Bundessozialgericht Beschluss, 01. Nov. 2010 - B 14 AS 3/10 C
Gericht
Tenor
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Die Anhörungsrüge der Kläger gegen den Beschluss des Bundessozialgerichts vom 17. Juni 2010 - B 14 AS 145/09 B - wird als unzulässig verworfen.
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Die Beteiligten haben für das Verfahren der Anhörungsrüge einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe
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Der Senat hat mit Beschluss vom 17.6.2010 - B 14 AS 145/09 B - die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Mecklenburg-Vorpommern vom 24.9.2009 teils als unbegründet und im Übrigen als unzulässig zurückgewiesen. Gegen den ihnen am 6.7.2010 zugestellten Beschluss wenden sich die Kläger mit einem am 16.7.2010 eingegangenen Schriftsatz vom selben Tage und rügen die Verletzung des rechtlichen Gehörs.
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Die Zurückweisung der Anhörungsrüge erfolgt gemäß § 40 Satz 1, § 33 Satz 2, § 12 Abs 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter(BSG SozR 4-1500 § 178a Nr 4 RdNr 11 und Nr 6 RdNr 7).
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Die Rüge ist unzulässig, weil das Vorliegen der in § 178a Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG genannten Gehörsverletzung nicht ausreichend dargelegt ist(vgl § 178a Abs 2 Satz 5 SGG).
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Der Grundsatz auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art 103 Abs 1 Grundgesetz (GG) verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Ein Verstoß gegen diesen Grundsatz kann unter Umständen dann vorliegen, wenn das Gericht auf einen wesentlichen Tatsachenvortrag eines Beteiligten nicht eingeht, der für das Verfahren von zentraler Bedeutung und nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts weder unerheblich noch offensichtlich unsubstantiiert ist. Das rechtliche Gehör wird indes nicht verletzt, wenn das Gericht dem Vortrag eines Beteiligten nicht die aus seiner Sicht richtige Bedeutung beimisst. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist ein entscheidungserheblicher Gehörsverstoß nicht dargelegt.
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Im Hinblick auf die geltend gemachte Verfassungswidrigkeit der Regelleistung hat der Senat die Beschwerde als unbegründet und nicht als unzulässig zurückgewiesen, weil mit Erlass des Urteils des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9.2.2010 feststeht, dass der mit der Beschwerde vorgetragene Verstoß gegen Art 1 GG in Verbindung mit Art 20 GG zwar vorliegt, für die Vergangenheit aber eine Erhöhung der Regelleistung ausscheidet. Das BVerfG hat in seinem Urteil, das den Beteiligten bekannt ist, diese Fragen im Einzelnen umfassend verfassungsrechtlich gewürdigt. Die Notwendigkeit der weitergehenden Auseinandersetzung durch den Senat mit dem Vorbringen der Kläger im Hinblick auf die Verfassungswidrigkeit der Regelleistung ist vor diesem Hintergrund nicht erkennbar. Mit der Anhörungsrüge haben die Kläger lediglich erneut zum Ausdruck gebracht, dass sie insoweit die Entscheidung des BVerfG für falsch halten. Sie übersehen im Übrigen, dass vom Senat eine inhaltliche Stellungnahme zum Urteil des BVerfG nicht angefordert worden war. Es war lediglich angefragt worden, inwieweit die Nichtzulassungsbeschwerde nach Bekanntwerden dieses Urteils aufrechterhalten bleiben soll und für die hierzu klägerseits angekündigte Stellungnahme eine Frist gesetzt worden. Das Vorbringen in dem dann außerhalb der Begründungsfrist des § 160a SGG eingegangenen Schriftsatz vom 7.5.2010 war damit lediglich geeignet, das bis dahin Vorgebrachte noch zu verdeutlichen. Als eigenständige, tragende Begründung war das Vorbringen nicht mehr zu berücksichtigen (vgl Bundessozialgericht
Beschluss vom 13.6.2001 - B 10/14 EG 4/00 B) .
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Mit dem Hinweis auf Blatt 22 bis 24 der Beschwerdebegründung in dem Schriftsatz vom 16.7.2010 haben die Kläger einen Gehörsverstoß nicht ausreichend dargelegt. Der Senat hat - wie aus Randziffer 8 des Beschlusses vom 17.6.2010 deutlich wird - insoweit das klägerische Vorbringen durchaus dahin zur Kenntnis genommen, dass diese davon ausgehen, ihnen stünde eine Beihilfe zur Deckung der im Einzelnen bezifferten Kosten der Rechtsverfolgung zu. Es wird mit der Gehörsrüge nicht deutlich, inwieweit dieser Vortrag übergangen worden sein sollte. Weitergehende Darlegungen, weshalb sich neben dem von den Klägern selbst genannten Institut der Prozesskostenhilfe eine Anspruchsgrundlage aus dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch ergeben sollte, ergeben sich aus dem Beschwerdeschriftsatz und auch aus den ergänzenden Ausführungen vom 7.5.2010 nicht.
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Mit ihrer Gehörsrüge haben die Kläger schließlich nicht dargelegt, auf Grundlage welchen individuellen Sachverhalts, den der Senat bei seiner Entscheidung vom 17.6.2010 übergangen haben sollte, sich unter Zugrundelegung des Rechtsstandpunkts des Revisionsgerichts (den der 4. Senat des BSG teilt, vgl BSGE 104, 179 = SozR 4-4200 § 22 Nr 24) die Notwendigkeit einer erneuten Auseinandersetzung mit der Frage des Abzugs einer Warmwasserpauschale hätte ergeben sollen. Allein die Behauptung, die bisherigen Entscheidungen des BSG seien falsch, der Senat habe insoweit "zum Nachdenken gebracht werden sollen", genügt für die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ebenso wenig wie sie eine Gehörsverletzung nachvollziehbar macht.
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Auch mit dem Vortrag der Kläger hinsichtlich der streitigen Kabelgebühren hat sich der Senat auseinandergesetzt und ausgeführt, weshalb von seinem Rechtsstandpunkt aus eine klärungsbedürftige Rechtsfrage nicht ausreichend dargelegt war. Mit der Gehörsrüge wird nichts vorgetragen, was der Senat dabei im Einzelnen übergangen haben sollte, sondern lediglich eine von der Entscheidung des LSG abweichende Würdigung des Sachverhalts und eine abweichende Rechtsauffassung formuliert.
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Im Hinblick auf die Ausführungen des Senats zur Verfahrensrüge ist von den Klägern mit der Rüge ebenfalls nicht dargetan, inwieweit ihr Vortrag übergangen worden sein sollte. Insoweit wird lediglich die Würdigung des Senats angegriffen, die Verletzung von Verfahrensrechten durch das LSG sei nicht ausreichend dargelegt. Die Gehörsrüge kann jedoch nicht Mittel einer erneuten inhaltlichen Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung sein.
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Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
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(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn
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ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können. Für den Ausspruch des Gerichts ist § 343 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.
(6) § 175 Satz 3 ist entsprechend anzuwenden.
(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.
(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.
(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.
(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.