5.2017). Zur inhaltlichen Begründung hat es ua ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht einen Anspruch auf Verletztengeld verneint, weil die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit mangels Mitwirkung des Klägers nicht möglich gewesen sei. Auch stehe nicht fest, ob und in welcher Höhe der Kläger Einkommen erzielt habe, das grundsätzlich anzurechnen wäre.

5

Der Kläger hat für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Das BSG hat durch Beschluss vom 14.12.2017 (Az B 2 U 11/17 BH) dem Kläger PKH bewilligt und einen Rechtsanwalt beigeordnet. Der Beschluss ist dem Kläger am Samstag, dem 23.12.2017, zugestellt worden.

6

Der beigeordnete Rechtsanwalt hat erst mit am Mittwoch, dem 24.1.2018, beim BSG eingegangenem Schriftsatz vom 18.1.2018 Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt. Am 1.2.2018 hat der Senat einen Hinweis auf die mögliche Versäumnis der Frist zur Einlegung der Beschwerde erteilt. Daraufhin hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit am 12.2.2018 eingegangenem Schriftsatz Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumnis der Frist zur Einlegung der Beschwerde beantragt. Diesen Antrag hat er am 13.2.2018 ua damit begründet, dass eine bei ihm Beschäftigte den Schriftsatz vom 18.1.2018 im Laufe des Vormittags des 20.1.2018, einem Samstag, vor 11.45 Uhr in einen von zwei Briefkästen der Deutschen Post AG in K. geworfen habe. Diese Briefkästen würden üblicherweise am Samstag um 11.45 Uhr bzw 12.15 Uhr sowie montags um 17.15 Uhr bzw 14.00 Uhr und 17.15 Uhr geleert. Am 27.9.2018 hat er nach Aufforderung durch den Senat eine entsprechende eidesstattliche Versicherung seiner Beschäftigten vorgelegt.

7

Sodann hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß Art 103 GG, § 128 Abs 2 und § 62 SGG gerügt und die Beschwerde ua damit begründet, dass das LSG trotz des Antrags des Klägers den Termin zur mündlichen Verhandlung nicht verlegt habe, obwohl erhebliche Gründe iS des § 202 SGG iVm § 227 Abs 1 S 1 ZPO vorgelegen hätten. Aufgrund der vorliegenden Erkrankung habe sich der Kläger nur für einen kürzeren Zeitraum konzentrieren können und dies amtsärztlich nachgewiesen. Dennoch habe das LSG fünf Verfahren des Klägers auf denselben Tag und dieselbe Uhrzeit terminiert und dem Kläger vorab gerade nicht mitgeteilt, dass die Möglichkeit bestehe, bei Konzentrationsschwäche Erholungspausen zu gewähren oder die Verhandlung an einem späteren Tag fortzusetzen. Der Kläger habe nicht damit rechnen können, dass trotz seines Antrags und des vorgelegten amtsärztlichen Gutachtens in allen fünf Verfahren wie angekündigt mündlich verhandelt werden würde. Auf diesem Verfahrensmangel beruhe das Berufungsurteil, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Kläger bei Teilnahme an der mündlichen Verhandlung Widersprüche hätte aufklären und weitere Dokumente hätte vorlegen können. Das LSG hätte sich auch gedrängt fühlen müssen, ein Sachverständigengutachten zur Frage der Arbeitsunfähigkeit des Klägers einzuholen.

8

II. Die nach Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässige Beschwerde des Klägers ist begründet. Der Entscheidung des LSG liegt ein Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zugrunde, weil das Berufungsgericht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör gemäß § 62 SGG und Art 103 Abs 1 GG verletzt hat, indem es trotz des Antrags des Klägers auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung am 4.5.2017 und seines Nichterscheinens mündlich verhandelt und entschieden hat. Das Urteil des LSG war daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

9

1. Die Beschwerde ist zulässig. Dem Kläger war Wiedereinsetzung in die Fristen zur Einlegung und zur Begründung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG zu gewähren, weil dieser ohne Verschulden an der Einhaltung dieser Fristen gehindert war (§ 67 Abs 1 SGG). Bis zur am 23.12.2017 erfolgten Zustellung des Beschlusses des Senats vom 14.12.2017, mit dem dem Kläger PKH gewährt und ein Rechtsanwalt beigeordnet worden war, war der Kläger mangels finanzieller Mittel ohne sein Verschulden gehindert, wirksam die Beschwerde einzulegen und zu begründen. Nach dem Wegfall dieses Hindernisses hat der beigeordnete Rechtsanwalt zwar zunächst nicht gemäß § 67 Abs 2 S 3 SGG innerhalb eines Monats in der gemäß § 64 SGG bis zum 23.1.2018 laufenden Frist die Beschwerde eingelegt, sondern diese Frist mit der Einlegung erst am 24.1.2018 versäumt. Doch auch insoweit war Wiedereinsetzung zu gewähren (vgl dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 12. Aufl 2017, § 67 RdNr 2a mwN). Der Prozessbevollmächtigte hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass ihn ein Verschulden an der Versäumnis dieser Frist nicht trifft. Er sowie seine Beschäftigte durften davon ausgehen, dass nach Einwurf des Briefes in den Briefkasten der Deutschen Post AG am Samstag, dem 20.1.2018, im Hinblick auf die für Samstag und Montag angegebenen Zeiten der Entleerung der Schriftsatz spätestens am Dienstag, dem 23.1.2018, beim BSG eingehen werde. Bei normalen Postlaufzeiten darf mit einem Eingang am folgenden Werktag nach der Aufgabe zur Post gerechnet werden und der Absender darf sich auf die angegebenen Leerungszeiten verlassen (vgl Keller, aaO, § 67 RdNr 6a mwN). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war auch wegen der Versäumnis der Frist zur Begründung der Beschwerde zu gewähren, weil der Kläger bis zur Bewilligung der PKH und der Beiordnung eines Rechtsanwalts diese Rechtshandlungen nicht wirksam vornehmen konnte.

10

Die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die Beschwerde fristgemäß innerhalb der aufgrund der zu gewährenden Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bis zum 23.2.2018 laufenden Frist (§ 160a Abs 2 S 1 SGG; vgl zur Begründung binnen zweier Monate nach Zustellung des PKH bewilligenden Beschlusses Leitherer, aaO, § 160a RdNr 11 mwN) begründet. Die Beschwerdebegründung genügt auch den Anforderungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG. Sie bezeichnet die Tatsachen, aus denen sich der Verfahrensmangel einer Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs ergibt. Darüber hinaus enthält sie auch hinreichende Ausführungen dazu, dass die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensmangel beruhen kann, auch wenn nähere Darlegungen hierzu in Fallkonstellationen wie dieser regelmäßig entbehrlich sind (vgl dazu Leitherer, aaO, § 160a RdNr 16d mwN).

11

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Die Entscheidung des LSG beruht auf einem Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, weil das LSG den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör gemäß § 62 SGG und Art 103 Abs 1 GG verletzt hat, indem es trotz des amtsärztlichen Nachweises seiner Unfähigkeit, allen Verhandlungen folgen zu können, den Termin zur mündlichen Verhandlung am 4.5.2017 nicht verlegt oder vertagt, sondern in allen Verfahren mündlich verhandelt und entschieden hat.

12

Der Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß § 62 SGG, der einfachrechtlich das durch Art 103 Abs 1 GG garantierte prozessuale Grundrecht wiederholt, sowie das aus Art 2 Abs 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete allgemeine Prozessgrundrecht auf ein faires Verfahren gebieten, den an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern. Wird aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, muss den Beteiligten Gelegenheit gegeben werden, ihren Standpunkt in der Verhandlung darzulegen. Dabei ist dem Anspruch auf rechtliches Gehör in der Regel dadurch genügt, dass das Gericht die mündliche Verhandlung anberaumt, der Beteiligte ordnungsgemäß geladen und die mündliche Verhandlung zu dem festgesetzten Zeitpunkt eröffnet wird. Eine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung trotz Abwesenheit eines Beteiligten ist dann ohne Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör möglich, wenn dieser darauf hingewiesen worden ist, dass auch im Falle seines Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann. Solange ein Termin zur mündlichen Verhandlung vom Gericht nicht aufgehoben worden ist, dürfen und müssen die Beteiligten davon ausgehen, dass der Termin auch stattfindet.

13

Es lag hier ein erheblicher Grund iS des § 227 Abs 1 S 1 ZPO iVm § 202 S 1 SGG vor, der das LSG verpflichtete, zumindest nicht alle Verfahren zur selben Zeit mündlich zu verhandeln und jedenfalls nach dem Nichterscheinen des Klägers die Sache zu vertagen. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs umfasst auch das Recht auf Aufhebung oder Verlegung eines anberaumten oder Vertagung eines bereits begonnenen Termins zur mündlichen Verhandlung, wenn dies aus erheblichen Gründen geboten ist. Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts, glaubhaft zu machen. Über einen Aufhebungs- oder Verlegungsantrag hat der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden (§ 227 Abs 4 S 1 Halbs 1 ZPO iVm § 202 S 1 SGG). Ein iS des § 227 Abs 1 S 1 ZPO iVm § 202 S 1 SGG ordnungsgemäß gestellter Antrag auf Terminverlegung mit einem hinreichend substantiiert dargelegten Terminverlegungsgrund begründet grundsätzlich eine entsprechende Pflicht des Gerichts. Zwar führt ein Ablehnungsgesuch nicht zu einer Verpflichtung zur Terminsaufhebung. Ein erheblicher, zur Verlegung Anlass gebender Grund iS von § 227 Abs 1 S 1 ZPO iVm § 202 S 1 SGG liegt jedoch vor, wenn unter Vorlage eines Attests eine Verhandlungsunfähigkeit nachgewiesen wird(vgl BSG vom 17.12.2013 - B 11 AL 5/13 B - Juris). Kommt der Vorsitzende seiner Verpflichtung zur Bescheidung eines Terminsaufhebungs- bzw -verlegungsantrags bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung nicht nach, leidet bereits deshalb das Verfahren wegen der Versagung rechtlichen Gehörs an einem wesentlichen Mangel (vgl BSG vom 3.7.2013 - B 12 R 38/12 B - Juris mwN; BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 269/12 B - UV-Recht Aktuell 2013, 119; BSG vom 27.6.2017 - B 2 U 27/17 B - Juris = BeckRS 2017, 120855).

14

Es kann hier dahinstehen, ob der vom Kläger erneut unter Vorlage eines Attests gestellte Antrag auf Terminverlegung noch vor Beginn des Termins durch den Vorsitzenden zu bescheiden und diese Entscheidung dem Kläger ggf (per Fax) mitzuteilen war. Selbst wenn dies aus praktischen Gründen nicht möglich gewesen sein sollte und den Kläger die Entscheidung nicht mehr zeitgerecht hätte erreichen können, hätte das LSG jedenfalls nach Eröffnung der mündlichen Verhandlung den Termin vertagen müssen. Aus dem vorgelegten amtsärztlichen Attest war zu entnehmen, dass die Konzentrationsfähigkeit des Klägers so stark eingeschränkt war, dass es ihm unmöglich war, mehreren mündlichen Verhandlungen zu folgen. Deshalb musste das LSG davon ausgehen, dass der Kläger nicht in der Lage sein würde, der mündlichen Verhandlung in allen fünf Verfahren ohne Weiteres konzentriert zu folgen. Aus diesem Grunde hätte das LSG einen Teil der Termine aufheben bzw vertagen oder dem Kläger Erholungspausen einräumen müssen, was dann dem Kläger zuvor hätte mitgeteilt werden müssen. Das LSG hat aber weder den Termin in der vorliegenden Sache noch einen anderen der übrigen vier auf denselben Zeitpunkt geladenen Termine aufgehoben. Auch hat das LSG dem Kläger nicht mitgeteilt, dass trotz der Terminierung auf denselben Tag und dieselbe Uhrzeit Rücksicht auf seine Erkrankung und seine Konzentrationsfähigkeit genommen werde und ihm ggf Pausen eingeräumt würden.

15

Zwar müssen die Beteiligten davon ausgehen, dass der Termin stattfindet, solange ein Termin zur mündlichen Verhandlung vom Gericht nicht aufgehoben worden ist (vgl BSG vom 6.10.2010 - B 12 KR 58/09 B - Juris und vom 26.5.2014 - B 12 KR 67/13 B - Juris), und die Gelegenheit nutzen, sich in dem Termin rechtliches Gehör zu verschaffen, soweit ihnen dies möglich und zumutbar ist. Hier musste das LSG und durfte auch der anwaltlich nicht vertretene Kläger davon ausgehen, dass er aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen nicht in der Lage sein werde, den anberaumten Terminen zur Verhandlung in fünf Verfahren durchgehend folgen zu können. Dem Kläger war es mithin nicht zumutbar, sich durch sein Erscheinen hinreichend rechtliches Gehör zu verschaffen.

16

Auf der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör des Klägers beruht das angefochtene Urteil des LSG, wie aus der unwiderleglichen Vermutung des § 547 Halbs 1 ZPO iVm § 202 S 1 SGG folgt. Obwohl die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör in sozialgerichtlichen Verfahren nicht als absoluter Revisionsgrund ausgestaltet ist (vgl § 202 S 1 SGG iVm § 547 ZPO), ist wegen der besonderen Bedeutung der mündlichen Verhandlung für das Gerichtsverfahren im Allgemeinen davon auszugehen, dass eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör dadurch, dass ein Verfahrensbeteiligter an deren Teilnahme gehindert worden ist, die daraufhin ergangene Gerichtsentscheidung insgesamt beeinflusst hat (stRspr, vgl etwa BSG vom 6.10.2010 - B 12 KR 58/09 B - Juris mwN; BSG vom 26.6.2007 - B 2 U 55/07 B - SozR 4-1750 § 227 Nr 1; BSG vom 16.11.2000 - B 4 RA 122/99 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 33). Ungeachtet dessen liegt nach ständiger Rechtsprechung des BSG auch der absolute Revisionsgrund des § 547 Ziff 4 ZPO iVm § 202 S 1 SGG vor, wenn der Beteiligte nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen konnte und daher iS des § 547 Ziff 4 ZPO iVm § 202 S 1 SGG "in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten" war(vgl zB BSG vom 23.6.2016 - B 14 AS 25/16 B - Juris; BSG vom 2.3.2010 - B 5 R 440/09 B - Juris mwN).

17

Der Senat hat von der durch § 160a Abs 5 SGG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, auf die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil wegen des vorliegenden Verfahrensfehlers aufzuheben und die Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Anlass, gemäß § 563 Abs 1 S 2 ZPO iVm § 202 S 1 SGG sein Ermessen dahin auszuüben, den Rechtsstreit an einen anderen Spruchkörper zu verweisen, bestand nicht.

18

Das LSG wird auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

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(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

Vor jeder Entscheidung ist den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren; die Anhörung kann schriftlich oder elektronisch geschehen.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht

1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist;
2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt;
3.
das Einvernehmen der Parteien allein.

(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für

1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen,
2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
(weggefallen)
4.
Wechsel- oder Scheckprozesse,
5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird,
6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist,
7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder
8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
dabei genügt es, wenn nur einer von mehreren Ansprüchen die Voraussetzungen erfüllt. Wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf, ist dem Verlegungsantrag nicht zu entsprechen.

(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Vor jeder Entscheidung ist den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren; die Anhörung kann schriftlich oder elektronisch geschehen.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat. Der Beschluß, der die Wiedereinsetzung bewilligt, ist unanfechtbar.

(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tag nach der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit dem Tag nach der Eröffnung oder Verkündung.

(2) Eine nach Tagen bestimmte Frist endet mit dem Ablauf ihres letzten Tages, eine nach Wochen oder Monaten bestimmte Frist mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Fehlt dem letzten Monat der entsprechende Tag, so endet die Frist mit dem Monat.

(3) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktags.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Vor jeder Entscheidung ist den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren; die Anhörung kann schriftlich oder elektronisch geschehen.

(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht

1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist;
2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt;
3.
das Einvernehmen der Parteien allein.

(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für

1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen,
2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
(weggefallen)
4.
Wechsel- oder Scheckprozesse,
5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird,
6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist,
7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder
8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
dabei genügt es, wenn nur einer von mehreren Ansprüchen die Voraussetzungen erfüllt. Wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf, ist dem Verlegungsantrag nicht zu entsprechen.

(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht

1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist;
2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt;
3.
das Einvernehmen der Parteien allein.

(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für

1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen,
2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
(weggefallen)
4.
Wechsel- oder Scheckprozesse,
5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird,
6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist,
7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder
8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
dabei genügt es, wenn nur einer von mehreren Ansprüchen die Voraussetzungen erfüllt. Wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf, ist dem Verlegungsantrag nicht zu entsprechen.

(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht

1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist;
2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt;
3.
das Einvernehmen der Parteien allein.

(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für

1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen,
2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
(weggefallen)
4.
Wechsel- oder Scheckprozesse,
5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird,
6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist,
7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder
8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
dabei genügt es, wenn nur einer von mehreren Ansprüchen die Voraussetzungen erfüllt. Wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf, ist dem Verlegungsantrag nicht zu entsprechen.

(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht

1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist;
2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt;
3.
das Einvernehmen der Parteien allein.

(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für

1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen,
2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
(weggefallen)
4.
Wechsel- oder Scheckprozesse,
5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird,
6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist,
7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder
8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
dabei genügt es, wenn nur einer von mehreren Ansprüchen die Voraussetzungen erfüllt. Wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf, ist dem Verlegungsantrag nicht zu entsprechen.

(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 11. Dezember 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für verschiedene Zeiträume im Jahre 2004 sowie die damit verbundene Erstattungsforderung der Beklagten in Höhe von 3809,62 Euro.

2

Der Widerspruch und die Klage sind ohne Erfolg geblieben. Im Berufungsverfahren hat das Landessozialgericht (LSG) dem Kläger, der zunächst durch die Rechtsanwälte S. und E. vertreten worden ist, mit Beschluss vom 4.11.2010 Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt und Rechtsanwalt D. beigeordnet. Mit Schreiben vom 10.2.2012 hat Rechtsanwalt D., der ein Aufklärungsschreiben sowie Anfragen des LSG nicht beantwortet hatte, dem LSG mitgeteilt, es seien sämtliche Mandate "durch den Kläger gekündigt worden" und er beantrage Kostenerstattung. Nach Erstattung der von D. geltend gemachten Kosten hat das LSG den Kläger mit Verfügung vom 5.11.2012 zum Verhandlungstermin am 11.12.2012 geladen. Nach einem schriftlichen Antrag des Klägers vom 8.11.2012 auf "gerichtliche Fachanwaltsbeiordnung" sowie Ruhen des Verfahrens hat der Vorsitzende des zuständigen Senats des LSG den Kläger darauf hingewiesen, es bestehe unter den gegebenen Umständen (PKH-Bewilligung, Beiordnung, Kündigung sämtlicher Mandate) "kein Anlass zum Tätigwerden des Senats im Hinblick auf eine Vertretung des Klägers" und kein Anlass für eine "Ruhendstellung des Verfahrens". Nachdem der Kläger in einem Schreiben vom 13.11.2012 ua auf bereits vorgelegte ärztliche Atteste, eine sich daraus ergebende Reise- und Verhandlungsunfähigkeit sowie auf die "vertragswidrige völlige Untätigkeit" des Rechtsanwalts D. hingewiesen hatte, hat der Vorsitzende dem Kläger unter dem 16.11.2012 ua mitgeteilt, es bleibe bei dem anberaumten Termin vom 11.12.2012 und es könne auch im Falle seines Ausbleibens Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden. Auf ein weiteres Schreiben des Klägers vom 23.11.2012 hat der Vorsitzende dem Kläger mit Schreiben vom 29.11.2012 erneut mitgeteilt, es bestehe kein Anlass, den anberaumten Termin aufzuheben.

3

Das LSG hat auf die mündliche Verhandlung vom 11.12.2012, in der für den Kläger niemand erschienen ist, die Berufung des Klägers gegen die erstinstanzliche Entscheidung durch Urteil zurückgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat das LSG ua ausgeführt, der Senat habe trotz Abwesenheit des Klägers entscheiden können, weil auf diese Möglichkeit in der Terminsmitteilung hingewiesen worden sei. In der Sache sei die Berufung unbegründet, weil die Gewährung von Alhi für die streitigen Zeiträume von Anfang an rechtswidrig gewesen und die Rücknahme der Leistungsgewährung verfahrensfehlerfrei erfolgt sei.

4

Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision rügt der Kläger eine Verletzung des rechtlichen Gehörs gemäß Art 103 Abs 1 Grundgesetz (GG), § 62 Sozialgerichtsgesetz (SGG), § 202 SGG iVm § 227 Abs 1 Zivilprozessordnung (ZPO). Das LSG habe den Antrag auf Terminsverlegung abgelehnt, obwohl erhebliche Gründe iS des § 227 Abs 1 S 1 ZPO geltend gemacht worden seien und vorgelegen hätten. Da ihm die Möglichkeit genommen worden sei, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, sei davon auszugehen, dass die Verletzung des rechtlichen Gehörs die ergangene Entscheidung beeinflusst habe.

5

II. Die Beschwerde ist zulässig. Ihre Begründung genügt den Anforderungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG.

6

In der Beschwerdebegründung wird ein Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG schlüssig bezeichnet. Der Beschwerdeführer hat die den Verfahrensmangel begründenden Tatsachen - insbesondere den wesentlichen Ablauf des Berufungsverfahrens, die Anträge des Klägers auf erneute Beiordnung eines Rechtsanwalts und auf Aufhebung bzw Verlegung des anberaumten Verhandlungstermins - substantiiert dargelegt (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14). Dargelegt ist auch, dass die angefochtene Entscheidung des LSG auf dem behaupteten Verfahrensmangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 36).

7

Die Beschwerde ist auch begründet. Der gerügte Verfahrensmangel liegt tatsächlich vor und die angefochtene Entscheidung kann auf ihm beruhen.

8

Das LSG hat mit seiner Vorgehensweise den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör iS des § 62 SGG und des Art 103 Abs 1 GG verletzt. Der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs macht es erforderlich, den an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern. Zwar ist dem Anspruch auf rechtliches Gehör in der Regel dadurch genügt, dass das Gericht die mündliche Verhandlung anberaumt (§ 110 Abs 1 S 1 SGG), der Beteiligte ordnungsgemäß geladen und die mündliche Verhandlung zu dem festgesetzten Termin eröffnet wird; jedoch muss ein Termin zur mündlichen Verhandlung gemäß § 202 SGG iVm § 227 Abs 1 S 1 ZPO bei Vorliegen erheblicher Gründe aufgehoben werden(vgl ua Beschluss des Senats vom 21.7.2005 - B 11a/11 AL 261/04 B - juris, mwN). Diese Verpflichtung hat das LSG unter den gegebenen Umständen verletzt.

9

Offen bleiben kann, ob bereits die Ladung zum Termin am 11.12.2012 unwirksam gewesen ist, weil die Terminsmitteilung nur dem Kläger selbst und nicht den noch legitimierten Rechtsanwälten S. und E. und auch nicht dem noch nicht von der Beiordnung entbundenen Rechtsanwalt D. zugeleitet worden ist (vgl BSG, Beschluss vom 1.7.2010 - B 13 R 115/10 B - Juris). Jedenfalls haben erhebliche Gründe iS des § 227 Abs 1 S 1 ZPO vorgelegen, die dem LSG Anlass zu einer Aufhebung des anberaumten Termins geben mussten. Der Kläger hat in nachvollziehbarer Weise auf bereits vorliegende Atteste und eine sich daraus ergebende Reise- und Verhandlungsunfähigkeit hingewiesen. Deshalb hätte das LSG, das den Kläger nicht ausdrücklich aufgefordert hat, bezüglich der ärztlichen Unterlagen seinen Vortrag zu ergänzen, den Termin im Hinblick auf die geltend gemachte Verhandlungsunfähigkeit aufheben müssen (vgl BSG, Beschluss vom 7.7.2011 - B 14 AS 35/11 B - Juris). Es ist deshalb nicht näher darauf einzugehen, dass der Kläger Umstände vorgetragen hat, die dafür sprechen, in der Mandatskündigung gegenüber Rechtsanwalt D. kein missbräuchliches Verhalten zu sehen, weshalb auch von einer Verpflichtung des LSG auszugehen sein dürfte, vor Durchführung eines Termins die Frage der erneuten Beiordnung eines Rechtsanwalts näher zu prüfen.

10

Nach der Rechtsprechung des BSG ist wegen des besonderen Rechtswertes der mündlichen Verhandlung im Allgemeinen davon auszugehen, dass eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, die einen Verfahrensbeteiligten daran gehindert hat, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, die daraufhin ergangene Entscheidung beeinflusst hat (vgl ua BSG, Urteile vom 21.8.2002 - B 9 VJ 1/02 R - und vom 12.2.2003 - B 9 SB 5/02 R - jeweils Juris). Unabhängig davon ist nicht auszuschließen, dass die Entscheidung des LSG anders ausgefallen wäre, wenn der Kläger Gelegenheit gehabt hätte, sich in der mündlichen Verhandlung zu den rechtlichen und tatsächlichen Aspekten des zu entscheidenden Falles zu äußern.

11

Der Senat macht von der bei Verfahrensmängeln iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG in § 160a Abs 5 SGG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

12

Das LSG wird auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu befinden haben.

Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 26. Juni 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten - so das LSG - über die Rechtmäßigkeit der Rückforderung eines Zuschusses zu den Aufwendungen des beklagten Rentenversicherungsträgers für die Krankenversicherung.

2

Der Kläger ist Rechtsanwalt und vertritt sich in eigener Sache selbst. Durch Gerichtsbescheid vom 17.1.2012 hat das SG die gegen die Bescheide der Beklagten gerichtete Klage abgewiesen. Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am 20.1.2012 zugestellt worden. Mit einem per Telefax an das SG am 21.2.2012 (Dienstag) übermittelten Schreiben vom 21.2.2012 hat der Kläger hiergegen Berufung eingelegt. Das Telefax ist mit Schreiben vom 24.2.2012 an das LSG weitergeleitet worden. Auf den Hinweis des LSG auf die mögliche Nichteinhaltung der Berufungsfrist hat der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt: Aufgrund seiner gesundheitlichen Situation sei er wiederholt in stationärer Behandlung gewesen. Als er am 27.1.2012 in seiner Kanzlei gewesen sei, habe er den Gerichtsbescheid des SG vorgefunden und das auf dem Umschlag handschriftlich vermerkte Datum der Zustellung als "26.01.12" gelesen. Es sei eindeutig, dass es sich bei der Tagesangabe um die Ziffern 26 und nicht um die Ziffern 20 handele, da sich der Schriftzug an der zweiten Stelle der Tagesangabe von dem Schriftzug der Ziffer 0 in der Monatsangabe unterscheide, weil er keinen geschlossenen Kreis bilde, sondern rechts offen sei.

3

Das LSG hat einen Termin zur mündlichen Verhandlung am 26.6.2012 um 9.30 Uhr bestimmt und die Beteiligten hierüber durch Schreiben vom 25.5.2012, das dem Kläger am 26.5.2012 zugestellt worden ist, informiert. Der Kläger ist darin darauf hingewiesen worden, dass es ihm frei stehe, zur Verhandlung zu erscheinen.

4

Mit Schreiben vom 22.6.2012 hat der Kläger beantragt, den Termin am "26.4.2012" aufzuheben. Unter der Datumsangabe enthält es den Zusatz "Bitte sofort vorlegen! Termin: 26-06-2012!". Zur Begründung hat er angeführt, derzeit aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage zu sein, einen so frühen Termin wahrzunehmen. Die Erledigung der vor Verlassen der Wohnung anstehenden "Notwendigkeiten etc." nehme mehrere Stunden in Anspruch. Erforderliche fremde Hilfe sei so früh am Tage nicht verfügbar. Vor allem sei es ihm aufgrund der Wirkungen der "notwendigen starken Schmerzmittel (Schläfrigkeit)" nicht möglich, so früh eine Reise zu unternehmen und einen Gerichtstermin wahrzunehmen. Dies sei allenfalls für einen Termin am späten Vormittag einrichtbar. Die persönliche Wahrnehmung des Termins halte er für notwendig, auch deshalb, um den Umschlag im Original vorzulegen, mit dem der Gerichtsbescheid des SG übersandt und auf dem handschriftlich das Datum der Zustellung vermerkt worden sei.

5

Nach den Feststellungen des LSG ist das Schreiben des Klägers vom 22.6.2012 per Telefax am 22.6.2012 (Freitag) um 20.38 Uhr beim LSG eingegangen. Das in den Akten befindliche Originalschreiben trägt den Eingangsstempel des LSG vom 25.6.2012 (Montag). Am 26.6.2012 (Dienstag) hat das LSG in Abwesenheit des Klägers eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Dem Sitzungsvertreter der Beklagten ist eine Kopie des Schriftsatzes des Klägers vom 22.6.2012 überreicht worden.

6

Durch Urteil vom 26.6.2012 hat das LSG die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen. Es habe trotz des Vertagungsantrags des Klägers in dessen Abwesenheit verhandeln und entscheiden können, weil dem Antrag nicht zu entsprechen gewesen sei, da er die geltend gemachten Vertagungsgründe schon nicht glaubhaft gemacht habe. Die Berufung sei wegen Versäumung der Berufungsfrist unzulässig. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lägen nicht vor. Insbesondere hätte der Kläger bei einer nicht sicheren Lesbarkeit des Zustellungsvermerks zB beim SG nachfragen müssen, welches Datum richtig sei.

7

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde. Er rügt ua die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör.

8

II. 1. Die Beschwerde des Klägers ist zulässig. Ihre Begründung genügt den Anforderungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG. Insbesondere bezeichnet sie die Tatsachen, aus denen sich der geltend gemachte Verfahrensmangel (Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG) einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) ergibt. Weitergehender Ausführungen zum Beruhen der angegriffenen Entscheidung auf dem Verfahrensfehler bedarf es nicht, wenn - wie hier - ein Beschwerdeführer behauptet, um sein Recht auf eine mündliche Verhandlung gebracht worden zu sein (vgl BSG Beschluss vom 6.10.2010 - B 12 KR 58/09 B - Juris RdNr 10; BSG SozR 4-1500 § 158 Nr 2 RdNr 4; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 33 S 62).

9

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Das LSG-Urteil ist schon deshalb verfahrensfehlerhaft, weil das LSG den Antrag des Klägers auf Terminsaufhebung vom 22.6.2012 nicht ordnungsgemäß beschieden hat.

10

Gemäß § 124 Abs 1 SGG entscheidet das Gericht, soweit nichts anderes bestimmt ist, aufgrund mündlicher Verhandlung. Dieser Mündlichkeitsgrundsatz räumt den Beteiligten und ihren Prozessbevollmächtigten das Recht ein, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen und mit ihren Ausführungen gehört zu werden. Dem Grundsatz kommt im Berufungsverfahren besondere Bedeutung zu, wenn - wie vorliegend - erstinstanzlich ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden wurde (zum Ausschluss der Möglichkeit der Zurückweisung der Berufung durch Beschluss in einem solchen Fall vgl § 153 Abs 4 S 1 SGG). Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs in einer mündlichen Verhandlung umfasst auch das Recht auf Aufhebung oder Verlegung eines anberaumten oder auf Vertagung eines bereits begonnenen Termins, wenn dies aus erheblichen Gründen geboten ist (§ 227 Abs 1 ZPO iVm § 202 SGG). Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen (§ 227 Abs 2 ZPO iVm § 202 SGG). Über einen Aufhebungs- oder Verlegungsantrag hat der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden (§ 227 Abs 4 S 1 Halbs 1 ZPO iVm § 202 SGG). Ein Antrag auf Terminsaufhebung bzw -verlegung ist förmlich (kurz) zu bescheiden, sofern dies noch technisch durchführbar und zeitlich zumutbar ist (zB OLG Karlsruhe MDR 1991, 1195; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 71. Aufl 2013, § 227 RdNr 56 mwN). Über die Entscheidung sind die Beteiligten (formlos) in Kenntnis zu setzen (vgl § 329 Abs 2 S 1 ZPO iVm § 202 SGG). Kommt der Vorsitzende seiner Verpflichtung zur Bescheidung eines Terminsaufhebungs- bzw -verlegungsantrags bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung nicht nach, leidet das Verfahren wegen der Versagung rechtlichen Gehörs an einem wesentlichen Mangel (vgl BSG Beschluss vom 6.10.2010 - B 12 KR 58/09 B - Juris RdNr 8; Beschluss vom 13.11.2012 - B 2 U 269/12 B - Juris RdNr 10 jeweils mwN). Dies ist hier anzunehmen.

11

a) Der Antrag auf Terminsaufhebung ist per Telefax am Freitag, den 22.6.2012, und per Post am Montag, den 25.6.2012, beim LSG eingegangen. Ob er dem Senatsvorsitzenden zeitnah vorgelegt oder dem erkennenden Senat des LSG erst nach Beginn der mündlichen Verhandlung von der Geschäftsstelle zugeleitet wurde, wofür seine Qualifizierung als "Vertagungsantrag" in den Entscheidungsgründen des LSG-Urteils spricht, kann offenbleiben: Zum einen ist davon auszugehen, dass der Kläger durch die Zuleitung des Antrags per Telefax am Freitagabend vor der für Dienstagvormittag anberaumten Sitzung das seinerseits Erforderliche getan hatte, um eine rechtzeitige Entscheidung über seinen Terminsaufhebungsantrag noch vor dem Termin zu ermöglichen. Zum anderen lag das Schreiben jedenfalls spätestens in der mündlichen Verhandlung vor, da ausweislich der Sitzungsniederschrift dem Sitzungsvertreter der Beklagten eine Abschrift ausgehändigt wurde.

12

b) Es sind keine Gründe ersichtlich, die einer Entscheidung über den Antrag auf Terminsaufhebung vor Durchführung der mündlichen Verhandlung und dem Versuch einer Kontaktaufnahme mit dem Kläger am Vortag der mündlichen Verhandlung entgegengestanden hätten. Eine entsprechende Entscheidung des Vorsitzenden war möglich und zumutbar. Sie war auch nicht entbehrlich: Der Kläger hatte einen Antrag auf Terminsaufhebung ausdrücklich gestellt und hierfür ua gesundheitliche Gründe - unbeachtlich ihrer Qualität - angegeben. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob dem Antrag zu folgen gewesen wäre. Es ist durchaus zweifelhaft, ob der Kläger den oben genannten gesetzlichen Anforderungen entsprechend erhebliche Gründe für eine Terminsaufhebung glaubhaft gemacht hat. Wird eine Terminsaufhebung bzw -verlegung erst einen Tag vor der anberaumten mündlichen Verhandlung beantragt und mit einer Erkrankung begründet, so muss der Verhinderungsgrund so dargelegt und untermauert sein, dass das Gericht ohne weitere Nachforschungen selbst beurteilen kann, ob Verhandlungs- bzw Reisefähigkeit besteht. Im Falle eines erst kurz vor dem Termin gestellten Aufhebungs- bzw Verlegungsantrags ist das Gericht - jedenfalls bei einem anwaltlich vertretenen Kläger - grundsätzlich weder verpflichtet, dem Betroffenen einen Hinweis zu geben, noch, ihn zur Ergänzung seines Vortrags aufzufordern oder selbst Nachforschungen anzustellen (BSG SozR 4-1500 § 110 Nr 1 RdNr 12 f mwN). Der Fall einer solchen fehlenden Handlungsnotwendigkeit des Gerichts liegt hier nach den Umständen nicht vor, denn die vom Kläger vorgetragenen Umstände schlossen jedenfalls nicht von vornherein aus, dass seine Verhandlungsunfähigkeit bestand. Demzufolge durfte das LSG den Terminsaufhebungsantrag auch nicht erst in seinem Urteil vom 26.6.2012 abhandeln.

13

c) Nach Aktenlage ist auf den Terminsaufhebungsantrag des Klägers vom 22.6.2012 vor Durchführung der mündlichen Verhandlung seitens des LSG keine Entscheidung und keine Reaktion gegenüber dem Kläger erfolgt. In diesem Zusammenhang stehende verfahrensleitende Verfügungen oder Vermerke sind der Gerichtsakte nicht zu entnehmen. Selbst wenn der Antrag des Klägers dem erkennenden Senat des LSG von der Geschäftsstelle erst im Rahmen der mündlichen Verhandlung zugeleitet worden wäre, hätte das LSG angesichts der spätestens dann erkennbaren zeitlichen Abläufe zur Vermeidung eines Verfahrensfehlers den Rechtsstreit vertagen können und müssen.

14

3. Nach § 160a Abs 5 SGG kann das BSG in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisen, wenn die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen, was - wie ausgeführt - hier der Fall ist. Der Senat macht von dieser Möglichkeit Gebrauch.

15

4. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 25. April 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten um die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr 2301 der Anlage (ab 1.7.2009 Anlage 1) zur Berufskrankheiten-Verordnung (Bescheid vom 6.1.2006 und Widerspruchsbescheid vom 26.4.2006 der Beklagten). Das SG Hannover hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom 7.9.2009). Hiergegen hat der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten Berufung zum LSG Niedersachsen-Bremen eingelegt.

2

Im Berufungsverfahren hat der Vorsitzende des 3. Senats des LSG Termin zur mündlichen Verhandlung auf "Mittwoch, den 25. April 2012, 12:30 Uhr" bestimmt. Mit Telefax vom 24.4.2012, beim LSG eingegangen um 16.14 Uhr, hat der in der Kanzlei des alleinigen Prozessbevollmächtigten des Klägers tätige Rechtsanwalt F. beantragt, den Termin aufzuheben und einen neuen Verhandlungstermin zu bestimmen. Der Prozessbevollmächtigte sei "heute kurzfristig an einer Magen-Darm-Krankheit erkrankt" und könne daher den Termin nicht wahrnehmen. Die Kollegen seien durch andere Termine verhindert. Der Senatsvorsitzende hat daraufhin per Telefax am 25.4.2012 um 8.59 Uhr "Gelegenheit gegeben, die vorgetragene Verhandlungsunfähigkeit durch ärztliches Attest glaubhaft zu machen, das per Fax bis 12:30 Uhr bei Gericht eingegangen sein" müsse. Mit um 10.18 Uhr beim LSG eingegangenem Telefax vom 25.4.2012 hat Rechtsanwalt F. mitgeteilt, dass der Prozessbevollmächtigte bemüht sei, ein ärztliches Attest nachzureichen, er aber unter Hinweis auf seine Standespflicht anwaltlich versichere, dass die Erkrankung seit dem gestrigen Tage bestehe und er aufgrund dessen nicht in der Lage sei, den Termin wahrzunehmen. Dies könne er auch an Eides statt versichern. Mit weiterem um 11.59 Uhr beim LSG eingegangenem Telefax hat Rechtsanwalt F. darauf hingewiesen, dass der Prozessbevollmächtigte nach ärztlicher Untersuchung über ein Attest verfüge und bis 27.4.2012 krankgeschrieben sei.

3

Das LSG hat in Abwesenheit des Prozessbevollmächtigten die mündliche Verhandlung durchgeführt und anschließend die Berufung zurückgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es unter Hinweis auf eine ständige Rechtsprechung "aller Bundesgerichte, vgl hierzu ua Bundesfinanzhof , Beschluss vom 23. Februar 2012 - VI B 114/11 - juris mwN" ausgeführt, der Prozessbevollmächtigte habe einen erheblichen Grund für die "Vertagung" der mündlichen Verhandlung nicht in ausreichender Weise dargelegt bzw glaubhaft gemacht (Urteil vom 25.4.2012).

4

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision rügt der Kläger als Verfahrensfehler ua die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.

5

Er beantragt,
die Revision zuzulassen.

6

Die Beklagte hat sich nicht geäußert.

7

II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

8

Die Beschwerdebegründung genügt den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG. Sie bezeichnet die Tatsachen, aus denen sich der Verfahrensmangel einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) iVm dem Prozessgrundrecht auf ein faires Verfahren (Art 2 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG) und dem Grundsatz der Mündlichkeit (§ 124 Abs 1 SGG)ergibt. Die Beschwerdebegründung enthält auch hinreichende Ausführungen dazu, dass die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensfehler beruhen kann.

9

Das angegriffene Urteil des Berufungsgerichts ist schon deshalb verfahrensfehlerhaft ergangen, weil der am 24.4.2012 gestellte Aufhebungs- und Verlegungsantrag nicht beschieden worden ist.

10

Das Gericht entscheidet nach § 124 Abs 1 SGG, soweit nichts anderes bestimmt ist, aufgrund mündlicher Verhandlung. Dieser Mündlichkeitsgrundsatz räumt den Beteiligten und ihren Prozessbevollmächtigten das Recht ein, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen und mit ihren Ausführungen gehört zu werden. Gerade die in Art 6 Abs 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention grundsätzlich vorgeschriebene mündliche Verhandlung bietet eine besondere Gewähr zur Wahrung des rechtlichen Gehörs. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs in einer mündlichen Verhandlung umfasst auch das Recht auf Aufhebung oder Verlegung eines anberaumten oder auf Vertagung eines bereits begonnenen Termins, wenn dies aus erheblichen Gründen geboten ist (§ 227 Abs 1 ZPO iVm § 202 SGG). Über einen Aufhebungs- oder Verlegungsantrag hat der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden (§ 227 Abs 4 ZPO iVm § 202 SGG). Kommt er dieser Verpflichtung bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung nicht nach, leidet das Verfahren wegen der Versagung rechtlichen Gehörs an einem wesentlichen Mangel (vgl BSG vom 6.10.2010 - B 12 KR 58/09 B - juris RdNr 8; vom 25.2.2010 - B 11 AL 113/09 B - juris RdNr 9). Das ist hier der Fall.

11

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat am Tag vor der mündlichen Verhandlung mit Telefax seiner Kanzlei vom 24.4.2012 die Aufhebung und Verlegung des anberaumten Termins wirksam beantragt. Über den spätestens aufgrund des beim LSG am 25.4.2012 um 11.59 Uhr eingegangenen weiteren Telefaxschreibens entscheidungsreifen Antrag hat der Senatsvorsitzende keine prozessleitende Entscheidung getroffen. Stattdessen hat der 3. Senat des LSG durch seine Mitglieder den Aufhebungs- und Verlegungsantrag als Antrag auf Vertagung der bereits begonnenen mündlichen Verhandlung behandelt, für den nicht der Vorsitzende allein, sondern der Senat in voller Besetzung der gesetzliche Richter ist, und ihn abgelehnt. Dadurch ist dem Kläger die Möglichkeit genommen worden, sich über seinen Prozessbevollmächtigten zur Sach- und Rechtslage zu äußern. Dass der Senatsvorsitzende den vom Prozessbevollmächtigten geltend gemachten erheblichen Grund ggf nicht als hinreichend substantiiert oder nicht glaubhaft gemacht angesehen haben könnte, ließ dessen Pflicht unberührt, über den Aufhebungs- und Verlegungsantrag noch vor Beginn der mündlichen Verhandlung wirksam zu entscheiden.

12

Das angefochtene Urteil kann auf dem Verfahrensfehler beruhen. Da es an einer Entscheidung des gesetzlichen Richters über den Antrag fehlt, ist, weil sich später nur der Senat in voller Besetzung geäußert hat, nicht auszuschließen, dass es ohne den Verfahrensfehler zu einem für den Kläger günstigeren Ergebnis gekommen wäre.

13

Im Hinblick darauf ist nur kurz darauf hinzuweisen, dass hier auch mit der Antragsablehnung durch den Senat der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt worden ist. Denn der Prozessbevollmächtigte hat alles ihm in der konkreten Situation Mögliche und Zumutbare getan, um einen erheblichen Aufhebungsgrund vorzutragen, glaubhaft zu machen und das LSG von der Notwendigkeit zu überzeugen, den Termin der mündlichen Verhandlung aufzuheben oder zu verlegen (vgl hierzu BSG vom 28.4.1999 - B 6 KA 40/98 R - juris RdNr 18). Das LSG hat die Anforderungen an die Glaubhaftmachung einer die Wahrnehmung des Verhandlungstermins ausschließenden Erkrankung im konkreten Fall überspannt. Die Verhinderung des Prozessbevollmächtigten ist jedenfalls dann ein hinreichender Grund für die Aufhebung, Verlegung oder Vertagung eines Termins, wenn wegen einer unvorhergesehenen plötzlichen Erkrankung des Prozessbevollmächtigten nicht mehr rechtzeitig für eine Vertretung gesorgt werden kann und der Prozessbevollmächtigte seine Bereitschaft bekundet, zur Glaubhaftmachung ein Attest vorzulegen (so wörtlich BVerfG vom 8.2.2001 - 2 BvR 266/99 - juris RdNr 2). Vorliegend hat der Prozessbevollmächtigte zum Zwecke der Glaubhaftmachung (§ 294 Abs 1 ZPO iVm § 202 SGG) nicht nur die Vorlage eines ärztlichen Attests in Aussicht gestellt, sondern auch sein krankheitsbedingtes Unvermögen, den Verhandlungstermin wahrzunehmen, anwaltlich versichert und eine Versicherung an Eides statt angeboten.

14

Liegen - wie hier - die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vor, kann das BSG auf die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil wegen des festgestellten Verfahrensfehlers aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisen(§ 160a Abs 5 SGG). Der Senat macht von dieser Möglichkeit Gebrauch.

15

Das LSG wird auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Beschwerde der Beigeladenen zu 2. und 3. gegen die Nichtzulassung der Revision wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. Juni 2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten in der Hauptsache darüber, ob die Beigeladene zu 2. aufgrund ihrer Tätigkeit für den Beigeladenen zu 3. der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt.

2

Gegen das für sie in der Sache negative Urteil des Sozialgerichts (SG) vom 9.10.2007 hatten - neben der Klägerin - die Beigeladene zu 2. und der Beigeladene zu 3. Berufung eingelegt. Mit Verfügung vom 12.5.2009 hatte der Vorsitzende des 1. Senats des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg die Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 10.6.2009, 12.00 Uhr, verfügt. Mit Ausnahme des für die Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen zu 2. und 3. bestimmten Empfangsbekenntnisses waren die Empfangsbekenntnisse aller (übrigen) Beteiligten in der Folgezeit zur Gerichtsakte gelangt.

3

Mit Telefax vom 9.6.2009, beim LSG eingegangen um 11.40 Uhr, beantragte die sachbearbeitende Rechtsanwältin der Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen zu 2. und 3. die Verlegung des Termins. Sie wies darauf hin, dass sie die Ladung nicht erhalten habe, und zählte mehrere Gerichtstermine am 10.6.2009 bei anderen Gerichten in der Zeit von 9.00 Uhr bis 14.00 Uhr auf. In der Folgezeit kam es zu einem Telefonat einer Kanzleimitarbeiterin der Prozessbevollmächtigten mit dem Richter am LSG , in dem über den Antrag auf Terminsverlegung gesprochen wurde. Mit Telefax vom 9.6.2009, beim LSG eingegangen um 15.59 Uhr, lehnte die Sachbearbeiterin der Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen zu 2. und 3. den Richter am LSG wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Sie begründete ihr Gesuch und wies außerdem darauf hin, dass weder sie noch ihre Sozietätskollegen den Termin zur mündlichen Verhandlung am Folgetag wahrnehmen könnten. In diesem Zusammenhang legte sie einige bei den Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen zu 2. und 3. auch schon vor dem 12.5.2009 eingegangene Terminsladungen anderer Gerichte vor. Am 10.6.2009 wurde der sachbearbeitenden Rechtsanwältin die dienstliche Erklärung des Richters über die gegen ihn vorgebrachten Ablehnungsgründe übermittelt und eine Stellungnahmefrist bis spätestens um 11.30 Uhr eingeräumt. Mit Telefax vom 10.6.2009, beim LSG eingegangen um 11.20 Uhr, äußerte sich diese zu der dienstlichen Erklärung und wies noch einmal darauf hin, dass bis zu jenem Zeitpunkt über das Terminverlegungsgesuch nicht entschieden worden sei.

4

Am 10.6.2009 um 12.30 Uhr wiesen die Berufsrichter des 1. Senats des LSG das Befangenheitsgesuch außerhalb der mündlichen Verhandlung im Beschlusswege ohne Beteiligung des abgelehnten Richters zurück. Im Anschluss führte das LSG die mündliche Verhandlung (Beginn 12.30 Uhr) in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2. und 3. und ihrer Prozessbevollmächtigten durch und wies deren Berufung zurück. Der Vorsitzende hatte die mündliche Verhandlung eröffnet, ua darauf hingewiesen, dass noch über einen "Vertagungsantrag" zu entscheiden sei, und sodann die mündliche Verhandlung zwecks Zwischenberatung über den Antrag wieder geschlossen. Im Anschluss war der "Vertagungsantrag" in der mündlichen Verhandlung abgelehnt worden, ohne die Beigeladenen zu 2. und 3. bzw deren Prozessbevollmächtigte verhandelt und zu ihrem Nachteil entschieden worden.

5

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG vom 10.6.2009 rügen die Beigeladenen zu 2. und 3. als Verfahrensfehler ua eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör und ihres Prozessgrundrechts auf ein faires Verfahren.

6

II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Die Beigeladenen zu 2. und 3. machen zu Recht einen Verfahrensmangel geltend, auf dem das angefochtene Urteil auch beruht (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Das LSG hat gegen den Grundsatz der Mündlichkeit (§ 124 Abs 1 SGG), ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) und das allgemeine Prozessgrundrecht auf ein faires Verfahren (Art 2 Abs 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip) schon deshalb verstoßen, weil es den am 9.6.2009 gestellten Antrag auf Verlegung des Termins bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung am 10.6.2009 nicht beschieden hat.

7

Der auch für das sozialgerichtliche Verfahren geltende Mündlichkeitsgrundsatz (§ 124 Abs 1 SGG) gewährt den Verfahrensbeteiligten grundsätzlich ein Recht darauf, zur mündlichen Verhandlung zu erscheinen und mit ihren Ausführungen gehört zu werden (grundlegend BSG SozR Nr 16 zu § 62 SGG). Die Möglichkeit des Vortrags in der mündlichen Verhandlung ist die umfassendste Form der Gewährung des rechtlichen Gehörs. Bestandteil des Anspruchs der Beteiligten auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG) in der Form einer mündlichen Verhandlung ist auch das Recht auf Aufhebung oder Verlegung eines anberaumten (oder auf Vertagung eines bereits begonnenen) Termins zur mündlichen Verhandlung, wenn dies aus erheblichen Gründen notwendig ist (§ 227 ZPO iVm § 202 SGG; BSG SozR Nr 16 zu § 62 SGG). Über einen Aufhebungs- oder Verlegungsantrag (oder Vertagungsantrag) des verhinderten Beteiligten hat der Vorsitzende (oder das Gericht) zu entscheiden (§ 227 Abs 4 ZPO iVm § 202 SGG). Entsprechende Anforderungen an die Verhaltensweise des Gerichts ergeben sich auch aus dem aus Art 2 Abs 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden allgemeinen Prozessgrundrecht auf ein faires Verfahren (vgl hierzu etwa BSG SozR 4-1500 § 62 Nr 1 RdNr 6, mwN aus der Rechtsprechung, auch des BVerfG).

8

Allein die Nichtbescheidung des Verlegungsgesuchs bis zum avisierten (12.00 Uhr) und auch tatsächlichen (12.30 Uhr) Beginn der mündlichen Verhandlung am 10.6.2009 stellt eine Versagung des rechtlichen Gehörs dar, die das Verfahren in einem wesentlichen Punkt fehlerhaft macht (vgl BSG SozR Nr 16 zu § 62 SGG; zur Nichtbescheidung auch Urteil vom 13.5.1980, 12 RK 74/79, USK 8086). Der Antrag war vor Beginn der mündlichen Verhandlung als Antrag auf Verlegung, jedenfalls Aufhebung des Termins gestellt worden. Die Entscheidung über einen solchen Antrag trifft der Vorsitzende durch prozessleitende Verfügung (§ 227 Abs 4 Satz 1 Halbs 1 ZPO iVm § 202 SGG). Der Verlegungs- bzw Aufhebungsantrag war - in dem Antrag selbst und auch in dem sich anschließenden Befangenheitsgesuch - mit einer Begründung versehen und damit entscheidungsreif oder hätte, zumal er nicht "erst in letzter Minute", sondern einen Tag vor der mündlichen Verhandlung beim LSG eingegangen war, durch weitere mögliche und zumutbare Ermittlungen entscheidungsreif gemacht werden können mit der Folge, dass eine Vorsitzendenentscheidung vor Beginn der mündlichen Verhandlung möglich war. Tatsächlich hat der Vorsitzende, der entscheiden konnte, weil nicht er, sondern der beisitzende Richter am LSG als befangen abgelehnt worden war, über die Terminsverlegung bzw -aufhebung vor Beginn der mündlichen Verhandlung nicht entschieden, sondern hat das LSG diesen Antrag nach Beginn der mündlichen Verhandlung als Antrag der Beigeladenen zu 2. und 3. auf Vertagung der mündlichen Verhandlung behandelt und ihn dann in der hierfür erforderlichen Besetzung (§ 227 Abs 4 Satz 1 Halbs 2 ZPO iVm § 202 SGG) abgelehnt. Indem das LSG den Verlegungs- bzw Aufhebungsantrag übergangen und erst in der mündlichen Verhandlung als Vertagungsantrag abgelehnt hat, wurde den Beigeladenen zu 2. und 3., die auch ihren Willen zum Ausdruck gebracht hatten, durch ihre Prozessbevollmächtigten verhandeln zu wollen, die Möglichkeit genommen, ihre Auffassung in der mündlichen Verhandlung über ihre Prozessbevollmächtigten vorzutragen. Das Übergehen dieses Antrags hat vor allem ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) verletzt. Zwar hätten ihre Prozessbevollmächtigten ihrerseits, solange sie keine Antwort des Vorsitzenden auf ihre Bitte um Terminsverlegung bzw -aufhebung erhalten hatten, nicht darauf vertrauen dürfen, dass das Gericht ihrer Bitte entsprechen und den Termin aufheben würde. Denn solange der Termin nicht aufgehoben war, mussten sie mit seiner Durchführung rechnen und vorsorglich zum Termin erscheinen, um die Rechte der Beigeladenen zu 2. und 3. vertreten zu können. Mögliche Versäumnisse der Prozessbevollmächtigten in dieser Hinsicht ließen indessen die Pflicht des LSG unberührt, den mit einer Begründung versehenen, am Vortag gestellten Antrag auf Terminsverlegung bzw -aufhebung noch vor Beginn des Termins zur mündlichen Verhandlung durch den Vorsitzenden zu entscheiden.

9

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass bei zunehmender Verfahrensdauer sich die mit dem Justizgewährleistungsanspruch verbundene Pflicht des Gerichts verdichtet, sich nachhaltig um eine Beschleunigung des Verfahrens und dessen Beendigung zu bemühen (vgl BVerfG, Kammerbeschluss vom 6.12.2004, 1 BvR 1977/04, NJW 2005, 739). Dies kann jedenfalls nicht demjenigen entgegengehalten werden, zu dessen Gunsten im sozialgerichtlichen Verfahren der Justizgewährleistungsanspruch besteht, im vorliegenden Fall also den Beigeladenen zu 2. und 3.

10

Obwohl die Verletzung des rechtlichen Gehörs in sozialgerichtlichen Verfahren nicht als absoluter Revisionsgrund geregelt ist (vgl § 202 SGG iVm § 547 ZPO), ist doch wegen der Bedeutung der mündlichen Verhandlung im Allgemeinen davon auszugehen, dass eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, die einen Verfahrensbeteiligten - wie hier die Beigeladenen zu 2. und 3. bzw deren Prozessbevollmächtigte - daran gehindert hat, an einer mündlichen Verhandlung teilzunehmen, die daraufhin ergangene Gerichtsentscheidung insgesamt beeinflusst hat (vgl BSG SozR 4-1750 § 227 Nr 1 RdNr 7; BSG SozR 3-1750 § 227 Nr 1 S 2, mwN). Näherer Darlegungen dazu, inwiefern das Urteil auf der Verletzung des rechtlichen Gehörs beruhen kann, sind daher nicht erforderlich. Insoweit braucht auch nicht geprüft zu werden, inwieweit solche den Begründungsanforderungen genügen.

11

Nach 160a Abs 5 SGG kann das Revisionsgericht in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisen. Hiervon hat der Senat zur Vermeidung weiterer Verfahrensverzögerungen Gebrauch gemacht.

12

Die Kostenentscheidung bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung vorbehalten.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 7. Mai 2013 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über einen vom LSG in dem angefochtenen Urteil verneinten Anspruch des Klägers auf Erlass seiner Beitragsschulden in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung.

2

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen LSG vom 7.5.2013 ist in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

3

Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen.

4

Der Kläger beruft sich in seiner Beschwerdebegründung vom 7.10.2013 ausschließlich auf das Vorliegen von Verfahrensmängeln (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

5

Ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist der Verstoß des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug(vgl zB BSGE 2, 81, 82; 15, 169, 172 = SozR Nr 3 zu § 52 SGG). Nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann sich der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 S 1 SGG stützen. Ferner kann die Geltendmachung eines Verfahrensmangels auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungspflicht) gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Prüfungsmaßstab ist die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des LSG (BSG SozR Nr 79 zu § 162 SGG; BSG SozR 1500 § 160 Nr 33). Neben der Geltendmachung des Vorliegens eines Verstoßes gegen das Verfahrensrecht ist mit der Beschwerdebegründung darzulegen, dass die angefochtene Entscheidung auf diesem Verstoß beruhen kann. Ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens wird nur dann substantiiert bezeichnet, wenn der Beschwerdeführer diesen hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen darlegt, sodass das Beschwerdegericht allein anhand dieser Begründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des LSG möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht.

6

Der Kläger macht Verletzungen seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs, seines Anspruchs auf ein faires Verfahren, des "Willkürverbots", der gerichtlichen "Fürsorge- und Hinweispflicht" und des "Aufklärungsgrundsatzes" geltend. Er hat jedoch die geltend gemachten Verfahrensmängel nicht hinreichend bezeichnet.

7

Der Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG)und das aus Art 2 Abs 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete allgemeine Prozessgrundrecht auf ein faires Verfahren gebieten, den an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern. Wird aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, muss den Beteiligten unabhängig davon, ob sie die Möglichkeit zur schriftlichen Vorbereitung des Verfahrens genutzt haben, Gelegenheit gegeben werden, ihren Standpunkt in der Verhandlung darzulegen. Dabei ist dem Anspruch auf rechtliches Gehör in der Regel dadurch genügt, dass das Gericht die mündliche Verhandlung anberaumt (§ 110 Abs 1 S 1 SGG), der Beteiligte ordnungsgemäß geladen und die mündliche Verhandlung zu dem festgesetzten Zeitpunkt eröffnet wird. Eine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung trotz Abwesenheit eines Beteiligten ist dann ohne Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs möglich, wenn dieser in der Ladung darauf hingewiesen worden ist, dass auch im Falle seines Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann (BSG vom 7.7.2011 - B 14 AS 35/11 B - Juris RdNr 6 mwN). Der Kläger behauptet nicht, dass die Ladung zur mündlichen Verhandlung die vorgenannten Hinweise nicht enthalten habe. Zudem trägt er selbst vor, dass sein Antrag auf Terminsverlegung vom 16.4.2013 mit Gerichtsschreiben vom 19.4.2013 abgelehnt worden sei. Solange aber ein Termin zur mündlichen Verhandlung vom Gericht nicht aufgehoben worden ist, dürfen und müssen die Beteiligten davon ausgehen, dass der Termin auch stattfindet (vgl BSG vom 6.10.2010 - B 12 KR 58/09 B - Juris RdNr 8).

8

Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn erhebliche Gründe für eine Terminsverlegung vorliegen und diese beantragt wird. Ein iS des § 227 Abs 1 S 1 ZPO(iVm § 202 S 1 SGG) ordnungsgemäß gestellter Antrag auf Terminsverlegung mit einem hinreichend substantiiert geltend gemachten Terminsverlegungsgrund begründet grundsätzlich eine entsprechende Pflicht des Gerichts zur Terminsverlegung (BSG SozR 3-1750 § 227 Nr 1 S 2; BSG vom 28.4.1999 - B 6 KA 40/98 R - Juris RdNr 16; BSG vom 12.2.2003 - B 9 SB 5/02 R - Juris RdNr 11). Solche Gründe hat der Kläger in seiner Beschwerdebegründung jedoch nicht dargetan. Er trägt selbst vor, dass sein Prozessbevollmächtigter bereit und in der Lage gewesen wäre, zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 7.5.2013 "im Gerichtssaal präsent" zu sein.

9

Ein Verfahrensmangel wird auch nicht iS von § 160a Abs 2 S 3 SGG bezeichnet, soweit der Kläger meint, dass die von seinem Prozessbevollmächtigten am Tag der mündlichen Verhandlung ca zwei Stunden vor Beginn des Termins schriftsätzlich gestellten Ablehnungsgesuche gegen den Vorsitzenden Richter am LSG R. und gegen die Richterin am LSG Dr. K. (als Berichterstatterin) zu einer Terminsaufhebung hätten führen müssen (vgl in diesem Zusammenhang allgemein auch Thüringer LSG vom 28.3.2007 - L 1 U 809/02 - Juris RdNr 31 mwN zur Rechtsmissbräuchlichkeit eines Ablehnungsgesuchs, das allein den Zweck verfolgt, eine Terminsverlegung zu erzwingen). Das die abgelehnten Richter treffende Handlungsverbot nach § 60 Abs 1 SGG iVm § 47 Abs 1 ZPO bewirkt lediglich, dass der abgelehnte Richter an weiteren Verfahrensschritten bis zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch nicht mitwirken darf, und zwar ab Eingang bis zu dessen rechtskräftiger Erledigung(vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 17 RdNr 17 mwN), und dass eine Endentscheidung in der Sache erst nach Bescheidung des Ablehnungsgesuchs ergehen darf (vgl BGH vom 21.6.2007 - V ZB 3/07 - MDR 2008, 111; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 60 RdNr 13a).

10

Ein Verstoß gegen das Handlungsverbot der abgelehnten Richter R. und Dr. K. behauptet der Kläger nicht. Vielmehr trägt er selbst vor, dass das LSG erst nach Ablehnung der vorgenannten Ablehnungsgesuche mit der "geschäftsplanmäßigen" Besetzung (also mit den beiden abgelehnten Richtern) die mündliche Verhandlung fortgesetzt, zur Sache verhandelt und das die Berufung zurückweisende Urteil verkündet habe.

11

Mit der Rüge, dass das LSG vorab in der mündlichen Verhandlung über die kurz vor Beginn des Termins schriftsätzlich gestellten Ablehnungsgesuche ohne die beiden abgelehnten Richter mit einer "falschen" Richterin als Vorsitzende entschieden habe, hat er - auch sinngemäß - keinen Verstoß gegen § 202 Abs 1 S 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO aufgezeigt. Dass das Berufungsgericht in mündlicher Verhandlung unter Vorsitz von Richterin am LSG B. als vom Kläger nicht abgelehntes Mitglied des zuständigen Spruchkörpers, zwei weiteren Berufsrichtern als geschäftsplanmäßige Vertreter und den ehrenamtlichen Richtern über die Befangenheitsgesuche des Klägers gegen den Vorsitzenden Richter am LSG R. und die Richterin am LSG Dr. K. entschieden hat, ist Folge des die abgelehnten Richter treffenden Handlungsverbots. Denn gemäß § 60 Abs 1 SGG iVm § 45 Abs 1 ZPO entscheidet das Gericht, dem die abgelehnten Richter angehören, (grundsätzlich) ohne deren Mitwirkung(zu den Ausnahmen bei völlig ungeeigneten bzw offensichtlich unzulässigen oder rechtsmissbräuchlichen Befangenheitsgesuchen s Keller, aaO, § 60 RdNr 10d mwN). Dies ist vorliegend aber auch nach dem Vorbringen des Klägers geschehen. Dass bei der Besetzung des über die Ablehnungsgesuche entscheidenden Spruchkörpers gegen den Geschäftsverteilungsplan des LSG und/oder gegen die Mitwirkungsgrundsätze des zuständigen Spruchkörpers verstoßen worden ist, hat der Kläger nicht in der erforderliche Weise dargetan.

12

Auch mit der Rüge, dass ihm vor der Entscheidung des LSG über die Ablehnungsgesuche die dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter nicht zur Kenntnis- und Stellungnahme übersandt worden seien, hat der Kläger keinen Gehörsverstoß bezeichnet. Zwar ist dem ablehnenden Beteiligten vor einer Entscheidung über den abgelehnten Richter zu dessen dienstlichen Äußerung (vgl § 60 Abs 1 SGG iVm § 44 Abs 3 ZPO) grundsätzlich Gehör zu gewähren (zu den möglichen Ausnahmen vgl BSG SozR 4-1500 § 60 Nr 4 RdNr 12; Keller, aaO, § 60 RdNr 11c; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 34. Aufl 2013, § 46 RdNr 1, jeweils mwN). Dies ist nach dem Vortrag des Klägers nicht geschehen.

13

Weitere Voraussetzung für eine zulässige Gehörsrüge ist jedoch die Darlegung, dass der Beteiligte seinerseits alles getan hat, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (BSG vom 7.7.2011 - B 14 AS 35/11 B - Juris RdNr 7 mwN; stRspr). Dies hat der Kläger nicht getan. Vielmehr hätte er bzw sein Prozessbevollmächtigter die Gelegenheit wahrnehmen können, in der mündlichen Verhandlung zu den dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter Kenntnis und ggf Stellung zu nehmen. Dass das LSG ihm (dem Kläger) bzw seinem Prozessbevollmächtigen im Termin diese Möglichkeit verwehrt hätte, behauptet der Kläger nicht.

14

Zwar verletzt ein Gericht Art 103 Abs 1 GG, wenn es sich bei seiner Entscheidung über die Ablehnung eines Richters allein auf eine dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters stützt, die die Verfahrensbeteiligten nicht kennen, weil es seiner Entscheidung dann Feststellungen zugrunde legt, zu denen rechtliches Gehör nicht gewährt wurde (vgl BVerfGE 24, 56, 61 f; 89, 28, 36). Ein solcher Fall ist vorliegend jedoch auch nach Vortrag des Klägers nicht gegeben. Aus dem in der Beschwerdebegründung wörtlich wiedergegebenen Beschluss des LSG über die Ablehnung der Ablehnungsgesuche des Klägers gegen den Vorsitzenden Richter am LSG R. und die Richterin am LSG Dr. K. lässt sich nicht entnehmen, dass das Berufungsgericht sich bei seiner Entscheidung auf die dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter gestützt bzw Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet hat, die es diesen dienstlichen Äußerungen entnommen hat. Gegenteiliges wird auch in dem Beschwerdevortrag nicht behauptet.

15

Die gerügte Verletzung einer "Fürsorge- und Hinweispflicht" des Berufungsgerichts hat der Kläger ebenfalls nicht hinreichend dargetan. Er hat schon nicht aufgezeigt, warum das LSG den anwaltlich vertretenen Kläger über mögliche verfahrensrechtliche Fehlvorstellungen seines Prozessbevollmächtigten im Hinblick auf die rechtlichen Wirkungen und die mögliche prozessuale Behandlung seiner am Tag der mündlichen Verhandlung - ca zwei Stunden vor Beginn des anberaumten Termins und damit gewissermaßen "in letzter Minute" - gestellten Ablehnungsgesuche vorab noch hätte aufklären können und müssen. Vielmehr hätte sein Prozessbevollmächtigter gerade in der vorgetragenen besonderen Situation, solange eine Terminsaufhebung noch nicht erfolgt war, nicht darauf vertrauen dürfen, dass das Gericht allein wegen der Ablehnungsgesuche den Termin zur mündlichen Verhandlung aufheben würde. Denn solange der Termin nicht aufgehoben war, musste der Bevollmächtigte mit seiner Durchführung rechnen und vorsorglich zum Termin erscheinen, um die Rechte des Klägers vertreten zu können (vgl BSG vom 6.10.2010 - B 12 KR 58/09 B - Juris RdNr 8). Der Kläger trägt selbst vor, dass es seinem Prozessbevollmächtigten zeitlich möglich gewesen wäre, den Termin wahrzunehmen.

16

Soweit der Kläger schließlich eine "Verletzung des Aufklärungsgrundsatzes" im Zusammenhang mit der in der mündlichen Verhandlung vom Berufungsgericht aufgehobenen Anordnung seines persönlichen Erscheinens rügt, bezeichnet er auch einen solchen Verfahrensmangel nicht in einer zulässigkeitsbegründenden Weise.

17

Die Anordnung des persönlichen Erscheinens steht nach § 111 Abs 1 SGG im Ermessen des Gerichts (bzw des Vorsitzenden) und dient vorrangig der Sachaufklärung. Die Anordnung hat nicht die Funktion, das rechtliche Gehör der Beteiligten sicherzustellen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 111 RdNr 2 mwN). Aus der Anordnung des persönlichen Erscheinens kann aber nicht zwingend darauf geschlossen werden, dass ohne das Erscheinen der Beteiligten keine Sachentscheidung des Gerichts ergehen könnte oder dürfte (BSG vom 31.1.2008 - B 2 U 311/07 B - Juris RdNr 4). Dies bedeutet aber nicht, dass das Gericht, wenn es das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zu einem Termin angeordnet hat und dieser nicht erscheint, in diesem Termin "ohne Weiteres" in der Sache entscheiden darf (BSG aaO - Juris RdNr 5). So war es vorliegend jedoch nicht. Vielmehr hat das LSG in der mündlichen Verhandlung ausweislich der in der Beschwerdebegründung erwähnten Sitzungsniederschrift die Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers erst dann aufgehoben, nachdem es nach Befragung der Terminsvertreterin der Beklagten durch Hinweis des Vorsitzenden zu Protokoll festgestellt hatte, dass die nach seiner Rechtsauffassung "notwendigen weiteren Angaben" nunmehr vorlägen. Der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht zu entnehmen, welches weitere Vorbringen gerade die persönliche Anwesenheit des Klägers nunmehr noch erforderlich machte.

18

Sollte der Kläger darüber hinaus noch eine Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) rügen wollen, benennt er jedenfalls keinen Beweisantrag, den er im Berufungsverfahren gestellt und bis zuletzt aufrechterhalten hat (vgl dazu allgemein BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11; BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 5).

19

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

20

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.

Tenor

Auf die Beschwerde der Beigeladenen zu 2. und 3. gegen die Nichtzulassung der Revision wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. Juni 2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten in der Hauptsache darüber, ob die Beigeladene zu 2. aufgrund ihrer Tätigkeit für den Beigeladenen zu 3. der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt.

2

Gegen das für sie in der Sache negative Urteil des Sozialgerichts (SG) vom 9.10.2007 hatten - neben der Klägerin - die Beigeladene zu 2. und der Beigeladene zu 3. Berufung eingelegt. Mit Verfügung vom 12.5.2009 hatte der Vorsitzende des 1. Senats des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg die Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 10.6.2009, 12.00 Uhr, verfügt. Mit Ausnahme des für die Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen zu 2. und 3. bestimmten Empfangsbekenntnisses waren die Empfangsbekenntnisse aller (übrigen) Beteiligten in der Folgezeit zur Gerichtsakte gelangt.

3

Mit Telefax vom 9.6.2009, beim LSG eingegangen um 11.40 Uhr, beantragte die sachbearbeitende Rechtsanwältin der Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen zu 2. und 3. die Verlegung des Termins. Sie wies darauf hin, dass sie die Ladung nicht erhalten habe, und zählte mehrere Gerichtstermine am 10.6.2009 bei anderen Gerichten in der Zeit von 9.00 Uhr bis 14.00 Uhr auf. In der Folgezeit kam es zu einem Telefonat einer Kanzleimitarbeiterin der Prozessbevollmächtigten mit dem Richter am LSG , in dem über den Antrag auf Terminsverlegung gesprochen wurde. Mit Telefax vom 9.6.2009, beim LSG eingegangen um 15.59 Uhr, lehnte die Sachbearbeiterin der Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen zu 2. und 3. den Richter am LSG wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Sie begründete ihr Gesuch und wies außerdem darauf hin, dass weder sie noch ihre Sozietätskollegen den Termin zur mündlichen Verhandlung am Folgetag wahrnehmen könnten. In diesem Zusammenhang legte sie einige bei den Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen zu 2. und 3. auch schon vor dem 12.5.2009 eingegangene Terminsladungen anderer Gerichte vor. Am 10.6.2009 wurde der sachbearbeitenden Rechtsanwältin die dienstliche Erklärung des Richters über die gegen ihn vorgebrachten Ablehnungsgründe übermittelt und eine Stellungnahmefrist bis spätestens um 11.30 Uhr eingeräumt. Mit Telefax vom 10.6.2009, beim LSG eingegangen um 11.20 Uhr, äußerte sich diese zu der dienstlichen Erklärung und wies noch einmal darauf hin, dass bis zu jenem Zeitpunkt über das Terminverlegungsgesuch nicht entschieden worden sei.

4

Am 10.6.2009 um 12.30 Uhr wiesen die Berufsrichter des 1. Senats des LSG das Befangenheitsgesuch außerhalb der mündlichen Verhandlung im Beschlusswege ohne Beteiligung des abgelehnten Richters zurück. Im Anschluss führte das LSG die mündliche Verhandlung (Beginn 12.30 Uhr) in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2. und 3. und ihrer Prozessbevollmächtigten durch und wies deren Berufung zurück. Der Vorsitzende hatte die mündliche Verhandlung eröffnet, ua darauf hingewiesen, dass noch über einen "Vertagungsantrag" zu entscheiden sei, und sodann die mündliche Verhandlung zwecks Zwischenberatung über den Antrag wieder geschlossen. Im Anschluss war der "Vertagungsantrag" in der mündlichen Verhandlung abgelehnt worden, ohne die Beigeladenen zu 2. und 3. bzw deren Prozessbevollmächtigte verhandelt und zu ihrem Nachteil entschieden worden.

5

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG vom 10.6.2009 rügen die Beigeladenen zu 2. und 3. als Verfahrensfehler ua eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör und ihres Prozessgrundrechts auf ein faires Verfahren.

6

II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Die Beigeladenen zu 2. und 3. machen zu Recht einen Verfahrensmangel geltend, auf dem das angefochtene Urteil auch beruht (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Das LSG hat gegen den Grundsatz der Mündlichkeit (§ 124 Abs 1 SGG), ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) und das allgemeine Prozessgrundrecht auf ein faires Verfahren (Art 2 Abs 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip) schon deshalb verstoßen, weil es den am 9.6.2009 gestellten Antrag auf Verlegung des Termins bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung am 10.6.2009 nicht beschieden hat.

7

Der auch für das sozialgerichtliche Verfahren geltende Mündlichkeitsgrundsatz (§ 124 Abs 1 SGG) gewährt den Verfahrensbeteiligten grundsätzlich ein Recht darauf, zur mündlichen Verhandlung zu erscheinen und mit ihren Ausführungen gehört zu werden (grundlegend BSG SozR Nr 16 zu § 62 SGG). Die Möglichkeit des Vortrags in der mündlichen Verhandlung ist die umfassendste Form der Gewährung des rechtlichen Gehörs. Bestandteil des Anspruchs der Beteiligten auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG) in der Form einer mündlichen Verhandlung ist auch das Recht auf Aufhebung oder Verlegung eines anberaumten (oder auf Vertagung eines bereits begonnenen) Termins zur mündlichen Verhandlung, wenn dies aus erheblichen Gründen notwendig ist (§ 227 ZPO iVm § 202 SGG; BSG SozR Nr 16 zu § 62 SGG). Über einen Aufhebungs- oder Verlegungsantrag (oder Vertagungsantrag) des verhinderten Beteiligten hat der Vorsitzende (oder das Gericht) zu entscheiden (§ 227 Abs 4 ZPO iVm § 202 SGG). Entsprechende Anforderungen an die Verhaltensweise des Gerichts ergeben sich auch aus dem aus Art 2 Abs 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden allgemeinen Prozessgrundrecht auf ein faires Verfahren (vgl hierzu etwa BSG SozR 4-1500 § 62 Nr 1 RdNr 6, mwN aus der Rechtsprechung, auch des BVerfG).

8

Allein die Nichtbescheidung des Verlegungsgesuchs bis zum avisierten (12.00 Uhr) und auch tatsächlichen (12.30 Uhr) Beginn der mündlichen Verhandlung am 10.6.2009 stellt eine Versagung des rechtlichen Gehörs dar, die das Verfahren in einem wesentlichen Punkt fehlerhaft macht (vgl BSG SozR Nr 16 zu § 62 SGG; zur Nichtbescheidung auch Urteil vom 13.5.1980, 12 RK 74/79, USK 8086). Der Antrag war vor Beginn der mündlichen Verhandlung als Antrag auf Verlegung, jedenfalls Aufhebung des Termins gestellt worden. Die Entscheidung über einen solchen Antrag trifft der Vorsitzende durch prozessleitende Verfügung (§ 227 Abs 4 Satz 1 Halbs 1 ZPO iVm § 202 SGG). Der Verlegungs- bzw Aufhebungsantrag war - in dem Antrag selbst und auch in dem sich anschließenden Befangenheitsgesuch - mit einer Begründung versehen und damit entscheidungsreif oder hätte, zumal er nicht "erst in letzter Minute", sondern einen Tag vor der mündlichen Verhandlung beim LSG eingegangen war, durch weitere mögliche und zumutbare Ermittlungen entscheidungsreif gemacht werden können mit der Folge, dass eine Vorsitzendenentscheidung vor Beginn der mündlichen Verhandlung möglich war. Tatsächlich hat der Vorsitzende, der entscheiden konnte, weil nicht er, sondern der beisitzende Richter am LSG als befangen abgelehnt worden war, über die Terminsverlegung bzw -aufhebung vor Beginn der mündlichen Verhandlung nicht entschieden, sondern hat das LSG diesen Antrag nach Beginn der mündlichen Verhandlung als Antrag der Beigeladenen zu 2. und 3. auf Vertagung der mündlichen Verhandlung behandelt und ihn dann in der hierfür erforderlichen Besetzung (§ 227 Abs 4 Satz 1 Halbs 2 ZPO iVm § 202 SGG) abgelehnt. Indem das LSG den Verlegungs- bzw Aufhebungsantrag übergangen und erst in der mündlichen Verhandlung als Vertagungsantrag abgelehnt hat, wurde den Beigeladenen zu 2. und 3., die auch ihren Willen zum Ausdruck gebracht hatten, durch ihre Prozessbevollmächtigten verhandeln zu wollen, die Möglichkeit genommen, ihre Auffassung in der mündlichen Verhandlung über ihre Prozessbevollmächtigten vorzutragen. Das Übergehen dieses Antrags hat vor allem ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) verletzt. Zwar hätten ihre Prozessbevollmächtigten ihrerseits, solange sie keine Antwort des Vorsitzenden auf ihre Bitte um Terminsverlegung bzw -aufhebung erhalten hatten, nicht darauf vertrauen dürfen, dass das Gericht ihrer Bitte entsprechen und den Termin aufheben würde. Denn solange der Termin nicht aufgehoben war, mussten sie mit seiner Durchführung rechnen und vorsorglich zum Termin erscheinen, um die Rechte der Beigeladenen zu 2. und 3. vertreten zu können. Mögliche Versäumnisse der Prozessbevollmächtigten in dieser Hinsicht ließen indessen die Pflicht des LSG unberührt, den mit einer Begründung versehenen, am Vortag gestellten Antrag auf Terminsverlegung bzw -aufhebung noch vor Beginn des Termins zur mündlichen Verhandlung durch den Vorsitzenden zu entscheiden.

9

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass bei zunehmender Verfahrensdauer sich die mit dem Justizgewährleistungsanspruch verbundene Pflicht des Gerichts verdichtet, sich nachhaltig um eine Beschleunigung des Verfahrens und dessen Beendigung zu bemühen (vgl BVerfG, Kammerbeschluss vom 6.12.2004, 1 BvR 1977/04, NJW 2005, 739). Dies kann jedenfalls nicht demjenigen entgegengehalten werden, zu dessen Gunsten im sozialgerichtlichen Verfahren der Justizgewährleistungsanspruch besteht, im vorliegenden Fall also den Beigeladenen zu 2. und 3.

10

Obwohl die Verletzung des rechtlichen Gehörs in sozialgerichtlichen Verfahren nicht als absoluter Revisionsgrund geregelt ist (vgl § 202 SGG iVm § 547 ZPO), ist doch wegen der Bedeutung der mündlichen Verhandlung im Allgemeinen davon auszugehen, dass eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, die einen Verfahrensbeteiligten - wie hier die Beigeladenen zu 2. und 3. bzw deren Prozessbevollmächtigte - daran gehindert hat, an einer mündlichen Verhandlung teilzunehmen, die daraufhin ergangene Gerichtsentscheidung insgesamt beeinflusst hat (vgl BSG SozR 4-1750 § 227 Nr 1 RdNr 7; BSG SozR 3-1750 § 227 Nr 1 S 2, mwN). Näherer Darlegungen dazu, inwiefern das Urteil auf der Verletzung des rechtlichen Gehörs beruhen kann, sind daher nicht erforderlich. Insoweit braucht auch nicht geprüft zu werden, inwieweit solche den Begründungsanforderungen genügen.

11

Nach 160a Abs 5 SGG kann das Revisionsgericht in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisen. Hiervon hat der Senat zur Vermeidung weiterer Verfahrensverzögerungen Gebrauch gemacht.

12

Die Kostenentscheidung bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung vorbehalten.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

Tenor

Auf die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 29. Oktober 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Mit Urteil vom 29.10.2015 hat das LSG nach mündlicher Verhandlung Berufungen der Kläger gegen ein Urteil des SG zurückgewiesen, durch die ihre Klagen wegen Leistungen nach dem SGB II abgewiesen worden waren. Zu dem Termin waren die Kläger versehentlich nicht geladen worden; das Ladungsschreiben für ihre Prozessbevollmächtigten war irrtümlich an den Beklagten gesandt worden.

2

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG machen die Kläger einen Verfahrensmangel geltend und rügen die unterbliebene Ladung. Dadurch sei ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.

3

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger ist zulässig und im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet.

4

Das Urteil des LSG vom 29.10.2015 beruht auf einem von den Klägern hinreichend bezeichneten (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG. Das LSG hat ihren Anspruch auf ordnungsgemäße Mitteilung des Termins zur mündlichen Verhandlung (§ 153 Abs 1, § 110 Abs 1 Satz 1, § 63 Abs 1 Satz 2 SGG) und hierdurch auch ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) verletzt. Dieser gewährleistet, dass die Beteiligten zum gerichtlichen Verfahren herangezogen werden und Gelegenheit erhalten, sich vor Erlass der Entscheidung zum Prozessstoff zu äußern (vgl nur BVerfG Beschluss vom 19.10.1977 - 2 BvR 566/76 - BVerfGE 46, 185, 187; BVerfG Beschluss vom 24.3.1982 - 2 BvH 1/82 ua - BVerfGE 60, 175, 210; Schmidt-Aßmann in Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Komm zum GG, Dezember 2015, Art 103 Abs 1 RdNr 66 ff; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 62 RdNr 2). Auch wenn die Verletzung dieses Anspruchs im sozialgerichtlichen Verfahren nicht als absoluter Revisionsgrund ausgebildet ist (vgl § 202 SGG iVm § 547 ZPO), lässt sich das Beruhenkönnen der Entscheidung auf der fehlenden Mündlichkeit wegen des besonderen Rechtswerts der mündlichen Verhandlung (vgl zu ihrer Bedeutung für die Subjektstellung der Beteiligten im gerichtlichen Verfahren BVerfG Beschluss vom 30.4.2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395, 409 = SozR 4-1100 Art 103 Nr 1 RdNr 29 ff) in der Regel nicht verneinen (stRspr, vgl zuletzt etwa BSG Beschluss vom 6.10.2010 - B 12 KR 58/09 B - juris RdNr 10 mwN). Ungeachtet dessen erfüllt es ständiger Rechtsprechung des BSG nach auch den absoluten Revisionsgrund des § 202 SGG iVm § 547 Ziff 4 ZPO, wenn der Beteiligte oder sein Bevollmächtigter wegen einer unterbliebenen Ladung nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen konnte und daher iS von § 547 Ziff 4 ZPO "in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten" war(vgl zuletzt BSG Beschluss vom 2.3.2010 - B 5 R 440/09 B - juris RdNr 6 mwN; ebenso BVerwG Urteil vom 1.12.1982 - 9 C 486/82 - BVerwGE 66, 311; Eichberger in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Oktober 2015, § 138 RdNr 117 mwN). Mindestens hierauf beruht auch das angefochtene Urteil im Sinne der unwiderleglichen Vermutung von § 547 Halbsatz 1 ZPO. Aufgrund dessen ist das angefochtene Urteil gemäß § 160a Abs 5 iVm § 160 Abs 2 Nr 3 SGG aufzuheben und die Sache an das LSG zurückzuverweisen.

5

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der abschließenden Entscheidung des LSG vorbehalten.

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 27. Juli 2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gewähren muss.

2

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) hat am 27.7.2009 einen Termin zur mündlichen Verhandlung durchgeführt, zu dem es den (unvertretenen) Kläger versehentlich nicht geladen hatte. Mit Urteil vom selben Tage hat es die klageabweisende Entscheidung des Sozialgerichts (SG) vom 7.1.2009 bestätigt und die Berufung in Abwesenheit des Klägers zurückgewiesen. Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger beim Bundessozialgericht (BSG) Beschwerde eingelegt und Verfahrensfehler iS von § 160 Abs 2 Nr 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) geltend gemacht.

3

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig und begründet. Das LSG hat den Anspruch des Klägers auf ordnungsgemäße Mitteilung des Termins zur mündlichen Verhandlung (§§ 153 Abs 1, 110 Abs 1 Satz 1, 63 Abs 1 Satz 2 SGG) und auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 Grundgesetz) verletzt. Darüber hinaus war er "in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten" (absoluter Revisionsgrund: § 202 SGG iVm § 547 Ziff 4 Zivilprozessordnung). Aufgrund dieser Verfahrensmängel ist das angefochtene Urteil gemäß § 160a Abs 5 iVm § 160 Abs 2 Nr 3 SGG aufzuheben und die Sache an das LSG zurückzuverweisen.

4

Die Beschwerde ist zulässig. Der Kläger hat diese Verfahrensfehler ausreichend iS von § 160a Abs 2 Satz 3 SGG bezeichnet wenn er vorträgt, das LSG habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör(§ 62 SGG) verletzt, weil es über seine Berufung entschieden habe, ohne ihn zu dem anberaumten Verhandlungstermin am 27.7.2009 geladen zu haben.

5

Die Beschwerde ist auch im Sinne der Zurückverweisung begründet. Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) gewährleistet, dass die Beteiligten zum gerichtlichen Verfahren herangezogen werden und Gelegenheit erhalten, sich vor Erlass der Entscheidung zum Prozessstoff zu äußern (Bundesverfassungsgericht Beschlüsse vom 19.10.1977 - 2 BvR 566/76 - BVerfGE 46, 185, 187; vom 24.3.1982 - 2 BvH 1/82 ua - BVerfGE 60, 175, 210; Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Komm zum GG, Art 103 Abs 1 RdNr 66 ff; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 62 RdNr 2). Zu diesem Zweck bestimmt der Vorsitzende Zeit und Ort der mündlichen Verhandlung und teilt sie den Beteiligten (in der Regel zwei Wochen vorher) mit (§ 110 Abs 1 Satz 1 SGG). Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass das Urteil nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt wird, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten (§ 128 Abs 2 SGG). Gegen diese Grundsätze hat das LSG verstoßen, als es die Berufung am 27.7.2009 durch Urteil auf Grund mündlicher Verhandlung zurückwies, ohne den Kläger zuvor von diesem Termin benachrichtigt zu haben. Es ist auch nicht auszuschließen, dass das angefochtene Urteil auf dem gerügten Vorgehen des LSG beruht. Wegen des besonderen Rechtswerts der mündlichen Verhandlung lässt sich das Beruhenkönnen der Entscheidung auf der fehlenden Mündlichkeit in der Regel nicht verneinen (BSG, Urteile vom 11.2.1982 - 11 RA 50/81, BSGE 53, 83, 85 f = SozR 1500 § 124 Nr 7 S 15 und vom 7.11.2001 - B 9 V 6/01 R - SGb 2002, 382 sowie Beschluss vom 20.8.2009 - B 14 AS 41/09 B). Auch hier ist nicht ausgeschlossen, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung zu seinen Gunsten Ausführungen gemacht hätte und deswegen eine andere Entscheidung ergangen wäre. Das LSG hätte sich möglicherweise zu weiteren medizinischen Ermittlungen, etwa zu Rückfragen bei dem Sachverständigen Dr. O., veranlasst sehen können. Bei einem derartigen Verfahrensverlauf hätte es zu einer Verurteilung der Beklagten kommen können.

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In der Rechtsprechung des BSG ist zudem anerkannt, dass über § 202 SGG die absoluten Revisionsgründe, wie sie in der ZPO geregelt sind, auch in Verfahren vor der Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gelten, weil das SGG insoweit keine Vorschriften enthält und die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten die entsprechende Anwendung des § 547 ZPO nicht ausschließen. Unter den absoluten Revisionsgrund des § 547 Nr 4 ZPO fällt auch die unterbliebene Ladung, wenn deshalb weder der Beteiligte selbst noch sein etwaiger Bevollmächtigter an der mündlichen Verhandlung teilnehmen konnte(vgl BSG Urteile vom 28.3.1984 - 9a RV 55/83 - SozSich 1984, 289; vom 15.10.1986 - 5b RJ 48/85 - SozSich 1987, 156; vom 10.12.1992 - 11 RAr 81/92 - HV-Info 1993, 903; vom 28.1.1993 - 2 RU 45/92 - HV-Info 1993, 905; vom 22.11.1994 - 8 RKn 8/94 - HVBG-Info 1995, 820 und vom 9.4.1997 - 9 RV 17/96 - ZfS 1997, 206; vgl auch Bundesverwaltungsgericht , Urteil vom 1.12.1982 - 9 C 486/82 - BVerwGE 66, 311).

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Auf diesem Verfahrensfehler beruht auch das angefochtene Urteil. Denn nach § 547 ZPO ist bei einem absoluten Revisionsgrund die Entscheidung als "stets auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen", dh die Ursächlichkeit der Gesetzesverletzung wird unwiderleglich vermutet.

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Nach § 160a Abs 5 SGG kann das erkennende Gericht in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisen, wenn - wie hier - die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen. Der Senat macht von dieser Möglichkeit Gebrauch.

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Das LSG wird im wieder eröffneten Berufungsverfahren auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.