BSG B 11 AL 9/17 R

ECLI:ECLI:DE:BSG:2018:231018BB11AL917R0
bei uns veröffentlicht am23.10.2018

Gericht

Bundessozialgericht

Tenor

I. Das Verfahren wird ausgesetzt.

II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden folgende Fragen zur Auslegung des Unionsrechts nach Art 267 AEUV vorgelegt:

1. Ist Art 62 Abs 1 VO (EG) 883/2004 iVm Art 62 Abs 2 VO (EG) 883/2004 dahin auszulegen, dass der zuständige Träger des Wohnmitgliedstaats bei Arbeitslosigkeit eines Arbeitnehmers das "Entgelt", das die betreffende Person während ihrer letzten Beschäftigung im Gebiet dieses Trägers "erhalten hat", auch dann der Berechnung der Leistungen zugrunde zu legen hat, wenn nach den für den zuständigen Träger geltenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften für die Arbeitslosenunterstützung dieses Entgelt mangels ausreichender Dauer des Entgeltbezugs nicht berücksichtigt werden kann und ersatzweise eine fiktive Bemessung der Leistungen vorgesehen ist?

2. Ist Art 62 Abs 1 VO (EG) 883/2004 iVm Art 62 Abs 2 VO (EG) 883/2004 dahin auszulegen, dass der zuständige Träger des Wohnmitgliedstaats bei Arbeitslosigkeit eines Arbeitnehmers das "Entgelt", das die betreffende Person während ihrer letzten Beschäftigung im Gebiet dieses Trägers "erhalten hat", auch dann der Berechnung der Leistungen zugrunde zu legen hat, wenn nach den für den zuständigen Träger geltenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften dieses Entgelt mangels rechtzeitiger Abrechnung nicht als Berechnungsgrundlage für die Leistungen in den Bezugszeitraum einbezogen werden darf und ersatzweise eine fiktive Bemessung der Leistung vorgesehen ist?

Gründe

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A. Gegenstand und Sachverhalt des Ausgangsverfahrens

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I. Streitgegenstand
Streitig ist, ob der Kläger vom 25.11.2014 bis 30.6.2015 höheres Arbeitslosengeld (Alg) beanspruchen kann.

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II. Sachverhalt
Der Kläger deutscher Staatsangehörigkeit, der seinen Wohnsitz in H./Deutschland hat, war vom 1.7.1990 bis 30.11.2014 bei einem Unternehmen in F./Schweiz als Werkzeugvoreinsteller/Fräser tätig. Sein Arbeitseinkommen betrug 80 645,45 CHF im Jahr 2012, 72 800 CHF im Jahr 2013 und 83 086,20 CHF vom 1.1.2014 bis 31.10.2014. Während dieser Beschäftigung ist er täglich von seinem Wohnsitz in Deutschland zu seinem Arbeitsplatz in der Schweiz gependelt. Eine am 1.11.2014 begonnene Tätigkeit in Deutschland als Werkzeugvoreinsteller beendete der Arbeitgeber durch Kündigung am 10.11.2014 mit Wirkung zum 24.11.2014. Das Arbeitsentgelt für November 2014 in Höhe von 2232,77 Euro wurde erst am 11.12.2014 abgerechnet und ausgezahlt.

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Die Bundesagentur für Arbeit (Beklagte) bewilligte Alg vom 25.11.2014 bis 24.11.2016 in Höhe von 29,48 Euro täglich nach einem Bemessungsentgelt in Höhe von 73,73 Euro täglich (Bescheid vom 2.1.2015). Den Widerspruch des Klägers, mit dem er geltend machte, das Gehalt seiner Beschäftigung in der Schweiz müsse als Berechnungsgrundlage für das Alg herangezogen werden, wies sie zurück (Widerspruchsbescheid vom 16.1.2015). Nach den Regelungen zur europäischen Sozialrechtskoordinierung müsse eine Bemessung nach innerstaatlichem Recht und nach Maßgabe des § 152 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) eine fiktive Bemessung nach der Qualifikationsgruppe 3 (Beschäftigungen, die eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern) erfolgen. Mit Wirkung ab 1.7.2015 wurde die Bewilligung von Alg wegen der erneuten Aufnahme einer Beschäftigung durch den Kläger aufgehoben.

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Das Sozialgericht Konstanz hat die Beklagte unter Änderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, das Alg nach einem (höheren) Bemessungsentgelt von 93,03 Euro zu berechnen und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil vom 19.1.2016). Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat die Berufungen der Beklagten und des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 16.3.2017). Nach Art 62 Abs 1 VO (EG) 883/2004 iVm Art 62 Abs 2 VO (EG) 883/2004 sei der Berechnung des Alg nur das in der letzten Beschäftigung in Deutschland erzielte Entgelt, nicht jedoch dasjenige der Tätigkeit in der Schweiz, zugrunde zu legen. Zwar könne das Arbeitsentgelt für November 2014 nach den innerstaatlichen Vorschriften nicht berücksichtigt werden, weil es beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis noch nicht abgerechnet gewesen sei. Es müsse ein fiktives Bemessungsentgelt zugrunde gelegt werden, weil in dem Bemessungszeitraum keine 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung im Inland vorhanden seien. Diese innerstaatlichen Regelungen würden aber durch Art 62 Abs 1 VO (EG) 883/2004 iVm Art 62 Abs 2 VO (EG) 883/2004 "verdrängt". Nach den verschiedenen Sprachfassungen dieser Vorschrift sei es ausreichend, wenn der Betroffene einen rechtlichen Anspruch auf das Arbeitsentgelt habe und dieses erst nach Eintritt der Arbeitslosigkeit abgerechnet werde und zufließe. Eine fiktive Bemessung dürfe auch nach innerstaatlichem Recht nicht erfolgen, weil die Ausnahmeregelung des Art 68 Abs 1 Satz 2 der VO (EWG) 1408/71 nicht in die VO (EG) 883/2004 übernommen worden sei.

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Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des Art 62 Abs 1 VO (EG) 883/2004 iVm Art 62 Abs 2 VO (EG) 883/2004. Art 62 VO (EG) 883/2004 verdränge die Bemessung nach nationalem Recht nicht soweit, dass entgegen den in Deutschland geltenden Bemessungsregelungen auch nicht abgerechnetes Arbeitsentgelt berücksichtigt werden müsse. Der Wegfall der fiktiven Bemessung nach dem koordinierenden Sozialrecht schließe eine fiktive Bemessung nach nationalem Recht nicht aus.

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Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. März 2017 und des Sozialgerichts Konstanz vom 19. Januar 2016 aufzuheben, die Klage abzuweisen und die Revision des Klägers zurückzuweisen.

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Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. März 2017 zurückzuweisen und diese unter teilweiser Aufhebung der Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. März 2017 und des Sozialgerichts Konstanz vom 19. Januar 2016 sowie unter Abänderung des Bescheids vom 2. Januar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Januar 2015 zu verurteilen, dem Kläger Arbeitslosengeld für die Zeit vom 25. November 2014 bis 30. Juni 2015 unter Berücksichtigung des in der Schweiz erzielten Einkommens zu erbringen.

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Auch der Kläger rügt eine Verletzung des Art 62 VO (EG) 883/2004. Die Beschränkung des Anspruchs auf inländische Bezugsgrößen bei nur kurzer Beschäftigung diskriminiere mobile gegenüber immobilen Arbeitnehmern. Gegenüber Grenzgängern werde er in ungerechtfertigter Weise benachteiligt.

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B. Entscheidungsgründe

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Der Senat setzt das Verfahren gemäß §§ 165, 153 Abs 1, § 114 Sozialgerichtsgesetz aus und legt dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die im Tenor genannten Fragen gemäß Art 267 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zur Vorabentscheidung vor. Nach Vorprüfung geht er davon aus, dass es von der zutreffenden Auslegung des Art 62 Abs 1 VO (EG) 883/2004 iVm Art 62 Abs 2 VO (EG) 883/2004 abhängt, ob der Kläger in dem streitigen Zeitraum vom 25.11.2014 bis 30.6.2015 höheres Alg beanspruchen kann.

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I. Die maßgeblichen Rechtsvorschriften

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1. Nationales Recht
Die maßgeblichen Vorschriften des nationalen Rechts zur Höhe des Alg in den §§ 149 ff SGB III(anwendbar ist hier das SGB III in der Fassung des seit dem 1.4.2012 geltenden Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011, BGBl I 2854 ff) lauten auszugsweise wie folgt:

§ 149 SGB III - Grundsatz

Das Arbeitslosengeld beträgt …

2.    

für die übrigen Arbeitslosen 60 Prozent (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt).

§ 150 SGB III - Bemessungszeitraum und Bemessungsrahmen

(1)
(2)
(3)

Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs.

Bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums bleiben außer Betracht …

3. Zeiten, in denen Arbeitslose Elterngeld oder Erziehungsgeld bezogen oder nur wegen der Berücksichtigung von Einkommen nicht bezogen haben oder ein Kind unter drei Jahren betreut und erzogen haben, wenn wegen der Betreuung und Erziehung des Kindes das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war,

4. Zeiten, in denen Arbeitslose eine Pflegezeit nach … in Anspruch genommen haben sowie …, wenn wegen der Pflege das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war; …

Der Bemessungsrahmen wird auf zwei Jahre erweitert, wenn
1. der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält, …

§ 151 SGB III - Bemessungsentgelt

(1)
(4)

Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat …

Haben Arbeitslose innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs Arbeitslosengeld bezogen, ist Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt, nach dem das Arbeitslosengeld zuletzt bemessen worden ist …

§ 152 SGB III - Fiktive Bemessung

        

(1)
(2)

Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen. …

Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist die oder der Arbeitslose der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für die Arbeitslose oder den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat. Dabei ist zugrunde zu legen für Beschäftigungen, die
1. eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 1), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße,
2. einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meisterin oder Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erfordern (Qualifikationsgruppe 2), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße,
3. eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße,
4. keine Ausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 4), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße.

        
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2. Unionsrecht
Maßgebliche Bestimmung des Unionsrechts im Streitfall ist Art 62 VO (EG) 883/2004. Die Anwendbarkeit der VO (EG) 883/2004 folgt aus Art 8 iVm dem Anhang II Abschnitt A Nr 1 des Abkommens vom 21.6.1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit vom 21.6.1999 (ABl 2002, L 114, S 6) in der durch den Beschluss Nr 1/2012 des gemischten Ausschusses, eingesetzt im Rahmen des Abkommens vom 31.3.2012 (ABl 2012, L 103, S 51), geltenden Fassung (vgl EuGH Urteil vom 21.3.2018, J. Klein-Schiphorst, C-551/16, EU:C:2018:200, RdNr 3 f, 28).

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II. Erwerb des Anspruchs auf Alg unter Berücksichtigung von Unionsrecht

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Die Beklagte erbringt die Leistungen bei Arbeitslosigkeit als zuständiger Träger des Wohnmitgliedstaats während der letzten Beschäftigung nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften (Art 11 Abs 3 VO 883/2004). Der Kläger erfüllte vom 25.11.2014 bis zum 30.6.2015 sämtliche Anspruchsvoraussetzungen auf Alg, ohne die eine Klage auf höhere Leistungen von vornherein keinen Erfolg haben kann (vgl Bundessozialgericht Urteil vom 9.12.2004 - B 7 AL 24/04 R - BSGE 94, 109 = SozR 4-4220 § 3 Nr 1). Die nach schweizerischen Rechtsvorschriften zurückgelegten Beschäftigungszeiten hat die Beklagte für den Erwerb des Anspruchs auf Alg berücksichtigt (Art 61 Abs 1 VO 883/2004). Etwaige Rechte aus dem bilateralen Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über Arbeitslosenversicherung vom 20.10.1982 sind unbeachtlich, weil die Ansprüche des Klägers auf Alg vollständig nach dem Inkrafttreten der VO (EG) 883/2004 begründet worden sind (vgl EuGH Urteil vom 5.2.2002, Kaske, C-277/99, EU:C:2002:74, RdNr 33).

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III. Beurteilung der Höhe des Alg nach innerstaatlichem Recht

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Nach innerstaatlichem Recht muss die Höhe des Alg des Klägers aufgrund einer fiktiven Bemessung berechnet werden. Dies beruht auf § 152 Abs 1 SGB III. Auch innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens (§ 150 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB III) lag bei dem Kläger kein Bemessungszeitraum (Zeitraum versicherungspflichtiger Beschäftigungen, § 150 Abs 1 Satz 1 SGB III) von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt im Inland vor. Die Beklagte ist weiter davon ausgegangen, dass sich ihre Vermittlungsbemühungen entsprechend der langjährigen Tätigkeit des Klägers als Werkzeugvoreinsteller bzw Fräser auf vergleichbare Tätigkeiten richten müssen (§ 152 Abs 2 Satz 1, 2 Nr 3 SGB III) und hat unter Berücksichtigung der Bezugsgröße für das Jahr 2014 (33 180 Euro) zu Recht ein tägliches Alg in Höhe von 29,48 Euro errechnet.

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Bei der fiktiven Bemessung nach § 152 Abs 1 SGB III, die unabhängig von dem individuell erzielten Entgelt ist, wird pauschalierend ein von der Bezugsgröße in der Sozialversicherung(§ 18 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung -) abhängiges Entgelt zugeordnet. Dies soll der Vereinfachung des Leistungsrechts dienen (vgl BT-Drucks 15/1515, Entwurf eines Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 5.9.2003, S 71, 85 f zu den inhaltsgleichen Vorgängerregelungen). Die Bezugsgröße im Sinne der Vorschriften für die Sozialversicherung bestimmt sich im Grundsatz nach dem Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr (§ 18 Abs 1 SGB IV). Für dieses Durchschnittsentgelt ist die Entwicklung der Bruttolöhne und -gehälter maßgebend (§ 69 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung).

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Das während der kurzen Beschäftigung des Klägers in Deutschland vom 1.11.2014 bis 24.11.2014 erarbeitete Arbeitsentgelt war nach innerstaatlichem Recht auch aus einem weiteren Grund nicht zu berücksichtigen. Die Voraussetzung des § 150 Abs 1 Satz 1 SGB III, dass das Arbeitsentgelt beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis bereits abgerechnet war, lag nicht vor. Zweck der Regelung ist es, unter Inkaufnahme vereinfachter Maßstäbe bei der Leistungsberechnung eine schnelle Feststellung und Auszahlung des Alg ohne aufwändige Ermittlungen des "erarbeiteten Arbeitsentgeltanspruchs" durch die Arbeitsverwaltung zu ermöglichen. Dabei wird hingenommen, dass diejenigen Teile des Arbeitseinkommens unberücksichtigt bleiben, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgerechnet sind (ständige Rechtsprechung; vgl BSG Urteil vom 6.3.2013 - B 11 AL 12/12 R - SozR 4-4300 § 132 Nr 9 RdNr 20 mwN).

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IV. Beurteilung der Höhe des Alg nach Unionsrecht

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1. Anwendbare Vorschriften der VO (EG) 883/2004
Der Kläger, der nach den Rechtsvorschriften zweier Mitgliedstaaten zum Bezug von Alg berechtigt ist, fällt aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einem System der sozialen Sicherheit in den persönlichen Geltungsbereich der VO (EG) 883/2004. Die Höhe seiner Arbeitslosenunterstützung bestimmt sich nach Art 62 Abs 1 VO (EG) 883/2004 iVm Art 62 Abs 2 VO (EG) 883/2004. Die ausschließlich für Grenzgänger geltende Regelung des Art 62 Abs 3 VO (EG) 883/2004, nach der das Entgelt entscheidend ist, welches der Arbeitslose im Beschäftigungsstaat erhalten hat, findet auf den Kläger keine Anwendung. Er hat die Grenzgängereigenschaft mit der Aufnahme der Beschäftigung im Inland verloren.

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Unionsrechtlich geklärt ist, dass die Anknüpfung der Berechnung des Alg an die nationalen Regelungen der Mitgliedstaaten bei Vorbeschäftigung im Wohnsitzstaat mit höherrangigem EU-Recht vereinbar ist. Zwar bestimmt Art 48 Satz 1 Buchst a AEUV, dass eine Zusammenrechnung aller nach den verschiedenen innerstaatlichen Rechtsvorschriften berücksichtigten Zeiten für den Erwerb und die Aufrechterhaltung des Leistungsanspruchs sowie für die Berechnung der Leistungen erfolgen soll. Der Unionsgesetzgeber hat jedoch einen weiten Ermessensspielraum (vgl EuGH Urteil vom 31.5.2001, Leclere und Deaconescu, C-43/99, EU:C:2001:303, RdNr 29) bei der Ausgestaltung des Freizügigkeitsrechts. Ein Unterschied zwischen den in den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats der letzten Beschäftigung vorgesehenen Leistungen und solchen, die nach den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats erbracht werden können, kann nicht als eine Beschränkung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer angesehen werden. Die Unterschiede ergeben sich vielmehr aus der fehlenden Harmonisierung des Unionsrechts (vgl EuGH Urteil vom 11.4.2013, Jeltes, C-443/11, EU:C:2013:224, RdNr 45 f; Otting in Hauck/Noftz, EU-Sozialrecht, K Art 62 VO (EG) 883/2004, RdNr 2, Stand Juli 2015; Felten in Spiegel, Kommentar zum zwischenstaatlichen Sozialversicherungsrecht, 4. Aufl 2017, Art 62 RdNr 1; aA Fressco, Analytical Report 2015, 45 f).

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2. Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen für das Verfahren
Art 62 Abs 1 VO (EG) 883/2004 regelt, dass der zuständige Träger eines Mitgliedstaats, nach dessen Rechtsvorschriften bei der Berechnung der Leistungen die Höhe des früheren Entgelts oder Erwerbseinkommens zugrunde zu legen ist, ausschließlich das Entgelt oder Erwerbseinkommen berücksichtigt, das die betreffende Person während ihrer letzten Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit nach diesen Rechtsvorschriften erhalten hat. Nach Art 62 Abs 2 VO (EG) 883/2004 findet Art 62 Abs 1 VO (EG) 883/2004 auch Anwendung, wenn nach den für den zuständigen Träger geltenden Rechtsvorschriften ein bestimmter Bezugszeitraum für die Ermittlung des als Berechnungsgrundlage für die Leistungen heranzuziehenden Entgelts vorgesehen ist und die betreffende Person während dieses Zeitraums oder eines Teils davon den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats unterlag.

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Aus der in Art 62 Abs 1 VO (EG) 883/2004 enthaltenen Beschränkung der Berechnung der Arbeitslosenunterstützung nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften auf das "während" der letzten Beschäftigung "erhaltene" Arbeitsentgelt haben die Vorinstanzen in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen sozialgerichtlichen Rechtsprechung abgeleitet, dass eine fiktive Bemessung nach § 152 SGB III ausgeschlossen sei. Dies soll auch gelten, wenn die letzte Beschäftigung im Wohnmitgliedstaat weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt, etwa nur wenige Wochen oder Tage, umfasst (vgl BSG Urteil vom 17.3.2015 - B 11 AL 12/14 R - SozR 4-4300 § 131 Nr 6; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 22.3.2013 - L 8 AL 1225/11 - DE:LSGBW:2013:0322.L8AL1225.11.OA, RdNr 22 ff; aA LSG Baden-Württemberg Urteil vom 19.10.2011 - L 3 AL 5476/10 - DE:LSGBW:2011:1019.L3AL5476.10.OA, RdNr 34). Nicht entschieden ist, ob ein Ausschluss der fiktiven Bemessung nach innerstaatlichen Vorschriften auch greift, wenn das Arbeitsentgelt bis zum Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis noch nicht iS des § 150 Abs 1 Satz 1 SGB III abgerechnet war(vgl zum Ganzen: BSG Urteil vom 17.3.2015 - B 11 AL 12/14 R - SozR 4-4300 § 131 Nr 6, RdNr 27 f). Hieraus leitet sich die Frage ab, ob Art 62 Abs 1 VO (EG) 883/2004 die innerstaatlichen Rechtsvorschriften nicht nur hinsichtlich einer dort vorgesehenen fiktiven Bemessung, sondern auch weiterer Berechnungsregelungen modifiziert bzw verdrängt.

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Würden beide Vorlagefragen bejaht, hätte die Revision der Beklagten keinen Erfolg und die Urteile der Vorinstanzen wären zu bestätigen. Dagegen wäre die Revision der Beklagten erfolgreich, wenn die erste Vorlagefrage bejaht und die zweite Vorlagefrage verneint würde. Insofern weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass das Arbeitsentgelt dann nicht berücksichtigt werden könnte. Dem Alg des Klägers wäre dann nach Ansicht des Senats mangels anderer Berechnungsmöglichkeiten im innerstaatlichen Recht eine fiktive Bemessung zugrunde zu legen.

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3. Entscheidungen des EuGH
Eine Entscheidung des EuGH zur Auslegung des Art 62 VO (EG) 883/2004, der eine Antwort auf die Vorlagefragen entnommen werden könnte, ist nicht ersichtlich.

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Zwar liegt ein Urteil des EuGH zu Art 68 Abs 1 VO (EWG) 1408/71, der Vorgängerregelung von Art 62 VO (EG) 883/2004, vor. Nach Art 68 Abs 1 Satz 2 VO (EWG) 1408/71 war eine fiktive Bemessung nach dem koordinierenden Sozialrecht bei einer Beschäftigung im Wohnmitgliedstaat von weniger als vier Wochen vorgeschrieben. Die Arbeitslosenunterstützung war dann nach dem Entgelt zu berechnen, "das am Wohnort oder Aufenthaltsort des Arbeitslosen für eine Beschäftigung üblich ist, die der Beschäftigung, die er zuletzt im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats ausgeübt hat, gleichwertig oder vergleichbar ist". Für die besondere, hier nicht gegebene Konstellation eines Grenzgängers hat der EuGH ausgeführt, dass abgesehen von dem Sonderfall des Art 68 Abs 1 Satz 2 VO (EWG) 1408/71, das "frühere" Entgelt, das in der Regel der Berechnung der Leistungen bei Arbeitslosigkeit zugrunde zu legen sei, nach der VO (EWG) 1408/71 dasjenige Entgelt sei, das der Arbeitnehmer während seiner letzten Beschäftigung "erhalten" habe. Hiervon abweichend müsse die Berechnung der Leistungen nur in bestimmten Ausnahmefällen auf der Grundlage des vermuteten und nicht des tatsächlichen Entgelts für die letzte Beschäftigung erfolgen (vgl EuGH Urteil vom 28.2.1980, Fellinger, 67/79, EU:C:1980:59). Diese Entscheidung betrifft jedoch allein das Verhältnis zwischen einer Bemessung nach dem Entgelt der letzten Beschäftigung im zuständigen Wohnmitgliedstaat und der in Art 68 Abs 1 Satz 2 VO (EWG) 1408/71 festgelegten fiktiven Bemessung auf der Ebene des Unionsrechts. Eine Aussage zur Zulässigkeit des Rückgriffs auf eine nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats vorgeschriebene fiktive Bemessung ist hiermit nicht verbunden.

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In einem weiteren Urteil vom 1.10.1992 (Grisvard/Kreitz, C-201/91, EU:C:1992:368) hatte sich der EuGH mit der Auslegung des Art 68 Abs 1 VO (EWG) 1408/71 iVm Art 71 Abs 1 Buchst a Ziffer ii VO (EWG) 1408/71 zu befassen. Seine Entscheidung, dass das im Beschäftigungsstaat zuletzt bezogene Entgelt des Grenzgängers ohne die während der letzten Beschäftigung geltenden Begrenzungsvorschriften des Beschäftigungsstaats (Entgeltobergrenzen des deutschen Arbeitslosenversicherungssystems) zu berücksichtigen seien, hat der EuGH damit begründet, dass grundsätzlich die Vorschriften des Wohnmitgliedstaats anzuwenden seien. Zudem hat er mit Bezug auf die Koordinierung der nationalen Systeme der sozialen Sicherheit betont, dass eine "Beschäftigung" iS von Art 71 Abs 1 VO (EWG) 1408/71 eine solche sei, die nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie ausgeübt werde, als solche angesehen werde (vgl EuGH Urteil vom 11.11.2004, Adanez-Vega, C-372/02, EU:C:2004:705). Diese Ausführungen unterstreichen die Bedeutung der Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats für die Berechnung der Arbeitslosenunterstützung, betreffen jedoch andere tatsächliche Ausgangslagen.

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4. Zu den Vorlagefragen
Zwar könnte eine enge Auslegung des Wortlauts des Art 62 Abs 1 VO (EG) 883/2004 ("ausschließlich das Entgelt" - "erhalten hat") für die Rechtsauffassung der Vorinstanzen sprechen, der auch in der innerstaatlichen Literatur zugestimmt wird. Allerdings enthält Art 62 Abs 1 VO (EG) 883/2004 auch eine Bezugnahme auf die Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats ("nach dessen Rechtsvorschriften bei der Berechnung der Leistungen …"). Bei einer Auslegung des Art 62 VO (EG) 883/2004 ist indes nicht nur dessen Wortlaut, sondern sind auch der Zusammenhang der Vorschrift und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung verfolgt werden (vgl EuGH Urteil vom 21.3.2018, J. Klein-Schiphorst, C-551/16, EU:C:2018:200, RdNr 34). Da Art 61 VO (EG) 883/2004 eine Zusammenrechnung der in verschiedenen Mitgliedstaaten zurückgelegten Beschäftigungs- und Versicherungszeiten auch bei nur kurzer Beschäftigung durch den damit nach Art 61 VO (EG) 883/2004 für die Leistungserbringung zuständigen Träger eines Mitgliedstaats vorsieht, soll Art 62 VO (EG) 883/2004 den vom Unionsgesetzgeber aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung intendierten Rückgriff der Mitgliedstaaten auf die innerstaatlichen Bemessungsvorschriften auch dann ermöglichen, wenn kein ausreichend langer Bezugszeitraum für die Berechnung der Arbeitslosenunterstützung vorliegt. Der Senat neigt daher zu der Ansicht, dass Art 62 Abs 1 VO (EG) 883/2004 nur an den "Regelfall" der Bemessung nach einem früheren Entgelt anknüpfen will. Dies dürfte andere Bemessungsregelungen und -methoden wie die Heranziehung allein des beim Ausscheiden auch abgerechneten Arbeitsentgelts und eine ersatzweise fiktive Bemessung nach den innerstaatlichen Vorschriften nicht ausschließen.

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Einer fiktiven Bemessung nach innerstaatlichem Recht dürfte auch nicht entgegenstehen, dass die Ausnahmeregelung zur fiktiven Bemessung in Art 68 Abs 1 Satz 2 der VO (EWG) 1408/71 nicht in die VO (EG) 883/2004 übernommen worden ist. Grund hierfür war die schwierige praktische Umsetzbarkeit dieser Vorschrift auf der Ebene des Unionsrechts (vgl Karl in Marhold, Das neue Sozialrecht der EU, 2005, 43 f; vgl zur Anwendung des Art 68 Abs 1 Satz 2 der VO 1408/71: LSG Berlin Urteil vom 22.3.2002 - L 10 AL 162/00). Dies kann aber nach Ansicht des Senats nicht zum gänzlichen Ausschluss einer im innerstaatlichen Recht vorhandenen anders ausgestalteten (fiktiven) Bemessung führen.

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Zweifel an der bisherigen Auslegung des Art 62 Abs 1 VO (EG) 883/2004 iVm Art 62 Abs 2 VO (EG) 883/2004 durch die innerstaatlichen Gerichte ergeben sich auch aus den Grundsätzen der europäischen Sozialrechtskoordinierung. Art 48 AEUV sieht nur eine Koordinierung und keine Harmonisierung der Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten vor. Entsprechend dem Erwägungsgrund Nr 4 der VO (EG) 883/2004 ("Es ist notwendig, die Eigenheiten der nationalen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit zu berücksichtigen und nur eine Koordinierungsregelung vorzusehen") bleiben die Mitgliedstaaten für die Festlegung der innerstaatlichen Voraussetzungen der Leistungen der sozialen Sicherheit zuständig. Materielle und formelle Unterschiede zwischen den Systemen der sozialen Sicherheit der einzelnen Mitgliedstaaten und folglich zwischen den Ansprüchen der dort Versicherten werden durch die Bestimmungen des Koordinierungsrechts grundsätzlich nicht berührt (vgl EuGH Urteil vom 16.7.2009, Chamier-Glisczinski, C-208/07, EU:C:2009:455, RdNr 84; EuGH Urteil vom 11.4.2013, Jeltes, C-443/11, EU:C:2013:224, RdNr 43; EuGH Urteil vom 19.9.2013, Brey, C-140/12, EU:C:2013:565, RdNr 43; EuGH Urteil vom 14.6.2016, Kommission/Vereinigtes Königreich, C-308/14, EU:C:2016:436, RdNr 67; EuGH Urteil vom 21.3.2018, J. Klein-Schiphorst, C-551/16, EU:C:2018:200, RdNr 44). Einem solchen System ist immanent, dass die Voraussetzungen für die Arbeitslosenunterstützung nach den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten unterschiedlich ausgestaltet sind.

33

Für eine Auslegung des Art 62 Abs 1 VO (EG) 883/2004 iVm Art 62 Abs 2 VO (EG) 883/2004, die den Begriff des "erhaltenen Entgelts" nur im Sinne einer regelmäßigen Anknüpfung für die Sozialrechtskoordinierung versteht und die jeweiligen Berechnungsregelungen und -methoden der Mitgliedstaaten im Übrigen unberührt lässt, spricht nach Ansicht des Senats, dass ansonsten in mehrfacher Hinsicht in die innerstaatliche Gestaltung der Arbeitslosenunterstützung eingegriffen würde. So wäre bei alleiniger Berücksichtigung des Entgelts der letzten Beschäftigung etwa auch ein wegen Kindererziehung oder Pflege reduziertes Entgelt während der letzten Beschäftigung im Wohnmitgliedstaat zu berücksichtigen. Dies soll nach innerstaatlichem Recht jedoch gerade außer Betracht bleiben (§ 150 Abs 2 Satz 1 Nr 3, 4 SGB III). Auch könnte fraglich sein, ob ein höheres bestandsgeschütztes Bemessungsentgelt nach § 151 Abs 4 SGB III aus einem früheren, noch nicht erloschenen Anspruch auf Alg der Bemessung zugrunde gelegt werden könnte. Das Gemeinschaftsrecht steht günstigeren Vorschriften des nationalen Rechts aber nicht entgegen, sofern sie mit ihm vereinbar sind (vgl EuGH Urteil vom 5.2.2002, Kaske, C-277/99, EU:C:2002:74, RdNr 33). Zudem ist in Art 62 Abs 1 VO (EG) 883/2004 nur bezogen auf den "Bezugszeitraum" eine Modifikation der nationalen Rechtsvorschriften ausdrücklich festgeschrieben.

34

Aus den dargelegten Gründen hält der Senat eine Auslegung des Art 62 Abs 1 VO (EG) 883/2004 iVm Art 62 Abs 2 VO (EG) 883/2004, nach der jegliches Entgelt während der letzten Beschäftigung unbesehen der (weiteren) innerstaatlichen Voraussetzungen als Berechnungsgrundlage heranzuziehen und eine fiktive Bemessung nicht möglich ist, für nicht zweifelsfrei und sieht den in den Vorlagefragen formulierten Klärungsbedarf.

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(1) Bezugsgröße im Sinne der Vorschriften für die Sozialversicherung ist, soweit in den besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes bestimmt ist, das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vo

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 150 Bemessungszeitraum und Bemessungsrahmen


(1) Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er

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(1) Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat; Besonderheiten des Übergangsbereichs nach § 20 Absatz 2 des Vierten Buches sind

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(1) Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen. In

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Das Arbeitslosengeld beträgt1.für Arbeitslose, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Absatz 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes haben, sowie für Arbeitslose, deren Ehegattin, Ehegatte, Lebenspartnerin oder Lebenspartner mindestens ein Kind im

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Das Arbeitslosengeld beträgt

1.
für Arbeitslose, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Absatz 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes haben, sowie für Arbeitslose, deren Ehegattin, Ehegatte, Lebenspartnerin oder Lebenspartner mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Absatz 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes hat, wenn beide Ehegatten oder Lebenspartner unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, 67 Prozent (erhöhter Leistungssatz),
2.
für die übrigen Arbeitslosen 60 Prozent (allgemeiner Leistungssatz)
des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt).

(1) Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs.

(2) Bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums bleiben außer Betracht

1.
Zeiten einer Beschäftigung, neben der Übergangsgeld wegen einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, Teilübergangsgeld oder Teilarbeitslosengeld geleistet worden ist,
2.
Zeiten einer Beschäftigung als Freiwillige oder Freiwilliger im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes oder des Bundesfreiwilligendienstgesetzes, wenn sich die beitragspflichtige Einnahme nach § 344 Absatz 2 bestimmt,
3.
Zeiten, in denen Arbeitslose Elterngeld oder Erziehungsgeld bezogen oder nur wegen der Berücksichtigung von Einkommen nicht bezogen haben oder ein Kind unter drei Jahren betreut und erzogen haben, wenn wegen der Betreuung und Erziehung des Kindes das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war,
4.
Zeiten, in denen Arbeitslose eine Pflegezeit nach § 3 Absatz 1 Satz 1 des Pflegezeitgesetzes in Anspruch genommen haben sowie Zeiten einer Familienpflegezeit oder Nachpflegephase nach dem Familienpflegezeitgesetz, wenn wegen der Pflege das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war; insoweit gilt § 151 Absatz 3 Nummer 2 nicht,
5.
Zeiten, in denen die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf Grund einer Teilzeitvereinbarung nicht nur vorübergehend auf weniger als 80 Prozent der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit einer vergleichbaren Vollzeitbeschäftigung, mindestens um fünf Stunden wöchentlich, vermindert war, wenn die oder der Arbeitslose Beschäftigungen mit einer höheren Arbeitszeit innerhalb der letzten dreieinhalb Jahre vor der Entstehung des Anspruchs während eines sechs Monate umfassenden zusammenhängenden Zeitraums ausgeübt hat.
Satz 1 Nummer 5 gilt nicht in Fällen einer Teilzeitvereinbarung nach dem Altersteilzeitgesetz, es sei denn, das Beschäftigungsverhältnis ist wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers beendet worden.

(3) Der Bemessungsrahmen wird auf zwei Jahre erweitert, wenn

1.
der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält,
2.
in den Fällen des § 142 Absatz 2 der Bemessungszeitraum weniger als 90 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält oder
3.
es mit Rücksicht auf das Bemessungsentgelt im erweiterten Bemessungsrahmen unbillig hart wäre, von dem Bemessungsentgelt im Bemessungszeitraum auszugehen.
Satz 1 Nummer 3 ist nur anzuwenden, wenn die oder der Arbeitslose dies verlangt und die zur Bemessung erforderlichen Unterlagen vorlegt.

(1) Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat; Besonderheiten des Übergangsbereichs nach § 20 Absatz 2 des Vierten Buches sind nicht zu berücksichtigen. Arbeitsentgelte, auf die die oder der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, gelten als erzielt, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind.

(2) Außer Betracht bleiben Arbeitsentgelte,

1.
die Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten oder die im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit vereinbart worden sind,
2.
die als Wertguthaben einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches nicht nach dieser Vereinbarung verwendet werden.

(3) Als Arbeitsentgelt ist zugrunde zu legen

1.
für Zeiten, in denen Arbeitslose Kurzarbeitergeld oder eine vertraglich vereinbarte Leistung zur Vermeidung der Inanspruchnahme von Saison-Kurzarbeitergeld bezogen haben, das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose ohne den Arbeitsausfall und ohne Mehrarbeit erzielt hätten; dies gilt auch, wenn die Entscheidung über den Anspruch auf Kurzarbeitergeld rückwirkend aufgehoben wird oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2.
für Zeiten einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose für die geleistete Arbeitszeit ohne eine Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches erzielt hätten; für Zeiten einer Freistellung das erzielte Arbeitsentgelt,
3.
für Zeiten einer Berufsausbildung, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung durchgeführt wurde (§ 25 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1), die erzielte Ausbildungsvergütung; wurde keine Ausbildungsvergütung erzielt, der nach § 17 Absatz 2 des Berufsbildungsgesetzes als Mindestvergütung maßgebliche Betrag.

(4) Haben Arbeitslose innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs Arbeitslosengeld bezogen, ist Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt, nach dem das Arbeitslosengeld zuletzt bemessen worden ist; dies gilt auch, wenn sie das Arbeitslosengeld nur deshalb nicht bezogen haben, weil der Anspruch geruht hat.

(5) Ist die oder der Arbeitslose nicht mehr bereit oder in der Lage, die im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Zahl von Arbeitsstunden zu leisten, vermindert sich das Bemessungsentgelt für die Zeit der Einschränkung entsprechend dem Verhältnis der Zahl der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden, die die oder der Arbeitslose künftig leisten will oder kann, zu der Zahl der durchschnittlich auf die Woche entfallenden Arbeitsstunden im Bemessungszeitraum. Einschränkungen des Leistungsvermögens bleiben unberücksichtigt, wenn Arbeitslosengeld nach § 145 geleistet wird. Bestimmt sich das Bemessungsentgelt nach § 152, ist insoweit die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit maßgebend, die bei Entstehung des Anspruchs für Angestellte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt.

(1) Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen. In den Fällen des § 142 Absatz 2 gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass ein Bemessungszeitraum von mindestens 90 Tagen nicht festgestellt werden kann.

(2) Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist die oder der Arbeitslose der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für die Arbeitslose oder den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat. Dabei ist zugrunde zu legen für Beschäftigungen, die

1.
eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 1), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße,
2.
einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meisterin oder Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erfordern (Qualifikationsgruppe 2), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße,
3.
eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße,
4.
keine Ausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 4), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße, mindestens jedoch ein Arbeitsentgelt in Höhe des Betrages, der sich ergibt, wenn der Mindestlohn je Zeitstunde nach § 1 Absatz 2 Satz 1 des Mindestlohngesetzes in Verbindung mit der auf der Grundlage des § 11 Absatz 1 Satz 1 des Mindestlohngesetzes jeweils erlassenen Verordnung mit einem Siebtel der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, die für Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt, vervielfacht wird.

(1) Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs.

(2) Bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums bleiben außer Betracht

1.
Zeiten einer Beschäftigung, neben der Übergangsgeld wegen einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, Teilübergangsgeld oder Teilarbeitslosengeld geleistet worden ist,
2.
Zeiten einer Beschäftigung als Freiwillige oder Freiwilliger im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes oder des Bundesfreiwilligendienstgesetzes, wenn sich die beitragspflichtige Einnahme nach § 344 Absatz 2 bestimmt,
3.
Zeiten, in denen Arbeitslose Elterngeld oder Erziehungsgeld bezogen oder nur wegen der Berücksichtigung von Einkommen nicht bezogen haben oder ein Kind unter drei Jahren betreut und erzogen haben, wenn wegen der Betreuung und Erziehung des Kindes das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war,
4.
Zeiten, in denen Arbeitslose eine Pflegezeit nach § 3 Absatz 1 Satz 1 des Pflegezeitgesetzes in Anspruch genommen haben sowie Zeiten einer Familienpflegezeit oder Nachpflegephase nach dem Familienpflegezeitgesetz, wenn wegen der Pflege das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war; insoweit gilt § 151 Absatz 3 Nummer 2 nicht,
5.
Zeiten, in denen die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf Grund einer Teilzeitvereinbarung nicht nur vorübergehend auf weniger als 80 Prozent der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit einer vergleichbaren Vollzeitbeschäftigung, mindestens um fünf Stunden wöchentlich, vermindert war, wenn die oder der Arbeitslose Beschäftigungen mit einer höheren Arbeitszeit innerhalb der letzten dreieinhalb Jahre vor der Entstehung des Anspruchs während eines sechs Monate umfassenden zusammenhängenden Zeitraums ausgeübt hat.
Satz 1 Nummer 5 gilt nicht in Fällen einer Teilzeitvereinbarung nach dem Altersteilzeitgesetz, es sei denn, das Beschäftigungsverhältnis ist wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers beendet worden.

(3) Der Bemessungsrahmen wird auf zwei Jahre erweitert, wenn

1.
der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält,
2.
in den Fällen des § 142 Absatz 2 der Bemessungszeitraum weniger als 90 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält oder
3.
es mit Rücksicht auf das Bemessungsentgelt im erweiterten Bemessungsrahmen unbillig hart wäre, von dem Bemessungsentgelt im Bemessungszeitraum auszugehen.
Satz 1 Nummer 3 ist nur anzuwenden, wenn die oder der Arbeitslose dies verlangt und die zur Bemessung erforderlichen Unterlagen vorlegt.

(1) Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen. In den Fällen des § 142 Absatz 2 gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass ein Bemessungszeitraum von mindestens 90 Tagen nicht festgestellt werden kann.

(2) Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist die oder der Arbeitslose der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für die Arbeitslose oder den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat. Dabei ist zugrunde zu legen für Beschäftigungen, die

1.
eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 1), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße,
2.
einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meisterin oder Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erfordern (Qualifikationsgruppe 2), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße,
3.
eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße,
4.
keine Ausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 4), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße, mindestens jedoch ein Arbeitsentgelt in Höhe des Betrages, der sich ergibt, wenn der Mindestlohn je Zeitstunde nach § 1 Absatz 2 Satz 1 des Mindestlohngesetzes in Verbindung mit der auf der Grundlage des § 11 Absatz 1 Satz 1 des Mindestlohngesetzes jeweils erlassenen Verordnung mit einem Siebtel der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, die für Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt, vervielfacht wird.

(1) Bezugsgröße im Sinne der Vorschriften für die Sozialversicherung ist, soweit in den besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes bestimmt ist, das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr, aufgerundet auf den nächsthöheren, durch 420 teilbaren Betrag.

(2) Die Bezugsgröße für das Beitrittsgebiet (Bezugsgröße [Ost]) verändert sich zum 1. Januar eines jeden Kalenderjahres auf den Wert, der sich ergibt, wenn der für das vorvergangene Kalenderjahr geltende Wert der Anlage 1 zum Sechsten Buch durch den für das Kalenderjahr der Veränderung bestimmten Wert der Anlage 10 zum Sechsten Buch geteilt wird, aufgerundet auf den nächsthöheren, durch 420 teilbaren Betrag. Für die Zeit ab 1. Januar 2025 ist eine Bezugsgröße (Ost) nicht mehr zu bestimmen.

(3) Beitrittsgebiet ist das in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet.

(1) Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs.

(2) Bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums bleiben außer Betracht

1.
Zeiten einer Beschäftigung, neben der Übergangsgeld wegen einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, Teilübergangsgeld oder Teilarbeitslosengeld geleistet worden ist,
2.
Zeiten einer Beschäftigung als Freiwillige oder Freiwilliger im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes oder des Bundesfreiwilligendienstgesetzes, wenn sich die beitragspflichtige Einnahme nach § 344 Absatz 2 bestimmt,
3.
Zeiten, in denen Arbeitslose Elterngeld oder Erziehungsgeld bezogen oder nur wegen der Berücksichtigung von Einkommen nicht bezogen haben oder ein Kind unter drei Jahren betreut und erzogen haben, wenn wegen der Betreuung und Erziehung des Kindes das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war,
4.
Zeiten, in denen Arbeitslose eine Pflegezeit nach § 3 Absatz 1 Satz 1 des Pflegezeitgesetzes in Anspruch genommen haben sowie Zeiten einer Familienpflegezeit oder Nachpflegephase nach dem Familienpflegezeitgesetz, wenn wegen der Pflege das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war; insoweit gilt § 151 Absatz 3 Nummer 2 nicht,
5.
Zeiten, in denen die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf Grund einer Teilzeitvereinbarung nicht nur vorübergehend auf weniger als 80 Prozent der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit einer vergleichbaren Vollzeitbeschäftigung, mindestens um fünf Stunden wöchentlich, vermindert war, wenn die oder der Arbeitslose Beschäftigungen mit einer höheren Arbeitszeit innerhalb der letzten dreieinhalb Jahre vor der Entstehung des Anspruchs während eines sechs Monate umfassenden zusammenhängenden Zeitraums ausgeübt hat.
Satz 1 Nummer 5 gilt nicht in Fällen einer Teilzeitvereinbarung nach dem Altersteilzeitgesetz, es sei denn, das Beschäftigungsverhältnis ist wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers beendet worden.

(3) Der Bemessungsrahmen wird auf zwei Jahre erweitert, wenn

1.
der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält,
2.
in den Fällen des § 142 Absatz 2 der Bemessungszeitraum weniger als 90 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält oder
3.
es mit Rücksicht auf das Bemessungsentgelt im erweiterten Bemessungsrahmen unbillig hart wäre, von dem Bemessungsentgelt im Bemessungszeitraum auszugehen.
Satz 1 Nummer 3 ist nur anzuwenden, wenn die oder der Arbeitslose dies verlangt und die zur Bemessung erforderlichen Unterlagen vorlegt.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 16. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe des dem Kläger ab September 2005 bewilligten Arbeitslosengelds (Alg).

2

Der Kläger war in der Zeit vom 2.9.2002 bis 15.7.2005 Auszubildender in einem Betrieb und erhielt eine Ausbildungsvergütung. Anschließend war er befristet bis zum 31.8.2005 als Facharbeiter im selben Betrieb beschäftigt. Am 26.8.2005 meldete er sich zum 1.9.2005 arbeitslos. Bis zu seinem Ausscheiden aus dem Betrieb hatte der Arbeitgeber die Ausbildungsvergütung und den Lohn für die befristete Beschäftigung bis einschließlich Juli 2005 abgerechnet. Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 6.9.2005 Alg in Höhe von 8,53 Euro täglich. Dabei legte sie als Bemessungsentgelt das vom Arbeitgeber bescheinigte Arbeitsentgelt von September 2004 bis Juli 2005 zugrunde.

3

Am 7.9.2005 rechnete der Arbeitgeber den Lohn für August 2005 ab. Der Kläger hat mit Widerspruch und Klage erfolglos begehrt, auch dieses Arbeitsentgelt zu berücksichtigen (Widerspruchsbescheid vom 17.10.2005; Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 21.8.2008).

4

Im Berufungsverfahren hat der Kläger nach einem rechtlichen Hinweis des Gerichts die Klage dahin erweitert, dass eine fiktive Bemessung des Alg nach dem in seinem Beruf als Facharbeiter erzielbaren Arbeitsentgelt vorzunehmen sei.

5

Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen und die weitergehende Klage abgewiesen (Urteil vom 16.2.2012). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die angegriffene Bewilligung entspreche dem seit dem 1.1.2005 geltenden Bemessungsrecht. Insbesondere sei die Beklagte zutreffend von einem Bemessungsrahmen vom 1.9.2004 bis zum 31.8.2005 ausgegangen und habe die abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume von September 2004 bis Juli 2005 zugrunde gelegt. Zum einen sei das Arbeitsentgelt für August 2005 nicht zu berücksichtigen; zum anderen sei die seit 1.9.2004 erzielte Ausbildungsvergütung als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt im Sinne des Bemessungsrechts einzubeziehen. Deswegen fehle es an einer rechtlichen Handhabe für eine fiktive Bemessung nach § 132 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Das dem Kläger günstigere Vorgängerrecht (§ 134 Abs 2 Nr 2 SGB III alter Fassung) sei auf den am 1.9.2005 eingetretenen Leistungsfall nicht mehr anwendbar, ohne dass dadurch eine verfassungsrechtlich geschützte Position des Klägers verletzt werde. Es stelle zwar eine Härte dar, dass er schlechter gestellt werde als in außerbetrieblichen Einrichtungen ausgebildete Personen, bei denen eine fiktive Bemessung durchgeführt werde. Eine analoge Anwendung des § 132 SGB III zugunsten des Klägers sei jedoch nicht möglich. Die unterschiedliche Bemessung bei einer betrieblichen und einer außerbetrieblichen Ausbildung sei auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

6

Mit der (vom LSG zugelassenen) Revision verfolgt der Kläger in erster Linie das Ziel einer fiktiven Bemessung weiter; hilfsweise begehrt er die Berücksichtigung des Lohns für August 2005. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Der Anspruch auf Berechnung des Alg nach einem fiktiven Bemessungsentgelt gemäß § 132 Abs 2 S 2 Nr 3 SGB III bestehe, weil er im Bemessungsrahmen an weniger als 150 Tagen Arbeitsentgelt erzielt habe. Denn die bezogene Ausbildungsvergütung sei begrifflich kein "Arbeitsentgelt". Zumindest sei § 132 SGB III analog anzuwenden, weil ab 1.1.2005 eine unbewusste Regelungslücke entstanden sei. Denn der Gesetzgeber habe eine dem § 134 Abs 2 Nr 2 SGB III in der bis 31.12.2004 geltenden Fassung (aF) entsprechende Sonderregelung für Berufsanfänger vergessen. Die frühere Regelung sei auch aus Gründen des Vertrauensschutzes heranzuziehen. Ihr Wegfall ohne Übergangsregelung stelle eine unechte Rückwirkung dar, die unbillig in eine geschützte Position des Klägers eingreife, weil seine Ausbildung zur Zeit der Verkündung der Gesetzesänderung fast beendet gewesen sei und er bereits bis 31.12.2004 Anwartschaften auf Alg erworben habe. Ferner sei die Anwendung des § 132 SGB III verfassungsrechtlich geboten, weil die unterschiedliche Behandlung von Auszubildenden in Betrieben und Auszubildenden in außerbetrieblichen Einrichtungen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße. Wenigstens aber sei das Arbeitsentgelt für August 2005 in die Bemessung einzubeziehen, weil darauf beim Ausscheiden bereits ein Anspruch bestanden habe. Nach den Umständen des Falls sei die Abrechnung durch den Arbeitgeber zudem unwesentlich gewesen, weil der monatliche Lohn immer standardmäßig abzurechnen gewesen sei. Auch hätte die Berücksichtigung des am 7.9.2005 abgerechneten Lohns die Auszahlung des Alg nicht wesentlich verzögert.

7

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 16.2.2012 und das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 21.8.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 6.9.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.10.2005 zu verurteilen, dem Kläger ab 1.9.2005 höheres Arbeitslosengeld nach einem fiktiven Arbeitsentgelt der Qualifikationsgruppe 3 (§ 132 Abs 2 S 2 Nr 3 SGB III) zu gewähren,
hilfsweise,
dem Bemessungsentgelt für die Zeit vom 1.9.2004 bis 15.7.2005 nach § 134 SGB III (alter Fassung) die Hälfte des tariflichen Arbeitsentgelts einer Fachkraft für Lebensmitteltechnik zugrunde zu legen,
äußerst hilfsweise,
bei der Berechnung des Bemessungsentgelts das für August 2005 erzielte Arbeitsentgelt zu berücksichtigen.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

9

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 Sozialgerichtsgesetz). Dem Kläger steht höheres als das von der Beklagten bewilligte Alg nicht zu.

11

1. Der Kläger hat ab 1.9.2005 dem Grunde nach Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit. Er war nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nach Ende der bis 31.8.2005 befristeten Tätigkeit arbeitslos, hatte sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt (§ 118 Abs 1, § 119 SGB III, jeweils idF des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003, BGBl I 2848, § 25 Abs 1 S 1 SGB III).

12

2. Die Höhe des dem Kläger zustehenden Alg richtet sich - wie das LSG im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat - nach § 129 SGB III - idF des Gesetzes vom 16.2.2001, BGBl I 266 - sowie nach §§ 130 ff SGB III, die durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003, BGBl I 2848, mit Wirkung ab 1.1.2005 neu gefasst worden sind. Dagegen sind die §§ 130 ff SGB III aF nicht mehr anzuwenden(vgl zum Fehlen einer Übergangsregelung: BSGE 105, 94 = SozR 4-4300 § 132 Nr 4, jeweils RdNr 12). Nach § 129 Nr 2 SGB III beträgt das Alg für Arbeitslose, für die keine Kinder zu berücksichtigen sind, 60 vH des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen (§ 130 Abs 1 S 1 SGB III). Der Bemessungsrahmen umfasst regelmäßig ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs 1 S 2 SGB III). Die Ermittlung des Leistungsentgelts mittels pauschalierter Abzüge vom Bemessungsentgelt erfolgt nach näherer Maßgabe des § 133 SGB III(idF des Gesetzes vom 23.12.2003 aaO bzw des Gesetzes vom 19.11.2004, BGBl I 2902). Diesen gesetzlichen Vorgaben entspricht die Alg-Bemessung der Beklagten.

13

a) Das mit dem Hauptantrag des Klägers verfolgte Ziel, die Beklagte zu verurteilen, höheres Alg nach einem fiktiven Arbeitsentgelt der Qualifikationsgruppe 3 (§ 132 Abs 2 S 2 Nr 3 SGB III) zu gewähren, findet im Gesetz keine Grundlage.

14

Nach § 132 Abs 1 SGB III in der hier anzuwendenden Fassung ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, wenn ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden kann. Diese Voraussetzungen sind beim Kläger, der während seiner Ausbildung in der Zeit von September 2002 bis Juli 2005 eine Ausbildungsvergütung erhalten hat, nicht erfüllt.

15

Entgegen seiner zur Begründung des Hauptantrags geäußerten Auffassung hat der Kläger mit der Ausbildungsvergütung Arbeitsentgelt erzielt. Die Auszubildenden zu gewährende Vergütung ist im sozialversicherungsrechtlichen Sinn Arbeitsentgelt (vgl Lakies/Malottke, Berufsbildungsgesetz , 4. Aufl 2011, § 17 RdNr 4; Voelzke in Küttner, Personalbuch 2012, Stichwort Ausbildungsverhältnis <74> RdNr 92; Rolfs in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 30 RdNr 30; derselbe in Gagel, SGB III, Stand Oktober 2012, § 152 RdNr 10; Brand, SGB III, 6. Aufl 2012, § 151 RdNr 6; Seewald in Kasseler Kommentar, SGB IV, Stand August 2008, § 14 RdNr 84; Benner/Niermann, BB Beilage 2008, Nr 002, S 7, Stichwort "Ausbildungsvergütungen"; vgl auch Klattenhoff in Hauck/Noftz, SGB IV, Stand XII/05, § 14 RdNr 10). Denn nach § 14 Abs 1 S 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) sind "Arbeitsentgelt" alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. "Beschäftigung" ist nach § 7 SGB IV nicht nur die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis(Abs 1 S 1), sondern auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung (Abs 2).

16

Mithin handelt es sich bei der Ausbildungsvergütung einer zur betrieblichen Berufsausbildung beschäftigten Person begrifflich um "Arbeitsentgelt" (vgl auch Senatsbeschluss vom 21.4.1993 - 11 BAr 143/92 - Juris, RdNr 6; BSG SozR 3-4100 § 112 Nr 28 zur grundsätzlichen Identität des beitragsrechtlichen und des leistungsrechtlichen Arbeitsentgeltbegriffs). Aus diesem Grunde ist der vom 7. Senat des Bundessozialgerichts im Urteil vom 18.5.2010 (B 7 AL 49/08 R - SozR 4-4300 § 122 Nr 8 RdNr 20 aE)in einem obiter dictum geäußerten Erwägung nicht zu folgen, bei Vergütungen im Rahmen einer betrieblichen Ausbildung könne ggf der Arbeitsentgeltcharakter im Sinne des Bemessungsrechts verneint werden.

17

b) Die Beklagte hat somit zu Recht der Alg-Bemessung das vom Kläger während seiner betrieblichen Ausbildung erzielte Arbeitsentgelt zugrunde gelegt. Dieses Arbeitsentgelt hat der Kläger im - oben zu 2. definierten - Bemessungszeitraum erzielt. Als Bemessungsrahmen hat die Beklagte zutreffend die Zeit vom 1.9.2004 bis 31.8.2005 ermittelt, weil der Kläger in der betrieblichen Ausbildung versicherungspflichtig war und das anschließende - letzte - Versicherungspflichtverhältnis vor der Entstehung des Anspruchs bis zum 31.8.2005 bestanden hat (§ 25 Abs 1 S 1 SGB III, § 130 Abs 1 S 2 SGB III). Ebenfalls zutreffend ist die Beklagte davon ausgegangen, dass sich Bemessungsrahmen und Bemessungszeitraum vorliegend zeitlich nicht decken. Zwar liegt auch die nach dem 15.7.2005 ausgeübte Beschäftigung vollständig im Bemessungsrahmen. Der Entgeltabrechnungszeitraum vom 1.8.2005 bis 31.8.2005 gehört aber gleichwohl nicht zum Bemessungszeitraum, weil die Abrechnung des Lohns für August 2005 nach den bindenden Feststellungen des LSG erst am 7.9.2005 erfolgte (vgl Senatsurteile vom 29.6.2000 - B 11 AL 89/99 R - SozR 3-4100 § 136 Nr 12; vom 8.7.2009 - B 11 AL 14/08 R - SozR 4-4300 § 130 Nr 6 RdNr 22 ff).

18

Zu berücksichtigen ist also nur das bis 31.7.2005 erzielte abgerechnete Entgelt. Bemessungsentgelt ist nach § 131 Abs 1 S 1 SGB III das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Dieses hat die Beklagte anhand der Entgeltnachweise zutreffend ermittelt.

19

c) Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass der Kläger mit seinem zweiten Hilfsantrag, der auf Berücksichtigung des für August 2005 erzielten Arbeitsentgelt gerichtet ist, keinen Erfolg haben kann. Soweit der Kläger vorträgt, er habe beim Ausscheiden aus dem letzten versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis bereits einen Anspruch auf das Arbeitsentgelt für August 2005 erworben, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Nach § 131 Abs 1 S 2 SGB III gelten zwar Arbeitsentgelte, auf die der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, als erzielt, wenn sie (ua) zugeflossen sind. Das betrifft aber allein die Frage, welches Arbeitsentgelt im Bemessungszeitraum "erzielt" worden ist, und modifiziert nicht die den Bemessungszeitraum selbst betreffenden Tatbestandsmerkmale des § 130 Abs 1 S 1 SGB III(Senatsurteil vom 8.7.2009 - B 11 AL 14/08 R - SozR 4-4300 § 130 Nr 6 RdNr 26).

20

Die Berücksichtigung nur abgerechneter Entgeltabrechnungszeiträume gemäß § 130 Abs 1 S 1 SGB III ist auch sachgerecht. Zweck der Regelung ist es, unter Inkaufnahme vereinfachter Maßstäbe bei der Leistungsberechnung eine schnelle Feststellung und Auszahlung des Alg zu ermöglichen. Dabei ist hinzunehmen, dass die Teile des Arbeitseinkommens unberücksichtigt bleiben, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgerechnet sind (vgl ua BSG SozR 3-4100 § 112 Nr 10 und BSGE 76, 162 = SozR 3-4100 § 112 Nr 22, jeweils mwN). Der Gesetzgeber ist bei der Ordnung von Massenerscheinungen wie der Bemessung des Alg grundsätzlich zu typisierenden, generalisierenden und pauschalierenden Regelungen berechtigt und darf dabei auch die Praktikabilität und Einfachheit des Rechts als hochrangige Ziele berücksichtigen, um den Erfordernissen einer Massenverwaltung Rechnung zu tragen (vgl ua Senatsurteil vom 29.5.2008 - B 11a AL 23/07 R - BSGE 100, 295 = SozR 4-4300 § 132 Nr 1 mwN).

21

Entgegen der Auffassung des Klägers ist eine Abrechnung durch den Arbeitgeber im vorliegenden Fall auch nicht deshalb entbehrlich, weil "der monatliche Lohn immer standardmäßig" abzurechnen gewesen sei. Das trifft bereits deshalb nicht zu, weil August 2005 der einzige volle Kalendermonat war, den das auf die Zeit vom 18.7. bis 31.8.2005 befristete Arbeitsverhältnis überhaupt umfasste. Überdies war - wie das LSG zutreffend dargelegt hat - kein Monatslohn vereinbart, sondern eine Stundenlohnvergütung bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden, zu der noch Mehr- und Überstundenarbeit im gesetzlich zulässigen Umfang hinzukommen konnte. Da das erzielbare Arbeitsentgelt damit von der Anzahl der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden abhing, fehlte es auch aus diesem Grund an der Feststellbarkeit des Arbeitseinkommens anhand des vorgelegten Arbeitsvertrags.

22

d) Auch die mit dem ersten Hilfsantrag begehrte fiktive Bemessung von Arbeitsentgelt auf der Grundlage des Ende 2004 außer Kraft getretenen Rechts kann der Kläger nicht erreichen; eine solche lässt das seit 1.1.2005 geltende Recht nicht (mehr) zu (vgl oben 2a). Für eine analoge Anwendung des § 134 SGB III aF fehlt es bereits an einer ausfüllungsbedürftigen Gesetzeslücke.

23

aa) Zwar bestimmte § 134 Abs 2 Nr 2 SGB III aF, dass für Zeiten einer Beschäftigung zur Berufsausbildung, wenn der Arbeitslose die Abschlussprüfung bestanden hat, dieHälfte des tariflichen Arbeitsentgelts derjenigen Beschäftigung, auf die das Arbeitsamt die Vermittlungsbemühungen in erster Linie zu erstrecken hat, mindestens das Arbeitsentgelt der Beschäftigung zur Berufsausbildung als Entgelt zugrunde zu legen ist. Daraus kann der Kläger aber keinen Anspruch auf eine höhere Leistung herleiten. Das LSG hat insoweit zutreffend ausgeführt, dass § 134 Abs 2 Nr 2 SGB III aF mit dem Inkrafttreten des Bemessungsrechts idF des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt am 1.1.2005 und damit vor dem Entstehen des Leistungsanspruchs des Klägers ersatzlos weggefallen ist.

24

Zur Bemessung des Alg bei Arbeitslosen, die während einer außerbetrieblichen Ausbildung kein "Arbeitsentgelt" erzielt haben, hat der Senat bereits entschieden, dass das Fehlen einer Sonderregelung für diesen Personenkreis nicht den Schluss auf eine planwidrige Regelungslücke zulässt (Urteil vom 3.12.2009 - B 11 AL 42/08 R - BSGE 105, 94 = SozR 4-4300 § 132 Nr 4 RdNr 16 ff). Daran ist auch im Hinblick auf die ersatzlose Abschaffung der Sonderregelung des § 134 Abs 2 Nr 2 SGB III aF für die Bemessung nach dem Abschluss einer vergüteten betrieblichen Ausbildung festzuhalten. Denn es gibt keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür, dass es zum Regelungskonzept des Gesetzgebers im Dritten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt gehört hätte, den bisherigen Rechtszustand beizubehalten oder in vergleichbarer Weise fortzuschreiben.

25

Ziel der Reform des Bemessungsrechts ab 1.1.2005 war es ua, die Vielfalt und Komplexität der bisherigen Regelungen zurückzuführen und im Interesse der Verwaltungsvereinfachung detaillierte Einzelfallregelungen durch ein größeres Maß an Pauschalierung zu ersetzen und Ausnahmeregelungen zu beschränken (BT-Drucks 15/1515 S 85, zu Nr 71; Senatsurteil vom 3.12.2009 - B 11 AL 42/08 R - BSGE 105, 94 = SozR 4-4300 § 132 Nr 4, RdNr 18). Eine durchgreifende Vereinfachung des Leistungsrechts war erforderlich, weil ihr zentrale Bedeutung vor allem für eine bessere und schnellere Vermittlung zukam. Der Gesetzgeber versprach sich dadurch die Freisetzung großer Personalkapazitäten bei der Beklagten, die dann zur Verstärkung der Vermittlung und Eingliederung von Arbeitslosen zur Verfügung stünden (vgl Senatsurteil vom 29.5.2008 - B 11a AL 23/07 R - BSGE 100, 295 = SozR 4-4300 § 132 Nr 1, RdNr 51). Diese Zielsetzungen sprechen dagegen, dass es sich bei dem Wegfall der Sonderregelung zur Bemessung des Alg für betrieblich ausgebildete Berufsanfänger um ein Versehen des Gesetzgebers handeln könnte, zumal er bestimmte andere Sonderregelungen beibehalten hat, was auf eine bewusste Auswahl schließen lässt (vgl Senatsurteil vom 3.12.2009 - B 11 AL 42/08 R - BSGE 105, 94 = SozR 4-4300 § 132 Nr 4, RdNr 18 bis 20).

26

bb) Der Kläger kann eine fiktive Bemessung auch nicht mit der Begründung verlangen, der Wegfall des § 134 Abs 2 Nr 2 SGB III aF ab 1.1.2005 habe zu einer aus Gründen des Vertrauensschutzes unzulässigen unechten Rückwirkung geführt. Eine unechte Rückwirkung ist gegeben, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich eine betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet (stRspr, zB BVerfGE 128, 90 = SozR 4-1100 Art 14 Nr 23 mwN RdNr 47). Das kann zwar ua zutreffen, wenn eine Rechtsänderung Anwartschaften aus einem bestehenden Versicherungsverhältnis betrifft, die mangels Eintritt eines Versicherungsfalls noch nicht zum Entstehen eines Anspruchs geführt haben, und sich die Rechtsänderung nachteilig auf die Höhe der künftigen Leistung auswirken wird (vgl aus jüngster Zeit: Bundesverfassungsgericht , Beschluss vom 17.12.2012 - 1 BvR 488/10, 1 BvR 11 BvR 1047/10 - veröffentlicht in Juris, RdNr 27). Erforderlich ist allerdings eine bereits verfestigte Anspruchsposition, weil der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz nicht so weit geht, den Staatsbürger vor jeglicher Enttäuschung seiner Erwartung in die Dauerhaftigkeit der Rechtslage zu schützen. Die bloße Erwartung des Bürgers, er werde - den Fortbestand der jeweiligen Rechtslage vorausgesetzt - in einer bestimmten zukünftigen Sachlage leistungsberechtigt sein, ist mangels hinreichender Konkretisierung noch kein verfassungsrechtlich geschütztes Recht (BVerfG, Beschluss vom 7.12.2010 - 1 BvR 2628/07 - BVerfGE 128, 90 = SozR 4-1100 Art 14 Nr 23, Juris RdNr 43, 48 f). Eine über die bloße Erwartung hinausgehende verfestigte Rechtsposition nahm der Kläger jedoch nicht ein.

27

Abgesehen davon, dass in Anwartschaften von vornherein die Möglichkeit von Änderungen angelegt ist (BVerfG, Beschluss vom 17.12.2012 - 1 BvR 488/10, 1 BvR 11 BvR 1047/10 - Juris RdNr 30 mwN), hatte der Kläger bei Rechtsänderung noch nicht "die Ausbildung fast beendet". Denn das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt wurde bereits am 27.12.2003 im Bundesgesetzblatt verkündet. Deshalb konnte der Kläger schon rund eineinhalb Jahre vor Abschluss seiner Ausbildung im Juli 2005 keinen Fortbestand der Regelung in § 134 Abs 2 Nr 2 SGB III aF mehr erwarten, selbst wenn die Neufassung der §§ 130 bis 134 SGB III gemäß Art 134 Abs 3 des genannten Gesetzes im Wesentlichen erst am 1.1.2005 in Kraft getreten ist. Gerade das Hinausschieben des Wirksamwerdens des neuen Bemessungsrechts um rund ein Jahr seit der Gesetzesverkündung gab Betroffenen - ähnlich wie eine Übergangsfrist - auch Gelegenheit, sich auf die zu erwartenden Änderungen einzustellen.

28

cc) Dass das Alg des Klägers nach dem seit 1.1.2005 geltenden Bemessungsrecht nicht fiktiv zu bemessen ist, lässt auch sonst keinen Verstoß gegen höherrangiges Recht erkennen. Insbesondere ergeben sich keine durchgreifenden Bedenken daraus, dass bei Arbeitslosen, die in einer außerbetrieblichen Ausbildung kein Arbeitsentgelt erzielt haben, eine fiktive Bemessung vorzunehmen ist. Denn das führt nicht zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung des Personenkreises, dem der Kläger angehört (offen gelassen im Senatsurteil vom 3.12.2009 - B 11 AL 42/08 R - BSGE 105, 94 = SozR 4-4300 § 132 Nr 4, RdNr 23).

29

Der allgemeine Gleichheitssatz nach Art 3 Abs 1 Grundgesetz verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung, sondern verbietet ihm nur, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten abweichend zu behandeln, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten. Wegen seines bereits erwähnten Gestaltungsspielraums bei der Ordnung von Massenerscheinungen, der das Recht zur Berücksichtigung der Verwaltungspraktikabilität einschließt, verstößt der Gesetzgeber nicht schon gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, wenn er sich für generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen entscheidet, die mit gewissen Härten verbunden sind und ggf nicht die denkbar zweckmäßigste oder gerechteste Lösung darstellen (stRspr, zB BVerfGE 84, 348, 359; BVerfGE 111, 115, 137 = SozR 4-8570 § 6 Nr 3; BVerfGE 117, 272, 300 f; Senatsurteil vom 29.5.2008 - B 11a AL 23/07 R - BSGE 100, 295 = SozR 4-4300 § 132 Nr 1, RdNr 38 f und 50).

30

Dass nach diesen Maßstäben die zum 1.1.2005 eingeführte fiktive Bemessung in den Fällen, in denen es an einem ausreichenden Bemessungszeitraum mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des Bemessungsrahmens fehlt, weder im allgemeinen noch in der Anwendung auf außerbetrieblich ausgebildete Arbeitslose gegen Verfassungsrecht verstößt, hat der Senat bereits entschieden (Urteil vom 3.12.2009 - B 11 AL 42/08 R - BSGE 105, 94 = SozR 4-4300 § 132 Nr 4, RdNr 22 f mwN). Dass die Bemessung bei betrieblich ausgebildeten Berufungsanfängern im Fall eines ausreichenden Bemessungszeitraums mit Anspruch auf Arbeitsentgelt anderen Regeln unterworfen ist, mag zwar im Einzelfall zu für diesen Personenkreis unbefriedigenden Bemessungsergebnissen führen, überschreitet aber noch nicht die Grenzen des Spielraums, der dem Gesetzgeber bei der Gestaltung des Leistungsrechts zuzugestehen ist. Denn beide Personengruppen weisen so erhebliche und für das Gestaltungskonzept des Gesetzgebers wesentliche Unterschiede auf, dass eine Gleichbehandlung nicht verfassungsrechtlich geboten ist. Ob bei der Ermittlung des Bemessungsentgelts an eine zuletzt ausgeübte entgeltliche Beschäftigung angeknüpft werden kann oder nicht, stellt einen zu einer Differenzierung berechtigenden Unterschied dar (vgl Senatsurteil vom 25.8.2011 - B 11 AL 13/10 R - SozR 4-4300 § 132 Nr 6 RdNr 21).

31

Anders als bei der Personengruppe, zu der der Kläger gehört, steht bei außerbetrieblich ausgebildeten Personen die für die Regelbemessung kennzeichnende Anknüpfung an den zuletzt auf Arbeitsentgelt gegründeten Lebensstandard nicht zur Verfügung. Denn sie üben weder eine bei der Regelbemessung vorausgesetzte Beschäftigung aus noch erhalten sie Arbeitsentgelt im Sinne des Bemessungsrechts (Senatsurteil vom 3.12.2009 - B 11 AL 42/08 R - aaO RdNr 14). Von der Beschäftigung zur betrieblichen Berufsausbildung unterscheidet sich die mit öffentlichen Mitteln geförderte Ausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen im Übrigen auch aus arbeitsrechtlicher Sicht erheblich. Denn auf die Angemessenheit der Vergütung werden gemäß § 10 Abs 1 S 1 BBiG in der bis 31.3.2005 geltenden Fassung bzw seit 1.4.2005 gemäß § 17 Abs 1 S 1 BBiG unterschiedliche Maßstäbe angelegt. Bei öffentlich geförderten Ausbildungen in außerbetrieblichen Einrichtungen kann die Ausbildungsvergütung sogar dann noch als angemessen angesehen werden, wenn sie deutlich unter der von der Rechtsprechung gezogenen Untergrenze für betriebliche Ausbildungen liegt. Die der Ausbildungsvergütung ua zukommenden Funktionen des Unterhaltsbeitrags und der “Entlohnung” dürfen bei einer öffentlich geförderten außerbetrieblichen Ausbildung zurücktreten. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz steht dem nicht entgegen, weil die Situation von Teilnehmern an Ausbildungen in außerbetrieblichen Einrichtungen nicht vergleichbar ist mit derjenigen von Auszubildenden in der betrieblichen Berufsbildung (zu allem: BAGE 125, 285 mwN, insbes RdNr 35 ff und 60 ff).

32

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen. In den Fällen des § 142 Absatz 2 gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass ein Bemessungszeitraum von mindestens 90 Tagen nicht festgestellt werden kann.

(2) Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist die oder der Arbeitslose der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für die Arbeitslose oder den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat. Dabei ist zugrunde zu legen für Beschäftigungen, die

1.
eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 1), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße,
2.
einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meisterin oder Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erfordern (Qualifikationsgruppe 2), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße,
3.
eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße,
4.
keine Ausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 4), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße, mindestens jedoch ein Arbeitsentgelt in Höhe des Betrages, der sich ergibt, wenn der Mindestlohn je Zeitstunde nach § 1 Absatz 2 Satz 1 des Mindestlohngesetzes in Verbindung mit der auf der Grundlage des § 11 Absatz 1 Satz 1 des Mindestlohngesetzes jeweils erlassenen Verordnung mit einem Siebtel der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, die für Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt, vervielfacht wird.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 26. Juni 2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist höheres Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 11.9. bis 3.11.2010.

2

Der Kläger war in der Zeit vom 2.6.2008 bis 30.6.2010 bei der Firma H E T NV in G (Belgien) als Kraftfahrer tätig, während er in der Bundesrepublik Deutschland wohnte. Am 1.7.2010 nahm er eine Beschäftigung als Kraftfahrer bei der Firma Er D GmbH & Co. KG in B auf; das Arbeitsverhältnis endete am 31.8.2010 aufgrund eines Schreibens des Arbeitgebers vom 30.8.2010. Für die Monate Juli und August 2010 wurde ein Bruttoarbeitsentgelt von insgesamt 5001,92 Euro bescheinigt.

3

Vom 1. bis 10.9.2010 bezog der Kläger Krankengeld (Krg). Am 13.9.2010 meldete er sich zum 11.9.2010 (Samstag) bei der Beklagten unter Vorlage einer Bescheinigung des belgischen Arbeitgebers (E 301) arbeitslos und beantragte Alg. Die Beklagte bewilligte ihm zunächst für die Zeit vom 11.9.2010 bis 10.9.2011 Alg in Höhe eines täglichen Leistungsbetrags von 30,49 Euro, bemessen nach einem fiktiven Arbeitsentgelt, weil der Kläger nur zwei Monate in Deutschland beschäftigt gewesen sei (Bescheide vom 11. und 12.10.2010; Widerspruchsbescheid vom 15.11.2010), hob jedoch die Bewilligung von Alg ab dem 4.11.2010 wieder auf, weil die Leistungsfortzahlung nach erneutem Krankheitsfall ab dem 23.9.2010 mit dem 3.11.2010 geendet habe (Bescheid vom 25.11.2010).

4

Die Klage, gerichtet auf höheres Alg unter Berücksichtigung des in Belgien erzielten (höheren) Entgelts, war in beiden Instanzen insoweit erfolgreich, als die Beklagte für den Zeitraum vom 11.9. bis 4.11.2010 zur Zahlung von Alg "unter Berücksichtigung eines Bemessungsentgelts von 80,68 Euro" verurteilt wurde (Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 14.5.2012; Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 26.6.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, das dem Kläger zustehende Alg sei allein nach dem zuletzt in Deutschland erzielten Arbeitsentgelt zu bemessen. Der mit der Klage geltend gemachte weitergehende Anspruch auf Bemessung des Alg unter Berücksichtigung auch des höheren Entgelts aus der Beschäftigung in Belgien bestehe hingegen nicht. Für die Berechnung des Alg nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) sei Art 62 Verordnung (EG) Nr 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (EGVO 883/2004) anwendbar; danach seien nur die in den Bemessungszeitraum fallenden inländischen (deutschen) Versicherungszeiten zu berücksichtigen. Eine Mindestbeschäftigungsdauer sei insoweit nicht vorgesehen, sodass eine fiktive Bemessung nicht vorzunehmen sei.

5

Mit der Revision rügt die Beklagte die Verletzung von § 132 SGB III (aF) sowie Art 62 Abs 1 und 2 EGVO 883/2004. Entgegen der Annahme des LSG stehe Art 62 Abs 1 EGVO 883/2004, wonach bei der Berechnung der Leistungen ausschließlich das Entgelt der letzten Beschäftigung zu berücksichtigen sei, einer fiktiven Bemessung nach § 132 SGB III nicht entgegen. Das Wort "ausschließlich" in Art 62 Abs 1 EGVO 883/2004 bestimme nicht, dass die Bemessung völlig unabhängig von der Ausgestaltung des nationalen Bemessungsrechts nach dem "erhaltenen" inländischen Arbeitsentgelt zu erfolgen habe.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben sowie das Urteil des SG abzuändern, soweit sie zur Zahlung höheren Algs verurteilt worden ist, und die Klage insgesamt abzuweisen.

7

Nach einer Beschränkung der Klage in der Revisionsinstanz auf die Zeit vom 11.9. bis 3.11.2010 beantragt der Kläger,
 die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die Entscheidung des LSG insoweit für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Zwar hat das LSG Art 62 Abs 1 und 2 EGVO 883/2004 richtig angewandt; jedoch fehlen zu den Anspruchsvoraussetzungen und für ein eventuelles Ruhen des Anspruchs ausreichende tatsächliche Feststellungen für eine abschließende Entscheidung.

10

Gegenstand des Verfahrens ist nur noch der Bescheid vom 12.10.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2010 (§ 95 SGG). Der zuvor ergangene Bescheid vom 11.10.2010 hat sich mit Bekanntgabe des Bescheides vom 12.10.2010, mit dem dem Kläger eine höhere Leistung bewilligt wurde, erledigt (§ 39 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -). Nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 25.11.2010 über die Leistungsaufhebung ab dem 4.11.2010, nachdem der Kläger die Klage in mündlicher Verhandlung beschränkt hat.

11

Mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) begehrt der Kläger für die Zeit vom 11.9. bis 3.11.2010 höhere Leistungen dem Grunde nach (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG). Dem trägt der Tenor des SG, den das LSG nicht korrigiert hat, nicht Rechnung, auch wenn beide Gerichte eine Verurteilung zur höheren Leistung gewollt haben. Bei dem im Tenor des SG ausgewiesenen Bemessungsentgelt von 80,68 Euro handelt es sich lediglich um ein Berechnungselement. Die Fassung des Tenors hat allerdings zur Folge, dass mangels Berufung des Klägers gegen das SG-Urteil die Klage höhenmäßig auf den Alg-Betrag begrenzt ist, der sich unter Berücksichtigung eines Bemessungsentgelts von 80,68 Euro bei Lohnsteuerklasse 1 und einem Kind ergibt (wie im Bescheid vom 12.10.2010 zugrunde gelegt). Ob der Kläger einen Anspruch auf höhere Leistungen besitzt, ist nicht endgültig beurteilbar. Bei dem vom Kläger geführten Höhenstreit sind Grund und Höhe des Leistungsanspruchs in vollem Umfang zu überprüfen (stRspr; vgl BSGE 113, 86 ff RdNr 12 = SozR 4-3500 § 84 Nr 1; BSGE 95, 80 ff RdNr 6 = SozR 4-4300 § 140 Nr 2).

12

Nach § 118 Abs 1 SGB III(in der Fassung, die die Norm durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 - BGBl I 2848 - erhalten hat) setzt ein Anspruch auf Alg voraus, dass ein Arbeitnehmer arbeitslos ist (Nr 1), sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet hat (Nr 2) und die Anwartschaftszeit erfüllt (Nr 3). Nach § 119 Abs 1 SGB III(in der Normfassung desselben Gesetzes) ist ein Arbeitnehmer arbeitslos, der nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit - Nr 1), sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen - Nr 2) und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit - Nr 3).

13

Ob der Kläger ab dem 11.9.2010 arbeitslos war, lässt sich anhand der getroffenen Tatsachenfeststellungen nicht mit endgültiger Sicherheit entscheiden. Der Kläger war zwar beschäftigungslos, denn er stand ab dem 1.9.2010 tatsächlich nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis im Sinne einer Erwerbstätigkeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich (vgl § 119 Abs 3 SGB III). Zur Voraussetzung der Eigenbemühungen, die jedenfalls nicht gänzlich fehlen oder nach Konkretisierung durch den Leistungsträger abgelehnt werden dürfen, fehlen jedoch Tatsachenfeststellungen (zu dieser Differenzierung vgl: BSGE 95, 176 ff = SozR 4-4300 § 119 Nr 3; Söhngen in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand November 2008, § 119 RdNr 83 ff).

14

Auch Feststellungen zur Verfügbarkeit fehlen. Der Kläger müsste hierfür insbesondere eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben können und dürfen (objektive Verfügbarkeit, § 119 Abs 5 Nr 1 SGB III), Vorschlägen der Agentur für Arbeit zeit- und ortsnah Folge leisten können (Erreichbarkeit, § 119 Abs 5 Nr 2 SGB III) und zu ihrer Annahme bereit sein (subjektive Verfügbarkeit, § 119 Abs 5 Nr 3 SGB III). Vorliegend bezog der Kläger bis zum 10.9.2010 Krg. Nach Lage der Akten begann eine "erneute" Arbeitsunfähigkeit am 23.9.2010 mit einer stationären Notaufnahme. Vor diesem Hintergrund ist es jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass die objektive Verfügbarkeit in der gesamten oder einem Teil der Zeit fehlte. In diesem Fall wären die §§ 125, 126 SGB III zu prüfen.

15

Zur persönlichen Arbeitslosmeldung (§ 118 Abs 1 Nr 2 SGB III) hat das LSG zwar festgestellt, dass diese am 13.9.2010 (Montag) erfolgt ist. Ob allerdings die Annahme des LSG zu einer Rückwirkung auf den 11.9.2010 (Samstag) begründet ist, bedürfte genauerer Feststellungen. Ist die zuständige Agentur für Arbeit am ersten Tag der Beschäftigungslosigkeit des Arbeitslosen nicht dienstbereit, so wirkt zwar eine persönliche Meldung an dem nächsten Tag, an dem die Agentur für Arbeit dienstbereit ist, auf den Tag zurück, an dem die Agentur für Arbeit nicht dienstbereit war (§ 122 Abs 3 SGB III in der Normfassung des Gesetzes über den Arbeitsmarktzugang im Rahmen der EU-Erweiterung vom 23.4.2004 - BGBl I 602). Dabei hat das LSG jedoch nicht beachtet, dass der erste Tag der Beschäftigungslosigkeit des Klägers der 1.9.2010 war. Nur auf eine fehlende Dienstbereitschaft der Agentur für Arbeit an diesem Tag wäre die Regelung anwendbar. Dies ergibt sich insbesondere aus der historischen Entwicklung der Norm. Die bis zum 31.7.1999 geltende Fassung des § 122 Abs 3 SGB III, wonach eine persönliche Arbeitslosmeldung im Falle fehlender Dienstbereitschaft des Arbeitsamtes auf den Tag zurückwirkte, an dem der Arbeitslose sich erstmals melden "wollte", hatte nach Ansicht des Gesetzgebers zu erheblichem Prüfaufwand bezüglich des subjektiven Elements bei den Arbeitsämtern geführt. Eine Arbeitslosmeldung sollte deshalb nur dann noch zurückwirken, wenn der Arbeitslose die persönliche Arbeitslosmeldung am ersten Tag seiner Beschäftigungslosigkeit (objektiv) nicht vornehmen konnte, weil das zuständige Arbeitsamt an diesem Tag nicht dienstbereit war (vgl BT-Drucks 14/873, S 12 f; BR-Drucks 161/99, S 28). Auch der Bezug von Krg vom 1. bis 10.9.2010 macht deshalb die persönliche Arbeitslosmeldung vor Ablauf dieses Zeitraums nicht entbehrlich. Die Alternative einer nicht persönlichen Arbeitslosmeldung ist lediglich in § 125 Abs 1 Satz 3 SGB III aF vorgesehen, der die Meldung durch einen Vertreter genügen lässt. Auch diese muss indes durch den Vertreter persönlich vorgenommen werden (vgl dazu BSG SozR 4-4300 § 125 Nr 5).

16

Der Kläger erfüllt allerdings die Anwartschaftszeit, weil er in der Rahmenfrist von zwei Jahren, beginnend mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg (§ 124 Abs 1 SGB III in der Normfassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt), mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§ 123 Abs 1 Satz 1 SGB III in der Normfassung des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch, zur Errichtung einer Versorgungsausgleichskasse und anderer Gesetze vom 15.7.2009 - BGBl I 1939). Neben der Zeit des Bezugs von Krg vom 1. bis 10.9.2010 (hierzu sogleich) und der Beschäftigung in einem inländischen Versicherungspflicht-verhältnis (§§ 24, 25 SGB III) vom 1.7. bis 31.8.2010 hat das LSG zutreffend die zuvor in Belgien zurückgelegte Tätigkeit nach Maßgabe des Art 61 EGVO 883/2004 berücksichtigt, soweit sie in die Rahmenfrist fällt.

17

Bei der in Deutschland zurückgelegten Zeit handelt es sich um ein Versicherungspflichtverhältnis; denn der Kläger war gegen Arbeitsentgelt nichtselbstständig beschäftigt (§ 7 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung -) und ist deshalb versicherungspflichtig gewesen (§§ 24 Abs 1, 25 Abs 1 SGB III).

18

Die in Belgien zurückgelegte Beschäftigungszeit ist nach der EGVO 883/2004 ebenfalls zu berücksichtigen. Die Verordnung (VO) gilt ab dem 1.5.2010 (Art 91 Satz 2 EGVO 883/2004 iVm Art 97 Satz 2 Verordnung Nr 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.9.2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung Nr 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit). Soweit Zeiten vor dem 1.5.2010 betroffen sind, fallen diese als Versicherungszeiten, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaats vor dem Beginn der Anwendung der Verordnung in dem betreffenden Mitgliedsstaat zurückgelegt worden sind, in deren Anwendungsbereich (Art 87 Abs 2 EGVO 883/2004). Die Bescheinigung des belgischen Arbeitgebers (E 301) weist die in Belgien vom 2.6.2008 bis 30.6.2010 zurückgelegte Zeit als Versicherungszeit aus. An den Inhalt der Bescheinigung sind die Beklagte und das Gericht gebunden, solange die Bescheinigung nicht zurückgezogen oder für ungültig erklärt worden ist (vgl EuGH SozR 4-6050 Art 71 Nr 4).

19

Art 61 Abs 1 EGVO 883/2004 ordnet ergänzend an, dass der zuständige Träger - hier die Beklagte -, nach dessen Rechtsvorschriften der Erwerb des Leistungsanspruchs von der Zurücklegung von ua Versicherungszeiten abhängt, Zeiten, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedsstaats zurückgelegt wurden, so berücksichtigt, als ob sie nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedsstaats - hier des deutschen - zurückgelegt worden wären. Nach Abs 2 gilt das nur, wenn "unmittelbar zuvor" eine Versicherungszeit nach den deutschen Rechtsvorschriften zurückgelegt worden ist; dh, unabhängig von der zwischen der Beendigung der letzten Versicherungszeit und dem Antrag auf Leistungen verstrichenen Zeit darf in der Zwischenzeit keine weitere Versicherungszeit in einem anderen Mitgliedsstaat zurückgelegt worden sein (vgl EuGH SozR 4-6050 Art 71 Nr 4). Dies ist beim Kläger der Fall. Er hat unmittelbar vor Eintritt der Arbeitslosigkeit mit dem Krg-Bezug vom 1. bis 10.9.2010 eine Versicherungszeit in Deutschland als zuständigem Mitgliedsstaat zurückgelegt. Die Zeit unterlag der Versicherungspflicht nach dem SGB III, weil der Kläger wiederum unmittelbar davor versicherungspflichtig beschäftigt war (§ 26 Abs 2 Nr 1 SGB III iVm § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III).

20

Ob ein in Anwendung dieser Vorschriften ggf entstandener Anspruch im streitgegenständlichen Zeitraum (11.9. bis zum 3.11.2010) wegen Eintritts einer Sperrzeit nach § 144 SGB III(in der Normfassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt) geruht hat, lässt sich auf der Grundlage der vom LSG getroffenen Feststellungen allerdings ebenfalls nicht sicher beurteilen. Das Beschäftigungsverhältnis endete am 31.8.2010 nach den Ausführungen des LSG aufgrund einer Kündigung des Arbeitgebers (Kündigungsschreiben des Arbeitgebers vom 30.8.2010). Abgesehen davon, dass die kurze Kündigungsfrist eine einvernehmliche Beendigung überdecken könnte, ist nicht ausgeschlossen, dass der Kläger durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt haben könnte (§ 144 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB III).

21

Liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Alg (während des gesamten Zeitraums) vor, ist auch die Höhe des Alg-Anspruchs aufgrund der vom LSG getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilbar. Die Leistungshöhe wird gemäß §§ 129 bis 133 SGB III aF bestimmt durch das Bemessungsentgelt, die maßgebliche Lohnsteuerklasse und das Kindermerkmal. Zur Lohnsteuerklasse und dem Kindermerkmal fehlen jegliche tatsächliche Feststellungen des LSG.

22

Für die Bestimmung des Bemessungsentgelts hat das LSG jedoch zutreffend Art 62 EGVO 883/2004 zur Anwendung gebracht. Er überlagert die nationalen Regelungen (§§ 130 bis 132 SGB III aF). Nach § 131 Abs 1 Satz 1 SGB III(in der Normfassung des Gesetzes zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen und zur Änderung anderer Gesetze vom 21.12.2008 - BGBl I 2940) ist Bemessungsentgelt das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Nach § 130 Abs 1 Satz 1 SGB III(in der Normfassung des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch, zur Errichtung einer Versorgungsausgleichskasse und anderer Gesetze vom 15.7.2009 - BGBl I 1939) umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Nach Satz 2 dieser Regelung umfasst der Bemessungsrahmen ein Jahr, endend mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs. Kann dabei ein Bemessungszeitraum von 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt nicht festgestellt werden, ist nach § 132 SGB III(in der Normfassung desselben Gesetzes) ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen.

23

Eine fiktive Einstufung hat vorliegend die Beklagte wegen der Kürze der in Deutschland zurückgelegten Zeiten vorgenommen. Nach Art 62 Abs 1 EGVO 883/2004 hätte sie jedoch ausschließlich das Entgelt der Beschäftigung in Deutschland berücksichtigen dürfen, wobei nach dessen Abs 2 dies in der Regel auch dann gilt, wenn - wie vorliegend - ein bestimmter Bezugszeitraum als für die Ermittlung des als Berechnungsgrundlage für die Leistung heranzuziehenden Entgelts vorgesehen ist und die betreffende Person während dieses Zeitraums oder eines Teils davon den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedsstaats unterlag. Die Formulierung ist eindeutig und insbesondere die Rechtsentwicklung und Systematik spricht für die vom LSG gewonnene Auslegung.

24

Nach Art 68 Abs 1 Satz 1 Verordnung (EWG) Nr 1408/71 des Rates vom 14.6.1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige und deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (EWGVO 1408/71), der Vorgängerregelung wurde zwar ebenfalls ausschließlich das Entgelt berücksichtigt, das der Arbeitslose während seiner letzten Beschäftigung im Gebiet des zuständigen Staates erhalten hat. Nach Satz 2 war in Abweichung hiervon jedoch eine fiktive Bemessung (nur) für den Fall vorgesehen, dass die letzte Beschäftigung dort weniger als vier Wochen gedauert hat. Die Leistungen wurden dann auf der Grundlage des Entgelts berechnet, das am Wohnort oder Aufenthaltsort des Arbeitslosen für eine Beschäftigung üblich war, die der Beschäftigung, die er zuletzt im Gebiet eines anderen Mitgliedsstaats ausgeübt hatte, gleichwertig oder gleichartig war. Diese Ausnahmeregelung einer fiktiven Bemessung nach Art 68 Abs 1 Satz 2 EWGVO 1408/71 wurde in die EGVO 883/2004 allerdings nicht übernommen. Der gänzliche Verzicht auf eine fiktive Bemessung in der neuen VO verbietet damit auch eine fiktive Bemessung nach nationalem Recht. Es bleibt vielmehr grundsätzlich dabei, dass ausschließlich das Entgelt der letzten Beschäftigung als Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist.

25

Diese Auslegung entspricht auch Sinn und Zweck der Regelung. Art 62 EGVO 883/2004 ermöglicht dem zuständigen Mitgliedsstaat eine praktikable Umsetzung der ihrer Konzeption nach nur vorübergehenden Leistungen bei Arbeitslosigkeit. Soweit es in Nr 4 der Erwägungsgründe der EGVO 883/2004 heißt, es sei notwendig, die Eigenheiten der nationalen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit zu berücksichtigen und nur eine Koordinierungsregelung vorzusehen, ist der Begriff der Koordinierungsregelung vor diesem Hintergrund nicht lediglich als Festlegung des "maßgeblichen Arbeitsförderungsstatuts" zu verstehen, wie die Revision meint, sondern in einem weiteren Zusammenhang der inhaltlichen Ausgestaltung und Erweiterung der von den Mitgliedsstaaten vorgesehenen Ansprüche, um das in Nr 5 der Erwägungsgründe genannte Ziel zu erreichen, innerhalb der Gemeinschaft sicherzustellen, dass die betreffenden Personen nach den verschiedenen nationalen Rechtsvorschriften gleich behandelt werden.

26

Die Regelung verlässt damit nicht den von Art 48 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) gesetzten Rahmen des Koordinierungsrechts. Nach dessen Buchstabe a sichert das vom Verordnungsgeber für die Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer eingeführte System zu- und abwandernden Arbeitnehmern und Selbstständigen sowie deren Angehörigen die Zusammenrechnung aller nach den verschiedenen innerstaatlichen Rechtsvorschriften berücksichtigten Zeiten ua für die Berechnung der Leistungen. Dabei geht es nicht um den Erlass inhaltlichen Sozialrechts, sondern allein um die Koordinierung des Sozialrechts der Mitgliedsstaaten in dem Sinne, dass diese harmonisch ineinandergreifen. Neben Zuordnungsvorschriften, durch die Arbeitnehmer nach grenzüberschreitenden Beschäftigungsverläufen dem Sozialversicherungsrecht eines Mitgliedsstaats unterstellt werden, sind daher auch koordinierende Vorschriften zulässig, die Leistungsberechnungen vorsehen, die von nationalem Recht abweichen. Insoweit ist eine Koordinierung ohne jegliche Harmonisierung nicht denkbar.

27

Für die Bemessung erklärt Art 62 Abs 1 EGVO 883/2004 vor diesem Hintergrund nur das Entgelt für maßgeblich, das der Arbeitslose "während" seiner letzten Beschäftigung "erhalten hat". Ob bei der Anwendung dieser Vorschrift das strenge Zuflussprinzip zugrunde zu legen ist und folglich nur die Entgelte zu berücksichtigen sind, die vor Beendigung der letzten Beschäftigung gezahlt worden sind, oder ob auch Entgelte aus dieser Beschäftigung zu berücksichtigen sind, wenn sie nach dem Ausscheiden zugeflossen sind, bedürfte nur dann einer Entscheidung, wenn der Kläger das Arbeitsentgelt der Beschäftigung in Deutschland nicht bzw ganz oder teilweise erst nach seinem Ausscheiden erhalten haben sollte. Gleiches gilt für die Frage, ob das supranationale Recht der EGVO 883/2004 auf die in § 130 Abs 1 Satz 1 SGB III vorgesehene Abrechnung über die Entgeltzeiträume bis zum Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis verzichtet. Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) nach Art 267 Satz 1 Buchstabe b iVm Satz 3 AEUV ist vor dem Hintergrund der noch fehlenden Tatsachenfeststellungen nicht angezeigt.

28

Das LSG wird ggf auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 25. August 2010 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsrechtszug nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt höheres Arbeitslosengeld (Alg). Rechtlich streiten die Beteiligten darum, ob bei der Berechnung des Alg auch die Einkünfte des Klägers aus einer vorherigen Erwerbstätigkeit in der Schweiz zu berücksichtigen sind.
Der 1959 geborene Kläger ist gelernter Bankkaufmann. Er war von September 1981 bis Juli 2000 bei der Sparkasse A. und im Anschluss von August 2000 bis zum 30.05.2002 als Sekretär bzw. Buchhalter bei einer Privatschule in der Schweiz beschäftigt. In der Folgezeit bezog er mit Unterbrechungen Alg, wobei die Beklagte bei der Berechnung der Leistungen das in der Schweiz erzielte Einkommen (damals CHF 1.200,00 wöchentlich) zu Grunde legte, und im Anschluss bis zum 03.12.2004 Arbeitslosenhilfe. Im Anschluss war er arbeitslos bzw. arbeitsunfähig erkrankt.
Ab dem 10.07.2006 war der Kläger als Verkäufer in einem Möbelhaus in der Schweiz bei der schweizerischen Tochter eines internationalen Konzerns beschäftigt. Er bezog einen Monatslohn von zuletzt CHF 4.700,00. Es war bei der schweizerischen Arbeitslosenversicherung (Unia Arbeitslosenkasse) versichert. Während dieser Zeit behielt der Kläger seinen alleinigen Wohnsitz in Deutschland. Mit Schreiben vom 02.06.2009 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zum 31.08.2009 und stellte den Kläger „per sofort“ von Arbeitseinsätzen frei. Der Kläger nahm daraufhin ab dem 03.08.2009 ein bis zum 02.11.2009 befristetes Arbeitsverhältnis als Briefzusteller bei der Deutschen Post AG auf, sein Einsatzort lag in Deutschland, sein Monatsgehalt betrug EUR 1.864,99. Die Post kündigte dieses Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 02.09.2009 zum 18.09.2009.
Am 15.09.2009 meldete sich der Kläger mit Wirkung zum 19.09.2009 arbeitslos und beantragte Alg. Er legte Arbeitsbescheinigungen der Post und des schweizerischen Möbelhaus sowie die Bescheinigung E 100 der Unia Arbeitslosenkasse vom 03.11.2009 vor.
Mit Bescheid vom 11.11.2009 lehnte die Beklagte den Antrag auf Alg für die Zeit vom 19. bis 22.09.2009 ab. Der Kläger habe für diese vier Tage noch Urlaubsabgeltung von seinem letzten Arbeitgeber zu erhalten, in dieser Zeit ruhe sein Leistungsanspruch.
Mit weiterem Bescheid vom 12.11.2009 bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg ab dem 23.09.2009 für 450 Tage (bis zum 22.12.2010) mit einem täglichen Leistungssatz von EUR 29,68 (Bemessungsentgelt EUR 67,20 täglich, Lohnsteuerklasse I). In einem Begleitschreiben vom 11.11.2009 teilte sie dem Kläger mit, er habe in den letzten zwei Jahren weniger als 150 Tage Anspruch auf Arbeitsentgelt „in Deutschland“ gehabt, daher werde bei der Bemessung seines Alg ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde gelegt. Dieses richte sich nach der für den Kläger in erster Linie geeigneten Beschäftigung und der dazu gehörenden Qualifikationsstufe. Der Kläger sei für eine Tätigkeit als Verkäufer geeignet. Hierfür sei eine Ausbildung erforderlich. Der Kläger sei daher in Qualifikationsstufe 3 einzuordnen.
Am 25.11.2009 legte der Kläger Widerspruch (nur) gegen den Bescheid vom 12.11.2009 ein. Er rügte den Zahlbetrag von EUR 890,40 im Monat. Er meinte, er habe einen Anspruch auf eine Berechnung seines Alg nach Maßgabe des in der Schweiz erzielten Verdienstes. Sein Arbeitsverhältnis in der Schweiz habe bis zum 31.08.2009 bestanden, bis zu diesem Tag habe er sein Gehalt von CHF 4.700,00 bezogen und seien Beiträge zur schweizerischen Arbeitslosenversicherung abgeführt worden. Dass er zusätzlich ab dem 03.08.2009 bei der Post in Deutschland gearbeitet habe, könne hieran nichts ändern. Es sei hier nach Art. 68 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14.06.1971 („Wanderarbeitnehmerverordnung“, im Folgenden: „VO“) von einer Inlandsbeschäftigung von weniger als vier Wochen auszugehen, weil das Arbeitsverhältnis mit der Post bereits am 18.09.2009 beendet gewesen sei. Die Bemühungen des Klägers um einen Arbeitsplatz im Inland noch während des laufenden Arbeitsverhältnisses in der Schweiz dürften nicht dazu führen, dass seine schweizerischen Einkünfte bei der Bemessung des Alg keine Rolle mehr spielten. Im Übrigen sei er - der Kläger - gelernter Bankkaufmann mit erfolgreich abgeschlossener zweieinhalbjähriger Ausbildung. Ein fiktives Arbeitsentgelt könne daher jedenfalls nicht nach Qualifikationsstufe 3 bemessen werden.
Die Beklagte erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 22.12.2009. Sie führte aus, das Alg des Klägers sei nach § 130 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) aus den Einkünften aus seinen versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen vom 19.09.2008 bis zum 18.09.2009 zu berechnen. Nach Art. 68 Abs. 1 VO berücksichtige der zuständige Träger des leistungsgewährenden Mitgliedsstaats ausschließlich das Entgelt, dass der Arbeitslose während seiner letzten Beschäftigung im Gebiet dieses Staates erhalten habe. Habe die letzte Beschäftigung dort weniger als vier Wochen gedauert, so würden die Leistungen auf der Grundlage des Entgelts berechnet, das am Wohn- oder Aufenthaltsort des Arbeitslosen für die Beschäftigung üblich sei, die der Beschäftigung, die er zuletzt im Gebiet eines anderen Mitgliedsstaats ausgeübt habe, gleichwertig oder vergleichbar sei. Nachdem der Kläger zuletzt in Deutschland beschäftigt gewesen sei, sei das zuvor in der Schweiz erzielte Arbeitsentgelt nicht zu berücksichtigen gewesen. Da der Kläger demnach in dem eigentlichen Bemessungsrahmen nur 47 Tage in Deutschland beschäftigt gewesen sei und sein Bemessungszeitraum daher weniger als 150 Tage mit Anspruch auf - zu berücksichtigendes - Arbeitsentgelt umfasse, sei der Bemessungsrahmen nach § 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III auf zwei Jahre auf die Zeit vom 19.09.2007 bis zum 18.09.2009 zu erweitern. Da auch in diesem Zeitraum nicht mindestens 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthalten seien, sei gemäß § 132 SGB III das Alg nach einem fiktiven Arbeitsentgelt zu berechnen gewesen. Hierbei sei der Kläger in Qualifikationsstufe 3, die eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordere, einzuordnen. Dies gelte unabhängig davon, ob man auf die Tätigkeit als Verkäufer abstelle, die der Kläger zuletzt ausgeübt habe, oder auf die frühere Ausbildung als Bankkaufmann.
Am 12.01.2010 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Er hat ergänzend vorgetragen, sein schweizerisches Arbeitsentgelt habe umgerechnet EUR 3.120,00 betragen, hinzu seien Jahressonderzahlungen gekommen. Nach der Kündigung des Arbeitsverhältnisses in dem Möbelhaus habe er Arbeitslosigkeit vermeiden wollen und daher als Briefzusteller eine Beschäftigung bei der Post aufgenommen, für die lediglich ein Gehalt von EUR 1.864,99 vereinbart worden sei. Da er den Anforderungen körperlich und gesundheitlich nicht gewachsen gewesen sei, habe die Post das Arbeitsverhältnis in der Probezeit gekündigt. Er - der Kläger - werde unangemessen benachteiligt, wenn sein schweizerisches Arbeitsentgelt nicht berücksichtigt würde. Bereits sein Anspruch auf Alg hätte über dem Nettoeinkommen aus der Beschäftigung bei der Post gelegen, wenn er sich sofort arbeitslos gemeldet hätte. Es sei auch der Rechtsgedanke des § 130 Abs. 2 SGB III heranzuziehen, wonach atypische Beschäftigungsverhältnisse bei der Bemessung des Alg unberücksichtigt blieben. Auch ein Probearbeitsverhältnis sei in diesem Sinne atypisch. Letztlich habe er auf eine Berücksichtigung seines schweizerischen Einkommens vertrauen dürfen, weil ihn die Beklagte vor Erlass des angefochtenen Bescheids so beraten habe, dass das zuletzt in der Schweiz erzielte Einkommen Bemessungsgrundlage für das Alg sei.
10 
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat ergänzend vorgetragen, sie habe bei oder nach der Arbeitslosmeldung des Klägers am 15.09.2009 nicht zugesagt, dass das schweizerische Einkommen berücksichtigt werden, im Übrigen bedürfe eine Zusicherung der Schriftform.
11 
Mit Urteil vom 25.08.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe bei der Überprüfung der im Bemessungsrahmen liegenden Entgeltabrechnungszeiträume zu Recht das schweizerische Einkommen des Klägers unberücksichtigt gelassen. Dies folge aus der VO, die nach dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedsstaaten einer- und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits vom 21.06.1999, das am 01.06.2001 in Kraft getreten sei, auch im Verhältnis zwischen Deutschland und der Schweiz gelte. Nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 VO sei ausschließlich das Entgelt zu berücksichtigen, das der Arbeitslose während seiner letzten Beschäftigung im Gebiet jenes Staates erzielt habe, der für die Leistung zuständig sei. Der Kläger sei unmittelbar vor seiner Arbeitslosigkeit in Deutschland beschäftigt gewesen. Daher könne sein schweizerisches Einkommen nicht berücksichtigt werden, obwohl er echter Grenzgänger im Sinne von Art. 1b VO gewesen sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus Art. 71 Abs. 1b Ziff. 1 VO. Nach dieser Vorschrift erhielten Grenzgänger bei Vollarbeitslosigkeit Leistungen nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedsstaats, in dem sie wohnten, als ob während ihrer letzten Beschäftigung die Rechtsvorschriften dieses Mitgliedsstaats für sie gegolten hätten. Auch in diesen Fällen sei, dem aus Art. 68 Abs. 1 VO abzuleitenden Grundsatz folgend, stets das zuletzt bezogene Entgelt maßgeblich, hier also das Einkommen aus der Tätigkeit in Deutschland, sodass ein noch früher im Ausland bezogenes Entgelt nicht in Betracht komme (Verweis auf Europäischer Gerichtshof [EuGH], SozR 6050 Art. 68 Nr. 1). Auch aus einer etwaigen anderen Auskunft der Beklagten ergebe sich kein Anspruch des Klägers auf höheres Alg. Der Kläger mache nicht geltend, sich vor Aufnahme der Beschäftigung in Deutschland mit der Beklagten in Verbindung gesetzt zu haben. Daher könne die Aufnahme dieser Beschäftigung nicht auf unterlassener oder unzutreffender Beratung durch die Beklagte beruhen, weshalb ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch ausscheide. Eine schriftliche Zusicherung habe der Kläger nicht erhalten. Letztlich, so das SG weiter, habe die Beklagte deswegen zu recht das Bemessungsentgelt fiktiv berechnet, da der Kläger auch im erweiterten Bemessungsrahmen keine 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt vorweisen könne. Hierbei sei der Kläger in Qualifikationsgruppe 3 einzuordnen, weil er, abgesehen von seiner kurzen Tätigkeit als Briefzusteller, über viele Jahre als Verkäufer tätig gewesen sei und auch eine solche Beschäftigung wieder gesucht habe, und weil diese Tätigkeit - ebenso wie eine Tätigkeit als Bankkaufmann, auf die der Kläger abstelle - eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordere.
12 
Gegen dieses Urteil, das seinem Prozessbevollmächtigten am 29.10.2010 zugestellt worden ist, hat der Kläger am 26.11.2010 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er trägt ergänzend vor, es dürfe ihm nicht zum Nachteil gereichen, dass er zunächst versucht habe, wieder in Deutschland beschäftigt zu sein, anstatt sich sofort nach dem Ende seines schweizerischen Arbeitsverhältnisses bei der Beklagten arbeitslos zu melden. Zumindest nach dem Rechtsgedanken des § 130 Abs. 2 SGB III müsse sein Arbeitsverhältnis bei der Post unberücksichtigt bleiben. Sein Arbeitsverhältnis in der Schweiz habe bis zum 31.08.2009 bestanden und sein weiteres Beschäftigungsverhältnis bei der Post sei schon am 02.09.2009 gekündigt worden; hiernach sei er im Sinne der Rechtsprechung des EuGH bis „unmittelbar“ vor seiner Arbeitslosigkeit im Ausland beschäftigt gewesen.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 25. August 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 12. November 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Dezember 2009 zu verurteilen, ihm ab dem 23. September 2009 Arbeitslosengeld nach den gesetzlichen Vorschriften unter Berücksichtigung seines in der Schweiz bis zum 31. August 2009 erzielten Einkommens als Bemessungsentgelt zu gewähren.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und ihre Entscheidungen. Sie teilt mit - dieser Punkt ist unstreitig -, es sei ihre ständige Praxis, das Alg eines Grenzgängers dann (auch) unter Berücksichtigung seines im Ausland erzielten Einkommens zu berechnen, wenn der Grenzgänger bis „unmittelbar“ vor der Arbeitslosigkeit im Ausland beschäftigt gewesen sei. Dagegen werde das ausländische Arbeitsentgelt nicht berücksichtigt, wenn der Grenzgänger nach seiner Auslandsbeschäftigung noch in Deutschland beschäftigt gewesen sei, hierbei sei es unerheblich, wie lange die Beschäftigung in Deutschland gedauert habe, ob sie insbesondere weniger oder mehr als vier Wochen gedauert habe. Diese Praxis entspreche der Rechtsprechung des EuGH. Die Beklagte legt dazu ihr Merkblatt Nr. 20 „Arbeitslosengeld und Auslandsbeschäftigung“ vor, auf das verwiesen wird.
18 
Der Berichterstatter des Senats hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Auf das Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung vom 28.06.2011 wird verwiesen.
19 
Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

 
20 
1. Die Berufung des Klägers, über die der Senat im Einvernehmen mit den Beteiligten nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 SGG) abgewiesen. Der angegriffene Bewilligungsbescheid der Beklagten ist rechtmäßig. Dem Kläger steht für die Zeit ab dem 23.09.2009 kein Anspruch auf höheres Alg als bewilligt zu.
21 
a) Insbesondere hat die Beklagte zu Recht ihrer Berechnung ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde gelegt.
22 
aa) Eine solche fiktive Berechnung ist nach § 132 Abs. 1 Satz 1 SGB III vorgeschrieben, wenn innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt nicht festgestellt werden kann.
23 
(1) Der in diesem Sinne erweiterte Bemessungsrahmen umfasst nach § 130 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB III die beiden Jahre bis zum letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des (jeweiligen) Anspruchs (auf Alg). Der Bemessungszeitraum umfasst nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III die bei Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen.
24 
(2) Nach diesen nationalrechtlichen deutschen Vorschriften können im (erweiterten) Bemessungsrahmen nur versicherungspflichtige Beschäftigungen (vgl. hierzu § 24 Abs. 1 SGB III) in Deutschland berücksichtigt werden. Nur eine solche Inlandsbeschäftigung kann „versicherungspflichtig“ im Sinne des Rechts der Arbeitsförderung sein. Dies folgt aus der Grundregel in § 3 Abs. 1 Nr. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), nach der - unter anderem - die Vorschriften des Sozialgesetzbuchs über die Versicherungspflicht, soweit sie eine Beschäftigung voraussetzen, für alle Personen gelten, die im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs beschäftigt sind. Dies ist die Bundesrepublik. Der Sinn hinter dieser Regelung ist, dass auch Sozialversicherungsbeiträge nur für eine Inlandsbeschäftigung abgeführt werden, dann aber können entsprechende Leistungsansprüche - grundsätzlich - auch nur aus Inlandsbeschäftigungen erwachsen.
25 
(3) Auch im Rahmen einer europarechtskonformen (hier einer verordnungskonformen) Auslegung des § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III können Auslandsbeschäftigungen, die innerhalb des (erweiterten) Bemessungsrahmens ausgeübt worden sind, für die Berechnung der Höhe des Alg-Anspruchs nicht herangezogen werden.
26 
Für den Alg-Anspruch des Klägers gilt insoweit die genannte VO (EWG) Nr. 1408/71 (im Folgenden weiterhin: VO). Diese ist im Verhältnis zur Schweiz, also jenem Land, in dem der Kläger die hier streitige Auslandsbeschäftigung ausgeübt hat, seit dem 01.06.2002 anwendbar, denn sie ist in Anhang II Abschn. A des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit vom 21.06.1999 aufgeführt, das seinerseits (für Deutschland und die Schweiz) am 01.06.2002 in Kraft getreten ist. Dagegen galt für den Alg-Anspruch des Klägers im Streitzeitraum ab dem 23.09.2009 (noch) nicht die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit. Zum einen ist diese Verordnung selbst innerhalb der EU erst seit dem 01.05.2010 anwendbar, nachdem erst zu diesem Tag die nach Art. 89, 91 VO (EG) Nr. 883/2004 notwendige Durchführungsverordnung (Verordnung [EG] Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.09.2009) in Kraft getreten ist. Zum anderen ist die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 im Verhältnis zur Schweiz bis heute nicht anwendbar, nachdem die Schweiz nach wie vor nicht Mitgliedsstaat der EU ist und ein bilaterales Abkommen zwischen der EU und der Schweiz über die Anwendbarkeit der neuen Verordnung bislang nicht geschlossen worden ist.
27 
Nach Art. 71 Abs. 1 lit. a Unterabs. ii Halbsatz 1 VO erhalten Grenzgänger - darunter echte Grenzgänger wie der Kläger - bei Vollarbeitslosigkeit Leistungen nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedsstaates, in dessen Gebiet sie wohnen, als ob während der letzten Beschäftigung die Rechtsvorschriften dieses Mitgliedsstaats für sie gegolten hätten. Dieser Grundsatz, der überhaupt erst zu einem Anspruch auf Alg in Deutschland nach einer Auslandsbeschäftigung führt, wird in Art. 67 ff. VO konkretisiert:
28 
Hiernach werden ausländische Beschäftigungs- und Versicherungszeiten nach Art. 67 Abs. 1 und Abs. 2 VO berücksichtigt, soweit dies „für den Erwerb, die Aufrechterhaltung oder das Wiederaufleben des Leistungsanspruchs“ erforderlich ist. Dies gilt an sich nach Art. 67 Abs. 3 VO nur dann, wenn der Arbeitslose „unmittelbar zuvor“ entsprechende Zeiten im (jetzigen) Wohnsitzstaat zurückgelegt hat, aus dem hier enthaltenen Verweis auf Art. 71 Abs. 1 lit. a Unterabs. ii VO ergibt sich jedoch, dass diese einschränkende Voraussetzung bei echten Grenzgängern nicht gefordert ist. Ferner werden ausländische Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten nach Art. 67 Abs. 4 VO bei der Bestimmung der Dauer der Leistungsgewährung im Wohnsitzstaat berücksichtigt.
29 
Anders sind dagegen die Regelungen über die Höhe eines Leistungsanspruchs bei Vollarbeitslosigkeit ausgestaltet. Hier bestimmt Art. 68 Abs. 1 Satz 1 VO, dass der zuständige Leistungsträger - dies ist nach Art. 71 Abs. 1 lit. a Unterabs. ii Halbsatz 2 VO der Leistungsträger im Wohnsitzstaat - „ausschließlich“ das Entgelt zu Grunde zu legen hat, das der Arbeitslose während seiner letzten Beschäftigung im Gebiet „dieses Staates“ erhalten hat. Damit ist die letzte Beschäftigung im Wohnsitzstaat gemeint, also gerade nicht die Auslandsbeschäftigung. Dies wird bestätigt durch die Ausnahmeregelung in Art. 68 Abs. 1 Satz 2 VO für die Fälle, in denen die letzte Beschäftigung „dort“ (also im Wohnsitzstaat) weniger als vier Wochen gedauert hat. Auch in diesem Fall wird allerdings nicht etwa das Entgelt während der Auslandsbeschäftigung berücksichtigt, sondern (fiktiv) das „Entgelt, das am Wohnort (…) des Arbeitslosen für eine Beschäftigung üblich ist, die der Beschäftigung, die er zuletzt im Gebiet eines anderen Mitgliedsstaats ausgeübt hat, gleichwertig oder vergleichbar ist“. Für den Kläger wäre dies - genau wie es § 132 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGB III vorsieht - ein Entgelt, das in Deutschland - genauer: im Bezirk der Agentur für Arbeit K. - für eine Tätigkeit als Verkäufer üblich ist. Diese rein fiktive Berechnung des Alg war gegenüber der Schweiz im Übrigen schon in der Zeit vor In-Kraft-Treten des Abkommens vom 21.06.1999 maßgeblich: Nach Art. 7 Abs. 2 lit. a des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Arbeitslosenversicherung vom 20.10.1982 war „bei der Bemessung von Arbeitslosengeld nach deutschen Rechtsvorschriften“ (ausschließlich) „das am Wohnsitz (…) des Arbeitslosen maßgebliche tarifliche oder (…) ortsübliche Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung zu Grunde zu legen, für die der Arbeitslose (…) in Betracht“ kam. Dagegen hatte die Schweiz bei der Berechnung einer dort gewährten Arbeitslosenentschädigung nach Art. 7 Abs. 2 lit. b des Abkommens auf das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt abzustellen.
30 
Allerdings ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass es für echte Grenzgänger wie den Kläger eine weitere Ausnahme von Art. 68 Abs. 1 Satz 1 VO gibt, und zwar dann, wenn sie vor ihrer Arbeitslosigkeit in ihrem Wohnsitzland überhaupt kein Arbeitsentgelt erzielt haben, sondern direkt aus ihrer Auslandsbeschäftigung heraus arbeitslos geworden sind. Bei wörtlicher Auslegung beider Sätze des Art. 68 Abs. 1 VO wäre dann gar kein Arbeitsentgelt zu berücksichtigen. Es wäre allerdings denkbar, hier Satz 2 anzuwenden, nämlich mit der Begründung, dass auch eine fehlende Beschäftigung eine Beschäftigung von „weniger als vier Wochen“ ist (vgl. zu allem Schlegel, in: Eicher/Schlegel, SGB III, Stand Juni 2008, EWGVO 1408/71 Art 68 Rn 16; Fuchs, in: Gagel, SGB II/III, Band 2, Stand Juli 2010, VO (EG) Nr. 987/2009 Rn. 68 [noch zur VO]). Der EuGH hat in seiner Rechtsprechung jedoch eine andere Lösung für dieses Problem gewählt. In dem Urteil vom 28.02.1980 in der Rechtssache (Rs.) Fellinger (Az. 67/79, SozR 6050, Art. 68 Nr. 1) hat er entschieden, dass Art. 68 Abs. 1 Satz 1 VO im Lichte von Art. 51 des (damaligen) Vertrags über die Gründung einer Europäischen Wirtschaftsunion (EWGV) dahin auszulegen ist, dass im Falle eines vollarbeitslosen Grenzgängers der zuständige Leistungsträger des Wohnsitzmitgliedsstaats die von ihm zu gewährenden Leistungen unter Berücksichtigung des Entgelts zu berechnen hat, dass der Arbeitnehmer während der letzten Beschäftigung in dem (ggfs. anderen) Mitgliedsstaat erhalten hat, in dem er „unmittelbar“ vor Eintritt der Arbeitslosigkeit beschäftigt war. Entsprechend diesem Urteil des EuGH hat das Bundessozialgericht (BSG), auf dessen Vorlagebeschluss vom 15.02.1979 hin das Urteil Fellinger ergangen ist, in seinem Urteil vom 13.05.1981 (7 RAr 68/77, Juris Rn. 21) ausgeführt, das im Ausland erzielte Entgelt sei zu berücksichtigen, wenn die letzte Beschäftigung „unmittelbar“ vor der Arbeitslosigkeit im Ausland ausgeübt worden ist. Jenem Verfahren zu Grunde lag der Alg-Antrag eines echten Grenzgängers, der nach seiner Auslandsbeschäftigung überhaupt nicht mehr in Deutschland gearbeitet, sondern sich direkt arbeitslos gemeldet hatte. Diese Rechtsprechung hat dann zu der Praxis der Beklagten geführt, das ausländische Entgelt nur dann zu berücksichtigen, wenn überhaupt keine Inlandsbeschäftigung mehr ausgeübt worden ist (vgl. BA-Rundbrief 2003 Nr. 5, S. 1-2 vom 14.01.2003, zit. nach Juris).
31 
Diese bislang nur richterrechtlich gebildete Ausnahme zu Art. 68 Abs. 1 Satz 1 VO hat der europäische Verordnungsgeber (hier: Parlament und Rat) nunmehr in Art. 62 Abs. 3 VO (EG) Nr. 883/2004 vom 29.04.2004 übernommen. Nach dieser Regelung - die aber wie ausgeführt hier noch nicht anwendbar ist - berücksichtigt der Träger des Wohnmitgliedsstaats bei der Berechnung der Leistungen bei Vollarbeitslosigkeit das Entgelt, das der Grenzgänger in dem Mitgliedsstaat erhalten hat, dessen Rechtsvorschriften für ihn während seiner letzten Beschäftigung gegolten haben. Die Formulierung, es sei die „letzte“ Beschäftigung maßgeblich, wird auch in der entsprechenden Durchführungsregelung in Art. 54 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 verwendet.
32 
Gerade aus der Formulierung der „letzten Beschäftigung“, die nunmehr der europäische Verordnungsgeber gewählt hat, um die bisherige Rechtsprechung des EuGH zu kodifizieren, ergibt sich, dass auf eine Auslandsbeschäftigung nur dann abgestellt werden kann, wenn nach ihrem Ende im Inland überhaupt keine Beschäftigung mehr ausgeübt worden ist, sondern sich der (ehemalige) Grenzgänger direkt arbeitslos gemeldet hat. Wie ausgeführt, war die Formulierung „unmittelbar“ aus dem Urteil des EuGH in der Rs. Fellinger schon bislang so verstanden worden.
33 
Auch inhaltlich lässt sich diese Auslegung rechtfertigen. Wenn sich ein Grenzgänger nach dem Ende seiner Auslandsbeschäftigung im Wohnsitzstaat nicht direkt arbeitslos meldet, sondern zunächst noch eine Inlandsbeschäftigung aufnimmt, verliert er seinen Status als Grenzgänger und wird - zunächst - im ganz üblichen Sinn Inlandsarbeitnehmer. Er gliedert sich (wieder) in den Arbeitsmarkt seines Wohnsitzstaates ein. Auf ihn können daher uneingeschränkt allein die innerstaatlichen Regelungen angewandt werden. Es bleibt dann dem für die Leistungsgewährung zuständigen Wohnsitzstaat überlassen, ob er gleichwohl (auch) die Auslandsbeschäftigungen berücksichtigt oder nicht. Das Europarecht kann ihm für einen derartigen Inlandssachverhalt keine Vorgaben machen. Sie wären auch kaum einheitlich möglich, weil es dem Mitgliedsstaat selbst überlassen ist, wie er seine etwaigen Sozialleistungen bei Arbeitslosigkeit berechnet. In einem Mitgliedsstaat etwa, der allein auf den letzten Beschäftigungsmonat abstellt und nicht auf längere Zeiträume wie Deutschland mit den Regeln über den Bemessungsrahmen (ähnlich wie z. B. die deutschen Regeln über die Berechnung von Krankengeld), käme die Frage gar nicht auf, ob länger zurückliegende Auslandsbeschäftigungen zu berücksichtigen seien.
34 
Da es sich bei der genannten Rechtsprechung um eine Ausnahme zu der Grundregel in Art. 68 Abs. 1 Satz 1 VO handelt, kann diese auch nicht erweiternd angewandt werden. Die Anwendung dieser Ausnahme ist nur gerechtfertigt in den Fällen, in denen nach wortgetreuer Auslegung des § 68 Abs. 1 Sätze 1 und 2 VO - jedenfalls nach Lesart des EuGH - überhaupt kein Entgelt zu berücksichtigen wäre, auch kein fiktives, und der Arbeitslose daher womöglich ganz ohne Leistungsanspruch bliebe. Greift diese Erwägung nicht ein, weil auch bei Abstellen auf eine Inlandsbeschäftigung ein Leistungsanspruch besteht, der - wie Art. 68 Abs. 1 Satz 2 VO zeigt - auch nach einem fiktiven Einkommen berechnet werden kann, gelten wieder die grundsätzlichen Erwägung, die hinter Art. 68 Abs. 1 VO stehen: Zum einen werden die Leistungen bei Arbeitslosigkeit am Wohnort vom Wohnsitzstaat gewährt und sollen auch - nur - den Lebensunterhalt des Arbeitslosen an diesem Ort sichern. Es ist daher gerechtfertigt, die Höhe der Leistungen nach den Regeln dieses Wohnsitzstaats zu ermitteln, weil davon auszugehen ist, dass diese Regelungen die Lebensumstände am Wohnort sachgerecht widerspiegeln. Hatte der Arbeitslose länger zuvor im Ausland (umgerechnet) höhere Entgelte erzielt, kann davon ausgegangen werden, dass dies auch auf höheren Lebenshaltungskosten in jenem Staat beruhte. Nach dem Wegfall der Auslandsbeschäftigung, allein auf den Wohnort abstellend, können daher aus dem früheren, ggfs. höheren Einkommen keine Rechte hergeleitet werden. Und zum anderen muss der Träger des Wohnsitzstaates nach Art. 71 Abs. 1 lit. a Unterabs. ii, Art. 67 Abs. 1, 2 VO Leistungen gewähren, auch wenn an ihn selbst keine Beiträge für die vorherige Beschäftigung abgeführt wurden. Er hat auch keinen Anspruch gegen den früheren Beschäftigungsstaat auf Erstattung von Beiträgen, die möglicherweise dort gezahlt worden sind (Art. 70 VO). Es ist daher gerechtfertigt, zumindest bei der Höhe der Leistungen, denen keine Beitragszahlung gegenüber steht, auf die innerstaatlichen Rechtsvorschriften abzustellen.
35 
Der Kläger nun hat - unstreitig - nach dem Ende seines Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnisses in der Schweiz zunächst ein inländisches Beschäftigungsverhältnis bei der Deutschen Post aufgenommen, das versicherungspflichtig zur Arbeitslosenversicherung war. Auf die Länge dieses Beschäftigungsverhältnisses kommt es nach der genannten Rechtsprechung von EuGH und BSG nicht an. Der Kläger hat daher nicht „unmittelbar“ vor seiner Arbeitslosigkeit (oder der nach deutschem Recht insoweit relevanten Arbeitslosmeldung) als Grenzgänger im Ausland gearbeitet.
36 
Auch aus anderen Erwägungen heraus lässt sich eine solche „Unmittelbarkeit“ trotz des inländischen Beschäftigungsverhältnisses nicht annehmen. Der Kläger hat hierzu darauf verwiesen, sein Arbeitsverhältnis in der Schweiz habe bis zum 31.08.2009 bestanden und die Post habe das inländische Arbeitsverhältnis bereits am 02.09.2009 zum 18.09.2009 gekündigt. Es kommt jedoch nicht auf das (zivilrechtliche) Arbeits-, sondern auf das (sozialrechtliche) Beschäftigungsverhältnis an, also die faktische weisungsgebundene Tätigkeit (§ 7 Abs. 1 SGB IV). Dies gilt nicht nur nach deutschem Recht, sondern auch Art. 68 Abs. 1 VO spricht allein von einer „Beschäftigung“, während z. B. Art. 67 Abs. 1 und 2 VO durchaus zwischen Beschäftigungszeiten und „Versicherungszeiten“, zu denen im Prinzip auch Zeiten ohne faktische Tätigkeit gehören können, unterscheidet. Im Übrigen lägen selbst dann, wenn man vom Ende des schweizerischen Arbeitsverhältnisses ausginge, bis zur Arbeitslosigkeit des Klägers noch immer 18 Tage mit einer Inlandsbeschäftigung, sodass es auch dann an der Unmittelbarkeit fehlte.
37 
(4) Ebenso kann der Kläger auf der Ebene des einfachen deutschen Rechts keine günstigere Rechtsposition herleiten.
38 
Hier hat er vor allem darauf verwiesen, es sei unbillig, dass sein Anspruch auf Alg wegen der kurzzeitigen Inlandsbeschäftigung niedriger sei als er wäre, wenn er sich unmittelbar nach dem Ende seines schweizerischen Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnisses arbeitslos gemeldet hat. Er hat hierzu unter anderem vorgetragen, auf ihn seien die Ausnahmeregelungen über atypische Beschäftigungsverhältnisse aus § 130 Abs. 2 SGB III zumindest dem Rechtsgedanken nach anzuwenden. Dem folgt der Senat jedoch nicht.
39 
Nach § 130 Abs. 2 SGB III bleiben bestimmte Beschäftigungszeiten oder ähnliche Zeiten bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums unberücksichtigt. Sie führen nicht zu einer Verlängerung des Bemessungsrahmens. Die Norm soll verhindern, dass kurzzeitige Beschäftigungen mit niedrigerem Gehalt solche Anwartschaften wertmäßig vermindern, die der Arbeitslose auf Grund einer vorher ausgeübten Beschäftigung mit höherem Gehalt bereits erworben hatte. Dies setzt aber voraus, dass diese vorherige Beschäftigung ihrerseits versicherungspflichtig war und durch eine Beitragszahlung zur (deutschen) Arbeitslosenversicherung zu entsprechenden Anwartschaften geführt hat. Dies war bei dem Kläger nicht der Fall.
40 
Eine weitergehende Billigkeitsklausel enthalten die §§ 130 ff. SGB III nicht. Bereits die Erweiterung des Bemessungsrahmens auf zwei Jahre nach § 130 Abs. 3 Satz 1 SGB III beruht auf Billigkeitserwägungen, worauf gerade dieser Begriff in Nr. 2 der Norm hindeutet. Diese Verlängerung ermöglicht einem Arbeitslosen, ggfs. auf länger zurückliegende, versicherungspflichtige Inlandsbeschäftigungen zurückzugreifen. Dies nützt dem Kläger nichts, da er wesentlich länger als zwei Jahre in der Schweiz gearbeitet hatte. Und selbst wenn eine noch weitergehende Erweiterung des Bemessungsrahmens möglich wäre, würde dies immer nur dazu führen, dass sehr lange zurückliegende Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland maßgeblich würden. Das schweizerische Beschäftigungsverhältnis bliebe dagegen immer unberücksichtigt.
41 
(5) Letztlich sieht der Senat in dieser Auslegung der innerstaatlichen Vorschriften, aber auch der VO, keinen Verstoß gegen Grundrechte des Klägers, sodass offen bleiben kann, ob Normen des europäischen Sekundärrechts überhaupt am Grundgesetz (GG) gemessen werden können.
42 
(aa) Die Eigentumsgarantie des Klägers ist bereits nicht beeinträchtigt. Für seine Auslandsbeschäftigung in der Schweiz hat er zumindest keine Beiträge zur deutschen Arbeitslosenversicherung geleistet. Daher sind ihm auch keine Anwartschaften (im verfassungsrechtlichen) Sinne erwachsen, die möglicherweise nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 GG geschützt wären.
43 
(bb) Der Anspruch des Klägers auf Gewährung staatlicher Leistungen zur Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz aus Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG ist durch die gewährten Leistungen erfüllt worden, im Übrigen bestanden ggfs. Ansprüche auf aufstockende existenzsichernde Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
44 
(cc) Auch Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Der Kläger wird im Vergleich zu keiner anderen Gruppe in ungerechtfertigter Weise benachteiligt.
45 
Als Vergleichsgruppe heranzuziehen sind hier jene Grenzgänger, die sich unmittelbar nach dem Ende ihrer Auslandsbeschäftigung arbeitslos melden und bei denen dann die ausländischen Arbeitsentgelte berücksichtigt werden. Diese Gruppe ähnelt der Gruppe des Klägers, bei der noch eine Inlandsbeschäftigung dazwischen liegt, in den meisten relevanten Punkten.
46 
Gegenüber dieser Gruppe wird der Kläger benachteiligt. Diese Benachteiligung ist jedoch gerechtfertigt.
47 
Als Rechtfertigungsmaßstab ist hier - nur - das Willkürverbot anzulegen. Dies genügt immer dann, wenn das Gesetz eine Differenzierung an sachbezogene Merkmale knüpft. Eine strengere Prüfung, etwa nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, ist nur dann zu fordern, wenn an personenbezogene Merkmale angeknüpft wird, insbesondere, wenn die Betroffenen diese Merkmale in ihrer Person nicht oder nur mit unzumutbarem Aufwand erreichen können (unveränderliche personenbezogene Merkmale), ebenso ist eine strengere Prüfung durchzuführen, wenn die Differenzierung auch die Schutzbereiche anderer Grundrechte berührt. Die Benachteiligung des Klägers nun beruht darauf, dass er nach dem Ende seiner Auslandsbeschäftigung noch in Deutschland beschäftigt war, bevor er sich arbeitslos meldete. Dies ist ein rein sachbezogenes Merkmal, das der Kläger beeinflussen konnte. Andere Grundrechte berührt die Differenzierung, wie ausgeführt, ebenfalls nicht.
48 
Das Willkürverbot ist nur dann verletzt, wenn sich kein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Ungleichbehandlung finden lässt. Möglicherweise reicht hierzu schon aus, dass Deutschland europarechtlich, nämlich nach der Rechtsprechung des EuGH, gezwungen ist, bei einer Arbeitslosigkeit unmittelbar nach einer Auslandsbeschäftigung das dort erzielte Entgelt zu berücksichtigen. Aber auch inhaltlich gibt es vertretbare Gründe für die Unterscheidung, vor allem die bereits erwähnte Eingliederung des ehemaligen Grenzgängers in den deutschen Arbeitsmarkt durch die Inlandsbeschäftigung.
49 
bb) Bei dem Kläger lagen auch in dem erweiterten Bemessungsrahmen keine 150, sondern nur 47 Kalendertage mit (berücksichtigungsfähigem) Arbeitsentgelt vor, nämlich nur die Tage vom 03.08. bis 18.09.2009.
50 
b) Die Beklagte hat auch bei der Errechnung des fiktiven Arbeitsentgelts § 132 Abs. 2 SGB III richtig angewandt. Sie hat den Kläger in die Qualifikationsgruppe 3 eingeordnet und entsprechend ein Arbeitsentgelt von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße (§ 18 Abs. 1 SGB IV) zu Grunde gelegt. Die Beklagte ist hierbei davon ausgegangen, dass jene Beschäftigung, für die sich der Kläger den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestellt hat, nämlich die Tätigkeit als Verkäufer, eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordere. Ob dies so ist, kann hier offen bleiben, denn der Kläger ist durch diese Annahme nicht beschwert. Eine Einordnung in Qualifikationsgruppe 2 kam nicht in Betracht, weil die Tätigkeit als Verkäufer jedenfalls keine Ausbildung an einer Fachschule und keine Qualifikation als Meister erfordert. Dies gölte auch dann, wenn man mit dem Kläger auf seine frühere Tätigkeit als Bankkaufmann abstellte.
51 
c) Andere Fehler der Beklagten bei der Errechnung des Anspruchs des Klägers auf Alg ab dem 23.09.2009 sind nicht vorgetragen oder ersichtlich.
52 
2. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
53 
3. Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

Gründe

 
20 
1. Die Berufung des Klägers, über die der Senat im Einvernehmen mit den Beteiligten nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 SGG) abgewiesen. Der angegriffene Bewilligungsbescheid der Beklagten ist rechtmäßig. Dem Kläger steht für die Zeit ab dem 23.09.2009 kein Anspruch auf höheres Alg als bewilligt zu.
21 
a) Insbesondere hat die Beklagte zu Recht ihrer Berechnung ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde gelegt.
22 
aa) Eine solche fiktive Berechnung ist nach § 132 Abs. 1 Satz 1 SGB III vorgeschrieben, wenn innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt nicht festgestellt werden kann.
23 
(1) Der in diesem Sinne erweiterte Bemessungsrahmen umfasst nach § 130 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB III die beiden Jahre bis zum letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des (jeweiligen) Anspruchs (auf Alg). Der Bemessungszeitraum umfasst nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III die bei Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen.
24 
(2) Nach diesen nationalrechtlichen deutschen Vorschriften können im (erweiterten) Bemessungsrahmen nur versicherungspflichtige Beschäftigungen (vgl. hierzu § 24 Abs. 1 SGB III) in Deutschland berücksichtigt werden. Nur eine solche Inlandsbeschäftigung kann „versicherungspflichtig“ im Sinne des Rechts der Arbeitsförderung sein. Dies folgt aus der Grundregel in § 3 Abs. 1 Nr. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), nach der - unter anderem - die Vorschriften des Sozialgesetzbuchs über die Versicherungspflicht, soweit sie eine Beschäftigung voraussetzen, für alle Personen gelten, die im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs beschäftigt sind. Dies ist die Bundesrepublik. Der Sinn hinter dieser Regelung ist, dass auch Sozialversicherungsbeiträge nur für eine Inlandsbeschäftigung abgeführt werden, dann aber können entsprechende Leistungsansprüche - grundsätzlich - auch nur aus Inlandsbeschäftigungen erwachsen.
25 
(3) Auch im Rahmen einer europarechtskonformen (hier einer verordnungskonformen) Auslegung des § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III können Auslandsbeschäftigungen, die innerhalb des (erweiterten) Bemessungsrahmens ausgeübt worden sind, für die Berechnung der Höhe des Alg-Anspruchs nicht herangezogen werden.
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Für den Alg-Anspruch des Klägers gilt insoweit die genannte VO (EWG) Nr. 1408/71 (im Folgenden weiterhin: VO). Diese ist im Verhältnis zur Schweiz, also jenem Land, in dem der Kläger die hier streitige Auslandsbeschäftigung ausgeübt hat, seit dem 01.06.2002 anwendbar, denn sie ist in Anhang II Abschn. A des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit vom 21.06.1999 aufgeführt, das seinerseits (für Deutschland und die Schweiz) am 01.06.2002 in Kraft getreten ist. Dagegen galt für den Alg-Anspruch des Klägers im Streitzeitraum ab dem 23.09.2009 (noch) nicht die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit. Zum einen ist diese Verordnung selbst innerhalb der EU erst seit dem 01.05.2010 anwendbar, nachdem erst zu diesem Tag die nach Art. 89, 91 VO (EG) Nr. 883/2004 notwendige Durchführungsverordnung (Verordnung [EG] Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.09.2009) in Kraft getreten ist. Zum anderen ist die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 im Verhältnis zur Schweiz bis heute nicht anwendbar, nachdem die Schweiz nach wie vor nicht Mitgliedsstaat der EU ist und ein bilaterales Abkommen zwischen der EU und der Schweiz über die Anwendbarkeit der neuen Verordnung bislang nicht geschlossen worden ist.
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Nach Art. 71 Abs. 1 lit. a Unterabs. ii Halbsatz 1 VO erhalten Grenzgänger - darunter echte Grenzgänger wie der Kläger - bei Vollarbeitslosigkeit Leistungen nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedsstaates, in dessen Gebiet sie wohnen, als ob während der letzten Beschäftigung die Rechtsvorschriften dieses Mitgliedsstaats für sie gegolten hätten. Dieser Grundsatz, der überhaupt erst zu einem Anspruch auf Alg in Deutschland nach einer Auslandsbeschäftigung führt, wird in Art. 67 ff. VO konkretisiert:
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Hiernach werden ausländische Beschäftigungs- und Versicherungszeiten nach Art. 67 Abs. 1 und Abs. 2 VO berücksichtigt, soweit dies „für den Erwerb, die Aufrechterhaltung oder das Wiederaufleben des Leistungsanspruchs“ erforderlich ist. Dies gilt an sich nach Art. 67 Abs. 3 VO nur dann, wenn der Arbeitslose „unmittelbar zuvor“ entsprechende Zeiten im (jetzigen) Wohnsitzstaat zurückgelegt hat, aus dem hier enthaltenen Verweis auf Art. 71 Abs. 1 lit. a Unterabs. ii VO ergibt sich jedoch, dass diese einschränkende Voraussetzung bei echten Grenzgängern nicht gefordert ist. Ferner werden ausländische Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten nach Art. 67 Abs. 4 VO bei der Bestimmung der Dauer der Leistungsgewährung im Wohnsitzstaat berücksichtigt.
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Anders sind dagegen die Regelungen über die Höhe eines Leistungsanspruchs bei Vollarbeitslosigkeit ausgestaltet. Hier bestimmt Art. 68 Abs. 1 Satz 1 VO, dass der zuständige Leistungsträger - dies ist nach Art. 71 Abs. 1 lit. a Unterabs. ii Halbsatz 2 VO der Leistungsträger im Wohnsitzstaat - „ausschließlich“ das Entgelt zu Grunde zu legen hat, das der Arbeitslose während seiner letzten Beschäftigung im Gebiet „dieses Staates“ erhalten hat. Damit ist die letzte Beschäftigung im Wohnsitzstaat gemeint, also gerade nicht die Auslandsbeschäftigung. Dies wird bestätigt durch die Ausnahmeregelung in Art. 68 Abs. 1 Satz 2 VO für die Fälle, in denen die letzte Beschäftigung „dort“ (also im Wohnsitzstaat) weniger als vier Wochen gedauert hat. Auch in diesem Fall wird allerdings nicht etwa das Entgelt während der Auslandsbeschäftigung berücksichtigt, sondern (fiktiv) das „Entgelt, das am Wohnort (…) des Arbeitslosen für eine Beschäftigung üblich ist, die der Beschäftigung, die er zuletzt im Gebiet eines anderen Mitgliedsstaats ausgeübt hat, gleichwertig oder vergleichbar ist“. Für den Kläger wäre dies - genau wie es § 132 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGB III vorsieht - ein Entgelt, das in Deutschland - genauer: im Bezirk der Agentur für Arbeit K. - für eine Tätigkeit als Verkäufer üblich ist. Diese rein fiktive Berechnung des Alg war gegenüber der Schweiz im Übrigen schon in der Zeit vor In-Kraft-Treten des Abkommens vom 21.06.1999 maßgeblich: Nach Art. 7 Abs. 2 lit. a des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Arbeitslosenversicherung vom 20.10.1982 war „bei der Bemessung von Arbeitslosengeld nach deutschen Rechtsvorschriften“ (ausschließlich) „das am Wohnsitz (…) des Arbeitslosen maßgebliche tarifliche oder (…) ortsübliche Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung zu Grunde zu legen, für die der Arbeitslose (…) in Betracht“ kam. Dagegen hatte die Schweiz bei der Berechnung einer dort gewährten Arbeitslosenentschädigung nach Art. 7 Abs. 2 lit. b des Abkommens auf das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt abzustellen.
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Allerdings ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass es für echte Grenzgänger wie den Kläger eine weitere Ausnahme von Art. 68 Abs. 1 Satz 1 VO gibt, und zwar dann, wenn sie vor ihrer Arbeitslosigkeit in ihrem Wohnsitzland überhaupt kein Arbeitsentgelt erzielt haben, sondern direkt aus ihrer Auslandsbeschäftigung heraus arbeitslos geworden sind. Bei wörtlicher Auslegung beider Sätze des Art. 68 Abs. 1 VO wäre dann gar kein Arbeitsentgelt zu berücksichtigen. Es wäre allerdings denkbar, hier Satz 2 anzuwenden, nämlich mit der Begründung, dass auch eine fehlende Beschäftigung eine Beschäftigung von „weniger als vier Wochen“ ist (vgl. zu allem Schlegel, in: Eicher/Schlegel, SGB III, Stand Juni 2008, EWGVO 1408/71 Art 68 Rn 16; Fuchs, in: Gagel, SGB II/III, Band 2, Stand Juli 2010, VO (EG) Nr. 987/2009 Rn. 68 [noch zur VO]). Der EuGH hat in seiner Rechtsprechung jedoch eine andere Lösung für dieses Problem gewählt. In dem Urteil vom 28.02.1980 in der Rechtssache (Rs.) Fellinger (Az. 67/79, SozR 6050, Art. 68 Nr. 1) hat er entschieden, dass Art. 68 Abs. 1 Satz 1 VO im Lichte von Art. 51 des (damaligen) Vertrags über die Gründung einer Europäischen Wirtschaftsunion (EWGV) dahin auszulegen ist, dass im Falle eines vollarbeitslosen Grenzgängers der zuständige Leistungsträger des Wohnsitzmitgliedsstaats die von ihm zu gewährenden Leistungen unter Berücksichtigung des Entgelts zu berechnen hat, dass der Arbeitnehmer während der letzten Beschäftigung in dem (ggfs. anderen) Mitgliedsstaat erhalten hat, in dem er „unmittelbar“ vor Eintritt der Arbeitslosigkeit beschäftigt war. Entsprechend diesem Urteil des EuGH hat das Bundessozialgericht (BSG), auf dessen Vorlagebeschluss vom 15.02.1979 hin das Urteil Fellinger ergangen ist, in seinem Urteil vom 13.05.1981 (7 RAr 68/77, Juris Rn. 21) ausgeführt, das im Ausland erzielte Entgelt sei zu berücksichtigen, wenn die letzte Beschäftigung „unmittelbar“ vor der Arbeitslosigkeit im Ausland ausgeübt worden ist. Jenem Verfahren zu Grunde lag der Alg-Antrag eines echten Grenzgängers, der nach seiner Auslandsbeschäftigung überhaupt nicht mehr in Deutschland gearbeitet, sondern sich direkt arbeitslos gemeldet hatte. Diese Rechtsprechung hat dann zu der Praxis der Beklagten geführt, das ausländische Entgelt nur dann zu berücksichtigen, wenn überhaupt keine Inlandsbeschäftigung mehr ausgeübt worden ist (vgl. BA-Rundbrief 2003 Nr. 5, S. 1-2 vom 14.01.2003, zit. nach Juris).
31 
Diese bislang nur richterrechtlich gebildete Ausnahme zu Art. 68 Abs. 1 Satz 1 VO hat der europäische Verordnungsgeber (hier: Parlament und Rat) nunmehr in Art. 62 Abs. 3 VO (EG) Nr. 883/2004 vom 29.04.2004 übernommen. Nach dieser Regelung - die aber wie ausgeführt hier noch nicht anwendbar ist - berücksichtigt der Träger des Wohnmitgliedsstaats bei der Berechnung der Leistungen bei Vollarbeitslosigkeit das Entgelt, das der Grenzgänger in dem Mitgliedsstaat erhalten hat, dessen Rechtsvorschriften für ihn während seiner letzten Beschäftigung gegolten haben. Die Formulierung, es sei die „letzte“ Beschäftigung maßgeblich, wird auch in der entsprechenden Durchführungsregelung in Art. 54 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 verwendet.
32 
Gerade aus der Formulierung der „letzten Beschäftigung“, die nunmehr der europäische Verordnungsgeber gewählt hat, um die bisherige Rechtsprechung des EuGH zu kodifizieren, ergibt sich, dass auf eine Auslandsbeschäftigung nur dann abgestellt werden kann, wenn nach ihrem Ende im Inland überhaupt keine Beschäftigung mehr ausgeübt worden ist, sondern sich der (ehemalige) Grenzgänger direkt arbeitslos gemeldet hat. Wie ausgeführt, war die Formulierung „unmittelbar“ aus dem Urteil des EuGH in der Rs. Fellinger schon bislang so verstanden worden.
33 
Auch inhaltlich lässt sich diese Auslegung rechtfertigen. Wenn sich ein Grenzgänger nach dem Ende seiner Auslandsbeschäftigung im Wohnsitzstaat nicht direkt arbeitslos meldet, sondern zunächst noch eine Inlandsbeschäftigung aufnimmt, verliert er seinen Status als Grenzgänger und wird - zunächst - im ganz üblichen Sinn Inlandsarbeitnehmer. Er gliedert sich (wieder) in den Arbeitsmarkt seines Wohnsitzstaates ein. Auf ihn können daher uneingeschränkt allein die innerstaatlichen Regelungen angewandt werden. Es bleibt dann dem für die Leistungsgewährung zuständigen Wohnsitzstaat überlassen, ob er gleichwohl (auch) die Auslandsbeschäftigungen berücksichtigt oder nicht. Das Europarecht kann ihm für einen derartigen Inlandssachverhalt keine Vorgaben machen. Sie wären auch kaum einheitlich möglich, weil es dem Mitgliedsstaat selbst überlassen ist, wie er seine etwaigen Sozialleistungen bei Arbeitslosigkeit berechnet. In einem Mitgliedsstaat etwa, der allein auf den letzten Beschäftigungsmonat abstellt und nicht auf längere Zeiträume wie Deutschland mit den Regeln über den Bemessungsrahmen (ähnlich wie z. B. die deutschen Regeln über die Berechnung von Krankengeld), käme die Frage gar nicht auf, ob länger zurückliegende Auslandsbeschäftigungen zu berücksichtigen seien.
34 
Da es sich bei der genannten Rechtsprechung um eine Ausnahme zu der Grundregel in Art. 68 Abs. 1 Satz 1 VO handelt, kann diese auch nicht erweiternd angewandt werden. Die Anwendung dieser Ausnahme ist nur gerechtfertigt in den Fällen, in denen nach wortgetreuer Auslegung des § 68 Abs. 1 Sätze 1 und 2 VO - jedenfalls nach Lesart des EuGH - überhaupt kein Entgelt zu berücksichtigen wäre, auch kein fiktives, und der Arbeitslose daher womöglich ganz ohne Leistungsanspruch bliebe. Greift diese Erwägung nicht ein, weil auch bei Abstellen auf eine Inlandsbeschäftigung ein Leistungsanspruch besteht, der - wie Art. 68 Abs. 1 Satz 2 VO zeigt - auch nach einem fiktiven Einkommen berechnet werden kann, gelten wieder die grundsätzlichen Erwägung, die hinter Art. 68 Abs. 1 VO stehen: Zum einen werden die Leistungen bei Arbeitslosigkeit am Wohnort vom Wohnsitzstaat gewährt und sollen auch - nur - den Lebensunterhalt des Arbeitslosen an diesem Ort sichern. Es ist daher gerechtfertigt, die Höhe der Leistungen nach den Regeln dieses Wohnsitzstaats zu ermitteln, weil davon auszugehen ist, dass diese Regelungen die Lebensumstände am Wohnort sachgerecht widerspiegeln. Hatte der Arbeitslose länger zuvor im Ausland (umgerechnet) höhere Entgelte erzielt, kann davon ausgegangen werden, dass dies auch auf höheren Lebenshaltungskosten in jenem Staat beruhte. Nach dem Wegfall der Auslandsbeschäftigung, allein auf den Wohnort abstellend, können daher aus dem früheren, ggfs. höheren Einkommen keine Rechte hergeleitet werden. Und zum anderen muss der Träger des Wohnsitzstaates nach Art. 71 Abs. 1 lit. a Unterabs. ii, Art. 67 Abs. 1, 2 VO Leistungen gewähren, auch wenn an ihn selbst keine Beiträge für die vorherige Beschäftigung abgeführt wurden. Er hat auch keinen Anspruch gegen den früheren Beschäftigungsstaat auf Erstattung von Beiträgen, die möglicherweise dort gezahlt worden sind (Art. 70 VO). Es ist daher gerechtfertigt, zumindest bei der Höhe der Leistungen, denen keine Beitragszahlung gegenüber steht, auf die innerstaatlichen Rechtsvorschriften abzustellen.
35 
Der Kläger nun hat - unstreitig - nach dem Ende seines Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnisses in der Schweiz zunächst ein inländisches Beschäftigungsverhältnis bei der Deutschen Post aufgenommen, das versicherungspflichtig zur Arbeitslosenversicherung war. Auf die Länge dieses Beschäftigungsverhältnisses kommt es nach der genannten Rechtsprechung von EuGH und BSG nicht an. Der Kläger hat daher nicht „unmittelbar“ vor seiner Arbeitslosigkeit (oder der nach deutschem Recht insoweit relevanten Arbeitslosmeldung) als Grenzgänger im Ausland gearbeitet.
36 
Auch aus anderen Erwägungen heraus lässt sich eine solche „Unmittelbarkeit“ trotz des inländischen Beschäftigungsverhältnisses nicht annehmen. Der Kläger hat hierzu darauf verwiesen, sein Arbeitsverhältnis in der Schweiz habe bis zum 31.08.2009 bestanden und die Post habe das inländische Arbeitsverhältnis bereits am 02.09.2009 zum 18.09.2009 gekündigt. Es kommt jedoch nicht auf das (zivilrechtliche) Arbeits-, sondern auf das (sozialrechtliche) Beschäftigungsverhältnis an, also die faktische weisungsgebundene Tätigkeit (§ 7 Abs. 1 SGB IV). Dies gilt nicht nur nach deutschem Recht, sondern auch Art. 68 Abs. 1 VO spricht allein von einer „Beschäftigung“, während z. B. Art. 67 Abs. 1 und 2 VO durchaus zwischen Beschäftigungszeiten und „Versicherungszeiten“, zu denen im Prinzip auch Zeiten ohne faktische Tätigkeit gehören können, unterscheidet. Im Übrigen lägen selbst dann, wenn man vom Ende des schweizerischen Arbeitsverhältnisses ausginge, bis zur Arbeitslosigkeit des Klägers noch immer 18 Tage mit einer Inlandsbeschäftigung, sodass es auch dann an der Unmittelbarkeit fehlte.
37 
(4) Ebenso kann der Kläger auf der Ebene des einfachen deutschen Rechts keine günstigere Rechtsposition herleiten.
38 
Hier hat er vor allem darauf verwiesen, es sei unbillig, dass sein Anspruch auf Alg wegen der kurzzeitigen Inlandsbeschäftigung niedriger sei als er wäre, wenn er sich unmittelbar nach dem Ende seines schweizerischen Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnisses arbeitslos gemeldet hat. Er hat hierzu unter anderem vorgetragen, auf ihn seien die Ausnahmeregelungen über atypische Beschäftigungsverhältnisse aus § 130 Abs. 2 SGB III zumindest dem Rechtsgedanken nach anzuwenden. Dem folgt der Senat jedoch nicht.
39 
Nach § 130 Abs. 2 SGB III bleiben bestimmte Beschäftigungszeiten oder ähnliche Zeiten bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums unberücksichtigt. Sie führen nicht zu einer Verlängerung des Bemessungsrahmens. Die Norm soll verhindern, dass kurzzeitige Beschäftigungen mit niedrigerem Gehalt solche Anwartschaften wertmäßig vermindern, die der Arbeitslose auf Grund einer vorher ausgeübten Beschäftigung mit höherem Gehalt bereits erworben hatte. Dies setzt aber voraus, dass diese vorherige Beschäftigung ihrerseits versicherungspflichtig war und durch eine Beitragszahlung zur (deutschen) Arbeitslosenversicherung zu entsprechenden Anwartschaften geführt hat. Dies war bei dem Kläger nicht der Fall.
40 
Eine weitergehende Billigkeitsklausel enthalten die §§ 130 ff. SGB III nicht. Bereits die Erweiterung des Bemessungsrahmens auf zwei Jahre nach § 130 Abs. 3 Satz 1 SGB III beruht auf Billigkeitserwägungen, worauf gerade dieser Begriff in Nr. 2 der Norm hindeutet. Diese Verlängerung ermöglicht einem Arbeitslosen, ggfs. auf länger zurückliegende, versicherungspflichtige Inlandsbeschäftigungen zurückzugreifen. Dies nützt dem Kläger nichts, da er wesentlich länger als zwei Jahre in der Schweiz gearbeitet hatte. Und selbst wenn eine noch weitergehende Erweiterung des Bemessungsrahmens möglich wäre, würde dies immer nur dazu führen, dass sehr lange zurückliegende Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland maßgeblich würden. Das schweizerische Beschäftigungsverhältnis bliebe dagegen immer unberücksichtigt.
41 
(5) Letztlich sieht der Senat in dieser Auslegung der innerstaatlichen Vorschriften, aber auch der VO, keinen Verstoß gegen Grundrechte des Klägers, sodass offen bleiben kann, ob Normen des europäischen Sekundärrechts überhaupt am Grundgesetz (GG) gemessen werden können.
42 
(aa) Die Eigentumsgarantie des Klägers ist bereits nicht beeinträchtigt. Für seine Auslandsbeschäftigung in der Schweiz hat er zumindest keine Beiträge zur deutschen Arbeitslosenversicherung geleistet. Daher sind ihm auch keine Anwartschaften (im verfassungsrechtlichen) Sinne erwachsen, die möglicherweise nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 GG geschützt wären.
43 
(bb) Der Anspruch des Klägers auf Gewährung staatlicher Leistungen zur Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz aus Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG ist durch die gewährten Leistungen erfüllt worden, im Übrigen bestanden ggfs. Ansprüche auf aufstockende existenzsichernde Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
44 
(cc) Auch Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Der Kläger wird im Vergleich zu keiner anderen Gruppe in ungerechtfertigter Weise benachteiligt.
45 
Als Vergleichsgruppe heranzuziehen sind hier jene Grenzgänger, die sich unmittelbar nach dem Ende ihrer Auslandsbeschäftigung arbeitslos melden und bei denen dann die ausländischen Arbeitsentgelte berücksichtigt werden. Diese Gruppe ähnelt der Gruppe des Klägers, bei der noch eine Inlandsbeschäftigung dazwischen liegt, in den meisten relevanten Punkten.
46 
Gegenüber dieser Gruppe wird der Kläger benachteiligt. Diese Benachteiligung ist jedoch gerechtfertigt.
47 
Als Rechtfertigungsmaßstab ist hier - nur - das Willkürverbot anzulegen. Dies genügt immer dann, wenn das Gesetz eine Differenzierung an sachbezogene Merkmale knüpft. Eine strengere Prüfung, etwa nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, ist nur dann zu fordern, wenn an personenbezogene Merkmale angeknüpft wird, insbesondere, wenn die Betroffenen diese Merkmale in ihrer Person nicht oder nur mit unzumutbarem Aufwand erreichen können (unveränderliche personenbezogene Merkmale), ebenso ist eine strengere Prüfung durchzuführen, wenn die Differenzierung auch die Schutzbereiche anderer Grundrechte berührt. Die Benachteiligung des Klägers nun beruht darauf, dass er nach dem Ende seiner Auslandsbeschäftigung noch in Deutschland beschäftigt war, bevor er sich arbeitslos meldete. Dies ist ein rein sachbezogenes Merkmal, das der Kläger beeinflussen konnte. Andere Grundrechte berührt die Differenzierung, wie ausgeführt, ebenfalls nicht.
48 
Das Willkürverbot ist nur dann verletzt, wenn sich kein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Ungleichbehandlung finden lässt. Möglicherweise reicht hierzu schon aus, dass Deutschland europarechtlich, nämlich nach der Rechtsprechung des EuGH, gezwungen ist, bei einer Arbeitslosigkeit unmittelbar nach einer Auslandsbeschäftigung das dort erzielte Entgelt zu berücksichtigen. Aber auch inhaltlich gibt es vertretbare Gründe für die Unterscheidung, vor allem die bereits erwähnte Eingliederung des ehemaligen Grenzgängers in den deutschen Arbeitsmarkt durch die Inlandsbeschäftigung.
49 
bb) Bei dem Kläger lagen auch in dem erweiterten Bemessungsrahmen keine 150, sondern nur 47 Kalendertage mit (berücksichtigungsfähigem) Arbeitsentgelt vor, nämlich nur die Tage vom 03.08. bis 18.09.2009.
50 
b) Die Beklagte hat auch bei der Errechnung des fiktiven Arbeitsentgelts § 132 Abs. 2 SGB III richtig angewandt. Sie hat den Kläger in die Qualifikationsgruppe 3 eingeordnet und entsprechend ein Arbeitsentgelt von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße (§ 18 Abs. 1 SGB IV) zu Grunde gelegt. Die Beklagte ist hierbei davon ausgegangen, dass jene Beschäftigung, für die sich der Kläger den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestellt hat, nämlich die Tätigkeit als Verkäufer, eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordere. Ob dies so ist, kann hier offen bleiben, denn der Kläger ist durch diese Annahme nicht beschwert. Eine Einordnung in Qualifikationsgruppe 2 kam nicht in Betracht, weil die Tätigkeit als Verkäufer jedenfalls keine Ausbildung an einer Fachschule und keine Qualifikation als Meister erfordert. Dies gölte auch dann, wenn man mit dem Kläger auf seine frühere Tätigkeit als Bankkaufmann abstellte.
51 
c) Andere Fehler der Beklagten bei der Errechnung des Anspruchs des Klägers auf Alg ab dem 23.09.2009 sind nicht vorgetragen oder ersichtlich.
52 
2. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
53 
3. Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

(1) Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs.

(2) Bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums bleiben außer Betracht

1.
Zeiten einer Beschäftigung, neben der Übergangsgeld wegen einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, Teilübergangsgeld oder Teilarbeitslosengeld geleistet worden ist,
2.
Zeiten einer Beschäftigung als Freiwillige oder Freiwilliger im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes oder des Bundesfreiwilligendienstgesetzes, wenn sich die beitragspflichtige Einnahme nach § 344 Absatz 2 bestimmt,
3.
Zeiten, in denen Arbeitslose Elterngeld oder Erziehungsgeld bezogen oder nur wegen der Berücksichtigung von Einkommen nicht bezogen haben oder ein Kind unter drei Jahren betreut und erzogen haben, wenn wegen der Betreuung und Erziehung des Kindes das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war,
4.
Zeiten, in denen Arbeitslose eine Pflegezeit nach § 3 Absatz 1 Satz 1 des Pflegezeitgesetzes in Anspruch genommen haben sowie Zeiten einer Familienpflegezeit oder Nachpflegephase nach dem Familienpflegezeitgesetz, wenn wegen der Pflege das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war; insoweit gilt § 151 Absatz 3 Nummer 2 nicht,
5.
Zeiten, in denen die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf Grund einer Teilzeitvereinbarung nicht nur vorübergehend auf weniger als 80 Prozent der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit einer vergleichbaren Vollzeitbeschäftigung, mindestens um fünf Stunden wöchentlich, vermindert war, wenn die oder der Arbeitslose Beschäftigungen mit einer höheren Arbeitszeit innerhalb der letzten dreieinhalb Jahre vor der Entstehung des Anspruchs während eines sechs Monate umfassenden zusammenhängenden Zeitraums ausgeübt hat.
Satz 1 Nummer 5 gilt nicht in Fällen einer Teilzeitvereinbarung nach dem Altersteilzeitgesetz, es sei denn, das Beschäftigungsverhältnis ist wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers beendet worden.

(3) Der Bemessungsrahmen wird auf zwei Jahre erweitert, wenn

1.
der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält,
2.
in den Fällen des § 142 Absatz 2 der Bemessungszeitraum weniger als 90 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält oder
3.
es mit Rücksicht auf das Bemessungsentgelt im erweiterten Bemessungsrahmen unbillig hart wäre, von dem Bemessungsentgelt im Bemessungszeitraum auszugehen.
Satz 1 Nummer 3 ist nur anzuwenden, wenn die oder der Arbeitslose dies verlangt und die zur Bemessung erforderlichen Unterlagen vorlegt.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 26. Juni 2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist höheres Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 11.9. bis 3.11.2010.

2

Der Kläger war in der Zeit vom 2.6.2008 bis 30.6.2010 bei der Firma H E T NV in G (Belgien) als Kraftfahrer tätig, während er in der Bundesrepublik Deutschland wohnte. Am 1.7.2010 nahm er eine Beschäftigung als Kraftfahrer bei der Firma Er D GmbH & Co. KG in B auf; das Arbeitsverhältnis endete am 31.8.2010 aufgrund eines Schreibens des Arbeitgebers vom 30.8.2010. Für die Monate Juli und August 2010 wurde ein Bruttoarbeitsentgelt von insgesamt 5001,92 Euro bescheinigt.

3

Vom 1. bis 10.9.2010 bezog der Kläger Krankengeld (Krg). Am 13.9.2010 meldete er sich zum 11.9.2010 (Samstag) bei der Beklagten unter Vorlage einer Bescheinigung des belgischen Arbeitgebers (E 301) arbeitslos und beantragte Alg. Die Beklagte bewilligte ihm zunächst für die Zeit vom 11.9.2010 bis 10.9.2011 Alg in Höhe eines täglichen Leistungsbetrags von 30,49 Euro, bemessen nach einem fiktiven Arbeitsentgelt, weil der Kläger nur zwei Monate in Deutschland beschäftigt gewesen sei (Bescheide vom 11. und 12.10.2010; Widerspruchsbescheid vom 15.11.2010), hob jedoch die Bewilligung von Alg ab dem 4.11.2010 wieder auf, weil die Leistungsfortzahlung nach erneutem Krankheitsfall ab dem 23.9.2010 mit dem 3.11.2010 geendet habe (Bescheid vom 25.11.2010).

4

Die Klage, gerichtet auf höheres Alg unter Berücksichtigung des in Belgien erzielten (höheren) Entgelts, war in beiden Instanzen insoweit erfolgreich, als die Beklagte für den Zeitraum vom 11.9. bis 4.11.2010 zur Zahlung von Alg "unter Berücksichtigung eines Bemessungsentgelts von 80,68 Euro" verurteilt wurde (Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 14.5.2012; Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 26.6.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, das dem Kläger zustehende Alg sei allein nach dem zuletzt in Deutschland erzielten Arbeitsentgelt zu bemessen. Der mit der Klage geltend gemachte weitergehende Anspruch auf Bemessung des Alg unter Berücksichtigung auch des höheren Entgelts aus der Beschäftigung in Belgien bestehe hingegen nicht. Für die Berechnung des Alg nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) sei Art 62 Verordnung (EG) Nr 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (EGVO 883/2004) anwendbar; danach seien nur die in den Bemessungszeitraum fallenden inländischen (deutschen) Versicherungszeiten zu berücksichtigen. Eine Mindestbeschäftigungsdauer sei insoweit nicht vorgesehen, sodass eine fiktive Bemessung nicht vorzunehmen sei.

5

Mit der Revision rügt die Beklagte die Verletzung von § 132 SGB III (aF) sowie Art 62 Abs 1 und 2 EGVO 883/2004. Entgegen der Annahme des LSG stehe Art 62 Abs 1 EGVO 883/2004, wonach bei der Berechnung der Leistungen ausschließlich das Entgelt der letzten Beschäftigung zu berücksichtigen sei, einer fiktiven Bemessung nach § 132 SGB III nicht entgegen. Das Wort "ausschließlich" in Art 62 Abs 1 EGVO 883/2004 bestimme nicht, dass die Bemessung völlig unabhängig von der Ausgestaltung des nationalen Bemessungsrechts nach dem "erhaltenen" inländischen Arbeitsentgelt zu erfolgen habe.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben sowie das Urteil des SG abzuändern, soweit sie zur Zahlung höheren Algs verurteilt worden ist, und die Klage insgesamt abzuweisen.

7

Nach einer Beschränkung der Klage in der Revisionsinstanz auf die Zeit vom 11.9. bis 3.11.2010 beantragt der Kläger,
 die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die Entscheidung des LSG insoweit für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Zwar hat das LSG Art 62 Abs 1 und 2 EGVO 883/2004 richtig angewandt; jedoch fehlen zu den Anspruchsvoraussetzungen und für ein eventuelles Ruhen des Anspruchs ausreichende tatsächliche Feststellungen für eine abschließende Entscheidung.

10

Gegenstand des Verfahrens ist nur noch der Bescheid vom 12.10.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2010 (§ 95 SGG). Der zuvor ergangene Bescheid vom 11.10.2010 hat sich mit Bekanntgabe des Bescheides vom 12.10.2010, mit dem dem Kläger eine höhere Leistung bewilligt wurde, erledigt (§ 39 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -). Nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 25.11.2010 über die Leistungsaufhebung ab dem 4.11.2010, nachdem der Kläger die Klage in mündlicher Verhandlung beschränkt hat.

11

Mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) begehrt der Kläger für die Zeit vom 11.9. bis 3.11.2010 höhere Leistungen dem Grunde nach (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG). Dem trägt der Tenor des SG, den das LSG nicht korrigiert hat, nicht Rechnung, auch wenn beide Gerichte eine Verurteilung zur höheren Leistung gewollt haben. Bei dem im Tenor des SG ausgewiesenen Bemessungsentgelt von 80,68 Euro handelt es sich lediglich um ein Berechnungselement. Die Fassung des Tenors hat allerdings zur Folge, dass mangels Berufung des Klägers gegen das SG-Urteil die Klage höhenmäßig auf den Alg-Betrag begrenzt ist, der sich unter Berücksichtigung eines Bemessungsentgelts von 80,68 Euro bei Lohnsteuerklasse 1 und einem Kind ergibt (wie im Bescheid vom 12.10.2010 zugrunde gelegt). Ob der Kläger einen Anspruch auf höhere Leistungen besitzt, ist nicht endgültig beurteilbar. Bei dem vom Kläger geführten Höhenstreit sind Grund und Höhe des Leistungsanspruchs in vollem Umfang zu überprüfen (stRspr; vgl BSGE 113, 86 ff RdNr 12 = SozR 4-3500 § 84 Nr 1; BSGE 95, 80 ff RdNr 6 = SozR 4-4300 § 140 Nr 2).

12

Nach § 118 Abs 1 SGB III(in der Fassung, die die Norm durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 - BGBl I 2848 - erhalten hat) setzt ein Anspruch auf Alg voraus, dass ein Arbeitnehmer arbeitslos ist (Nr 1), sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet hat (Nr 2) und die Anwartschaftszeit erfüllt (Nr 3). Nach § 119 Abs 1 SGB III(in der Normfassung desselben Gesetzes) ist ein Arbeitnehmer arbeitslos, der nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit - Nr 1), sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen - Nr 2) und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit - Nr 3).

13

Ob der Kläger ab dem 11.9.2010 arbeitslos war, lässt sich anhand der getroffenen Tatsachenfeststellungen nicht mit endgültiger Sicherheit entscheiden. Der Kläger war zwar beschäftigungslos, denn er stand ab dem 1.9.2010 tatsächlich nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis im Sinne einer Erwerbstätigkeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich (vgl § 119 Abs 3 SGB III). Zur Voraussetzung der Eigenbemühungen, die jedenfalls nicht gänzlich fehlen oder nach Konkretisierung durch den Leistungsträger abgelehnt werden dürfen, fehlen jedoch Tatsachenfeststellungen (zu dieser Differenzierung vgl: BSGE 95, 176 ff = SozR 4-4300 § 119 Nr 3; Söhngen in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand November 2008, § 119 RdNr 83 ff).

14

Auch Feststellungen zur Verfügbarkeit fehlen. Der Kläger müsste hierfür insbesondere eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben können und dürfen (objektive Verfügbarkeit, § 119 Abs 5 Nr 1 SGB III), Vorschlägen der Agentur für Arbeit zeit- und ortsnah Folge leisten können (Erreichbarkeit, § 119 Abs 5 Nr 2 SGB III) und zu ihrer Annahme bereit sein (subjektive Verfügbarkeit, § 119 Abs 5 Nr 3 SGB III). Vorliegend bezog der Kläger bis zum 10.9.2010 Krg. Nach Lage der Akten begann eine "erneute" Arbeitsunfähigkeit am 23.9.2010 mit einer stationären Notaufnahme. Vor diesem Hintergrund ist es jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass die objektive Verfügbarkeit in der gesamten oder einem Teil der Zeit fehlte. In diesem Fall wären die §§ 125, 126 SGB III zu prüfen.

15

Zur persönlichen Arbeitslosmeldung (§ 118 Abs 1 Nr 2 SGB III) hat das LSG zwar festgestellt, dass diese am 13.9.2010 (Montag) erfolgt ist. Ob allerdings die Annahme des LSG zu einer Rückwirkung auf den 11.9.2010 (Samstag) begründet ist, bedürfte genauerer Feststellungen. Ist die zuständige Agentur für Arbeit am ersten Tag der Beschäftigungslosigkeit des Arbeitslosen nicht dienstbereit, so wirkt zwar eine persönliche Meldung an dem nächsten Tag, an dem die Agentur für Arbeit dienstbereit ist, auf den Tag zurück, an dem die Agentur für Arbeit nicht dienstbereit war (§ 122 Abs 3 SGB III in der Normfassung des Gesetzes über den Arbeitsmarktzugang im Rahmen der EU-Erweiterung vom 23.4.2004 - BGBl I 602). Dabei hat das LSG jedoch nicht beachtet, dass der erste Tag der Beschäftigungslosigkeit des Klägers der 1.9.2010 war. Nur auf eine fehlende Dienstbereitschaft der Agentur für Arbeit an diesem Tag wäre die Regelung anwendbar. Dies ergibt sich insbesondere aus der historischen Entwicklung der Norm. Die bis zum 31.7.1999 geltende Fassung des § 122 Abs 3 SGB III, wonach eine persönliche Arbeitslosmeldung im Falle fehlender Dienstbereitschaft des Arbeitsamtes auf den Tag zurückwirkte, an dem der Arbeitslose sich erstmals melden "wollte", hatte nach Ansicht des Gesetzgebers zu erheblichem Prüfaufwand bezüglich des subjektiven Elements bei den Arbeitsämtern geführt. Eine Arbeitslosmeldung sollte deshalb nur dann noch zurückwirken, wenn der Arbeitslose die persönliche Arbeitslosmeldung am ersten Tag seiner Beschäftigungslosigkeit (objektiv) nicht vornehmen konnte, weil das zuständige Arbeitsamt an diesem Tag nicht dienstbereit war (vgl BT-Drucks 14/873, S 12 f; BR-Drucks 161/99, S 28). Auch der Bezug von Krg vom 1. bis 10.9.2010 macht deshalb die persönliche Arbeitslosmeldung vor Ablauf dieses Zeitraums nicht entbehrlich. Die Alternative einer nicht persönlichen Arbeitslosmeldung ist lediglich in § 125 Abs 1 Satz 3 SGB III aF vorgesehen, der die Meldung durch einen Vertreter genügen lässt. Auch diese muss indes durch den Vertreter persönlich vorgenommen werden (vgl dazu BSG SozR 4-4300 § 125 Nr 5).

16

Der Kläger erfüllt allerdings die Anwartschaftszeit, weil er in der Rahmenfrist von zwei Jahren, beginnend mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg (§ 124 Abs 1 SGB III in der Normfassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt), mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§ 123 Abs 1 Satz 1 SGB III in der Normfassung des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch, zur Errichtung einer Versorgungsausgleichskasse und anderer Gesetze vom 15.7.2009 - BGBl I 1939). Neben der Zeit des Bezugs von Krg vom 1. bis 10.9.2010 (hierzu sogleich) und der Beschäftigung in einem inländischen Versicherungspflicht-verhältnis (§§ 24, 25 SGB III) vom 1.7. bis 31.8.2010 hat das LSG zutreffend die zuvor in Belgien zurückgelegte Tätigkeit nach Maßgabe des Art 61 EGVO 883/2004 berücksichtigt, soweit sie in die Rahmenfrist fällt.

17

Bei der in Deutschland zurückgelegten Zeit handelt es sich um ein Versicherungspflichtverhältnis; denn der Kläger war gegen Arbeitsentgelt nichtselbstständig beschäftigt (§ 7 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung -) und ist deshalb versicherungspflichtig gewesen (§§ 24 Abs 1, 25 Abs 1 SGB III).

18

Die in Belgien zurückgelegte Beschäftigungszeit ist nach der EGVO 883/2004 ebenfalls zu berücksichtigen. Die Verordnung (VO) gilt ab dem 1.5.2010 (Art 91 Satz 2 EGVO 883/2004 iVm Art 97 Satz 2 Verordnung Nr 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.9.2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung Nr 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit). Soweit Zeiten vor dem 1.5.2010 betroffen sind, fallen diese als Versicherungszeiten, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaats vor dem Beginn der Anwendung der Verordnung in dem betreffenden Mitgliedsstaat zurückgelegt worden sind, in deren Anwendungsbereich (Art 87 Abs 2 EGVO 883/2004). Die Bescheinigung des belgischen Arbeitgebers (E 301) weist die in Belgien vom 2.6.2008 bis 30.6.2010 zurückgelegte Zeit als Versicherungszeit aus. An den Inhalt der Bescheinigung sind die Beklagte und das Gericht gebunden, solange die Bescheinigung nicht zurückgezogen oder für ungültig erklärt worden ist (vgl EuGH SozR 4-6050 Art 71 Nr 4).

19

Art 61 Abs 1 EGVO 883/2004 ordnet ergänzend an, dass der zuständige Träger - hier die Beklagte -, nach dessen Rechtsvorschriften der Erwerb des Leistungsanspruchs von der Zurücklegung von ua Versicherungszeiten abhängt, Zeiten, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedsstaats zurückgelegt wurden, so berücksichtigt, als ob sie nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedsstaats - hier des deutschen - zurückgelegt worden wären. Nach Abs 2 gilt das nur, wenn "unmittelbar zuvor" eine Versicherungszeit nach den deutschen Rechtsvorschriften zurückgelegt worden ist; dh, unabhängig von der zwischen der Beendigung der letzten Versicherungszeit und dem Antrag auf Leistungen verstrichenen Zeit darf in der Zwischenzeit keine weitere Versicherungszeit in einem anderen Mitgliedsstaat zurückgelegt worden sein (vgl EuGH SozR 4-6050 Art 71 Nr 4). Dies ist beim Kläger der Fall. Er hat unmittelbar vor Eintritt der Arbeitslosigkeit mit dem Krg-Bezug vom 1. bis 10.9.2010 eine Versicherungszeit in Deutschland als zuständigem Mitgliedsstaat zurückgelegt. Die Zeit unterlag der Versicherungspflicht nach dem SGB III, weil der Kläger wiederum unmittelbar davor versicherungspflichtig beschäftigt war (§ 26 Abs 2 Nr 1 SGB III iVm § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III).

20

Ob ein in Anwendung dieser Vorschriften ggf entstandener Anspruch im streitgegenständlichen Zeitraum (11.9. bis zum 3.11.2010) wegen Eintritts einer Sperrzeit nach § 144 SGB III(in der Normfassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt) geruht hat, lässt sich auf der Grundlage der vom LSG getroffenen Feststellungen allerdings ebenfalls nicht sicher beurteilen. Das Beschäftigungsverhältnis endete am 31.8.2010 nach den Ausführungen des LSG aufgrund einer Kündigung des Arbeitgebers (Kündigungsschreiben des Arbeitgebers vom 30.8.2010). Abgesehen davon, dass die kurze Kündigungsfrist eine einvernehmliche Beendigung überdecken könnte, ist nicht ausgeschlossen, dass der Kläger durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt haben könnte (§ 144 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB III).

21

Liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Alg (während des gesamten Zeitraums) vor, ist auch die Höhe des Alg-Anspruchs aufgrund der vom LSG getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilbar. Die Leistungshöhe wird gemäß §§ 129 bis 133 SGB III aF bestimmt durch das Bemessungsentgelt, die maßgebliche Lohnsteuerklasse und das Kindermerkmal. Zur Lohnsteuerklasse und dem Kindermerkmal fehlen jegliche tatsächliche Feststellungen des LSG.

22

Für die Bestimmung des Bemessungsentgelts hat das LSG jedoch zutreffend Art 62 EGVO 883/2004 zur Anwendung gebracht. Er überlagert die nationalen Regelungen (§§ 130 bis 132 SGB III aF). Nach § 131 Abs 1 Satz 1 SGB III(in der Normfassung des Gesetzes zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen und zur Änderung anderer Gesetze vom 21.12.2008 - BGBl I 2940) ist Bemessungsentgelt das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Nach § 130 Abs 1 Satz 1 SGB III(in der Normfassung des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch, zur Errichtung einer Versorgungsausgleichskasse und anderer Gesetze vom 15.7.2009 - BGBl I 1939) umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Nach Satz 2 dieser Regelung umfasst der Bemessungsrahmen ein Jahr, endend mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs. Kann dabei ein Bemessungszeitraum von 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt nicht festgestellt werden, ist nach § 132 SGB III(in der Normfassung desselben Gesetzes) ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen.

23

Eine fiktive Einstufung hat vorliegend die Beklagte wegen der Kürze der in Deutschland zurückgelegten Zeiten vorgenommen. Nach Art 62 Abs 1 EGVO 883/2004 hätte sie jedoch ausschließlich das Entgelt der Beschäftigung in Deutschland berücksichtigen dürfen, wobei nach dessen Abs 2 dies in der Regel auch dann gilt, wenn - wie vorliegend - ein bestimmter Bezugszeitraum als für die Ermittlung des als Berechnungsgrundlage für die Leistung heranzuziehenden Entgelts vorgesehen ist und die betreffende Person während dieses Zeitraums oder eines Teils davon den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedsstaats unterlag. Die Formulierung ist eindeutig und insbesondere die Rechtsentwicklung und Systematik spricht für die vom LSG gewonnene Auslegung.

24

Nach Art 68 Abs 1 Satz 1 Verordnung (EWG) Nr 1408/71 des Rates vom 14.6.1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige und deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (EWGVO 1408/71), der Vorgängerregelung wurde zwar ebenfalls ausschließlich das Entgelt berücksichtigt, das der Arbeitslose während seiner letzten Beschäftigung im Gebiet des zuständigen Staates erhalten hat. Nach Satz 2 war in Abweichung hiervon jedoch eine fiktive Bemessung (nur) für den Fall vorgesehen, dass die letzte Beschäftigung dort weniger als vier Wochen gedauert hat. Die Leistungen wurden dann auf der Grundlage des Entgelts berechnet, das am Wohnort oder Aufenthaltsort des Arbeitslosen für eine Beschäftigung üblich war, die der Beschäftigung, die er zuletzt im Gebiet eines anderen Mitgliedsstaats ausgeübt hatte, gleichwertig oder gleichartig war. Diese Ausnahmeregelung einer fiktiven Bemessung nach Art 68 Abs 1 Satz 2 EWGVO 1408/71 wurde in die EGVO 883/2004 allerdings nicht übernommen. Der gänzliche Verzicht auf eine fiktive Bemessung in der neuen VO verbietet damit auch eine fiktive Bemessung nach nationalem Recht. Es bleibt vielmehr grundsätzlich dabei, dass ausschließlich das Entgelt der letzten Beschäftigung als Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist.

25

Diese Auslegung entspricht auch Sinn und Zweck der Regelung. Art 62 EGVO 883/2004 ermöglicht dem zuständigen Mitgliedsstaat eine praktikable Umsetzung der ihrer Konzeption nach nur vorübergehenden Leistungen bei Arbeitslosigkeit. Soweit es in Nr 4 der Erwägungsgründe der EGVO 883/2004 heißt, es sei notwendig, die Eigenheiten der nationalen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit zu berücksichtigen und nur eine Koordinierungsregelung vorzusehen, ist der Begriff der Koordinierungsregelung vor diesem Hintergrund nicht lediglich als Festlegung des "maßgeblichen Arbeitsförderungsstatuts" zu verstehen, wie die Revision meint, sondern in einem weiteren Zusammenhang der inhaltlichen Ausgestaltung und Erweiterung der von den Mitgliedsstaaten vorgesehenen Ansprüche, um das in Nr 5 der Erwägungsgründe genannte Ziel zu erreichen, innerhalb der Gemeinschaft sicherzustellen, dass die betreffenden Personen nach den verschiedenen nationalen Rechtsvorschriften gleich behandelt werden.

26

Die Regelung verlässt damit nicht den von Art 48 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) gesetzten Rahmen des Koordinierungsrechts. Nach dessen Buchstabe a sichert das vom Verordnungsgeber für die Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer eingeführte System zu- und abwandernden Arbeitnehmern und Selbstständigen sowie deren Angehörigen die Zusammenrechnung aller nach den verschiedenen innerstaatlichen Rechtsvorschriften berücksichtigten Zeiten ua für die Berechnung der Leistungen. Dabei geht es nicht um den Erlass inhaltlichen Sozialrechts, sondern allein um die Koordinierung des Sozialrechts der Mitgliedsstaaten in dem Sinne, dass diese harmonisch ineinandergreifen. Neben Zuordnungsvorschriften, durch die Arbeitnehmer nach grenzüberschreitenden Beschäftigungsverläufen dem Sozialversicherungsrecht eines Mitgliedsstaats unterstellt werden, sind daher auch koordinierende Vorschriften zulässig, die Leistungsberechnungen vorsehen, die von nationalem Recht abweichen. Insoweit ist eine Koordinierung ohne jegliche Harmonisierung nicht denkbar.

27

Für die Bemessung erklärt Art 62 Abs 1 EGVO 883/2004 vor diesem Hintergrund nur das Entgelt für maßgeblich, das der Arbeitslose "während" seiner letzten Beschäftigung "erhalten hat". Ob bei der Anwendung dieser Vorschrift das strenge Zuflussprinzip zugrunde zu legen ist und folglich nur die Entgelte zu berücksichtigen sind, die vor Beendigung der letzten Beschäftigung gezahlt worden sind, oder ob auch Entgelte aus dieser Beschäftigung zu berücksichtigen sind, wenn sie nach dem Ausscheiden zugeflossen sind, bedürfte nur dann einer Entscheidung, wenn der Kläger das Arbeitsentgelt der Beschäftigung in Deutschland nicht bzw ganz oder teilweise erst nach seinem Ausscheiden erhalten haben sollte. Gleiches gilt für die Frage, ob das supranationale Recht der EGVO 883/2004 auf die in § 130 Abs 1 Satz 1 SGB III vorgesehene Abrechnung über die Entgeltzeiträume bis zum Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis verzichtet. Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) nach Art 267 Satz 1 Buchstabe b iVm Satz 3 AEUV ist vor dem Hintergrund der noch fehlenden Tatsachenfeststellungen nicht angezeigt.

28

Das LSG wird ggf auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben.

(1) Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs.

(2) Bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums bleiben außer Betracht

1.
Zeiten einer Beschäftigung, neben der Übergangsgeld wegen einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, Teilübergangsgeld oder Teilarbeitslosengeld geleistet worden ist,
2.
Zeiten einer Beschäftigung als Freiwillige oder Freiwilliger im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes oder des Bundesfreiwilligendienstgesetzes, wenn sich die beitragspflichtige Einnahme nach § 344 Absatz 2 bestimmt,
3.
Zeiten, in denen Arbeitslose Elterngeld oder Erziehungsgeld bezogen oder nur wegen der Berücksichtigung von Einkommen nicht bezogen haben oder ein Kind unter drei Jahren betreut und erzogen haben, wenn wegen der Betreuung und Erziehung des Kindes das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war,
4.
Zeiten, in denen Arbeitslose eine Pflegezeit nach § 3 Absatz 1 Satz 1 des Pflegezeitgesetzes in Anspruch genommen haben sowie Zeiten einer Familienpflegezeit oder Nachpflegephase nach dem Familienpflegezeitgesetz, wenn wegen der Pflege das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war; insoweit gilt § 151 Absatz 3 Nummer 2 nicht,
5.
Zeiten, in denen die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf Grund einer Teilzeitvereinbarung nicht nur vorübergehend auf weniger als 80 Prozent der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit einer vergleichbaren Vollzeitbeschäftigung, mindestens um fünf Stunden wöchentlich, vermindert war, wenn die oder der Arbeitslose Beschäftigungen mit einer höheren Arbeitszeit innerhalb der letzten dreieinhalb Jahre vor der Entstehung des Anspruchs während eines sechs Monate umfassenden zusammenhängenden Zeitraums ausgeübt hat.
Satz 1 Nummer 5 gilt nicht in Fällen einer Teilzeitvereinbarung nach dem Altersteilzeitgesetz, es sei denn, das Beschäftigungsverhältnis ist wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers beendet worden.

(3) Der Bemessungsrahmen wird auf zwei Jahre erweitert, wenn

1.
der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält,
2.
in den Fällen des § 142 Absatz 2 der Bemessungszeitraum weniger als 90 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält oder
3.
es mit Rücksicht auf das Bemessungsentgelt im erweiterten Bemessungsrahmen unbillig hart wäre, von dem Bemessungsentgelt im Bemessungszeitraum auszugehen.
Satz 1 Nummer 3 ist nur anzuwenden, wenn die oder der Arbeitslose dies verlangt und die zur Bemessung erforderlichen Unterlagen vorlegt.

(1) Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat; Besonderheiten des Übergangsbereichs nach § 20 Absatz 2 des Vierten Buches sind nicht zu berücksichtigen. Arbeitsentgelte, auf die die oder der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, gelten als erzielt, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind.

(2) Außer Betracht bleiben Arbeitsentgelte,

1.
die Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten oder die im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit vereinbart worden sind,
2.
die als Wertguthaben einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches nicht nach dieser Vereinbarung verwendet werden.

(3) Als Arbeitsentgelt ist zugrunde zu legen

1.
für Zeiten, in denen Arbeitslose Kurzarbeitergeld oder eine vertraglich vereinbarte Leistung zur Vermeidung der Inanspruchnahme von Saison-Kurzarbeitergeld bezogen haben, das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose ohne den Arbeitsausfall und ohne Mehrarbeit erzielt hätten; dies gilt auch, wenn die Entscheidung über den Anspruch auf Kurzarbeitergeld rückwirkend aufgehoben wird oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2.
für Zeiten einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose für die geleistete Arbeitszeit ohne eine Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches erzielt hätten; für Zeiten einer Freistellung das erzielte Arbeitsentgelt,
3.
für Zeiten einer Berufsausbildung, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung durchgeführt wurde (§ 25 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1), die erzielte Ausbildungsvergütung; wurde keine Ausbildungsvergütung erzielt, der nach § 17 Absatz 2 des Berufsbildungsgesetzes als Mindestvergütung maßgebliche Betrag.

(4) Haben Arbeitslose innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs Arbeitslosengeld bezogen, ist Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt, nach dem das Arbeitslosengeld zuletzt bemessen worden ist; dies gilt auch, wenn sie das Arbeitslosengeld nur deshalb nicht bezogen haben, weil der Anspruch geruht hat.

(5) Ist die oder der Arbeitslose nicht mehr bereit oder in der Lage, die im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Zahl von Arbeitsstunden zu leisten, vermindert sich das Bemessungsentgelt für die Zeit der Einschränkung entsprechend dem Verhältnis der Zahl der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden, die die oder der Arbeitslose künftig leisten will oder kann, zu der Zahl der durchschnittlich auf die Woche entfallenden Arbeitsstunden im Bemessungszeitraum. Einschränkungen des Leistungsvermögens bleiben unberücksichtigt, wenn Arbeitslosengeld nach § 145 geleistet wird. Bestimmt sich das Bemessungsentgelt nach § 152, ist insoweit die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit maßgebend, die bei Entstehung des Anspruchs für Angestellte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt.