Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 5. Dezember 2012 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der im Anschluss an eine vorläufige Entschädigung zu zahlenden Verletztenrente streitig.

2

Die Klägerin erlitt am 15.7.1999 in ihrer versicherten Tätigkeit als Postzustellerin einen Autounfall, den die Beklagte als Arbeitsunfall anerkannte. Bis zum 29.10.2001 erhielt sie Verletztengeld. Mit Bescheid vom 20.12.2001 stellte die Beklagte bestimmte Gesundheitsschäden als Folgen des Arbeitsunfalles fest und gewährte als vorläufige Entschädigung ab 30.10.2001 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 70 vH. Nach Einholung von Gutachten und Anhörung der Klägerin entschied die Beklagte in einem der Klägerin am 12.7.2002 zugegangenen Bescheid vom 11.7.2002, dass ab 1.8.2002 anstelle der als vorläufige Entschädigung gezahlten Rente eine Rente lediglich nach einer MdE von 35 vH auf unbestimmte Zeit gezahlt werde. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, es sei eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes eingetreten. Auch sei die bislang als vorläufige Entschädigung gewährte Rente nunmehr gemäß § 62 Abs 2 Satz 1 SGB VII als Dauerrente nach einer MdE von 70 vH weiterzugewähren, weil nicht binnen drei Jahren nach dem Unfallereignis, sondern erst zum 1.8.2002 die erstmalige Feststellung der Rente erfolgt sei. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.1.2003 zurück.

3

Das SG hat die Klage gegen diese Bescheide sowie gegen eine die Anerkennung weiterer Unfallfolgen betreffende Entscheidung der Beklagten vom 25.5.2007 und auf Zahlung einer Verletztenrente ab 1.8.2002 nach einer MdE von 70 vH sowie ab 1.1.2007 nach einer MdE von 80 vH abgewiesen (Urteil vom 17.3.2010). Die Beklagte sei berechtigt gewesen, ohne Bindung an die bisher zugrunde gelegte Höhe der MdE die Verletztenrente nach einer niedrigeren MdE ab 1.8.2002 festzusetzen, weil der Bescheid der Klägerin innerhalb der Frist von drei Jahren bekannt gegeben worden sei und die unfallbedingte MdE nur noch 30 vH betrage. Das LSG hat auf die Berufung der Klägerin das Urteil des SG und den Bescheid der Beklagten vom 11.7.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.1.2003 aufgehoben (Urteil vom 5.12.2012). Die Beklagte sei nicht mehr aufgrund des § 62 Abs 2 SGB VII zur Herabsetzung der Verletztenrente befugt gewesen. Zwar sei der Bescheid vom 11.7.2002 der Klägerin innerhalb von drei Jahren nach dem Unfallzeitpunkt zugegangen, dessen materielle Wirksamkeit sei jedoch aufgrund des § 73 Abs 1 SGB VII erst nach dem Dreijahreszeitraum zum Zeitpunkt des Beginns der Verletztenrente nach einer MdE von 35 vH am 1.8.2002 eingetreten. Für den Dreijahreszeitraum des § 62 Abs 2 SGB VII sei allein auf diesen Zeitpunkt des Eintritts der materiellen Rechtsfolgen des Bescheids abzustellen. Die Verletztenrente sei daher als Dauerrente nach einer MdE von 70 vH in Höhe der vorläufigen Entschädigung weiterzuzahlen. Eine wesentliche Änderung der Unfallfolgen, die zu einer abweichenden Rentenfestsetzung hätte berechtigen können, sei nach den vorliegenden Beweisergebnissen nicht feststellbar. Der die Anerkennung weiterer Unfallfolgen betreffende Bescheid vom 25.5.2007 sei nicht Gegenstand des Verfahrens geworden.

4

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 62 Abs 2 SGB VII. Innerhalb der Frist von drei Jahren sei der Klägerin der Bescheid vom 11.7.2002 bekanntgegeben und damit wirksam geworden. Auf diesen Zeitpunkt sei abzustellen, so dass die Feststellung der Verletztenrente auf Dauer ohne Bindung an die bisher zugrunde gelegte MdE habe erfolgen dürfen. Die MdE habe nach den eingeholten Gutachten 35 vH betragen.

5

Die Beklagte beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 5. Dezember 2012 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 17. März 2010 zurückzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils des LSG und der Zurückverweisung des Rechtsstreits an dieses Gericht begründet. Entgegen der Rechtsansicht des LSG war die Beklagte gemäß § 62 Abs 2 SGB VII befugt, die Bewilligung der als vorläufige Entschädigung zuerkannten Verletztenrente vom 20.12.2001 aufzuheben und eine Verletztenrente auf Dauer ohne Bindung an die bisher zugrunde gelegte MdE zu bewilligen. Ob die Beklagte allerdings die Verletztenrente ab 1.8.2002 nach einer höheren MdE als 35 vH zu gewähren hat, kann wegen fehlender Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts nicht entschieden werden.

9

1. Auf die Revision der Beklagten war über die Anfechtungsklage der Klägerin gegen den Bescheid der Beklagten vom 11.7.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.1.2003 zu entscheiden, der das LSG stattgegeben hatte. Mit den angefochtenen Verfügungen hat die Beklagte die Feststellung einer als vorläufige Entschädigung zu zahlenden Verletztenrente nach einer MdE von 70 vH mit Ablauf des Monats Juli 2002 aufgehoben und eine Verletztenrente nach einer MdE von 35 vH auf Dauer ab 1.8.2002 gewährt. Soweit das LSG das Urteil des SG auch insoweit aufgehoben hat, als das erstinstanzliche Gericht die Klage gegen den weiteren Bescheid vom 25.5.2007 abgewiesen hat, ist hierüber nicht zu entscheiden. Insoweit hat die Beklagte als Revisionsführerin das Urteil des LSG nicht angefochten. Die Klägerin konnte zulässig ihr vorrangiges Ziel der Weitergewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 70 vH über den 1.8.2002 hinaus mit einer Anfechtungsklage erreichen (§ 54 Abs 1 SGG). Soweit die Klägerin die von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden ebenfalls abgelehnte Zahlung einer Verletztenrente nach einer höheren MdE als 70 vH, nämlich 80 vH, begehrt, konnte die Klägerin dieses Begehren zulässig mit einer Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG)verfolgen (vgl dazu BSG vom 5.2.2008 - B 2 U 6/07 R - SozR 4-1300 § 41 Nr 1 RdNr 11).

10

2. Die Beklagte war gemäß § 62 Abs 2 SGB VII befugt, die vorläufige Entschädigung der Klägerin durch Bescheid vom 11.7.2002 mit Wirkung ab 1.8.2002 neu festzustellen. Maßgebend für die Anwendbarkeit des § 62 Abs 2 SGB VII ist entgegen der Rechtsansicht des LSG ausschließlich die formelle Wirksamkeit(Bekanntgabe gemäß § 37 Abs 1 iVm § 39 Abs 1 SGB X) des Bescheids vom 11.7.2002.

11

In der gesetzlichen Unfallversicherung haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Unfall hinaus um mindestens 20 vH gemindert ist, nach § 56 Abs 1 Satz 1 SGB VII Anspruch auf Rente. Diese wird bei Minderung der Erwerbsfähigkeit als Teilrente geleistet und in Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der MdE entspricht (§ 56 Abs 3 Satz 2 SGB VII). Gemäß § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII kann bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung der Vomhundertsatz der MdE abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben. Nach Satz 1 des § 62 Abs 2 SGB VII wird die Rente jedoch spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall kraft Gesetzes als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. § 62 Abs 2 SGB VII ermächtigt damit dazu, trotz vorliegender Entscheidung über die Bewilligung einer Verletztenrente als vorläufige Entschädigung eine Dauerrente ohne Bindung an die bisher zugrunde gelegte MdE nach einer niedrigeren MdE zu bewilligen, ohne dass dafür eine wesentliche Änderung gegenüber den Verhältnissen eingetreten sein müsste, die bei Bewilligung der vorläufigen Entschädigung vorgelegen hatten. Diese Spezialvorschrift verdrängt in ihrem Anwendungsbereich die generelle Regelung des § 48 SGB X, die als Voraussetzung ua eine wesentliche Änderung der Verhältnisse für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes fordert. Die Anwendung des § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII setzt voraus, dass eine Verletztenrente als vorläufige Entschädigung bewilligt wurde, der Versicherungsträger nunmehr erstmals darüber entscheidet, ob dem Versicherten eine Rente auf unbestimmte Zeit zusteht, und der Änderungsvorbehalt wegen Ablaufes des Dreijahreszeitraumes noch nicht entfallen war(vgl BSG vom 16.3.2010 - B 2 U 2/09 R - BSGE 106, 43 = SozR 4-2700 § 62 Nr 1, RdNr 14 ff). Diese Voraussetzungen des § 62 Abs 2 SGB VII lagen hier vor.

12

a) Die Beklagte hatte nach Anhörung der Klägerin gemäß § 24 Abs 1 SGB X in dem angefochtenen Bescheid vom 11.7.2002 für einen mit den Umständen vertrauten objektiven Erklärungsempfänger noch hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie die Regelung in dem Bescheid vom 20.12.2001 über die bewilligte Verletztenrente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 70 vH zum Ablauf des 31.7.2002 aufhebe und ab 1.8.2002 eine Verletztenrente nach einer MdE von 35 vH gewähre. Auch wenn Rechtsklarheit und Rechtssicherheit grundsätzlich erfordern, in der Aufhebungsentscheidung den aufzuhebenden Verwaltungsakt genau zu benennen und den Umfang der Aufhebung zu bezeichnen (vgl hierzu BSG vom 16.3.2010 - B 2 U 2/09 R - BSGE 106, 43 = SozR 4-2700 § 62 Nr 1, RdNr 22), genügte der angefochtene Bescheid hier noch dem Bestimmtheitserfordernis des § 33 Abs 1 SGB X.

13

b) In dem Bescheid vom 20.12.2001 hatte die Beklagte eine Verletztenrente als vorläufige Entschädigung iS von § 62 Abs 1 Satz 1 SGB VII gewährt. In diesem Bescheid hatte sie durch ausdrückliche Verwendung der Bezeichnung "vorläufige Entschädigung" für die bewilligte Rente und Hinweis auf § 62 Abs 1 SGB VII hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Verletztenrente lediglich vorläufig und damit unter Vorbehalt gewährt werde.

14

c) Nach der Bewilligung der vorläufigen Entschädigung unter Änderungsvorbehalt war zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des diese Entscheidung aufhebenden Verwaltungsaktes vom 11.7.2002 der Dreijahreszeitraum nach dem Unfallereignis am 15.7.1999 iS des § 62 Abs 2 SGB VII noch nicht abgelaufen und deshalb der Änderungsvorbehalt kraft Gesetzes noch nicht entfallen. Der angefochtene Bescheid vom 11.7.2002 ging nämlich nach den nicht mit zulässigen und begründeten Rügen angefochtenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) dem insoweit zum Empfang von Sendungen Bevollmächtigten der Klägerin am 12.7.2002 zu. Unerheblich ist, dass der angefochtene Bescheid in Umsetzung des § 72 Abs 1 SGB VII den Endzeitpunkt der vorläufigen Entschädigung mit dem Ablauf des Juli 1999 und den Beginn der Verletztenrente nach einer MdE in Höhe von nur noch 35 vH auf den 1.8.1999 und damit von den materiellen Rechtsfolgen her jeweils auf einen Zeitpunkt nach Ablauf der Dreijahresfrist festsetzte.

15

Für die Wahrung der Dreijahresfrist des § 62 Abs 1 und Abs 2 SGB VII genügt es, dass die die Bewilligung der vorläufigen Entschädigung aufhebende Verfügung innerhalb dieses Zeitraums gemäß § 39 Abs 1 Satz 1 SGB X durch Bekanntgabe wirksam wird, auch wenn ihre materiell-rechtlichen Wirkungen nach diesem Zeitraum eintreten(vgl ua Burchardt in: Becker ua, SGB VII, § 62 RdNr 16; Sacher in: Lauterbach, UV-SGB VII, § 62 SGB VII RdNr 21; Bereiter-Hahn/Mehrtens, GUV, § 62 SGB VII Anm 9.1; Holtstaeter in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Komm zum SozR, 3. Aufl 2013, § 62 RdNr 9; Padé in: jurisPK-SGB VII, § 62 RdNr 39; Marschner in: BeckOK-SozR, § 62 SGB VII RdNr 9; Kunze in: Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, 3. Aufl, § 62 RdNr 4; Ricke in: Kasseler Komm, § 62 SGB VII RdNr 7; Kranig in: Hauck/Noftz, K § 62 SGB VII RdNr 9; vgl auch BSG vom 16.3.2010 - B 2 U 2/09 R - BSGE 106, 43 = SozR 4-2700 § 62 Nr 1, RdNr 14 ff).

16

Zwar ist dem Wortlaut der Regelungen des § 62 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB VII, nach denen bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung die MdE abweichend festgestellt werden kann und die vorläufige Entschädigung spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet wird, nicht mit letzter Eindeutigkeit zu entnehmen, ob die Norm auf die formelle Wirksamkeit des die erstmalige Neufeststellung regelnden Bescheides durch Bekanntgabe iS der §§ 37 Abs 1, 39 Abs 1 SGB X oder auf den materiell-rechtlichen Zeitpunkt des Wegfalls der vorläufigen Entschädigung iS des § 73 Abs 1 SGB VII abzustellen ist. Die Entstehungsgeschichte sowie der Sinn und Zweck des § 62 SGB VII sprechen jedoch dafür, allein auf den Zeitpunkt der Wirksamkeit durch Bekanntgabe der die Bewilligung der vorläufigen Entschädigung aufhebenden Entscheidung abzustellen.

17

Bereits die Vorschriften der RVO regelten die Gewährung einer Verletztenrente als vorläufige Entschädigung. § 1585 Abs 1 RVO sah die Gewährung einer vorläufigen Entschädigung während der ersten zwei Jahre nach dem Unfall vor, wenn die Rente noch nicht als Dauerrente festgestellt werden konnte. Gemäß § 1585 Abs 2 RVO war die Dauerrente spätestens mit Ablauf von zwei Jahren festzustellen, ohne dass hierfür die Änderung der Verhältnisse erforderlich war und ohne dass die bisherigen Feststellungen der Grundlagen für die Rentenberechnung bindend waren. § 622 Abs 2 RVO bestimmte, dass spätestens mit Ablauf von zwei Jahren nach dem Unfall die Rente kraft Gesetzes zur Dauerrente wurde. Hierzu hat der Senat entschieden, dass die Umwandlung einer vorläufigen Entschädigung kraft Gesetzes in eine Dauerrente nicht erfolgte, wenn der Entziehungsbescheid vor Ablauf der seinerzeit zweijährigen Frist nach dem Unfall bekannt gegeben wurde (vgl BSG vom 19.12.1968 - 2 RU 153/66 - BSGE 29, 73, 74 = SozR Nr 8 zu § 622 RVO, - 2 RU 95/65 - und - 2 RU 165/66 - juris, unter Aufgabe von BSG vom 29.9.1965 - 2 RU 20/65 - BSGE 24, 36, 37 = SozR Nr 2 zu § 622 RVO). Es ist nicht ersichtlich, dass durch den mit diesen Vorschriften der RVO insoweit inhaltlich übereinstimmenden § 62 SGB VII, der nunmehr allerdings eine dreijährige Frist für die Neufestsetzung einräumt, eine abweichende Regelung erfolgen sollte, so dass nunmehr für die Frage, ob innerhalb der Dreijahresfrist die vorläufige Entschädigung aufgehoben wurde, nicht mehr auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Bescheides durch Bekanntgabe abzustellen wäre. Vielmehr geht aus den Gesetzesmaterialien deutlich hervor, dass - mit Ausnahme der um ein Jahr verlängerten Frist - die Neuregelung des § 62 SGB VII dem bisherigen Recht entsprechen sollte(vgl BT-Drucks 13/2204 S 73, 91).

18

Eine an die formelle Bekanntgabe anknüpfende Auslegung der Dreijahresfrist des § 62 Abs 2 SGB VII steht zudem mit dem sich aus Sinn und Zweck der Vorschrift ergebenden Regelungskonzept der Norm in Einklang. Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 16.3.2010 (B 2 U 2/09 R - BSGE 106, 43 = SozR 4-2700 § 62 Nr 1, RdNr 17 f) ausgeführt hat, trägt § 62 SGB VII den Erfahrungen Rechnung, dass in der ersten Zeit nach dem Versicherungsfall dessen gesundheitliche Folgen und deren Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit des Versicherten häufig allmählichen oder auch kurzfristigen Veränderungen unterliegen. Anpassung und Gewöhnung können zu Besserungen führen, die unfallbedingte MdE kann in den ersten Jahren auch zunehmen. § 62 Abs 1 Satz 1 SGB VII ermächtigt und verpflichtet den Unfallversicherungsträger, die Rente auf unbestimmte Zeit stets, also auch im Dreijahreszeitraum, dann festzustellen, wenn in tatsächlicher Hinsicht der Umfang der MdE abschließend festgestellt werden kann und die weiteren Voraussetzungen vorliegen. Nur wenn dies nicht möglich ist, soll der zuständige Träger vorläufig entscheiden. Eine abschließende Feststellung des Umfangs der MdE hat er zu treffen, wenn die MdE, die aufgrund des bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens festgestellten Sachverhalts zu schätzen ist, voraussichtlich über den verbliebenen Dreijahreszeitraum nach dem Versicherungsfall hinaus fortbestehen wird. Kann eine solche Prognose nicht gestellt werden, hat der Träger ein zwar entstandenes, aber bezüglich Dauer oder Umfang noch nicht abschließend beurteilbares Recht auf Rente festzustellen, aber nur unter dem Vorbehalt erleichterter Abänderbarkeit im Dreijahreszeitraum als vorläufige Entschädigung. Infolge der Bewilligung unter der spezialgesetzlich erlaubten Nebenbestimmung des Vorbehalts erleichterter Abänderbarkeit weiß der Versicherte, dass sich sein Rentenanspruch nach Grund und Höhe noch nicht verfestigt hat (vgl BSG vom 16.3.2010 - B 2 U 2/09 R - aaO RdNr 17 f). Die Erleichterung der Abänderbarkeit und die damit verbundene Ungewissheit für den Versicherten, ob und in welcher Höhe eine Rente auf Dauer gezahlt wird, lässt das Gesetz jedoch nur für die Dauer von drei Jahren zu. Diesem mit § 62 SGB VII verfolgten Regelungskonzept wird genügt, wenn innerhalb des Dreijahreszeitraums die Bewilligung der vorläufigen Entschädigung aufgehoben, endgültig über den Rentenanspruch entschieden und diese Entscheidung dem Versicherten bekanntgegeben wird. Innerhalb des Dreijahreszeitraums wird dadurch die Entscheidung über die Gewährung einer Verletztenrente getroffen und erlangt der Versicherte Kenntnis davon, ob und in welcher Höhe in Zukunft eine Rente gezahlt wird. Dies gilt unabhängig davon, ob die Entscheidung des Versicherungsträgers den Zeitpunkt des Endes der Zahlung der vorläufigen Entschädigung und des Beginns der Zahlung einer Dauerrente gemäß § 73 Abs 1 und 2 SGB VII mit dem Zeitpunkt des Beginns des Monats nach Bekanntgabe des Bescheides festlegt und dieser Zeitpunkt außerhalb des Dreijahreszeitraums liegt.

19

Schließlich sprechen auch Erwägungen der Verwaltungspraktikabilität für die von der Beklagten ebenso wie im Schrifttum einhellig vertretene formelle Auslegung des § 62 Abs 2 SGB VII. Wie der Senat bereits zur weitgehend inhaltsgleichen Vorschrift des § 622 Abs 2 RVO ausgeführt hat(vgl BSG vom 19.12.1968 - 2 RU 153/66 - BSGE 29, 73, 74 = SozR Nr 8 zu § 622 RVO), wird damit die Möglichkeit geschaffen, die Frist, innerhalb der eine vorläufige Entschädigung aufgehoben und eine Verletztenrente auf unbestimmte Zeit, ggf nach einer geringeren MdE, bewilligt oder eine solche abgelehnt werden muss, so weit wie möglich auszuschöpfen.

20

Die vom LSG vertretene abweichende Rechtsauffassung kann sich auch nicht auf die bisherige Rechtsprechung des BSG berufen. Die Entscheidungen des Senats vom 5.2.2008 (B 2 U 6/07 R - SozR 4-1300 § 41 Nr 1) und vom 16.3.2010 (B 2 U 2/09 R - BSGE 106, 43 = SozR 4-2700 § 62 Nr 1, RdNr 23)stützen vielmehr das hier gefundene Ergebnis. So hat der Senat in seiner Entscheidung vom 16.3.2010 (aaO RdNr 14) für den Fristablauf des § 62 Abs 2 SGB VII ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe der Entscheidung abgestellt. In der vom LSG insbesondere für seine Rechtsansicht herangezogenen Entscheidung des BSG vom 5.2.2008 (aaO) findet sich kein Anhalt dafür, dass der Senat auf den Zeitpunkt der materiellen Wirksamkeit der Entscheidung nach § 62 Abs 2 SGB VII abgestellt haben könnte.

21

Ob der Klägerin für die Zeit ab 1.8.2002 eine Verletztenrente nach einer höheren MdE als 35 vH zu gewähren ist, kann allerdings nicht abschließend entschieden werden. Nach den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) lag zu diesem Zeitpunkt lediglich keine zur Aufhebung bzw Abänderung nach § 48 SGB X berechtigende wesentliche Änderung gegenüber den bei Erlass des Bescheides vom 20.12.2001 vorliegenden Verhältnissen vor. Das LSG hat jedoch nicht festgestellt, ob die unfallbedingten, ggf auch bindend festgestellten Gesundheitsschäden bei der Klägerin (vgl zur Feststellung von Gesundheitsschäden BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1, RdNr 14 ff)im Zeitraum seit dem 1.8.2002 eine höhere MdE als 35 vH bedingen. Feststellungen zur tatsächlichen Höhe der MdE ab dem 1.8.2002 wird das LSG mithin erst zu treffen haben.

22

3. Das LSG wird auch abschließend über die Kosten des Rechtsstreits unter Beachtung des Ergebnisses des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

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(1) Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der Minderung der Erwerbsfähigkeit noch nicht abschließend festgestellt werden kann. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit jederzeit ohne Rücksicht auf die Dauer der Veränderung neu festgestellt werden.

(2) Spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. Bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben.

(1) Ändern sich aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Voraussetzungen für die Höhe einer Rente nach ihrer Feststellung, wird die Rente in neuer Höhe nach Ablauf des Monats geleistet, in dem die Änderung wirksam geworden ist.

(2) Fallen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente weg, wird die Rente bis zum Ende des Monats geleistet, in dem der Wegfall wirksam geworden ist. Satz 1 gilt entsprechend, wenn festgestellt wird, daß Versicherte, die als verschollen gelten, noch leben.

(3) Bei der Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit ist eine Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches nur wesentlich, wenn sie mehr als 5 vom Hundert beträgt; bei Renten auf unbestimmte Zeit muß die Veränderung der Minderung der Erwerbsfähigkeit länger als drei Monate andauern.

(4) Sind Renten befristet, enden sie mit Ablauf der Frist. Das schließt eine vorherige Änderung oder ein Ende der Rente aus anderen Gründen nicht aus. Renten dürfen nur auf das Ende eines Kalendermonats befristet werden.

(5) Witwen- und Witwerrenten nach § 65 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a wegen Kindererziehung werden auf das Ende des Kalendermonats befristet, in dem die Kindererziehung voraussichtlich endet. Waisenrenten werden auf das Ende des Kalendermonats befristet, in dem voraussichtlich der Anspruch auf die Waisenrente entfällt. Die Befristung kann wiederholt werden.

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(1) Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der Minderung der Erwerbsfähigkeit noch nicht abschließend festgestellt werden kann. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit jederzeit ohne Rücksicht auf die Dauer der Veränderung neu festgestellt werden.

(2) Spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. Bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der Minderung der Erwerbsfähigkeit noch nicht abschließend festgestellt werden kann. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit jederzeit ohne Rücksicht auf die Dauer der Veränderung neu festgestellt werden.

(2) Spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. Bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten können elektronische Verwaltungsakte bekannt gegeben werden, indem sie dem Beteiligten zum Abruf über öffentlich zugängliche Netze bereitgestellt werden. Die Einwilligung kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Ein zum Abruf bereitgestellter Verwaltungsakt gilt am dritten Tag nach Absendung der elektronischen Benachrichtigung über die Bereitstellung des Verwaltungsaktes an die abrufberechtigte Person als bekannt gegeben. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang der Benachrichtigung nachzuweisen. Kann die Behörde den von der abrufberechtigten Person bestrittenen Zugang der Benachrichtigung nicht nachweisen, gilt der Verwaltungsakt an dem Tag als bekannt gegeben, an dem die abrufberechtigte Person den Verwaltungsakt abgerufen hat. Das Gleiche gilt, wenn die abrufberechtigte Person unwiderlegbar vorträgt, die Benachrichtigung nicht innerhalb von drei Tagen nach der Absendung erhalten zu haben. Die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.

(2b) In Angelegenheiten nach dem Abschnitt 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes gilt abweichend von Absatz 2a für die Bekanntgabe von elektronischen Verwaltungsakten § 9 des Onlinezugangsgesetzes.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil in der jeweils vorgeschriebenen Weise entweder ortsüblich oder in der sonst für amtliche Veröffentlichungen vorgeschriebenen Art bekannt gemacht wird. In der Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern. Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Bei jugendlichen Versicherten wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach den Auswirkungen bemessen, die sich bei Erwachsenen mit gleichem Gesundheitsschaden ergeben würden. Bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit werden Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, daß sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden.

(3) Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet; sie beträgt zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht.

(1) Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der Minderung der Erwerbsfähigkeit noch nicht abschließend festgestellt werden kann. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit jederzeit ohne Rücksicht auf die Dauer der Veränderung neu festgestellt werden.

(2) Spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. Bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der Minderung der Erwerbsfähigkeit noch nicht abschließend festgestellt werden kann. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit jederzeit ohne Rücksicht auf die Dauer der Veränderung neu festgestellt werden.

(2) Spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. Bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die Beklagte der Klägerin über den 30.11.2003 hinaus eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 vH und diese auf unbestimmte Zeit zu zahlen hat.

2

Die Klägerin war als Lehrerin beschäftigt. Während einer Klassenfahrt rutschte sie am 26.1.2001 bei Glatteis vor einem Hotel aus und fiel auf das linke Handgelenk. Dadurch erlitt sie einen verschobenen gelenksnahen Speichenbruch mit Gelenkbeteiligung.

3

Die Beklagte stellte fest, dass dies ein Arbeitsunfall war und die Klägerin seit dem 25.3.2001 Anspruch auf eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 vH hat. Als Unfallfolgen bezeichnete sie eine Bewegungseinschränkung des linken Handgelenks, eine Einschränkung der Unterarmdrehfähigkeit nach außen, eine Minderung der Kraft der Hand, Missempfindungen im Bereich der ersten Zwischenfingerfalte, eine Kalksalzminderung des Handskeletts sowie röntgenologisch nachweisbare umformende Veränderungen im ehemaligen Bruchbereich (Bescheid vom 2.11.2001).

4

Nachdem die Beklagte die Klägerin angehört hatte, "entzog" sie die als vorläufige Entschädigung gewährte Rente mit Ablauf des 30.11.2003 und erklärte, die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine Rente auf unbestimmte Zeit (Bescheid vom 18.11.2003; Widerspruchsbescheid vom 21.4.2004). Nach § 62 Abs 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) setze die Feststellung einer Rente auf unbestimmte Zeit vor dem Ablauf von drei Jahren seit dem Unfallereignis eine Änderung der Verhältnisse nicht voraus. Die noch vorliegenden Unfallfolgen minderten die Erwerbsfähigkeit nicht um wenigstens 20 vH.

5

Das Sozialgericht (SG) Halle hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom 12.10.2005). Das Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 21.8.2008). Der Ablehnung der Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit stehe der Bescheid vom 2.11.2001, mit dem eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 vH bewilligt worden sei, nicht entgegen. Die Beklagte müsse nicht begründen, dass es zu einer Änderung in den Verhältnissen gekommen sei. Die in dem angefochtenen Bescheid mitgeteilte "Entziehung" habe über die Festsetzung des Endes der Gewährung der vorläufigen Entschädigung hinaus keinen eigenen Regelungsgehalt. Die Folgen des Unfallereignisses vom 26.1.2001 seien mit einer MdE unter 20 vH zu bewerten.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin, entgegen der Auffassung des LSG könne die "Entziehung" der Rente nur erfolgen, wenn eine wesentliche Änderung der Verhältnisse iS des § 48 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) vorliege. § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII gelte nur im Falle einer Rentengewährung, nicht einer Ablehnung. Der Versicherte bedürfe eines besonderen Schutzes, welcher durch das Merkmal der "wesentlichen Änderung der Verhältnisse" gewährleistet werde. Ohne eine solche Änderung könne folglich die MdE nicht abweichend von dem Verwaltungsakt bewertet werden, mit dem ein Recht auf eine Rente als vorläufige Entschädigung festgestellt worden sei. Davon abgesehen bedingten auch die Folgen des Unfallereignisses vom 26.1.2001 eine MdE um 20 vH.

7

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 21. August 2008 und des Sozialgerichts Halle vom 12. Oktober 2005 sowie die Aufhebungs- und die Ablehnungsentscheidung im Bescheid vom 18. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr über den 30. November 2003 hinaus Verletztenrente nach einer MdE um 20 vH zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie schließt sich den Ausführungen des LSG an.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.

11

Das LSG hat ihre Berufung gegen das die Klagen abweisende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Die in dem Bescheid vom 18.11.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.4.2004 enthaltenen Verwaltungsakte sind rechtmäßig. Durch sie hatte die Beklagte noch hinreichend bestimmt erstens die Feststellung des Rechts auf Rente als "vorläufige Entschädigung" im Bescheid vom 2.11.2001 zum Ablauf des 30.11.2003 insgesamt aufgehoben und zweitens festgestellt, dass ab 1.12.2003 ein Recht auf Rente auf unbestimmte Zeit nicht besteht. Daher ist auch die auf Verurteilung zur Zahlung einer Rente gerichtete Leistungsklage unbegründet.

12

1. Die Beklagte war nach § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII ermächtigt (§ 31 Erstes Buch Sozialgesetzbuch) , diese beiden Verwaltungsakte zu erlassen. Die Vorschrift verdrängt § 48 SGB X.

13

§ 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII bestimmt, dass bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung der Vomhundertsatz der MdE abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden kann, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben. Nach Satz 1 aaO wird die Rente jedoch spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall kraft Gesetzes nicht mehr als "vorläufige Entschädigung", sondern als "Rente auf unbestimmte Zeit" geleistet, sodass der "Vorläufigkeitsvorbehalt" (dazu unten) in dem den Rentenanspruch feststellenden Verwaltungsakt gesetzesunmittelbar entfällt.

14

Die Spezialermächtigung des § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII greift unter drei Voraussetzungen ein: Erstens darf der Träger das Recht auf die Rente bisher nur "vorläufig" anerkannt haben. Zweitens muss er beabsichtigen, diese "vorläufige" Feststellung zu ändern und erstmals darüber zu entscheiden, ob dem Versicherten der Rentenanspruch auf unbestimmte Zeit zusteht. Drittens muss er diese Verwaltungsakte dem Versicherten innerhalb des Zeitraums von drei Jahren seit dem Arbeitsunfall bekanntgeben.

15

Die Ermächtigung befugt den Unfallversicherungsträger dazu, über das Recht des Versicherten auf eine Dauerrente ("Rente auf unbestimmte Zeit") ohne Bindung an den Regelungsgehalt der letzten "vorläufigen" Anspruchsfeststellung "erstmals" und ggf unter deren Aufhebung oder Änderung zu entscheiden. Er darf dabei anders als in der "vorläufigen" Bewilligung entscheiden, ohne dass dafür eine wesentliche Änderung gegenüber den Verhältnissen eingetreten sein müsste, die bei Erlass der letzten "vorläufigen" Anspruchsfeststellung vorgelegen hatten. Der "Vorläufigkeitsvorbehalt", welcher der Feststellung des Rentenanspruchs durch den Zusatz: "als vorläufige Entschädigung" beigefügt war, schließt ein schutzwürdiges Vertrauen des Versicherten auf diesen Verwaltungsakt insoweit aus, als dessen Regelung auf der Tatsache der noch nicht "abschließend" (dazu unten) einschätzbaren MdE beruht. Der Gesetzesbegriff "Feststellung einer Rente" auf unbestimmte Zeit bedeutet die Entscheidung des Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung über das subjektiv-öffentliche Recht eines Versicherten auf Rente. Diese Entscheidung kann auch negativ ausfallen, also zu der Feststellung führen, dass ein Rentenanspruch nicht besteht (vgl BSG vom 31.3.1976 - 2 RU 151/74 = juris RdNr 19) . Dies ist grundsätzlich der Fall, wenn die MdE den Wert von 20 vH (vgl § 56 Abs 1 Satz 1 SGB VII) bzw 10 vH (vgl § 56 Abs 1 Satz 2 bis 4 SGB VII) nicht erreicht.

16

Diese Spezialvorschrift verdrängt in ihrem Anwendungsbereich die generelle Regelung des § 48 SGB X, auf den sich die Klägerin berufen hat. Die in § 48 SGB X allgemein erteilte Ermächtigung zur Aufhebung von Verwaltungsakten ist nicht anwendbar, wenn und solange es speziell um die Änderung, Aufhebung oder Ersetzung von "vorläufigen" Feststellungen eines Rentenanspruchs in der gesetzlichen Unfallversicherung bis zum Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall geht. Soweit es im Dreijahreszeitraum um deren Ersetzung durch eine andere "vorläufige" Regelung geht, gilt § 62 Abs 1 Satz 2 SGB VII. Danach kann der Vomhundertsatz der MdE innerhalb dieses Zeitraums jederzeit und anders als bei Renten auf unbestimmte Zeit (vgl hierzu § 73 Abs 3 Halbs 2 SGB VII) ohne Rücksicht auf die Dauer der Veränderung neu festgestellt werden. Soweit es aber um deren Ersetzung durch eine Entscheidung über das Recht auf Dauerrente geht, gilt § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII. So ist es hier.

17

§ 62 Abs 2 Satz 2 iVm Satz 1 SGB VII rundet das Regelungskonzept des § 62 Abs 1 SGB VII ab. § 62 Abs 1 Satz 1 SGB VII ermächtigt und verpflichtet den Unfallversicherungsträger, ein Recht des Versicherten auf Rente auf unbestimmte Zeit stets, also auch im Dreijahreszeitraum, dann festzustellen, wenn in tatsächlicher Hinsicht der Umfang der MdE "abschließend" festgestellt werden kann und die weiteren Voraussetzungen vorliegen. Nur wenn dies nicht möglich ist, soll (dh im Regelfall "muss") der zuständige Träger "vorläufig" entscheiden. Eine "abschließende" Feststellung des Umfangs der MdE hat er zu treffen, wenn die MdE, die aufgrund des bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens festgestellten Sachverhalts zu schätzen ist, voraussichtlich über den verbliebenen Dreijahreszeitraum nach dem Versicherungsfall hinaus fortbestehen wird. Kann eine solche Prognose nicht gestellt werden, "soll" der Träger ein zwar entstandenes, aber bezüglich Dauer oder Umfang noch nicht "abschließend" beurteilbares Recht auf Rente feststellen, aber nur unter dem Vorbehalt erleichterter Abänderbarkeit im Dreijahreszeitraum (als "vorläufige Entschädigung"). Infolge der Bewilligung unter der spezialgesetzlich erlaubten Nebenbestimmung des Vorbehalts erleichterter Abänderbarkeit weiß der Versicherte, dass sich sein Rentenanspruch nach Grund und Höhe noch nicht verfestigt hat. § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII komplettiert dieses Gebot dadurch, dass er die erstmalige Entscheidung über das Recht auf Dauerrente im Dreijahreszeitraum und die dafür notwendige Aufhebung der "vorläufigen" Feststellung des Rentenanspruchs unabhängig davon erlaubt, ob eine wesentliche Änderung der MdE eingetreten ist.

18

Das Ermächtigungskonzept des § 62 SGB VII trägt der Erfahrung Rechnung, dass sich in der ersten Zeit nach einem Versicherungsfall dessen gesundheitliche Folgen und deren Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit des Versicherten zumeist noch nicht stabilisiert haben. Die Folgen des Versicherungsfalls unterliegen häufig noch allmählich oder auch kurzfristig eintretenden Veränderungen (Burchardt in Brackmann, SGB VII, Stand Februar 2001, § 62 RdNr 5) . Anpassung und Gewöhnung an die Folgen eines Versicherungsfalls, etwa durch Entwicklung von Ausgleichsfunktionen und durch das Erlernen des Umgangs mit verletzten Gliedmaßen (vgl Ricke in Kasseler Komm, SGB VII, Stand 2009, § 73 RdNr 11), führen des Öfteren zu einer Besserung. Nicht selten verändert sich die unfallbedingte MdE in den ersten Jahren wechselhaft oder nimmt auch zu.

19

§ 48 SGB X findet dagegen in folgenden drei Fallgestaltungen Anwendung: Erstens, wenn der Träger von Anfang an den Rentenanspruch auf Dauer festgestellt, also von der Ermächtigung des § 62 Abs 1 SGB VII keinen Gebrauch gemacht hat. Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass die Vorschrift auch anwendbar ist, wenn eine als "vorläufig" gewollte Bewilligung den Vorbehalt der erleichterten Abänderbarkeit nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck bringt, also eine Feststellung über den dauerhaften Rentenanspruch verlautbart. Zweitens, wenn nach einer ("vorläufigen") Feststellung des Rechts unter Abänderungsvorbehalt der Dreijahreszeitraum abgelaufen war, sodass der Änderungsvorbehalt kraft Gesetzes entfallen und dadurch die ursprünglich "vorläufige" Feststellung zu einer solchen über den Dauerrentenanspruch geworden war (§ 62 Abs 2 Satz 1 SGB VII), jetzt aber eine abweichende Entscheidung über den Anspruch getroffen werden soll . Drittens, wenn eine im Dreijahreszeitraum ergangene Entscheidung über die Feststellung einer Dauerrente, mit der zugleich die Feststellung einer Rente als "vorläufige Entschädigung" aufgehoben worden war (§ 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII) , ihrerseits aufgehoben werden soll.

20

Frühere Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG), die zwischen den Grundlagen für die Feststellung der Rentenhöhe und denjenigen, die nur oder zugleich auch den Anspruch als solchen betreffen, unterschieden haben, sind zu § 1585 Abs 2 Satz 2 Reichsversicherungsordnung ergangen (BSG vom 29.3.1957 - 2 RU 129/55 - BSGE 5, 96, 102; BSG vom 30.10.1962 - 2 RU 225/59 - BSGE 18, 84, 87 ff; BSG vom 31.3.1976 - 2 RU 151/74 = juris RdNr 20) . Diese Vorschrift ist mit Ablauf des 31.12.1996 außer Kraft getreten (Art 35 Nr 1 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz vom 7.8.1996, BGBl I 1254). An ihre Stelle sind zum 1.1.1997 die Vorschriften des SGB VII, hier der auch inhaltlich geänderte § 62 Abs 2 Satz 2, getreten (Art 1, 36 UVEG, aaO) .

21

2. Die angefochtenen Verwaltungsakte sind formell und materiell rechtmäßig.

22

Die Beklagte hat nach Anhörung der Klägerin (§ 24 Abs 1 SGB X) noch hinreichend bestimmt erklärt (§ 33 Abs 1 SGB X) , dass sie die Feststellung des Rechts auf Rente als vorläufige Entschädigung aufhebt . Ein objektiver Erklärungsempfänger konnte dem Bescheid vom 18.11.2003 noch entnehmen, dass dieser den Verwaltungsakt vom 2.11.2001 aufgehoben hat, durch den das Recht ("vorläufig") festgestellt worden war. Auch wenn dies hier aus den Umständen des Einzelfalls noch hinreichend erkennbar war, ist grundsätzlich darauf hinzuweisen, dass Rechtsklarheit und Rechtssicherheit prinzipiell gebieten, in der Aufhebungsentscheidung den Verwaltungsakt genau zu benennen, der aufgehoben werden soll, und auch eindeutig zu sagen, in welchem Umfang er aufgehoben wird.

23

Die Voraussetzungen des § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII liegen vor. Die Beklagte hatte mit Bescheid vom 2.11.2001 festgestellt, dass die Klägerin ein Recht auf eine Rente als vorläufige Entschädigung hat. Der Vorbehalt erleichterter Abänderbarkeit ist nicht kraft Gesetzes entfallen (§ 62 Abs 2 Satz 1 SGB VII ), weil der Dreijahreszeitraum bei Erlass der angefochtenen Verwaltungsakte noch nicht verstrichen war. Seit dem Versicherungsfall vom 26.1.2001 waren keine drei Jahre vergangen. Vielmehr sind die mit Bescheid vom 18.11.2003 bekannt gegebenen und damit formell wirksam gewordenen Verwaltungsakte bereits zum 1.12.2003 auch materiell wirksam geworden. Insoweit ist der Sachverhalt anders gelagert als derjenige, der der Entscheidung des Senats vom 5.2.2008 (B 2 U 6/07 R - SozR 4-1300 § 41 Nr 1) zugrunde gelegen hat. Dort sollte die Aufhebungsentscheidung erst nach Ablauf des Dreijahreszeitraums materielle Wirkung entfalten.

24

Nach den Feststellungen des LSG (§ 163 Sozialgerichtsgesetz) hat bei der Klägerin ab 1.12.2003 eine MdE von weniger als 20 vH vorgelegen. An diese Feststellung ist der Senat gebunden (§ 163 SGG) , da sie nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen worden ist. Auch ein Stützrententatbestand (§ 56 Abs 1 Satz 2 bis 4 SGB VII) ist nicht gegeben.

25

Im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verwaltungsakte hat die Beklagte den Umfang der MdE abschließend bewerten können und müssen. Eine vorläufige Rente soll innerhalb des Dreijahreszeitraums nur gewährt werden, wenn die MdE noch nicht abschließend bewertet werden kann (§ 62 Abs 1 Satz 1 SGB VII) . Immer dann, wenn die Gesundheitssituation eines Versicherten eine abschließende Feststellung der MdE über den Dreijahreszeitraum hinaus zulässt, liegen die Voraussetzungen für eine vorläufige Bewilligung nicht mehr vor. In einem solchen Fall müssen die Träger über eine Rente auf unbestimmte Zeit entscheiden. Die Beklagte konnte die MdE der Klägerin abschließend feststellen, denn in den Gesundheitsfolgen der Klägerin war eine Stabilisierung erreicht, die die Prognose gerechtfertigt hat, die festgestellte MdE werde über den Zeitraum von drei Jahren nach dem Versicherungsfall hinaus in dem gegebenen Umfang fortbestehen.

26

Sind die Voraussetzungen des § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII - wie hier - gegeben, hat die Beklagte trotz des Wortes "kann" kein Ermessen. Denn die Erkenntnis, welche MdE voraussichtlich über den Ablauf des Dreijahreszeitraums fortbestehen wird, ist eine Tatsachenfeststellung. Von ihr allein hängt es ab, ob der Versicherte wegen seines Versicherungsfalls überhaupt ein Recht auf Rente nach § 56 Abs 1 SGB VII hat, ggf hängt von ihr auch die Höhe der Rente ab. Auf sie besteht ggf ein Rechtsanspruch nach § 56 Abs 1, 3 SGB VII, der für ein Ermessen in Bezug auf seine Feststellung durch den leistungspflichtigen Träger keinen Raum lässt. Das Gesetz trägt mit dem Wort "kann" nur dem Umstand Rechnung, dass die "abschließende" Feststellung der MdE zu einer anderen MdE als "vorläufig" festgesetzt, aber auch zu derselben führen kann. Es befugt und verpflichtet den Träger, die "abschließende" Tatsachenfeststellung ungeachtet der bisherigen MdE-Feststellungen und insbesondere ohne das Erfordernis einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse zu treffen.

27

3. Die Leistungsklage der Klägerin ist unbegründet. Unabhängig davon, ob man von einer mit einer Anfechtungsklage kombinierten Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) oder einer allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG, § 202 SGG iVm §§ 258, 259 Zivilprozessordnung) ausgeht, kann sie keinen Erfolg haben. Die Bewilligung von Rente als vorläufige Entschädigung wurde rechtmäßig aufgehoben und das Nichtbestehen eines Rechts auf eine Rente auf unbestimmte Zeit rechtmäßig festgestellt.

28

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

(1) Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der Minderung der Erwerbsfähigkeit noch nicht abschließend festgestellt werden kann. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit jederzeit ohne Rücksicht auf die Dauer der Veränderung neu festgestellt werden.

(2) Spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. Bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben.

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint,
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde,
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll,
4.
Allgemeinverfügungen oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl erlassen werden sollen,
5.
einkommensabhängige Leistungen den geänderten Verhältnissen angepasst werden sollen,
6.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen oder
7.
gegen Ansprüche oder mit Ansprüchen von weniger als 70 Euro aufgerechnet oder verrechnet werden soll; Nummer 5 bleibt unberührt.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die Beklagte der Klägerin über den 30.11.2003 hinaus eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 vH und diese auf unbestimmte Zeit zu zahlen hat.

2

Die Klägerin war als Lehrerin beschäftigt. Während einer Klassenfahrt rutschte sie am 26.1.2001 bei Glatteis vor einem Hotel aus und fiel auf das linke Handgelenk. Dadurch erlitt sie einen verschobenen gelenksnahen Speichenbruch mit Gelenkbeteiligung.

3

Die Beklagte stellte fest, dass dies ein Arbeitsunfall war und die Klägerin seit dem 25.3.2001 Anspruch auf eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 vH hat. Als Unfallfolgen bezeichnete sie eine Bewegungseinschränkung des linken Handgelenks, eine Einschränkung der Unterarmdrehfähigkeit nach außen, eine Minderung der Kraft der Hand, Missempfindungen im Bereich der ersten Zwischenfingerfalte, eine Kalksalzminderung des Handskeletts sowie röntgenologisch nachweisbare umformende Veränderungen im ehemaligen Bruchbereich (Bescheid vom 2.11.2001).

4

Nachdem die Beklagte die Klägerin angehört hatte, "entzog" sie die als vorläufige Entschädigung gewährte Rente mit Ablauf des 30.11.2003 und erklärte, die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine Rente auf unbestimmte Zeit (Bescheid vom 18.11.2003; Widerspruchsbescheid vom 21.4.2004). Nach § 62 Abs 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) setze die Feststellung einer Rente auf unbestimmte Zeit vor dem Ablauf von drei Jahren seit dem Unfallereignis eine Änderung der Verhältnisse nicht voraus. Die noch vorliegenden Unfallfolgen minderten die Erwerbsfähigkeit nicht um wenigstens 20 vH.

5

Das Sozialgericht (SG) Halle hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom 12.10.2005). Das Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 21.8.2008). Der Ablehnung der Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit stehe der Bescheid vom 2.11.2001, mit dem eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 vH bewilligt worden sei, nicht entgegen. Die Beklagte müsse nicht begründen, dass es zu einer Änderung in den Verhältnissen gekommen sei. Die in dem angefochtenen Bescheid mitgeteilte "Entziehung" habe über die Festsetzung des Endes der Gewährung der vorläufigen Entschädigung hinaus keinen eigenen Regelungsgehalt. Die Folgen des Unfallereignisses vom 26.1.2001 seien mit einer MdE unter 20 vH zu bewerten.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin, entgegen der Auffassung des LSG könne die "Entziehung" der Rente nur erfolgen, wenn eine wesentliche Änderung der Verhältnisse iS des § 48 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) vorliege. § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII gelte nur im Falle einer Rentengewährung, nicht einer Ablehnung. Der Versicherte bedürfe eines besonderen Schutzes, welcher durch das Merkmal der "wesentlichen Änderung der Verhältnisse" gewährleistet werde. Ohne eine solche Änderung könne folglich die MdE nicht abweichend von dem Verwaltungsakt bewertet werden, mit dem ein Recht auf eine Rente als vorläufige Entschädigung festgestellt worden sei. Davon abgesehen bedingten auch die Folgen des Unfallereignisses vom 26.1.2001 eine MdE um 20 vH.

7

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 21. August 2008 und des Sozialgerichts Halle vom 12. Oktober 2005 sowie die Aufhebungs- und die Ablehnungsentscheidung im Bescheid vom 18. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr über den 30. November 2003 hinaus Verletztenrente nach einer MdE um 20 vH zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie schließt sich den Ausführungen des LSG an.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.

11

Das LSG hat ihre Berufung gegen das die Klagen abweisende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Die in dem Bescheid vom 18.11.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.4.2004 enthaltenen Verwaltungsakte sind rechtmäßig. Durch sie hatte die Beklagte noch hinreichend bestimmt erstens die Feststellung des Rechts auf Rente als "vorläufige Entschädigung" im Bescheid vom 2.11.2001 zum Ablauf des 30.11.2003 insgesamt aufgehoben und zweitens festgestellt, dass ab 1.12.2003 ein Recht auf Rente auf unbestimmte Zeit nicht besteht. Daher ist auch die auf Verurteilung zur Zahlung einer Rente gerichtete Leistungsklage unbegründet.

12

1. Die Beklagte war nach § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII ermächtigt (§ 31 Erstes Buch Sozialgesetzbuch) , diese beiden Verwaltungsakte zu erlassen. Die Vorschrift verdrängt § 48 SGB X.

13

§ 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII bestimmt, dass bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung der Vomhundertsatz der MdE abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden kann, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben. Nach Satz 1 aaO wird die Rente jedoch spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall kraft Gesetzes nicht mehr als "vorläufige Entschädigung", sondern als "Rente auf unbestimmte Zeit" geleistet, sodass der "Vorläufigkeitsvorbehalt" (dazu unten) in dem den Rentenanspruch feststellenden Verwaltungsakt gesetzesunmittelbar entfällt.

14

Die Spezialermächtigung des § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII greift unter drei Voraussetzungen ein: Erstens darf der Träger das Recht auf die Rente bisher nur "vorläufig" anerkannt haben. Zweitens muss er beabsichtigen, diese "vorläufige" Feststellung zu ändern und erstmals darüber zu entscheiden, ob dem Versicherten der Rentenanspruch auf unbestimmte Zeit zusteht. Drittens muss er diese Verwaltungsakte dem Versicherten innerhalb des Zeitraums von drei Jahren seit dem Arbeitsunfall bekanntgeben.

15

Die Ermächtigung befugt den Unfallversicherungsträger dazu, über das Recht des Versicherten auf eine Dauerrente ("Rente auf unbestimmte Zeit") ohne Bindung an den Regelungsgehalt der letzten "vorläufigen" Anspruchsfeststellung "erstmals" und ggf unter deren Aufhebung oder Änderung zu entscheiden. Er darf dabei anders als in der "vorläufigen" Bewilligung entscheiden, ohne dass dafür eine wesentliche Änderung gegenüber den Verhältnissen eingetreten sein müsste, die bei Erlass der letzten "vorläufigen" Anspruchsfeststellung vorgelegen hatten. Der "Vorläufigkeitsvorbehalt", welcher der Feststellung des Rentenanspruchs durch den Zusatz: "als vorläufige Entschädigung" beigefügt war, schließt ein schutzwürdiges Vertrauen des Versicherten auf diesen Verwaltungsakt insoweit aus, als dessen Regelung auf der Tatsache der noch nicht "abschließend" (dazu unten) einschätzbaren MdE beruht. Der Gesetzesbegriff "Feststellung einer Rente" auf unbestimmte Zeit bedeutet die Entscheidung des Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung über das subjektiv-öffentliche Recht eines Versicherten auf Rente. Diese Entscheidung kann auch negativ ausfallen, also zu der Feststellung führen, dass ein Rentenanspruch nicht besteht (vgl BSG vom 31.3.1976 - 2 RU 151/74 = juris RdNr 19) . Dies ist grundsätzlich der Fall, wenn die MdE den Wert von 20 vH (vgl § 56 Abs 1 Satz 1 SGB VII) bzw 10 vH (vgl § 56 Abs 1 Satz 2 bis 4 SGB VII) nicht erreicht.

16

Diese Spezialvorschrift verdrängt in ihrem Anwendungsbereich die generelle Regelung des § 48 SGB X, auf den sich die Klägerin berufen hat. Die in § 48 SGB X allgemein erteilte Ermächtigung zur Aufhebung von Verwaltungsakten ist nicht anwendbar, wenn und solange es speziell um die Änderung, Aufhebung oder Ersetzung von "vorläufigen" Feststellungen eines Rentenanspruchs in der gesetzlichen Unfallversicherung bis zum Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall geht. Soweit es im Dreijahreszeitraum um deren Ersetzung durch eine andere "vorläufige" Regelung geht, gilt § 62 Abs 1 Satz 2 SGB VII. Danach kann der Vomhundertsatz der MdE innerhalb dieses Zeitraums jederzeit und anders als bei Renten auf unbestimmte Zeit (vgl hierzu § 73 Abs 3 Halbs 2 SGB VII) ohne Rücksicht auf die Dauer der Veränderung neu festgestellt werden. Soweit es aber um deren Ersetzung durch eine Entscheidung über das Recht auf Dauerrente geht, gilt § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII. So ist es hier.

17

§ 62 Abs 2 Satz 2 iVm Satz 1 SGB VII rundet das Regelungskonzept des § 62 Abs 1 SGB VII ab. § 62 Abs 1 Satz 1 SGB VII ermächtigt und verpflichtet den Unfallversicherungsträger, ein Recht des Versicherten auf Rente auf unbestimmte Zeit stets, also auch im Dreijahreszeitraum, dann festzustellen, wenn in tatsächlicher Hinsicht der Umfang der MdE "abschließend" festgestellt werden kann und die weiteren Voraussetzungen vorliegen. Nur wenn dies nicht möglich ist, soll (dh im Regelfall "muss") der zuständige Träger "vorläufig" entscheiden. Eine "abschließende" Feststellung des Umfangs der MdE hat er zu treffen, wenn die MdE, die aufgrund des bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens festgestellten Sachverhalts zu schätzen ist, voraussichtlich über den verbliebenen Dreijahreszeitraum nach dem Versicherungsfall hinaus fortbestehen wird. Kann eine solche Prognose nicht gestellt werden, "soll" der Träger ein zwar entstandenes, aber bezüglich Dauer oder Umfang noch nicht "abschließend" beurteilbares Recht auf Rente feststellen, aber nur unter dem Vorbehalt erleichterter Abänderbarkeit im Dreijahreszeitraum (als "vorläufige Entschädigung"). Infolge der Bewilligung unter der spezialgesetzlich erlaubten Nebenbestimmung des Vorbehalts erleichterter Abänderbarkeit weiß der Versicherte, dass sich sein Rentenanspruch nach Grund und Höhe noch nicht verfestigt hat. § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII komplettiert dieses Gebot dadurch, dass er die erstmalige Entscheidung über das Recht auf Dauerrente im Dreijahreszeitraum und die dafür notwendige Aufhebung der "vorläufigen" Feststellung des Rentenanspruchs unabhängig davon erlaubt, ob eine wesentliche Änderung der MdE eingetreten ist.

18

Das Ermächtigungskonzept des § 62 SGB VII trägt der Erfahrung Rechnung, dass sich in der ersten Zeit nach einem Versicherungsfall dessen gesundheitliche Folgen und deren Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit des Versicherten zumeist noch nicht stabilisiert haben. Die Folgen des Versicherungsfalls unterliegen häufig noch allmählich oder auch kurzfristig eintretenden Veränderungen (Burchardt in Brackmann, SGB VII, Stand Februar 2001, § 62 RdNr 5) . Anpassung und Gewöhnung an die Folgen eines Versicherungsfalls, etwa durch Entwicklung von Ausgleichsfunktionen und durch das Erlernen des Umgangs mit verletzten Gliedmaßen (vgl Ricke in Kasseler Komm, SGB VII, Stand 2009, § 73 RdNr 11), führen des Öfteren zu einer Besserung. Nicht selten verändert sich die unfallbedingte MdE in den ersten Jahren wechselhaft oder nimmt auch zu.

19

§ 48 SGB X findet dagegen in folgenden drei Fallgestaltungen Anwendung: Erstens, wenn der Träger von Anfang an den Rentenanspruch auf Dauer festgestellt, also von der Ermächtigung des § 62 Abs 1 SGB VII keinen Gebrauch gemacht hat. Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass die Vorschrift auch anwendbar ist, wenn eine als "vorläufig" gewollte Bewilligung den Vorbehalt der erleichterten Abänderbarkeit nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck bringt, also eine Feststellung über den dauerhaften Rentenanspruch verlautbart. Zweitens, wenn nach einer ("vorläufigen") Feststellung des Rechts unter Abänderungsvorbehalt der Dreijahreszeitraum abgelaufen war, sodass der Änderungsvorbehalt kraft Gesetzes entfallen und dadurch die ursprünglich "vorläufige" Feststellung zu einer solchen über den Dauerrentenanspruch geworden war (§ 62 Abs 2 Satz 1 SGB VII), jetzt aber eine abweichende Entscheidung über den Anspruch getroffen werden soll . Drittens, wenn eine im Dreijahreszeitraum ergangene Entscheidung über die Feststellung einer Dauerrente, mit der zugleich die Feststellung einer Rente als "vorläufige Entschädigung" aufgehoben worden war (§ 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII) , ihrerseits aufgehoben werden soll.

20

Frühere Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG), die zwischen den Grundlagen für die Feststellung der Rentenhöhe und denjenigen, die nur oder zugleich auch den Anspruch als solchen betreffen, unterschieden haben, sind zu § 1585 Abs 2 Satz 2 Reichsversicherungsordnung ergangen (BSG vom 29.3.1957 - 2 RU 129/55 - BSGE 5, 96, 102; BSG vom 30.10.1962 - 2 RU 225/59 - BSGE 18, 84, 87 ff; BSG vom 31.3.1976 - 2 RU 151/74 = juris RdNr 20) . Diese Vorschrift ist mit Ablauf des 31.12.1996 außer Kraft getreten (Art 35 Nr 1 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz vom 7.8.1996, BGBl I 1254). An ihre Stelle sind zum 1.1.1997 die Vorschriften des SGB VII, hier der auch inhaltlich geänderte § 62 Abs 2 Satz 2, getreten (Art 1, 36 UVEG, aaO) .

21

2. Die angefochtenen Verwaltungsakte sind formell und materiell rechtmäßig.

22

Die Beklagte hat nach Anhörung der Klägerin (§ 24 Abs 1 SGB X) noch hinreichend bestimmt erklärt (§ 33 Abs 1 SGB X) , dass sie die Feststellung des Rechts auf Rente als vorläufige Entschädigung aufhebt . Ein objektiver Erklärungsempfänger konnte dem Bescheid vom 18.11.2003 noch entnehmen, dass dieser den Verwaltungsakt vom 2.11.2001 aufgehoben hat, durch den das Recht ("vorläufig") festgestellt worden war. Auch wenn dies hier aus den Umständen des Einzelfalls noch hinreichend erkennbar war, ist grundsätzlich darauf hinzuweisen, dass Rechtsklarheit und Rechtssicherheit prinzipiell gebieten, in der Aufhebungsentscheidung den Verwaltungsakt genau zu benennen, der aufgehoben werden soll, und auch eindeutig zu sagen, in welchem Umfang er aufgehoben wird.

23

Die Voraussetzungen des § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII liegen vor. Die Beklagte hatte mit Bescheid vom 2.11.2001 festgestellt, dass die Klägerin ein Recht auf eine Rente als vorläufige Entschädigung hat. Der Vorbehalt erleichterter Abänderbarkeit ist nicht kraft Gesetzes entfallen (§ 62 Abs 2 Satz 1 SGB VII ), weil der Dreijahreszeitraum bei Erlass der angefochtenen Verwaltungsakte noch nicht verstrichen war. Seit dem Versicherungsfall vom 26.1.2001 waren keine drei Jahre vergangen. Vielmehr sind die mit Bescheid vom 18.11.2003 bekannt gegebenen und damit formell wirksam gewordenen Verwaltungsakte bereits zum 1.12.2003 auch materiell wirksam geworden. Insoweit ist der Sachverhalt anders gelagert als derjenige, der der Entscheidung des Senats vom 5.2.2008 (B 2 U 6/07 R - SozR 4-1300 § 41 Nr 1) zugrunde gelegen hat. Dort sollte die Aufhebungsentscheidung erst nach Ablauf des Dreijahreszeitraums materielle Wirkung entfalten.

24

Nach den Feststellungen des LSG (§ 163 Sozialgerichtsgesetz) hat bei der Klägerin ab 1.12.2003 eine MdE von weniger als 20 vH vorgelegen. An diese Feststellung ist der Senat gebunden (§ 163 SGG) , da sie nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen worden ist. Auch ein Stützrententatbestand (§ 56 Abs 1 Satz 2 bis 4 SGB VII) ist nicht gegeben.

25

Im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verwaltungsakte hat die Beklagte den Umfang der MdE abschließend bewerten können und müssen. Eine vorläufige Rente soll innerhalb des Dreijahreszeitraums nur gewährt werden, wenn die MdE noch nicht abschließend bewertet werden kann (§ 62 Abs 1 Satz 1 SGB VII) . Immer dann, wenn die Gesundheitssituation eines Versicherten eine abschließende Feststellung der MdE über den Dreijahreszeitraum hinaus zulässt, liegen die Voraussetzungen für eine vorläufige Bewilligung nicht mehr vor. In einem solchen Fall müssen die Träger über eine Rente auf unbestimmte Zeit entscheiden. Die Beklagte konnte die MdE der Klägerin abschließend feststellen, denn in den Gesundheitsfolgen der Klägerin war eine Stabilisierung erreicht, die die Prognose gerechtfertigt hat, die festgestellte MdE werde über den Zeitraum von drei Jahren nach dem Versicherungsfall hinaus in dem gegebenen Umfang fortbestehen.

26

Sind die Voraussetzungen des § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII - wie hier - gegeben, hat die Beklagte trotz des Wortes "kann" kein Ermessen. Denn die Erkenntnis, welche MdE voraussichtlich über den Ablauf des Dreijahreszeitraums fortbestehen wird, ist eine Tatsachenfeststellung. Von ihr allein hängt es ab, ob der Versicherte wegen seines Versicherungsfalls überhaupt ein Recht auf Rente nach § 56 Abs 1 SGB VII hat, ggf hängt von ihr auch die Höhe der Rente ab. Auf sie besteht ggf ein Rechtsanspruch nach § 56 Abs 1, 3 SGB VII, der für ein Ermessen in Bezug auf seine Feststellung durch den leistungspflichtigen Träger keinen Raum lässt. Das Gesetz trägt mit dem Wort "kann" nur dem Umstand Rechnung, dass die "abschließende" Feststellung der MdE zu einer anderen MdE als "vorläufig" festgesetzt, aber auch zu derselben führen kann. Es befugt und verpflichtet den Träger, die "abschließende" Tatsachenfeststellung ungeachtet der bisherigen MdE-Feststellungen und insbesondere ohne das Erfordernis einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse zu treffen.

27

3. Die Leistungsklage der Klägerin ist unbegründet. Unabhängig davon, ob man von einer mit einer Anfechtungsklage kombinierten Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) oder einer allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG, § 202 SGG iVm §§ 258, 259 Zivilprozessordnung) ausgeht, kann sie keinen Erfolg haben. Die Bewilligung von Rente als vorläufige Entschädigung wurde rechtmäßig aufgehoben und das Nichtbestehen eines Rechts auf eine Rente auf unbestimmte Zeit rechtmäßig festgestellt.

28

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 36a Abs. 2 des Ersten Buches findet insoweit keine Anwendung.

(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 36a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 des Ersten Buches muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 36a Abs. 2 des Ersten Buches erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.

(5) Bei einem Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Satz 1 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen; bei einem elektronischen Verwaltungsakt muss auch das der Signatur zugrunde liegende Zertifikat nur die erlassende Behörde erkennen lassen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.

(1) Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der Minderung der Erwerbsfähigkeit noch nicht abschließend festgestellt werden kann. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit jederzeit ohne Rücksicht auf die Dauer der Veränderung neu festgestellt werden.

(2) Spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. Bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(1) Renten an Versicherte werden von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folgt, an dem

1.
der Anspruch auf Verletztengeld endet,
2.
der Versicherungsfall eingetreten ist, wenn kein Anspruch auf Verletztengeld entstanden ist.

(2) Renten an Hinterbliebene werden vom Todestag an gezahlt. Hinterbliebenenrenten, die auf Antrag geleistet werden, werden vom Beginn des Monats an gezahlt, der der Antragstellung folgt.

(3) Die Satzung kann bestimmen, daß für Unternehmer, ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder mitarbeitenden Lebenspartner und für den Unternehmern im Versicherungsschutz Gleichgestellte Rente für die ersten 13 Wochen nach dem sich aus § 46 Abs. 1 ergebenden Zeitpunkt ganz oder teilweise nicht gezahlt wird. Die Rente beginnt spätestens am Tag nach Ablauf der 13. Woche, sofern Verletztengeld nicht zu zahlen ist.

(4) (weggefallen)

(1) Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der Minderung der Erwerbsfähigkeit noch nicht abschließend festgestellt werden kann. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit jederzeit ohne Rücksicht auf die Dauer der Veränderung neu festgestellt werden.

(2) Spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. Bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der Minderung der Erwerbsfähigkeit noch nicht abschließend festgestellt werden kann. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit jederzeit ohne Rücksicht auf die Dauer der Veränderung neu festgestellt werden.

(2) Spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. Bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die Beklagte der Klägerin über den 30.11.2003 hinaus eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 vH und diese auf unbestimmte Zeit zu zahlen hat.

2

Die Klägerin war als Lehrerin beschäftigt. Während einer Klassenfahrt rutschte sie am 26.1.2001 bei Glatteis vor einem Hotel aus und fiel auf das linke Handgelenk. Dadurch erlitt sie einen verschobenen gelenksnahen Speichenbruch mit Gelenkbeteiligung.

3

Die Beklagte stellte fest, dass dies ein Arbeitsunfall war und die Klägerin seit dem 25.3.2001 Anspruch auf eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 vH hat. Als Unfallfolgen bezeichnete sie eine Bewegungseinschränkung des linken Handgelenks, eine Einschränkung der Unterarmdrehfähigkeit nach außen, eine Minderung der Kraft der Hand, Missempfindungen im Bereich der ersten Zwischenfingerfalte, eine Kalksalzminderung des Handskeletts sowie röntgenologisch nachweisbare umformende Veränderungen im ehemaligen Bruchbereich (Bescheid vom 2.11.2001).

4

Nachdem die Beklagte die Klägerin angehört hatte, "entzog" sie die als vorläufige Entschädigung gewährte Rente mit Ablauf des 30.11.2003 und erklärte, die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine Rente auf unbestimmte Zeit (Bescheid vom 18.11.2003; Widerspruchsbescheid vom 21.4.2004). Nach § 62 Abs 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) setze die Feststellung einer Rente auf unbestimmte Zeit vor dem Ablauf von drei Jahren seit dem Unfallereignis eine Änderung der Verhältnisse nicht voraus. Die noch vorliegenden Unfallfolgen minderten die Erwerbsfähigkeit nicht um wenigstens 20 vH.

5

Das Sozialgericht (SG) Halle hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom 12.10.2005). Das Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 21.8.2008). Der Ablehnung der Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit stehe der Bescheid vom 2.11.2001, mit dem eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 vH bewilligt worden sei, nicht entgegen. Die Beklagte müsse nicht begründen, dass es zu einer Änderung in den Verhältnissen gekommen sei. Die in dem angefochtenen Bescheid mitgeteilte "Entziehung" habe über die Festsetzung des Endes der Gewährung der vorläufigen Entschädigung hinaus keinen eigenen Regelungsgehalt. Die Folgen des Unfallereignisses vom 26.1.2001 seien mit einer MdE unter 20 vH zu bewerten.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin, entgegen der Auffassung des LSG könne die "Entziehung" der Rente nur erfolgen, wenn eine wesentliche Änderung der Verhältnisse iS des § 48 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) vorliege. § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII gelte nur im Falle einer Rentengewährung, nicht einer Ablehnung. Der Versicherte bedürfe eines besonderen Schutzes, welcher durch das Merkmal der "wesentlichen Änderung der Verhältnisse" gewährleistet werde. Ohne eine solche Änderung könne folglich die MdE nicht abweichend von dem Verwaltungsakt bewertet werden, mit dem ein Recht auf eine Rente als vorläufige Entschädigung festgestellt worden sei. Davon abgesehen bedingten auch die Folgen des Unfallereignisses vom 26.1.2001 eine MdE um 20 vH.

7

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 21. August 2008 und des Sozialgerichts Halle vom 12. Oktober 2005 sowie die Aufhebungs- und die Ablehnungsentscheidung im Bescheid vom 18. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr über den 30. November 2003 hinaus Verletztenrente nach einer MdE um 20 vH zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie schließt sich den Ausführungen des LSG an.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.

11

Das LSG hat ihre Berufung gegen das die Klagen abweisende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Die in dem Bescheid vom 18.11.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.4.2004 enthaltenen Verwaltungsakte sind rechtmäßig. Durch sie hatte die Beklagte noch hinreichend bestimmt erstens die Feststellung des Rechts auf Rente als "vorläufige Entschädigung" im Bescheid vom 2.11.2001 zum Ablauf des 30.11.2003 insgesamt aufgehoben und zweitens festgestellt, dass ab 1.12.2003 ein Recht auf Rente auf unbestimmte Zeit nicht besteht. Daher ist auch die auf Verurteilung zur Zahlung einer Rente gerichtete Leistungsklage unbegründet.

12

1. Die Beklagte war nach § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII ermächtigt (§ 31 Erstes Buch Sozialgesetzbuch) , diese beiden Verwaltungsakte zu erlassen. Die Vorschrift verdrängt § 48 SGB X.

13

§ 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII bestimmt, dass bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung der Vomhundertsatz der MdE abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden kann, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben. Nach Satz 1 aaO wird die Rente jedoch spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall kraft Gesetzes nicht mehr als "vorläufige Entschädigung", sondern als "Rente auf unbestimmte Zeit" geleistet, sodass der "Vorläufigkeitsvorbehalt" (dazu unten) in dem den Rentenanspruch feststellenden Verwaltungsakt gesetzesunmittelbar entfällt.

14

Die Spezialermächtigung des § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII greift unter drei Voraussetzungen ein: Erstens darf der Träger das Recht auf die Rente bisher nur "vorläufig" anerkannt haben. Zweitens muss er beabsichtigen, diese "vorläufige" Feststellung zu ändern und erstmals darüber zu entscheiden, ob dem Versicherten der Rentenanspruch auf unbestimmte Zeit zusteht. Drittens muss er diese Verwaltungsakte dem Versicherten innerhalb des Zeitraums von drei Jahren seit dem Arbeitsunfall bekanntgeben.

15

Die Ermächtigung befugt den Unfallversicherungsträger dazu, über das Recht des Versicherten auf eine Dauerrente ("Rente auf unbestimmte Zeit") ohne Bindung an den Regelungsgehalt der letzten "vorläufigen" Anspruchsfeststellung "erstmals" und ggf unter deren Aufhebung oder Änderung zu entscheiden. Er darf dabei anders als in der "vorläufigen" Bewilligung entscheiden, ohne dass dafür eine wesentliche Änderung gegenüber den Verhältnissen eingetreten sein müsste, die bei Erlass der letzten "vorläufigen" Anspruchsfeststellung vorgelegen hatten. Der "Vorläufigkeitsvorbehalt", welcher der Feststellung des Rentenanspruchs durch den Zusatz: "als vorläufige Entschädigung" beigefügt war, schließt ein schutzwürdiges Vertrauen des Versicherten auf diesen Verwaltungsakt insoweit aus, als dessen Regelung auf der Tatsache der noch nicht "abschließend" (dazu unten) einschätzbaren MdE beruht. Der Gesetzesbegriff "Feststellung einer Rente" auf unbestimmte Zeit bedeutet die Entscheidung des Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung über das subjektiv-öffentliche Recht eines Versicherten auf Rente. Diese Entscheidung kann auch negativ ausfallen, also zu der Feststellung führen, dass ein Rentenanspruch nicht besteht (vgl BSG vom 31.3.1976 - 2 RU 151/74 = juris RdNr 19) . Dies ist grundsätzlich der Fall, wenn die MdE den Wert von 20 vH (vgl § 56 Abs 1 Satz 1 SGB VII) bzw 10 vH (vgl § 56 Abs 1 Satz 2 bis 4 SGB VII) nicht erreicht.

16

Diese Spezialvorschrift verdrängt in ihrem Anwendungsbereich die generelle Regelung des § 48 SGB X, auf den sich die Klägerin berufen hat. Die in § 48 SGB X allgemein erteilte Ermächtigung zur Aufhebung von Verwaltungsakten ist nicht anwendbar, wenn und solange es speziell um die Änderung, Aufhebung oder Ersetzung von "vorläufigen" Feststellungen eines Rentenanspruchs in der gesetzlichen Unfallversicherung bis zum Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall geht. Soweit es im Dreijahreszeitraum um deren Ersetzung durch eine andere "vorläufige" Regelung geht, gilt § 62 Abs 1 Satz 2 SGB VII. Danach kann der Vomhundertsatz der MdE innerhalb dieses Zeitraums jederzeit und anders als bei Renten auf unbestimmte Zeit (vgl hierzu § 73 Abs 3 Halbs 2 SGB VII) ohne Rücksicht auf die Dauer der Veränderung neu festgestellt werden. Soweit es aber um deren Ersetzung durch eine Entscheidung über das Recht auf Dauerrente geht, gilt § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII. So ist es hier.

17

§ 62 Abs 2 Satz 2 iVm Satz 1 SGB VII rundet das Regelungskonzept des § 62 Abs 1 SGB VII ab. § 62 Abs 1 Satz 1 SGB VII ermächtigt und verpflichtet den Unfallversicherungsträger, ein Recht des Versicherten auf Rente auf unbestimmte Zeit stets, also auch im Dreijahreszeitraum, dann festzustellen, wenn in tatsächlicher Hinsicht der Umfang der MdE "abschließend" festgestellt werden kann und die weiteren Voraussetzungen vorliegen. Nur wenn dies nicht möglich ist, soll (dh im Regelfall "muss") der zuständige Träger "vorläufig" entscheiden. Eine "abschließende" Feststellung des Umfangs der MdE hat er zu treffen, wenn die MdE, die aufgrund des bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens festgestellten Sachverhalts zu schätzen ist, voraussichtlich über den verbliebenen Dreijahreszeitraum nach dem Versicherungsfall hinaus fortbestehen wird. Kann eine solche Prognose nicht gestellt werden, "soll" der Träger ein zwar entstandenes, aber bezüglich Dauer oder Umfang noch nicht "abschließend" beurteilbares Recht auf Rente feststellen, aber nur unter dem Vorbehalt erleichterter Abänderbarkeit im Dreijahreszeitraum (als "vorläufige Entschädigung"). Infolge der Bewilligung unter der spezialgesetzlich erlaubten Nebenbestimmung des Vorbehalts erleichterter Abänderbarkeit weiß der Versicherte, dass sich sein Rentenanspruch nach Grund und Höhe noch nicht verfestigt hat. § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII komplettiert dieses Gebot dadurch, dass er die erstmalige Entscheidung über das Recht auf Dauerrente im Dreijahreszeitraum und die dafür notwendige Aufhebung der "vorläufigen" Feststellung des Rentenanspruchs unabhängig davon erlaubt, ob eine wesentliche Änderung der MdE eingetreten ist.

18

Das Ermächtigungskonzept des § 62 SGB VII trägt der Erfahrung Rechnung, dass sich in der ersten Zeit nach einem Versicherungsfall dessen gesundheitliche Folgen und deren Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit des Versicherten zumeist noch nicht stabilisiert haben. Die Folgen des Versicherungsfalls unterliegen häufig noch allmählich oder auch kurzfristig eintretenden Veränderungen (Burchardt in Brackmann, SGB VII, Stand Februar 2001, § 62 RdNr 5) . Anpassung und Gewöhnung an die Folgen eines Versicherungsfalls, etwa durch Entwicklung von Ausgleichsfunktionen und durch das Erlernen des Umgangs mit verletzten Gliedmaßen (vgl Ricke in Kasseler Komm, SGB VII, Stand 2009, § 73 RdNr 11), führen des Öfteren zu einer Besserung. Nicht selten verändert sich die unfallbedingte MdE in den ersten Jahren wechselhaft oder nimmt auch zu.

19

§ 48 SGB X findet dagegen in folgenden drei Fallgestaltungen Anwendung: Erstens, wenn der Träger von Anfang an den Rentenanspruch auf Dauer festgestellt, also von der Ermächtigung des § 62 Abs 1 SGB VII keinen Gebrauch gemacht hat. Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass die Vorschrift auch anwendbar ist, wenn eine als "vorläufig" gewollte Bewilligung den Vorbehalt der erleichterten Abänderbarkeit nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck bringt, also eine Feststellung über den dauerhaften Rentenanspruch verlautbart. Zweitens, wenn nach einer ("vorläufigen") Feststellung des Rechts unter Abänderungsvorbehalt der Dreijahreszeitraum abgelaufen war, sodass der Änderungsvorbehalt kraft Gesetzes entfallen und dadurch die ursprünglich "vorläufige" Feststellung zu einer solchen über den Dauerrentenanspruch geworden war (§ 62 Abs 2 Satz 1 SGB VII), jetzt aber eine abweichende Entscheidung über den Anspruch getroffen werden soll . Drittens, wenn eine im Dreijahreszeitraum ergangene Entscheidung über die Feststellung einer Dauerrente, mit der zugleich die Feststellung einer Rente als "vorläufige Entschädigung" aufgehoben worden war (§ 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII) , ihrerseits aufgehoben werden soll.

20

Frühere Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG), die zwischen den Grundlagen für die Feststellung der Rentenhöhe und denjenigen, die nur oder zugleich auch den Anspruch als solchen betreffen, unterschieden haben, sind zu § 1585 Abs 2 Satz 2 Reichsversicherungsordnung ergangen (BSG vom 29.3.1957 - 2 RU 129/55 - BSGE 5, 96, 102; BSG vom 30.10.1962 - 2 RU 225/59 - BSGE 18, 84, 87 ff; BSG vom 31.3.1976 - 2 RU 151/74 = juris RdNr 20) . Diese Vorschrift ist mit Ablauf des 31.12.1996 außer Kraft getreten (Art 35 Nr 1 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz vom 7.8.1996, BGBl I 1254). An ihre Stelle sind zum 1.1.1997 die Vorschriften des SGB VII, hier der auch inhaltlich geänderte § 62 Abs 2 Satz 2, getreten (Art 1, 36 UVEG, aaO) .

21

2. Die angefochtenen Verwaltungsakte sind formell und materiell rechtmäßig.

22

Die Beklagte hat nach Anhörung der Klägerin (§ 24 Abs 1 SGB X) noch hinreichend bestimmt erklärt (§ 33 Abs 1 SGB X) , dass sie die Feststellung des Rechts auf Rente als vorläufige Entschädigung aufhebt . Ein objektiver Erklärungsempfänger konnte dem Bescheid vom 18.11.2003 noch entnehmen, dass dieser den Verwaltungsakt vom 2.11.2001 aufgehoben hat, durch den das Recht ("vorläufig") festgestellt worden war. Auch wenn dies hier aus den Umständen des Einzelfalls noch hinreichend erkennbar war, ist grundsätzlich darauf hinzuweisen, dass Rechtsklarheit und Rechtssicherheit prinzipiell gebieten, in der Aufhebungsentscheidung den Verwaltungsakt genau zu benennen, der aufgehoben werden soll, und auch eindeutig zu sagen, in welchem Umfang er aufgehoben wird.

23

Die Voraussetzungen des § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII liegen vor. Die Beklagte hatte mit Bescheid vom 2.11.2001 festgestellt, dass die Klägerin ein Recht auf eine Rente als vorläufige Entschädigung hat. Der Vorbehalt erleichterter Abänderbarkeit ist nicht kraft Gesetzes entfallen (§ 62 Abs 2 Satz 1 SGB VII ), weil der Dreijahreszeitraum bei Erlass der angefochtenen Verwaltungsakte noch nicht verstrichen war. Seit dem Versicherungsfall vom 26.1.2001 waren keine drei Jahre vergangen. Vielmehr sind die mit Bescheid vom 18.11.2003 bekannt gegebenen und damit formell wirksam gewordenen Verwaltungsakte bereits zum 1.12.2003 auch materiell wirksam geworden. Insoweit ist der Sachverhalt anders gelagert als derjenige, der der Entscheidung des Senats vom 5.2.2008 (B 2 U 6/07 R - SozR 4-1300 § 41 Nr 1) zugrunde gelegen hat. Dort sollte die Aufhebungsentscheidung erst nach Ablauf des Dreijahreszeitraums materielle Wirkung entfalten.

24

Nach den Feststellungen des LSG (§ 163 Sozialgerichtsgesetz) hat bei der Klägerin ab 1.12.2003 eine MdE von weniger als 20 vH vorgelegen. An diese Feststellung ist der Senat gebunden (§ 163 SGG) , da sie nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen worden ist. Auch ein Stützrententatbestand (§ 56 Abs 1 Satz 2 bis 4 SGB VII) ist nicht gegeben.

25

Im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verwaltungsakte hat die Beklagte den Umfang der MdE abschließend bewerten können und müssen. Eine vorläufige Rente soll innerhalb des Dreijahreszeitraums nur gewährt werden, wenn die MdE noch nicht abschließend bewertet werden kann (§ 62 Abs 1 Satz 1 SGB VII) . Immer dann, wenn die Gesundheitssituation eines Versicherten eine abschließende Feststellung der MdE über den Dreijahreszeitraum hinaus zulässt, liegen die Voraussetzungen für eine vorläufige Bewilligung nicht mehr vor. In einem solchen Fall müssen die Träger über eine Rente auf unbestimmte Zeit entscheiden. Die Beklagte konnte die MdE der Klägerin abschließend feststellen, denn in den Gesundheitsfolgen der Klägerin war eine Stabilisierung erreicht, die die Prognose gerechtfertigt hat, die festgestellte MdE werde über den Zeitraum von drei Jahren nach dem Versicherungsfall hinaus in dem gegebenen Umfang fortbestehen.

26

Sind die Voraussetzungen des § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII - wie hier - gegeben, hat die Beklagte trotz des Wortes "kann" kein Ermessen. Denn die Erkenntnis, welche MdE voraussichtlich über den Ablauf des Dreijahreszeitraums fortbestehen wird, ist eine Tatsachenfeststellung. Von ihr allein hängt es ab, ob der Versicherte wegen seines Versicherungsfalls überhaupt ein Recht auf Rente nach § 56 Abs 1 SGB VII hat, ggf hängt von ihr auch die Höhe der Rente ab. Auf sie besteht ggf ein Rechtsanspruch nach § 56 Abs 1, 3 SGB VII, der für ein Ermessen in Bezug auf seine Feststellung durch den leistungspflichtigen Träger keinen Raum lässt. Das Gesetz trägt mit dem Wort "kann" nur dem Umstand Rechnung, dass die "abschließende" Feststellung der MdE zu einer anderen MdE als "vorläufig" festgesetzt, aber auch zu derselben führen kann. Es befugt und verpflichtet den Träger, die "abschließende" Tatsachenfeststellung ungeachtet der bisherigen MdE-Feststellungen und insbesondere ohne das Erfordernis einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse zu treffen.

27

3. Die Leistungsklage der Klägerin ist unbegründet. Unabhängig davon, ob man von einer mit einer Anfechtungsklage kombinierten Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) oder einer allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG, § 202 SGG iVm §§ 258, 259 Zivilprozessordnung) ausgeht, kann sie keinen Erfolg haben. Die Bewilligung von Rente als vorläufige Entschädigung wurde rechtmäßig aufgehoben und das Nichtbestehen eines Rechts auf eine Rente auf unbestimmte Zeit rechtmäßig festgestellt.

28

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

(1) Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der Minderung der Erwerbsfähigkeit noch nicht abschließend festgestellt werden kann. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit jederzeit ohne Rücksicht auf die Dauer der Veränderung neu festgestellt werden.

(2) Spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. Bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten können elektronische Verwaltungsakte bekannt gegeben werden, indem sie dem Beteiligten zum Abruf über öffentlich zugängliche Netze bereitgestellt werden. Die Einwilligung kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Ein zum Abruf bereitgestellter Verwaltungsakt gilt am dritten Tag nach Absendung der elektronischen Benachrichtigung über die Bereitstellung des Verwaltungsaktes an die abrufberechtigte Person als bekannt gegeben. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang der Benachrichtigung nachzuweisen. Kann die Behörde den von der abrufberechtigten Person bestrittenen Zugang der Benachrichtigung nicht nachweisen, gilt der Verwaltungsakt an dem Tag als bekannt gegeben, an dem die abrufberechtigte Person den Verwaltungsakt abgerufen hat. Das Gleiche gilt, wenn die abrufberechtigte Person unwiderlegbar vorträgt, die Benachrichtigung nicht innerhalb von drei Tagen nach der Absendung erhalten zu haben. Die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.

(2b) In Angelegenheiten nach dem Abschnitt 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes gilt abweichend von Absatz 2a für die Bekanntgabe von elektronischen Verwaltungsakten § 9 des Onlinezugangsgesetzes.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil in der jeweils vorgeschriebenen Weise entweder ortsüblich oder in der sonst für amtliche Veröffentlichungen vorgeschriebenen Art bekannt gemacht wird. In der Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.

(1) Ändern sich aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Voraussetzungen für die Höhe einer Rente nach ihrer Feststellung, wird die Rente in neuer Höhe nach Ablauf des Monats geleistet, in dem die Änderung wirksam geworden ist.

(2) Fallen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente weg, wird die Rente bis zum Ende des Monats geleistet, in dem der Wegfall wirksam geworden ist. Satz 1 gilt entsprechend, wenn festgestellt wird, daß Versicherte, die als verschollen gelten, noch leben.

(3) Bei der Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit ist eine Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches nur wesentlich, wenn sie mehr als 5 vom Hundert beträgt; bei Renten auf unbestimmte Zeit muß die Veränderung der Minderung der Erwerbsfähigkeit länger als drei Monate andauern.

(4) Sind Renten befristet, enden sie mit Ablauf der Frist. Das schließt eine vorherige Änderung oder ein Ende der Rente aus anderen Gründen nicht aus. Renten dürfen nur auf das Ende eines Kalendermonats befristet werden.

(5) Witwen- und Witwerrenten nach § 65 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a wegen Kindererziehung werden auf das Ende des Kalendermonats befristet, in dem die Kindererziehung voraussichtlich endet. Waisenrenten werden auf das Ende des Kalendermonats befristet, in dem voraussichtlich der Anspruch auf die Waisenrente entfällt. Die Befristung kann wiederholt werden.

(6) Renten werden bis zum Ende des Kalendermonats geleistet, in dem die Berechtigten gestorben sind.

(1) Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der Minderung der Erwerbsfähigkeit noch nicht abschließend festgestellt werden kann. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit jederzeit ohne Rücksicht auf die Dauer der Veränderung neu festgestellt werden.

(2) Spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. Bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die Beklagte der Klägerin über den 30.11.2003 hinaus eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 vH und diese auf unbestimmte Zeit zu zahlen hat.

2

Die Klägerin war als Lehrerin beschäftigt. Während einer Klassenfahrt rutschte sie am 26.1.2001 bei Glatteis vor einem Hotel aus und fiel auf das linke Handgelenk. Dadurch erlitt sie einen verschobenen gelenksnahen Speichenbruch mit Gelenkbeteiligung.

3

Die Beklagte stellte fest, dass dies ein Arbeitsunfall war und die Klägerin seit dem 25.3.2001 Anspruch auf eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 vH hat. Als Unfallfolgen bezeichnete sie eine Bewegungseinschränkung des linken Handgelenks, eine Einschränkung der Unterarmdrehfähigkeit nach außen, eine Minderung der Kraft der Hand, Missempfindungen im Bereich der ersten Zwischenfingerfalte, eine Kalksalzminderung des Handskeletts sowie röntgenologisch nachweisbare umformende Veränderungen im ehemaligen Bruchbereich (Bescheid vom 2.11.2001).

4

Nachdem die Beklagte die Klägerin angehört hatte, "entzog" sie die als vorläufige Entschädigung gewährte Rente mit Ablauf des 30.11.2003 und erklärte, die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine Rente auf unbestimmte Zeit (Bescheid vom 18.11.2003; Widerspruchsbescheid vom 21.4.2004). Nach § 62 Abs 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) setze die Feststellung einer Rente auf unbestimmte Zeit vor dem Ablauf von drei Jahren seit dem Unfallereignis eine Änderung der Verhältnisse nicht voraus. Die noch vorliegenden Unfallfolgen minderten die Erwerbsfähigkeit nicht um wenigstens 20 vH.

5

Das Sozialgericht (SG) Halle hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom 12.10.2005). Das Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 21.8.2008). Der Ablehnung der Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit stehe der Bescheid vom 2.11.2001, mit dem eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 vH bewilligt worden sei, nicht entgegen. Die Beklagte müsse nicht begründen, dass es zu einer Änderung in den Verhältnissen gekommen sei. Die in dem angefochtenen Bescheid mitgeteilte "Entziehung" habe über die Festsetzung des Endes der Gewährung der vorläufigen Entschädigung hinaus keinen eigenen Regelungsgehalt. Die Folgen des Unfallereignisses vom 26.1.2001 seien mit einer MdE unter 20 vH zu bewerten.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin, entgegen der Auffassung des LSG könne die "Entziehung" der Rente nur erfolgen, wenn eine wesentliche Änderung der Verhältnisse iS des § 48 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) vorliege. § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII gelte nur im Falle einer Rentengewährung, nicht einer Ablehnung. Der Versicherte bedürfe eines besonderen Schutzes, welcher durch das Merkmal der "wesentlichen Änderung der Verhältnisse" gewährleistet werde. Ohne eine solche Änderung könne folglich die MdE nicht abweichend von dem Verwaltungsakt bewertet werden, mit dem ein Recht auf eine Rente als vorläufige Entschädigung festgestellt worden sei. Davon abgesehen bedingten auch die Folgen des Unfallereignisses vom 26.1.2001 eine MdE um 20 vH.

7

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 21. August 2008 und des Sozialgerichts Halle vom 12. Oktober 2005 sowie die Aufhebungs- und die Ablehnungsentscheidung im Bescheid vom 18. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr über den 30. November 2003 hinaus Verletztenrente nach einer MdE um 20 vH zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie schließt sich den Ausführungen des LSG an.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.

11

Das LSG hat ihre Berufung gegen das die Klagen abweisende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Die in dem Bescheid vom 18.11.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.4.2004 enthaltenen Verwaltungsakte sind rechtmäßig. Durch sie hatte die Beklagte noch hinreichend bestimmt erstens die Feststellung des Rechts auf Rente als "vorläufige Entschädigung" im Bescheid vom 2.11.2001 zum Ablauf des 30.11.2003 insgesamt aufgehoben und zweitens festgestellt, dass ab 1.12.2003 ein Recht auf Rente auf unbestimmte Zeit nicht besteht. Daher ist auch die auf Verurteilung zur Zahlung einer Rente gerichtete Leistungsklage unbegründet.

12

1. Die Beklagte war nach § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII ermächtigt (§ 31 Erstes Buch Sozialgesetzbuch) , diese beiden Verwaltungsakte zu erlassen. Die Vorschrift verdrängt § 48 SGB X.

13

§ 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII bestimmt, dass bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung der Vomhundertsatz der MdE abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden kann, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben. Nach Satz 1 aaO wird die Rente jedoch spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall kraft Gesetzes nicht mehr als "vorläufige Entschädigung", sondern als "Rente auf unbestimmte Zeit" geleistet, sodass der "Vorläufigkeitsvorbehalt" (dazu unten) in dem den Rentenanspruch feststellenden Verwaltungsakt gesetzesunmittelbar entfällt.

14

Die Spezialermächtigung des § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII greift unter drei Voraussetzungen ein: Erstens darf der Träger das Recht auf die Rente bisher nur "vorläufig" anerkannt haben. Zweitens muss er beabsichtigen, diese "vorläufige" Feststellung zu ändern und erstmals darüber zu entscheiden, ob dem Versicherten der Rentenanspruch auf unbestimmte Zeit zusteht. Drittens muss er diese Verwaltungsakte dem Versicherten innerhalb des Zeitraums von drei Jahren seit dem Arbeitsunfall bekanntgeben.

15

Die Ermächtigung befugt den Unfallversicherungsträger dazu, über das Recht des Versicherten auf eine Dauerrente ("Rente auf unbestimmte Zeit") ohne Bindung an den Regelungsgehalt der letzten "vorläufigen" Anspruchsfeststellung "erstmals" und ggf unter deren Aufhebung oder Änderung zu entscheiden. Er darf dabei anders als in der "vorläufigen" Bewilligung entscheiden, ohne dass dafür eine wesentliche Änderung gegenüber den Verhältnissen eingetreten sein müsste, die bei Erlass der letzten "vorläufigen" Anspruchsfeststellung vorgelegen hatten. Der "Vorläufigkeitsvorbehalt", welcher der Feststellung des Rentenanspruchs durch den Zusatz: "als vorläufige Entschädigung" beigefügt war, schließt ein schutzwürdiges Vertrauen des Versicherten auf diesen Verwaltungsakt insoweit aus, als dessen Regelung auf der Tatsache der noch nicht "abschließend" (dazu unten) einschätzbaren MdE beruht. Der Gesetzesbegriff "Feststellung einer Rente" auf unbestimmte Zeit bedeutet die Entscheidung des Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung über das subjektiv-öffentliche Recht eines Versicherten auf Rente. Diese Entscheidung kann auch negativ ausfallen, also zu der Feststellung führen, dass ein Rentenanspruch nicht besteht (vgl BSG vom 31.3.1976 - 2 RU 151/74 = juris RdNr 19) . Dies ist grundsätzlich der Fall, wenn die MdE den Wert von 20 vH (vgl § 56 Abs 1 Satz 1 SGB VII) bzw 10 vH (vgl § 56 Abs 1 Satz 2 bis 4 SGB VII) nicht erreicht.

16

Diese Spezialvorschrift verdrängt in ihrem Anwendungsbereich die generelle Regelung des § 48 SGB X, auf den sich die Klägerin berufen hat. Die in § 48 SGB X allgemein erteilte Ermächtigung zur Aufhebung von Verwaltungsakten ist nicht anwendbar, wenn und solange es speziell um die Änderung, Aufhebung oder Ersetzung von "vorläufigen" Feststellungen eines Rentenanspruchs in der gesetzlichen Unfallversicherung bis zum Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall geht. Soweit es im Dreijahreszeitraum um deren Ersetzung durch eine andere "vorläufige" Regelung geht, gilt § 62 Abs 1 Satz 2 SGB VII. Danach kann der Vomhundertsatz der MdE innerhalb dieses Zeitraums jederzeit und anders als bei Renten auf unbestimmte Zeit (vgl hierzu § 73 Abs 3 Halbs 2 SGB VII) ohne Rücksicht auf die Dauer der Veränderung neu festgestellt werden. Soweit es aber um deren Ersetzung durch eine Entscheidung über das Recht auf Dauerrente geht, gilt § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII. So ist es hier.

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§ 62 Abs 2 Satz 2 iVm Satz 1 SGB VII rundet das Regelungskonzept des § 62 Abs 1 SGB VII ab. § 62 Abs 1 Satz 1 SGB VII ermächtigt und verpflichtet den Unfallversicherungsträger, ein Recht des Versicherten auf Rente auf unbestimmte Zeit stets, also auch im Dreijahreszeitraum, dann festzustellen, wenn in tatsächlicher Hinsicht der Umfang der MdE "abschließend" festgestellt werden kann und die weiteren Voraussetzungen vorliegen. Nur wenn dies nicht möglich ist, soll (dh im Regelfall "muss") der zuständige Träger "vorläufig" entscheiden. Eine "abschließende" Feststellung des Umfangs der MdE hat er zu treffen, wenn die MdE, die aufgrund des bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens festgestellten Sachverhalts zu schätzen ist, voraussichtlich über den verbliebenen Dreijahreszeitraum nach dem Versicherungsfall hinaus fortbestehen wird. Kann eine solche Prognose nicht gestellt werden, "soll" der Träger ein zwar entstandenes, aber bezüglich Dauer oder Umfang noch nicht "abschließend" beurteilbares Recht auf Rente feststellen, aber nur unter dem Vorbehalt erleichterter Abänderbarkeit im Dreijahreszeitraum (als "vorläufige Entschädigung"). Infolge der Bewilligung unter der spezialgesetzlich erlaubten Nebenbestimmung des Vorbehalts erleichterter Abänderbarkeit weiß der Versicherte, dass sich sein Rentenanspruch nach Grund und Höhe noch nicht verfestigt hat. § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII komplettiert dieses Gebot dadurch, dass er die erstmalige Entscheidung über das Recht auf Dauerrente im Dreijahreszeitraum und die dafür notwendige Aufhebung der "vorläufigen" Feststellung des Rentenanspruchs unabhängig davon erlaubt, ob eine wesentliche Änderung der MdE eingetreten ist.

18

Das Ermächtigungskonzept des § 62 SGB VII trägt der Erfahrung Rechnung, dass sich in der ersten Zeit nach einem Versicherungsfall dessen gesundheitliche Folgen und deren Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit des Versicherten zumeist noch nicht stabilisiert haben. Die Folgen des Versicherungsfalls unterliegen häufig noch allmählich oder auch kurzfristig eintretenden Veränderungen (Burchardt in Brackmann, SGB VII, Stand Februar 2001, § 62 RdNr 5) . Anpassung und Gewöhnung an die Folgen eines Versicherungsfalls, etwa durch Entwicklung von Ausgleichsfunktionen und durch das Erlernen des Umgangs mit verletzten Gliedmaßen (vgl Ricke in Kasseler Komm, SGB VII, Stand 2009, § 73 RdNr 11), führen des Öfteren zu einer Besserung. Nicht selten verändert sich die unfallbedingte MdE in den ersten Jahren wechselhaft oder nimmt auch zu.

19

§ 48 SGB X findet dagegen in folgenden drei Fallgestaltungen Anwendung: Erstens, wenn der Träger von Anfang an den Rentenanspruch auf Dauer festgestellt, also von der Ermächtigung des § 62 Abs 1 SGB VII keinen Gebrauch gemacht hat. Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass die Vorschrift auch anwendbar ist, wenn eine als "vorläufig" gewollte Bewilligung den Vorbehalt der erleichterten Abänderbarkeit nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck bringt, also eine Feststellung über den dauerhaften Rentenanspruch verlautbart. Zweitens, wenn nach einer ("vorläufigen") Feststellung des Rechts unter Abänderungsvorbehalt der Dreijahreszeitraum abgelaufen war, sodass der Änderungsvorbehalt kraft Gesetzes entfallen und dadurch die ursprünglich "vorläufige" Feststellung zu einer solchen über den Dauerrentenanspruch geworden war (§ 62 Abs 2 Satz 1 SGB VII), jetzt aber eine abweichende Entscheidung über den Anspruch getroffen werden soll . Drittens, wenn eine im Dreijahreszeitraum ergangene Entscheidung über die Feststellung einer Dauerrente, mit der zugleich die Feststellung einer Rente als "vorläufige Entschädigung" aufgehoben worden war (§ 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII) , ihrerseits aufgehoben werden soll.

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Frühere Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG), die zwischen den Grundlagen für die Feststellung der Rentenhöhe und denjenigen, die nur oder zugleich auch den Anspruch als solchen betreffen, unterschieden haben, sind zu § 1585 Abs 2 Satz 2 Reichsversicherungsordnung ergangen (BSG vom 29.3.1957 - 2 RU 129/55 - BSGE 5, 96, 102; BSG vom 30.10.1962 - 2 RU 225/59 - BSGE 18, 84, 87 ff; BSG vom 31.3.1976 - 2 RU 151/74 = juris RdNr 20) . Diese Vorschrift ist mit Ablauf des 31.12.1996 außer Kraft getreten (Art 35 Nr 1 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz vom 7.8.1996, BGBl I 1254). An ihre Stelle sind zum 1.1.1997 die Vorschriften des SGB VII, hier der auch inhaltlich geänderte § 62 Abs 2 Satz 2, getreten (Art 1, 36 UVEG, aaO) .

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2. Die angefochtenen Verwaltungsakte sind formell und materiell rechtmäßig.

22

Die Beklagte hat nach Anhörung der Klägerin (§ 24 Abs 1 SGB X) noch hinreichend bestimmt erklärt (§ 33 Abs 1 SGB X) , dass sie die Feststellung des Rechts auf Rente als vorläufige Entschädigung aufhebt . Ein objektiver Erklärungsempfänger konnte dem Bescheid vom 18.11.2003 noch entnehmen, dass dieser den Verwaltungsakt vom 2.11.2001 aufgehoben hat, durch den das Recht ("vorläufig") festgestellt worden war. Auch wenn dies hier aus den Umständen des Einzelfalls noch hinreichend erkennbar war, ist grundsätzlich darauf hinzuweisen, dass Rechtsklarheit und Rechtssicherheit prinzipiell gebieten, in der Aufhebungsentscheidung den Verwaltungsakt genau zu benennen, der aufgehoben werden soll, und auch eindeutig zu sagen, in welchem Umfang er aufgehoben wird.

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Die Voraussetzungen des § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII liegen vor. Die Beklagte hatte mit Bescheid vom 2.11.2001 festgestellt, dass die Klägerin ein Recht auf eine Rente als vorläufige Entschädigung hat. Der Vorbehalt erleichterter Abänderbarkeit ist nicht kraft Gesetzes entfallen (§ 62 Abs 2 Satz 1 SGB VII ), weil der Dreijahreszeitraum bei Erlass der angefochtenen Verwaltungsakte noch nicht verstrichen war. Seit dem Versicherungsfall vom 26.1.2001 waren keine drei Jahre vergangen. Vielmehr sind die mit Bescheid vom 18.11.2003 bekannt gegebenen und damit formell wirksam gewordenen Verwaltungsakte bereits zum 1.12.2003 auch materiell wirksam geworden. Insoweit ist der Sachverhalt anders gelagert als derjenige, der der Entscheidung des Senats vom 5.2.2008 (B 2 U 6/07 R - SozR 4-1300 § 41 Nr 1) zugrunde gelegen hat. Dort sollte die Aufhebungsentscheidung erst nach Ablauf des Dreijahreszeitraums materielle Wirkung entfalten.

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Nach den Feststellungen des LSG (§ 163 Sozialgerichtsgesetz) hat bei der Klägerin ab 1.12.2003 eine MdE von weniger als 20 vH vorgelegen. An diese Feststellung ist der Senat gebunden (§ 163 SGG) , da sie nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen worden ist. Auch ein Stützrententatbestand (§ 56 Abs 1 Satz 2 bis 4 SGB VII) ist nicht gegeben.

25

Im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verwaltungsakte hat die Beklagte den Umfang der MdE abschließend bewerten können und müssen. Eine vorläufige Rente soll innerhalb des Dreijahreszeitraums nur gewährt werden, wenn die MdE noch nicht abschließend bewertet werden kann (§ 62 Abs 1 Satz 1 SGB VII) . Immer dann, wenn die Gesundheitssituation eines Versicherten eine abschließende Feststellung der MdE über den Dreijahreszeitraum hinaus zulässt, liegen die Voraussetzungen für eine vorläufige Bewilligung nicht mehr vor. In einem solchen Fall müssen die Träger über eine Rente auf unbestimmte Zeit entscheiden. Die Beklagte konnte die MdE der Klägerin abschließend feststellen, denn in den Gesundheitsfolgen der Klägerin war eine Stabilisierung erreicht, die die Prognose gerechtfertigt hat, die festgestellte MdE werde über den Zeitraum von drei Jahren nach dem Versicherungsfall hinaus in dem gegebenen Umfang fortbestehen.

26

Sind die Voraussetzungen des § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII - wie hier - gegeben, hat die Beklagte trotz des Wortes "kann" kein Ermessen. Denn die Erkenntnis, welche MdE voraussichtlich über den Ablauf des Dreijahreszeitraums fortbestehen wird, ist eine Tatsachenfeststellung. Von ihr allein hängt es ab, ob der Versicherte wegen seines Versicherungsfalls überhaupt ein Recht auf Rente nach § 56 Abs 1 SGB VII hat, ggf hängt von ihr auch die Höhe der Rente ab. Auf sie besteht ggf ein Rechtsanspruch nach § 56 Abs 1, 3 SGB VII, der für ein Ermessen in Bezug auf seine Feststellung durch den leistungspflichtigen Träger keinen Raum lässt. Das Gesetz trägt mit dem Wort "kann" nur dem Umstand Rechnung, dass die "abschließende" Feststellung der MdE zu einer anderen MdE als "vorläufig" festgesetzt, aber auch zu derselben führen kann. Es befugt und verpflichtet den Träger, die "abschließende" Tatsachenfeststellung ungeachtet der bisherigen MdE-Feststellungen und insbesondere ohne das Erfordernis einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse zu treffen.

27

3. Die Leistungsklage der Klägerin ist unbegründet. Unabhängig davon, ob man von einer mit einer Anfechtungsklage kombinierten Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) oder einer allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG, § 202 SGG iVm §§ 258, 259 Zivilprozessordnung) ausgeht, kann sie keinen Erfolg haben. Die Bewilligung von Rente als vorläufige Entschädigung wurde rechtmäßig aufgehoben und das Nichtbestehen eines Rechts auf eine Rente auf unbestimmte Zeit rechtmäßig festgestellt.

28

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

(1) Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der Minderung der Erwerbsfähigkeit noch nicht abschließend festgestellt werden kann. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit jederzeit ohne Rücksicht auf die Dauer der Veränderung neu festgestellt werden.

(2) Spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. Bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben.

(1) Ändern sich aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Voraussetzungen für die Höhe einer Rente nach ihrer Feststellung, wird die Rente in neuer Höhe nach Ablauf des Monats geleistet, in dem die Änderung wirksam geworden ist.

(2) Fallen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente weg, wird die Rente bis zum Ende des Monats geleistet, in dem der Wegfall wirksam geworden ist. Satz 1 gilt entsprechend, wenn festgestellt wird, daß Versicherte, die als verschollen gelten, noch leben.

(3) Bei der Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit ist eine Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches nur wesentlich, wenn sie mehr als 5 vom Hundert beträgt; bei Renten auf unbestimmte Zeit muß die Veränderung der Minderung der Erwerbsfähigkeit länger als drei Monate andauern.

(4) Sind Renten befristet, enden sie mit Ablauf der Frist. Das schließt eine vorherige Änderung oder ein Ende der Rente aus anderen Gründen nicht aus. Renten dürfen nur auf das Ende eines Kalendermonats befristet werden.

(5) Witwen- und Witwerrenten nach § 65 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a wegen Kindererziehung werden auf das Ende des Kalendermonats befristet, in dem die Kindererziehung voraussichtlich endet. Waisenrenten werden auf das Ende des Kalendermonats befristet, in dem voraussichtlich der Anspruch auf die Waisenrente entfällt. Die Befristung kann wiederholt werden.

(6) Renten werden bis zum Ende des Kalendermonats geleistet, in dem die Berechtigten gestorben sind.

(1) Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der Minderung der Erwerbsfähigkeit noch nicht abschließend festgestellt werden kann. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit jederzeit ohne Rücksicht auf die Dauer der Veränderung neu festgestellt werden.

(2) Spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. Bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die Beklagte der Klägerin über den 30.11.2003 hinaus eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 vH und diese auf unbestimmte Zeit zu zahlen hat.

2

Die Klägerin war als Lehrerin beschäftigt. Während einer Klassenfahrt rutschte sie am 26.1.2001 bei Glatteis vor einem Hotel aus und fiel auf das linke Handgelenk. Dadurch erlitt sie einen verschobenen gelenksnahen Speichenbruch mit Gelenkbeteiligung.

3

Die Beklagte stellte fest, dass dies ein Arbeitsunfall war und die Klägerin seit dem 25.3.2001 Anspruch auf eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 vH hat. Als Unfallfolgen bezeichnete sie eine Bewegungseinschränkung des linken Handgelenks, eine Einschränkung der Unterarmdrehfähigkeit nach außen, eine Minderung der Kraft der Hand, Missempfindungen im Bereich der ersten Zwischenfingerfalte, eine Kalksalzminderung des Handskeletts sowie röntgenologisch nachweisbare umformende Veränderungen im ehemaligen Bruchbereich (Bescheid vom 2.11.2001).

4

Nachdem die Beklagte die Klägerin angehört hatte, "entzog" sie die als vorläufige Entschädigung gewährte Rente mit Ablauf des 30.11.2003 und erklärte, die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine Rente auf unbestimmte Zeit (Bescheid vom 18.11.2003; Widerspruchsbescheid vom 21.4.2004). Nach § 62 Abs 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) setze die Feststellung einer Rente auf unbestimmte Zeit vor dem Ablauf von drei Jahren seit dem Unfallereignis eine Änderung der Verhältnisse nicht voraus. Die noch vorliegenden Unfallfolgen minderten die Erwerbsfähigkeit nicht um wenigstens 20 vH.

5

Das Sozialgericht (SG) Halle hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom 12.10.2005). Das Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 21.8.2008). Der Ablehnung der Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit stehe der Bescheid vom 2.11.2001, mit dem eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 vH bewilligt worden sei, nicht entgegen. Die Beklagte müsse nicht begründen, dass es zu einer Änderung in den Verhältnissen gekommen sei. Die in dem angefochtenen Bescheid mitgeteilte "Entziehung" habe über die Festsetzung des Endes der Gewährung der vorläufigen Entschädigung hinaus keinen eigenen Regelungsgehalt. Die Folgen des Unfallereignisses vom 26.1.2001 seien mit einer MdE unter 20 vH zu bewerten.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin, entgegen der Auffassung des LSG könne die "Entziehung" der Rente nur erfolgen, wenn eine wesentliche Änderung der Verhältnisse iS des § 48 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) vorliege. § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII gelte nur im Falle einer Rentengewährung, nicht einer Ablehnung. Der Versicherte bedürfe eines besonderen Schutzes, welcher durch das Merkmal der "wesentlichen Änderung der Verhältnisse" gewährleistet werde. Ohne eine solche Änderung könne folglich die MdE nicht abweichend von dem Verwaltungsakt bewertet werden, mit dem ein Recht auf eine Rente als vorläufige Entschädigung festgestellt worden sei. Davon abgesehen bedingten auch die Folgen des Unfallereignisses vom 26.1.2001 eine MdE um 20 vH.

7

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 21. August 2008 und des Sozialgerichts Halle vom 12. Oktober 2005 sowie die Aufhebungs- und die Ablehnungsentscheidung im Bescheid vom 18. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr über den 30. November 2003 hinaus Verletztenrente nach einer MdE um 20 vH zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie schließt sich den Ausführungen des LSG an.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.

11

Das LSG hat ihre Berufung gegen das die Klagen abweisende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Die in dem Bescheid vom 18.11.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.4.2004 enthaltenen Verwaltungsakte sind rechtmäßig. Durch sie hatte die Beklagte noch hinreichend bestimmt erstens die Feststellung des Rechts auf Rente als "vorläufige Entschädigung" im Bescheid vom 2.11.2001 zum Ablauf des 30.11.2003 insgesamt aufgehoben und zweitens festgestellt, dass ab 1.12.2003 ein Recht auf Rente auf unbestimmte Zeit nicht besteht. Daher ist auch die auf Verurteilung zur Zahlung einer Rente gerichtete Leistungsklage unbegründet.

12

1. Die Beklagte war nach § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII ermächtigt (§ 31 Erstes Buch Sozialgesetzbuch) , diese beiden Verwaltungsakte zu erlassen. Die Vorschrift verdrängt § 48 SGB X.

13

§ 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII bestimmt, dass bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung der Vomhundertsatz der MdE abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden kann, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben. Nach Satz 1 aaO wird die Rente jedoch spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall kraft Gesetzes nicht mehr als "vorläufige Entschädigung", sondern als "Rente auf unbestimmte Zeit" geleistet, sodass der "Vorläufigkeitsvorbehalt" (dazu unten) in dem den Rentenanspruch feststellenden Verwaltungsakt gesetzesunmittelbar entfällt.

14

Die Spezialermächtigung des § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII greift unter drei Voraussetzungen ein: Erstens darf der Träger das Recht auf die Rente bisher nur "vorläufig" anerkannt haben. Zweitens muss er beabsichtigen, diese "vorläufige" Feststellung zu ändern und erstmals darüber zu entscheiden, ob dem Versicherten der Rentenanspruch auf unbestimmte Zeit zusteht. Drittens muss er diese Verwaltungsakte dem Versicherten innerhalb des Zeitraums von drei Jahren seit dem Arbeitsunfall bekanntgeben.

15

Die Ermächtigung befugt den Unfallversicherungsträger dazu, über das Recht des Versicherten auf eine Dauerrente ("Rente auf unbestimmte Zeit") ohne Bindung an den Regelungsgehalt der letzten "vorläufigen" Anspruchsfeststellung "erstmals" und ggf unter deren Aufhebung oder Änderung zu entscheiden. Er darf dabei anders als in der "vorläufigen" Bewilligung entscheiden, ohne dass dafür eine wesentliche Änderung gegenüber den Verhältnissen eingetreten sein müsste, die bei Erlass der letzten "vorläufigen" Anspruchsfeststellung vorgelegen hatten. Der "Vorläufigkeitsvorbehalt", welcher der Feststellung des Rentenanspruchs durch den Zusatz: "als vorläufige Entschädigung" beigefügt war, schließt ein schutzwürdiges Vertrauen des Versicherten auf diesen Verwaltungsakt insoweit aus, als dessen Regelung auf der Tatsache der noch nicht "abschließend" (dazu unten) einschätzbaren MdE beruht. Der Gesetzesbegriff "Feststellung einer Rente" auf unbestimmte Zeit bedeutet die Entscheidung des Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung über das subjektiv-öffentliche Recht eines Versicherten auf Rente. Diese Entscheidung kann auch negativ ausfallen, also zu der Feststellung führen, dass ein Rentenanspruch nicht besteht (vgl BSG vom 31.3.1976 - 2 RU 151/74 = juris RdNr 19) . Dies ist grundsätzlich der Fall, wenn die MdE den Wert von 20 vH (vgl § 56 Abs 1 Satz 1 SGB VII) bzw 10 vH (vgl § 56 Abs 1 Satz 2 bis 4 SGB VII) nicht erreicht.

16

Diese Spezialvorschrift verdrängt in ihrem Anwendungsbereich die generelle Regelung des § 48 SGB X, auf den sich die Klägerin berufen hat. Die in § 48 SGB X allgemein erteilte Ermächtigung zur Aufhebung von Verwaltungsakten ist nicht anwendbar, wenn und solange es speziell um die Änderung, Aufhebung oder Ersetzung von "vorläufigen" Feststellungen eines Rentenanspruchs in der gesetzlichen Unfallversicherung bis zum Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall geht. Soweit es im Dreijahreszeitraum um deren Ersetzung durch eine andere "vorläufige" Regelung geht, gilt § 62 Abs 1 Satz 2 SGB VII. Danach kann der Vomhundertsatz der MdE innerhalb dieses Zeitraums jederzeit und anders als bei Renten auf unbestimmte Zeit (vgl hierzu § 73 Abs 3 Halbs 2 SGB VII) ohne Rücksicht auf die Dauer der Veränderung neu festgestellt werden. Soweit es aber um deren Ersetzung durch eine Entscheidung über das Recht auf Dauerrente geht, gilt § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII. So ist es hier.

17

§ 62 Abs 2 Satz 2 iVm Satz 1 SGB VII rundet das Regelungskonzept des § 62 Abs 1 SGB VII ab. § 62 Abs 1 Satz 1 SGB VII ermächtigt und verpflichtet den Unfallversicherungsträger, ein Recht des Versicherten auf Rente auf unbestimmte Zeit stets, also auch im Dreijahreszeitraum, dann festzustellen, wenn in tatsächlicher Hinsicht der Umfang der MdE "abschließend" festgestellt werden kann und die weiteren Voraussetzungen vorliegen. Nur wenn dies nicht möglich ist, soll (dh im Regelfall "muss") der zuständige Träger "vorläufig" entscheiden. Eine "abschließende" Feststellung des Umfangs der MdE hat er zu treffen, wenn die MdE, die aufgrund des bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens festgestellten Sachverhalts zu schätzen ist, voraussichtlich über den verbliebenen Dreijahreszeitraum nach dem Versicherungsfall hinaus fortbestehen wird. Kann eine solche Prognose nicht gestellt werden, "soll" der Träger ein zwar entstandenes, aber bezüglich Dauer oder Umfang noch nicht "abschließend" beurteilbares Recht auf Rente feststellen, aber nur unter dem Vorbehalt erleichterter Abänderbarkeit im Dreijahreszeitraum (als "vorläufige Entschädigung"). Infolge der Bewilligung unter der spezialgesetzlich erlaubten Nebenbestimmung des Vorbehalts erleichterter Abänderbarkeit weiß der Versicherte, dass sich sein Rentenanspruch nach Grund und Höhe noch nicht verfestigt hat. § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII komplettiert dieses Gebot dadurch, dass er die erstmalige Entscheidung über das Recht auf Dauerrente im Dreijahreszeitraum und die dafür notwendige Aufhebung der "vorläufigen" Feststellung des Rentenanspruchs unabhängig davon erlaubt, ob eine wesentliche Änderung der MdE eingetreten ist.

18

Das Ermächtigungskonzept des § 62 SGB VII trägt der Erfahrung Rechnung, dass sich in der ersten Zeit nach einem Versicherungsfall dessen gesundheitliche Folgen und deren Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit des Versicherten zumeist noch nicht stabilisiert haben. Die Folgen des Versicherungsfalls unterliegen häufig noch allmählich oder auch kurzfristig eintretenden Veränderungen (Burchardt in Brackmann, SGB VII, Stand Februar 2001, § 62 RdNr 5) . Anpassung und Gewöhnung an die Folgen eines Versicherungsfalls, etwa durch Entwicklung von Ausgleichsfunktionen und durch das Erlernen des Umgangs mit verletzten Gliedmaßen (vgl Ricke in Kasseler Komm, SGB VII, Stand 2009, § 73 RdNr 11), führen des Öfteren zu einer Besserung. Nicht selten verändert sich die unfallbedingte MdE in den ersten Jahren wechselhaft oder nimmt auch zu.

19

§ 48 SGB X findet dagegen in folgenden drei Fallgestaltungen Anwendung: Erstens, wenn der Träger von Anfang an den Rentenanspruch auf Dauer festgestellt, also von der Ermächtigung des § 62 Abs 1 SGB VII keinen Gebrauch gemacht hat. Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass die Vorschrift auch anwendbar ist, wenn eine als "vorläufig" gewollte Bewilligung den Vorbehalt der erleichterten Abänderbarkeit nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck bringt, also eine Feststellung über den dauerhaften Rentenanspruch verlautbart. Zweitens, wenn nach einer ("vorläufigen") Feststellung des Rechts unter Abänderungsvorbehalt der Dreijahreszeitraum abgelaufen war, sodass der Änderungsvorbehalt kraft Gesetzes entfallen und dadurch die ursprünglich "vorläufige" Feststellung zu einer solchen über den Dauerrentenanspruch geworden war (§ 62 Abs 2 Satz 1 SGB VII), jetzt aber eine abweichende Entscheidung über den Anspruch getroffen werden soll . Drittens, wenn eine im Dreijahreszeitraum ergangene Entscheidung über die Feststellung einer Dauerrente, mit der zugleich die Feststellung einer Rente als "vorläufige Entschädigung" aufgehoben worden war (§ 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII) , ihrerseits aufgehoben werden soll.

20

Frühere Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG), die zwischen den Grundlagen für die Feststellung der Rentenhöhe und denjenigen, die nur oder zugleich auch den Anspruch als solchen betreffen, unterschieden haben, sind zu § 1585 Abs 2 Satz 2 Reichsversicherungsordnung ergangen (BSG vom 29.3.1957 - 2 RU 129/55 - BSGE 5, 96, 102; BSG vom 30.10.1962 - 2 RU 225/59 - BSGE 18, 84, 87 ff; BSG vom 31.3.1976 - 2 RU 151/74 = juris RdNr 20) . Diese Vorschrift ist mit Ablauf des 31.12.1996 außer Kraft getreten (Art 35 Nr 1 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz vom 7.8.1996, BGBl I 1254). An ihre Stelle sind zum 1.1.1997 die Vorschriften des SGB VII, hier der auch inhaltlich geänderte § 62 Abs 2 Satz 2, getreten (Art 1, 36 UVEG, aaO) .

21

2. Die angefochtenen Verwaltungsakte sind formell und materiell rechtmäßig.

22

Die Beklagte hat nach Anhörung der Klägerin (§ 24 Abs 1 SGB X) noch hinreichend bestimmt erklärt (§ 33 Abs 1 SGB X) , dass sie die Feststellung des Rechts auf Rente als vorläufige Entschädigung aufhebt . Ein objektiver Erklärungsempfänger konnte dem Bescheid vom 18.11.2003 noch entnehmen, dass dieser den Verwaltungsakt vom 2.11.2001 aufgehoben hat, durch den das Recht ("vorläufig") festgestellt worden war. Auch wenn dies hier aus den Umständen des Einzelfalls noch hinreichend erkennbar war, ist grundsätzlich darauf hinzuweisen, dass Rechtsklarheit und Rechtssicherheit prinzipiell gebieten, in der Aufhebungsentscheidung den Verwaltungsakt genau zu benennen, der aufgehoben werden soll, und auch eindeutig zu sagen, in welchem Umfang er aufgehoben wird.

23

Die Voraussetzungen des § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII liegen vor. Die Beklagte hatte mit Bescheid vom 2.11.2001 festgestellt, dass die Klägerin ein Recht auf eine Rente als vorläufige Entschädigung hat. Der Vorbehalt erleichterter Abänderbarkeit ist nicht kraft Gesetzes entfallen (§ 62 Abs 2 Satz 1 SGB VII ), weil der Dreijahreszeitraum bei Erlass der angefochtenen Verwaltungsakte noch nicht verstrichen war. Seit dem Versicherungsfall vom 26.1.2001 waren keine drei Jahre vergangen. Vielmehr sind die mit Bescheid vom 18.11.2003 bekannt gegebenen und damit formell wirksam gewordenen Verwaltungsakte bereits zum 1.12.2003 auch materiell wirksam geworden. Insoweit ist der Sachverhalt anders gelagert als derjenige, der der Entscheidung des Senats vom 5.2.2008 (B 2 U 6/07 R - SozR 4-1300 § 41 Nr 1) zugrunde gelegen hat. Dort sollte die Aufhebungsentscheidung erst nach Ablauf des Dreijahreszeitraums materielle Wirkung entfalten.

24

Nach den Feststellungen des LSG (§ 163 Sozialgerichtsgesetz) hat bei der Klägerin ab 1.12.2003 eine MdE von weniger als 20 vH vorgelegen. An diese Feststellung ist der Senat gebunden (§ 163 SGG) , da sie nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen worden ist. Auch ein Stützrententatbestand (§ 56 Abs 1 Satz 2 bis 4 SGB VII) ist nicht gegeben.

25

Im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verwaltungsakte hat die Beklagte den Umfang der MdE abschließend bewerten können und müssen. Eine vorläufige Rente soll innerhalb des Dreijahreszeitraums nur gewährt werden, wenn die MdE noch nicht abschließend bewertet werden kann (§ 62 Abs 1 Satz 1 SGB VII) . Immer dann, wenn die Gesundheitssituation eines Versicherten eine abschließende Feststellung der MdE über den Dreijahreszeitraum hinaus zulässt, liegen die Voraussetzungen für eine vorläufige Bewilligung nicht mehr vor. In einem solchen Fall müssen die Träger über eine Rente auf unbestimmte Zeit entscheiden. Die Beklagte konnte die MdE der Klägerin abschließend feststellen, denn in den Gesundheitsfolgen der Klägerin war eine Stabilisierung erreicht, die die Prognose gerechtfertigt hat, die festgestellte MdE werde über den Zeitraum von drei Jahren nach dem Versicherungsfall hinaus in dem gegebenen Umfang fortbestehen.

26

Sind die Voraussetzungen des § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII - wie hier - gegeben, hat die Beklagte trotz des Wortes "kann" kein Ermessen. Denn die Erkenntnis, welche MdE voraussichtlich über den Ablauf des Dreijahreszeitraums fortbestehen wird, ist eine Tatsachenfeststellung. Von ihr allein hängt es ab, ob der Versicherte wegen seines Versicherungsfalls überhaupt ein Recht auf Rente nach § 56 Abs 1 SGB VII hat, ggf hängt von ihr auch die Höhe der Rente ab. Auf sie besteht ggf ein Rechtsanspruch nach § 56 Abs 1, 3 SGB VII, der für ein Ermessen in Bezug auf seine Feststellung durch den leistungspflichtigen Träger keinen Raum lässt. Das Gesetz trägt mit dem Wort "kann" nur dem Umstand Rechnung, dass die "abschließende" Feststellung der MdE zu einer anderen MdE als "vorläufig" festgesetzt, aber auch zu derselben führen kann. Es befugt und verpflichtet den Träger, die "abschließende" Tatsachenfeststellung ungeachtet der bisherigen MdE-Feststellungen und insbesondere ohne das Erfordernis einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse zu treffen.

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3. Die Leistungsklage der Klägerin ist unbegründet. Unabhängig davon, ob man von einer mit einer Anfechtungsklage kombinierten Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) oder einer allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG, § 202 SGG iVm §§ 258, 259 Zivilprozessordnung) ausgeht, kann sie keinen Erfolg haben. Die Bewilligung von Rente als vorläufige Entschädigung wurde rechtmäßig aufgehoben und das Nichtbestehen eines Rechts auf eine Rente auf unbestimmte Zeit rechtmäßig festgestellt.

28

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

(1) Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der Minderung der Erwerbsfähigkeit noch nicht abschließend festgestellt werden kann. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit jederzeit ohne Rücksicht auf die Dauer der Veränderung neu festgestellt werden.

(2) Spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. Bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

Tenor

Die Revision wird zurückgewiesen, soweit der Kläger die Feststellung des Zustandes nach Innenmeniskushinterhornresektion als Unfallfolge begehrt.

Im Übrigen wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Juni 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten (nur noch) darüber, ob weitere Gesundheitsstörungen - ein Zustand nach Innenmeniskushinterhornresektion rechts, sowie ein Zustand nach Thrombose der Vena saphena parva rechts mit operativer Entfernung dieser Vene und eine Venenklappeninsuffizienz der mittleren Cockett'schen Vena perforans rechts - als Unfallfolgen eines von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls vom 10.9.2003 festzustellen sind.

2

Der Kläger leitete am 10.9.2003 eine Tauchgruppe auf der Insel G. Er betrat mit voller Tauchausrüstung nebst Kamera mit einem Gesamtgewicht von ca 40 bis 60 kg das Wasser. Als dieses mehr als knie-, aber noch nicht hüfttief war, trat er auf einen Stein und knickte um. Eine Rotations-Streckbewegung des rechten Knies erfolgte dabei nicht.

3

Der Durchgangsarzt Dr. K. führte am 13.9.2003 eine durchgangsärztliche Untersuchung durch und diagnostizierte eine Distorsion des rechten Knies (Durchgangsarztbericht vom 16.9.2003). Nach einer weiteren Untersuchung vom 23.9.2003 äußerte Dr. K. den Verdacht auf Innenmeniskusläsion. Es bestehe die Indikation zur Arthroskopie; Aufnahme und Operation wurden für den folgenden Tag vereinbart. Am 24.9.2003 wurde die Arthroskopie durchgeführt, "unter" der Diagnose einer degenerativen Innenmeniskusläsion. Intraoperativ hatte sich keine frische Läsion gefunden. Es lag ein isolierter Lappenriss des Innenmeniskus vor, also ohne Verletzungen der Kniebänder. Es wurde eine Innenmeniskushinterhornresektion durchgeführt. Im Operationsbericht vom 24.9.2003 heißt es, das Hinterhorn selbst habe aufgefaserte Strukturen gezeigt, sodass die klinische Diagnose bestätigt sei.

4

In der Folgezeit trat beim Kläger im rechten Bein eine Teilthrombosierung der Vena saphena parva bei Stammvarikosis mit Insuffizienz der mittleren Cockett'schen Vena perforans auf. Am 15.10.2003 erfolgte deshalb eine Operation. Hierbei wurden gleichzeitig radikuläre Varizen am linken Unterschenkel operativ entfernt. Am 10.11.2003 wurde der Kläger wegen akuter linksthorakaler Schmerzen und Dyspnoe stationär behandelt, dabei wurde ua eine Lungenembolie bei Oberschenkelthrombose links diagnostiziert.

5

Die Beklagte stellte im Bescheid vom 1.12.2004 als Folgen des Versicherungsfalls des Klägers vom 10.9.2003 eine "folgenlos ausgeheilte Kniedistorsion rechts mit Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit für den Zeitraum 13. bis 27.9.2003" fest. Einen Anspruch auf Rente lehnte sie mangels einer MdE von mindestens 20 vH ebenso ab wie die Anerkennung weiterer Unfallfolgen. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 10.3.2005 zurück, in dem sie den Gesundheitserstschaden als banale Distorsion des rechten Knies bezeichnete.

6

Das SG hat die Klagen mit Urteil vom 6.10.2006 abgewiesen, weil keinerlei Unfallfolgen mehr festzustellen seien. Das LSG hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 15.6.2010 zurückgewiesen. Die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen seien keine Folgen des Arbeitsunfalls vom 10.9.2003. Hinsichtlich des Zustands nach Innenmeniskushinterhornresektion fehle es bereits an der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs mit dem Unfallereignis. Das Unfallereignis ohne entsprechende Rotations-Streckbewegung mit Einklemmmechanismus des Meniskus sei nicht geeignet gewesen, einen isolierten Lappenriss des Innenmeniskus zu verursachen. Dieses Ereignis habe nur zu einer folgenlos ausheilenden Distorsion des Kniegelenks führen können. Auch der Zustand nach Unterschenkelvenen-Thrombose rechts im Bereich der Vena saphena parva mit operativer Entfernung des thrombotischen Gefäßes und einer Perforansvenenklappeninsuffizienz sei keine (mittelbare) Folge des Arbeitsunfalls vom 10.9.2003. Dabei hat das LSG offen gelassen, ob diese Gesundheitsstörungen Folgen der arthroskopischen Operation des rechten Kniegelenks sind. Es handele sich nicht um "mittelbare Unfallfolgen" iS von § 8 SGB VII bzw § 11 SGB VII, denn sie seien nicht bei Erkennung oder Behandlung von Folgen des Versicherungsfalls eingetreten. Auf die subjektive Sicht des Klägers, die Arthroskopie am rechten Kniegelenk sei wegen dort bestehender Unfallfolgen erforderlich gewesen, komme es entgegen dem BSG-Urteil vom 24.6.1981 (2 RU 87/80 - BSGE 52, 57, 60 = SozR 2200 § 555 Nr 5) nicht an. Ein Anspruch auf Verletztenrente bestehe mangels einer unfallbedingten MdE von mindestens 20 vH nicht.

7

Der Kläger rügt - nach Beschränkung seines Antrags - mit seiner Revision nur noch, dass das LSG von dem Urteil des BSG vom 24.6.1981 (2 RU 87/80, aaO) abgewichen sei und deshalb das Vorliegen von Unfallfolgen zu Unrecht verneint habe. Bereits die irrtümliche Annahme, die Arthroskopie sei wegen der Unfallfolgen durchgeführt worden, sei dafür ausreichend, eine mittelbare Unfallfolge zu bejahen.

8

           

Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des Hessischen LSG vom 15. Juni 2010 und das Urteil des SG Gießen vom 6. Oktober 2006 und die Ablehnung von Unfallfolgen im Bescheid der Beklagten vom 1. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. März 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, bei ihm einen Zustand nach Innenmeniskushinterhornresektion rechts, einen Zustand nach Thrombose der Vena saphena parva rechts mit operativer Entfernung der Vena saphena parva rechts und eine Venenklappeninsuffizienz der mittleren Cockett'schen Vena perforans rechts als Folgen des Arbeitsunfalls vom 10. September 2003 festzustellen.

9

           

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers, mit der er ein Recht auf Verletztenrente nicht mehr verfolgt hat, ist unbegründet, soweit er die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung des Zustands nach Innenmeniskushinterhornresektion als Unfallfolge begehrt. Dieser Zustand ist keine Unfallfolge (im engeren oder im weiteren Sinn) des anerkannten Arbeitsunfalls vom 10.9.2003 (hierzu unter 2.). Soweit er die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines Zustands nach Thrombose der Vena saphena parva rechts mit operativer Entfernung der Vena saphena parva rechts und eine Venenklappeninsuffizienz der mittleren Cockett'schen Vena perforans rechts als Folgen des Arbeitsunfalls vom 10.9.2003 begehrt, ist seine Revision im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Zwar sind diese Gesundheitsbeeinträchtigungen keine (sog unmittelbaren) Unfallfolgen im engeren Sinn, da sie nicht spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls, die Kniegelenksdistorsion rechts, verursacht wurden. Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG ist es dem Senat jedoch nicht möglich, abschließend darüber zu befinden, ob sie aufgrund der besonderen Zurechnungsnorm des § 11 SGB VII als (sog mittelbare) Unfallfolgen im weiteren Sinn festzustellen sind (im Einzelnen unter 3.).

11

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG war zulässig, ebenso die von ihm erhobenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen.

12

Diese sind gemäß § 54 Abs 1 SGG statthaft. Denn der Verletzte kann seinen Anspruch auf Feststellung, dass eine Gesundheitsstörung Folge eines Arbeitsunfalls ist, nicht nur mit einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage iS des § 54 Abs 1 Satz 1 SGG, § 55 Abs 1 Nr 3 SGG geltend machen. Er kann wählen, ob er stattdessen sein Begehren mit einer Kombination aus einer Anfechtungsklage gegen den das Nichtbestehen des von ihm erhobenen Anspruchs feststellenden Verwaltungsakt und einer Verpflichtungsklage verfolgen will (vgl zur Statthaftigkeit der Verpflichtungsklage auf Feststellung eines Arbeitsunfalls BSG vom 27.4.2010 - B 2 U 23/09 R - Juris RdNr 9; BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 29/07 R - Juris RdNr 14; aA BSG vom 15.2.2005 - B 2 U 1/04 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 12 - Juris RdNr 13 zur Auslegung eines Antrags auf Verurteilung zur Anerkennung eines Arbeitsunfalls als Feststellungsklage; vgl zur Statthaftigkeit der Verpflichtungsklage für die Feststellung von Unfallfolgen Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 8 RdNr 15c, 51. Lfg, V/2011; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG-Kommentar, 9. Aufl 2008, § 54 RdNr 20b).

13

Die Sachentscheidungsvoraussetzungen dieser Klagearten liegen vor. Insbesondere ist der Kläger auch klagebefugt (formell beschwert) iS des § 54 Abs 2 Satz 1 SGG, weil er möglicherweise in seinem Anspruch auf Erlass von Verwaltungsakten, die Unfallfolgen feststellen sollen, verletzt ist.

14

Die Rechtsordnung sieht die vom Kläger als verletzt geltend gemachten Rechte vor, nämlich Rechtsansprüche gegen den Unfallversicherungsträger auf Feststellungen von Unfallfolgen eines Arbeitsunfalls (und ggf einer Berufskrankheit; vgl Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 8 RdNr 15b, 51. Lfg, V/2011). Grundsätzlich kann ein Versicherter vom Träger den Erlass feststellender Verwaltungsakte über das Vorliegen eines Versicherungsfalls und ggf der diesem zuzurechnenden Unfallfolgen beanspruchen. Hierzu ist der Unfallversicherungsträger auch iS von § 31 SGB I hinreichend ermächtigt. Feststellbare Unfallfolgen sind solche Gesundheitsschäden, deren wesentliche (Teil-) Ursache der Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls war oder die einem (uU nur behaupteten) Versicherungsfall aufgrund besonderer Zurechnungsnormen zuzurechnen sind (dazu im Folgenden).

15

Anspruchsgrundlage für einen solchen Feststellungsanspruch eines Versicherten und Ermächtigungsgrundlage zum Erlass des feststellenden Verwaltungsakts für den Unfallversicherungsträger ist § 102 SGB VII. Nach dieser Vorschrift wird in den Fällen des § 36a Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB IV "die Entscheidung über einen Anspruch auf Leistung" schriftlich erlassen. Sie stellt nicht nur das Schriftformerfordernis für die in § 36a Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB IV genannten Arten von Entscheidungen auf. Sie enthält zudem ausdrücklich die Erklärung, dass der Unfallversicherungsträger über einen Anspruch auf Leistung selbst "entscheiden" darf. Die Entscheidung eines Unfallversicherungsträgers über das Bestehen/Nichtbestehen oder über Inhalt und Umfang eines Sozialleistungsanspruchs aus dem SGB VII ist aber stets eine hoheitliche (= öffentlich-rechtliche) Maßnahme zur Regelung (dh gemäß § 31 SGB I: auch zur Feststellung eines Rechts) eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts (hier: Leistungsrecht der gesetzlichen Unfallversicherung) mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen (hier: gegenüber einem Versicherten).

16

Diese Ermächtigungsnorm ist zugleich Anspruchsgrundlage für den Versicherten. Zwar ist § 38 SGB I nicht anwendbar, der speziell materiell-rechtliche Ansprüche auf Sozialleistungen, nicht Ansprüche auf den Erlass von Verwaltungsakten betrifft. § 102 SGB VII begründet aber einen solchen öffentlich-rechtlichen Anspruch, weil er nicht nur dem öffentlichen Interesse dienen soll, sondern auch dem Interesse eines aus der Norm abgrenzbaren Kreises Privater; diesen Begünstigten verleiht er zudem die Rechtsmacht, vom Hoheitsträger die Befolgung seiner öffentlich-rechtlichen Pflicht rechtlich verlangen zu können (zu diesen Voraussetzungen eines subjektiv-öffentlichen Rechts BVerfGE 27, 297, 307 unter Bezugnahme auf Ottmar Bühler, Die subjektiven öffentlichen Rechte und ihr Schutz in der deutschen Verwaltungsrechtsprechung, 1914, 42 ff, 224; BSGE 97, 63, 70 = SozR 4-2500 § 255 Nr 1; BVerwGE 107, 215, 220 mwN). § 102 SGB VII soll als den Verwaltungsträger verpflichtende Befugnis auch den Interessen der durch einen Unfall gesundheitsbeschädigten Versicherten an einer raschen und rechtsverbindlichen Klärung dienen. Der Versicherte kann auch Klärung verlangen, ob ein Versicherungsfall vorliegt, welcher Träger dafür verbandszuständig ist (Aufgabenkreis des Trägers) und welche Gesundheitsschäden dem Versicherungsfall zuzurechnen sind.

17

Ermächtigung und Anspruchsgrundlage erfassen aber nicht nur die abschließende Entscheidung über den Leistungsanspruch, sondern ausnahmsweise auch die einzelner Anspruchselemente. Nach der Systematik des SGB VII sind in den Vorschriften, welche die Voraussetzungen der verschiedenen sozialen Rechte auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung regeln, nur die spezifischen Voraussetzungen der jeweiligen einzelnen Arten von Leistungsrechten ausgestaltet. Demgegenüber sind die allgemeinen Rechtsvoraussetzungen, die für alle Leistungsrechte des SGB VII gleichermaßen gelten, nämlich die Regelungen über den Versicherungsfall und die ihm zuzurechnenden Unfallfolgen (§§ 7 bis 13 iVm §§ 2 bis 6 SGB VII), vorab und einheitlich ausgestaltet. Ermächtigung und Anspruch betreffen daher auch die Entscheidung über jene Elemente des Anspruchs, die Grundlagen für jede aktuelle oder spätere Anspruchsentstehung gegen denselben Unfallversicherungsträger aufgrund eines bestimmten Versicherungsfalls sind.

18

Hierzu gehört zuerst der Versicherungsfall. Durch ihn wird ein Gesundheitserstschaden (eine Gesundheitsbeeinträchtigung) einer bestimmten versicherten Tätigkeit und dadurch zum einen dem Versicherten zugerechnet, der (nur) unfallversichert ist, wenn und solange er eine versicherte Tätigkeit verrichtet. Zum anderen wird der Gesundheitserstschaden einem bestimmten Unfallversicherungsträger zugerechnet, dessen Verbandszuständigkeit für diesen Versicherungsfall und alle gegenwärtig und zukünftig aus ihm entstehenden Rechte dadurch begründet wird. Es entsteht also mit der Erfüllung des Tatbestandes eines Versicherungsfalls ein als Rechtsverhältnis feststellbares Leistungsrechtsverhältnis zwischen dem Versicherten und dem Träger als Inbegriff aller aus dem Versicherungsfall entstandenen und möglicherweise noch entstehenden Ansprüche (vgl hierzu auch Spellbrink in Schulin , Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 2, Unfallversicherungsrecht, 1996, § 24, S 441 ff).

19

Zweitens gehören zu den abstrakt feststellbaren Anspruchselementen die (sog unmittelbaren) Unfallfolgen im engeren Sinn, also die Gesundheitsschäden, die wesentlich (und deshalb zurechenbar) spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Versicherungsfalls verursacht wurden. Drittens zählen hierzu auch die (sog mittelbaren) Unfallfolgen im weiteren Sinn, also die Gesundheitsschäden, die nicht wesentlich durch den Gesundheitserstschaden des Versicherungsfalls verursacht wurden, aber diesem oder einem (behaupteten) Unfallereignis aufgrund einer besonderen gesetzlichen Zurechnungsnorm zuzurechnen sind.

20

Der Feststellung, ob und welche Gesundheitsstörungen Folgen eines Versicherungsfalls sind, kommt eine über den einzelnen Leistungsanspruch hinausgehende rechtliche Bedeutung für den Träger und den Versicherten zu. Denn trotz unterschiedlicher Tatbestandsvoraussetzungen im Übrigen setzen, wie bereits ausgeführt, alle Leistungsansprüche nach den §§ 26 ff SGB VII als gemeinsame Tatbestandsmerkmale einen Versicherungsfall(iS der §§ 7 bis 13 SGB VII) und durch ihn verursachte Gesundheitsschäden - bis hin zum Tod des Verletzten - voraus und begründen dafür die Verbandszuständigkeit nur eines bestimmten Trägers der Unfallversicherung.

21

Zugleich werden ggf die Grundlagen und Grenzen eines Haftungsausschlusses nach §§ 104 ff SGB VII festgelegt. Ist der Unfallverletzte (wie im Regelfall) in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert, bedarf es auch deshalb einer raschen verbindlichen Klärung des Vorliegens eines Versicherungsfalls und seiner Folgen, weil nach § 11 Abs 5 SGB V ein Anspruch auf Krankenversicherungsleistungen ausgeschlossen ist, wenn der Leistungsbedarf im Wesentlichen durch eine Unfallfolge (oder eine Berufskrankheitsfolge) verursacht wird.

22

Zudem eröffnet § 55 Abs 1 Nr 3 SGG eine Feststellungsklage, wenn die gerichtliche Feststellung begehrt wird, dass eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit ist. Zwar kann von der prozessrechtlichen Möglichkeit einer solchen Klage auf gerichtliche Feststellung einer Unfallfolge nicht zwingend darauf geschlossen werden, dass im materiellen Recht eine Anspruchsgrundlage für einen Anspruch des Versicherten gegen seinen Unfallversicherungsträger auf behördliche Feststellung einer Unfallfolge existiert. Diese besondere Rechtsschutzform weist aber (wie § 55 Abs 1 Nr 1 SGG für die Feststellung eines Versicherungsfalls) darauf hin, dass der Bundesgesetzgeber ein schutzwürdiges Interesse der Versicherten an einer solchen Feststellung anerkennt.

23

Der Tatbestand der Ermächtigungs- und Anspruchsgrundlage des § 102 SGB VII, auf die der Kläger sich somit grundsätzlich berufen kann, setzt voraus, dass der Versicherte einen Versicherungsfall und, soweit die Feststellung von Unfallfolgen begehrt wird, weitere Gesundheitsschäden erlitten hat, die im Wesentlichen durch den Gesundheitserstschaden verursacht oder einem (uU nur behaupteten) Versicherungsfall aufgrund besonderer Zurechnungsnormen zuzurechnen sind.

24

In einem solchen in der Rechtsordnung vorgesehenen und ihm möglicherweise zustehenden Recht ist der Kläger durch die seine Feststellungsansprüche ablehnenden Entscheidungen der Beklagten möglicherweise verletzt, weil es nach seinem Vorbringen nicht ohne Sachprüfung ausgeschlossen ist, dass die bei ihm vorliegenden Gesundheitsschäden Unfallfolgen sind.

25

Das Revisionsgericht hat somit, wie schon die Vorinstanzen, die Befugnis, über die mit der Revision weiter verfolgten Feststellungsansprüche gegen die Beklagte in der Sache zu entscheiden.

26

2. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung des Zustands nach Innenmeniskushinterhornresektion als Unfallfolge. Denn dieser Zustand ist weder eine (sog unmittelbare) Unfallfolge im engeren Sinne (sogleich unter a), noch eine (sog mittelbare) Unfallfolge im weiteren Sinne, hier aufgrund der besonderen Zurechnungsnorm des § 11 SGB VII (hierzu unter b).

27

a) Eine Gesundheitsstörung ist Unfallfolge (im engeren Sinne) eines Versicherungsfalls iS des § 8 SGB VII, wenn sie spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des (hier anerkannten) Arbeitsunfalls wesentlich verursacht worden ist. Der Anspruch setzt grundsätzlich das "objektive", dh aus der nachträglichen Sicht eines optimalen Beobachters gegebene Vorliegen einer Gesundheitsstörung voraus, die spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls wesentlich verursacht worden ist. Da der Gesundheitserstschaden (Gesundheitsbeeinträchtigung, Tod oder Krankheit) eine den Versicherungsfall selbst begründende Tatbestandsvoraussetzung und damit keine Folge des Arbeitsunfalls (der Berufskrankheit) ist, muss er grundsätzlich bei der Feststellung des Versicherungsfalls benannt werden. Die Beklagte hat den Erstschaden hier jedenfalls im Widerspruchsbescheid noch hinreichend als banale Distorsion des rechten Kniegelenks bestimmt.

28

Ob ein Gesundheitsschaden (hier: der Zustand nach Innenmeniskushinterhornresektion rechts) dem Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls (hier: der Kniegelenksdistorsion rechts) als Unfallfolge im engeren Sinn zuzurechnen ist (sog haftungsausfüllende Kausalität), beurteilt sich nach der Zurechnungslehre der Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 18/07 R - Juris RdNr 12; BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17; BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr 14, RdNr 17). Die Zurechnung erfolgt danach in zwei Schritten.

29

Erstens ist die Verursachung der weiteren Schädigung durch den Gesundheitserstschaden im naturwissenschaftlich-naturphilosophischen Sinne festzustellen. Ob die Ursache-Wirkung-Beziehung besteht, beurteilt sich nach der Bedingungstheorie. Nach ihr ist eine Bedingung dann notwendige Ursache einer Wirkung, wenn sie aus dem konkret vorliegenden Geschehensablauf nach dem jeweiligen Stand der einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse (Erfahrungssätze) nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine-qua-non). Auf dieser ersten Stufe sind alle derartigen notwendigen Bedingungen grundsätzlich rechtlich gleichwertig (äquivalent). Alle festgestellten anderen Bedingungen (und kein Ereignis ist monokausal), die in diesem Sinn nicht notwendig sind, dürfen hingegen bei der nachfolgenden Zurechnungsprüfung nicht berücksichtigt werden.

30

Ist der Gesundheitserstschaden in diesem Sinne eine notwendige Bedingung des weiteren Gesundheitsschadens, wird dieser ihm aber nur dann zugerechnet, wenn er ihn wesentlich (ausreichend: mit-) verursacht hat. "Wesentlich" (zurechnungsbegründend) ist der Gesundheitserstschaden für den weiteren Gesundheitsschaden nach der in der Rechtsprechung des Senats gebräuchlichen Formel, wenn er eine besondere Beziehung zum Eintritt dieses Schadens hatte (vgl nur BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17 RdNr 15 ff mwN). Darauf ist hier nicht weiter einzugehen, da die Kniegelenksdistorsion rechts schon keine notwendige Bedingung des Zustandes nach Innenmeniskushinterhornresektion rechts war.

31

Es fehlt bereits an einem Kausalzusammenhang im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne zwischen dem bindend anerkannten Erstschaden des Klägers, der Distorsion des Kniegelenks rechts, und dem Innenmeniskusschaden. Der Innenmeniskusschaden selbst war nicht als Gesundheitserstschaden oder als Unfallfolge im engeren Sinne anerkannt worden. Das Unfallereignis vom 10.9.2003, ein Umknicken ohne Rotations-Streckbewegung mit Einklemmmechanismus des Meniskus, war keine Ursache für den Meniskusschaden im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne. Denn nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen, bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) war das Unfallereignis vom 10.9.2003 keine notwendige Bedingung für den Lappenriss des Innenmeniskushinterhorns des Klägers. Dem zu Grunde lag der vom LSG hinreichend klar festgestellte medizinische Erfahrungssatz, dass ein Umknicken ohne Rotations-Streckbewegung mit Einklemmmechanismus des Meniskus bei einem intakten Meniskus keinen isolierten Lappenriss des Innenmeniskus verursachen kann. Da nicht gerügt und nicht ersichtlich ist, dass das LSG diesen medizinischen Erfahrungssatz nach Verfahren und Inhalt falsch festgestellt hat, besteht kein Rechtsgrund für das Revisionsgericht, das Bestehen und den Inhalt dieses Erfahrungssatzes ohne eine zulässig erhobene Verfahrensrüge selbst von Amts wegen zu prüfen (vgl hierzu auch BSG vom 27.10.2009 - B 2 U 16/08 R - Juris RdNr 14 f).

32

b) Der Zustand nach Innenmeniskushinterhornresektion ist auch nicht aufgrund der besonderen Zurechnungsnorm des § 11 SGB VII dem anerkannten Arbeitsunfall vom 10.9.2003 als (sog mittelbare) Unfallfolge im weiteren Sinn zuzurechnen.

33

Nach § 11 SGB VII sind Folgen eines Versicherungsfalles auch solche Gesundheitsschäden (oder der Tod) eines Versicherten, die ua durch die Durchführung einer Heilbehandlung oder durch eine Untersuchung wesentlich verursacht wurden, welche zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordnet wurde. Durch diese Vorschrift werden Gesundheitsschäden, die durch die Erfüllung der in ihr umschriebenen Tatbestände wesentlich verursacht wurden, dem Versicherungsfall "auch" dann zugerechnet, wenn sie nicht spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Versicherungsfalls wesentlich verursacht wurden (vgl Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 11 RdNr 1, 46. Lfg, III/10; Schwerdtfeger in Lauterbach, UV, § 11 RdNr 3, 33. Lfg, April 2007). Anders als § 555 Abs 1 RVO setzt § 11 Abs 1 SGB VII nicht mehr voraus, dass bei der Heilbehandlungsmaßnahme etc ein "Unfall" vorliegt, sodass auch Gesundheitsstörungen ohne neues Unfallereignis erfasst werden(vgl nur Krasney in Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky, SGB VII-Kommentar, § 11 RdNr 9; Stand August 2001). § 11 SGB VII stellt eine spezielle Zurechnungsnorm dar, die Gesundheitsschäden auch dann einem anerkannten Versicherungsfall zurechnet, wenn sie etwa durch die Durchführung einer berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung oder durch eine Untersuchung zur Aufklärung des Sachverhalts wesentlich verursacht wurden. Aber auch diese gesetzliche Zurechnung, die an die Stelle einer fehlenden Zurechnung kraft Wesentlichkeit tritt, setzt voraus, dass die Erfüllung des jeweiligen Tatbestandes des § 11 SGB VII durch das (behauptete oder anerkannte) Unfallereignis notwendig bedingt war.

34

Diese Voraussetzungen sind beim Zustand nach Innenmeniskushinterhornresektion nicht erfüllt. Denn er war - wie ausgeführt - nicht notwendig bedingt durch den Gesundheitserstschaden, der durch das Unfallereignis verursacht worden war. Er ist zudem nicht durch eine Heilbehandlung iS von § 11 Abs 1 Nr 1 SGB VII und nicht durch eine zur Aufklärung des Sachverhalts angeordnete Untersuchung iS des § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII verursacht worden. Denn dieser Zustand ergab sich nach den das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG aus der Operation eines nicht unfallbedingten, sondern degenerativen Gesundheitsschadens, der schon vor der Operation bestand.

35

3. Soweit der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Feststellung des Zustands nach Thrombose der Vena saphena parva rechts mit deren operativer Entfernung und die Perforansvenenklappeninsuffizienz rechts als Unfallfolgen begehrt, ist die Revision im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

36

a) Zwar sind die vom Kläger geltend gemachten weiteren Erkrankungen keine Unfallfolgen im engeren Sinne, da sie nicht durch den Gesundheitserstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls, die Kniegelenksdistorsion rechts, verursacht wurden. Denn diese war nach den Feststellungen des LSG schon keine notwendige Bedingung der degenerativen Innenmeniskushinterhornschädigung, durch deren Behandlung sie denkbarerweise vielleicht verursacht wurden. Unfallfolge im engeren Sinne kann aber nur ein Gesundheitsschaden sein, für den der Gesundheitserstschaden notwendige (und auf der zweiten Stufe dann auch wesentliche) Bedingung war.

37

Der Senat kann aber mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des LSG nicht abschließend darüber befinden, ob diese Gesundheitsbeeinträchtigungen aufgrund der besonderen Zurechnungsnorm des § 11 SGB VII als (sog mittelbare) Unfallfolgen im weiteren Sinn dem anerkannten Arbeitsunfall vom 10.9.2003 zuzurechnen und festzustellen sind. Wären diese Gesundheitsschäden wesentlich durch die Erfüllung eines der Tatbestände des § 11 SGB VII verursacht und wären diese ihrerseits (nur) notwendig durch das Unfallereignis, das Umknicken am 10.9.2003, bedingt, so würden sie kraft Gesetzes dem anerkannten Versicherungsfall zugerechnet.

38

Nach den bisherigen Feststellungen des LSG kommen nur die Zurechnungstatbestände (aa) der Durchführung einer zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordneten Untersuchung (§ 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII) oder (bb) die Durchführung einer Heilbehandlung (§ 11 Abs 1 Nr 1 SGB VII) in Betracht. Bei beiden Zurechnungstatbeständen kommt es nicht zwingend darauf an, ob ein Versicherungsfall "objektiv" vorlag oder ein Heilbehandlungsanspruch "wirklich" nach materiellem Recht bestand (hierzu unter cc).

39

aa) Die Untersuchung zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls iS des § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII umfasst sinngemäß auch die Aufklärung von Unfallfolgen im engeren Sinn. Dieser Zurechnungstatbestand setzt ausdrücklich nicht voraus, dass überhaupt ein Versicherungsfall objektiv vorliegt. Die Zurechnung erfolgt allein aufgrund der grundsätzlich pflichtigen Teilnahme des Versicherten an einer vom Träger zur Sachverhaltsaufklärung angeordneten (nicht notwendig ärztlichen) Untersuchung. Die durch die Teilnahme wesentlich verursachten Gesundheitsschäden werden letztlich dem Versicherungsträger zugerechnet, der für die Aufklärung des behaupteten Unfallhergangs und zur Entscheidung über das Vorliegen/Nichtvorliegen eines Versicherungsfalls und von Unfallfolgen verbandszuständig ist (vgl hierzu noch im Einzelnen unter 3. b, bb). Es kommt also grundsätzlich nur darauf an, ob eine solche Untersuchung gegenüber dem Versicherten angeordnet wurde und er an ihr teilgenommen sowie wesentlich dadurch Gesundheitsschäden erlitten hat.

40

bb) Die Durchführung einer Heilbehandlung iS des § 11 Abs 1 Nr 1 SGB VII liegt vor, wenn der Träger dem Versicherten einen Anspruch auf eine bestimmte Heilbehandlungsmaßnahme nach den §§ 26 ff SGB VII (nicht notwendig durch Verwaltungsakt in Schriftform) bewilligt oder ihn durch seine Organe oder Leistungserbringer zur Teilnahme an einer solchen (diagnostischen oder therapeutischen) Maßnahme aufgefordert hat und der Versicherte an der Maßnahme des Trägers gemäß den Anordnungen der Ärzte und ihres Hilfspersonals teilnimmt. Auch hier beruht die gesetzliche Zurechnung auf der grundsätzlich pflichtigen Teilnahme des Versicherten an einer vom Unfallversicherungsträger (oder diesem zurechenbar) bewilligten oder angesetzten Maßnahme. Insbesondere kommt es rechtlich nicht darauf an, ob die Bewilligung oder Ansetzung der Heilbehandlungsmaßnahme durch den Träger objektiv rechtmäßig war oder ob objektiv ein Anspruch auf (ermessensfehlerfreie Entscheidung <§ 26 Abs 5 Satz 1 SGB VII> über die Bewilligung eines Anspruchs auf diese) Heilbehandlung bestand.

41

Auch insoweit dient die Vorschrift gerade dazu, im Ergebnis die Gleichbehandlung zwischen den Kranken- und Rentenversicherten, die durch ihre Teilnahme an Behandlungen und medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen nach § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 15a SGB VII sogar eine unfallversicherte Tätigkeit verrichten, und den Unfallversicherten herzustellen, die auf Veranlassung des Unfallversicherungsträgers an unfallversicherungsrechtlichen Sachverhaltsaufklärungs- oder Heilbehandlungsmaßnahmen teilnehmen. Allerdings bestimmt die Zurechnungsvorschrift nicht, dass die Teilnahme an solchen und anderen in § 11 SGB VII genannten Maßnahmen gleichfalls eine versicherte Tätigkeit ist oder ihr gleichsteht. Schon deshalb handelt es sich bei den Fällen des § 11 SGB VII nicht um sog kleine Versicherungsfälle, obwohl die Struktur dieser Zurechnung ihnen ähnlich ist, da sie nicht notwendig einen "ersten" Versicherungsfall voraussetzt.

42

cc) Bei den besonderen Zurechnungstatbeständen kommt es also, entgegen dem LSG, nicht notwendig darauf an, dass objektiv, dh aus der nachträglichen Sicht eines optimalen Beobachters, die Voraussetzungen eines Versicherungsfalls oder einer Unfallfolge im engeren Sinne wirklich vorlagen. Erforderlich ist nur, dass der Träger die Maßnahmen gegenüber dem Versicherten in der Annahme des Vorliegens oder der Aufklärungsbedürftigkeit des Sachverhalts eines Versicherungsfalls oder einer Unfallfolge im engeren Sinne veranlasst hat. In diesem Sinne muss nur das angenommene, behauptete oder gegebene Unfallereignis (bei einer Berufskrankheit: die Einwirkung) notwendige Bedingung der Durchführung der Untersuchungs- oder der Heilbehandlungsmaßnahme gewesen sein.

43

Für die Frage, ob eine derartige Durchführung einer gegenüber dem Versicherten angeordneten Maßnahme vorliegt, an der er grundsätzlich pflichtig teilnehmen muss, kommt es entscheidend darauf an, ob der Träger (durch seine Organe) oder seine Leistungserbringer dem Versicherten den Eindruck vermittelt haben, es solle eine solche Maßnahme des Unfallversicherungsträgers durchgeführt werden, an der er teilnehmen solle. Zwar reicht die bloß irrige Vorstellung des Versicherten, er nehme an einer solchen Maßnahme teil, nicht aus, einen Zurechnungstatbestand zu erfüllen. Das hat im Übrigen der Senat in seiner vom LSG genannten und von der Revision im Wesentlichen angeführten Entscheidung vom 24.6.1981 (2 RU 87/80 - BSGE 52, 57, 60 = SozR 2200 § 555 Nr 5) auch nicht gesagt. Dort ging es ausdrücklich um eine vom Unfallversicherungsträger angeordnete Heilmaßnahme. Anders liegt es jedoch, wenn der Träger oder seine Leistungserbringer für den Versicherten den Anschein (beim Erlass von Verwaltungsakten oder bei der Abgabe von Willenserklärungen auch den Rechtsschein) gesetzt haben, es solle eine solche unfallversicherungsrechtliche Maßnahme durchgeführt werden. Das ist der Fall, wenn ein an Treu und Glauben orientierter Versicherter an der Stelle des konkret Betroffenen die Erklärungen und Verhaltensweisen der auf Seiten des Trägers tätig gewordenen Personen als Aufforderung zur Teilnahme an einer vom Unfallversicherungsträger gewollten Maßnahme verstehen durfte. Es kommt also nicht nur auf die "Innenseite" des Trägers und seiner Hilfskräfte an, sondern maßgeblich auch darauf, was wie gegenüber dem Versicherten verlautbart wurde. Denn dieser ist kein bloßes Objekt hoheitlicher Maßnahmen des Trägers; vielmehr setzt jede "Durchführung" einer Untersuchungs- oder Heilmaßnahme seine mitwirkende Teilnahme voraus.

44

b) Das LSG wird folglich zu ermitteln haben, ob die von Dr. K. am 23.9.2003 veranlasste und am 24.9.2003 durchgeführte Arthroskopie und/oder die anschließende Resektion des Innenmeniskushinterhorns rechts Maßnahmen iS des § 11 Abs 1 Nr 1 oder Nr 3 SGB VII waren. Dabei hat es zwischen der Arthroskopie (aa) und der anschließenden Resektion (bb) zu unterscheiden. Lag objektiv bei beiden ärztlichen Maßnahmen keine Durchführung einer Heilbehandlung und keine Durchführung einer zur Aufklärung des Sachverhalts (oder des Vorliegens einer Unfallfolge) angeordneten Untersuchung vor, so ist zu prüfen, ob der Kläger - nach den soeben unter 3. a) cc) aufgezeigten Kriterien - aufgrund des Verhaltens des Durchgangsarztes nach Treu und Glauben berechtigterweise davon ausgehen durfte, dass die Behandlung/Untersuchung zur Aufklärung des Sachverhalts oder zur Durchführung einer Heilbehandlung iS des § 11 SGB VII durchgeführt wurde und er zur Mitwirkung daran aufgefordert war (hierzu unter c). Läge einer dieser Zurechnungstatbestände vor, so wäre schließlich ggf noch zu entscheiden, ob die Arthroskopie oder die Resektion die weiteren geltend gemachten Gesundheitsschäden (rechtsseitige Thrombosen etc) rechtlich wesentlich (mit-)verursacht haben (unter d).

45

aa) Die Tatsachenfeststellungen des LSG reichen nicht aus, abschließend zu entscheiden, ob die am 24.9.2003 durchgeführte Arthroskopie (zur Resektion sogleich unter bb) eine zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordnete Untersuchung iS des § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII war. Sie sind insoweit nicht eindeutig und in sich widersprüchlich. Zudem unterscheidet das LSG nicht zwischen der Arthroskopie und der anschließend durchgeführten Resektion.

46

Nach dem Tatbestand des angefochtenen Urteils des LSG hatte Dr. K. wegen Verdachts auf Innenmeniskusläsion die Indikation zur Arthroskopie gestellt und Aufnahme und "Operation" des Klägers für den folgenden Tag vereinbart. Mit der diagnostischen Arthroskopie könnte der Durchgangsarzt gemäß § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII (der sinngemäß auch die Aufklärung von Unfallfolgen umfasst) eine Untersuchung zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordnet haben. Denn Untersuchungen zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls sind nicht nur, aber insbesondere ärztliche Untersuchungen darüber, ob die gesundheitlichen Voraussetzungen eines Versicherungsfalls vorliegen oder welche gesundheitlichen Folgen dieser hat (vgl BSGE 52, 16, 17), also insbesondere Untersuchungen zur Feststellung, ob ein Gesundheitserstschaden bzw welche Unfallfolgen vorliegen.

47

Die Anordnung muss nicht durch den Unfallversicherungsträger selbst, sondern kann auch durch einen Durchgangsarzt erfolgen (offengelassen in BSGE 52, 16, 17; so Keller in Hauck/ Noftz, SGB VII, K § 11 RdNr 15, 46. Lfg, III/10; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand März 2011, § 11 Anm 10 iVm 12.1; Rapp in LPK-SGB VII, 3. Aufl 2011, § 11 RdNr 9; Wagner in JurisPK-SGB VII, Stand 01/2009, § 11 RdNr 28).

48

Nach § 27 Abs 1 des Vertrags Ärzte/Unfallversicherungsträger(Vertrag gemäß § 34 Abs 3 SGB VII zwischen dem Hauptverband der gewerblichen BGen, dem Bundesverband der landwirtschaftlichen BGen, dem Bundesverband der Unfallkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung über die Durchführung der Heilbehandlung, die Vergütung der Ärzte sowie die Art und Weise der Abrechnung der ärztlichen Leistungen in der ab 1.5.2001 geltenden Fassung, HVBG-Info 2001, 755) beurteilt und entscheidet der Durchgangsarzt, ob eine allgemeine Heilbehandlung nach § 10 dieses Vertrags oder eine besondere Heilbehandlung nach § 11 SGB VII erforderlich ist. Er erstattet dem Unfallversicherungsträger unverzüglich den Durchgangsarztbericht gemäß § 27 Abs 2 des Vertrags.

49

Soweit ein Durchgangsarzt in dieser Funktion zur Feststellung von Art und Ausmaß der Gesundheitsstörungen eines Unfallereignisses eine weitere Untersuchung anordnet, ist dies jedenfalls eine Anordnung zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls iS des § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII. Soweit er selbst zur Behandlung einer von ihm als unfallbedingt eingeschätzten Gesundheitsbeeinträchtigung ohne weiteren Kontakt mit dem Unfallversicherungsträger tätig wird, kann es sich um die Durchführung einer Heilbehandlung handeln (dazu unten).

50

Insofern kann der Senat jedenfalls zum Zwecke der Prüfung der Zurechnungstatbestände des § 11 SGB VII auch offenlassen, wie die Rechtsbeziehung zwischen dem Durchgangsarzt und dem Unfallversicherungsträger im Einzelnen öffentlich-rechtlich zu qualifizieren ist(vgl nur Pross, Zum Rechtsverhältnis zwischen Durchgangsarzt und Berufsgenossenschaft, 1972; hierzu hat insbesondere die zivilrechtliche Rechtsprechung zum Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB iVm Art 34 GG geklärt, wann der Durchgangsarzt in Ausübung eines öffentlichen Amtes handelt; vgl BGH, Urteil vom 28.6.1994, VI ZR 153/93 = VersR 1994, 1195; Urteil vom 9.12.2008, VI ZR 277/07 - BGHZ 179, 115 = VersR 2009, 401; BGH, Urteil vom 9.3.2010, VI ZR 131/09 = VersR 2010, 768). Denn das Handeln des Durchgangsarztes im Rahmen der Voraussetzungen der Zurechnungstatbestände des § 11 SGB VII muss sich der Unfallversicherungsträger grundsätzlich zurechnen lassen.

51

Die hierzu fehlenden Feststellungen sind nicht deshalb unerheblich, weil das LSG in seinem Urteil auch ausgeführt hat, dass die Arthroskopie "unter der Diagnose" einer degenerativen Innenmeniskushinterhornläsion durchgeführt worden sei. Weiterhin ging das LSG davon aus, dass die operativen Eingriffe ausschließlich der operativen Heilbehandlung der degenerativen Innenmeniskushinterhornläsion nach bereits vorbestehender klinischer Diagnostik gedient hätten. Offen blieb hierbei aber, wer zu welchem Zeitpunkt die Diagnose einer degenerativen Innenmeniskushinterhornläsion gestellt hat. Unklar bleibt nach den Feststellungen des LSG auch, ob diese Diagnose bereits vor Beginn der Arthroskopie oder der Resektion erfolgt ist.

52

Ferner ist nicht festgestellt oder ersichtlich, dass eine ggf erfolgte Anordnung einer diagnostischen Arthroskopie dem Kläger gegenüber widerrufen worden wäre. Das LSG wird deshalb Dr. K. zu den Umständen und seinen Anordnungen im Rahmen der am 23.9.2003 erfolgten Untersuchung des Klägers zu befragen haben. Maßgebend für das Vorliegen des besonderen Zurechnungstatbestands des § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII sind dabei die Anordnungen und sonstigen dem Versicherten gegenüber vorgenommenen Verhaltensweisen des konkret die Operation ankündigenden und durchführenden Dr. K., der durch sein dem Unfallversicherungsträger zurechenbares Handeln den Tatbestand des § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII eröffnen kann. Entscheidend ist insoweit die dem Versicherten verdeutlichte ärztliche Handlungstendenz des Durchgangsarztes vor Durchführung der Maßnahme. Die Handlungstendenz muss darauf gerichtet gewesen sein, Unfallfolgen zu erkennen bzw zu behandeln (vgl Schwerdtfeger in Lauterbach, UV, § 11 RdNr 12, 33. Lfg, April 2007). Die "objektive", nachträgliche Einschätzung eines diagnostischen und therapeutischen Zusammenhangs der Operation mit einem bereits bestehenden degenerativen Schaden durch einen unbeteiligten Arzt (wie sie das LSG durch Dr. A. eingeholt hat), ist in diesem rechtlichen Zusammenhang unbeachtlich.

53

Maßgeblich ist mithin auch, ob und ggf welche Erklärungen Dr. K. über seine Handlungstendenz gegenüber dem Kläger abgegeben hat. Dies wird das LSG noch im Einzelnen durch Befragung des Dr. K. und des Klägers zu ermitteln haben. Hierbei wird das LSG auch zu berücksichtigen haben, dass die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG erklärt hat, dass die Arthroskopie vom Durchgangsarzt als BG-Heilbehandlung angeordnet worden ist.

54

bb) Der Senat kann ebenso nicht abschließend darüber entscheiden, ob es sich bei der im Zusammenhang mit der Arthroskopie durchgeführten Hinterhornresektion um eine Heilbehandlung iS des § 11 Abs 1 Nr 1 SGB VII gehandelt hat. Auch hierzu wird das LSG Dr. K. zu befragen haben. Als Durchgangsarzt könnte Dr. K. als Leistungserbringer für den Unfallversicherungsträger gemäß § 26 Abs 5 Satz 1 SGB VII im Einzelfall Art, Umfang und Durchführung der Heilbehandlung bestimmt und mit der Festlegung der Behandlung den Naturalleistungsanspruch des Klägers konkretisiert haben.

55

Der Durchgangsarzt ist nach § 27 des Vertrags Ärzte/Unfallversicherungsträger(aaO) ermächtigt, mit Wirkung für den Unfallversicherungsträger über die erforderliche Behandlungsmaßnahme zu entscheiden (vgl Krasney in Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky, SGB VII, § 34 RdNr 7; vgl Benz in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 26 RdNr 50; vgl auch Stähler in JurisPK-SGB VII, § 28 RdNr 14 ff). Dies gilt insbesondere auch für die Einleitung eines sog besonderen Heilverfahrens gemäß §§ 34 Abs 1 Satz 3, 28 Abs 4 SGB VII für Versicherungsfälle, für die wegen ihrer Art oder Schwere besondere unfallmedizinische Behandlung angezeigt ist. Insofern ist hier auch aufzuklären, ob Dr. K. die Resektion dem Kläger (und ggf auch der Beklagten) gegenüber als von der Arthroskopie im Wesentlichen untrennbare Maßnahme der (allgemeinen oder besonderen) berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung dargestellt bzw "bewilligt" hat, ohne den Kläger insofern auf die Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung zu verweisen. Dabei ist auch zu prüfen, ob Dr. K. gegenüber dem Kläger bereits vor der Operation klargestellt hat, dass diese ausschließlich nicht unfallbedingt durchgeführt werde, da die Diagnose eines unfallunabhängigen degenerativen Meniskusschadens gestellt worden sei.

56

Denkbar ist nach den Mitteilungen des LSG schließlich auch, dass Dr. K. dem Kläger gegenüber (vor oder während der Operation) eine unfallbedingte Arthroskopie klar von der anschließenden nicht unfallbedingten Resektion getrennt hat. Eine derartige Trennung könnte ggf die diagnostische Heilbehandlung auf die Arthroskopie beschränkt haben, sodass die Resektion keine Heilmaßnahme gewesen wäre und ggf ausschließlich aus der Resektion folgende Gesundheitsschäden (zu der ggf notwendigen Differenzierung der durch die Arthroskopie und die Resektion wesentlich verursachten Gesundheitsschäden siehe unter d) nicht zugerechnet würden. Wird vom Durchgangsarzt für den Versicherten klar und eindeutig abgrenzbar ein zusätzlicher Eingriff zur Behebung eines - von vornherein als solches bezeichneten - unfallunabhängigen Leidens vorgenommen, so können die aus diesem Eingriff resultierenden Folgen nicht mehr dem ersten Unfallereignis zugeordnet werden (vgl BSG vom 30.10.1991 - 2 RU 41/90 und BSG vom 5.8.1993 - 2 RU 34/92).

57

c) Das LSG wird auch deshalb eine genaue Ermittlung der Umstände und Anordnungen anlässlich der Untersuchung des Klägers am 23.9.2003 vorzunehmen haben, weil der Kläger - wie bereits ausgeführt - seine Revision im Wesentlichen unter (unzutreffender) Berufung auf ein Urteil des Senats zu § 555 RVO(BSGE 52, 57 = SozR 2200 § 555 Nr 5) darauf stützt, er sei jedenfalls subjektiv der Überzeugung gewesen, die Operation finde im Rahmen einer berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung statt.

58

§ 11 SGB VII setzt zwar - wie aufgezeigt - nicht notwendig voraus, dass ein Versicherungsfall oder auch nur ein Unfallereignis oder ein unfallbedingter Gesundheitsschaden objektiv vorliegen. Andererseits kann aber die bloß subjektive, irrige Vorstellung, eine Untersuchung oder Behandlung werde im Rahmen der berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung angeordnet oder durchgeführt, den spezifischen Zurechnungszusammenhang der Tatbestände des § 11 SGB VII nicht auslösen.

59

Ein Zurechnungstatbestand nach § 11 Abs 1 oder Abs 2 SGB VII kann aber auch dann erfüllt sein, wenn der Leistungsträger oder der insofern ihm rechtlich zuzuordnende Durchgangsarzt (hierzu bereits soeben unter 3. b) bei seinem Handeln den objektivierbaren Anschein oder auch den Rechtsschein gesetzt hat, dass die Behandlung oder Untersuchung zur berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung oder zur Untersuchung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls (einschließlich einer Unfallfolge) angeordnet werde. Das ist stets der Fall, wenn ein vernünftiger, "billig und gerecht" denkender Versicherter aufgrund des Verhaltens des Unfallversicherungsträgers (bzw seiner Organe) und der Durchgangsärzte davon ausgehen durfte, er sei aufgefordert oder ihn treffe die Obliegenheit gemäß §§ 62, 63 SGB I, an der Maßnahme mitzuwirken (zum Prüfmaßstab bereits oben 3. a, cc).

60

d) Die Voraussetzungen der Zurechnungstatbestände des § 11 Abs 1 Nr 1 und/oder Nr 3 SGB VII können also gegeben sein, wenn das LSG zu der Feststellung gelangt, dass die Arthroskopie als Untersuchungsmaßnahme gemäß § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII bzw die Resektion als Heilbehandlung gemäß § 11 Abs 1 Nr 1 SGB VII vom Durchgangsarzt der Beklagten zurechenbar angeordnet worden ist. Schließlich können diese Zurechnungstatbestände auch dann vorliegen, wenn die Beklagte (oder der für sie handelnde Durchgangsarzt) dem Kläger als rechtstreuen Versicherten gegenüber den objektivierbaren Anschein oder Rechtsschein gesetzt hat, dass die Untersuchung bzw Operation im Rahmen der unfallversicherungsrechtlichen Zuständigkeit durchgeführt werde.

61

Gelangt das LSG in dem wiedereröffneten Berufungsverfahren zu der Überzeugung, dass einer dieser Tatbestände des § 11 SGB VII vorliegt, so wird es abschließend festzustellen haben, ob die Durchführung der Heilmaßnahme/Untersuchung die wesentliche Ursache der als Unfallfolgen im weiteren Sinne geltend gemachten Gesundheitsschäden ist. Bislang hat es das LSG - von seiner Rechtsansicht her folgerichtig - unterlassen, festzustellen, ob die geltend gemachten Gesundheitsschäden rechtlich wesentlich (überhaupt und ggf auf welche dieser beiden Maßnahmen) auf die Arthroskopie oder die Resektion zurückzuführen sind. Dabei wird zum einen - je nachdem, welcher Zurechnungstatbestand ggf vorliegt - zu ermitteln sein, ob die Gesundheitsschäden, insbesondere die Thrombose der Vena saphena parva rechts, durch die Arthroskopie oder die Innenmeniskushinterhornresektion (oder durch beide) notwendig verursacht wurden. In diesem Zusammenhang sind ggf auch (im Blick zB auf die Stammvarikosis etc) Feststellungen erforderlich, ob und welche weiteren Gesundheitsstörungen beim Kläger vorliegen, die uU ebenfalls notwendige Ursachen waren. Ggf ist die rechtliche Wesentlichkeit der notwendigen Ursachen zu beurteilen (siehe oben).

62

Das LSG wird in der einheitlich zu treffenden Kostenentscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.