Bundessozialgericht Urteil, 06. Okt. 2011 - B 14 AS 66/11 R

bei uns veröffentlicht am06.10.2011

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 4. Mai 2010 aufgehoben. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 5. September 2007 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Übernahme von Kosten einer Wohnungsrenovierung.

2

Der 1975 geborene, alleinstehende Kläger bezieht seit dem 1.1.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Er leidet unter einer schizophrenen Psychose und lässt sich deswegen in Behörden- und Wohnungsangelegenheiten von seiner Mutter vertreten. Er lebte seit 1996 bis zum 31.1.2005 allein in einer von seiner Mutter für ihn angemieteten, 22 qm großen Einzimmerwohnung. Der formularmäßige Mietvertrag enthielt in seinem § 17 eine Regelung zur turnusmäßigen Durchführung von Schönheitsreparaturen durch den Mieter sowie eine Regelung, wonach die Mieträume zum Ende des Mietverhältnisses in dem Zustand zurückzugeben waren, der bei ordnungsgemäßer Durchführung der Schönheitsreparaturen bestanden hätte. Während der gesamten Mietzeit führte der Kläger keine Schönheitsreparaturen durch. Vor der Rückgabe der Wohnung an den Vermieter am 31.5.2005 ließ er die in einem Vorabnahmeprotokoll im Einzelnen bezeichneten Renovierungsarbeiten von dem Unternehmen "M" e.V., einem Verein zur Förderung der Selbsthilfe, durchführen und zahlte hierfür im April und Mai 2005 insgesamt 800 Euro.

3

Seinen Antrag vom 19.12.2004 auf Übernahme der Renovierungskosten lehnte der Beklagte ab, weil die Renovierung zum Preis von etwa 400 Euro von dem Unternehmen "M" e.V. statt - wie vom Kläger ursprünglich vorgesehen - von Handwerksbetrieben durchgeführt und diese Kosten mit Hilfe der auszukehrenden Mietkaution vom Kläger getragen werden könnten (Bescheid vom 11.2.2005). Den Widerspruch wies er mit der Begründung zurück, der Kläger sei vertraglich dem Vermieter gegenüber nicht selbst verpflichtet (Widerspruchsbescheid vom 2.9.2005).

4

Das Sozialgericht (SG) Hamburg hat der Klage stattgegeben und den Beklagten antragsgemäß verurteilt, dem Kläger 800 Euro zu gewähren (Urteil vom 5.9.2007). Auf die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) Hamburg die Mutter des Klägers als Zeugin zu den Umständen bei Anmietung und Beendigung des Mietverhältnisses vernommen. Es hat sodann das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 4.5.2010). Der Stiefvater des Klägers habe die Rechnungen zwischenzeitlich beglichen. Der geltend gemachte Anspruch scheitere somit daran, dass der Kläger im Zeitpunkt der Entscheidung des LSG nicht rechtswirksam mit den Renovierungskosten belastet und seinerseits nicht zur Erstattung der angefallenen Kosten gegenüber seinem Stiefvater verpflichtet gewesen sei. Es habe sich insoweit um eine Einnahme gehandelt, die nicht mit einer zivilrechtlich wirksam vereinbarten Rückzahlungsverpflichtung verbunden gewesen und die also als Einkommen zu berücksichtigen gewesen sei. Nach dem Gesamtergebnis der mündlichen Verhandlung könne eine Pflicht, dem Stiefvater die gewährte Geldzahlung zurückzuerstatten (§ 488 Abs 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch), nicht festgestellt werden. Es habe sich vielmehr um eine Zuwendung aus familiärer Verbundenheit gehandelt; eine Rückzahlungsverpflichtung habe nicht den Kläger selbst treffen sollen, sondern nur den Beklagten im Falle des Erfolgs des Rechtsmittels.

5

Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers. Er rügt die Verletzung von § 11 SGB II. Der Beklagte habe die beantragte Übernahme der Renovierungskosten (auch nach Auffassung des LSG) zu Unrecht abgelehnt. Geldzuwendungen, die ein Dritter vorläufig für den Träger der Grundsicherung erbringe, weil dieser unaufschiebbare Sozialleistungen trotz rechtzeitiger Antragstellung nicht erbringe bzw zu Unrecht abgelehnt habe, seien aber nicht als Einkommen zu werten.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 4. Mai 2010 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 5. September 2007 zurückzuweisen.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält das angefochtenen Urteil für zutreffend. Jedenfalls die vom Vermieter zurückgezahlte Kaution habe zur Deckung der Kosten verwendet werden können.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Zu Unrecht hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Kläger hat Anspruch auf die begehrte Übernahme der Kosten. Auch die vertraglich vereinbarten Renovierungskosten, die bei Auszug aus der Wohnung tatsächlich angefallen sind, gehören zu den berücksichtigungsfähigen Kosten der Unterkunft (dazu unter 2a); sie sind vorliegend als angemessen anzusehen (dazu unter 2b). Nachdem der Kläger die unaufschiebbaren Arbeiten hat durchführen lassen, hat der Beklagte die entstandenen Kosten zu übernehmen. Dass ein Dritter die Kosten bis zur endgültigen Klärung der Leistungspflicht des Beklagten getragen hat, führt nicht zur Berücksichtigung dieser Zahlung als bedarfsminderndes Einkommen des Klägers (dazu unter 3a). Auch eine zurückgezahlte Kaution des Vermieters lässt den zuvor bestehenden Bedarf nicht entfallen (dazu unter 3b).

10

1. Zu entscheiden ist allein die Frage, ob die streitigen Kosten als (weitere) Kosten der Unterkunft zu übernehmen sind (vgl bereits Bundessozialgericht Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37, RdNr 11 und Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, RdNr 10). Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 11.2.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.9.2005, den der Kläger mit seiner kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) angreift.

11

2. a) Nach den Feststellungen des LSG, die von den Beteiligten nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffen worden sind, hat der Kläger als erwerbsfähiger Hilfebedürftiger im streitigen Zeitraum einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, der die angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II umfasst. Entgegen der Auffassung des LSG hat er über die laufenden Kosten für Unterkunft und Heizung hinaus Anspruch auf die Übernahme der Renovierungskosten.

12

Rechtsgrundlage für die Übernahme von Renovierungskosten bei Auszug aus einer bis dahin innegehabten Wohnung ist § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Danach werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, sofern sie angemessen sind (zur Angemessenheit unter b). Um berücksichtigungsfähige Kosten handelt es sich dem Grunde nach auch bei vertraglich vereinbarten Renovierungskosten, die bei Auszug aus der Wohnung tatsächlich anfallen. Solche Kosten sind wie mietvertraglich vereinbarte Zuschläge für Schönheitsreparaturen im laufenden Mietverhältnis (dazu BSG Urteil vom 19.3.2008 - B 11b AS 31/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 10) und Renovierungskosten bei Einzug in eine Wohnung (dazu BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16) nicht mit der Regelleistung abgedeckt, sondern unterfallen nach Wortlaut des § 22 SGB II und aus systematischen Gesichtspunkten den Kosten der Unterkunft(vgl bereits BVerwGE 90, 160). Ob sie dann nicht zu berücksichtigen sind, wenn dem Auszug aus der Wohnung vom Träger der Grundsicherung ausdrücklich nicht zugestimmt worden ist (so Bundesverwaltungsgericht aaO), kann offen bleiben, denn für einen solchen Sachverhalt liegen keine Anhaltspunkte vor.

13

Unerheblich ist, ob die Mutter des Klägers oder der Kläger selbst Vertragspartei des Mietverhältnisses war. Zu den berücksichtigungsfähigen Kosten der Unterkunft eines Hilfebedürftigen gehören die laufenden wie auch die einmaligen Kosten der Unterkunft, soweit sie durch die Nutzung der Wohnung durch den Hilfebedürftigen tatsächlich entstehen und von ihm getragen werden müssen, unabhängig davon, wer dem Vermieter (oder einem Dritten) gegenüber vertraglich verpflichtet ist (entsprechend zu Kosten bei Nutzung eines Hausgrundstücks BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 61/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 44 RdNr 18 am Ende). Entscheidend ist für die Berücksichtigungsfähigkeit der einmalig angefallenen Renovierungskosten (wie auch der laufenden Kosten) als Kosten der Unterkunft des Klägers damit, dass dieser nach den Feststellungen des LSG die Wohnung allein genutzt hat, er seiner Mutter im Innenverhältnis zum Ausgleich der dadurch entstehenden Kosten verpflichtet war, und die Unterkunftskosten damit allein auf ihn entfielen (dazu auch BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 34/08 R - juris RdNr 16). Diese Feststellungen hat der Beklagte nicht mit zulässigen Rügen angegriffen.

14

Auf die Frage, ob der Kläger bzw seine Mutter zivilrechtlich wirksam zur Tragung der Renovierungskosten verpflichtet war (zur Wirksamkeit sog Rückgabeklauseln vgl nur Blank in Blank/ Börstinghaus, Miete, 3. Aufl 2008, § 535 BGB RdNr 396 ff), kommt es vorliegend nicht an. Die streitigen Kosten gehören schon deshalb zu den berücksichtigungsfähigen Kosten der Unterkunft, weil der Kläger langfristig vor Eingehung eigener Verpflichtungen gegenüber dem durchführenden Unternehmen sein Anliegen an den Beklagten herangetragen, der Beklagte aber zu diesem Zeitpunkt nicht auf die mögliche Unwirksamkeit der mietvertraglichen Klausel hingewiesen hat. Der Beklagte ist vielmehr davon ausgegangen, dass aus der Klausel im Mietvertrag eine entsprechende Verpflichtung zur Renovierung erwächst, und hat in seiner ablehnenden Ausgangsentscheidung vom 11.2.2005 lediglich Ausführungen zur Unangemessenheit der geltend gemachten Kosten der Höhe nach und der Möglichkeit der anderweitigen Deckung der Kosten (durch die ausgekehrte Kaution) gemacht. Wird der Träger der Grundsicherung aber rechtzeitig vor Eingehung entsprechender Verpflichtungen gegenüber Dritten mit der begehrten Übernahme der Kosten befasst, kann er sich - sofern die Voraussetzungen für die Kostenübernahme im Übrigen vorlagen - im Nachhinein nicht auf die Unwirksamkeit einer Klausel wegen durchzuführender Renovierungen berufen. Dies entspricht dem Rechtsgedanken des § 22 Abs 1 Satz 2 (jetzt Satz 3) SGB II, wonach eine Begrenzung angefallener Kosten grundsätzlich nur nach vorangegangenem Hinweis auf ihre Unangemessenheit in Betracht kommt(vgl zu Hinweispflichten bei einer Staffelmietvereinbarung BSGE 104, 179 = SozR 4-4200 § 22 Nr 24, RdNr 23).

15

b) Die berücksichtigungsfähigen Kosten stellen sich nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG auch in vollem Umfang als angemessen dar. Die Angemessenheit von Renovierungskosten bei Ende des Mietverhältnisses muss unabhängig von der Angemessenheit der laufenden Kosten der Unterkunft bestimmt werden (vgl für Kosten der Renovierung bei Einzug BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16). Gehören sie zu den Kosten, die üblicherweise anfallen, besteht ein Anspruch auf ihre Übernahme im Rahmen des Angemessenen insbesondere auch, wenn sie zur Kostensenkung bei Auszug aus einer im Übrigen unangemessen teuren Wohnung anfallen. Der Umfang der durchgeführten Arbeiten und die dafür vom Unternehmen in Rechnung gestellten Kosten geben nach den Feststellungen des LSG keinen Anlass, an der Angemessenheit der Kosten zu zweifeln, zumal der Kläger nicht wie ursprünglich geplant Handwerksbetriebe, sondern den vom Beklagten vorgeschlagenen "M" e.V. beauftragt hat. Dabei ist nach den Feststellungen des LSG ebenfalls nicht zu beanstanden, dass der Kläger die Renovierungsarbeiten aufgrund seiner Erkrankung nicht in Eigenregie durchgeführt hat (zur Verpflichtung von Hilfebedürftigen, Kosten im Grundsatz durch entsprechende Eigenleistungen zu minimieren, vgl BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37, RdNr 19).

16

3. War die Ablehnung des Beklagten mit Bescheid vom 11.2.2005 damit rechtswidrig, hat der Kläger einen Anspruch auf Übernahme der in Folge entstandenen Kosten (dazu bereits BSG Urteile vom 19.8.2010 - B 14 AS 10/09 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 10 RdNr 22 und - B 14 AS 36/09 R - juris RdNr 21; Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 58/09 R - BSGE 106, 190 = SozR 4-4200 § 22 Nr 41, RdNr 21). Ein weiteres Zuwarten auf den Ausgang des Verfahrens bis zur Klärung der endgültigen Leistungspflicht des Beklagten war ihm nicht zumutbar, wovon auch das LSG und der Beklagte ausgehen. Er war berechtigt, nach der Ablehnung seines rechtzeitig gestellten Antrags durch den Beklagten die Renovierungsarbeiten unverzüglich in Auftrag zu geben, damit eine ordnungsgemäße Wohnungsübergabe fristgerecht zum Ende des Mietverhältnisses erfolgen konnte.

17

a) Die zwischenzeitliche Zahlung des Stiefvaters des Klägers im Hinblick auf die gegenüber dem "M" e.V. eingegangenen Verpflichtungen ist entgegen der Auffassung des LSG nicht als Einkommen des Klägers zu werten, das den Bedarf entfallen lässt. Aus dem Wortlaut des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II folgt zwar keine Definition dessen, was Einkommen ist. Lediglich die im zweiten Satzteil genannten Leistungen sind von vornherein von der Berücksichtigung ausgenommen. Mit der bisherigen Rechtsprechung des BSG zur Arbeitslosenhilfe (BSGE 58, 160 = SozR 4100 § 138 Nr 11; SozR 4100 § 138 Nr 25) und des BVerwG zum Einkommensbegriff im Wohngeldrecht (stRspr seit BVerwGE 54, 358; BVerwGE 69, 247) kann auch im Anwendungsbereich des § 11 Abs 1 SGB II nach Sinn und Zweck der Norm eine von einem Dritten lediglich vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung jedoch nicht als Einkommen qualifiziert werden. Nur der "wertmäßige Zuwachs" stellt Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II dar; als Einkommen sind nur solche Einnahmen in Geld oder Geldeswert anzusehen, die eine Veränderung des Vermögensstandes dessen bewirken, der solche Einkünfte hat. Dieser Zuwachs muss dem Leistungsberechtigten zur endgültigen Verwendung verbleiben, denn nur dann lässt er seine Hilfebedürftigkeit in Höhe der Zuwendungen dauerhaft entfallen. Insoweit ist nach der bisherigen Rechtsprechung des BSG zu unterscheiden zwischen Geldzahlungen oder Sachleistungen, die einem SGB II-Leistungsberechtigten zum endgültigen Verbleib zugewendet werden (vgl etwa BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 32/08 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 9 RdNr 17), und einem Darlehen, das mit einer Rückzahlungsverpflichtung im Sinne des BGB gegenüber dem Darlehensgeber belastet ist (BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 46/09 R - BSGE 106, 185 = SozR 4-4200 § 11 Nr 30).

18

Dieser Systematik entsprechend stellen auch Zuwendungen Dritter, die eine rechtswidrig vom Grundsicherungsträger abgelehnte Leistung wegen der Ablehnung bis zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes substituieren und nur für den Fall des Obsiegens zurückgezahlt werden sollen, kein Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II dar. Sie entbinden den Grundsicherungsträger nicht von seiner Leistungsverpflichtung. Wie im Anwendungsbereich des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch und des Bundessozialhilfegesetzes kann dem Hilfesuchenden eine zwischenzeitliche Selbstbeschaffung der begehrten Leistung unter dem Gesichtspunkt einer "Zweckverfehlung" der ursprünglich beantragten Leistung nicht entgegengehalten werden (vgl BSG SozR 4-3500 § 21 Nr 1 RdNr 11 und BVerwGE 96, 152, 157). Gerade wegen der Unaufschiebbarkeit des Bedarfs muss vom Hilfebedürftigen bis zur endgültigen Klärung der Leistungspflicht des Trägers der Grundsicherung übergangsweise eine andere Regelung gefunden werden. Soweit es nicht möglich ist, die Verpflichtungen aus eingegangenen Verbindlichkeiten stunden zu lassen, bleibt es dem Hilfebedürftigen etwa unbenommen, zu marktüblichen Konditionen ein verzinsliches Darlehen aufzunehmen. Soweit dadurch unabwendbar Mehrkosten entstehen, sind auch sie ggf vom Träger der Grundsicherung zu erstatten (dazu BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 58/09 R - BSGE 106, 190 = SozR 4-4200 § 22 Nr 41, RdNr 35). Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden, wenn Hilfebedürftige vorrangig auf freiwillige und kostengünstigere Angebote Dritter zurückzugreifen, die auf freundschaftlicher oder familiärer Verbundenheit beruhen.

19

Einen ursprünglich bestehenden Anspruch lassen solche Bemühungen dann nicht entfallen, wenn feststeht, dass dem Dritten im Falle des Obsiegens die zugewandten Leistungen zurückerstattet werden. Dies hat das LSG vorliegend festgestellt; zulässige Rügen hat der Beklagte hiergegen nicht erhoben. Die Zuwendung sollte damit nicht im oben dargestellten Sinne zum endgültigen Verbleib beim Kläger und einem wertmäßigen Zuwachs seines Vermögens führen. Welche Vereinbarungen zwischen ihm und seinem Stiefvater für den Fall getroffen worden sind, dass ein Anspruch gegenüber dem Beklagten im Ergebnis eines Widerspruchs- und Klageverfahrens nicht besteht, ist unerheblich.

20

b) Ob und in welchen Fällen eine vom Vermieter zurückzuzahlende Kaution, auf die der Beklagte in seiner ablehnenden Entscheidung als Möglichkeit zur Bedarfsdeckung hingewiesen hat, als Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II (und nicht als Vermögen) zu berücksichtigen ist, kann vorliegend offen bleiben. Vor Einführung des § 22 Abs 1 Satz 4 SGB II zum 1.8.2006 fehlte jedenfalls eine Regelung, wonach eine mit einem Mietverhältnis in Zusammenhang stehende Rückzahlung unmittelbar den Bedarf für die Unterkunft mindert (BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 37). Im Übrigen mindert die Rückzahlung einer Kaution, sofern sie Einkommen darstellt, den aktuellen Bedarf im Zeitpunkt des Zuflusses (bzw im Folgemonat: vgl § 22 Abs 1 Satz 4 SGB II in der ab dem 1.8.2006 geltenden Fassung), nicht dagegen einen bereits vor Zufluss bestehenden Renovierungsbedarf.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.

(3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe der Beklagte die Umzugskosten des Klägers zu übernehmen hat.

2

Der Kläger ist im Jahre 1942 geboren. Er bezog bis zum 31.12.2004 Leistungen der Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) von der Stadt B in Hessen. Im November 2004 beantragte er bei dem Beklagten die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Der Beklagte forderte im November 2004 den Kläger auf, die Kosten der Unterkunft (KdU) zu senken. Angemessen sei für ihn eine Gesamtmiete von 372,50 Euro. Die tatsächliche Miete in Höhe von bisher 1175,97 Euro werde nur bis zum 31.1.2005 anerkannt und ab 1.2.2005 werde nur noch die angemessene Miete gewährt. Durch Schreiben vom 27.12.2004 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er zum 1.2.2005 eine kostengünstigere Wohnung in Wolfenbüttel gefunden habe. Er beantragte die Übernahme der Umzugskosten und kündigte an, Kostenvoranschläge einzureichen. Mit am 12.1.2005 beim Beklagten eingegangenem Schreiben zeigte der Kläger an, dass er eine Wohnung in Wolfenbüttel bereits angemietet habe, die nach dem SGB II angemessen sei. Er legte einen Kostenvoranschlag eines Umzugsunternehmens über 3645,07 Euro vor und bat um Bewilligung bis 20.1.2005, weil er dann den Auftrag an die Umzugsfirma vergeben müsse.

3

Der Beklagte reagierte auf die Schreiben des Klägers nicht. Dieser führte sodann den Umzug am 26.1.2005 durch und beantragte am 28.1.2005 beim Beklagten unter Vorlage der Rechnung eines Umzugsunternehmens die Übernahme der Umzugskosten in Höhe von 3705,10 Euro. Der Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 11.4.2005 ab. Den Widerspruch wies er zurück. In dem Widerspruchsbescheid vom 1.8.2005 ist ausgeführt, es müsse eine vorherige Zustimmung zu den Umzugskosten vorliegen. Der Kläger habe aber erst am 12.1.2005 den Kostenvoranschlag eingereicht. Von einer treuwidrigen Verzögerung der Entscheidung durch den Beklagten könne daher nicht die Rede sein.

4

Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) Braunschweig durch Urteil vom 6.7.2006 die angefochtenen Bescheide "aufgehoben" und den Beklagten verpflichtet, dem Kläger Umzugskosten in Höhe von 951,25 Euro zu bewilligen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die vorherige Zusicherung gemäß § 22 Abs 3 SGB II sei hier entbehrlich gewesen, weil die Entscheidung über die Umzugskosten in treuwidriger Weise verzögert worden sei. Das Leistungsermessen des Beklagten sei auch eingeschränkt gewesen, weil der kommunale Träger den Umzug veranlasst habe. Der Anspruch auf Übernahme der Umzugskosten beschränke sich jedoch auf die notwendigen und angemessenen Kosten. Der Beklagte sei nicht grundsätzlich verpflichtet, die Kosten eines professionellen Umzugsunternehmens zu tragen. Vielmehr sei auf Grund der Obliegenheit, die eigene Hilfebedürftigkeit zu verringern, der Umzug vorrangig in Eigenregie durchzuführen. Ausnahmen würden nur bei Alter oder Gebrechlichkeit gelten. Der Kläger sei jedoch körperlich in guter Verfassung gewesen. Es habe auch keine medizinische Notwendigkeit bestanden, gerade nach Niedersachsen umzuziehen. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände seien die Umzugskosten angemessen, die bei einem selbst organisierten Umzug unter Heranziehung von studentischen Hilfskräften angemessen wären. Hier seien lediglich die Kosten der Anmietung eines Umzugsfahrzeugs, Benzinkosten, Kosten für drei studentische Hilfskräfte als Umzugshelfer und Fahrer, Kosten für eine Haftpflichtversicherung für die Umzugshelfer, Kosten für Umzugskartons und Verpackungsmaterial angemessen. Unter Heranziehung von Quellen aus dem Internet hat das SG sodann für diese Positionen die ausgeurteilten Umzugskosten in Höhe von 951,25 Euro ermittelt.

5

Hiergegen hat lediglich der Kläger Berufung eingelegt. Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat die Berufung durch Beschluss gemäß § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vom 5.6.2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es gemäß § 153 Abs 2 SGG auf die Gründe des Urteils des SG verwiesen und ergänzend ausgeführt, dem Kläger sei ein selbst organisierter Umzug zumutbar gewesen. Der Kläger sei im Besitz einer Fahrerlaubnis und habe nach eigenen Angaben zusammen mit Freunden die Gegenstände in der bisherigen Wohnung ein- und in der neuen Wohnung selbst wieder ausgepackt. Es sei daher nicht erkennbar, wieso er aus medizinischen Gründen gehindert gewesen sein sollte, den Umzug selbst durchzuführen. Darüber hinaus sei der weite Umzug des Klägers von Hessen nach Niedersachsen weder aus medizinischen noch aus besonderen persönlichen Gründen erforderlich gewesen, sodass diese Kosten nicht der Allgemeinheit in Rechnung gestellt werden dürften. Dies gelte insbesondere auch für den auf dem Weg erfolgten Möbeltransport zu dem in Göttingen lebenden Sohn des Klägers.

6

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner - vom Senat zugelassenen - Revision. Er rügt eine Verletzung des § 22 Abs 3 SGB II. Zwar werde auch in der Literatur vertreten, dass nur angemessene bzw notwendige Umzugskosten zu erstatten seien, allerdings finde diese Auffassung im Gesetzeswortlaut keinen Anhalt. § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II spreche ausdrücklich nicht von "angemessenen" Umzugskosten, sodass eine solche Einschränkung nicht möglich sei, was auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II zeige. Dort habe es der erkennende Senat abgelehnt, das Kriterium der Angemessenheit in den Rechtsanspruch auf Übernahme der Kosten einer mehrtägigen Klassenfahrt hineinzulesen. Es sei zweifelhaft, ob die Obliegenheit in § 2 Abs 1 SGB II "die Hilfebedürftigkeit zu verringern", soweit gehe, dass auch die kostensparende Selbstorganisation eines Umzugs von Hilfebedürftigen gefordert werden dürfe. Jedenfalls finde sich für die Rechtsansicht des LSG, dass ein Umzug grundsätzlich selbst organisiert werden müsse, es sei denn, dies sei für den Hilfebedürftigen unzumutbar, kein gesetzlicher Anhalt. Die tatsächlichen Feststellungen des LSG trügen im Übrigen nicht den rechtlichen Schluss, dass er - der Kläger - tatsächlich in der Lage gewesen sei, den Umzug auch selbst zu organisieren. Zu mehr als einer Mithilfe bei der Umzugsfirma sei er gesundheitlich nicht in der Lage gewesen. Hinsichtlich der Notwendigkeit nach Niedersachsen umzuziehen sei § 33 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) zu berücksichtigen, nach dem bei der Ausgestaltung von sozialen Rechten die persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen seien.

7

Der Kläger beantragt,

den Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. Juni 2008 aufzuheben, das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 6. Juli 2006 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger weitere Umzugskosten in Höhe von 2753,85 Euro zu gewähren.

8

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Der Beklagte beruft sich darauf, dass hier eine vorherige Zustimmung zu den Umzugskosten nicht entbehrlich gewesen sei. Eine besondere Eilbedürftigkeit habe nicht vorgelegen, sodass es dem Kläger zumutbar gewesen wäre, eine Entscheidung über die Umzugskosten abzuwarten. Im Übrigen beschränke sich die Revisionsbegründung auf Vorbringen im tatsächlichen Bereich, das einer Überprüfung durch das Revisionsgericht nicht zugänglich sei.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung der angefochtenen Bescheide und einer Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung begründet. Der Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Erstattung der am 26.1.2005 angefallenen Umzugskosten zu Unrecht wegen fehlender Zusicherung zur Übernahme der Umzugskosten in vollem Umfang abgelehnt (sogleich unter 1.). Er hätte stattdessen gemäß § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II eine Ermessensentscheidung über die Höhe der zu übernehmenden Umzugskosten zu treffen gehabt, die bislang nicht erfolgt ist. Bei der Nachholung dieser Entscheidung wird der Beklagte zu beachten haben, dass dem Kläger zumindest die von den Vorinstanzen zugesprochenen 951,25 Euro zustehen, weil der Beklagte hiergegen keine Rechtsmittel eingelegt hat (hierzu unter 3.). Ein Anspruch gemäß § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II steht dem Kläger hingegen nicht zu, weil der Umzug nicht als vom Beklagten "veranlasst" oder "aus anderen Gründen notwendig" betrachtet werden kann (vgl unter 2.).

11

Streitgegenstand ist allein die Frage, inwieweit der Beklagte verpflichtet ist, die Kosten des Umzugs des Klägers von B in die Umgebung von Braunschweig zu tragen. Hierüber ist in den angefochtenen Bescheiden vom 11.4. und 1.8.2005 eine isolierte Regelung getroffen worden. Die Frage, in welcher Höhe dem Kläger im Übrigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß §§ 19 ff SGB II zustehen, ist hiervon nicht berührt. Der Anspruch auf Übernahme von Umzugskosten hängt allerdings davon ab, dass dem Kläger überhaupt dem Grunde nach Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zustehen. Hieran bestehen aber nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen der Vorinstanzen keine Zweifel.

12

1. Der Anspruch des Klägers scheitert nicht bereits daran, dass vor seinem Umzug keine Zusicherung des bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Trägers über die Umzugskosten vorlag (§ 22 Abs 3 Satz 1 SGB II). Entgegen der Rechtsansicht des LSG hat der Beklagte auf eine Prüfung dieses rechtlichen Gesichtspunkts nicht dadurch verzichtet, dass er keine Berufung gegen das Urteil des SG eingelegt hat. Die Nichteinlegung der Berufung bzw Revision durch den Beklagten hat lediglich zur Folge, dass auf Grund des Verbots der reformatio in peius der Leistungsausspruch des SG nicht mehr aufgehoben werden darf. Im Übrigen haben beide Rechtsmittelinstanzen den Anspruch des Klägers aber unter allen möglichen Gesichtspunkten zu prüfen.

13

Eine vorherige Zusicherung der Umzugskosten ist nicht erforderlich, wenn eine fristgerecht mögliche Entscheidung vom Verwaltungsträger treuwidrig verzögert worden ist (vgl Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 22 RdNr 106, mit zahlreichen weiteren Nachweisen). So lagen die Verhältnisse hier. Der Beklagte hatte den Kläger bereits im November 2004 in Form eines Bescheides aufgefordert, seine bisherige Wohnung aufzugeben, weil diese unangemessen hohe Mietkosten verursache. In dem Aufforderungsschreiben des Beklagten wird zudem deutlich gemacht, dass eine Übernahme der bisherigen Mietkosten nur bis 1.2.2005 gewährleistet werde. Dementsprechend enthält der Bewilligungsbescheid vom 16.12.2004 über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ab 1.2.2005 nur noch eine im Verhältnis zur bisherigen Miete stark reduzierte Bewilligung von KdU. Der Kläger hat auch in seinem nachfolgenden Schreiben an den Beklagten zum Ausdruck gebracht, dass er die vom Beklagten angedrohte Reduktion der gewährten KdU um monatlich 803,47 Euro nicht aus eigenen Mitteln abfangen könne. Von daher war durch den Beklagten selbst ein starker, möglicherweise sogar rechtswidriger, Druck gesetzt worden, zum 1.2.2005 die Wohnung zu wechseln. Unter diesem zeitlichen Aspekt hat das SG zu Recht entschieden, dass die Verzögerung bzw das Nichttreffen einer Entscheidung über die Zusicherung der Umzugskosten seitens des Beklagten nach dem gesonderten Antrag des Klägers vom 12.1.2005 als treuwidrig einzustufen ist.

14

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme der Umzugskosten gemäß § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II, weil der konkrete Umzug nicht vom Beklagten "veranlasst" wurde oder aus "anderen Gründen notwendig" war. § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II bestimmt, dass die Zusicherung erteilt werden soll, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Hieraus ergibt sich für den Regelfall eine Pflicht des Trägers, eine Zusicherung zu erteilen. Der Anspruch des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen geht dabei auf die "angemessenen" Kosten des Umzugs iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Der erkennende Senat leitet dies aus der Überlegung ab, dass die Kosten eines Umzugs, der auf Veranlassung des Trägers stattgefunden hat, ohne die Sonderregelung des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II bereits als KdU von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II umfasst wären. Eine ähnliche Überlegung hat der 4. Senat des BSG bereits in einem obiter dictum angestellt (BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, RdNr 15). Auf solche Umzugskosten bestünde dann - die Regelung des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II hinweggedacht - gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II ein Rechtsanspruch bis zur Grenze der Angemessenheit. Könnte der Umzug des Klägers hier also im Sinne der Norm des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II als vom kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen als notwendig betrachtet werden, so stünden dem Kläger gemäß § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II die angemessenen Umzugskosten(wie in § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II) zu.

15

a) Der Umzug in die Umgebung von Braunschweig kann nicht iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II als vom Träger veranlasst betrachtet werden. Denn der vom Kläger konkret durchgeführte Umzug wäre, wenn der Beklagte vor dem Umzug über den Antrag entschieden hätte, nicht "zusicherungsfähig" gewesen im Sinne dieser Norm. Zusicherungsfähig ist ein Umzug grundsätzlich nur dann, wenn er zur Verminderung der tatsächlichen KdU oder zur Eingliederung in Arbeit geboten ist. Danach könnte hier der Auszug des Klägers aus seiner Wohnung als vom Beklagten veranlasst zu betrachten sein, denn der Beklagte hat auf Grund der zu hohen Kosten der bisherigen Mietwohnung durch sein Verwaltungshandeln (Aufforderungsschreiben) den Kläger zur Aufgabe der Wohnung veranlasst. Keinesfalls kann jedoch davon ausgegangen werden, dass auch der Umzug in die konkrete neue Wohnung in der Nähe von Braunschweig vom Beklagten veranlasst worden ist iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II. Anders als ein Auszug umfasst der Umzug schon begrifflich auch das Endziel (die neue Wohnung). Mithin müsste gerade auch das konkrete Ziel des Wohnungswechsels (der Bezug der neuen Wohnung) veranlasst worden sein.

16

Dient der Umzug der Verminderung der bisherigen KdU, so ist grundsätzlich nur ein Umzug innerhalb des "räumlichen Vergleichsraums" im Sinne der Rechtsprechung zu den angemessenen Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II(zusammenfassend zur Rechtsprechung des BSG zum sog schlüssigen Konzept zuletzt Knickrehm in Spellbrink, Das SGB II in der Praxis der Sozialgerichte, 2010, S 79 ff) "zusicherungsfähig". Ein Umzug innerhalb des maßgeblichen räumlichen Vergleichsraums des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II dürfte dabei im Regelfall als vom Träger veranlasst auch iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II gelten können. Ausnahmen von diesem Grundsatz kommen in Betracht, wenn Umstände vorliegen, die im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II die Unzumutbarkeit eines Umzugs aus der bisherigen Wohnung begründen. Dies könnte etwa bei besonderen Behinderungen oder besonderen medizinischen oder gesundheitlichen Gründen der Fall sein (vgl BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - RdNr 33 ff; vgl bereits Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263). Hierzu haben die Vorinstanzen bindend festgestellt (§ 163 SGG), dass keine gesundheitlichen oder sonstigen Gründe vorliegen, die einen Umzug des Klägers gerade über diese Distanz geboten erschienen ließen.

17

b) Der Umzug gerade nach Braunschweig wäre auch nicht als "aus anderen Gründen notwendig" "zusicherungsfähig" iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II gewesen, wenn der Beklagte rechtzeitig über den Antrag des Klägers entschieden hätte. Eine solche Notwendigkeit aus anderen Gründen könnte etwa bei Pflegebedürftigkeit oder beim Vorhandensein kleiner Kinder vorliegen, wenn erwerbsfähige Hilfebedürftige auf Grund dieser Umstände gerade auf ein bestimmtes räumliches Umfeld in der Nähe von Verwandten und deren Betreuung angewiesen wären. Der bloße Wunsch des Klägers hingegen, sich räumlich wieder in die Nähe seiner erwachsenen Kinder zu bewegen, fällt dem rein privaten Bereich zu. Im Rahmen eines Fürsorgesystems vermag auch insofern die Argumentation des Revisionsklägers nicht zu verfangen, § 33 SGB I gebiete eine besondere Berücksichtigung der persönlichen Belange des Klägers. Es ist nicht Aufgabe des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die grundsätzlich das Ziel hat, Erwerbsfähige wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren, Umzüge zu finanzieren, die einem rein privaten Zweck dienen. Mithin liegen keine Gründe vor, die im Sinne des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II für eine Notwendigkeit des Umzugs des Klägers gerade nach Braunschweig sprechen könnten. Anhaltspunkte dafür, dass der Umzug zur Eingliederung in Arbeit geboten gewesen wäre, sind ebenfalls nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich.

18

3. Da es sich hier mithin nicht um einen vom Träger veranlassten oder aus anderen Gründen notwendigen Umzug iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II handelte, greift zu Gunsten des Klägers lediglich die Auffangnorm des § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II ein, die grundsätzlich für den Fall des nicht notwendigen bzw veranlassten Umzugs einschlägig ist(vgl BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, RdNr 15). § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II räumt dem Leistungsträger bei der Übernahme der Umzugskosten Ermessen ein(vgl Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 22 RdNr 104). Das Ermessen betrifft sowohl das "ob" der Übernahme der Umzugskosten als auch die Höhe der Umzugskosten. Dies folgt aus der Verwendung des Wortes "können", das sich nach dem Wortlaut der Norm sowohl auf das "ob" als auch auf die Höhe der Bewilligung der Umzugskosten bezieht. Der Beklagte hat eine solche Ermessensentscheidung bislang nicht getroffen. Gemäß § 54 Abs 2 Satz 2 SGG war er daher zunächst zu verpflichten, eine entsprechende Entscheidung nachzuholen. Dabei darf der Beklagte allerdings nicht hinter dem bereits von den Vorinstanzen zugesprochenen Betrag von 951,25 Euro zurückbleiben, weil lediglich der Kläger Rechtsmittel eingelegt hat.

19

Die Vorinstanzen haben dabei allerdings Erwägungen angestellt, die der Beklagte bei einer Entscheidung im Rahmen des § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II als Ermessenserwägungen zu Grunde legen kann. Auch Gesichtspunkte, die bei der Prüfung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit der Umzugskosten eines an sich genehmigungsfähigen Umzugs gemäß § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II maßgebend wären, können hier als Ermessenskriterien herangezogen werden. So haben LSG und SG darauf abgestellt, dass den Hilfebedürftigen im SGB II grundsätzlich die Obliegenheit trifft, seine Hilfebedürftigkeit zu verringern. Nach § 2 Abs 1 Satz 1 SGB II müssen erwerbsfähige Hilfebedürftige und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Die in § 2 SGB II zum Ausdruck gekommene Obliegenheit zur Eigenaktivität kann als Auslegungshilfe bei der Anwendung und Interpretation aller Regelungen, die Rechte und Pflichten der Leistungsberechtigen normieren, herangezogen werden(vgl Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 2 RdNr 8; Spellbrink in Spellbrink/Eicher, SGB II, 2. Aufl 2008, § 2 RdNr 5). Hieraus ist abzuleiten, dass der Hilfebedürftige im Rahmen eines aus Steuermitteln finanzierten Fürsorgesystems gehalten ist, einen Umzug grundsätzlich selbst zu organisieren und durchzuführen (so bereits SG Dresden Beschluss vom 15.8.2005 - S 23 AS 692/05 ER - ZfF 2006, 159; Sächsisches LSG Beschluss vom 19.9.2007 - L 3 B 411/06 AS ER -; vgl auch Piepenstock in juris PK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 22 RdNr 125). Als notwendige Umzugskosten könnten daher bei einer Ermessensentscheidung gemäß § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II insbesondere die Aufwendungen für einen erforderlichen Mietwagen, die Anmietung von Umzugskartons, die Kosten für Verpackungsmaterial und Sperrmüllentsorgung und die üblichen Kosten für die Versorgung mithelfender Familienangehöriger und Bekannter zu übernehmen sein(vgl Berlit aaO; Piepenstock aaO; vgl auch Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 84). Lediglich dann, wenn der Leistungsberechtigte den Umzug etwa wegen Alters, Behinderung, körperlicher Konstitution oder wegen der Betreuung von Kleinstkindern nicht selbst vornehmen oder durchführen kann, kann auch die Übernahme der Aufwendungen für einen gewerblich organisierten Umzug in Betracht kommen. Der Beklagte wird im Rahmen seiner Ermessensentscheidung daher hier zunächst noch zu ermitteln haben, ob der Kläger gesundheitlich und körperlich in der Lage war, den Umzug selbst zu organisieren und durchzuführen. War dies der Fall, so dürfte der Beklagte bei seiner Ermessensentscheidung nach § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II wohl davon ausgehen, dass Kosten nur in Höhe der Kosten eines selbst organisierten Umzugs zu erstatten sind. Soweit das SG und ihm folgend das LSG diese Kosten beziffert haben, handelt es sich um eine Schätzung im Sinne des § 202 SGG iVm § 287 Zivilprozessordnung. Unabhängig davon, ob diese Schätzung im Einzelnen zutreffend war oder nicht, hat jedenfalls der Beklagte gegen seine Verurteilung in Höhe von 951,25 Euro kein Rechtsmittel eingelegt, sodass dieser Betrag dem Kläger in jedem Falle zu bewilligen sein wird.

20

Der Beklagte kann in seine Erwägungen auch den Gesichtspunkt einbeziehen, dass sich die Ermessensleistungen nach § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II insgesamt in den Leistungsrahmen des SGB II einpassen müssen. So entspricht der hier vom Kläger geforderte Betrag für Umzugskosten in Höhe von 3700 Euro der Regelleistung gemäß § 20 Abs 2 SGB II für einen Alleinstehenden für fast ein Jahr. Ebenso belaufen sich die vom Kläger geltend gemachten Umzugskosten auf zehn Monatsmieten in der Höhe, wie sie der Beklagte für den Kläger als KdU für angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II hielt. Insofern wäre eine Übernahme der Umzugskosten in Höhe der Rechnung eines professionellen Anbieters eine Privilegierung gerade dieses Kostenanteils im Gesamtzusammenhang des Leistungssystems des SGB II, für den sich weder in den Gesetzesmaterialien noch im Gesetzeswortlaut ein Anhalt findet. Dies unterscheidet die Umzugskosten gerade von den Kosten für mehrtägige Klassenfahrten (zu den rechtlichen Erwägungen im Zusammenhang mit dem Anspruch auf tatsächliche Kostenübernahme gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II vgl BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1), auf die sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Wege der Analogie beruft.

21

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten werden das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 25. Februar 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 18. März 2009 geändert, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, den Klägern mehr als 478,35 Euro der mit Bescheid der Stadt Düren vom 14. Mai 2008 festgesetzten Kosten für die Verlegung von Anschlusskanälen als Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 1. August 2007 bis zum 31. Juli 2008 zu gewähren. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt 4/5 der außergerichtlichen Kosten in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Der Beklagte wendet sich gegen seine Verurteilung zur Übernahme von einmalig angefallenen Kosten in Höhe von 584,65 Euro für die Sanierung des Kanalhausanschlusses als Kosten der Unterkunft durch die Vorinstanzen.

2

Der Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 sind Eigentümer des 390 qm großen Grundstücks S straße in D, das mit einem Wohnhaus (Wohnfläche 180 qm) bebaut ist. Sie leben mit ihren sieben (im streitigen Zeitraum minderjährigen) Kindern, den Klägern zu 3 bis 9, gemeinsam mit zwei weiteren, nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Familienangehörigen in diesem Haus. Sie beziehen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Unter anderem gewährte der Beklagte für die Zeit vom 1.8.2007 bis zum 31.7.2008 Leistungen in Höhe von insgesamt 1545,16 Euro monatlich (Bescheid vom 17.7.2007). Als Kosten der Unterkunft legte er dabei monatliche Gesamtkosten in Höhe von 429,85 Euro (9/11 der Gesamtkosten von 525,37 Euro) sowie monatliche Heizkostenanteile in Höhe von 90 Euro (9/11 von 110 Euro) zugrunde. Für die Zeit ab 1.4.2008 änderte der Beklagte die Bewilligungsentscheidung und bewilligte Leistungen in Höhe von 1562,99 Euro monatlich und dabei ua Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 537,68 Euro, wobei er Hauslasten in Höhe von 423,14 Euro monatlich und Kosten für Heizung in Höhe von 114,54 Euro monatlich berücksichtigte (Bescheid vom 18.4.2008). Für die Zeit ab 1.7.2008 bewilligte er schließlich Leistungen in Höhe von 1591,99 Euro monatlich; die Kosten der Unterkunft und Heizung blieben insoweit unverändert.

3

Mit Bescheid über die Festsetzung und Erhebung der Kosten für die Erneuerung oder Ausbesserung der Anschlusskanäle für das Grundstück vom 14.5.2008 setzte die Stadt Düren gegenüber dem Kläger zu 1 Anschlusskosten für die Verlegung von Anschlusskanälen in Höhe von 584,65 Euro fest. Der Betrag werde einen Monat nach Bekanntgabe fällig. Der Kläger zu 1 beantragte die Übernahme dieser Kosten bei dem Beklagten. Er sei nicht bereit für diese Kosten aufzukommen, da er die Erneuerung bzw Ausbesserung der Anschlusskanäle nicht gewollt habe (Schreiben vom 24.5.2008). Den Antrag lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom 23.7.2008; Widerspruchsbescheid vom 14.8.2008).

4

Der hiergegen zum Sozialgericht (SG) Aachen erhobenen Klage hat das SG stattgegeben und den Beklagten unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen zur Übernahme der mit Bescheid vom 14.5.2008 festgesetzten Kosten in Höhe von 584,65 Euro verurteilt (Urteil vom 18.3.2009). Die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen zurückgewiesen (Urteil vom 25.2.2010). Zur Begründung hat es ausgeführt, bei den mit Bescheid vom 14.5.2008 festgesetzten Kosten handele es sich um Aufwendungen für Unterkunft und Heizung iS des § 22 Abs 1 SGB II. Zu den erstattungsfähigen Aufwendungen für die Unterkunft bei Eigenheimen gehörten alle mit dem Eigentum verbundenen notwendigen Ausgaben, die bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen seien. § 7 Abs 2 der Verordnung (VO) zu § 82 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) sei - wie schon unter Geltung des Bundessozialhilfegesetzes - insoweit entsprechend anzuwenden(Hinweis auf BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, RdNr 38 und BVerwGE 77, 232). Bei den im vorliegenden Fall gemäß § 10 Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG NRW) in Verbindung mit der Entwässerungssatzung sowie der Beitragssatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt Düren festgesetzten und erhobenen Kosten handele es sich um einen Kostenersatz, der wie eine sonstige öffentliche Abgabe iS des § 7 Abs 2 Satz 1 Nr 2 VO zu § 82 SGB XII zu werten sei, auch wenn es sich rechtstechnisch (anders als in anderen Bundesländern) nicht um eine Gebühr handele, sondern um eine öffentlich-rechtliche Entgeltleistung besonderer Art. Der Senat halte es für geboten, den Begriff der öffentlichen Abgabe in § 7 Abs 2 Satz 1 Nr 2 VO zu § 82 SGB XII sozialrechtlich auf den vorliegend geltend gemachten Kostenersatzanspruch gemäß § 10 KAG NRW auszudehnen. Für eine je nach Bundesland unterschiedliche Behandlung solcher Kostenersatzansprüche sei ein sachlicher Grund nicht gegeben. Zudem ruhe der Kostenersatzanspruch nach § 10 KAG NRW als öffentliche Last auf dem Grundstück(Hinweis auf OVG NRW Urteil vom 10.8.1998 - 22 A 2059/95). Entgegen der Auffassung des Beklagten komme es damit auf eine Unterscheidung zwischen werterhaltenden und wertsteigernden Ausgaben nicht an. Eine Übernahme der als sonstige öffentliche Abgabe zu qualifizierenden Kosten werde allein durch das Kriterium der Angemessenheit begrenzt. An der Angemessenheit der Kosten bestünden vorliegend keine Zweifel, weil schon die von dem Beklagten als für die Bedarfsgemeinschaft angemessen angesehene Kaltmiete in Höhe von 744,54 Euro monatlich nicht überschritten würde.

5

Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten. Die vom LSG vorgenommene Auslegung unter dem Gesichtspunkt einer einheitlichen Belastung über alle Bundesländer hinweg überzeuge nicht. Eine "sozialrechtliche Ausdehnung" und damit bundeseinheitliche Anwendung der jeweils für den Hilfebedürftigen günstigsten landesrechtlichen Vorschriften sei vom Bundessozialgericht (BSG) schon bei der Bestimmung der Flächenwerte für eine "angemessene Unterkunft" verworfen worden (BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19). Damit habe das BSG bewusst Ungleichbehandlungen von Bundesland zu Bundesland in Kauf genommen. § 7 Abs 2 Satz 1 Nr 2 der VO zu § 82 SGB XII könne keine Anwendung finden, denn sonstige öffentlich-rechtliche Entgeltleistungen besonderer Art seien nicht erfasst.

6

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 25. Februar 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 18. März 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie halten die Entscheidungen von SG und LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Beklagten ist nur zu einem Teil begründet, im Übrigen aber unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). SG und LSG sind im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass den Klägern wegen der im laufenden Bewilligungsabschnitt fällig gewordenen Kosten für die Erneuerung oder Ausbesserung der Anschlusskanäle für das Grundstück höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen. Insoweit ist mit Fälligkeit der Kosten im Juni 2008 eine wesentliche Änderung iS von § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) gegenüber den Verhältnissen eingetreten, die bei Erlass der Bescheide vom 17.7.2007 und vom 18.4.2008 für den Zeitraum vom 1.8.2007 bis zum 31.7.2008 hinsichtlich der Kosten für Unterkunft und Heizung vorlagen (dazu unter 2 a). Allerdings ist der von diesem Zeitpunkt an geänderte, aktuelle tatsächliche Bedarf der Kläger an Kosten der Unterkunft und Heizung nur in Höhe der auf sie entfallenden Kopfteile an den Gesamtkosten für das von elf Personen bewohnte Haus zu berücksichtigen (dazu unter 2 b). Die danach berücksichtigungsfähigen Kosten in Höhe von 478,35 Euro (9/11 von 584,65 Euro) sind mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse zugunsten der Kläger zu berücksichtigen, denn die Kosten für Unterkunft und Heizung stellen sich auch unter Einschluss dieser weiteren Kosten als angemessen dar (dazu unter 2 c).

10

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 23.7.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.8.2008, mit dem der Beklagte die Übernahme der im Mai 2008 festgesetzten und im Juni 2008 fällig gewordenen Kosten für die Erneuerung und Ausbesserung der Anschlusskanäle als Kosten der Unterkunft und Heizung abgelehnt hat. Gegen diese Bescheide wenden sich die Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG iVm § 56 SGG). Bereits mit ihrem Antrag vor dem SG haben die Kläger den Streitstoff inhaltlich ausdrücklich auf höhere Kosten für Unterkunft und Heizung beschränkt (zur Zulässigkeit einer derartigen Beschränkung vgl nur BSGE 97, 217 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18; zur rechtlich nicht möglichen weiteren Aufspaltung des Streitgegenstands, etwa in Unterkunfts- und Heizkosten: BSG, aaO, RdNr 18, 22). Der Höhe nach ist die Überprüfung im Revisionsverfahren auf weitere Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 584,65 Euro begrenzt, weil nur der Beklagte durch die Urteile von SG und LSG beschwert ist und Revision eingelegt hat.

11

2. Die Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheides misst sich an § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch und § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X, weil der Beklagte den Klägern mit den vorangegangenen Bewilligungsbescheiden vom 17.7.2007 und vom 18.4.2008 Kosten für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 1.8.2007 bis 31.7.2008 bewilligt hatte und die Fälligkeit der weiteren, streitigen Kosten zeitlich in diesen Bewilligungsabschnitt fällt. Nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, hier also der Bescheid vom 17.7.2007 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 18.4.2008, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt. Dabei sind bei der Frage, ob bzw inwieweit eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse - bezogen auf die hier streitigen Kosten der Unterkunft und Heizung - dazu führt, dass die ursprünglichen Bewilligungsbescheide abzuändern sind, grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (vgl nur BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 38 RdNr 12 mwN) .

12

Die Kläger erfüllten im Zeitraum vom 1.8.2007 bis 31.7.2008 die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 iVm § 19 Satz 1, § 22 SGB II. Damit haben sie ua Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen, soweit diese angemessen sind. Es ergeben sich nach den Feststellungen des LSG und dem Vortrag der Beteiligten dabei keine Anhaltspunkte dafür, dass die mit Bescheiden vom 17.7.2007 und vom 18.4.2008 für den Zeitraum vom 1.8.2007 bis 31.7.2008 bewilligten Kosten für Unterkunft und Heizung ursprünglich unzutreffend festgesetzt sein könnten.

13

a) Eine gegenüber den ursprünglichen Bewilligungen mit Bescheiden vom 17.7.2007 und vom 18.4.2008 wesentliche Änderung in den Verhältnissen ist mit der Fälligkeit der mit Bescheid der Stadt Düren vom 14.5.2008 festgesetzten und erhobenen Kosten für die Verlegung von Anschlusskanälen im Juni 2008 eingetreten. Für diesen Monat sind höhere tatsächliche Kosten für Unterkunft und Heizung entstanden, die entgegen der Auffassung des Beklagten dem Grunde nach berücksichtigungsfähig im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II sind.

14

Zu den grundsätzlich berücksichtigungsfähigen Aufwendungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II für die Unterkunft in Eigenheimen gehören neben den zur Finanzierung geleisteten Schuldzinsen auch die Nebenkosten, wie zB Beiträge zur Wohngebäudeversicherung, Grundsteuern, Wasser- und Abwassergebühren und ähnliche Aufwendungen im jeweils maßgebenden Bewilligungszeitraum. Wird ein Eigenheim bewohnt, zählen zu den Kosten der Unterkunft die Aufwendungen, die der Leistungsberechtigte als mit dem Eigentum unmittelbar verbundene Lasten zu tragen hat. Soweit solche Kosten in einer Summe fällig werden, sind sie als tatsächlicher, aktueller Bedarf im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen, nicht aber auf längere Zeiträume zu verteilen (vgl etwa BSG SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 36).

15

Bei den streitigen Anschlusskosten handelt es sich um solche einmalig anfallenden Lasten, die im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II berücksichtigungsfähig sind. Bei der Frage nach den berücksichtigungsfähigen Kosten für Unterkunft und Heizung bei selbst genutzten Eigenheimen geht es nur darum, diejenigen Kosten zu bestimmen, die tatsächlich und untrennbar mit der Nutzung des Hausgrundstücks anfallen. Insoweit hat das LSG im Einzelnen unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen ausgeführt, dass die Anschlusskosten nach § 10 KAG NRW als öffentliche Last auf dem Grundstück liegen. Sie erwachsen nach den Feststellungen des LSG aus dem gemeindlichen Anschluss- und Benutzungszwang, dem der Grundstückseigentümer unterworfen ist, und sind so ausgestaltet, dass sie für den Eigentümer unvermeidbare und unmittelbar mit der Nutzung des Grundstücks verbundene Lasten sind. An diese Auslegung der landesrechtlichen Vorschriften ist der Senat gebunden (§ 162 SGG). Auf die weitergehende landesrechtliche Ausgestaltung solcher Lasten als Gebühr oder öffentlich-rechtliche Entgeltleistung besonderer Art kommt es nach Sinn und Zweck des § 22 SGB II nicht an. Inwieweit eine Übernahme solcher öffentlich-rechtlicher Lasten, denen sich der Hauseigentümer nicht entziehen kann, durch den Träger der Grundsicherung als gerechtfertigt anzusehen ist, ist allein eine Frage der Angemessenheit solcher Kosten, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat.

16

Dagegen ist unerheblich, ob die Einbeziehung dieser Kosten von Wortlaut und Sinn und Zweck des § 7 Abs 2 Satz 1 Nr 2 VO zu § 82 SGB XII gedeckt ist, wie das LSG meint. § 7 VO zu § 82 SGB XII ist für die Feststellung, welche (Neben)Kosten für Eigentümer als berücksichtigungsfähige Kosten anzusehen sind, (nur) entsprechend anzuwenden(BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, RdNr 38). Die dort genannten Kosten können nur Anhaltspunkt dafür sein, in welchem Umfang berücksichtigungsfähige Kosten im Rahmen des § 22 SGB II entstehen. Bereits aufgrund ihrer systematischen Stellung kommt der Regelung bei der Konkretisierung des Begriffs der Aufwendungen für Unterkunft keine bindende Wirkung zu (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 17 RdNr 16).

17

Schließlich kann dahinstehen, ob die von der Stadt Düren vorgenommenen Kanalausbesserungen, die den streitigen Kosten zugrunde liegen, als notwendige Erhaltungsmaßnahmen auch aus diesem Grund zu den berücksichtigungsfähigen Kosten gehören.

18

b) Allerdings sind auch einmalig anfallende Kosten bei der Nutzung eines Eigenheimes von mehreren Personen nicht in vollem Umfang, sondern nur anteilig pro Kopf zu berücksichtigen. Da nur neun der insgesamt elf Familienmitglieder als Hilfebedürftige nach den Feststellungen des LSG eine Bedarfsgemeinschaft bilden und nur deren Kosten der Unterkunft im vorliegenden Verfahren von dem Beklagten geltend gemacht werden können, belaufen sich die weiteren, im Monat Juni 2008 berücksichtigungsfähigen Kosten auf 478,35 Euro und nicht auf 584,65 Euro, wie die Vorinstanzen meinen. Nutzen Hilfebedürftige eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen, so sind die Kosten der Unterkunft im Regelfall unabhängig von Alter oder Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Personen Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft sind (stRspr, vgl etwa BSG SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 33 mwN). Unerheblich ist insoweit auch, dass nur der Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 als Grundstückeigentümer von der Stadt Düren wegen der streitigen Kosten in Anspruch genommen worden sind.

19

c) Die danach berücksichtigungsfähigen einmaligen Kosten in Höhe von 478,35 Euro erweisen sich schließlich auch als angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II, sodass sich die Verurteilung des Beklagten zu ihrer Übernahme insoweit als zutreffend erweist.

20

Die Angemessenheit von mit der Nutzung von Eigentum verbundenen Kosten ist nach der Rechtsprechung des BSG an den Kosten zu messen, die für Mietwohnungen angemessen sind (im Einzelnen nur BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10). Diese Rechtsprechung ist dahin zu konkretisieren, dass der Vergleich zwischen den Kosten für eine im örtlichen Vergleichsraum abstrakt angemessene Nettokaltmiete und den Kosten, die bei der Nutzung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen entstehen, an Hand der im Kalenderjahr anfallenden Kosten vorzunehmen ist. Dies rechtfertigt sich daraus, dass üblicherweise vor allem die Betriebskosten für Eigenheime (etwa Grundsteuern, Beiträge zur Versicherungen, Wasser- und Abwassergebühren) nicht monatlich, sondern jährlich, halbjährlich oder vierteljährlich anfallen. Um die regelmäßigen Kosten von Eigenheimen realistisch abzubilden, erscheint eine monatliche Betrachtungsweise damit nicht geeignet. Andererseits berücksichtigt die Prüfung der Angemessenheit von Kosten bezogen auf einen Jahreszeitraum, dass nach § 41 Abs 1 Satz 5 SGB II aF Leistungen (wie dies vorliegend geschehen ist) längstens für ein Jahr bewilligt werden dürfen. Längstens für diesen Zeitraum kann davon ausgegangen werden, dass wesentliche Veränderungen in den Lebensverhältnissen eines Hilfebedürftigen nicht eintreten. Die Prüfung der Angemessenheit von Gesamtkosten bezogen auf ein Jahr bedeutet allerdings - wie bereits ausgeführt - nicht, dass tatsächlich einmalig anfallende Kosten vom Träger der Grundsicherung über längere Zeiträume verteilt zu gewähren wären.

21

Nach den Feststellungen des LSG hält der Beklagte eine monatliche Kaltmiete (ohne Nebenkosten) in Höhe von 744,54 Euro, mithin eine Jahreskaltmiete in Höhe von 8934,48 Euro für eine neunköpfige Bedarfsgemeinschaft für angemessen. Diese Kosten, die die üblichen von Mietern zu zahlenden (kalten) Nebenkosten noch nicht enthalten (vgl dazu zuletzt BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - RdNr 33, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), werden mit den auf die Kläger entfallenden, von dem Beklagten als berücksichtigungsfähig anerkannten Anteilen der Gesamtkosten des Hauses im Jahre 2008 (5097,81 Euro zuzüglich Heizkosten) bei weitem nicht erreicht. Der vom LSG mitgeteilte Sachverhalt gibt mithin keinen Anlass an der Angemessenheit der Gesamtkosten des Eigenheimes auch unter Einschluss der einmalig angefallenen Kosten für die Verlegung der Kanalanschlüsse in Höhe von 478,35 Euro zu zweifeln.

22

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.

(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe der Beklagte die Umzugskosten des Klägers zu übernehmen hat.

2

Der Kläger ist im Jahre 1942 geboren. Er bezog bis zum 31.12.2004 Leistungen der Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) von der Stadt B in Hessen. Im November 2004 beantragte er bei dem Beklagten die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Der Beklagte forderte im November 2004 den Kläger auf, die Kosten der Unterkunft (KdU) zu senken. Angemessen sei für ihn eine Gesamtmiete von 372,50 Euro. Die tatsächliche Miete in Höhe von bisher 1175,97 Euro werde nur bis zum 31.1.2005 anerkannt und ab 1.2.2005 werde nur noch die angemessene Miete gewährt. Durch Schreiben vom 27.12.2004 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er zum 1.2.2005 eine kostengünstigere Wohnung in Wolfenbüttel gefunden habe. Er beantragte die Übernahme der Umzugskosten und kündigte an, Kostenvoranschläge einzureichen. Mit am 12.1.2005 beim Beklagten eingegangenem Schreiben zeigte der Kläger an, dass er eine Wohnung in Wolfenbüttel bereits angemietet habe, die nach dem SGB II angemessen sei. Er legte einen Kostenvoranschlag eines Umzugsunternehmens über 3645,07 Euro vor und bat um Bewilligung bis 20.1.2005, weil er dann den Auftrag an die Umzugsfirma vergeben müsse.

3

Der Beklagte reagierte auf die Schreiben des Klägers nicht. Dieser führte sodann den Umzug am 26.1.2005 durch und beantragte am 28.1.2005 beim Beklagten unter Vorlage der Rechnung eines Umzugsunternehmens die Übernahme der Umzugskosten in Höhe von 3705,10 Euro. Der Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 11.4.2005 ab. Den Widerspruch wies er zurück. In dem Widerspruchsbescheid vom 1.8.2005 ist ausgeführt, es müsse eine vorherige Zustimmung zu den Umzugskosten vorliegen. Der Kläger habe aber erst am 12.1.2005 den Kostenvoranschlag eingereicht. Von einer treuwidrigen Verzögerung der Entscheidung durch den Beklagten könne daher nicht die Rede sein.

4

Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) Braunschweig durch Urteil vom 6.7.2006 die angefochtenen Bescheide "aufgehoben" und den Beklagten verpflichtet, dem Kläger Umzugskosten in Höhe von 951,25 Euro zu bewilligen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die vorherige Zusicherung gemäß § 22 Abs 3 SGB II sei hier entbehrlich gewesen, weil die Entscheidung über die Umzugskosten in treuwidriger Weise verzögert worden sei. Das Leistungsermessen des Beklagten sei auch eingeschränkt gewesen, weil der kommunale Träger den Umzug veranlasst habe. Der Anspruch auf Übernahme der Umzugskosten beschränke sich jedoch auf die notwendigen und angemessenen Kosten. Der Beklagte sei nicht grundsätzlich verpflichtet, die Kosten eines professionellen Umzugsunternehmens zu tragen. Vielmehr sei auf Grund der Obliegenheit, die eigene Hilfebedürftigkeit zu verringern, der Umzug vorrangig in Eigenregie durchzuführen. Ausnahmen würden nur bei Alter oder Gebrechlichkeit gelten. Der Kläger sei jedoch körperlich in guter Verfassung gewesen. Es habe auch keine medizinische Notwendigkeit bestanden, gerade nach Niedersachsen umzuziehen. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände seien die Umzugskosten angemessen, die bei einem selbst organisierten Umzug unter Heranziehung von studentischen Hilfskräften angemessen wären. Hier seien lediglich die Kosten der Anmietung eines Umzugsfahrzeugs, Benzinkosten, Kosten für drei studentische Hilfskräfte als Umzugshelfer und Fahrer, Kosten für eine Haftpflichtversicherung für die Umzugshelfer, Kosten für Umzugskartons und Verpackungsmaterial angemessen. Unter Heranziehung von Quellen aus dem Internet hat das SG sodann für diese Positionen die ausgeurteilten Umzugskosten in Höhe von 951,25 Euro ermittelt.

5

Hiergegen hat lediglich der Kläger Berufung eingelegt. Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat die Berufung durch Beschluss gemäß § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vom 5.6.2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es gemäß § 153 Abs 2 SGG auf die Gründe des Urteils des SG verwiesen und ergänzend ausgeführt, dem Kläger sei ein selbst organisierter Umzug zumutbar gewesen. Der Kläger sei im Besitz einer Fahrerlaubnis und habe nach eigenen Angaben zusammen mit Freunden die Gegenstände in der bisherigen Wohnung ein- und in der neuen Wohnung selbst wieder ausgepackt. Es sei daher nicht erkennbar, wieso er aus medizinischen Gründen gehindert gewesen sein sollte, den Umzug selbst durchzuführen. Darüber hinaus sei der weite Umzug des Klägers von Hessen nach Niedersachsen weder aus medizinischen noch aus besonderen persönlichen Gründen erforderlich gewesen, sodass diese Kosten nicht der Allgemeinheit in Rechnung gestellt werden dürften. Dies gelte insbesondere auch für den auf dem Weg erfolgten Möbeltransport zu dem in Göttingen lebenden Sohn des Klägers.

6

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner - vom Senat zugelassenen - Revision. Er rügt eine Verletzung des § 22 Abs 3 SGB II. Zwar werde auch in der Literatur vertreten, dass nur angemessene bzw notwendige Umzugskosten zu erstatten seien, allerdings finde diese Auffassung im Gesetzeswortlaut keinen Anhalt. § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II spreche ausdrücklich nicht von "angemessenen" Umzugskosten, sodass eine solche Einschränkung nicht möglich sei, was auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II zeige. Dort habe es der erkennende Senat abgelehnt, das Kriterium der Angemessenheit in den Rechtsanspruch auf Übernahme der Kosten einer mehrtägigen Klassenfahrt hineinzulesen. Es sei zweifelhaft, ob die Obliegenheit in § 2 Abs 1 SGB II "die Hilfebedürftigkeit zu verringern", soweit gehe, dass auch die kostensparende Selbstorganisation eines Umzugs von Hilfebedürftigen gefordert werden dürfe. Jedenfalls finde sich für die Rechtsansicht des LSG, dass ein Umzug grundsätzlich selbst organisiert werden müsse, es sei denn, dies sei für den Hilfebedürftigen unzumutbar, kein gesetzlicher Anhalt. Die tatsächlichen Feststellungen des LSG trügen im Übrigen nicht den rechtlichen Schluss, dass er - der Kläger - tatsächlich in der Lage gewesen sei, den Umzug auch selbst zu organisieren. Zu mehr als einer Mithilfe bei der Umzugsfirma sei er gesundheitlich nicht in der Lage gewesen. Hinsichtlich der Notwendigkeit nach Niedersachsen umzuziehen sei § 33 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) zu berücksichtigen, nach dem bei der Ausgestaltung von sozialen Rechten die persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen seien.

7

Der Kläger beantragt,

den Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. Juni 2008 aufzuheben, das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 6. Juli 2006 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger weitere Umzugskosten in Höhe von 2753,85 Euro zu gewähren.

8

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Der Beklagte beruft sich darauf, dass hier eine vorherige Zustimmung zu den Umzugskosten nicht entbehrlich gewesen sei. Eine besondere Eilbedürftigkeit habe nicht vorgelegen, sodass es dem Kläger zumutbar gewesen wäre, eine Entscheidung über die Umzugskosten abzuwarten. Im Übrigen beschränke sich die Revisionsbegründung auf Vorbringen im tatsächlichen Bereich, das einer Überprüfung durch das Revisionsgericht nicht zugänglich sei.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung der angefochtenen Bescheide und einer Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung begründet. Der Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Erstattung der am 26.1.2005 angefallenen Umzugskosten zu Unrecht wegen fehlender Zusicherung zur Übernahme der Umzugskosten in vollem Umfang abgelehnt (sogleich unter 1.). Er hätte stattdessen gemäß § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II eine Ermessensentscheidung über die Höhe der zu übernehmenden Umzugskosten zu treffen gehabt, die bislang nicht erfolgt ist. Bei der Nachholung dieser Entscheidung wird der Beklagte zu beachten haben, dass dem Kläger zumindest die von den Vorinstanzen zugesprochenen 951,25 Euro zustehen, weil der Beklagte hiergegen keine Rechtsmittel eingelegt hat (hierzu unter 3.). Ein Anspruch gemäß § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II steht dem Kläger hingegen nicht zu, weil der Umzug nicht als vom Beklagten "veranlasst" oder "aus anderen Gründen notwendig" betrachtet werden kann (vgl unter 2.).

11

Streitgegenstand ist allein die Frage, inwieweit der Beklagte verpflichtet ist, die Kosten des Umzugs des Klägers von B in die Umgebung von Braunschweig zu tragen. Hierüber ist in den angefochtenen Bescheiden vom 11.4. und 1.8.2005 eine isolierte Regelung getroffen worden. Die Frage, in welcher Höhe dem Kläger im Übrigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß §§ 19 ff SGB II zustehen, ist hiervon nicht berührt. Der Anspruch auf Übernahme von Umzugskosten hängt allerdings davon ab, dass dem Kläger überhaupt dem Grunde nach Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zustehen. Hieran bestehen aber nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen der Vorinstanzen keine Zweifel.

12

1. Der Anspruch des Klägers scheitert nicht bereits daran, dass vor seinem Umzug keine Zusicherung des bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Trägers über die Umzugskosten vorlag (§ 22 Abs 3 Satz 1 SGB II). Entgegen der Rechtsansicht des LSG hat der Beklagte auf eine Prüfung dieses rechtlichen Gesichtspunkts nicht dadurch verzichtet, dass er keine Berufung gegen das Urteil des SG eingelegt hat. Die Nichteinlegung der Berufung bzw Revision durch den Beklagten hat lediglich zur Folge, dass auf Grund des Verbots der reformatio in peius der Leistungsausspruch des SG nicht mehr aufgehoben werden darf. Im Übrigen haben beide Rechtsmittelinstanzen den Anspruch des Klägers aber unter allen möglichen Gesichtspunkten zu prüfen.

13

Eine vorherige Zusicherung der Umzugskosten ist nicht erforderlich, wenn eine fristgerecht mögliche Entscheidung vom Verwaltungsträger treuwidrig verzögert worden ist (vgl Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 22 RdNr 106, mit zahlreichen weiteren Nachweisen). So lagen die Verhältnisse hier. Der Beklagte hatte den Kläger bereits im November 2004 in Form eines Bescheides aufgefordert, seine bisherige Wohnung aufzugeben, weil diese unangemessen hohe Mietkosten verursache. In dem Aufforderungsschreiben des Beklagten wird zudem deutlich gemacht, dass eine Übernahme der bisherigen Mietkosten nur bis 1.2.2005 gewährleistet werde. Dementsprechend enthält der Bewilligungsbescheid vom 16.12.2004 über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ab 1.2.2005 nur noch eine im Verhältnis zur bisherigen Miete stark reduzierte Bewilligung von KdU. Der Kläger hat auch in seinem nachfolgenden Schreiben an den Beklagten zum Ausdruck gebracht, dass er die vom Beklagten angedrohte Reduktion der gewährten KdU um monatlich 803,47 Euro nicht aus eigenen Mitteln abfangen könne. Von daher war durch den Beklagten selbst ein starker, möglicherweise sogar rechtswidriger, Druck gesetzt worden, zum 1.2.2005 die Wohnung zu wechseln. Unter diesem zeitlichen Aspekt hat das SG zu Recht entschieden, dass die Verzögerung bzw das Nichttreffen einer Entscheidung über die Zusicherung der Umzugskosten seitens des Beklagten nach dem gesonderten Antrag des Klägers vom 12.1.2005 als treuwidrig einzustufen ist.

14

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme der Umzugskosten gemäß § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II, weil der konkrete Umzug nicht vom Beklagten "veranlasst" wurde oder aus "anderen Gründen notwendig" war. § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II bestimmt, dass die Zusicherung erteilt werden soll, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Hieraus ergibt sich für den Regelfall eine Pflicht des Trägers, eine Zusicherung zu erteilen. Der Anspruch des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen geht dabei auf die "angemessenen" Kosten des Umzugs iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Der erkennende Senat leitet dies aus der Überlegung ab, dass die Kosten eines Umzugs, der auf Veranlassung des Trägers stattgefunden hat, ohne die Sonderregelung des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II bereits als KdU von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II umfasst wären. Eine ähnliche Überlegung hat der 4. Senat des BSG bereits in einem obiter dictum angestellt (BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, RdNr 15). Auf solche Umzugskosten bestünde dann - die Regelung des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II hinweggedacht - gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II ein Rechtsanspruch bis zur Grenze der Angemessenheit. Könnte der Umzug des Klägers hier also im Sinne der Norm des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II als vom kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen als notwendig betrachtet werden, so stünden dem Kläger gemäß § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II die angemessenen Umzugskosten(wie in § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II) zu.

15

a) Der Umzug in die Umgebung von Braunschweig kann nicht iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II als vom Träger veranlasst betrachtet werden. Denn der vom Kläger konkret durchgeführte Umzug wäre, wenn der Beklagte vor dem Umzug über den Antrag entschieden hätte, nicht "zusicherungsfähig" gewesen im Sinne dieser Norm. Zusicherungsfähig ist ein Umzug grundsätzlich nur dann, wenn er zur Verminderung der tatsächlichen KdU oder zur Eingliederung in Arbeit geboten ist. Danach könnte hier der Auszug des Klägers aus seiner Wohnung als vom Beklagten veranlasst zu betrachten sein, denn der Beklagte hat auf Grund der zu hohen Kosten der bisherigen Mietwohnung durch sein Verwaltungshandeln (Aufforderungsschreiben) den Kläger zur Aufgabe der Wohnung veranlasst. Keinesfalls kann jedoch davon ausgegangen werden, dass auch der Umzug in die konkrete neue Wohnung in der Nähe von Braunschweig vom Beklagten veranlasst worden ist iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II. Anders als ein Auszug umfasst der Umzug schon begrifflich auch das Endziel (die neue Wohnung). Mithin müsste gerade auch das konkrete Ziel des Wohnungswechsels (der Bezug der neuen Wohnung) veranlasst worden sein.

16

Dient der Umzug der Verminderung der bisherigen KdU, so ist grundsätzlich nur ein Umzug innerhalb des "räumlichen Vergleichsraums" im Sinne der Rechtsprechung zu den angemessenen Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II(zusammenfassend zur Rechtsprechung des BSG zum sog schlüssigen Konzept zuletzt Knickrehm in Spellbrink, Das SGB II in der Praxis der Sozialgerichte, 2010, S 79 ff) "zusicherungsfähig". Ein Umzug innerhalb des maßgeblichen räumlichen Vergleichsraums des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II dürfte dabei im Regelfall als vom Träger veranlasst auch iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II gelten können. Ausnahmen von diesem Grundsatz kommen in Betracht, wenn Umstände vorliegen, die im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II die Unzumutbarkeit eines Umzugs aus der bisherigen Wohnung begründen. Dies könnte etwa bei besonderen Behinderungen oder besonderen medizinischen oder gesundheitlichen Gründen der Fall sein (vgl BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - RdNr 33 ff; vgl bereits Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263). Hierzu haben die Vorinstanzen bindend festgestellt (§ 163 SGG), dass keine gesundheitlichen oder sonstigen Gründe vorliegen, die einen Umzug des Klägers gerade über diese Distanz geboten erschienen ließen.

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b) Der Umzug gerade nach Braunschweig wäre auch nicht als "aus anderen Gründen notwendig" "zusicherungsfähig" iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II gewesen, wenn der Beklagte rechtzeitig über den Antrag des Klägers entschieden hätte. Eine solche Notwendigkeit aus anderen Gründen könnte etwa bei Pflegebedürftigkeit oder beim Vorhandensein kleiner Kinder vorliegen, wenn erwerbsfähige Hilfebedürftige auf Grund dieser Umstände gerade auf ein bestimmtes räumliches Umfeld in der Nähe von Verwandten und deren Betreuung angewiesen wären. Der bloße Wunsch des Klägers hingegen, sich räumlich wieder in die Nähe seiner erwachsenen Kinder zu bewegen, fällt dem rein privaten Bereich zu. Im Rahmen eines Fürsorgesystems vermag auch insofern die Argumentation des Revisionsklägers nicht zu verfangen, § 33 SGB I gebiete eine besondere Berücksichtigung der persönlichen Belange des Klägers. Es ist nicht Aufgabe des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die grundsätzlich das Ziel hat, Erwerbsfähige wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren, Umzüge zu finanzieren, die einem rein privaten Zweck dienen. Mithin liegen keine Gründe vor, die im Sinne des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II für eine Notwendigkeit des Umzugs des Klägers gerade nach Braunschweig sprechen könnten. Anhaltspunkte dafür, dass der Umzug zur Eingliederung in Arbeit geboten gewesen wäre, sind ebenfalls nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich.

18

3. Da es sich hier mithin nicht um einen vom Träger veranlassten oder aus anderen Gründen notwendigen Umzug iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II handelte, greift zu Gunsten des Klägers lediglich die Auffangnorm des § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II ein, die grundsätzlich für den Fall des nicht notwendigen bzw veranlassten Umzugs einschlägig ist(vgl BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, RdNr 15). § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II räumt dem Leistungsträger bei der Übernahme der Umzugskosten Ermessen ein(vgl Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 22 RdNr 104). Das Ermessen betrifft sowohl das "ob" der Übernahme der Umzugskosten als auch die Höhe der Umzugskosten. Dies folgt aus der Verwendung des Wortes "können", das sich nach dem Wortlaut der Norm sowohl auf das "ob" als auch auf die Höhe der Bewilligung der Umzugskosten bezieht. Der Beklagte hat eine solche Ermessensentscheidung bislang nicht getroffen. Gemäß § 54 Abs 2 Satz 2 SGG war er daher zunächst zu verpflichten, eine entsprechende Entscheidung nachzuholen. Dabei darf der Beklagte allerdings nicht hinter dem bereits von den Vorinstanzen zugesprochenen Betrag von 951,25 Euro zurückbleiben, weil lediglich der Kläger Rechtsmittel eingelegt hat.

19

Die Vorinstanzen haben dabei allerdings Erwägungen angestellt, die der Beklagte bei einer Entscheidung im Rahmen des § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II als Ermessenserwägungen zu Grunde legen kann. Auch Gesichtspunkte, die bei der Prüfung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit der Umzugskosten eines an sich genehmigungsfähigen Umzugs gemäß § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II maßgebend wären, können hier als Ermessenskriterien herangezogen werden. So haben LSG und SG darauf abgestellt, dass den Hilfebedürftigen im SGB II grundsätzlich die Obliegenheit trifft, seine Hilfebedürftigkeit zu verringern. Nach § 2 Abs 1 Satz 1 SGB II müssen erwerbsfähige Hilfebedürftige und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Die in § 2 SGB II zum Ausdruck gekommene Obliegenheit zur Eigenaktivität kann als Auslegungshilfe bei der Anwendung und Interpretation aller Regelungen, die Rechte und Pflichten der Leistungsberechtigen normieren, herangezogen werden(vgl Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 2 RdNr 8; Spellbrink in Spellbrink/Eicher, SGB II, 2. Aufl 2008, § 2 RdNr 5). Hieraus ist abzuleiten, dass der Hilfebedürftige im Rahmen eines aus Steuermitteln finanzierten Fürsorgesystems gehalten ist, einen Umzug grundsätzlich selbst zu organisieren und durchzuführen (so bereits SG Dresden Beschluss vom 15.8.2005 - S 23 AS 692/05 ER - ZfF 2006, 159; Sächsisches LSG Beschluss vom 19.9.2007 - L 3 B 411/06 AS ER -; vgl auch Piepenstock in juris PK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 22 RdNr 125). Als notwendige Umzugskosten könnten daher bei einer Ermessensentscheidung gemäß § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II insbesondere die Aufwendungen für einen erforderlichen Mietwagen, die Anmietung von Umzugskartons, die Kosten für Verpackungsmaterial und Sperrmüllentsorgung und die üblichen Kosten für die Versorgung mithelfender Familienangehöriger und Bekannter zu übernehmen sein(vgl Berlit aaO; Piepenstock aaO; vgl auch Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 84). Lediglich dann, wenn der Leistungsberechtigte den Umzug etwa wegen Alters, Behinderung, körperlicher Konstitution oder wegen der Betreuung von Kleinstkindern nicht selbst vornehmen oder durchführen kann, kann auch die Übernahme der Aufwendungen für einen gewerblich organisierten Umzug in Betracht kommen. Der Beklagte wird im Rahmen seiner Ermessensentscheidung daher hier zunächst noch zu ermitteln haben, ob der Kläger gesundheitlich und körperlich in der Lage war, den Umzug selbst zu organisieren und durchzuführen. War dies der Fall, so dürfte der Beklagte bei seiner Ermessensentscheidung nach § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II wohl davon ausgehen, dass Kosten nur in Höhe der Kosten eines selbst organisierten Umzugs zu erstatten sind. Soweit das SG und ihm folgend das LSG diese Kosten beziffert haben, handelt es sich um eine Schätzung im Sinne des § 202 SGG iVm § 287 Zivilprozessordnung. Unabhängig davon, ob diese Schätzung im Einzelnen zutreffend war oder nicht, hat jedenfalls der Beklagte gegen seine Verurteilung in Höhe von 951,25 Euro kein Rechtsmittel eingelegt, sodass dieser Betrag dem Kläger in jedem Falle zu bewilligen sein wird.

20

Der Beklagte kann in seine Erwägungen auch den Gesichtspunkt einbeziehen, dass sich die Ermessensleistungen nach § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II insgesamt in den Leistungsrahmen des SGB II einpassen müssen. So entspricht der hier vom Kläger geforderte Betrag für Umzugskosten in Höhe von 3700 Euro der Regelleistung gemäß § 20 Abs 2 SGB II für einen Alleinstehenden für fast ein Jahr. Ebenso belaufen sich die vom Kläger geltend gemachten Umzugskosten auf zehn Monatsmieten in der Höhe, wie sie der Beklagte für den Kläger als KdU für angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II hielt. Insofern wäre eine Übernahme der Umzugskosten in Höhe der Rechnung eines professionellen Anbieters eine Privilegierung gerade dieses Kostenanteils im Gesamtzusammenhang des Leistungssystems des SGB II, für den sich weder in den Gesetzesmaterialien noch im Gesetzeswortlaut ein Anhalt findet. Dies unterscheidet die Umzugskosten gerade von den Kosten für mehrtägige Klassenfahrten (zu den rechtlichen Erwägungen im Zusammenhang mit dem Anspruch auf tatsächliche Kostenübernahme gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II vgl BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1), auf die sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Wege der Analogie beruft.

21

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 17. April 2008 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von dem beklagten Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übernahme von Kosten für die von ihm selbst beschafften Gegenstände der Erstausstattung seiner Wohnung.

2

Der 1963 geborene Kläger hatte zuletzt in G gelebt und wollte zurück nach L ziehen, wo auch seine Eltern wohnen. Er mietete mit Mietvertrag vom 20.9.2005 ab dem 19.9.2005 eine Wohnung in L an. Am 26.9.2005 stellte er, vertreten durch seine Mutter, einen formlosen Antrag auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Am 27.10.2005 sprach der Kläger selbst bei dem Beklagten vor und reichte die ausgefüllten Antragsformulare sowie diverse Anlagen ein. Außerdem beantragte er am selben Tag mündlich eine Erstausstattung für seine Wohnung. Ihm wurde ein Antragsformular "ohne Förderzusage" ausgegeben. Den ausgefüllten Antrag auf Leistungen für die Erstausstattung seiner Wohnung reichte der Kläger am 1.11.2005 bei dem Beklagten ein. Zur Begründung führte er im Antragsformular aus, er sei aus gesundheitlichen Gründen von G nach L zurückgekehrt. In G habe er in einem möblierten Zimmer in einer Pension gewohnt. Dem Antrag fügte der Kläger eine vom 30.10.2005 datierende Bestätigung seines Vermieters in G bei, die besagte, dass der Kläger keine Möbel mitgebracht oder mitgenommen habe und die dortigen Fremdenzimmer möbliert seien.

3

Auf Grund seines Leistungsantrags vom 27.10.2005 bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 8.11.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.11.2005 bis 30.4.2006. Am 30.11.2005 führte ein Mitarbeiter des Beklagten einen Hausbesuch bei dem Kläger durch und stellte fest, dass eine komplette Wohnungseinrichtung vorhanden war und keine zusätzlichen Ausstattungsgegenstände erforderlich seien. Daraufhin lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 13.12.2005 den Antrag auf Erstausstattung ab, weil eine Grundausstattung an Möbeln und Haushaltsgeräten bereits vorhanden gewesen sei.

4

Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und trug vor, er habe aus gesundheitlichen Gründen nicht in einer leeren Wohnung wohnen und auf dem Fußboden schlafen können, weshalb seine Eltern ihm das Geld für die Beschaffung des notwendigen Mobiliars und der Haushaltsgeräte geliehen hätten. Mit Widerspruchsbescheid vom 8.5.2006 wies der Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, der Kläger sei nicht hilfebedürftig, weil die Eltern nicht nur die Erstausstattung, sondern eine komplett eingerichtete Wohnung finanziert hätten. Es werde aber angeboten, dem Kläger zur Tilgung der Schulden bei seinen Eltern ein Darlehen zu gewähren, das durch Einbehaltung eines Betrags in Höhe von 10 Prozent der Regelleistung zurückgezahlt werden solle. Ein Anspruch auf Beihilfe zur Erstausstattung bestehe bei dem vorliegenden Sachverhalt nicht.

5

Am 2.6.2006 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht (SG) erhoben und zur Begründung vorgetragen, es bestehe ein Anspruch auf Kostenübernahme für die Erstausstattung der Wohnung ungeachtet der Tatsache, dass er unter Zuhilfenahme eines Darlehens seiner Eltern in Höhe von 1455 Euro die Einrichtungsgegenstände selbst beschafft habe, weil erstmalig ein völlig neuer Haushalt gegründet worden sei. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 25.6.2007 abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Einrichtung der Wohnung bereits am 27.10.2005 komplett gewesen und damit das Erfordernis der vorherigen Antragstellunggemäß § 37 Abs 2 Satz 1 SGB II nicht gewahrt gewesen sei.

6

Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 17.4.2008 den Gerichtsbescheid des SG geändert und den Beklagten unter Änderung seiner Bescheide verurteilt, über den Antrag des Klägers auf Bewilligung einer Beihilfe zur Erstausstattung seiner Wohnung insoweit erneut zu entscheiden, als nach dem 27.10.2005 Aufwendungen für einen Spiegelschrank, einen Rollwagen, einen Schuhschrank und einen Tisch entstanden sind. Zur Begründung wurde darauf abgestellt, der Beklagte sei wegen des Antragserfordernisses nach § 37 Abs 1 und 2 SGB II nicht zur Erbringung der begehrten Leistungen verpflichtet, soweit die entsprechenden Gegenstände vor dem 27.10.2005 angeschafft worden seien. Es sei vorliegend nicht auf den formlos gestellten Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 26.9.2005 abzustellen, sondern maßgeblich für die Antragstellung sei der 27.10.2005. Der Antrag vom 26.9.2005 könne nach dem Empfängerhorizont nicht dahingehend ausgelegt werden, dass auch Leistungen zur Wohnungserstausstattung mitbeantragt werden sollten. Solche Leistungen seien bei einem Antrag auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erkennbar nicht mit inbegriffen. Der Antrag vom 27.10.2005 wirke ex nunc, sodass eine rückwirkende Leistungserbringung nicht erfolgen könne. Eine frühere Antragstellung sei dem Kläger unter Berücksichtigung der konkreten Umstände auch möglich gewesen. Die in Bezug auf zahlreiche Ausstattungsgegenstände verspätete Antragstellung sei auch nicht auf eine Fehlberatung durch den Beklagten zurückzuführen, weshalb für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch kein Raum verbleibe. Die erst nach Antragstellung noch angeschafften Gegenstände seien dagegen vom Beklagten zu berücksichtigen, denn der Begriff der Erstausstattung sei weit auszulegen. Auch wirke sich die zwischenzeitlich erfolgte Bedarfsdeckung nach Antragstellung nicht anspruchsvernichtend aus, zumindest nicht in Fällen wie dem vorliegenden. Dem Kläger sei ein längeres Zuwarten auf die Entscheidung über die Erstausstattung aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar gewesen und der Leistungsträger habe bereits darauf hingewiesen, dass die Entscheidung wohl negativ ausfallen werde. Im Übrigen sei nach den Angaben der Mutter des Klägers davon auszugehen, dass dieser die Aufwendungen im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten in Teilbeträgen an die Eltern zurückzahlen müsse, was nach den finanziellen und sozialen Verhältnissen der Eltern auch glaubhaft sei.

7

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Senat zugelassenen Revision. Er rügt eine Verletzung des § 37 SGB II. Der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II erfasse sowohl die Regelleistung als auch die Erbringung von abweichenden Leistungen. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes. Er habe daher mit seinem Antrag vom 26.9.2005 einen umfassenden Antrag auf Sozialleistungen gestellt, mithin auch auf solche, die nicht ausdrücklich im Antragsformular genannt seien. Daher sei auch ein Antrag auf Wohnungserstausstattung mitumfasst gewesen.

8

Der Kläger beantragt,

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1. das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 17. April 2008 zu ändern und

10

    den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 25. Juni 2007 sowie den

11

    Bescheid des Beklagten vom 13. Dezember 2005 in der Gestalt des

12

    Widerspruchsbescheids vom 8. Mai 2006 aufzuheben, und

13

2. den Beklagten zu verurteilen, ihm die Kosten für den Erwerb der Erstausstattung

14

    seiner Wohnung - abzüglich der bereits vom Landessozialgericht zugesprochenen

15

    Gegenstände - zu erstatten.

16

Der Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

17

Er hält die angegriffenen Urteile für zutreffend.

Entscheidungsgründe

18

Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne einer Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz) .

19

1. Streitgegenstand ist hier allein die begehrte Übernahme von Kosten für die vom Kläger selbst angeschafften Gegenstände zur Erstausstattung seiner Wohnung. Bei den Ansprüchen auf Erstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II handelt es sich um eigenständige, abtrennbare Streitgegenstände, über die isoliert und unabhängig von den übrigen Grundsicherungsleistungen entschieden werden kann (vgl BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, jeweils RdNr 12 und BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 9) . Aus diesem Grund bedurfte es vorliegend keiner Überprüfung, ob die im Übrigen gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der Höhe nach richtig bemessen waren, denn dies steht nicht im Streit. Der Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 8.11.2005 ist vielmehr bestandskräftig geworden.

20

Die richtige Klageart für das somit zulässigerweise auf die Erstattung von Kosten für bereits angeschaffte Einrichtungsgegenstände beschränkte Begehren des Klägers ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) . Zwar ist bei Streitigkeiten um eine Erstausstattung einer Wohnung im Regelfall - bei noch nicht erfolgter Selbstbeschaffung der Einrichtung durch den Leistungsempfänger - die sog Verpflichtungsbescheidungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) die statthafte Klageart (vgl Urteil des Senats vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 18, der Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts folgend, vgl Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 10) . Dies folgt daraus, dass nach der gesetzlichen Systematik der Hilfebedürftige zunächst gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II einen unbedingten Rechtsanspruch auf die Erstausstattung - das "Ob" der Leistung - hat, während anschließend das "Wie" der Leistungserbringung nach § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II im pflichtgemäßen Auswahlermessen des Grundsicherungsträgers steht (vgl BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 19) . Beschafft sich - wie im vorliegenden Fall - der Hilfebedürftige die Gegenstände für seine Wohnungseinrichtung dagegen selbst, bevor der Grundsicherungsträger über die Art und Weise der Leistungsgewährung entschieden hat, so schneidet er dessen Auswahlermessen ab. Dieser kann im Rahmen des § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II den Leistungsempfänger schon rein tatsächlich nicht mehr etwa auf ein eigenes Möbellager oder die Ausgabe von Gutscheinen für bestimmte Möbelhäuser verweisen. Das Begehren des Hilfebedürftigen kann sich wegen der erfolgten eigenmächtigen Beschaffung der Erstausstattung in der Sache nunmehr ausschließlich auf eine Geldleistung richten, die allein im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage zu verfolgen ist. Für eine gerichtliche Klärung eines Sachleistungsanspruchs iS des § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II besteht kein Rechtsschutzinteresse mehr.

21

2. Grundlage auch für den geltend gemachten Zahlungsanspruch des Klägers ist § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II, wonach Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten nicht von der Regelleistung umfasst sind. Sie werden nur bei Vorliegen eines Antrags auf Leistungen nach dem SGB II (dazu unter a), gemäß § 23 Abs 3 Satz 2 SGB II aber gesondert erbracht. Nur wenn die Voraussetzungen des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II vorliegen, ist ein Anspruch überhaupt denkbar (dazu unter b) . Der nur noch auf eine Geldleistung gerichtete Zahlungsanspruch des Klägers kann aber nur dann Erfolg haben, wenn das Auswahlermessen des Beklagten im Anwendungsbereich des § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II auf Null geschrumpft ist, mithin bei der Entscheidung über das "Wie" der Erstausstattung nur eine Entscheidung, nämlich die Gewährung von Geldleistungen in Betracht kommt (dazu unter c) .

22

a) Der Anspruch des Klägers auf Übernahme der Kosten für die selbst angeschaffte Erstausstattung der Wohnung scheitert jedenfalls nicht bereits an einer fehlenden Antragstellung. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Kläger bereits mit seinem am 26.9.2005 geäußerten Begehren, Leistungen nach dem SGB II erhalten zu wollen, auch einen Antrag auf Erstausstattung gestellt hat.

23

Gemäß § 37 Abs 1 SGB II werden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende auf Antrag erbracht. Nach § 37 Abs 2 Satz 1 SGB II ist eine Leistungserbringung für Zeiten vor der Antragstellung ausgeschlossen. Diese Vorschrift gilt uneingeschränkt für alle Leistungen der Grundsicherung (vgl Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 37 RdNr 2). Sie statuiert ein konstitutives Antragserfordernis mit der Folge, dass Leistungen immer erst ab Antragstellung zustehen (vgl BT-Drucks 15/1516 S 62; Urteile des Senats vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 23 und vom 7.5.2009 - B 14 AS 13/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 22) . Der Antrag nach dem SGB II ist eine einseitige, empfangsbedürftige öffentlich-rechtliche Willenserklärung, auf die - soweit sich nicht aus sozialrechtlichen Bestimmungen etwas anderes ergibt - die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches Anwendung finden (BSG Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 56/08 R - SozR 4-4200 § 37 Nr 1 RdNr 14) .

24

Danach ist durch Auslegung das Begehren eines Antragstellers zu ermitteln. Bringt dieser zum Ausdruck, dass er Leistungen vom Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende begehrt, so ist der Antrag so auszulegen, dass das Begehren des Antragstellers möglichst weitgehend zum Tragen kommt. Wie der Senat bereits entschieden hat, sind als beantragt alle Leistungen anzusehen, die nach Lage des Falls ernsthaft in Betracht kommen (Grundsatz der Meistbegünstigung, vgl Urteil des Senats vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - sowie Link in Eicher/ Spellbrink, aaO, § 37 RdNr 2; Striebinger in Gagel, SGB II/SGB III, Stand Juli 2010, § 37 SGB II RdNr 34). Wird mit einem Antrag ein Hilfebedarf nach dem SGB II geltend gemacht, so sind damit alle Leistungen umfasst, die der Sicherung des Lebensunterhalts in Form des Arbeitslosengeldes II dienen, also regelmäßig alle im 1. und 2. Unterabschnitt des 2. Abschnitts des 3. Kapitels SGB II genannten Leistungen. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei den in § 23 Abs 3 SGB II genannten Leistungen um einmalige Sonderbedarfe handelt (vgl dazu Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 23 RdNr 44, Stand Mai 2010). So wird einerseits gewährleistet, dass ein Hilfebedürftiger alle ihm zustehenden Leistungen auch tatsächlich erhält, ohne dass er von vornherein alle denkbaren Möglichkeiten eingeplant haben muss, andererseits ergeben sich aber auch Vereinfachungseffekte bei dem Träger, der bei Prüfung der Leistungen auf einen einheitlichen Zeitpunkt abstellen kann und bei zeitlichen Verzögerungen der Streit ausgespart bleibt, ob ggf eine notwendige Beratung nicht oder nicht in dem notwendigen Umfang stattgefunden hat. Der Antrag ist auch bei dem zuständigen Träger gemäß § 36 SGB II gestellt worden.

25

b) Es kann vom Senat allerdings nicht abschließend beurteilt werden, ob dem Kläger zum Zeitpunkt der Beschaffung der Einrichtungsgegenstände überhaupt ein Rechtsanspruch auf eine Erstausstattung gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II zustand. Ohne einen solchen Rechtsanspruch dem Grunde nach bestünde ohnehin kein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die selbst angeschafften Gegenstände.

26

Der Senat hat bereits entschieden, dass der Anspruch nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II wie alle Leistungen des SGB II bedarfsbezogen zu verstehen ist (BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, jeweils RdNr 19; BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 14) . Entscheidend für die Auslegung des Begriffs der Erstausstattung ist, ob ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung besteht, der nicht bereits durch vorhandene Möbel oder andere Einrichtungsgegenstände gedeckt ist. Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II sind für die Ausstattung mit wohnraumbezogenen Gegenständen zu erbringen, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichen (BSG aaO mwN) . Das LSG wird daher zunächst zu klären haben, ob bei dem Kläger überhaupt ein Bedarf für eine Erstausstattung bestand und wann dieser entstanden ist. Weiterhin wird festzustellen sein, welche konkreten Einrichtungsgegenstände vom Kläger beschafft wurden und ob es sich bei den erworbenen Möbelstücken und wohnraumbezogenen Gegenständen um solche der Erstausstattung iS von § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II gehandelt hat. Da der Kläger vor dem Umzug nach L in einem möblierten Pensionszimmer gewohnt hat, spricht hier viel dafür, dass grundsätzlich ein Anspruch auf Erstausstattung bestand.

27

Auf Grund der Feststellungen des LSG ist auch davon auszugehen, dass die Hilfebedürftigkeit des Klägers nicht dadurch entfallen ist, dass er Geld von seinen Eltern für die Beschaffung der Wohnungseinrichtung erhalten hat. Das LSG hat insofern unangegriffen festgestellt (§ 163 SGG) , dass der Kläger die Einrichtungsgegenstände mit einem durch die Eltern gegebenen Darlehen finanziert hat. Der Senat hat bereits entschieden, dass Darlehen unter Verwandten nicht als zu berücksichtigendes Einkommen iS des § 11 SGB II anzusehen sind, wenn es sich (zivil-)rechtlich um Darlehen handelt und der Darlehensnehmer einer ernsthaften Rückforderungsverpflichtung ausgesetzt ist (Urteil vom 16.7.2010 - B 14 AS 46/09 R -). Diese ernsthafte Rückforderungsverpflichtung ist vom LSG festgestellt worden (§ 163 SGG).

28

c) Liegt der Bedarf für eine Erstausstattung vor und ist dessen Umfang festgestellt, so ist nach der Gesetzessystematik des § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II das Auswahlermessen des Beklagten dahingehend zu betätigen, ob die Leistung als Geld- oder Sachleistung erbracht werden soll. Dies ist - wie bereits betont - durch die faktische Beschaffung der Einrichtungsgegenstände nicht mehr möglich. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf eine Geldleistung scheitert mithin dann, wenn keine Gesichtspunkte vorliegen, die das Ermessen des Beklagten im Sinne einer "Ermessensreduktion auf Null" einschränken, denn nur dann, wenn der Beklagte im Rahmen des § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II ohnehin nur Geldleistungen erbringt, spielt es keine Rolle, dass ihm durch die Beschaffung der Einrichtungsgegenstände die Möglichkeit einer Ermessensentscheidung genommen wurde. Das LSG wird also zu prüfen haben, ob zum Zeitpunkt der Entstehung des Bedarfs (irgendwann im Oktober?) dieser Bedarf des Klägers auf Erstausstattung vom Beklagten auch anders als durch Geldleistungen hätte abgedeckt werden können bzw ob der Beklagte Leistungen der Erstausstattung überhaupt anders als in Form von Geldleistungen erbringt. Wird festgestellt, dass der Beklagte generell nur durch Geldleistungen (ggf in pauschalierter Höhe) seinen Leistungsverpflichtungen nachkommt, wäre folglich auch gegenüber einem Leistungsberechtigten, der sich die Leistung selbst beschafft hat, nur eine Auswahlentscheidung richtig, nämlich die Gewährung der Erstausstattung als Geldleistung. Hierzu wird das LSG Feststellungen über vorliegende Verwaltungsrichtlinien oder eine ständige Übung des Beklagten zu treffen haben. Bestehen solche verwaltungsinterne Regelungen, mit denen sich der Beklagte in Richtung auf die Gewährung von "Geld" bindet, könnte er nicht ohne Ermessensfehlgebrauch, insbesondere nicht ohne Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art 3 Abs 1 Grundgesetz), zu einer Ablehnung der Leistung als Geldleistung gelangen (vgl für eine ähnliche Konstellation BSGE 85, 75, 83 = SozR 3-3610 § 27 Nr 2) . Sollte in diesem Zusammenhang festgestellt werden, dass im Leistungsbereich des Beklagten für die Erstausstattungen stets Geldleistungen in Form von Pauschalen erbracht werden, so wäre in einem nächsten Schritt zu prüfen, ob diese Pauschalen den in § 23 Abs 3 Satz 5 iVm Satz 6 SGB II genannten Anforderungen genügen. Insbesondere wäre dann zu untersuchen, ob die Pauschalen auf nachvollziehbaren Erfahrungswerten beruhen, denn auch die Festsetzung der Höhe der Pauschalen unterliegt der richterlichen Kontrolle (vgl bereits BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 20 f). Es muss dem Hilfebedürftigen möglich sein, mit dem gewährten Betrag seinen Bedarf auf Erstausstattung (allerdings in einem unteren Segment des Einrichtungsniveaus) in vollem Umfang zu befriedigen. Die Gewährung von Pauschalbeträgen führt nicht zu einer Verkürzung des Leistungsanspruchs gegenüber der Gewährung durch Sachleistung oder der individuell bestimmten Geldleistung.

29

3. Besteht im Ergebnis ein Leistungsanspruch auf Geld unmittelbar aus § 23 Abs 3 SGB II nicht, wird das LSG im Hinblick auf die vom Kläger selbst beschafften Leistungen (hilfsweise) einen Kostenerstattungsanspruch zu prüfen haben. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist die Erstattung von Kosten bei Selbstbeschaffung unaufschiebbarer Sozialleistungen (also in Eil- und Notfällen) sowie im Falle rechtswidriger Leistungsablehnung Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens im Sozialrecht (vgl bereits BSGE 89, 50, 56 f = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 8 = Juris RdNr 36; Grube, Sozialrecht aktuell 2010, 11, 12) . Liegen die Voraussetzungen vor, wandelt sich auch im Anwendungsbereich des SGB II ein Sachleistungsanspruch in einen auf Geld gerichteten Kostenerstattungsanspruch um (vgl BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 58/09 R; vgl auch Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 36/09 R). Ein solcher setzt allerdings in den Fällen des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II im Grundsatz voraus, dass der Träger der Grundsicherung vor Inanspruchnahme einer vom Hilfebedürftigen selbst beschafften Leistung bei Entstehen des konkreten Bedarfs mit dem Leistungsbegehren in der Sache befasst wurde. Nur dann ist es dem Träger möglich, sein Auswahlermessen pflichtgemäß auszuüben. Eine Kostenerstattung kommt damit grundsätzlich erst bei Selbstbeschaffung einer Leistung nach einer rechtswidrigen Leistungsablehnung in Betracht. Im vorliegenden Fall könnte allerdings nach den bisherigen Feststellungen des LSG davon auszugehen sein, dass der Kläger sich in einer Notsituation befand und möglicherweise einen ablehnenden Leistungsbescheid hinsichtlich seines Antrags auf Kostenübernahme für die Erstausstattung seiner Wohnung nicht abzuwarten brauchte. Auch hierzu wird das LSG ggf noch weitere Feststellungen zu treffen haben.

30

Schließlich wird das LSG auch über die Kosten des Verfahrens einschließlich des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 13. Oktober 2008 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von dem beklagten Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende 1329 Euro als Kosten für die Erstausstattung seiner Wohnung.

2

Der 1950 geborene Kläger lebte in W. und bezog zuletzt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) von dem örtlich zuständigen Träger der Grundsicherung. Er löste seine dortige Wohnung im Januar 2005 auf und vernichtete dabei das bis dahin genutzte Mobiliar, weil es nach seinen Angaben wegen Schimmelbefalls und altersbedingt nicht mehr zu gebrauchen gewesen sei. Vom 26.1.2005 bis zum 30.9.2005 befand er sich wegen einer Alkoholerkrankung in einer Rehabilitationsmaßnahme. Während dieser Zeit meldete er sich bei der Beklagten als wohnhaft in der Wohnung seiner Mutter in O. (rund 230 km von W. entfernt). Unter anderem für die Zeit vom 1.8.2005 bis zum 31.1.2006 gewährte die Beklagte ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (Bescheid vom 18.7.2005 und Änderungsbescheide vom 30.8.2005 und vom 28.9.2005 für die Zeit ab 1.10.2005).

3

Am 23.8.2005 teilte der Kläger bei der Beklagten mit, er habe am 16.8.2005 eine eigene Wohnung in O. angemietet, die er zum 1.10.2005 beziehen werde. Er besitze kein eigenes Wohnungsinventar und beantrage daher die Gewährung einer Erstausstattung. Er kaufte am 25.8.2005 und am 30.8.2005 Möbel im Wert von insgesamt 1329 Euro, nachdem ihm seine Mutter hierfür ein entsprechendes Darlehen gewährt hatte. Der Antrag auf Gewährung einer Erstausstattung blieb ohne Erfolg (Bescheid vom 24.10.2005; Widerspruchsbescheid vom 21.4.2006).

4

Das hiergegen angerufene Sozialgericht (SG) Leipzig hat Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen W. und die Beklagte sodann mit Urteil vom 26.7.2007 antragsgemäß zur Zahlung von Leistungen für die Erstausstattung der Wohnung in Höhe von 1329 Euro verurteilt.

5

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung seines Urteils vom 13.10.2008 hat es ausgeführt, die Voraussetzungen des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II lägen nicht vor, denn es habe sich lediglich um eine Ersatzanschaffung von Wohnungseinrichtungsgegenständen gehandelt. Eine Ersatzbeschaffung liege in Abgrenzung zur Erstausstattung vor, wenn der Bedarf allein auf eine übliche Abnutzung oder andere Umstände, die vom Berechtigten beeinflussbar seien, zurückzuführen sei. Die Möbel in der früheren Wohnung, die vom Kläger entsorgt worden seien, seien nach seinem eigenen Vortrag wegen Abnutzung sowie Schimmelbefalls nicht mehr zu nutzen gewesen. Dass der Schimmelbefall einen nicht vom Kläger zu beeinflussenden Umstand dargestellt habe, sei nicht nachgewiesen und auch nicht mehr nachweisbar, weil er die Gegenstände vernichtet habe und aus der Wohnung ausgezogen sei. Auch liege eher die Annahme nahe, dass ein Umstand, den der Kläger beeinflussen habe können (das Bewohnen der vom Schimmel befallenen Wohnung), zu dem (Ersatz-)Bedarf geführt habe. Er habe ferner nach seinen Angaben wegen der Wertlosigkeit der Möbel von der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen seinen ehemaligen Vermieter abgesehen, die ihm die Beklagte angesonnen habe, was ebenfalls lediglich für einen Ersatz der Möbel spreche. Selbst wenn man entgegen der Ansicht des Senats von einer "Erstausstattung" ausginge, bestehe kein Anspruch des Klägers auf Leistungen für die Wohnungserstausstattung im Hinblick auf die am 25.8.2005 und am 30.8.2005 angeschafften Gegenstände. Soweit Gegenstände vor dem 23.8.2005 angeschafft worden seien, sei die Beklagte schon wegen des Antragserfordernisses nach § 37 Abs 1 und 2 SGB II nicht zur Erbringung der begehrten Leistungen verpflichtet. Der Antrag vom 14.7.2005 auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes könne nicht dahingehend ausgelegt werden, dass auch Leistungen zur Wohnungserstausstattung mit beantragt werden sollten, denn diese beträfen einen speziellen, mit dem Bezug einer Wohnung verbundenen einmaligen Bedarf.

6

Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers. Er rügt die fehlerhafte Anwendung des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Er habe seine Wohnung in W. krankheitsbedingt aufgeben müssen; die Trennung vom bisherigen Lebensumfeld und der Wohnung sei zur erfolgreichen Durchführung der Therapie zwingend notwendig gewesen. Eine Einlagerung des de facto wertlosen Mobiliars über mehr als 6 Monate hätte Kosten verursacht, die er nicht habe aufbringen können. Es sei für ihn auch konkret nicht möglich gewesen, den Umzug verbunden mit einer Einlagerung zu organisieren. Das LSG habe insoweit keine weiteren Ermittlungen zu seiner konkreten Situation angestellt. Auch im Hinblick auf den Zustand der Möbel habe das LSG unzureichend ermittelt. Seine Situation sei der nach der Verbüßung einer Haftstrafe oder der Trennung von Ehegatten vergleichbar. Ein gesondertes Antragserfordernis bestehe im Bezug auf die Erstausstattung nicht. Bereits bei Stellung des Antrages auf laufende Leistungen habe die Beklagte seinen Bedarf insoweit erkennen können. Ein längeres Zuwarten auf die Entscheidung der Beklagten wäre nicht zumutbar gewesen. Er hätte sich die Möbel selbst beschaffen dürfen, weil er die Anschaffung nur an den wenigen Tagen hätte durchführen können, an denen er sich besuchsweise in seinem späteren Wohnort aufgehalten habe.

7

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 13. Oktober 2008 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 26. Juli 2007 zurückzuweisen.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Insbesondere habe der Kläger von vornherein den Bezug einer neuen Wohnung im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten geplant und deshalb Fernseher und Waschmaschine behalten. Er habe die noch vorhandenen Möbel folglich - etwa im Keller des Wohnhauses der Mutter - einlagern müssen. Im Übrigen wäre die Neuanschaffung der Möbel - den Vortrag des Klägers als zutreffend unterstellt - auch ohne den Umzug notwendig geworden. Für eine Ersatzbeschaffung sehe § 23 Abs 3 Satz 1 SGB II aber keine Leistungen vor.

10

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Sozialgerichtsgesetz) erklärt.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne einer Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet, § 170 Abs 2 Satz 2 SGG.

12

1. Streitgegenstand ist allein die begehrte Übernahme von Kosten für die vom Kläger bereits gezahlte Erstausstattung seiner Wohnung. Über einen solchen Anspruch auf Leistungen für Erstausstattungen gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 SGB II kann nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate von dem Träger der Grundsicherung isoliert und unabhängig von den übrigen Leistungen der Grundsicherung entschieden werden. Der Anspruch kann in der Folge auch isoliert gerichtlich geltend gemacht werden (vgl BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, jeweils RdNr 12 und BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 9).

13

Das damit zulässigerweise auf Erstattung von Kosten für bereits angeschaffte Einrichtungsgegenstände beschränkte Begehren verfolgt der Kläger zutreffend im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ( § 54 Abs 4 SGG ) gegen den Bescheid vom 24.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.4.2006. Zwar ist bei Streitigkeiten um die Erstausstattung einer Wohnung regelmäßig die sog Verpflichtungsbescheidungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) die statthafte Klageart. Nach der gesetzlichen Systematik hat der Hilfebedürftige nämlich einen gebundenen Rechtsanspruch nur im Hinblick auf das "Ob" und nicht auch auf das "Wie" der Leistungserbringung, denn nach § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II steht es im pflichtgemäßen Auswahlermessen des Grundsicherungsträgers, ob er die Leistung als Sachleistung oder als (gegebenenfalls pauschalierte) Geldleistung erbringt(vgl BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 10; BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 19). Beschafft sich jedoch der Hilfebedürftige die im Streit stehenden Gegenstände endgültig selbst, wie es hier nach den Feststellungen der Vorinstanzen der Fall war, besteht für die gerichtliche Klärung eines Sachleistungsanspruchs iS des § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II (also etwa die Überlassung von Möbeln aus eigenen Beständen des Trägers der Grundsicherung oder durch Gutscheine für bestimmte Möbelkaufhäuser) regelmäßig kein Rechtsschutzinteresse mehr. Das Begehren des Hilfebedürftigen richtet sich ausschließlich auf eine Geldleistung, die allein im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage zu verfolgen ist.

14

2. Zu Unrecht ist das LSG davon ausgegangen, dass ein Anspruch auf Erstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II dem Grunde nach ausscheidet(dazu unter a) und hat ungeprüft gelassen, ob die Beklagte - wie dies in ihrem Vortrag in den Vorinstanzen zum Ausdruck kommt - in ihrer Verwaltungspraxis auf Grundlage eines entsprechenden Beschlusses des Kreistages zur Erfüllung von Ansprüchen auf Erstausstattung für Wohnungen ausschließlich Geldleistungen zur Verfügung stellt (dazu b). Sollte die Ermessensausübung insoweit durch entsprechendes Verwaltungsinnenrecht bereits gebunden sein, besteht ein Anspruch auf Geldleistung auch für den Kläger. Das LSG wird in diesem Fall weiter zu prüfen haben, ob die von der Beklagten nach ihrem Vortrag regelmäßig gewährte Pauschale die notwendigen Aufwendungen des Klägers abdeckt (dazu c).

15

a) Die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 24.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.4.2006 misst sich in erster Linie an § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und § 48 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Die Beklagte hatte dem Kläger mit dem vorangegangenen Bewilligungsbescheid vom 18.7.2005 sowie den folgenden Änderungsbescheiden (für die Zeit ab 1.10.2005) vom 30.8.2005 sowie vom 28.9.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1.8.2005 bis zum 31.1.2006 bewilligt. Soweit beim Kläger innerhalb dieses Bewilligungsabschnitts mit Anmietung und Bezug einer eigenen Wohnung ein Bedarf für eine Erstausstattung für diese Wohnung iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II entstanden ist, handelt es sich um eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen im Sinne der genannten Vorschriften zugunsten des Klägers. Entgegen der Auffassung des LSG kommt es für die Entstehung des Anspruchs auf Erstausstattung für die Wohnung damit nicht auf eine (gesonderte) Antragstellung an (dazu im Einzelnen Urteil des Senats vom heutigen Tag - B 14 AS 10/09 R - sowie Urteil des Senats vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R), sodass insoweit unerheblich ist, ob der Kläger sich bereits vor seiner Vorsprache bei der Beklagten Möbel beschafft hatte.

16

Der Senat hat bereits entschieden, dass der Anspruch nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II wie alle Leistungen des SGB II bedarfsbezogen zu verstehen ist(BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, jeweils RdNr 19; BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 14). Entscheidend für die Auslegung des Begriffs der Erstausstattung ist, ob ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung besteht, der nicht bereits durch vorhandene Möbel und andere Einrichtungsgegenstände gedeckt ist. Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II sind für die Ausstattung mit wohnraumbezogenen Gegenständen zu erbringen, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichen(BSG aaO mwN). In diesem Sinne war die Wohnung des Klägers, die er zum 1.10.2005 bezogen hat, nicht ausgestattet und insofern bestand ein Bedarf iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Aus dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG ergibt sich, dass der Kläger - sofern überhaupt davon auszugehen ist, dass er bei seiner Mutter eine Unterkunft iS des § 22 Abs 1 SGB II inne hatte und er nicht ausschließlich anderweitig stationär bzw teilstationär untergebracht war - bereits in dieser vorangegangenen Wohnung über mehr als einen Bewilligungsabschnitt hinweg nicht über eigenes Mobiliar verfügte, das dem Standard der herrschenden Lebensgewohnheiten auch unter Berücksichtigung einfachster Verhältnisse entsprach. Damit handelt es sich um einen Bedarf iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II und nicht um einen Fall der Ersatzbeschaffung einzelner, bereits unmittelbar vor dem Einzug in eine Wohnung vorhanden gewesener Gegenstände(vgl dazu BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 4). Ob in Fällen nur kurzfristiger Wohnungslosigkeit bzw bei kurzfristigem Fehlen einer Ausstattung gleiches gilt, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Hier war infolge der Alkoholerkrankung ein eigener Hausstand jedenfalls für mehr als 6 Monate (wenn nicht sogar zukunftsoffen) aufgegeben worden. Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass seine Situation dem in der Gesetzesbegründung (§ 131 Abs 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch) genannten Fall der Haft entsprach (vgl BT-Drucks 15/1514 S 60 zu § 32).

17

Der Senat hat ebenfalls bereits entschieden, dass - entgegen der Auffassung des LSG - Verschuldensgesichtspunkte nicht schon bei der Feststellung des Bedarfs eine Rolle spielen können (vgl BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 15). Wie das Verhältnis von §§ 19 ff SGB II zu § 34 SGB II zeigt, ist ein bestehender Bedarf immer dann zu erfüllen, wenn dies Voraussetzung für ein menschenwürdiges Dasein ist. Ob vorliegend das Verhalten des Klägers bei Auszug aus seiner letzten eigenen Wohnung (also die Aufgabe der bisherigen Wohnungsausstattung) den späteren Bedarf auf Ausstattung iS des § 34 SGB II vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, erscheint ohnehin zweifelhaft. Die Beklagte hat nicht konkret aufgezeigt, welche Handlungsalternativen sich dem Kläger geboten hätten. Unklar ist insbesondere geblieben, welche Kosten (auch für den Träger der Grundsicherung) durch einen Umzug der Möbel und die anschließende Einlagerung entstanden wären und ob vor dem Hintergrund solcher Folgekosten die Aufgabe des Mobiliars wirtschaftlich gesehen nicht geboten war. Schließlich gibt die akute Alkoholerkrankung des Klägers Anlass an einem subjektiv vorwerfbaren Verhalten zu zweifeln. Dies braucht vorliegend jedoch nicht weiter aufgeklärt zu werden, weil Ersatzansprüche nach § 34 SGB II nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind.

18

b) Der Anspruch nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II ist im Sinne eines unbedingten Rechtsanspruchs zu realisieren, wenn - wie hier - die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Der Beklagten steht allerdings ein Auswahlermessen dergestalt zu, dass sie die Leistungen entweder als Sachleistungen oder als Geldleistungen, letztere auch in Form von Pauschalbeträgen erbringen kann. Dieses Auswahlermessen kann die Beklagte nach der Selbstbeschaffung der Möbel durch den Kläger nicht mehr ausüben. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Geldleistung scheitert mithin dann, wenn keine Gesichtspunkte vorliegen, die das Ermessen der Beklagten im Sinne einer "Ermessensreduktion auf Null" einschränken. Gesichtspunkte des Einzelfalls, die eine Ermessensreduktion auf Null nahe liegend erscheinen lassen, sind dabei nach dem jetzigen Stand des Verfahrens nicht erkennbar. Der Bedarf des Klägers hätte (in dem Zeitpunkt, in dem er entstanden ist) grundsätzlich auch anderweitig als durch Geldleistungen gedeckt werden können. Ein Fall der Ermessensreduktion auf Null liegt allerdings auch dann vor, wenn die Beklagte - worauf ihr Vortrag in den Vorinstanzen hindeutet - auf Grundlage eines Beschlusses des Kreistages durch interne Verwaltungsrichtlinien dahin gebunden ist, für die Erstausstattung einer Wohnung stets eine Leistung in Geld (in pauschalierter Höhe) zu erbringen. Bestehen verwaltungsinterne Regelungen, mit denen sich die Beklagte entsprechend bindet, könnte sie nicht ohne Ermessensfehlgebrauch, insbesondere nicht ohne Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art 3 Abs 1 Grundgesetz), zu einer Ablehnung der Leistung als Geldleistung gelangen (vgl BSGE 85, 75, 83 = SozR 3-3610 § 27 Nr 2 RdNr 25). Liegt eine solche Bindung vor, wäre auch dem Kläger gegenüber nur eine Auswahlentscheidung richtig, nämlich die Gewährung der Erstausstattung als Geldleistung.

19

Ob bislang nicht geprüfte Gesichtspunkte des Einzelfalles oder eine entsprechende Bindung der Beklagten durch Verwaltungsinnenrecht im Ergebnis hinsichtlich des "Wie" der Leistungserbringung zu einer Ermessensreduktion auf Null führen, wird das LSG nach Zurückverweisung des Rechtsstreits zu klären haben.

20

c) Bindet sich der Träger der Grundsicherung bei der Auswahl der Leistungen auf die Leistungsart "Geldleistung" und erbringt er diese in Form von Pauschalbeträgen, unterliegt auch die Festsetzung der Höhe der Pauschalen der richterlichen Kontrolle (vgl bereits BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 20 f). Es muss dem Hilfebedürftigen möglich sein, mit dem gewährten Betrag seinen Bedarf auf Erstausstattung in vollem Umfang zu befriedigen. Die Gewährung von Pauschalbeträgen führt nicht zu einer Verkürzung des Leistungsanspruchs gegenüber der Gewährung durch Sachleistung oder der individuell bestimmten Geldleistung. Ggf hat das LSG damit in einem weiteren Schritt zu überprüfen, ob die von der Beklagten in den Vorinstanzen in Bezug genommenen Pauschalbeträge für die Erstausstattung einer Wohnung in Höhe von 700 Euro diesen Anforderungen genügen. Bei der Bemessung der Pauschalbeträge sind geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen (vgl § 23 Abs 3 Satz 6 SGB II). Die Beklagte wird insofern "nachvollziehbare Erfahrungswerte" über die Kosten von Einrichtungsgegenständen (allerdings in einem unteren Segment des Einrichtungsniveaus) zur Stützung ihrer Pauschalbeträge vorzulegen haben, die vom LSG dahin zu überprüfen sind, ob sie hinreichend empirisch abgesichert sind. Ist dies der Fall, steht dem Kläger lediglich eine Geldleistung in pauschalierter Form zu.

21

3. Besteht im Ergebnis ein Leistungsanspruch auf Geld unmittelbar aus § 23 Abs 3 SGB II nicht, wird das LSG im Hinblick auf die vom Kläger selbst beschafften Leistungen (hilfsweise) einen Kostenerstattungsanspruch zu prüfen haben. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist die Erstattung von Kosten bei Selbstbeschaffung unaufschiebbarer Sozialleistungen (also in Eil- und Notfällen) sowie im Falle rechtswidriger Leistungsablehnung Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens im Sozialrecht (vgl bereits BSGE 84, 50, 56 f = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 8 = juris RdNr 36; Grube, Sozialrecht aktuell 2010, 11, 12). Liegen seine Voraussetzungen vor, wandelt sich auch im Anwendungsbereich des SGB II ein Sachleistungsanspruch in einen Kostenerstattungsanspruch gerichtet auf Geld um (vgl BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 58/09 R).

22

Auch wenn die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der §§ 19 ff SGB II im Einzelnen - wie oben dargelegt - nicht "antragsabhängig" sind, sondern die im Einzelfall erforderlichen Leistungen von dem (ersten) Antrag auf laufende Leistungen erfasst sind, setzt ein Kostenerstattungsanspruch in den Fällen des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II im Grundsatz aber voraus, dass der Träger der Grundsicherung vor Inanspruchnahme einer vom Hilfebedürftigen selbst beschafften Leistung bei Entstehen des konkreten Bedarfs mit dem Leistungsbegehren in der Sache befasst wurde. Nur dann ist es dem Träger möglich, sein Auswahlermessen pflichtgemäß auszuüben. Eine Kostenerstattung kommt damit grundsätzlich erst bei Selbstbeschaffung einer Leistung nach einer rechtswidrigen Leistungsablehnung in Betracht.

23

Die Ablehnung der Leistung "Erstausstattung" durch die Beklagte hat der Kläger nach den Feststellungen des LSG nicht abgewartet. Ein Anspruch auf Kostenerstattung kommt nach den in Bezug genommen allgemeinen Grundsätzen des Kostenerstattungsrechts deshalb nur in Betracht, wenn im Zeitpunkt der Selbstbeschaffung der Leistung ein unaufschiebbarer Eil- bzw Notfall vorgelegen hat. Das LSG wird den entsprechenden Vortrag des Klägers, ihm sei wegen der zu erwartenden Lieferzeiten für die Möbel ein Zuwarten auf die Entscheidung des Trägers nicht möglich gewesen, zu überprüfen haben. Nach dem derzeitigen Sachstand liegen Anhaltspunkte für einen solchen Eilfall allerdings nicht nahe. Der Einzug in die Wohnung war erst für den 1.10.2005 vorgesehen, sodass von daher die Notwendigkeit, Möbel bereits wenige Tage nach einer entsprechenden Befassung durch die Beklagte zu bestellen, bislang nicht erkennbar geworden ist.

24

Das LSG wird abschließend auch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. Januar 2009 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Übernahme von Schulden, die im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis des Klägers entstanden sind.

2

Der Kläger bezog von dem Beklagten seit April 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Der Beklagte gewährte Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen. Der Kläger war ab Februar 2005 in Rückstand mit den Mietzahlungen geraten. Die Vermieterin kündigte das Mietverhältnis und erhob Mietzahlungs- und Räumungsklage. Dieser Rechtsstreit endete durch Vergleich vor dem Amtsgericht Lichtenberg vom 1.3.2006, wonach das Mietverhältnis seitens der Vermieterin fortgesetzt werde für den Fall, dass der Kläger bis zum 3.4.2006 die Mietschulden in Höhe von 2222,47 Euro begleiche.

3

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 25.4.2006 bei dem Beklagten die Übernahme der Schulden. Er wies zugleich darauf hin, dass er mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den Träger der Sozialhilfe auf Übernahme der Mietschulden vor dem Sozialgericht (SG) erfolglos geblieben und erst im Laufe des Aprils auf die Änderung der Rechtslage nach § 22 Abs 5 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) aufmerksam gemacht worden sei. Er legte ferner eine Erklärung der Vermieterin vom 18.5.2006 vor, dass diese das Mietverhältnis fortsetze, wenn neben dem Betrag aus dem Vergleich weitere Rechtsanwalts-, Gerichts- und Vollstreckungskosten in Höhe von 2183,48 Euro, insgesamt mithin 4405,95 Euro gezahlt würden. Weiterhin legte er ein Attest des Neurologen und Psychiaters Dr. M vor, wonach im Falle des Wohnungsverlustes Selbsttötungsgefahr bestehe. Der Kläger nahm schließlich ein mit 15 % verzinsliches Darlehen auf und zahlte hiervon die Mietrückstände und die Verfahrenskosten. Die Räumung der Wohnung konnte so abgewendet werden.

4

Antrag, Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg (Bescheid vom 11.5.2006, Widerspruchsbescheid vom 7.8.2006, Gerichtsbescheid des SG Berlin vom 14.8.2007).

5

Die Berufung des Klägers, mit der er die Zahlung von 4405,95 Euro nebst 15 % Zinsen seit dem 8.9.2006 geltend gemacht hat, hat das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 30.1.2009 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die zwischenzeitlich erfolgte Begleichung der Schulden habe einen möglichen Anspruch nach § 22 Abs 5 SGB II entfallen lassen. Daran ändere nichts, dass der Kläger hierfür andere Verbindlichkeiten eingegangen sei. Für eine nachträgliche Übernahme von Schulden, die nicht mehr der Sicherung der Unterkunft oder der Behebung einer vergleichbaren Notlage diene, sei schon nach dem Wortlaut der Vorschrift kein Raum. Ob der Kläger über Schonvermögen verfügt habe, das er zur Begleichung der Mietschulden einzusetzen gehabt hätte, sei damit unerheblich. Ebenso sei dem klägerischen Antrag auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens nicht nachzugehen gewesen. Dies könne allenfalls Aufschluss darüber geben, ob die Beklagte seinerzeit zur Übernahme der Schulden verpflichtet gewesen wäre. Der hilfsweise in der Berufungsverhandlung gestellte Antrag, die Beklagte zur Übernahme der Beträge im Wege der Folgenbeseitigung zu übernehmen, sei unzulässig, weil hierzu ein Vorverfahren nicht durchgeführt worden sei. Im Übrigen sei dieser Antrag auch unbegründet, weil ein Anspruch auf Folgenbeseitigung auf den Bereich der Eingriffsverwaltung beschränkt sei.

6

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Senat zugelassenen Revision. Das LSG sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass Schulden iS des § 22 Abs 5 SGB II nicht mehr vorlägen, weil er das notwendige Geld zur Abwendung der Wohnungslosigkeit im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Tatsachengerichts selbst aufgebracht habe. Der Anspruch auf Übernahme der Mietschulden habe sich mit der Eingehung neuer Verbindlichkeiten nicht tatsächlich und rechtlich erledigt. Für den Fall der Eingehung von Verbindlichkeiten gegenüber Dritten und deren Einsatz zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit seien solche Verbindlichkeiten normativ als Schulden im Sinne des § 22 Abs 5 SGB II anzusehen. Zu dem Zeitpunkt der Eingehung der Schulden habe Wohnungslosigkeit gedroht, die der Beklagte hätte abwenden müssen. Das LSG habe die Tatsache unberücksichtigt gelassen, dass er bereits am 12.1.2006 bei dem Beklagten und am 22.3.2006 beim Sozialhilfeträger die Übernahme der Schulden beantragt habe. Zu diesem Zeitpunkt wäre auch Schonvermögen nicht einzusetzen gewesen, sodass dieses weiterhin - wie nach der Rechtslage nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) - geschützt bleibe. Er rügt ferner die fehlerhafte Aufklärung des Sachverhalts. Das LSG sei ohne ausreichende Begründung einem von ihm in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens nicht gefolgt. Er sei aber unverschuldet aufgrund psychischer Erkrankung nicht in der Lage gewesen, sich auf andere Weise selbst zu helfen. Insbesondere der Auszug aus seiner Wohnung hätte eine weitergehende gesundheitliche Gefährdung bedeutet, die ihm nicht zumutbar gewesen wäre.

7

           

Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. Januar 2009 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 14. August 2007 sowie den Bescheid des Beklagten vom 11. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. August 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, Schulden in Höhe von 4405,95 Euro nebst 15 Prozent Zinsen seit dem 8. September 2006, als Zuschuss, hilfsweise als Darlehen, zu übernehmen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne einer Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet, § 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

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Ob der Kläger Anspruch auf die begehrte Übernahme von Schulden nach § 22 Abs 5 SGB II hat, kann auf Grundlage des vom LSG festgestellten Sachverhalts nicht entschieden werden. Ein Anspruch auf Übernahme von Schulden, der grundsätzlich von einer gesonderten Antragstellung abhängig ist (dazu unter 2), scheidet nicht schon dann aus, wenn der Hilfebedürftige nach der maßgeblichen Antragstellung mit Hilfe eines anderweitig beschafften Darlehens die Unterkunft durch Zahlung der geschuldeten Summe gegenüber dem Vermieter gesichert hat. Eine Übernahme von Schulden kommt vielmehr in Betracht, wenn diese zunächst beantragt, der Träger der Grundsicherung über den Antrag aber nicht rechtzeitig entschieden oder den Antrag rechtswidrig abgelehnt hatte (dazu unter 3). Das LSG wird daher zu prüfen haben, ob zum Zeitpunkt der Aufnahme des Darlehens, der bislang noch nicht festgestellt ist, ein originärer Anspruch auf Übernahme der Schulden nach § 22 Abs 5 SGB II bestand(dazu unter 4). Bestand ein solcher Anspruch, kommt auch die Übernahme der im weiteren Verlauf entstandenen Schulden in Betracht, wenn bei rechtzeitigem rechtmäßigen Handeln des Beklagten solche Mehrkosten nicht entstanden wären (dazu unter 5).

12

1. Die Klage ist als Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl § 54 Abs 1, 4 SGG) zulässig. Streitgegenstand ist allein die begehrte Übernahme von Schulden. Gegenstand des Rechtsstreits ist damit der Bescheid vom 11.5.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.8.2006. Das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers steht nicht deshalb in Frage, weil er im Laufe des Verfahrens die Schulden aus dem Mietverhältnis gegenüber der Vermieterin anders als durch die ursprünglich begehrte Leistung aufgebracht und beglichen und so den drohenden Verlust der Wohnung selbst endgültig abgewendet hat. Da er hierfür anderweitige Verbindlichkeiten und entsprechende (gegenüber einer Darlehensgewährung durch den Beklagten weitaus ungünstigere) Rückzahlungsverpflichtungen eingegangen ist, bleibt die Frage zu klären, ob ihm ein Leistungsanspruch weiterhin zusteht oder ein solcher Anspruch wegen dieser zwischenzeitlichen "Selbstbeschaffung" ausscheidet, wie das LSG meint.

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2. Als Anspruchsgrundlage kommt für den Kläger, der nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG als alleinstehender, erwerbsfähiger Hilfebedürftiger seit April 2005 durchgehend Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung (vgl §§ 19, 22 Abs 1 SGB II) bezogen hat, nur § 22 Abs 5 SGB II(eingefügt zum 1.4.2006 mit dem Gesetz zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 24.3.2006, BGBl I 558) in Betracht. Nach dessen Satz 1 können, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen nach Satz 2 übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen (Satz 3). Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden (Satz 4).

14

Ein Anspruch auf Übernahme von Schulden iS des § 22 Abs 5 SGB II ist im Regelfall vom Antrag auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß §§ 19 ff SGB II nicht erfasst, sondern vom Hilfebedürftigen gesondert geltend zu machen. Der von § 22 Abs 5 SGB II zu deckende Bedarf kommt unabhängig vom Bedarf auf laufende Leistungen nicht schon dann als Leistung in Betracht, wenn Schulden in Bezug auf die Unterkunft tatsächlich entstehen. Insoweit unterscheidet er sich von einmaligen Sonderbedarfen nach § 23 Abs 3 SGB II, die nicht gesondert beantragt werden müssen (vgl dazu Urteil des Senats vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Erst wenn sich der Hilfebedürftige nicht mehr in der Lage sieht, trotz des Bezuges von Leistungen nach §§ 19, 22 Abs 1 SGB II und seiner Verpflichtung, vorrangig eigene Mittel zur Schuldentilgung einzusetzen, seine Unterkunft zu sichern, kommt eine Übernahme der Schulden in Betracht. Der Antragsteller muss deshalb die weitergehende Notwendigkeit von zusätzlichen Geldleistungen zur Sicherung der Unterkunft in seinem Vorbringen gegenüber dem Träger der Grundsicherung zum Ausdruck bringen. Erst ein solches Vorbringen kann als Antrag ausgelegt werden und den entsprechenden Anspruch auf Übernahme von Schulden auslösen.

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Maßgeblicher Zeitpunkt der Antragstellung für die Leistung nach § 22 Abs 5 SGB II ist vorliegend damit der 25.4.2006. Soweit der Kläger mit seinem Revisionsvorbringen vorträgt, er habe die Leistungen bereits am 12.1.2006 beim Träger der Grundsicherung beantragt, ergibt sich dies zwar aus dem Akteninhalt. Der Beklagte hatte diesen Antrag allerdings bereits mit bestandskräftigem Bescheid vom 16.1.2006 beschieden.

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3. Bei den vom Kläger im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG geltend gemachten Beträgen handelt es sich entgegen der Auffassung des LSG um Schulden im Sinne des § 22 Abs 5 SGB II.

17

a) Die Abgrenzung von Schulden nach § 22 Abs 5 SGB II von den übrigen Kosten der Unterkunft und Heizung, die nach § 22 Abs 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen sind, ist unabhängig von der zivilrechtlichen Einordnung zu treffen. Ausgehend von dem Zweck der Leistungen nach dem SGB II ist danach zu unterscheiden, ob es sich um einen tatsächlich eingetretenen und bisher noch nicht von dem SGB II-Träger gedeckten Bedarf handelt oder nicht (vgl BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 62/09 R -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 17).

18

Soweit der Kläger in der Zeit ab April 2005 mit den Mietzahlungen in Rückstand geraten ist, handelt es sich bei den aufgelaufenen Beträgen schon deswegen um Schulden iS des § 22 Abs 5 SGB II, weil der Beklagte nach den Feststellungen des LSG den Anspruch auf Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in vollem Umfang ("in Höhe der tatsächlichen Miete") erfüllt hat. Im Hinblick auf die Kosten für Unterkunft und Heizung lässt aber die zweckwidrige Verwendung der vom Träger der Grundsicherung bewilligten Mittel durch den Hilfeempfänger einen erneuten Anspruch nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nicht entstehen. Sind insoweit Schulden entstanden, kann nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen des Abs 5 ein Anspruch auf Übernahme der Schulden bestehen.

19

Auch soweit der Kläger seinen fälligen Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis in Zeiträumen nicht nachgekommen ist, in denen er keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bezogen hat, gehören solche Schulden nicht zu den Aufwendungen nach § 22 Abs 1 SGB II, weil sie keinem laufenden Bewilligungszeitraum zugeordnet werden können. Verbindlichkeiten, die nicht im laufenden Bezug (etwa nach Abrechnung von Nebenkosten) fällig werden, sondern bereits zuvor bestanden haben, sind bei der Prüfung des aktuellen Bedarfs für Unterkunft und Heizung, den § 22 Abs 1 SGB II abdecken soll, grundsätzlich unbeachtlich. Die anteilige Berücksichtigung nach Kalendertagen im laufenden Monat kommt nur in Betracht, soweit die Miete bereits vor der (ersten) Antragstellung fällig geworden war (vgl § 41 Abs 1 Satz 3 SGB II; dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 22). Schulden aus Monaten, die dem Monat der (ersten) Antragstellung vorangegangen sind (hier also den Monaten Februar und März 2005), können in der Folgezeit damit nur unter den Voraussetzungen des § 22 Abs 5 SGB II übernommen werden.

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b) Entgegen der Auffassung des LSG scheidet ein Anspruch nach § 22 Abs 5 SGB II nicht schon dann aus, wenn der Kläger nach Antragstellung mit Hilfe eines anderweitig beschafften Darlehens die Unterkunft durch Zahlung der geschuldeten Summe gegenüber dem Vermieter selbst gesichert hat. Auch Schulden gegenüber einem Dritten, die der Hilfebedürftige nach Antragstellung beim Träger der Grundsicherung eingegangen ist, um drohende Wohnungslosigkeit abzuwenden, können Schulden im Sinne des § 22 Abs 5 SGB II sein. Der Wortlaut des § 22 Abs 5 SGB II ist insoweit offen gefasst und ausdrücklich nicht auf Schulden aus dem Mietvertrag beschränkt. Diese Auslegung entspricht auch Sinn und Zweck der Vorschrift. Die ausnahmsweise Übernahme von Schulden soll dann ermöglicht werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft gerechtfertigt erscheint.

21

Jedenfalls für den Fall, dass eine Entscheidung des Trägers der Grundsicherung nicht mehr rechtzeitig erfolgt ist oder der Träger der Grundsicherung die Übernahme der Schulden rechtswidrig abgelehnt hatte und die Aufnahme eines Privatdarlehens aus diesem Grund erforderlich für die Abwendung der Wohnungslosigkeit war, kommt die Übernahme dieser "neuen" Schulden (an Stelle der ursprünglich gegenüber dem Vermieter bestehenden Schulden) in Betracht. Dies entspricht der im Sozialversicherungsrecht geltenden Pflicht zur Kostenerstattung bei nicht rechtzeitiger oder zu Unrecht verweigerter Sachleistung, die von der Rechtsprechung über den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 13 Abs 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) hinaus als allgemein gültiges Rechtsprinzip angesehen wird(vgl BSGE 89, 50, 56 f = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 8 = juris RdNr 36). Auch im Anwendungsbereich des SGB XII (wie auch zuvor des Bundessozialhilfegesetzes) kann dem Hilfesuchenden eine zwischenzeitliche Selbstbeschaffung der begehrten Leistung unter dem Gesichtspunkt einer "Zweckverfehlung" der ursprünglich beantragten Leistung nicht entgegengehalten werden (vgl BSG SozR 4-3500 § 21 Nr 1 RdNr 11 für die Übernahme von Kosten für eine Haushaltshilfe nach dem SGB XII unter Hinweis auf BVerwGE 90, 154, 156; 91, 245, 247 f; 94, 127, 135; 96, 152, 157; ausführlich Grube, Sozialrecht aktuell 2010, 11, 12). Soweit Leistungen nach dem SGB II nicht ohnehin pauschaliert und von daher dem Gedanken einer zwischenzeitlichen "faktischen" Bedarfsdeckung nicht zugänglich sind (vgl dazu etwa Urteil des Senats vom 18.2.2010 - B 14 AS 32/08 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), gilt nichts anderes. An die Stelle der ursprünglich begehrten Übernahme der Schulden gegenüber dem Vermieter treten dann die Schulden, die gegenüber dem Dritten eingegangen worden sind. Sind durch eine notwendig gewordene anderweitige Finanzierung weitergehende Kosten entstanden, kommt auch deren Übernahme unter dem Gesichtspunkt der Kostenerstattung in Betracht (dazu im Einzelnen unter 5).

22

Das LSG wird daher zu prüfen haben, wann der Kläger die noch bestehenden Verbindlichkeiten eingegangen ist. Lediglich wenn die Schulden gegenüber der Vermieterin bereits vor Antragstellung anderweitig als durch die vom Beklagten begehrte Geldleistung getilgt und die Unterkunft gesichert worden war (wofür der Vortrag des Klägers in der Revisionsinstanz und der vom LSG mitgeteilte Sachverhalt bislang keine Anhaltspunkte bieten), scheidet ein Anspruch nach dem Gesagten regelmäßig aus.

23

Ein Anspruch auf Übernahme von Schulden kann schließlich dann ("ersatzlos") entfallen, wenn die ursprünglich bewohnte Wohnung in der Folge aufgegeben wird und das gesetzliche Ziel der Übernahme der Schulden - der Erhalt der Wohnung - schon tatsächlich nicht mehr erreicht werden kann. Für eine Übernahme der Schulden nach § 22 Abs 5 SGB II lediglich unter dem Aspekt einer finanziellen Restitution ist kein Raum. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.

24

4. Die mithin erforderliche Prüfung, ob der Kläger die Übernahme der Schulden nach § 22 Abs 5 Satz 1 und 2 SGB II verlangen kann, kann der Senat auf Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend durchführen.

25

a) Ausgangspunkt der vom LSG noch durchzuführenden Prüfung ist dabei zunächst § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II, wonach die Übernahme von Schulden in jedem Fall voraussetzt, dass sie "zur Sicherung der Unterkunft" (oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage) gerechtfertigt ist.

26

§ 22 Abs 5 Satz 1 SGB II schützt nach seinem Wortlaut die Wohnung dann, wenn ihr Erhalt durch die Übernahme von Schulden gerechtfertigt ist. Grundsätzlich wird für eine Übernahme der Schulden zu fordern sein, dass die laufenden Kosten für die Unterkunft abstrakt angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II sind. Der mit der Übernahme der Schulden bezweckte langfristige Erhalt einer Wohnung erscheint nur dann gerechtfertigt, wenn die (künftigen) laufenden Kosten dem entsprechen, was innerhalb des nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in Bezug zu nehmenden Vergleichsraumes von dem Träger der Grundsicherung zu übernehmen ist. Das LSG hat (wie auch das SG) keine Feststellungen zur Höhe der laufenden Kosten der klägerischen Wohnung sowie ihrer Angemessenheit getroffen und wird dies nachzuholen haben. Die insoweit aus der Akte ersichtlichen Kosten geben allerdings keinen Anlass, ernstlich an ihrer Angemessenheit zu zweifeln, zumal der Kläger die Wohnung aktuell noch bewohnt und Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II weiterhin bezieht. Ob in Einzelfällen auch für abstrakt unangemessen teure Wohnungen, deren laufende Kosten etwa auf Grundlage des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II übernahmefähig sein mögen, die Übernahme der Schulden gerechtfertigt sein kann, kann nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens dahinstehen.

27

b) Nach § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II steht die Übernahme der Schulden im Ermessen des Grundsicherungsträgers. Dieses Ermessen ist nach Satz 2 eingeschränkt, wenn die Übernahme der Schulden gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. In diesem Fall sollen die Schulden übernommen werden. Da nach den Feststellungen des LSG die Vermieterin des Klägers bei Antragstellung nach Ablauf der vor dem Amtsgericht Lichtenberg vereinbarten Zahlungsfrist zum 3.4.2006 nur noch bereit war, das Mietverhältnis bei einer Zahlung der Schulden fortzusetzen, und offenbar ein vollstreckbarer Räumungstitel vorlag, besteht für das LSG nach Zurückverweisung Anlass zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Übernahme der Schulden auf Grundlage des Satzes 2 vorgelegen haben.

28

Auch die drohende Wohnungslosigkeit im Sinne des § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II bezieht sich in ihrem Ausgangspunkt auf die konkret bewohnte Wohnung. Es geht um den drohenden Verlust dieser Wohnung. So wie § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nicht lediglich sicherstellen soll, dass ein Ort zum Schutz vor der Witterung zur Verfügung steht, an dem der Hilfebedürftige schlafen kann(dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 14 RdNr 16), soll auch die Übernahme von Mietschulden nach Abs 5 den persönlichen Lebensbereich "Wohnung" des Hilfebedürftigen schützen. Das Tatbestandsmerkmal "drohende Wohnungslosigkeit" kann damit nicht unter Hinweis auf Unterbringungsmöglichkeiten in einer Not- oder Obdachlosenunterkunft verneint werden.

29

Soweit allerdings eine angemessene neue Wohnung gefunden werden kann, liegt drohende Wohnungslosigkeit regelmäßig nicht vor. Es ist von dem Hilfebedürftigen jedenfalls dann zu fordern, eine an sich kostenangemessene Wohnung zu verlassen und nach einem Umzug (der sich dann als notwendig iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II darstellt) eine neue Wohnung zu beziehen, wenn durch sein unwirtschaftliches Verhalten (hier die zweckwidrige Verwendung der nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II gewährten Mittel) eine Schuldenlage entstanden ist. Es geht auch im Anwendungsbereich des § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II nicht darum, den Hilfebedürftigen finanziell durch die Übernahme der Schulden zu entlasten. Deshalb kann dem Verlust einer angemessenen Unterkunft auch dadurch begegnet werden, dass eine neue Wohnung bezogen wird.

30

Drohende Wohnungslosigkeit, die einen Anspruch auf Übernahme von Schulden nach § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II auslöst, bedeutet damit den drohenden Verlust der bewohnten, kostenangemessenen Wohnung bei fehlender Möglichkeit ebenfalls angemessenen Ersatzwohnraum zu erhalten. Eine den Angemessenheitskriterien entsprechende Wohnung muss dabei konkret für den Hilfebedürftigen anmietbar sein. Ersatzwohnungen stehen beispielsweise dann zur Verfügung, wenn der Träger der Grundsicherung auf ein sog "geschütztes Marktsegment" zurückgreifen kann und dem Hilfebedürftigen eine Ersatzwohnung anbietet bzw vermittelt. Dagegen ist bei der Frage der drohenden Wohnungslosigkeit unerheblich, ob der Markt - wie nach Auffassung des Beklagten etwa in Berlin - allgemein "entspannt" ist bzw es anderen Hilfebedürftigen regelmäßig gelingt (etwa im Rahmen von Kostensenkungsbemühungen nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II), eine Ersatzwohnung zu finden. Aus den Akten ist ersichtlich, dass der Kläger vorgetragen hat, 14 Vermieter (darunter gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften mit einem großen Wohnungsbestand) wegen Ersatzwohnungen angefragt, aber wegen einer fehlenden Bescheinigung über die Mietschuldenfreiheit nur Absagen erhalten zu haben. Auch die Aufnahme auf die Warteliste für das "geschützte Marktsegment" des Sozialamtes Lichtenberg ist aktenkundig, ohne dass erkennbar würde, ob insoweit eine Ersatzwohnung vor dem Räumungstermin hätte beschafft werden können. Insbesondere diese Umstände wird das LSG zu überprüfen haben, um die notwendigen Feststellungen zur drohenden Wohnungslosigkeit iS des § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II zu treffen. Erst wenn feststeht, dass drohende Wohnungslosigkeit nicht vorgelegen hat, weil eine andere angemessene Wohnung konkret zur Verfügung stand, kommt es auf den weiteren Vortrag des Klägers an, ihm sei aus gesundheitlichen Gründen ein Umzug nicht zumutbar gewesen.

31

c) Liegt drohende Wohnungslosigkeit vor, sollen gemäß § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II die Schulden übernommen werden. Die Feststellung, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des Satzes 2 gegeben sind, bedeutet zugleich, dass dem Beklagten für die Ausübung seines Ermessens regelmäßig kein Spielraum verbleibt. Führt eine Schuldenlage zu drohender Wohnungslosigkeit im dargestellten Sinne, ist die Übernahme der Schulden im Regelfall gerechtfertigt und notwendig. Es ist regelmäßig keine andere Entscheidung als die Übernahme der Schulden denkbar, um den Anspruch des Hilfebedürftigen auf eine angemessene Unterkunft zu sichern. Lediglich in atypischen Ausnahmefällen kann die Übernahme der Schulden abgelehnt werden. Den Interessen der Allgemeinheit an der zweckentsprechenden Verwendung von Steuergeldern ist dabei zum einen dadurch Rechnung getragen, dass die Übernahme von Schulden im Regelfall nur darlehensweise erfolgt. Zum anderen wird eine Übernahme der Schulden von dem Träger der Grundsicherung regelmäßig von einer Entscheidung nach § 22 Abs 4 SGB II im Hinblick auf die künftige Mittelverwendung flankiert und so der zweckentsprechende Einsatz der Steuermittel künftig gesichert werden, wie dies vorliegend bereits im Januar 2006 geschehen ist. Andere Gesichtspunkte, die im Anwendungsbereich des Satzes 1 in die Ermessensentscheidung mit einfließen können (etwa die Höhe der Schulden im Vergleich zu den im Falle eines Umzugs vom Träger aufzuwendenden Folgekosten), finden im Rahmen des Satzes 2 schon deshalb keine Berücksichtigung mehr, weil bei drohender Wohnungslosigkeit - wie oben ausgeführt - die Alternative einer konkreten Unterkunftsmöglichkeit nicht besteht. Schließlich tritt auch wirtschaftlich unvernünftiges (vorwerfbares) Handeln des Hilfebedürftigen, das die drohende Wohnungslosigkeit (mit)verursacht haben mag, in den Fällen des Satzes 2 regelmäßig zurück. Wie bereits ausgeführt fallen in erster Linie solche Verbindlichkeiten überhaupt nur unter den Begriff der Schulden nach Abs 5, die auf ein (mehr oder weniger nachvollziehbares) Fehlverhalten des Hilfebedürftigen (sei es während des Leistungsbezuges, sei es zuvor) zurückzuführen sind. Ob ausnahmsweise anderes gelten kann, wenn zielgerichtetes Verhalten des Hilfeempfängers (insbesondere im Wiederholungsfall) zu Lasten des Trägers der Grundsicherung nachgewiesen werden kann, kann nach dem derzeitigen Verfahrensstand offen bleiben.

32

5. Auch hinsichtlich des Umfangs der zu übernehmenden Schulden gilt der Maßstab nach § 22 Abs 5 Satz 1 und 2 SGB II. Die Schulden sind also in dem Umfang zu übernehmen, in dem ihre Übernahme gerechtfertigt, und in dem sie (im Falle des Satzes 2) zur Abwendung der Wohnungslosigkeit notwendig sind.

33

Aus § 22 Abs 5 Satz 3 SGB II ergibt sich dabei, dass die Übernahme nicht gerechtfertigt ist, wenn der Hilfebedürftige mit eigenen Mitteln die Notlage abwenden kann. Der Einsatz des Grundfreibetrages nach § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II kann uneingeschränkt verlangt werden. Für den Kläger gelten hier keine Einschränkungen deshalb, weil er sich unter Geltung der alten Rechtslage noch an den Träger der Sozialhilfe gewandt hatte. Abgesehen davon, dass im Anwendungsbereich des SGB XII ein so weitgehender Schutz wie in § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II nicht zum Tragen kommt, sind Übergangsregelungen nicht ersichtlich und erscheinen auch nicht erforderlich. Der Freibetrag für notwendige Anschaffungen nach § 12 Abs 2 Nr 4 SGB II ist in § 22 Abs 5 Satz 3 SGB II zwar nicht erwähnt. Dieser Betrag ist jedoch auch und gerade zum Einsatz in unvorhergesehenen Bedarfslagen gedacht, sodass nicht ersichtlich ist, weshalb er in Ansehung von Mietschulden geschützt sein sollte. Ob solches Vermögen im Zeitpunkt der Antragstellung überhaupt vorlag, wird das LSG festzustellen haben.

34

Die Übernahme von Kosten der Vermieterin, die nicht aus dem Mietverhältnis stammen, aber an die sie (nach Ablauf der in § 543 Abs 2 Nr 3 Bürgerliches Gesetzbuch vorgesehenen Fristen zur Abwendung einer Kündigung wegen Zahlungsrückständen zulässigerweise) die Fortführung bzw den Neuabschluss des Mietverhältnisses geknüpft hat, können nach dem oben Ausgeführten ebenfalls zu den im Rahmen des § 22 Abs 5 SGB II übernahmefähigen Kosten gehören. Im Hinblick auf den vorliegenden Einzelfall, der durch den Zuständigkeitswechsel der Träger aufgrund der Rechtsänderung gekennzeichnet ist, erscheinen sie im Zeitpunkt der Antragstellung als nicht (mehr) abwendbar und damit (sofern die Voraussetzungen des Satzes 2 vorliegen) notwendig zur Sicherung der Wohnung.

35

Schließlich ist auch die Frage, ob dem Kläger die geltend gemachten Zinsen zuzusprechen sind, danach zu entscheiden, ob die Aufnahme des Kredits zu den dargestellten Bedingungen zur Abwendung der Wohnungslosigkeit notwendig war. Es sind hierdurch zwar erhebliche Mehrkosten entstanden, die bei Übernahme der ursprünglich bestehenden Schulden durch den Beklagten nicht angefallen wären. Die Erstattung von Kosten bei Selbstbeschaffung unaufschiebbarer Sozialleistungen (dh in Eil- und Notfällen trotz rechtzeitiger Antragstellung) sowie im Falle rechtswidriger Leistungsablehnung ist aber Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens im Sozialrecht (vgl bereits BSGE 89, 50, 56 f = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 8 = juris RdNr 36; Grube, Sozialrecht aktuell 2010, 11, 12). Solche Mehrkosten sind im Rahmen des § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II grundsätzlich übernahmefähig, wenn andere Möglichkeiten der Sicherung der Wohnung (vor allem ein nochmaliger Aufschub durch den Vermieter bis zur endgültigen Entscheidung des Leistungsträgers) endgültig ausscheiden. Wegen der Einzelheiten der Darlehensgewährung wird das LSG diese Voraussetzungen und sodann abschließend zu überprüfen haben, ob dem Kläger eine günstigere Möglichkeit der Kreditaufnahme offen gestanden hätte.

36

Das LSG wird auch abschließend über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

Tatbestand

1

Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld II (Alg II).

2

Die 1954 geborene Klägerin wohnt mit ihrer 1920 geborenen Mutter in einem im Eigentum der Mutter stehenden Haus und pflegt sie. Die Mutter bezieht eine Rente in Höhe von 1300 Euro monatlich. Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch werden nicht gewährt. Die Klägerin beteiligt sich an den Kosten für den Unterhalt des Hauses nicht; insbesondere zahlt sie keine Miete.

3

Die Klägerin ist zusammen mit ihrem Lebensgefährten Miteigentümerin eines (nicht mit Verbindlichkeiten belasteten) Grundstücks mit einer Fläche von 972 qm, das mit einem Einfamilienhaus bebaut ist. Der Lebensgefährte bewohnt das Haus allein. Den Verkehrswert des Hausgrundstücks hat die Klägerin mit 193 700 Euro angegeben; es sei jedoch eine Wertminderung eingetreten, weil nach 29 Jahren Renovierungsbedarf bestehe. Daneben verfügte die Klägerin im hier streitigen Zeitraum über drei Lebensversicherungen.

4

Nachdem ein zum 1.1.2005 gestellter Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Erfolg geblieben war, beantragte die Klägerin am 23.3.2005 bei der Beklagten erneut Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und machte geltend, ihr Vermögen sei unter den Freibetrag gesunken. Sie habe eine Lebensversicherung in Höhe von 3385 Euro aufgelöst, hiervon 1498 Euro für dringende Instandhaltungsarbeiten an ihrem eigenen Haus eingesetzt und den Rest für ihren Lebensunterhalt verbraucht. Antrag und Widerspruch blieben ohne Erfolg (Bescheid der Agentur für Arbeit Balingen vom 28.4.2005; Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 13.7.2005). Die Klägerin verfüge über verwertbares Vermögen in Höhe von 105 477,05 Euro, das den Freibetrag von 10 750 Euro übersteige. Dabei seien Lebensversicherungen in Höhe von 8627,37 Euro sowie der Miteigentumsanteil mit einem Wert von 96 849,68 Euro zu berücksichtigen.

5

Das Sozialgericht (SG) Reutlingen hat die dagegen erhobene Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 19.10.2007). Die hiergegen gerichtete Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg mit Urteil vom 13.3.2008 zurückgewiesen. Die Klägerin sei gemäß § 9 Abs 1 Halbs 2 SGB II nicht hilfebedürftig, weil sie die erforderliche Hilfe von ihrer Mutter, mit der sie nicht in Bedarfsgemeinschaft lebe, tatsächlich erhalte. Die Verwendung der Rente ihrer Mutter zur Sicherung des eigenen Lebensunterhalts sowie das in Anspruch genommene kostenfreie Wohnen stellten zwar kein Einkommen der Klägerin im Sinne des § 9 Abs 1 Halbs 1 SGB II dar. § 9 Abs 1 SGB II enthalte in Halbs 2 aber einen eigenständigen und unmittelbaren Subsidiaritätsgrundsatz, wie er auch in § 2 Abs 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) normiert sei. Die Hilfeleistung anderer sei insoweit von eigenem Einkommen zu trennen. Diese anderweitige Bedarfsdeckung schließe im Sozialhilferecht Leistungen auf Grund des Nachranggrundsatzes in § 2 Abs 1 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) aus(Hinweis auf Bundesverwaltungsgericht , BVerwGE 108, 36 und BVerwGE 122, 317). Dies gelte weiterhin, denn der mit der Einführung des SGB II und SGB XII vorgenommene Systemwechsel berühre die grundsätzliche Subsidiarität des den gesamten Lebensunterhalt sichernden materiellen Sozialhilferechts nicht. Vorliegend habe die Klägerin tatsächlich Zuwendungen von ihrer Mutter erhalten und erhalte diese weiterhin, die den gesamten Bedarf deckten. Sie wohne mietfrei im Haus der Mutter und habe selbst eingeräumt, seit April 2005 ihren Lebensunterhalt aus dem Einkommen der Mutter zu decken. Die Mutter sei auch tatsächlich in der Lage, den Lebensunterhalt der Klägerin zu decken, ohne ihren eigenen notwendigen Lebensunterhalt zu gefährden. Es ergebe sich ein grundsicherungsrechtlicher Gesamtbedarf in Höhe von 945,61 Euro (Regelsatz der Mutter nach dem SGB XII zuzüglich eines Mehrbedarfs nach § 30 Abs 1 SGB XII in Höhe von insgesamt 406 Euro, Regelbedarf der Klägerin in Höhe von 347 Euro, Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 192,65 Euro ausgehend von den für das Jahr 2004 angegebenen Kosten), der das Einkommen der Mutter in Höhe von 1300 Euro nicht übersteige. Dieses Ergebnis widerspreche nicht den Kriterien, die im Rahmen des § 9 Abs 5 SGB II anzuwenden seien. § 9 Abs 5 SGB II regele nicht die Fälle, in denen der Verwandte tatsächlich Leistungen erbringe, auch wenn dies von ihm - typisiert - nicht erwartet werden könne. Daher komme es vorliegend auf das Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft nicht an. Die Klägerin habe schließlich nicht vorgetragen, die Sicherung ihres Lebensunterhalts aus dem Einkommen ihrer Mutter stelle nur eine vorschussweise Überbrückung bis zur Leistungsgewährung durch die Beklagte dar. Angesichts der Höhe der Rente und der Pflegeleistungen der Klägerin dränge sich dies auch nicht auf.

6

Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin. Sie hält die Berücksichtigung von Leistungen ihrer Mutter nach § 9 Abs 1 SGB II für nicht zulässig. Die Auffassung des LSG verletze insbesondere § 9 Abs 1 und § 9 Abs 5 iVm § 1 Abs 2 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V), wonach das Einkommen der Mutter im dort genannten Umfang nicht anrechnungsfähig sei. Nach der Auffassung des LSG sei sie ferner von der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen, die aber ebenso wie die Bedarfsdeckung im Übrigen zur notwendigen Daseinsvorsorge gehöre. Aus der Tatsache, dass die Mutter die von der Beklagten geschuldete Leistung erbringe, könne ferner nicht geschlossen werden, dass die Leistungspflicht der Beklagten hinfällig sei. Insoweit würden ihr in Konsequenz der Auffassung des LSG notwendige Leistungen zur Existenzsicherung vorenthalten und insoweit Art 2 Grundgesetz (GG) verletzt. Es widerspreche schließlich jeder Lebenserfahrung, dass für den Nachweis einer nur übergangsweisen Unterstützung durch Verwandte eine ausdrücklich abgeschlossene Darlehensvereinbarung Voraussetzung sei.

7

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13.3.2008 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 19.10.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28.4.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.7.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab dem 23.3.2005 bis zum 21.6.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu gewähren.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne einer Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet, § 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Senat kann auf Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden, ob und ggf welches zu berücksichtigende Einkommen oder Vermögen der Klägerin zur Abwendung ihrer Hilfebedürftigkeit zur Verfügung stand.

11

1. Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren sind noch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 23.3.2005 bis zum 21.6.2005. Die Klägerin hat auf Hinweis des Senats ihren Antrag im Revisionsverfahren entsprechend begrenzt, nachdem sich die Beteiligten wegen der Folgezeiträume, über die die Beklagte auf einen Antrag vom 22.6.2005 hin mit einem weiteren Bescheid entschieden hatte, im Wege eines so genannten Überprüfungsvergleichs geeinigt hatten.

12

2. Leistungen nach dem SGB II erhalten nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr 1), die erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig (Nr 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4).

13

Nach § 7 Abs 1 Nr 3, § 9 Abs 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit (Nr 1) oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen (Nr 2) sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Die Klägerin bildete hier gemäß § 7 Abs 3 Nr 1 SGB II allein für ihre Person "eine Bedarfsgemeinschaft". Eine Bedarfsgemeinschaft zwischen über fünfundzwanzigjährigen Kindern und ihren Eltern sieht das Gesetz nicht vor, weshalb hier eine Bedarfsgemeinschaft zwischen der Klägerin und ihrer Mutter nicht angenommen werden kann (dazu BSGE 97, 211 = SozR 4-4200 § 20 Nr 2, jeweils RdNr 18 f). Die Hilfebedürftigkeit der Klägerin misst sich daran, ob und inwieweit im streitigen Zeitraum ihr Bedarf (dazu unter 3) von dem zu berücksichtigenden Einkommen (dazu unter 4) und ggf einzusetzenden Vermögen (dazu unter 5) gedeckt wird.

14

3. Bei Prüfung des Anspruchs der Klägerin auf Alg II ist vorliegend der durch die Regelleistung nach § 20 Abs 2 SGB II(in der Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954) für einen Alleinstehenden ausgedrückte Bedarf in Höhe von 345 Euro zu Grunde zu legen. Das LSG ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (BSGE 101, 70 = SozR 4-4200 § 11 Nr 11) davon ausgegangen, dass im Hinblick auf die pauschalierte Regelleistung für eine individuelle Bedarfsermittlung vor dem Hintergrund möglicherweise ersparter Aufwendungen kein Raum ist. Daneben besteht ein Bedarf für Kosten der Unterkunft und Heizung (vgl § 22 SGB II) nach den bisherigen Feststellungen des LSG nicht, weil der Klägerin keine solchen tatsächlichen Aufwendungen entstanden sind. Insoweit kommt nach dem Wortlaut des § 22 SGB II abweichend von § 20 SGB II nur die Berücksichtigung tatsächlich anfallender Kosten als die Hilfebedürftigkeit begründender Bedarf in Betracht.

15

4. Ob und ggf in welchem Umfang dieser Bedarf der Klägerin durch Einkommen gedeckt ist, kann nicht abschließend entschieden werden. Die Feststellung des LSG, die Klägerin habe "seit April 2005 ihren Lebensunterhalt aus dem Einkommen der Mutter bestritten", trägt allein die rechtliche Schlussfolgerung nicht, sie - die Klägerin - sei wegen der vollständigen Deckung ihres Bedarfs nicht hilfebedürftig im Sinne des § 9 Abs 1 SGB II. Nur soweit die Klägerin mit ihrer Mutter in einer Haushaltsgemeinschaft lebt, kann nach § 9 Abs 5 SGB II vermutet werden, dass ihr Unterstützungsleistungen in dem dann nach §§ 1 Abs 2, 4 Abs 2 Alg II-V(hier in der Fassung vom 20.10.2004 ) zu bestimmenden Umfang zufließen, ohne dass der entsprechende Zufluss im Einzelnen nachgewiesen sein muss (dazu unter a). Darüber hinausgehend können Einnahmen nur Berücksichtigung finden, wenn feststeht, dass und in welchen Umfang Geldleistungen der Mutter tatsächlich zugeflossen sind (dazu unter b). Das LSG wird die noch fehlenden Ermittlungen im Hinblick auf beide Möglichkeiten nachzuholen haben (dazu unter c).

16

a) Lebt der Hilfebedürftige mit anderen Personen zusammen, ohne dass sie eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs 3 SGB II bilden, bietet lediglich § 9 Abs 5 SGB II iVm § 1 Abs 2, § 4 Abs 2 Alg II-V eine Handhabe dafür, Einkommen (und ggf Vermögen) eines Mitglieds des Haushalts bei der Prüfung des Bedarfs beim Hilfebedürftigen zu berücksichtigen, ohne dass der entsprechende Zufluss bei ihm nachgewiesen sein muss. § 9 Abs 5 SGB II knüpft insoweit an eine bestehende Haushaltsgemeinschaft zwischen Verwandten und Verschwägerten im Sinne des Wirtschaftens aus einem Topf die Vermutung, dass der Hilfebedürftige bei Leistungsfähigkeit des Verwandten Leistungen in bestimmter Höhe auch erhält(im Einzelnen BSG SozR 4-4200 § 9 Nr 6). Der Zufluss der Unterstützungsleistungen wird dabei widerleglich vermutet: Besteht eine Haushaltsgemeinschaft, ist es dem Hilfebedürftigen möglich, die gesetzliche Vermutung - er erhält Leistungen von den Verwandten oder Verschwägerten - zu widerlegen, indem er Tatsachen vorträgt, die geeignet sind, Zweifel an der Richtigkeit der Vermutung zu begründen. Nur dann besteht Anlass, weitergehend von Amts wegen zu ermitteln. Unterstützungen von Verwandten werden im Anwendungsbereich des § 9 Abs 5 SGB II mithin dann nicht berücksichtigt, wenn nachgewiesen ist, dass sie trotz entsprechender Leistungsfähigkeit tatsächlich nicht erbracht werden. Der Sache nach handelt es sich im Übrigen auch bei solchen Leistungen durch Familienangehörige um zu berücksichtigendes Einkommen des Hilfebedürftigen iS des § 9 Abs 1 Nr 2, § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II(vgl bereits BSGE 102, 258 = SozR 4-4225 § 1 Nr 1, jeweils RdNr 18).

17

b) Tatsächlich gewährte Unterstützungsleistungen von Verwandten oder Verschwägerten in Geld oder Geldeswert, die über die Leistungsfähigkeit im Sinne des § 9 Abs 5 SGB II iVm § 1 Abs 2 Alg II-V hinaus erfolgen, sind wie sonstige Zuwendungen von Dritten nach den Grundsätzen des § 9 Abs 1 Nr 2 iVm § 11 SGB II zur Deckung der Bedarfe heranzuziehen. Entgegen der Auffassung der Klägerin schließt § 9 Abs 5 SGB II die Berücksichtigung von weitergehenden, tatsächlich zufließenden Unterstützungsleistungen innerhalb von Haushaltsgemeinschaften nicht von vornherein aus. § 9 Abs 5 SGB II beinhaltet lediglich die entsprechende Wertung des Gesetzgebers, dass unter Angehörigen einer Haushaltsgemeinschaft eine gegenseitige Unterstützung erst erwartet und also der Zufluss vermutet werden kann, wenn dem Verwandten oder Verschwägerten ein deutlich über den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts liegendes Lebenshaltungsniveau verbleibt. Soweit Zuflüsse tatsächlich nachgewiesen sind, räumt die Vorschrift keine über § 11 Abs 2 und 3 SGB II hinausgehende Privilegierung von Einkommen auf Seiten des Hilfebedürftigen ein.

18

Der Zufluss solcher Geldleistungen muss aber konkret nachgewiesen sein. Während § 9 Abs 2 SGB II innerhalb der Bedarfsgemeinschaft eine bestimmte Verteilung des Einkommens ihrer Mitglieder unwiderleglich unterstellt(vgl etwa BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, jeweils RdNr 29; BSGE 102, 76 = SozR 4-4200 § 9 Nr 7, jeweils RdNr 31) und § 9 Abs 5 SGB II die Anforderungen an die Ermittlungen zum Tatbestandsmerkmal "Hilfebedürftigkeit" wegen der Vermutung von Einkommen einschränkt, treffen den Hilfebedürftigen bei der Berücksichtigung von Einkommen in den übrigen Fällen bei der Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen Mitwirkungsobliegenheiten(vgl § 60 Sozialgesetzbuch Erstes Buch und dazu BSGE 101, 260 = SozR 4-1200 § 60 Nr 2). Lässt sich Hilfebedürftigkeit nicht nachweisen, geht dies zu Lasten des Antragstellers. Dies erlaubt es aber nicht, den Zufluss von Einkommen, der der Annahme von Hilfebedürftigkeit entgegenstehen könnte, zu unterstellen (vgl auch Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 12.5.2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927 = Breith 2005, 803 = juris RdNr 28).

19

Vorliegend hat das LSG, ausdrücklich ohne Feststellungen zu einer Haushaltsgemeinschaft iS des § 9 Abs 5 SGB II zu treffen, den Zufluss von Einkommen der Mutter in ausreichender Höhe (lediglich) vermutet und dies damit begründet, das Einkommen der Mutter reiche (in entsprechender Anwendung der ausschließlich für Bedarfsgemeinschaften vorgesehenen horizontalen Berechnungsmethode) zur Deckung des Gesamtbedarfs aus. Eine solche "Vermutungsregel" widerspricht den insoweit abschließenden Grundsätzen des § 9 Abs 5 SGB II und ist damit unzulässig. Unerheblich ist im Hinblick auf die Ermittlung von Einkommen auch, dass die Klägerin "keine konkreten Bedarfslagen genannt hat, die ungedeckt bleiben würden", wie das LSG meint. Der in der Regelleistung zum Ausdruck kommende Gesamtbedarf eines Hilfebedürftigen ist pauschal bestimmt, sodass die Begründung von Ansprüchen nach dem SGB II gerade nicht die Feststellung (und erst recht nicht den entsprechenden Vortrag des Antragstellers) voraussetzt, bestimmte Bedarfe, die in der Regelleistung zum Ausdruck kommen (Essen, Kleidung etc), seien ungedeckt. Schließlich genügt die in den Urteilsgründen wiedergegebene (offenbar erst nach Antragstellung gemachte) Angabe der Klägerin, "seit April 2005 ihren Lebensunterhalt aus dem Einkommen der Mutter zu decken", in dieser Allgemeinheit nicht, um von einer vollständigen Bedarfsdeckung durch den Zufluss von Einkommen auszugehen. Allein die Tatsache, dass auch ohne die entsprechenden Leistungen durch den Träger der Grundsicherung jedenfalls das Lebensnotwendige offenbar gesichert war, lässt Hilfebedürftigkeit nicht (im Nachhinein) entfallen. Entscheidend ist, ob Einkommen in Geld oder Geldeswert im jeweils zu beurteilenden Zeitraum in einer Höhe konkret zur Verfügung steht, das den Gesamtbedarf (vorliegend 345 Euro) vollständig deckt.

20

Entgegen der Auffassung des LSG folgt aus § 9 Abs 1 letzter Halbsatz SGB II nichts anderes. Soweit hier neben den Möglichkeiten der Bedarfsdeckung durch zu berücksichtigendes Einkommen und Vermögen auf die erforderliche Hilfe anderer, insbesondere die Hilfe von Angehörigen, Bezug genommen wird, ist damit keine weitere, eigenständige Möglichkeit der "faktischen" Bedarfsdeckung aufgezeigt. Sobald ein Hilfebedürftiger solche Hilfen "erhält", handelt es sich um Einkommen im Sinne des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II. Die Nennung der Hilfe anderer im Gesetz ist vor dem Hintergrund des § 9 Abs 1 Nr 2 SGB II überflüssig und verdeutlicht nur, dass es (auch) insoweit auf den tatsächlichen Zufluss "bereiter Mittel" ankommt(vgl Brühl/Schoch in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 9 RdNr 14 f). Nichts anderes galt im Übrigen unter Geltung des BSHG. Auch insoweit war entscheidend, ob Einkommen im Sinne des § 11 BSHG tatsächlich zufließt(so etwa ausdrücklich die vom LSG herangezogene Entscheidung BVerwGE 108, 36, 39 = juris RdNr 13). Daneben kam zwar auf Grundlage des § 22 Abs 1 Satz 2 BSHG die Minderung des eigenen Bedarfs durch Hilfeleistungen anderer in Betracht(vgl BVerwG aaO sowie BVerwG Beschluss vom 30.12.1996 - 5 B 47/96 - FEVS 47, 337; BVerwGE 72, 354). Wie der Senat bereits entschieden hat, ist eine § 22 Abs 1 Satz 2 BSHG und § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII entsprechende Rechtsgrundlage, die eine abweichende Bestimmung der Bedarfe erlaubt, im SGB II aber nicht ersichtlich(BSGE 101, 70 = SozR 4-4200 § 11 Nr 11 zur Verköstigung während eines Krankenhausaufenthalts und Urteil vom 18.6.2008 - B 14 AS 46/07 R - zur kostenlosen Verpflegung durch Familienangehörige). Insoweit hat sich das SGB II von den zuvor geltenden Grundsätzen der Sozialhilfe gelöst.

21

c) Das LSG hat es ausdrücklich offen gelassen, ob zwischen der Klägerin und ihrer Mutter eine Haushaltsgemeinschaft im Sinne des § 9 Abs 5 SGB II bestand. Die notwendigen Ermittlungen dazu, ob die Klägerin und ihre Mutter aus einem Topf wirtschafteten (vgl BSG SozR 4-4200 § 9 Nr 6), wird es nachzuholen haben. Gelangt es zu der Überzeugung, es habe im streitigen Zeitraum eine Haushaltsgemeinschaft bestanden, wird es weiter zu überprüfen haben, ob überhaupt bzw in welchem Umfang auf Grundlage des § 9 Abs 5 iVm § 1 Abs 2 Alg II-V und § 4 Abs 2 Alg II-V(nunmehr: § 7 Abs 2 Alg II-V in der Fassung vom 17.12.2007 ) eine Unterstützung der Klägerin durch ihre Mutter erwartet werden konnte. Nach den bisherigen Feststellungen spricht einiges für die Leistungsfähigkeit der Mutter (jedenfalls in gewissem Umfang) als weitere Voraussetzung für die Vermutung iS des § 9 Abs 5 SGB II, ohne dass hierzu vom Senat abschließend eine Entscheidung getroffen werden könnte.

22

Zunächst ist das bereinigte Einkommen der Mutter zu ermitteln. Von dem Rentenzahlbetrag, der bislang die einzige ersichtliche Einnahme darstellt, sind die Absetzungen des § 11 Abs 2 SGB II vorzunehmen. Im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin, ihre Krankenversicherung sei nicht gesichert gewesen, wird das LSG dabei zu beachten haben, dass vom Einkommen der Mutter auch solche Absetzungen entsprechend § 11 Abs 2 SGB II vorzunehmen sind, die zugunsten der Klägerin erfolgen. Zahlt die Mutter beispielsweise tatsächlich Aufwendungen für eine Krankenversicherung (§ 11 Abs 2 Nr 3 SGB II) oder eine geförderte Altersvorsorge nach § 82 Einkommensteuergesetz(§ 11 Abs 2 Nr 4 SGB II) für die Klägerin, sind die entsprechenden Beiträge von ihrem Einkommen abzusetzen.

23

Sodann ist der Freibetrag nach § 1 Abs 2 Satz 1 Alg II-V festzulegen. Auszugehen ist vom doppelten Freibetrag nach § 20 Abs 2 SGB II (im streitigen Zeitraum mithin 690 Euro monatlich) zuzüglich der anteiligen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wobei die Mutter nach den bisherigen Feststellungen des LSG sämtliche Aufwendungen für den Unterhalt des Hauses trägt. Solche Aufwendungen sind nach der Rechtsprechung der für das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate allerdings auch zugunsten selbst genutzter Immobilien lediglich in den Monaten, in denen sie tatsächlich anfallen, berücksichtigungsfähig (vgl etwa BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, jeweils RdNr 34; SozR 4-4200 § 22 Nr 17 RdNr 14). Abweichend von dem in § 1 Abs 2 Alg II-V beschriebenen Regelfall wird schließlich der Einsatz des Einkommens von Angehörigen, die in ihrer Person die Voraussetzungen für einen Mehrbedarf entsprechend §§ 21, 28 Abs 1 Satz 3 SGB II bzw § 30 SGB XII erfüllen, nur erwartet werden können, soweit die Einnahmen zusätzlich zum Freibetrag den für den jeweiligen Mehrbedarf vorgesehenen Betrag (hier also in Ansehung des Alters der Mutter ein Mehrbedarf von 17 Prozent der Regelleistung) überschreiten. Soweit die bereinigten Einnahmen diese Grenze überschreiten, wird der Zufluss dieser Einnahmen bei der Klägerin in Höhe von 50 Prozent als Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II unterstellt.

24

Schließlich sind die notwendigen Feststellungen zum Vermögen der Mutter nachzuholen. Es kann auf Grundlage der bisherigen Feststellungen insbesondere nicht beurteilt werden, ob das selbst genutzte Hausgrundstück eine angemessene Größe hat und damit von einer möglichen Verwertung nach § 4 Abs 2 Alg II-V iVm § 12 Abs 3 Nr 3 SGB II ausgenommen ist. Ob und ggf welcher Einsatz von weiteren Vermögensgegenständen der Mutter zur Abwendung von Hilfebedürftigkeit der Klägerin erwartet werden kann, ist bislang ebenfalls nicht ermittelt.

25

In Anbetracht der schriftlichen Angaben der Klägerin im Verlauf des bisherigen Verfahrens, wie sie aus den Akten ersichtlich sind, kann es abschließend - sofern diese Anhaltspunkte auch nach Aufklärung der Einzelheiten zu einer möglichen Haushaltsgemeinschaft fortbestehen - angebracht sein, den Sachverhalt im Hinblick auf (weitergehende) tatsächliche Geldzuwendungen der Mutter aufzuklären. Die für diesen Fall erforderlichen umfassenden Ermittlungen und Würdigungen dahin, ob und in welcher Höhe im Einzelnen Einkommen in Geld tatsächlich (und zum endgültigen Verbrauch) zugeflossen ist, hat das LSG - ausgehend von seiner Rechtsauffassung - bislang unterlassen. Dies wird es ggf nachzuholen haben.

26

5. Ergeben die weiteren Ermittlungen des LSG, dass das zur Verfügung stehende Einkommen den Bedarf der Klägerin nicht oder nicht vollständig deckt, wird es zu prüfen haben, inwieweit der Miteigentumsanteil an dem Hausgrundstück zum verwertbaren Vermögen der Klägerin gehört hat, das zur Beseitigung der Hilfebedürftigkeit einzusetzen wäre. Problematisch erscheint insoweit schon, ob - wie vom SG angenommen - der Miteigentumsanteil prognostisch innerhalb von 6 Monaten ab Antragstellung rechtlich und tatsächlich verwertbar war (dazu BSGE 99, 248 = SozR 4-4200 § 12 Nr 6 RdNr 15 und BSG SozR 4-4200 § 12 Nr 12 RdNr 23). Schließlich ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang - wie von der Beklagten angenommen - auch die Lebensversicherungen zum zu berücksichtigenden Vermögen gehören.

27

Das LSG wird auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden haben.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, mit dem die Beklagte die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 1.12.2006 bis zum 28.2.2007 teilweise aufgehoben und von ihr die Erstattung überzahlter Leistungen in Höhe von 1410 Euro gefordert hat.

2

Die 1983 geborene, alleinstehende Klägerin erhielt nach vorangehendem Bezug von Arbeitslosengeld (Alg) nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) seit März 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von der Beklagten. Zuletzt bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 10.8.2006 für den Zeitraum vom 1.9.2006 bis zum 28.2.2007 Alg II in Höhe von monatlich 588 Euro (345 Euro Regelleistung, 240 Euro Kosten für Unterkunft und Heizung und 3 Euro befristeter Zuschlag nach § 24 SGB II). Seit dem 15.3.2007 war sie als Erzieherin beschäftigt und damit nicht mehr hilfebedürftig nach dem SGB II.

3

Im Februar 2007 reichte die Klägerin bei der Beklagten Kontoauszüge ein, aus denen ein Zahlungseingang am 19.12.2006 von ihrem Onkel in Höhe von 1500 Euro hervorging. Auf Rückfrage legte sie dazu ein an sie gerichtetes, undatiertes Schreiben mit folgendem Inhalt vor: "Liebe J, am 19. Dezember.2006 habe ich Dir Euro 1500 als Darlehen auf Dein Konto überwiesen. Wir haben vereinbart, dass Du mir den Betrag am 01.07.2007 zurückzahlst. Beste Grüße. Dein Onkel J".

4

Nach Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 5.3.2007 hob die Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 10.8.2006 für den Zeitraum vom 1.12.2006 bis 28.2.2007 teilweise in Höhe von 1410 Euro nach § 48 Abs 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auf. Die Klägerin habe nach Erlass des Bescheides Einkommen erzielt, das zur Minderung des Anspruchs geführt habe (§ 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X). Mit dem Zufluss der Darlehenssumme im Dezember 2006 habe sich eine Änderung der Verhältnisse ergeben (§ 48 Abs 1 Satz 3 SGB X). Der auf dem Girokonto eingegangene Betrag von 1500 Euro sei ab dem Zuflussmonat als sonstiges Einkommen nach § 11 SGB II zu berücksichtigen und anteilig in Höhe von monatlich 470 Euro (500 Euro abzüglich des Pauschbetrages in Höhe von 30 Euro) auf den restlichen Bewilligungsabschnitt zu verteilen. Die Aufhebungsentscheidung sei nach § 40 Abs 1 Nr 1 SGB II iVm § 330 SGB III als gebundene Entscheidung zu erlassen. Die erbrachten Leistungen seien nach § 40 Abs 2 SGB II in Verbindung mit § 50 SGB X zu erstatten, wobei der Klägerin unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Möglichkeit einer Ratenzahlung eingeräumt werde(Bescheid vom 13.3.2007; Widerspruchsbescheid vom 21.6.2007).

5

Die hiergegen gerichtete Klage zum Sozialgericht (SG) Dortmund begründete die Klägerin wie bereits den Widerspruch damit, es sei ihr von ihrem Onkel ein Darlehen gewährt worden, um (von ihr im Einzelnen belegte) Ausgaben zu tätigen, die sie nicht aus dem Regelsatz habe bestreiten können. Ihrer Verpflichtung zur Rückzahlung der Darlehenssumme sei sie am 17.7.2007 durch Überweisung des Betrages in voller Höhe nachgekommen. Die Klage blieb ohne Erfolg (Urteil vom 26.5.2008).

6

Auf die Berufung der Klägerin hin hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen das Urteil des SG und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Die Klägerin sei im Zeitraum von Dezember 2006 bis Februar 2007 weiterhin in dem zuvor bestehenden Umfang hilfebedürftig gewesen. Ihrem Bedarf von monatlich 588 Euro habe kein zu berücksichtigendes Einkommen gegenübergestanden. Durch die Gutschrift auf dem Girokonto am 19.12.2006 sei eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheides vom 10.8.2006 vorgelegen hätten, nicht eingetreten. Die von ihrem Onkel überwiesene Summe sei nicht als einmalige Einnahme bedarfsmindernd zu berücksichtigen gewesen, da es sich zur Überzeugung des Senats nicht um eine Schenkung, sondern ein Darlehen gehandelt habe. Bei Mitteln aus einem Darlehen handele es sich nicht um Einkommen iS des § 11 SGB II, da sie mit Rücksicht auf die Rückzahlungsverpflichtung die Vermögenssituation des Hilfebedürftigen nicht veränderten, es sei denn, die Verpflichtung zur Rückzahlung entfalle(Hinweis auf BSGE 58, 160 ff = SozR 4100 § 138 Nr 11; BSG SozR 4100 § 138 Nr 25 zur Arbeitslosenhilfe; BVerwGE 54, 358, 361 ff; 69, 247 ff; 69, 252 ff für das Wohngeldrecht). Für den Senat sei nach Anhörung der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung und auf Grundlage der Angaben des Onkels, der Rechtsanwalt sei, nachgewiesen, dass von vornherein die Rückzahlung des Betrages von 1500 Euro vereinbart worden sei. Unschädlich für diese Annahme sei, dass bei Vereinbarung der darlehensweisen Überlassung der Zeitpunkt für die Rückzahlung (noch) offen gelassen worden sei.

7

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 11 SGB II. Zwar spreche einiges für die vom LSG vertretene Auffassung, dass Darlehen, die mit einer Rückzahlungsverpflichtung belastet seien, nicht als Einkommen angesehen werden könnten. Dies könne jedoch nur für solche Darlehenssummen gelten, die noch im laufenden Bewilligungsabschnitt zurückzuzahlen seien (Hinweis auf SG Reutlingen Urteil vom 24.4.2007 - S 2 AS 4151/06, info also 2007, 227 = ZFSH/SGB 2007, 672). Dies berücksichtige die unmittelbare wirtschaftliche Situation des Hilfebedürftigen angemessen. Zugleich könne so ein Maßstab zur Bewertung von Fällen wie dem Vorliegenden gefunden werden, der den Anforderungen einer Massenverwaltung gerecht werde. Darlehensvereinbarungen müssten schließlich in allen wesentlichen Punkten dem entsprechen, was auch zwischen Dritten vereinbart werde und damit dem sog Fremdvergleich standhalten.

8

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. Dezember 2008 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 26. Mai 2008 zurückzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

10

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Die Voraussetzungen für eine (teilweise) Aufhebung der ursprünglichen Bewilligung liegen nicht vor. Bei der nach Antragstellung im Bedarfszeitraum zugeflossenen Darlehenssumme handelt es sich nicht um berücksichtigungsfähiges Einkommen, wie das LSG zutreffend entschieden hat.

12

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 13.3.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.6.2007, den die Klägerin mit ihrer Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) angegriffen hat.

13

2. Als Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung kommt nur § 40 Abs 1 SGB II iVm § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X in Betracht. Hiernach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Gemäß § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 3 SGB III ist dabei mit Wirkung vom Zeitpunkt der Veränderung der Verhältnisse der Verwaltungsakt aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt hat(§ 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X). Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes (§ 48 Abs 1 Satz 3 SGB X); dies ist im SGB II nach § 13 SGB II iVm § 2 Abs 3 Satz 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) idF vom 20.10.2004 (BGBl I 2622) iVm § 6 Alg II-V idF vom 22.8.2005 (BGBl I 2499) der Beginn des Monats, in dem das Einkommen zufließt.

14

3. Eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne ist entgegen der Auffassung der Beklagten durch den Zufluss der Darlehenssumme nicht eingetreten. Die erwerbsfähige Klägerin war während des gesamten Bewilligungsabschnitts vom 1.9.2006 bis zum 28.2.2007, in den auch der streitige Zeitraum fällt, hilfebedürftig iS der §§ 7, 9 SGB II. Sie erfüllte nach den bindenden Feststellungen des LSG durchgehend die Voraussetzungen für den Bezug von Alg II. Dabei war zum Zeitpunkt des Erlasses des Bewilligungsbescheides vom 10.8.2006 von einem monatlichen Bedarf in Höhe von jeweils 588 Euro auszugehen. Auf diesen monatlichen Bedarf war auch in den Monaten Dezember 2006 sowie Januar und Februar 2007 kein Einkommen bedarfsmindernd anzurechnen.

15

Nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden. Dabei ist Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte(vgl nur BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 23; BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15 RdNr 18). Vorliegend kommt damit - wovon auch die Beteiligten und die Vorinstanzen ausgehen - nur die Berücksichtigung der Zahlung als Einkommen im Bedarfszeitraum, nicht dagegen als Vermögen in Betracht.

16

a) Aus dem Wortlaut des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II folgt keine weitergehende Definition dessen, was Einkommen ist. Lediglich die im zweiten Satzteil genannten Leistungen sind von vornherein von der Berücksichtigung ausgenommen. Mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Arbeitslosenhilfe (BSGE 58, 160 = SozR 4100 § 138 Nr 11; SozR 4100 § 138 Nr 25) und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zum Einkommensbegriff im Wohngeldrecht (stRspr seit BVerwGE 54, 358, juris RdNr 21; BVerwGE 69, 247, juris RdNr 15) kann auch im Anwendungsbereich des § 11 Abs 1 SGB II nach Sinn und Zweck der Norm eine von einem Dritten lediglich vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung nicht als Einkommen qualifiziert werden. Nur der "wertmäßige Zuwachs" stellt Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II dar; als Einkommen sind nur solche Einnahmen in Geld oder Geldeswert anzusehen, die eine Veränderung des Vermögensstandes dessen bewirken, der solche Einkünfte hat. Dieser Zuwachs muss dem Hilfebedürftigen zur endgültigen Verwendung verbleiben, denn nur dann lässt er seine Hilfebedürftigkeit dauerhaft entfallen. Ein Darlehen, das an den Darlehensgeber zurückzuzahlen ist, stellt damit als nur vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung kein Einkommen dar, auch wenn es als "bereites Mittel" zunächst zur Deckung des Lebensunterhalts verwandt werden könnte (ebenso Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 11 RdNr 29; Söhngen in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 11 RdNr 42; Armborst, info also 2007, 227; Berlit, NZS 2009, 537, 542; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Mai 2010, § 11 RdNr 42d und 206; anders Adolph in Linhart/Adolph, SGB II, SGB XII und Asylbewerberleistungsgesetz, Stand Februar 2010, § 11 SGB II RdNr 8; LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 14.7.2008 - L 13 AS 97/08 ER, FEVS 60, 87; 10.12.2009 - L 13 AS 366/09 B ER, juris RdNr 22). Ob für die darlehensweise Gewährung staatlicher Leistungen zur Existenzsicherung (zB - sog Meister-BAföG nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz) anderes gilt, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden.

17

b) Soweit das BVerwG hinsichtlich der Anrechenbarkeit von Darlehensmitteln im Anwendungsbereich des Bundessozialhilfegesetzes danach differenziert hat, ob der Dritte vorläufig - anstelle des Sozialhilfeträgers und unter Vorbehalt des Erstattungsverlangens - nur deshalb einspringt, weil der Träger der Sozialhilfe nicht rechtzeitig geholfen oder Hilfe abgelehnt hat (vgl BVerwGE 26, 217, 219; 90, 154, 156; 94, 127, 135; 96, 152; in diesem Sinne für das Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Aufl 2008, § 82 RdNr 27), ist die Grundlage dieser Rechtsprechung entfallen. Die zugrunde liegende Annahme, ein Anspruch auf Sozialhilfe komme nur bei tatsächlich (fort-)bestehendem Bedarf nach Antragstellung in Betracht, lässt sich auf das SGB II nicht übertragen. Ein solches normatives Strukturprinzip ("keine Leistungen für die Vergangenheit"; Bedarfsdeckungsgrundsatz) kennt das SGB II - wie das SGB XII - nicht (vgl für das SGB XII BSG SozR 4-1300 § 44 Nr 15 RdNr 19). Auf eine "faktische" Bedarfsdeckung, die Hilfebedürftigkeit entfallen lässt, kommt es nicht an; entscheidend ist allein, ob im Bedarfszeitraum Einkommen in bedarfsdeckender Höhe tatsächlich und zur endgültigen Verwendung zur Verfügung steht (so bereits Urteil des Senats vom 18.2.2010 - B 14 AS 32/08 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, juris RdNr 19). Aus diesem Grund ist bei der Qualifizierung einer Darlehenszahlung als Einkommen nicht danach zu unterscheiden, ob es sich um eine "Nothilfeleistung" des Dritten handelt.

18

c) Eine Differenzierung danach, ob die durch den Darlehensvertrag vereinbarte Verpflichtung zur vollständigen Rückerstattung in denjenigen Bewilligungsabschnitt fällt, in dem die Darlehenssumme dem Hilfebedürftigen zugeflossen ist (so SG Reutlingen Urteil vom 24.4.2007, info also 2007, 227 = ZFSH/SGB 2007, 672; Hohm/Klaus in GK-SGB II, Stand Oktober 2008, § 11 SGB II RdNr 89 ff), scheidet entgegen der Auffassung der Beklagten ebenfalls aus. Weil Hilfebedürftigkeit als Leistungsvoraussetzung über den Bewilligungszeitraum hinaus und unabhängig von einer (erneuten) Antragstellung vorliegen kann, ist der Bewilligungsabschnitt als solcher weder geeigneter "Verteilzeitraum" für einmalige Einnahmen (dazu BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, jeweils RdNr 30), noch kommt es für die Prüfung von Hilfebedürftigkeit darauf an, ob diese bis zum Ende des bei Antragstellung in Blick genommenen Bewilligungsabschnitts oder darüber hinaus fortbesteht. Die von der Beklagten angestrebte Differenzierung mag aus Sicht des Trägers der Grundsicherung die Prüfung einer ernstlichen Rückzahlungsvereinbarung als Voraussetzung für die Qualifizierung eines Zuflusses als Darlehen vereinfachen, lässt sich aus der Systematik des SGB II heraus aber nicht begründen.

19

d) Stellt eine darlehensweise gewährte Zahlung schon kein Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II dar, ist schließlich eine zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Dritten getroffene Zweckbestimmung(vgl § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II)unerheblich (in diesem Sinne differenzierend Brühl in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 11 RdNr 24 und RdNr 68; LSG Berlin-Brandenburg 1.7.2009 - L 32 AS 316/09, juris RdNr 19).

20

e) Entscheidend für die Abgrenzung ist damit allein, ob ein Darlehensvertrag entsprechend § 488 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden ist. Die Aufklärung der Umstände und ihre abschließende Würdigung obliegen dabei dem Tatsachengericht. Soweit die Beklagte im Revisionsverfahren vorträgt, dass eine wirksam vereinbarte Rückzahlungsverpflichtung zwischen der Klägerin und ihrem Onkel als Hauptpflicht des Darlehensnehmers aus einem Darlehensvertrag nicht nachvollziehbar sei, hat sie die entgegenstehenden Feststellungen des LSG nicht mit einer zulässigen Verfahrensrüge angegriffen.

21

Um der Gefahr eines Missbrauchs von Steuermitteln entgegenzuwirken, ist es allerdings geboten, an den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit eines Darlehensvertrages unter Verwandten strenge Anforderungen zu stellen. Dies setzt voraus, dass sich die Darlehensgewährung auch anhand der tatsächlichen Durchführung klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, auch freiwilligen Unterhaltsgewährung abgrenzen lässt. Weil und soweit der für den Hilfebedürftigen günstige Umstand, dass ein nachgewiesener Zufluss gleichwohl als Einkommen nicht zu berücksichtigen ist, seine Sphäre betrifft, obliegen ihm bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen Mitwirkungspflichten; die Nichterweislichkeit der Tatsachen geht zu seinen Lasten.Bei der vorzunehmenden Prüfung, ob überhaupt ein wirksamer Darlehensvertrag geschlossen worden ist, können einzelne Kriterien des sog Fremdvergleichs (vgl dazu im Einzelnen nur BFHE 165, 53) herangezogen und bei der abschließenden, umfassenden Würdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalles mit eingestellt werden (vgl schon BSGE 96, 238 = SozR 4-4220 § 6 Nr 4 für eine behauptete Abtretung und BSG Urteil vom 24.5.2006 - B 11a AL 49/05 R für eine verdeckte Treuhandabrede). Dies scheidet bei der Beurteilung von Hilfebedürftigkeit nach §§ 9, 11 SGB II - anders als bei der Prüfung berücksichtigungsfähiger Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs 1 SGB II aus Mietverhältnissen unter Verwandten(dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 15 RdNr 27 und Urteil des Senats vom 7.5.2009 - B 14 AS 31/07 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, juris RdNr 20) - nicht schon aufgrund struktureller Unterschiede zum Steuerrecht aus, denn auch im Steuerrecht geht es bei der Beurteilung von Darlehensverträgen unter Familienangehörigen im Kern um die Abgrenzung zu Schenkung bzw verdeckter Unterhaltsgewährung.

22

Die Wahrung von im Geschäftsverkehr üblichen Modalitäten (wie der Vereinbarung der in § 488 Abs 1 BGB genannten weiteren Vertragspflichten) kann damit als ein Indiz dafür gewertet werden, dass ein Darlehensvertrag tatsächlich geschlossen worden ist. Demgegenüber spricht es etwa gegen die Glaubhaftigkeit einer solchen Behauptung, wenn der Inhalt der Abrede (insbesondere die Darlehenshöhe sowie die Rückzahlungsmodalitäten) und der Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht substanziiert dargelegt werden oder ein plausibler Grund für den Abschluss des Darlehensvertrages nicht genannt werden kann. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist aber nicht erforderlich, dass sowohl die Gestaltung (zB Schriftform, Zinsabrede oder Gestellung von Sicherheiten) als auch die Durchführung des Vereinbarten in jedem Punkte dem zwischen Fremden - insbesondere mit einem Kreditinstitut - Üblichen zu entsprechen hat. Ein solches gesondertes, neben die zivilrechtlichen Anforderungen tretendes Erfordernis (als weitere Tatbestandsvoraussetzung) ergibt sich weder aus dem Gesetz noch aus oder in Verbindung mit allgemeinen Grundsätzen. Vielmehr würden die mit dem strengen Fremdvergleich verbundenen Beschränkungen für die Vertragsgestaltung bei Darlehensgewährung, der im Übrigen auch in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nur auf bestimmte Fallgruppen angewendet wird, weder den tatsächlichen Verhältnissen noch der grundsätzlich gebotenen Respektierung familiärer Vertrauensbeziehungen gerecht (vgl auch BVerwGE 132, 10 RdNr 26 zur Wertbestimmung von Vermögen nach § 28 Abs 1 und 3 Bundesausbildungsförderungsgesetz).

23

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. Januar 2009 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Übernahme von Schulden, die im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis des Klägers entstanden sind.

2

Der Kläger bezog von dem Beklagten seit April 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Der Beklagte gewährte Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen. Der Kläger war ab Februar 2005 in Rückstand mit den Mietzahlungen geraten. Die Vermieterin kündigte das Mietverhältnis und erhob Mietzahlungs- und Räumungsklage. Dieser Rechtsstreit endete durch Vergleich vor dem Amtsgericht Lichtenberg vom 1.3.2006, wonach das Mietverhältnis seitens der Vermieterin fortgesetzt werde für den Fall, dass der Kläger bis zum 3.4.2006 die Mietschulden in Höhe von 2222,47 Euro begleiche.

3

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 25.4.2006 bei dem Beklagten die Übernahme der Schulden. Er wies zugleich darauf hin, dass er mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den Träger der Sozialhilfe auf Übernahme der Mietschulden vor dem Sozialgericht (SG) erfolglos geblieben und erst im Laufe des Aprils auf die Änderung der Rechtslage nach § 22 Abs 5 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) aufmerksam gemacht worden sei. Er legte ferner eine Erklärung der Vermieterin vom 18.5.2006 vor, dass diese das Mietverhältnis fortsetze, wenn neben dem Betrag aus dem Vergleich weitere Rechtsanwalts-, Gerichts- und Vollstreckungskosten in Höhe von 2183,48 Euro, insgesamt mithin 4405,95 Euro gezahlt würden. Weiterhin legte er ein Attest des Neurologen und Psychiaters Dr. M vor, wonach im Falle des Wohnungsverlustes Selbsttötungsgefahr bestehe. Der Kläger nahm schließlich ein mit 15 % verzinsliches Darlehen auf und zahlte hiervon die Mietrückstände und die Verfahrenskosten. Die Räumung der Wohnung konnte so abgewendet werden.

4

Antrag, Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg (Bescheid vom 11.5.2006, Widerspruchsbescheid vom 7.8.2006, Gerichtsbescheid des SG Berlin vom 14.8.2007).

5

Die Berufung des Klägers, mit der er die Zahlung von 4405,95 Euro nebst 15 % Zinsen seit dem 8.9.2006 geltend gemacht hat, hat das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 30.1.2009 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die zwischenzeitlich erfolgte Begleichung der Schulden habe einen möglichen Anspruch nach § 22 Abs 5 SGB II entfallen lassen. Daran ändere nichts, dass der Kläger hierfür andere Verbindlichkeiten eingegangen sei. Für eine nachträgliche Übernahme von Schulden, die nicht mehr der Sicherung der Unterkunft oder der Behebung einer vergleichbaren Notlage diene, sei schon nach dem Wortlaut der Vorschrift kein Raum. Ob der Kläger über Schonvermögen verfügt habe, das er zur Begleichung der Mietschulden einzusetzen gehabt hätte, sei damit unerheblich. Ebenso sei dem klägerischen Antrag auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens nicht nachzugehen gewesen. Dies könne allenfalls Aufschluss darüber geben, ob die Beklagte seinerzeit zur Übernahme der Schulden verpflichtet gewesen wäre. Der hilfsweise in der Berufungsverhandlung gestellte Antrag, die Beklagte zur Übernahme der Beträge im Wege der Folgenbeseitigung zu übernehmen, sei unzulässig, weil hierzu ein Vorverfahren nicht durchgeführt worden sei. Im Übrigen sei dieser Antrag auch unbegründet, weil ein Anspruch auf Folgenbeseitigung auf den Bereich der Eingriffsverwaltung beschränkt sei.

6

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Senat zugelassenen Revision. Das LSG sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass Schulden iS des § 22 Abs 5 SGB II nicht mehr vorlägen, weil er das notwendige Geld zur Abwendung der Wohnungslosigkeit im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Tatsachengerichts selbst aufgebracht habe. Der Anspruch auf Übernahme der Mietschulden habe sich mit der Eingehung neuer Verbindlichkeiten nicht tatsächlich und rechtlich erledigt. Für den Fall der Eingehung von Verbindlichkeiten gegenüber Dritten und deren Einsatz zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit seien solche Verbindlichkeiten normativ als Schulden im Sinne des § 22 Abs 5 SGB II anzusehen. Zu dem Zeitpunkt der Eingehung der Schulden habe Wohnungslosigkeit gedroht, die der Beklagte hätte abwenden müssen. Das LSG habe die Tatsache unberücksichtigt gelassen, dass er bereits am 12.1.2006 bei dem Beklagten und am 22.3.2006 beim Sozialhilfeträger die Übernahme der Schulden beantragt habe. Zu diesem Zeitpunkt wäre auch Schonvermögen nicht einzusetzen gewesen, sodass dieses weiterhin - wie nach der Rechtslage nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) - geschützt bleibe. Er rügt ferner die fehlerhafte Aufklärung des Sachverhalts. Das LSG sei ohne ausreichende Begründung einem von ihm in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens nicht gefolgt. Er sei aber unverschuldet aufgrund psychischer Erkrankung nicht in der Lage gewesen, sich auf andere Weise selbst zu helfen. Insbesondere der Auszug aus seiner Wohnung hätte eine weitergehende gesundheitliche Gefährdung bedeutet, die ihm nicht zumutbar gewesen wäre.

7

           

Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. Januar 2009 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 14. August 2007 sowie den Bescheid des Beklagten vom 11. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. August 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, Schulden in Höhe von 4405,95 Euro nebst 15 Prozent Zinsen seit dem 8. September 2006, als Zuschuss, hilfsweise als Darlehen, zu übernehmen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne einer Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet, § 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

11

Ob der Kläger Anspruch auf die begehrte Übernahme von Schulden nach § 22 Abs 5 SGB II hat, kann auf Grundlage des vom LSG festgestellten Sachverhalts nicht entschieden werden. Ein Anspruch auf Übernahme von Schulden, der grundsätzlich von einer gesonderten Antragstellung abhängig ist (dazu unter 2), scheidet nicht schon dann aus, wenn der Hilfebedürftige nach der maßgeblichen Antragstellung mit Hilfe eines anderweitig beschafften Darlehens die Unterkunft durch Zahlung der geschuldeten Summe gegenüber dem Vermieter gesichert hat. Eine Übernahme von Schulden kommt vielmehr in Betracht, wenn diese zunächst beantragt, der Träger der Grundsicherung über den Antrag aber nicht rechtzeitig entschieden oder den Antrag rechtswidrig abgelehnt hatte (dazu unter 3). Das LSG wird daher zu prüfen haben, ob zum Zeitpunkt der Aufnahme des Darlehens, der bislang noch nicht festgestellt ist, ein originärer Anspruch auf Übernahme der Schulden nach § 22 Abs 5 SGB II bestand(dazu unter 4). Bestand ein solcher Anspruch, kommt auch die Übernahme der im weiteren Verlauf entstandenen Schulden in Betracht, wenn bei rechtzeitigem rechtmäßigen Handeln des Beklagten solche Mehrkosten nicht entstanden wären (dazu unter 5).

12

1. Die Klage ist als Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl § 54 Abs 1, 4 SGG) zulässig. Streitgegenstand ist allein die begehrte Übernahme von Schulden. Gegenstand des Rechtsstreits ist damit der Bescheid vom 11.5.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.8.2006. Das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers steht nicht deshalb in Frage, weil er im Laufe des Verfahrens die Schulden aus dem Mietverhältnis gegenüber der Vermieterin anders als durch die ursprünglich begehrte Leistung aufgebracht und beglichen und so den drohenden Verlust der Wohnung selbst endgültig abgewendet hat. Da er hierfür anderweitige Verbindlichkeiten und entsprechende (gegenüber einer Darlehensgewährung durch den Beklagten weitaus ungünstigere) Rückzahlungsverpflichtungen eingegangen ist, bleibt die Frage zu klären, ob ihm ein Leistungsanspruch weiterhin zusteht oder ein solcher Anspruch wegen dieser zwischenzeitlichen "Selbstbeschaffung" ausscheidet, wie das LSG meint.

13

2. Als Anspruchsgrundlage kommt für den Kläger, der nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG als alleinstehender, erwerbsfähiger Hilfebedürftiger seit April 2005 durchgehend Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung (vgl §§ 19, 22 Abs 1 SGB II) bezogen hat, nur § 22 Abs 5 SGB II(eingefügt zum 1.4.2006 mit dem Gesetz zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 24.3.2006, BGBl I 558) in Betracht. Nach dessen Satz 1 können, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen nach Satz 2 übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen (Satz 3). Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden (Satz 4).

14

Ein Anspruch auf Übernahme von Schulden iS des § 22 Abs 5 SGB II ist im Regelfall vom Antrag auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß §§ 19 ff SGB II nicht erfasst, sondern vom Hilfebedürftigen gesondert geltend zu machen. Der von § 22 Abs 5 SGB II zu deckende Bedarf kommt unabhängig vom Bedarf auf laufende Leistungen nicht schon dann als Leistung in Betracht, wenn Schulden in Bezug auf die Unterkunft tatsächlich entstehen. Insoweit unterscheidet er sich von einmaligen Sonderbedarfen nach § 23 Abs 3 SGB II, die nicht gesondert beantragt werden müssen (vgl dazu Urteil des Senats vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Erst wenn sich der Hilfebedürftige nicht mehr in der Lage sieht, trotz des Bezuges von Leistungen nach §§ 19, 22 Abs 1 SGB II und seiner Verpflichtung, vorrangig eigene Mittel zur Schuldentilgung einzusetzen, seine Unterkunft zu sichern, kommt eine Übernahme der Schulden in Betracht. Der Antragsteller muss deshalb die weitergehende Notwendigkeit von zusätzlichen Geldleistungen zur Sicherung der Unterkunft in seinem Vorbringen gegenüber dem Träger der Grundsicherung zum Ausdruck bringen. Erst ein solches Vorbringen kann als Antrag ausgelegt werden und den entsprechenden Anspruch auf Übernahme von Schulden auslösen.

15

Maßgeblicher Zeitpunkt der Antragstellung für die Leistung nach § 22 Abs 5 SGB II ist vorliegend damit der 25.4.2006. Soweit der Kläger mit seinem Revisionsvorbringen vorträgt, er habe die Leistungen bereits am 12.1.2006 beim Träger der Grundsicherung beantragt, ergibt sich dies zwar aus dem Akteninhalt. Der Beklagte hatte diesen Antrag allerdings bereits mit bestandskräftigem Bescheid vom 16.1.2006 beschieden.

16

3. Bei den vom Kläger im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG geltend gemachten Beträgen handelt es sich entgegen der Auffassung des LSG um Schulden im Sinne des § 22 Abs 5 SGB II.

17

a) Die Abgrenzung von Schulden nach § 22 Abs 5 SGB II von den übrigen Kosten der Unterkunft und Heizung, die nach § 22 Abs 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen sind, ist unabhängig von der zivilrechtlichen Einordnung zu treffen. Ausgehend von dem Zweck der Leistungen nach dem SGB II ist danach zu unterscheiden, ob es sich um einen tatsächlich eingetretenen und bisher noch nicht von dem SGB II-Träger gedeckten Bedarf handelt oder nicht (vgl BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 62/09 R -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 17).

18

Soweit der Kläger in der Zeit ab April 2005 mit den Mietzahlungen in Rückstand geraten ist, handelt es sich bei den aufgelaufenen Beträgen schon deswegen um Schulden iS des § 22 Abs 5 SGB II, weil der Beklagte nach den Feststellungen des LSG den Anspruch auf Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in vollem Umfang ("in Höhe der tatsächlichen Miete") erfüllt hat. Im Hinblick auf die Kosten für Unterkunft und Heizung lässt aber die zweckwidrige Verwendung der vom Träger der Grundsicherung bewilligten Mittel durch den Hilfeempfänger einen erneuten Anspruch nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nicht entstehen. Sind insoweit Schulden entstanden, kann nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen des Abs 5 ein Anspruch auf Übernahme der Schulden bestehen.

19

Auch soweit der Kläger seinen fälligen Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis in Zeiträumen nicht nachgekommen ist, in denen er keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bezogen hat, gehören solche Schulden nicht zu den Aufwendungen nach § 22 Abs 1 SGB II, weil sie keinem laufenden Bewilligungszeitraum zugeordnet werden können. Verbindlichkeiten, die nicht im laufenden Bezug (etwa nach Abrechnung von Nebenkosten) fällig werden, sondern bereits zuvor bestanden haben, sind bei der Prüfung des aktuellen Bedarfs für Unterkunft und Heizung, den § 22 Abs 1 SGB II abdecken soll, grundsätzlich unbeachtlich. Die anteilige Berücksichtigung nach Kalendertagen im laufenden Monat kommt nur in Betracht, soweit die Miete bereits vor der (ersten) Antragstellung fällig geworden war (vgl § 41 Abs 1 Satz 3 SGB II; dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 22). Schulden aus Monaten, die dem Monat der (ersten) Antragstellung vorangegangen sind (hier also den Monaten Februar und März 2005), können in der Folgezeit damit nur unter den Voraussetzungen des § 22 Abs 5 SGB II übernommen werden.

20

b) Entgegen der Auffassung des LSG scheidet ein Anspruch nach § 22 Abs 5 SGB II nicht schon dann aus, wenn der Kläger nach Antragstellung mit Hilfe eines anderweitig beschafften Darlehens die Unterkunft durch Zahlung der geschuldeten Summe gegenüber dem Vermieter selbst gesichert hat. Auch Schulden gegenüber einem Dritten, die der Hilfebedürftige nach Antragstellung beim Träger der Grundsicherung eingegangen ist, um drohende Wohnungslosigkeit abzuwenden, können Schulden im Sinne des § 22 Abs 5 SGB II sein. Der Wortlaut des § 22 Abs 5 SGB II ist insoweit offen gefasst und ausdrücklich nicht auf Schulden aus dem Mietvertrag beschränkt. Diese Auslegung entspricht auch Sinn und Zweck der Vorschrift. Die ausnahmsweise Übernahme von Schulden soll dann ermöglicht werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft gerechtfertigt erscheint.

21

Jedenfalls für den Fall, dass eine Entscheidung des Trägers der Grundsicherung nicht mehr rechtzeitig erfolgt ist oder der Träger der Grundsicherung die Übernahme der Schulden rechtswidrig abgelehnt hatte und die Aufnahme eines Privatdarlehens aus diesem Grund erforderlich für die Abwendung der Wohnungslosigkeit war, kommt die Übernahme dieser "neuen" Schulden (an Stelle der ursprünglich gegenüber dem Vermieter bestehenden Schulden) in Betracht. Dies entspricht der im Sozialversicherungsrecht geltenden Pflicht zur Kostenerstattung bei nicht rechtzeitiger oder zu Unrecht verweigerter Sachleistung, die von der Rechtsprechung über den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 13 Abs 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) hinaus als allgemein gültiges Rechtsprinzip angesehen wird(vgl BSGE 89, 50, 56 f = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 8 = juris RdNr 36). Auch im Anwendungsbereich des SGB XII (wie auch zuvor des Bundessozialhilfegesetzes) kann dem Hilfesuchenden eine zwischenzeitliche Selbstbeschaffung der begehrten Leistung unter dem Gesichtspunkt einer "Zweckverfehlung" der ursprünglich beantragten Leistung nicht entgegengehalten werden (vgl BSG SozR 4-3500 § 21 Nr 1 RdNr 11 für die Übernahme von Kosten für eine Haushaltshilfe nach dem SGB XII unter Hinweis auf BVerwGE 90, 154, 156; 91, 245, 247 f; 94, 127, 135; 96, 152, 157; ausführlich Grube, Sozialrecht aktuell 2010, 11, 12). Soweit Leistungen nach dem SGB II nicht ohnehin pauschaliert und von daher dem Gedanken einer zwischenzeitlichen "faktischen" Bedarfsdeckung nicht zugänglich sind (vgl dazu etwa Urteil des Senats vom 18.2.2010 - B 14 AS 32/08 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), gilt nichts anderes. An die Stelle der ursprünglich begehrten Übernahme der Schulden gegenüber dem Vermieter treten dann die Schulden, die gegenüber dem Dritten eingegangen worden sind. Sind durch eine notwendig gewordene anderweitige Finanzierung weitergehende Kosten entstanden, kommt auch deren Übernahme unter dem Gesichtspunkt der Kostenerstattung in Betracht (dazu im Einzelnen unter 5).

22

Das LSG wird daher zu prüfen haben, wann der Kläger die noch bestehenden Verbindlichkeiten eingegangen ist. Lediglich wenn die Schulden gegenüber der Vermieterin bereits vor Antragstellung anderweitig als durch die vom Beklagten begehrte Geldleistung getilgt und die Unterkunft gesichert worden war (wofür der Vortrag des Klägers in der Revisionsinstanz und der vom LSG mitgeteilte Sachverhalt bislang keine Anhaltspunkte bieten), scheidet ein Anspruch nach dem Gesagten regelmäßig aus.

23

Ein Anspruch auf Übernahme von Schulden kann schließlich dann ("ersatzlos") entfallen, wenn die ursprünglich bewohnte Wohnung in der Folge aufgegeben wird und das gesetzliche Ziel der Übernahme der Schulden - der Erhalt der Wohnung - schon tatsächlich nicht mehr erreicht werden kann. Für eine Übernahme der Schulden nach § 22 Abs 5 SGB II lediglich unter dem Aspekt einer finanziellen Restitution ist kein Raum. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.

24

4. Die mithin erforderliche Prüfung, ob der Kläger die Übernahme der Schulden nach § 22 Abs 5 Satz 1 und 2 SGB II verlangen kann, kann der Senat auf Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend durchführen.

25

a) Ausgangspunkt der vom LSG noch durchzuführenden Prüfung ist dabei zunächst § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II, wonach die Übernahme von Schulden in jedem Fall voraussetzt, dass sie "zur Sicherung der Unterkunft" (oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage) gerechtfertigt ist.

26

§ 22 Abs 5 Satz 1 SGB II schützt nach seinem Wortlaut die Wohnung dann, wenn ihr Erhalt durch die Übernahme von Schulden gerechtfertigt ist. Grundsätzlich wird für eine Übernahme der Schulden zu fordern sein, dass die laufenden Kosten für die Unterkunft abstrakt angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II sind. Der mit der Übernahme der Schulden bezweckte langfristige Erhalt einer Wohnung erscheint nur dann gerechtfertigt, wenn die (künftigen) laufenden Kosten dem entsprechen, was innerhalb des nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in Bezug zu nehmenden Vergleichsraumes von dem Träger der Grundsicherung zu übernehmen ist. Das LSG hat (wie auch das SG) keine Feststellungen zur Höhe der laufenden Kosten der klägerischen Wohnung sowie ihrer Angemessenheit getroffen und wird dies nachzuholen haben. Die insoweit aus der Akte ersichtlichen Kosten geben allerdings keinen Anlass, ernstlich an ihrer Angemessenheit zu zweifeln, zumal der Kläger die Wohnung aktuell noch bewohnt und Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II weiterhin bezieht. Ob in Einzelfällen auch für abstrakt unangemessen teure Wohnungen, deren laufende Kosten etwa auf Grundlage des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II übernahmefähig sein mögen, die Übernahme der Schulden gerechtfertigt sein kann, kann nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens dahinstehen.

27

b) Nach § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II steht die Übernahme der Schulden im Ermessen des Grundsicherungsträgers. Dieses Ermessen ist nach Satz 2 eingeschränkt, wenn die Übernahme der Schulden gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. In diesem Fall sollen die Schulden übernommen werden. Da nach den Feststellungen des LSG die Vermieterin des Klägers bei Antragstellung nach Ablauf der vor dem Amtsgericht Lichtenberg vereinbarten Zahlungsfrist zum 3.4.2006 nur noch bereit war, das Mietverhältnis bei einer Zahlung der Schulden fortzusetzen, und offenbar ein vollstreckbarer Räumungstitel vorlag, besteht für das LSG nach Zurückverweisung Anlass zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Übernahme der Schulden auf Grundlage des Satzes 2 vorgelegen haben.

28

Auch die drohende Wohnungslosigkeit im Sinne des § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II bezieht sich in ihrem Ausgangspunkt auf die konkret bewohnte Wohnung. Es geht um den drohenden Verlust dieser Wohnung. So wie § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nicht lediglich sicherstellen soll, dass ein Ort zum Schutz vor der Witterung zur Verfügung steht, an dem der Hilfebedürftige schlafen kann(dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 14 RdNr 16), soll auch die Übernahme von Mietschulden nach Abs 5 den persönlichen Lebensbereich "Wohnung" des Hilfebedürftigen schützen. Das Tatbestandsmerkmal "drohende Wohnungslosigkeit" kann damit nicht unter Hinweis auf Unterbringungsmöglichkeiten in einer Not- oder Obdachlosenunterkunft verneint werden.

29

Soweit allerdings eine angemessene neue Wohnung gefunden werden kann, liegt drohende Wohnungslosigkeit regelmäßig nicht vor. Es ist von dem Hilfebedürftigen jedenfalls dann zu fordern, eine an sich kostenangemessene Wohnung zu verlassen und nach einem Umzug (der sich dann als notwendig iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II darstellt) eine neue Wohnung zu beziehen, wenn durch sein unwirtschaftliches Verhalten (hier die zweckwidrige Verwendung der nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II gewährten Mittel) eine Schuldenlage entstanden ist. Es geht auch im Anwendungsbereich des § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II nicht darum, den Hilfebedürftigen finanziell durch die Übernahme der Schulden zu entlasten. Deshalb kann dem Verlust einer angemessenen Unterkunft auch dadurch begegnet werden, dass eine neue Wohnung bezogen wird.

30

Drohende Wohnungslosigkeit, die einen Anspruch auf Übernahme von Schulden nach § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II auslöst, bedeutet damit den drohenden Verlust der bewohnten, kostenangemessenen Wohnung bei fehlender Möglichkeit ebenfalls angemessenen Ersatzwohnraum zu erhalten. Eine den Angemessenheitskriterien entsprechende Wohnung muss dabei konkret für den Hilfebedürftigen anmietbar sein. Ersatzwohnungen stehen beispielsweise dann zur Verfügung, wenn der Träger der Grundsicherung auf ein sog "geschütztes Marktsegment" zurückgreifen kann und dem Hilfebedürftigen eine Ersatzwohnung anbietet bzw vermittelt. Dagegen ist bei der Frage der drohenden Wohnungslosigkeit unerheblich, ob der Markt - wie nach Auffassung des Beklagten etwa in Berlin - allgemein "entspannt" ist bzw es anderen Hilfebedürftigen regelmäßig gelingt (etwa im Rahmen von Kostensenkungsbemühungen nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II), eine Ersatzwohnung zu finden. Aus den Akten ist ersichtlich, dass der Kläger vorgetragen hat, 14 Vermieter (darunter gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften mit einem großen Wohnungsbestand) wegen Ersatzwohnungen angefragt, aber wegen einer fehlenden Bescheinigung über die Mietschuldenfreiheit nur Absagen erhalten zu haben. Auch die Aufnahme auf die Warteliste für das "geschützte Marktsegment" des Sozialamtes Lichtenberg ist aktenkundig, ohne dass erkennbar würde, ob insoweit eine Ersatzwohnung vor dem Räumungstermin hätte beschafft werden können. Insbesondere diese Umstände wird das LSG zu überprüfen haben, um die notwendigen Feststellungen zur drohenden Wohnungslosigkeit iS des § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II zu treffen. Erst wenn feststeht, dass drohende Wohnungslosigkeit nicht vorgelegen hat, weil eine andere angemessene Wohnung konkret zur Verfügung stand, kommt es auf den weiteren Vortrag des Klägers an, ihm sei aus gesundheitlichen Gründen ein Umzug nicht zumutbar gewesen.

31

c) Liegt drohende Wohnungslosigkeit vor, sollen gemäß § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II die Schulden übernommen werden. Die Feststellung, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des Satzes 2 gegeben sind, bedeutet zugleich, dass dem Beklagten für die Ausübung seines Ermessens regelmäßig kein Spielraum verbleibt. Führt eine Schuldenlage zu drohender Wohnungslosigkeit im dargestellten Sinne, ist die Übernahme der Schulden im Regelfall gerechtfertigt und notwendig. Es ist regelmäßig keine andere Entscheidung als die Übernahme der Schulden denkbar, um den Anspruch des Hilfebedürftigen auf eine angemessene Unterkunft zu sichern. Lediglich in atypischen Ausnahmefällen kann die Übernahme der Schulden abgelehnt werden. Den Interessen der Allgemeinheit an der zweckentsprechenden Verwendung von Steuergeldern ist dabei zum einen dadurch Rechnung getragen, dass die Übernahme von Schulden im Regelfall nur darlehensweise erfolgt. Zum anderen wird eine Übernahme der Schulden von dem Träger der Grundsicherung regelmäßig von einer Entscheidung nach § 22 Abs 4 SGB II im Hinblick auf die künftige Mittelverwendung flankiert und so der zweckentsprechende Einsatz der Steuermittel künftig gesichert werden, wie dies vorliegend bereits im Januar 2006 geschehen ist. Andere Gesichtspunkte, die im Anwendungsbereich des Satzes 1 in die Ermessensentscheidung mit einfließen können (etwa die Höhe der Schulden im Vergleich zu den im Falle eines Umzugs vom Träger aufzuwendenden Folgekosten), finden im Rahmen des Satzes 2 schon deshalb keine Berücksichtigung mehr, weil bei drohender Wohnungslosigkeit - wie oben ausgeführt - die Alternative einer konkreten Unterkunftsmöglichkeit nicht besteht. Schließlich tritt auch wirtschaftlich unvernünftiges (vorwerfbares) Handeln des Hilfebedürftigen, das die drohende Wohnungslosigkeit (mit)verursacht haben mag, in den Fällen des Satzes 2 regelmäßig zurück. Wie bereits ausgeführt fallen in erster Linie solche Verbindlichkeiten überhaupt nur unter den Begriff der Schulden nach Abs 5, die auf ein (mehr oder weniger nachvollziehbares) Fehlverhalten des Hilfebedürftigen (sei es während des Leistungsbezuges, sei es zuvor) zurückzuführen sind. Ob ausnahmsweise anderes gelten kann, wenn zielgerichtetes Verhalten des Hilfeempfängers (insbesondere im Wiederholungsfall) zu Lasten des Trägers der Grundsicherung nachgewiesen werden kann, kann nach dem derzeitigen Verfahrensstand offen bleiben.

32

5. Auch hinsichtlich des Umfangs der zu übernehmenden Schulden gilt der Maßstab nach § 22 Abs 5 Satz 1 und 2 SGB II. Die Schulden sind also in dem Umfang zu übernehmen, in dem ihre Übernahme gerechtfertigt, und in dem sie (im Falle des Satzes 2) zur Abwendung der Wohnungslosigkeit notwendig sind.

33

Aus § 22 Abs 5 Satz 3 SGB II ergibt sich dabei, dass die Übernahme nicht gerechtfertigt ist, wenn der Hilfebedürftige mit eigenen Mitteln die Notlage abwenden kann. Der Einsatz des Grundfreibetrages nach § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II kann uneingeschränkt verlangt werden. Für den Kläger gelten hier keine Einschränkungen deshalb, weil er sich unter Geltung der alten Rechtslage noch an den Träger der Sozialhilfe gewandt hatte. Abgesehen davon, dass im Anwendungsbereich des SGB XII ein so weitgehender Schutz wie in § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II nicht zum Tragen kommt, sind Übergangsregelungen nicht ersichtlich und erscheinen auch nicht erforderlich. Der Freibetrag für notwendige Anschaffungen nach § 12 Abs 2 Nr 4 SGB II ist in § 22 Abs 5 Satz 3 SGB II zwar nicht erwähnt. Dieser Betrag ist jedoch auch und gerade zum Einsatz in unvorhergesehenen Bedarfslagen gedacht, sodass nicht ersichtlich ist, weshalb er in Ansehung von Mietschulden geschützt sein sollte. Ob solches Vermögen im Zeitpunkt der Antragstellung überhaupt vorlag, wird das LSG festzustellen haben.

34

Die Übernahme von Kosten der Vermieterin, die nicht aus dem Mietverhältnis stammen, aber an die sie (nach Ablauf der in § 543 Abs 2 Nr 3 Bürgerliches Gesetzbuch vorgesehenen Fristen zur Abwendung einer Kündigung wegen Zahlungsrückständen zulässigerweise) die Fortführung bzw den Neuabschluss des Mietverhältnisses geknüpft hat, können nach dem oben Ausgeführten ebenfalls zu den im Rahmen des § 22 Abs 5 SGB II übernahmefähigen Kosten gehören. Im Hinblick auf den vorliegenden Einzelfall, der durch den Zuständigkeitswechsel der Träger aufgrund der Rechtsänderung gekennzeichnet ist, erscheinen sie im Zeitpunkt der Antragstellung als nicht (mehr) abwendbar und damit (sofern die Voraussetzungen des Satzes 2 vorliegen) notwendig zur Sicherung der Wohnung.

35

Schließlich ist auch die Frage, ob dem Kläger die geltend gemachten Zinsen zuzusprechen sind, danach zu entscheiden, ob die Aufnahme des Kredits zu den dargestellten Bedingungen zur Abwendung der Wohnungslosigkeit notwendig war. Es sind hierdurch zwar erhebliche Mehrkosten entstanden, die bei Übernahme der ursprünglich bestehenden Schulden durch den Beklagten nicht angefallen wären. Die Erstattung von Kosten bei Selbstbeschaffung unaufschiebbarer Sozialleistungen (dh in Eil- und Notfällen trotz rechtzeitiger Antragstellung) sowie im Falle rechtswidriger Leistungsablehnung ist aber Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens im Sozialrecht (vgl bereits BSGE 89, 50, 56 f = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 8 = juris RdNr 36; Grube, Sozialrecht aktuell 2010, 11, 12). Solche Mehrkosten sind im Rahmen des § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II grundsätzlich übernahmefähig, wenn andere Möglichkeiten der Sicherung der Wohnung (vor allem ein nochmaliger Aufschub durch den Vermieter bis zur endgültigen Entscheidung des Leistungsträgers) endgültig ausscheiden. Wegen der Einzelheiten der Darlehensgewährung wird das LSG diese Voraussetzungen und sodann abschließend zu überprüfen haben, ob dem Kläger eine günstigere Möglichkeit der Kreditaufnahme offen gestanden hätte.

36

Das LSG wird auch abschließend über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.