Sozialgericht Landshut Schlussurteil, 11. Juni 2014 - S 13 U 253/12

11.06.2014

Gericht

Sozialgericht Landshut

Tenor

I.

Der Bescheid der Beklagten vom 04. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2012 in der Fassung des Bescheides vom 28. Juni 2013 wird abgeändert.

II.

Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger wegen der Folgen des Unfalls vom 01. Oktober 2010 Verletztenrente auf unbestimmte Zeit ab dem 30. Januar 2014 in Höhe von 30 v. H. zu gewähren.

III.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV.

Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1/2.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe der dem Kläger zu gewährenden Verletztenrente.

Der Kläger erlitt am 01. Oktober 2010 einen Arbeitsunfall indem er aus ca. 4 Meter Höhe zu Boden gestürzt ist.

Der Durchgangsarzt Dr. C. erstellte die Erstdiagnose eines Polytraumas mit Beckenfraktur, Humerusschaftfraktur rechts, Schulterluxation links mit Tuberculum majus Abrissfraktur sowie multiple Abschürfungen.

Der Kläger befand sich vom 01. bis zum 18. Oktober 2010 in stationärer Behandlung. Noch am Unfalltag wurde der Kläger operativ versorgt.

Der Heilverlauf hinsichtlich der Humerusschaftfraktur verlief verlangsamt.

Vom 03. bis zum 14. Mai 2011 befand sich der Kläger erneut in stationärer Behandlung. Am 05. Mai 2011 wurde ein Marknagelwechsel des einliegenden Humerusmarknagels vorgenommen.

Ab dem 24. August 2011 wurde eine Arbeits- und Belastungsprobe eingeleitet.

Prof. Dr. B. kam im ersten Rentengutachten vom 18. Februar 2012 zu dem Ergebnis, dass bei dem Kläger infolge des Unfalls ein Oberarmschaftbruch rechts, eine Auskugelung des linken Schultergelenks mit Abriss des Tuberculum majus sowie ein Beckenbruch als Open-book-Verletzung vorliege. Prof. Dr. B. beurteilte die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) des Klägers infolge des Unfalls mit 30 v. H. Ausweislich des Messblattes nach der Neutral-Null-Methode lag die Schulterbeweglichkeit seitwärts bei 120/0/20 Grad rechts und 160/0/20 Grad links; rückwärts bei 160/0/40 Grad rechts und 170/0/40 Grad links sowie auswärts bei 30/0/50 Grad rechts und 30/0/50 Grad links.

Der Beratungsarzt der Beklagten Dr. B. nahm am 09. März 2012 dahingehend Stellung, dass die MdE im Hinblick auf die verbliebenen Unfallfolgen als zu hoch eingeschätzt worden sei. Er sprach sich ab dem 30. März 2012 für eine MdE in Höhe von 25 v. H. aus.

Mit Bescheid über Rente als vorläufige Entschädigung vom 04. April 2012 bewilligte die Beklagte dem Kläger daraufhin ab dem 30. März 2012 ein Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE in Höhe von 25 v. H.

Mit Schreiben vom 13. April 2012 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid ein. Zur Begründung führte er aus, dass die verbliebenen Unfallfolgen eine höhere MdE rechtfertigen würden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23. August 2012 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies die Beklagte im Wesentlichen auf die Erfahrungssätze der einschlägigen Gutachterliteratur.

Mit seiner am 24. September 2012 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Mit Bescheid über Rente auf unbestimmte Zeit vom 28. Juni 2013 wurde dem Kläger im Folgenden eine Rente nach einer MdE von 25 v. H. bewilligt. Auch hiergegen hat der Kläger Widerspruch eingelegt.

Der Kläger beantragt,

1. den Bescheid der Beklagten vom 04. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2012 in der Fassung des Bescheides vom 28. Juni 2013 abzuändern.

2. die Beklagte zu verpflichten, ihm wegen der Folgen des Unfalls vom 01. Oktober 2010 ab dem 30. März 2012 Verletztenrente nach einer MdE um 30 v. H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid.

Die Kammer hat die aktuellen Befundberichte des Klägers eingeholt und ein Sachverständigengutachten bei Dr. D. in Auftrag gegeben. Dieser kam nach Untersuchung des Klägers vom 30. Januar 2014 mit Gutachten vom gleichen Tag zu dem Ergebnis, dass die MdE ab Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit mit 25 v. H. und ab dem 30. Januar 2014 mit 30 v. H. zu beurteilen sei. Zur Begründung für die Verschlimmerung verwies er im Wesentlichen auf eine von ihm festgestellte Zunahme der Bewegungseinschränkung in den Schultergelenken.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegen und sind Gegenstand der Erörterung geworden. Wegen der Einzelheiten wird auf sie ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nicht nur der Bescheid über Rente als vorläufige Entschädigung vom 04. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. August 2012, sondern gemäß § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auch der Bescheid über Rente auf unbestimmte Zeit vom 28. Juni 2013, der an die Stelle des Bescheides vom 04. April 2012 getreten ist. Wie die Kammer im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, wird an der zunächst mit Schreiben vom 16. Oktober 2013 geäußerten gegenteiligen Rechtsauffassung aus Gründen der Praktikabilität und Prozessökonomie nicht mehr festgehalten.

Die so verstandene Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und Abs. 4 SGG zulässig und teilweise in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Der zum Gegenstand des Verfahrens gewordene Bescheid über Rente auf unbestimmte Zeit vom 28. Juni 2013 ist insofern rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, als dem Kläger ab dem 30. Januar 2014 ein Anspruch auf Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 30 v. H. zusteht. Im Übrigen sind dieser Bescheid und auch der Bescheid über Rente als vorläufige Entschädigung vom 04. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. August 2012 jedoch rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Anspruchsgrundlage für die Gewährung einer Verletztenrente ist § 56 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch (SGB VII). Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente.

Die Minderung der Erwerbsfähigkeit bezeichnet den durch die körperlichen, seelischen und geistigen Folgen des Versicherungsfalles bedingten Verlust an Erwerbsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 SGB VII). Steht die durch einen Versicherungsfall hervorgehobene Leistungseinbuße fest, so ist zu bewerten, wie sie sich im allgemeinen Erwerbsleben auswirkt (BSG, Urt. v. 29.11.1956, 2 RU 121/56, BSGE 4, 147, 149; Urt. v. 27.06.2000, B 2 U 14/99 R, SozR 3-2200 § 581 Nr. 7; Urt. v. 02.05.2001, B 2 U 24/00 R, SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Dabei sind die medizinischen und sonstigen Erfahrungssätze ebenso zu beachten wie die Gesamtumstände des Einzelfalles (vgl. BSG, Urt. v. 02.05.2001, B 2 U 24/00 R, SozR 3-2200 § 581 Nr. 8).

Wie weit ein Arbeitsunfall die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Versicherten beeinträchtigen, beurteilt sich in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Um die MdE einzuschätzen, sind die Erfahrungssätze zu beachten, die die Rechtsprechung und das versicherungsrechtliche sowie versicherungsmedizinische Schrifttum herausgearbeitet haben. Auch wenn diese Erfahrungssätze das Gericht im Einzelfall nicht binden, so bilden sie doch die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis (BSG, Urt. v. 26.06.1985, 2 RU 60/84, SozR 2200 § 581 Nr. 23; Urt. v. 26.11.1987, 2 RU 22/87, SozR 2200 § 581 Nr. 27; Urt. v. 30.06.1998, B 2 U 41/97 R, SozR 3-2200 § 581 Nr. 5; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 56 SGB VII, Rn. 10.3).

Der Beurteilung der MdE liegt im Kern eine Funktionsbeurteilung zugrunde. Dies bedeutet, dass entscheidend für die Beurteilung der MdE ist, in welchem Unfang die körperliche Funktionsfähigkeit des Klägers infolge der Unfallfolgen gemindert ist. Vorhandene Schmerzen fließen in die Festlegung der MdE regelmäßig nicht mit ein, weil sie sich nicht verobjektivieren lassen.

Die Kammer stützt sich bei der Beurteilung des medizinischen Sachverhaltes auf das auf einer umfassenden Befunderhebung beruhende, in sich schlüssige und überzeugende Gutachten des Sachverständigen Dr. D. vom 30. Januar 2014. Dieser hat für die Kammer überzeugend ausgeführt, dass die MdE des Klägers zunächst zutreffend ab dem 30. März 2012 mit 25 v. H. beurteilt wurde. Ab dem Tag seiner Untersuchung am 30. Januar 2014 sei die MdE des Klägers jedoch mit 30 v. H. zu beurteilen. Die Anhebung der MdE auf 30 v. H. seit dem 30. Januar 2014 begründet Dr. D. für die Kammer nachvollziehbar mit der von ihm erstmals festgestellten Verschlechterung der Beweglichkeit in den Schultergelenken im Vergleich zu den Messdaten im ersten Rentengutachten.

Der Kläger hat zu dem Gutachten von Dr. D. Stellung genommen und argumentiert, dass bereits vor dem 30. Januar 2014 von einer MdE von 30 v. H. auszugehen sei. Zur Begründung hat er insofern auf die auch von Dr. D. festgestellte Schoßfugenerweiterung verwiesen. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass die von Dr. D. diagnostizierte Schoßfugenerweiterung von 11 mm im selben Unfang auch bereits zum Zeitpunkt des ersten Rentengutachtens vom 18. Februar 2012 vorgelegen hat und Dr. D. insofern schlüssig ausgeführt hat, dass die seinerzeit festgelegte MdE von 25 v. H. nicht zu beanstanden sei.

Entgegen den Ausführungen der Beklagten steht der Gewährung einer MdE von 30 v. H. ab dem 30. Januar 2014 vorliegend auch nicht die Vorschrift des § 73 Abs. 3 SGB VII entgegen.

Nach § 73 Abs. 3 SGB VII ist eine Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, nur dann im Sinne des § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) wesentlich und führt zur Änderung der Rentenfestsetzung für die Zukunft, wenn die Änderung der MdE mehr als 5 v. H. beträgt; bei Renten auf unbestimmte Zeit muss die Veränderung der MdE länger als drei Monate andauern.

Aus Sicht der Kammer kommt diese Vorschrift vorliegend jedoch nicht zur Anwendung. Die Festlegung einer Verletztenrente unter Anwendung von § 48 Abs. 1 SGB X in Verbindung mit § 73 Abs. 3 SGB VII setzt voraus, dass bereits eine bindend gewordene Erstfeststellung hinsichtlich der Rente vorliegt (vgl. nur Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, SGB VII, Stand 2/11, § 73 Rn. 5.3; vgl. auch BSG, Urt. v. 20.09.1977 - 8 RU 22/77- zitiert nach juris). Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist jedoch gerade sowohl die Erstfeststellung hinsichtlich der Rente als vorläufige Entschädigung als auch die Erstfeststellung hinsichtlich der Dauerrente. Insbesondere stellt der Bescheid über die Rente als vorläufige Entschädigung im Verhältnis zum Bescheid über die erstmalige Festsetzung einer Dauerrente keine Erstfeststellung dar, die die Anwendung des § 48 Abs. 1 SGB X in Verbindung mit § 73 Abs. 3 SGB VII in Bezug auf den Bescheid vom 28. Juni 2013 zur Folge haben könnte.

Ermächtigungsgrundlage für den Bescheid vom 28. Juni 2013 über die Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit ist § 62 Abs. 2 Satz 2 SGB VII. Danach kann der Unfallversicherungsträger für den Fall, dass eine Rente als vorläufige Entschädigung bewilligt wurde, mit Bescheid feststellen, dass eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer anderen MdE gewährt wird, auch wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse nicht geändert haben. Voraussetzung für diese Entscheidung ist jedoch, dass der von § 62 Abs. 2 Satz 2 SGB VII geregelte Dreijahreszeitraum noch nicht abgelaufen ist.

Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 19. Dezember 2013 - B 2 U 1/13 R - (Rn. 11 zitiert nach juris) ausdrücklich ausgeführt, dass es sich bei § 62 Abs. 2 Satz 2 SGB VII um eine Spezialvorschrift handelt, die den Anwendungsbereich des § 48 SGB X verdrängt. Dies muss jedoch auch dann gelten, wenn der Unfallversicherungsträger einen Bescheid über Rente auf unbestimmte Zeit erlässt, mit dem die Dauerrente nach derselben MdE gewährt wird, die auch der Rente als vorläufige Entschädigung zugrunde lag.

Der Gewährung einer Rente von 30 v. H. ab dem 30. Januar 2014 steht auch nicht die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts mit Urteil vom 07. Dezember 1976 - 8 RU 14/76 - zur Rechtmäßigkeit der Schätzung der Höhe der MdE durch die Unfallversicherungsträger entgegen. Das Bundessozialgericht hat in dieser Entscheidung ausgeführt, dass die Schätzung der MdE durch den Unfallversicherungsträger so lange als rechtmäßig anzusehen ist, als eine spätere Schätzung nicht um mehr als 5 v. H. von der früheren Schätzung abweicht. Dieser Grundsatz gilt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in der zitierten Entscheidung jedoch nur dann, wenn im Verwaltungsverfahren die Schätzungsgrundlagen richtig ermittelt worden sind, alle für die Schätzung wesentlichen Umstände hinreichend gewürdigt wurden und die Schätzung selbst nicht auf falschen oder unsachlichen Erwägungen beruht.

Im vorliegenden Fall weicht die Kammer für den Zeitraum ab dem 30. März 2012 nicht von der Schätzung der Beklagten ab. Ausgehend von den Feststellungen des Gutachters Dr. D. ist die Kammer insofern zu dem Ergebnis gekommen, dass die Schätzung der MdE durch die Beklagte - ausgehend von dem seinerzeit vorliegenden Gesundheitszustand des Klägers - zutreffend mit 25 v. H. beurteilt wurde.

Die Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 30 v. H. erfolgt erst ab dem 30. Januar 2014. Denn wie der Gutachter Dr. D. nachvollziehbar dargelegt hat, ist ab diesem Zeitpunkt in tatsächlicher Hinsicht eine Änderung im Gesundheitszustand des Klägers im Verhältnis zu den ursprünglichen Feststellungen durch die Beklagte eingetreten. Aufgrund der insofern veränderten Schätzungsgrundlage können ab dem 30. Januar 2014 die vom Bundessozialgericht aufgestellten Grundsätze zur Rechtmäßigkeit der Schätzung der Beklagten jedoch nicht mehr zur Anwendung kommen.

Der Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 30 v. H. ab dem 30. Januar 2014 steht vorliegend auch nicht entgegen, dass dieser Zeitpunkt nach dem Erlass des Dauerrentenbescheides vom 28. Juni 2013 liegt. Entscheidungserheblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes ist im Fall der hier vorliegenden Leistungsklage der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Ausgehend von der mündlichen Verhandlung vom 11. Juni 2014 handelt es sich bei der Festlegung der MdE in Bezug auf die Dauerrente somit jedoch um eine gestaffelte MdE-Festlegung für die Vergangenheit. Wie das Bundessozialgericht im Urteil vom 20. September 1977 - 8 RU 22/77 - (Leitsatz, zitiert nach juris) ausgeführt hat, liegt in einem Fall, in dem in einem Erstbescheid bzw. in dem sich anschließenden gerichtlichen Verfahren die Höhe der zu gewährenden Leistung gestaffelt festgesetzt wird, eine „einheitliche Entscheidung mit differenzierter Aussage“ vor. Das Bundessozialgericht hat in dieser Entscheidung ausdrücklich ausgeführt, dass in einem solchen Fall die Einschränkungen der - seinerzeit gültigen - §§ 622, 623 Reichsversicherungsordnung nicht gelten. Gleiches muss aus Sicht der Kammer, wie bereits ausgeführt, jedoch auch in Bezug auf die Einschränkungen der §§ 48 Abs. 1 SGB X i. V. m. 73 Abs. 3 SGB VII gelten.

Ausgehend von den vorliegenden Ausführungen steht dem Kläger somit ab dem 30. Januar 2014 eine Verletztenrente nach einer MdE von 30 v. H. zu. In Bezug auf den Zeitraum davor war die Klage jedoch abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das teilweise Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltun

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(1) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versich

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(1) Ändern sich aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Voraussetzungen für die Höhe einer Rente nach ihrer Feststellung, wird die Rente in neuer Höhe nach Ablauf des Monats geleistet, in dem die Änderung wirksam geworden ist. (2) Fallen aus

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern. Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Bei jugendlichen Versicherten wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach den Auswirkungen bemessen, die sich bei Erwachsenen mit gleichem Gesundheitsschaden ergeben würden. Bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit werden Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, daß sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden.

(3) Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet; sie beträgt zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht.

(1) Ändern sich aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Voraussetzungen für die Höhe einer Rente nach ihrer Feststellung, wird die Rente in neuer Höhe nach Ablauf des Monats geleistet, in dem die Änderung wirksam geworden ist.

(2) Fallen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente weg, wird die Rente bis zum Ende des Monats geleistet, in dem der Wegfall wirksam geworden ist. Satz 1 gilt entsprechend, wenn festgestellt wird, daß Versicherte, die als verschollen gelten, noch leben.

(3) Bei der Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit ist eine Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches nur wesentlich, wenn sie mehr als 5 vom Hundert beträgt; bei Renten auf unbestimmte Zeit muß die Veränderung der Minderung der Erwerbsfähigkeit länger als drei Monate andauern.

(4) Sind Renten befristet, enden sie mit Ablauf der Frist. Das schließt eine vorherige Änderung oder ein Ende der Rente aus anderen Gründen nicht aus. Renten dürfen nur auf das Ende eines Kalendermonats befristet werden.

(5) Witwen- und Witwerrenten nach § 65 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a wegen Kindererziehung werden auf das Ende des Kalendermonats befristet, in dem die Kindererziehung voraussichtlich endet. Waisenrenten werden auf das Ende des Kalendermonats befristet, in dem voraussichtlich der Anspruch auf die Waisenrente entfällt. Die Befristung kann wiederholt werden.

(6) Renten werden bis zum Ende des Kalendermonats geleistet, in dem die Berechtigten gestorben sind.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Ändern sich aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Voraussetzungen für die Höhe einer Rente nach ihrer Feststellung, wird die Rente in neuer Höhe nach Ablauf des Monats geleistet, in dem die Änderung wirksam geworden ist.

(2) Fallen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente weg, wird die Rente bis zum Ende des Monats geleistet, in dem der Wegfall wirksam geworden ist. Satz 1 gilt entsprechend, wenn festgestellt wird, daß Versicherte, die als verschollen gelten, noch leben.

(3) Bei der Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit ist eine Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches nur wesentlich, wenn sie mehr als 5 vom Hundert beträgt; bei Renten auf unbestimmte Zeit muß die Veränderung der Minderung der Erwerbsfähigkeit länger als drei Monate andauern.

(4) Sind Renten befristet, enden sie mit Ablauf der Frist. Das schließt eine vorherige Änderung oder ein Ende der Rente aus anderen Gründen nicht aus. Renten dürfen nur auf das Ende eines Kalendermonats befristet werden.

(5) Witwen- und Witwerrenten nach § 65 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a wegen Kindererziehung werden auf das Ende des Kalendermonats befristet, in dem die Kindererziehung voraussichtlich endet. Waisenrenten werden auf das Ende des Kalendermonats befristet, in dem voraussichtlich der Anspruch auf die Waisenrente entfällt. Die Befristung kann wiederholt werden.

(6) Renten werden bis zum Ende des Kalendermonats geleistet, in dem die Berechtigten gestorben sind.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Ändern sich aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Voraussetzungen für die Höhe einer Rente nach ihrer Feststellung, wird die Rente in neuer Höhe nach Ablauf des Monats geleistet, in dem die Änderung wirksam geworden ist.

(2) Fallen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente weg, wird die Rente bis zum Ende des Monats geleistet, in dem der Wegfall wirksam geworden ist. Satz 1 gilt entsprechend, wenn festgestellt wird, daß Versicherte, die als verschollen gelten, noch leben.

(3) Bei der Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit ist eine Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches nur wesentlich, wenn sie mehr als 5 vom Hundert beträgt; bei Renten auf unbestimmte Zeit muß die Veränderung der Minderung der Erwerbsfähigkeit länger als drei Monate andauern.

(4) Sind Renten befristet, enden sie mit Ablauf der Frist. Das schließt eine vorherige Änderung oder ein Ende der Rente aus anderen Gründen nicht aus. Renten dürfen nur auf das Ende eines Kalendermonats befristet werden.

(5) Witwen- und Witwerrenten nach § 65 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a wegen Kindererziehung werden auf das Ende des Kalendermonats befristet, in dem die Kindererziehung voraussichtlich endet. Waisenrenten werden auf das Ende des Kalendermonats befristet, in dem voraussichtlich der Anspruch auf die Waisenrente entfällt. Die Befristung kann wiederholt werden.

(6) Renten werden bis zum Ende des Kalendermonats geleistet, in dem die Berechtigten gestorben sind.

(1) Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der Minderung der Erwerbsfähigkeit noch nicht abschließend festgestellt werden kann. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit jederzeit ohne Rücksicht auf die Dauer der Veränderung neu festgestellt werden.

(2) Spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. Bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 5. Dezember 2012 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der im Anschluss an eine vorläufige Entschädigung zu zahlenden Verletztenrente streitig.

2

Die Klägerin erlitt am 15.7.1999 in ihrer versicherten Tätigkeit als Postzustellerin einen Autounfall, den die Beklagte als Arbeitsunfall anerkannte. Bis zum 29.10.2001 erhielt sie Verletztengeld. Mit Bescheid vom 20.12.2001 stellte die Beklagte bestimmte Gesundheitsschäden als Folgen des Arbeitsunfalles fest und gewährte als vorläufige Entschädigung ab 30.10.2001 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 70 vH. Nach Einholung von Gutachten und Anhörung der Klägerin entschied die Beklagte in einem der Klägerin am 12.7.2002 zugegangenen Bescheid vom 11.7.2002, dass ab 1.8.2002 anstelle der als vorläufige Entschädigung gezahlten Rente eine Rente lediglich nach einer MdE von 35 vH auf unbestimmte Zeit gezahlt werde. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, es sei eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes eingetreten. Auch sei die bislang als vorläufige Entschädigung gewährte Rente nunmehr gemäß § 62 Abs 2 Satz 1 SGB VII als Dauerrente nach einer MdE von 70 vH weiterzugewähren, weil nicht binnen drei Jahren nach dem Unfallereignis, sondern erst zum 1.8.2002 die erstmalige Feststellung der Rente erfolgt sei. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.1.2003 zurück.

3

Das SG hat die Klage gegen diese Bescheide sowie gegen eine die Anerkennung weiterer Unfallfolgen betreffende Entscheidung der Beklagten vom 25.5.2007 und auf Zahlung einer Verletztenrente ab 1.8.2002 nach einer MdE von 70 vH sowie ab 1.1.2007 nach einer MdE von 80 vH abgewiesen (Urteil vom 17.3.2010). Die Beklagte sei berechtigt gewesen, ohne Bindung an die bisher zugrunde gelegte Höhe der MdE die Verletztenrente nach einer niedrigeren MdE ab 1.8.2002 festzusetzen, weil der Bescheid der Klägerin innerhalb der Frist von drei Jahren bekannt gegeben worden sei und die unfallbedingte MdE nur noch 30 vH betrage. Das LSG hat auf die Berufung der Klägerin das Urteil des SG und den Bescheid der Beklagten vom 11.7.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.1.2003 aufgehoben (Urteil vom 5.12.2012). Die Beklagte sei nicht mehr aufgrund des § 62 Abs 2 SGB VII zur Herabsetzung der Verletztenrente befugt gewesen. Zwar sei der Bescheid vom 11.7.2002 der Klägerin innerhalb von drei Jahren nach dem Unfallzeitpunkt zugegangen, dessen materielle Wirksamkeit sei jedoch aufgrund des § 73 Abs 1 SGB VII erst nach dem Dreijahreszeitraum zum Zeitpunkt des Beginns der Verletztenrente nach einer MdE von 35 vH am 1.8.2002 eingetreten. Für den Dreijahreszeitraum des § 62 Abs 2 SGB VII sei allein auf diesen Zeitpunkt des Eintritts der materiellen Rechtsfolgen des Bescheids abzustellen. Die Verletztenrente sei daher als Dauerrente nach einer MdE von 70 vH in Höhe der vorläufigen Entschädigung weiterzuzahlen. Eine wesentliche Änderung der Unfallfolgen, die zu einer abweichenden Rentenfestsetzung hätte berechtigen können, sei nach den vorliegenden Beweisergebnissen nicht feststellbar. Der die Anerkennung weiterer Unfallfolgen betreffende Bescheid vom 25.5.2007 sei nicht Gegenstand des Verfahrens geworden.

4

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 62 Abs 2 SGB VII. Innerhalb der Frist von drei Jahren sei der Klägerin der Bescheid vom 11.7.2002 bekanntgegeben und damit wirksam geworden. Auf diesen Zeitpunkt sei abzustellen, so dass die Feststellung der Verletztenrente auf Dauer ohne Bindung an die bisher zugrunde gelegte MdE habe erfolgen dürfen. Die MdE habe nach den eingeholten Gutachten 35 vH betragen.

5

Die Beklagte beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 5. Dezember 2012 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 17. März 2010 zurückzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils des LSG und der Zurückverweisung des Rechtsstreits an dieses Gericht begründet. Entgegen der Rechtsansicht des LSG war die Beklagte gemäß § 62 Abs 2 SGB VII befugt, die Bewilligung der als vorläufige Entschädigung zuerkannten Verletztenrente vom 20.12.2001 aufzuheben und eine Verletztenrente auf Dauer ohne Bindung an die bisher zugrunde gelegte MdE zu bewilligen. Ob die Beklagte allerdings die Verletztenrente ab 1.8.2002 nach einer höheren MdE als 35 vH zu gewähren hat, kann wegen fehlender Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts nicht entschieden werden.

9

1. Auf die Revision der Beklagten war über die Anfechtungsklage der Klägerin gegen den Bescheid der Beklagten vom 11.7.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.1.2003 zu entscheiden, der das LSG stattgegeben hatte. Mit den angefochtenen Verfügungen hat die Beklagte die Feststellung einer als vorläufige Entschädigung zu zahlenden Verletztenrente nach einer MdE von 70 vH mit Ablauf des Monats Juli 2002 aufgehoben und eine Verletztenrente nach einer MdE von 35 vH auf Dauer ab 1.8.2002 gewährt. Soweit das LSG das Urteil des SG auch insoweit aufgehoben hat, als das erstinstanzliche Gericht die Klage gegen den weiteren Bescheid vom 25.5.2007 abgewiesen hat, ist hierüber nicht zu entscheiden. Insoweit hat die Beklagte als Revisionsführerin das Urteil des LSG nicht angefochten. Die Klägerin konnte zulässig ihr vorrangiges Ziel der Weitergewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 70 vH über den 1.8.2002 hinaus mit einer Anfechtungsklage erreichen (§ 54 Abs 1 SGG). Soweit die Klägerin die von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden ebenfalls abgelehnte Zahlung einer Verletztenrente nach einer höheren MdE als 70 vH, nämlich 80 vH, begehrt, konnte die Klägerin dieses Begehren zulässig mit einer Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG)verfolgen (vgl dazu BSG vom 5.2.2008 - B 2 U 6/07 R - SozR 4-1300 § 41 Nr 1 RdNr 11).

10

2. Die Beklagte war gemäß § 62 Abs 2 SGB VII befugt, die vorläufige Entschädigung der Klägerin durch Bescheid vom 11.7.2002 mit Wirkung ab 1.8.2002 neu festzustellen. Maßgebend für die Anwendbarkeit des § 62 Abs 2 SGB VII ist entgegen der Rechtsansicht des LSG ausschließlich die formelle Wirksamkeit(Bekanntgabe gemäß § 37 Abs 1 iVm § 39 Abs 1 SGB X) des Bescheids vom 11.7.2002.

11

In der gesetzlichen Unfallversicherung haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Unfall hinaus um mindestens 20 vH gemindert ist, nach § 56 Abs 1 Satz 1 SGB VII Anspruch auf Rente. Diese wird bei Minderung der Erwerbsfähigkeit als Teilrente geleistet und in Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der MdE entspricht (§ 56 Abs 3 Satz 2 SGB VII). Gemäß § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII kann bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung der Vomhundertsatz der MdE abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben. Nach Satz 1 des § 62 Abs 2 SGB VII wird die Rente jedoch spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall kraft Gesetzes als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. § 62 Abs 2 SGB VII ermächtigt damit dazu, trotz vorliegender Entscheidung über die Bewilligung einer Verletztenrente als vorläufige Entschädigung eine Dauerrente ohne Bindung an die bisher zugrunde gelegte MdE nach einer niedrigeren MdE zu bewilligen, ohne dass dafür eine wesentliche Änderung gegenüber den Verhältnissen eingetreten sein müsste, die bei Bewilligung der vorläufigen Entschädigung vorgelegen hatten. Diese Spezialvorschrift verdrängt in ihrem Anwendungsbereich die generelle Regelung des § 48 SGB X, die als Voraussetzung ua eine wesentliche Änderung der Verhältnisse für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes fordert. Die Anwendung des § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII setzt voraus, dass eine Verletztenrente als vorläufige Entschädigung bewilligt wurde, der Versicherungsträger nunmehr erstmals darüber entscheidet, ob dem Versicherten eine Rente auf unbestimmte Zeit zusteht, und der Änderungsvorbehalt wegen Ablaufes des Dreijahreszeitraumes noch nicht entfallen war(vgl BSG vom 16.3.2010 - B 2 U 2/09 R - BSGE 106, 43 = SozR 4-2700 § 62 Nr 1, RdNr 14 ff). Diese Voraussetzungen des § 62 Abs 2 SGB VII lagen hier vor.

12

a) Die Beklagte hatte nach Anhörung der Klägerin gemäß § 24 Abs 1 SGB X in dem angefochtenen Bescheid vom 11.7.2002 für einen mit den Umständen vertrauten objektiven Erklärungsempfänger noch hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie die Regelung in dem Bescheid vom 20.12.2001 über die bewilligte Verletztenrente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 70 vH zum Ablauf des 31.7.2002 aufhebe und ab 1.8.2002 eine Verletztenrente nach einer MdE von 35 vH gewähre. Auch wenn Rechtsklarheit und Rechtssicherheit grundsätzlich erfordern, in der Aufhebungsentscheidung den aufzuhebenden Verwaltungsakt genau zu benennen und den Umfang der Aufhebung zu bezeichnen (vgl hierzu BSG vom 16.3.2010 - B 2 U 2/09 R - BSGE 106, 43 = SozR 4-2700 § 62 Nr 1, RdNr 22), genügte der angefochtene Bescheid hier noch dem Bestimmtheitserfordernis des § 33 Abs 1 SGB X.

13

b) In dem Bescheid vom 20.12.2001 hatte die Beklagte eine Verletztenrente als vorläufige Entschädigung iS von § 62 Abs 1 Satz 1 SGB VII gewährt. In diesem Bescheid hatte sie durch ausdrückliche Verwendung der Bezeichnung "vorläufige Entschädigung" für die bewilligte Rente und Hinweis auf § 62 Abs 1 SGB VII hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Verletztenrente lediglich vorläufig und damit unter Vorbehalt gewährt werde.

14

c) Nach der Bewilligung der vorläufigen Entschädigung unter Änderungsvorbehalt war zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des diese Entscheidung aufhebenden Verwaltungsaktes vom 11.7.2002 der Dreijahreszeitraum nach dem Unfallereignis am 15.7.1999 iS des § 62 Abs 2 SGB VII noch nicht abgelaufen und deshalb der Änderungsvorbehalt kraft Gesetzes noch nicht entfallen. Der angefochtene Bescheid vom 11.7.2002 ging nämlich nach den nicht mit zulässigen und begründeten Rügen angefochtenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) dem insoweit zum Empfang von Sendungen Bevollmächtigten der Klägerin am 12.7.2002 zu. Unerheblich ist, dass der angefochtene Bescheid in Umsetzung des § 72 Abs 1 SGB VII den Endzeitpunkt der vorläufigen Entschädigung mit dem Ablauf des Juli 1999 und den Beginn der Verletztenrente nach einer MdE in Höhe von nur noch 35 vH auf den 1.8.1999 und damit von den materiellen Rechtsfolgen her jeweils auf einen Zeitpunkt nach Ablauf der Dreijahresfrist festsetzte.

15

Für die Wahrung der Dreijahresfrist des § 62 Abs 1 und Abs 2 SGB VII genügt es, dass die die Bewilligung der vorläufigen Entschädigung aufhebende Verfügung innerhalb dieses Zeitraums gemäß § 39 Abs 1 Satz 1 SGB X durch Bekanntgabe wirksam wird, auch wenn ihre materiell-rechtlichen Wirkungen nach diesem Zeitraum eintreten(vgl ua Burchardt in: Becker ua, SGB VII, § 62 RdNr 16; Sacher in: Lauterbach, UV-SGB VII, § 62 SGB VII RdNr 21; Bereiter-Hahn/Mehrtens, GUV, § 62 SGB VII Anm 9.1; Holtstaeter in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Komm zum SozR, 3. Aufl 2013, § 62 RdNr 9; Padé in: jurisPK-SGB VII, § 62 RdNr 39; Marschner in: BeckOK-SozR, § 62 SGB VII RdNr 9; Kunze in: Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, 3. Aufl, § 62 RdNr 4; Ricke in: Kasseler Komm, § 62 SGB VII RdNr 7; Kranig in: Hauck/Noftz, K § 62 SGB VII RdNr 9; vgl auch BSG vom 16.3.2010 - B 2 U 2/09 R - BSGE 106, 43 = SozR 4-2700 § 62 Nr 1, RdNr 14 ff).

16

Zwar ist dem Wortlaut der Regelungen des § 62 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB VII, nach denen bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung die MdE abweichend festgestellt werden kann und die vorläufige Entschädigung spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet wird, nicht mit letzter Eindeutigkeit zu entnehmen, ob die Norm auf die formelle Wirksamkeit des die erstmalige Neufeststellung regelnden Bescheides durch Bekanntgabe iS der §§ 37 Abs 1, 39 Abs 1 SGB X oder auf den materiell-rechtlichen Zeitpunkt des Wegfalls der vorläufigen Entschädigung iS des § 73 Abs 1 SGB VII abzustellen ist. Die Entstehungsgeschichte sowie der Sinn und Zweck des § 62 SGB VII sprechen jedoch dafür, allein auf den Zeitpunkt der Wirksamkeit durch Bekanntgabe der die Bewilligung der vorläufigen Entschädigung aufhebenden Entscheidung abzustellen.

17

Bereits die Vorschriften der RVO regelten die Gewährung einer Verletztenrente als vorläufige Entschädigung. § 1585 Abs 1 RVO sah die Gewährung einer vorläufigen Entschädigung während der ersten zwei Jahre nach dem Unfall vor, wenn die Rente noch nicht als Dauerrente festgestellt werden konnte. Gemäß § 1585 Abs 2 RVO war die Dauerrente spätestens mit Ablauf von zwei Jahren festzustellen, ohne dass hierfür die Änderung der Verhältnisse erforderlich war und ohne dass die bisherigen Feststellungen der Grundlagen für die Rentenberechnung bindend waren. § 622 Abs 2 RVO bestimmte, dass spätestens mit Ablauf von zwei Jahren nach dem Unfall die Rente kraft Gesetzes zur Dauerrente wurde. Hierzu hat der Senat entschieden, dass die Umwandlung einer vorläufigen Entschädigung kraft Gesetzes in eine Dauerrente nicht erfolgte, wenn der Entziehungsbescheid vor Ablauf der seinerzeit zweijährigen Frist nach dem Unfall bekannt gegeben wurde (vgl BSG vom 19.12.1968 - 2 RU 153/66 - BSGE 29, 73, 74 = SozR Nr 8 zu § 622 RVO, - 2 RU 95/65 - und - 2 RU 165/66 - juris, unter Aufgabe von BSG vom 29.9.1965 - 2 RU 20/65 - BSGE 24, 36, 37 = SozR Nr 2 zu § 622 RVO). Es ist nicht ersichtlich, dass durch den mit diesen Vorschriften der RVO insoweit inhaltlich übereinstimmenden § 62 SGB VII, der nunmehr allerdings eine dreijährige Frist für die Neufestsetzung einräumt, eine abweichende Regelung erfolgen sollte, so dass nunmehr für die Frage, ob innerhalb der Dreijahresfrist die vorläufige Entschädigung aufgehoben wurde, nicht mehr auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Bescheides durch Bekanntgabe abzustellen wäre. Vielmehr geht aus den Gesetzesmaterialien deutlich hervor, dass - mit Ausnahme der um ein Jahr verlängerten Frist - die Neuregelung des § 62 SGB VII dem bisherigen Recht entsprechen sollte(vgl BT-Drucks 13/2204 S 73, 91).

18

Eine an die formelle Bekanntgabe anknüpfende Auslegung der Dreijahresfrist des § 62 Abs 2 SGB VII steht zudem mit dem sich aus Sinn und Zweck der Vorschrift ergebenden Regelungskonzept der Norm in Einklang. Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 16.3.2010 (B 2 U 2/09 R - BSGE 106, 43 = SozR 4-2700 § 62 Nr 1, RdNr 17 f) ausgeführt hat, trägt § 62 SGB VII den Erfahrungen Rechnung, dass in der ersten Zeit nach dem Versicherungsfall dessen gesundheitliche Folgen und deren Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit des Versicherten häufig allmählichen oder auch kurzfristigen Veränderungen unterliegen. Anpassung und Gewöhnung können zu Besserungen führen, die unfallbedingte MdE kann in den ersten Jahren auch zunehmen. § 62 Abs 1 Satz 1 SGB VII ermächtigt und verpflichtet den Unfallversicherungsträger, die Rente auf unbestimmte Zeit stets, also auch im Dreijahreszeitraum, dann festzustellen, wenn in tatsächlicher Hinsicht der Umfang der MdE abschließend festgestellt werden kann und die weiteren Voraussetzungen vorliegen. Nur wenn dies nicht möglich ist, soll der zuständige Träger vorläufig entscheiden. Eine abschließende Feststellung des Umfangs der MdE hat er zu treffen, wenn die MdE, die aufgrund des bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens festgestellten Sachverhalts zu schätzen ist, voraussichtlich über den verbliebenen Dreijahreszeitraum nach dem Versicherungsfall hinaus fortbestehen wird. Kann eine solche Prognose nicht gestellt werden, hat der Träger ein zwar entstandenes, aber bezüglich Dauer oder Umfang noch nicht abschließend beurteilbares Recht auf Rente festzustellen, aber nur unter dem Vorbehalt erleichterter Abänderbarkeit im Dreijahreszeitraum als vorläufige Entschädigung. Infolge der Bewilligung unter der spezialgesetzlich erlaubten Nebenbestimmung des Vorbehalts erleichterter Abänderbarkeit weiß der Versicherte, dass sich sein Rentenanspruch nach Grund und Höhe noch nicht verfestigt hat (vgl BSG vom 16.3.2010 - B 2 U 2/09 R - aaO RdNr 17 f). Die Erleichterung der Abänderbarkeit und die damit verbundene Ungewissheit für den Versicherten, ob und in welcher Höhe eine Rente auf Dauer gezahlt wird, lässt das Gesetz jedoch nur für die Dauer von drei Jahren zu. Diesem mit § 62 SGB VII verfolgten Regelungskonzept wird genügt, wenn innerhalb des Dreijahreszeitraums die Bewilligung der vorläufigen Entschädigung aufgehoben, endgültig über den Rentenanspruch entschieden und diese Entscheidung dem Versicherten bekanntgegeben wird. Innerhalb des Dreijahreszeitraums wird dadurch die Entscheidung über die Gewährung einer Verletztenrente getroffen und erlangt der Versicherte Kenntnis davon, ob und in welcher Höhe in Zukunft eine Rente gezahlt wird. Dies gilt unabhängig davon, ob die Entscheidung des Versicherungsträgers den Zeitpunkt des Endes der Zahlung der vorläufigen Entschädigung und des Beginns der Zahlung einer Dauerrente gemäß § 73 Abs 1 und 2 SGB VII mit dem Zeitpunkt des Beginns des Monats nach Bekanntgabe des Bescheides festlegt und dieser Zeitpunkt außerhalb des Dreijahreszeitraums liegt.

19

Schließlich sprechen auch Erwägungen der Verwaltungspraktikabilität für die von der Beklagten ebenso wie im Schrifttum einhellig vertretene formelle Auslegung des § 62 Abs 2 SGB VII. Wie der Senat bereits zur weitgehend inhaltsgleichen Vorschrift des § 622 Abs 2 RVO ausgeführt hat(vgl BSG vom 19.12.1968 - 2 RU 153/66 - BSGE 29, 73, 74 = SozR Nr 8 zu § 622 RVO), wird damit die Möglichkeit geschaffen, die Frist, innerhalb der eine vorläufige Entschädigung aufgehoben und eine Verletztenrente auf unbestimmte Zeit, ggf nach einer geringeren MdE, bewilligt oder eine solche abgelehnt werden muss, so weit wie möglich auszuschöpfen.

20

Die vom LSG vertretene abweichende Rechtsauffassung kann sich auch nicht auf die bisherige Rechtsprechung des BSG berufen. Die Entscheidungen des Senats vom 5.2.2008 (B 2 U 6/07 R - SozR 4-1300 § 41 Nr 1) und vom 16.3.2010 (B 2 U 2/09 R - BSGE 106, 43 = SozR 4-2700 § 62 Nr 1, RdNr 23)stützen vielmehr das hier gefundene Ergebnis. So hat der Senat in seiner Entscheidung vom 16.3.2010 (aaO RdNr 14) für den Fristablauf des § 62 Abs 2 SGB VII ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe der Entscheidung abgestellt. In der vom LSG insbesondere für seine Rechtsansicht herangezogenen Entscheidung des BSG vom 5.2.2008 (aaO) findet sich kein Anhalt dafür, dass der Senat auf den Zeitpunkt der materiellen Wirksamkeit der Entscheidung nach § 62 Abs 2 SGB VII abgestellt haben könnte.

21

Ob der Klägerin für die Zeit ab 1.8.2002 eine Verletztenrente nach einer höheren MdE als 35 vH zu gewähren ist, kann allerdings nicht abschließend entschieden werden. Nach den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) lag zu diesem Zeitpunkt lediglich keine zur Aufhebung bzw Abänderung nach § 48 SGB X berechtigende wesentliche Änderung gegenüber den bei Erlass des Bescheides vom 20.12.2001 vorliegenden Verhältnissen vor. Das LSG hat jedoch nicht festgestellt, ob die unfallbedingten, ggf auch bindend festgestellten Gesundheitsschäden bei der Klägerin (vgl zur Feststellung von Gesundheitsschäden BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1, RdNr 14 ff)im Zeitraum seit dem 1.8.2002 eine höhere MdE als 35 vH bedingen. Feststellungen zur tatsächlichen Höhe der MdE ab dem 1.8.2002 wird das LSG mithin erst zu treffen haben.

22

3. Das LSG wird auch abschließend über die Kosten des Rechtsstreits unter Beachtung des Ergebnisses des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der Minderung der Erwerbsfähigkeit noch nicht abschließend festgestellt werden kann. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit jederzeit ohne Rücksicht auf die Dauer der Veränderung neu festgestellt werden.

(2) Spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. Bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.