Bundessozialgericht Beschluss, 08. Mai 2018 - B 1 KR 3/18 B

ECLI:ECLI:DE:BSG:2018:080518BB1KR318B0
bei uns veröffentlicht am08.05.2018

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21. November 2017 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Kläger ist mit seinem Begehren, ihm eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme zu gewähren, bei der Beklagten und den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat zur Begründung - unter teilweiser Bezugnahme auf die SG-Entscheidung - ausgeführt, bei dem Kläger sei nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme nicht erforderlich, da die Möglichkeiten der ambulanten Krankenbehandlung noch nicht ausgeschöpft seien (Urteil vom 21.11.2017).

2

Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.

3

II. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes des Verfahrensfehlers(§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

4

1. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde auf den Zulassungsgrund des Verfahrensfehlers stützt, muss zu seiner Bezeichnung (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dartun, also die Umstände schlüssig darlegen, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 36). Daran fehlt es. Der Kläger erfüllt mit seinem Vorbringen nicht diese Anforderungen an die Darlegung eines Verfahrensfehlers.

5

Wer sich auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG stützt, muss ua einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, die Rechtsauffassung des LSG wiedergeben, aufgrund der bestimmte Tatsachen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen und die von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände darlegen, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten(vgl zB BSG Beschluss vom 20.7.2010 - B 1 KR 29/10 B - RdNr 5 mwN; BSG Beschluss vom 1.3.2011 - B 1 KR 112/10 B - Juris RdNr 3 mwN). Hierzu gehört nach ständiger Rspr des BSG die Darlegung, dass ein anwaltlich vertretener Beteiligter einen Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt und noch zumindest hilfsweise aufrechterhalten hat (vgl dazu BSG Beschluss vom 14.6.2005 - B 1 KR 38/04 B - Juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 25.4.2006 - B 1 KR 97/05 B - RdNr 6; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Zwar sind an Form, Inhalt, Formulierung und Präzisierung eines Beweisantrags verminderte Anforderungen zu stellen, wenn der Kläger - wie hier - in der Berufungsinstanz durch keinen rechtskundigen Prozessbevollmächtigten vertreten war (vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 1 RdNr 6; BSG Beschluss vom 1.3.2006 - B 2 U 403/05 B - Juris RdNr 5). Auch ein unvertretener Kläger muss aber dem Gericht deutlich machen, dass er noch Aufklärungsbedarf sieht (vgl BSG Beschluss vom 24.7.2012 - B 2 U 103/12 B - Juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 27.7.2016 - B 1 KR 38/16 B - RdNr 4). Erfolgt - wie hier - eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit eines unvertretenen Klägers, hat er diese Verdeutlichung grundsätzlich in der mündlichen Verhandlung vorzunehmen. Schweigt darüber die Sitzungsniederschrift, genügt es, dass ausnahmsweise besondere Umstände den Schluss nahe legen, dass er auch in der mündlichen Verhandlung an der Forderung nach weiterer Beweiserhebung festgehalten hat.

6

An entsprechenden Darlegungen fehlt es. Der Kläger trägt zwar vor, er habe bereits in seiner Berufungsbegründung vom 25.1.2017 die Einholung eines fachorthopädischen Gutachtens beantragt. Er habe im Rahmen des Berufungsverfahrens dargelegt, dass sich sein Gesundheitszustand seit Beginn des sozialgerichtlichen Verfahrens, insbesondere auch seit der letzten Begutachtung durch den Sachverständigen Dr. W. im Dezember 2016 wesentlich verschlechtert habe. Er habe zudem dem LSG ein weiteres fachärztliches Attest seiner Hausärztin vom 30.7.2017 vorgelegt, in dem diese die stationäre Rehabilitationsmaßnahme nach wie vor für notwendig erachtet habe. Der Kläger trägt jedoch nicht vor, dass er auch in der mündlichen Verhandlung, in der er anwesend war, an der Notwendigkeit einer weiteren Beweiserhebung festgehalten hat. Was in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde, bleibt offen. Auch das in der Beschwerde dargelegte Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren genügt nicht für den Schluss, dass er in der mündlichen Verhandlung an der Forderung nach weiterer konkreter Beweiserhebung festgehalten hat.

7

Der Kläger legt auch nicht hinreichend dar, wieso das LSG sich nach seiner materiell-rechtlichen Rechtsauffassung zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen (vgl hierzu BSG SozR 1500 § 160 Nr 5 S 5 f; BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 9; BSG Beschluss vom 7.9.2007 - B 1 KR 83/07 B - Juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 12.2.2014 - B 1 KR 30/13 B - RdNr 9). Der Kläger trägt lediglich vor, dass sich sein gesundheitlicher Zustand seit der letzten Begutachtung verschlechtert habe. Er geht jedoch nicht darauf ein, dass das Berufungsgericht eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme schon deswegen nicht für erforderlich gehalten hat, weil er die (vorrangigen) Möglichkeiten der ambulanten Krankenbehandlung bisher nicht ausgeschöpft habe. Der Kläger führt nicht näher aus, weshalb es aus der rechtlichen Sicht des LSG auf eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers ankommen kann, ohne dass zugleich die ambulanten Behandlungsmaßnahmen erfolglos intensiviert worden wären.

8

2. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

9

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

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(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder

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Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

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(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

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Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfu

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(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschieß

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Tenor Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 20. September 2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozi

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Tenor Auf die Beschwerde der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 4. August 2010 aufgehoben.

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(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfung ohne mündliche Verhandlung erfolgt durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 4. August 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Die 1953 geborene, bei der beklagten Ersatzkasse versicherte Klägerin leidet ua an einem chronischen Schmerzsyndrom im Bereich der Wirbelsäule sowie Fibromyalgie. Ihr wurde zuletzt im Jahr 2002 eine stationäre Maßnahme zur Rehabilitation (Reha) gewährt. Die Klägerin ist mit ihrem im Oktober 2005 an die Beklagte herangetragenen Begehren auf Gewährung einer ambulanten Vorsorgekur (bzw einer entsprechenden Reha-Maßnahme) in erster Instanz nach Einholung von Befundberichten in dem Sinne erfolgreich gewesen, dass das SG die Beklagte zur Gewährung einer stationären Vorsorgemaßnahme verurteilt hat. Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das erstinstanzliche Urteil ohne weitere Ermittlungen aufgehoben und die Klage abgewiesen: Das SG-Urteil überzeuge nicht. Eine stationäre Vorsorgeleistung sei nicht beantragt worden und daher nicht Streitgegenstand gewesen. Der Senat halte zudem - vorliegenden Gutachten von Ärzten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) folgend, die der behandelnde Arzt Dr. G. insoweit bestätigt habe - ambulante Maßnahmen am Wohnort gegenüber einer ambulanten Vorsorgemaßnahme an einem anerkannten Kurort für ausreichend. Aus gleichen Gründen lägen auch die Voraussetzungen für eine Reha-Maßnahme nach § 40 SGB V nicht vor(Urteil vom 4.8.2010).

2

Nunmehr wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil und rügt ua Verfahrensfehler.

3

II. 1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil ist zulässig. Die Klägerin hat sie fristgerecht erhoben und jedenfalls einen zur Zulassung der Revision führenden Verfahrensfehler hinreichend bezeichnet, indem sie die Voraussetzungen eines Verstoßes des LSG gegen § 103 SGG darlegt(§ 160a Abs 2 Satz 3 iVm § 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann die Beschwerde auf die Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) allerdings nur gestützt werden, wenn sich der Verfahrensmangel auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Solche Rüge muss folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) Darlegung der von dem Beweisantrag berührten Tatumstände, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (5) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf dem angeblich fehlerhaften Unterlassen der Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (vgl zum Ganzen: BSG SozR 1500 § 160 Nr 5, 35, 45 und § 160a Nr 24, 34). Diesen Darlegungserfordernissen wird unter Punkt I. 1. der Beschwerdebegründung vom 15.11.2010 im Kern entsprochen.

4

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Jedenfalls die gerügte Verletzung des § 103 SGG durch das LSG ist zu bejahen. Die Klägerin beruft sich zu Recht darauf, dass sich das LSG verfahrensfehlerhaft nicht veranlasst gesehen hat, in medizinische Ermittlungen von Amts wegen zu der Frage einzutreten, ob die Leiden der Klägerin - ähnlich wie bei der im Jahr 2002 durchgeführten Maßnahme - erneute intensive medizinische Vorsorge- oder Reha-Maßnahmen außerhalb ihres Wohnorts erfordern. Auch wenn eine Nichtzulassungsbeschwerde auf die Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) nicht gestützt werden kann, durfte das LSG sich hier aufgrund des Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren zu ihrem Krankheitsbild zur Begründung für die Klageabweisung nicht allein auf die aus neurologisch-psychiatrischer Sicht durch Dr. G. bestätigte Beurteilung der MDK-Ärzte stützen, eine ambulante Behandlung am Wohnort reiche aus. Denn das von der Klägerin geäußerte Begehren zielte bei verständiger Würdigung auf die Durchführung von weiteren Ermittlungsmaßnahmen für den Fall ab, dass das LSG nicht dem SG darin folgen wollte, dass nach dem Ergebnis der Ermittlungen ambulante Behandlungsmaßnahmen der Klägerin an ihrem Wohnort gerade nicht ausreichten. Die Klägerin hat im Berufungsverfahren wiederholt die erfolgte "Beweiserhebung" durch die MDK-Ärzte beanstandet und deutlich gemacht, dass sie insoweit von der "Notwendigkeit einer Berichtigung/Wiederaufnahme" ausging, um ihr "Rechtsschutzbedürfnis" zu wahren (Schriftsätze vom 5.6., 8.7. und 1.8.2010). An anderer Stelle hat sie unter Hinweis auf von der MDK-Beurteilung abweichende medizinische Unterlagen die "Feststellung der Unzulässigkeit der Rücknahme/Überarbeitung eines (früheren) MDK-Berichtes" gerügt und damit ebenfalls ausdrücklich auf die Durchführung von Beweiserhebungen zur Beurteilung ihres aktuellen Gesundheitszustandes vor allem auf orthopädischem und lungenfachärztlichem Gebiet sowie der sich daraus ergebenden Folgen für den geltend gemachten Leistungsanspruch gedrungen (Schriftsätze vom 14. und 19.6.2010). Im Schriftsatz vom 1.8.2010 hat sie ua im Zusammenhang mit ihrem Wirbelsäulenleiden noch einmal erklärt, sie sei "weiterhin bereit, zur Klärung des Sachverhalts beizutragen" und erneut auf aus ihrer Sicht nötige eilbedürftige "Beweiserhebung" hingewiesen. Wenn das LSG vor diesem Hintergrund trotz der gleichen, vom SG zur Verurteilung der Beklagten herangezogenen Stellungnahmen der behandelnden Ärzte keine Veranlassung sah, iS von § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG überhaupt das Vorliegen von Beweisanträgen zu thematisieren, und Ermittlungen zur weiteren Sachverhaltsaufklärung nicht in Betracht zog, erscheint dies verfahrensfehlerhaft. Von einer hinreichend geklärten Tatsachenbasis kann hiernach nicht ausgegangen werden. Dabei kann der Klägerin insbesondere nicht etwa entgegengehalten werden, dass im Berufungsverfahren kein konkreter Beweisantrag gestellt worden sei, der mithin auch vom LSG nicht habe übergangen werden können (zu den Anforderungen daran vgl allgemein BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 20); denn nach ständiger Rechtsprechung des BSG kann nur von einem Beteiligten, der von einem berufsmäßig rechtskundigen Bevollmächtigten vertreten ist, angenommen werden, dass zuvor schriftlich gestellte Beweisanträge bewusst nicht mehr weiterverfolgt werden sollen, wenn sie in der abschließenden mündlichen Verhandlung (in der die Klägerin hier nicht anwesend war) nicht mehr gestellt werden, nicht aber dann, wenn - wie hier - ein Rechtsuchender unvertreten ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 1 RdNr 5 und Nr 13 RdNr 11; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 160 RdNr 18c mwN). Es liegt hier auch nahe, dass das LSG nach dem bei der Klägerin bestehenden Leidensbild bei Durchführung von Beweiserhebungen zum Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen für ambulante Maßnahmen außerhalb des Wohnorts nach § 23 Abs 2 bzw (vom LSG selbst alternativ iS von § 106 Abs 1, § 112 Abs 2 Satz 2 SGG angesprochen und geprüft) nach § 40 Abs 1 SGB V zu einer teilweisen Bestätigung der Verurteilung der Beklagten durch das SG hätte gelangen können; dabei ist es mit Blick auf § 14 Abs 2 SGB IX ohne Belang, dass - wie von der Beklagten in der Berufungsschrift geltend gemacht - möglicherweise eine vorrangige Leistungspflicht des Rentenversicherungsträgers für Reha-Maßnahmen in Betracht kam.

5

3. Nach § 160a Abs 5 SGG kann das BSG in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisen, wenn die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen, was - wie ausgeführt - hier der Fall ist. Der Senat macht von dieser Möglichkeit Gebrauch. Dem steht nicht entgegen, dass sich die Klägerin auch auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG) beruft. Denn das BSG kann die angefochtene Entscheidung auch dann wegen eines Verfahrensmangels aufheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurückverweisen, wenn die Beschwerde zusätzlich auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache oder Divergenz gestützt ist, der Verfahrensmangel aber selbst bei Zulassung der Revision voraussichtlich zur Zurückverweisung führen würde (BSG, Beschluss vom 23.5.2006 - B 13 RJ 253/05 B; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 160a RdNr 19d mwN). So liegen die Dinge hier angesichts der von der Klägerin zusätzlich aufgeworfenen Frage zu den erhöhten Anforderungen an die Amtsermittlungspflicht bei nicht anwaltlicher Vertretung und der geltend gemachten Abweichung von höchstrichterlichen Rechtsgrundsätzen bei widerstreitenden Sachverständigengutachten.

6

4. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der Entscheidung des LSG vorbehalten.

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 20. September 2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Arbeitsunfalls (Bescheid vom 28.7.2008 und Widerspruchsbescheid vom 26.2.2009). Das SG München hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 29.7.2010). Das Bayerische LSG hat die Berufung zurückgewiesen. Es sei nicht nachgewiesen, dass der Kläger am 8.5.2007 auf dem Weg von der Arbeit nach Hause einen Verkehrsunfall erlitten habe (Urteil vom 20.9.2011).

2

Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde rügt der Kläger ua die Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG). Das LSG sei einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt. Das Berufungsgericht habe von der Vernehmung seiner Mutter als Zeugin abgesehen, die er mit Schriftsätzen vom 21.7. und 19.9.2011 als Zeugin zum Unfallhergang benannte habe. Das LSG habe gemeint, die Zeugin könne nur zu den Unfallfolgen aussagen.

3

II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil des LSG ist unter Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz des § 103 SGG ergangen.

4

Die Beschwerdebegründung genügt den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG. Sie bezeichnet die Tatsachen, aus denen sich der Verfahrensmangel einer Verletzung der Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen ergibt (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Der Kläger hat hinreichend deutlich gemacht, warum sich das LSG zu der von ihm beantragten Beweiserhebung hätte gedrängt fühlen müssen. Dabei war zu berücksichtigen, dass der Kläger im Berufungsverfahren nicht von einem rechtskundigen Bevollmächtigten vertreten war (vgl dazu BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 1 RdNr 5, Nr 13 RdNr 11, jeweils mwN). In der Beschwerdebegründung wird auch dargetan, dass die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensfehler beruhen kann.

5

Das Berufungsgericht hat die Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (§ 103 SGG) dadurch verletzt, dass es eine Vernehmung der als Zeugin benannten Mutter des Klägers unterlassen hat.

6

Der Kläger hat einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag gestellt, mit dem sowohl das Beweismittel als auch das Beweisthema angegeben und aufgezeigt worden ist, über welche Tatsachen im Einzelnen Beweis erhoben werden soll (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 6). Mit seinen vor der mündlichen Verhandlung vom 20.9.2011 beim LSG eingegangenen Schreiben vom 21.7. und 19.9.2011 hat der Kläger Beweis angetreten durch Vernehmung seiner Mutter als Zeugin "zum Unfallhergang". Dieser Beweisantrag war auf ein zulässiges und geeignetes Beweismittel gerichtet. Mit dem bezeichneten Beweisthema sind die Geschehnisse während des behaupteten Verkehrsunfalls als die Tatsachen genannt, zu denen die Mutter hätte aussagen sollen.

7

Das Übergehen eines Beweisantrags ist allerdings nur dann ein Verfahrensmangel, wenn das LSG vor seiner Entscheidung darauf hingewiesen wurde, dass der Beteiligte die Amtsermittlungspflicht des Gerichts noch nicht als erfüllt ansieht. Daher muss der Beweisantrag zumindest bei rechtskundig vertretenen Beteiligten in der abschließenden mündlichen Verhandlung gestellt oder aufrechterhalten worden sein. Das gilt auch in den Verfahren, in denen der Kläger vor dem LSG nicht rechtskundig vertreten war. Zwar sind in einem solchen Fall weniger strenge Anforderungen an die Form und den Inhalt eines Beweisantrags zu stellen. Auch ein unvertretener Kläger muss aber dem Gericht deutlich machen, dass er noch Aufklärungsbedarf sieht. Nimmt der Kläger den abschließenden Verhandlungstermin nicht wahr, darf das Tatsachengericht grundsätzlich davon ausgehen, dass an zuvor gestellten Beweisanträgen nicht festgehalten wird. Das gilt aber dann nicht, wenn der Beteiligte - wie hier - unmittelbar vor dem Termin hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass auch im Falle seines Fernbleibens über die von ihm schriftsätzlich gestellten Beweisanträge entschieden werden soll (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 35). Der Kläger hat mit seinem einen Tag vor der mündlichen Verhandlung beim LSG eingegangenen Schreiben vom 19.9.2011 darauf hingewiesen, den Verhandlungstermin aus gesundheitlichen und finanziellen Gründen nicht wahrnehmen zu können und Beweis angetreten durch Vernehmung seiner Mutter als Zeugin "zum Unfallhergang".

8

Dem Beweisantrag ist das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt. "Ohne hinreichende Begründung" ist nicht formell, sondern materiell im Sinne von "ohne hinreichenden Grund" zu verstehen (BSG SozR 1500 § 160 Nr 5). Entscheidend ist, ob sich das LSG von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus hätte gedrängt fühlen müssen, den beantragten Beweis zu erheben (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 9),weil nach den dem LSG vorliegenden Beweismitteln Fragen zum tatsächlichen Sachverhalt aus seiner rechtlichen Sicht erkennbar offen geblieben sind, damit zu einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts zwingende Veranlassung bestanden hat und die so zu ermittelnden Tatsachen nach der Rechtsauffassung des LSG entscheidungserheblich sind (BSG vom 19.6.2008 - B 2 U 76/08 B - mwN). Einen Beweisantrag darf es nur ablehnen, wenn es auf die ungeklärte Tatsache nicht ankommt, diese Tatsache als wahr unterstellt werden kann, das Beweismittel völlig ungeeignet oder unerreichbar ist, die behauptete Tatsache oder ihr Fehlen bereits erwiesen ist oder die Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist (BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 12 RdNr 10).

9

Danach hätte das LSG von einer Vernehmung der als Zeugin benannten Mutter des Klägers nicht absehen dürfen. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass ein Verkehrsunfall nicht nachgewiesen sei. Auf die Vernehmung der Mutter des Klägers als Zeugin komme es nicht an, da diese nach den Angaben des Klägers nur zu den Unfallfolgen aussagen könne. Indes hat der Kläger mit Schriftsatz vom 19.9.2011 seine Mutter als Zeugin "zum Unfallhergang" und nicht zu den Unfallfolgen benannt. Aus welchen Tatsachen sich ergeben könnte, dass die Mutter die in ihr Wissen gestellten Tatsachen nicht wahrgenommen haben kann, hat das LSG nicht aufgezeigt.

10

Das angefochtene Urteil kann auf dem Verfahrensfehler beruhen. Es ist nicht auszuschließen, dass es ohne den Verfahrensfehler zu einem für den Kläger günstigeren Ergebnis gekommen wäre.

11

Angesichts dieses Verfahrensmangels kann die vom Kläger außerdem erhobene Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör dahingestellt bleiben.

12

Liegen - wie hier - die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vor, kann das Bundessozialgericht auf die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil wegen des festgestellten Verfahrensfehlers aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisen(§ 160a Abs 5 SGG). Der Senat macht von dieser Möglichkeit Gebrauch.

13

Das LSG wird auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. Februar 2013 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Die bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin ist mit ihrem Begehren auf Freistellung von den Kosten einer ambulanten Liposuktion mit vier Behandlungseinheiten im Verwaltungsverfahren und auf Kostenerstattung der 2011 durchgeführten Behandlungen in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, die Klage sei unzulässig, soweit die Klägerin Kostenerstattung für die Liposuktion der Arme geltend mache, weil es insoweit an einer Entscheidung der Beklagten fehle. Im Übrigen sei die Liposuktion der Beine nicht Gegenstand einer Sachleistung, weil eine positive Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) fehle. Ein Systemversagen liege nicht vor. Die gegenüber dem GBA antragsberechtigten Stellen hätten nicht willkürlich oder aufgrund sachfremder Erwägungen von einem Antrag abgesehen. Unter Berücksichtigung der Erkenntnisse des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung erlaubten die vorliegenden Studien keine verlässliche Nutzen-Risiko-Abwägung; die vorhandenen medizinischen Leitlinien seien nicht evidenzbasiert. Ein Anspruch nach Maßgabe der grundrechtsorientierten Leistungsauslegung komme hier nicht in Betracht. Aus dem Lipödem erwachsende psychische Beschwerden seien psychotherapeutisch zu behandeln. Den im Schriftsatz der Klägerin vom 6.2.2013 enthaltenen Beweisanträgen könne mangels eines weiteren Ermittlungsbedarfs nicht entsprochen werden (Urteil vom 7.2.2013).

2

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.

3

II. Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und des Verfahrensfehlers.

4

1. Die Klägerin legt die für eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) notwendigen Voraussetzungen nicht in der gesetzlich gebotenen Weise dar. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN).

5

Die Klägerin formuliert zwar folgende Frage:

        

"Stellt es ein Systemversagen dar, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss bei der Behandlungsmethode 'Liposuktion bei Lipödemen' ein Verfahren zur Anerkennung als Behandlungsmethode im gesetzlichen Leistungssystem nicht oder nicht rechtzeitig durchführt, wenn diese Methode anerkannte Behandlungsmethode ist?"

6

Der Senat lässt offen, ob die Klägerin damit eine Rechtsfrage hinreichend klar formuliert hat. Jedenfalls legt sie deren Klärungsbedürftigkeit nicht hinreichend dar. Das Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren fehlt, wenn ihre Beantwortung nach der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung keinem vernünftigen Zweifel unterliegt, die Frage also "geklärt ist" (vgl zB BSG Beschluss vom 21.10.2010 - B 1 KR 96/10 B - RdNr 7 mwN). Die Klägerin verweist selbst auf Entscheidungen des erkennenden Senats (BSG SozR 3-2500 § 138 Nr 2; BSGE 95, 132 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3; s ferner auch BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 10 RdNr 24 - neuropsychologische Therapie; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 18 - LITT) und speziell zur Liposuktion auf seinen Beschluss vom 10.5.2012 (BSG SozR 4-2500 § 140f Nr 1). Sie legt nicht hinreichend dar, wieso danach in rechtlicher Hinsicht noch Klärungsbedarf verblieben ist. Unerheblich ist insoweit, dass ggf neuere tatsächliche Erkenntnisse im Fall einer bestimmten Behandlungsmethode zur Annahme eines Systemversagens führen können. Die Frage nach dem Vorliegen solcher neuerer Erkenntnisse wirft keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf. Fragen tatsächlicher Art können nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache führen, wenn lediglich die Klärungsbedürftigkeit konkret-individueller oder so genannter allgemeiner (genereller) Tatsachen von nicht normativer Qualität betroffen ist.

7

Die Klägerin legt auch nicht hinreichend dar, wieso die speziell auf die Liposuktion bei Lipödemen ausgerichtete Fragestellung über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist. Sie setzt sich nicht mit der Rechtsprechung auseinander, wonach die Frage nach den Therapiemöglichkeiten für ein einzelnes Leiden und dem darauf bezogenen krankenversicherungsrechtlichen Behandlungsanspruch regelmäßig keine Rechtsfrage von "grundsätzlicher" Bedeutung ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 9 RdNr 5 ff; BSG Beschluss vom 14.5.2007 - B 1 KR 16/07 B - Juris RdNr 6).

8

2. Die Klägerin bezeichnet auch einen Verfahrensmangel nicht ausreichend. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf stützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), muss die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert darlegen, um den Verfahrensmangel zu bezeichnen (§ 160a Abs 2 S 3 SGG; vgl hierzu zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 36).

9

Die Klägerin rügt zwar die Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG), legt aber die erforderlichen Umstände einer Pflichtverletzung nicht dar. Wer sich auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG stützt, muss ua einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag(zur ausreichenden Wiedergabe nicht protokollierter Beweisanträge in den Urteilsgründen vgl BSG Beschluss vom 23.7.2013 - B 1 KR 84/12 B - RdNr 5 mwN) bezeichnen, die Rechtsauffassung des LSG wiedergeben, aufgrund der bestimmte Tatsachen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen und die von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände darlegen, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten (vgl zB BSG Beschluss vom 20.7.2010 - B 1 KR 29/10 B - RdNr 5 mwN; BSG Beschluss vom 1.3.2011 - B 1 KR 112/10 B - Juris RdNr 3 mwN). Die Klägerin gibt nicht hinreichend die Rechtsauffassung des LSG wieder, aufgrund der bestimmte Tatsachen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, die von Beweisanträgen umfasst sind. Dies betrifft die von ihr gestellten Beweisanträge mit dem Ziel der Feststellungen, dass ihre bisherige konservative Behandlung erfolglos gewesen sei und auch erfolglos bleiben müsse, dass daneben - abgesehen von der Liposuktion - keine weitere Therapiealternative bestehe und dass das Lipödem bei ihr zu Persönlichkeitsveränderungen mit suizidalen Tendenzen geführt habe. Soweit sie einen vom LSG abweichenden materiell-rechtlichen Standpunkt einnimmt, vernachlässigt sie, dass die Rechtsauffassung des LSG maßgebend ist. Indem die Klägerin rügt, das LSG habe ihrem Beweisantrag nicht entsprochen, dass die Liposuktion eine mittlerweile anerkannte Therapiealternative sei, greift sie lediglich die Beweiswürdigung des LSG an. Eine auf (behauptete) fehlerhafte Beweiswürdigung gestützte Rüge ist jedoch ausdrücklich nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ohne Belang. Hiervon ausgehend legt die Klägerin auch nicht hinreichend dar, wieso sich das LSG ausgehend von seiner Rechtsauffassung hätte gedrängt fühlen müssen, bei dem Vorsitzenden des GBA nach dem Verfahrensstand über die Prüfung der Liposuktion als neue Behandlungsmethode des Lipödem nachzufragen.

10

3. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

11

4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.