Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 26/03 Verkündet am:
15. Dezember 2004
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Abs. 1 und 2, 1615 l Abs. 2 und 3

a) Der Selbstbehalt des Vaters im Rahmen des Unterhaltsanspruchs der nicht verheirateten
Mutter nach § 1615 l Abs. 2 BGB ist in der Regel mit einem Betrag zu
bemessen, der zwischen dem angemessenen Selbstbehalt nach § 1603 Abs. 1
BGB und dem notwendigen Selbstbehalt nach § 1603 Abs. 2 BGB liegt (im Anschluß
an Senatsurteil vom 1. Dezember 2004 - XII ZR 3/03 - zur Veröffentlichung
bestimmt).

b) Die Väter mehrerer - nicht aus einer Ehe hervorgegangener - Kinder haften für
den Unterhaltsbedarf der nicht verheirateten Mutter gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 1
BGB anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen (im Anschluß an
Senatsurteil vom 21. Januar 1998 - XII ZR 85/96 - FamRZ 1998, 541 ff.).
BGH, Urteil vom 15. Dezember 2004 - XII ZR 26/03 - OLG Düsseldorf
AG Emmerich
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Dezember 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 13. Dezember 2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht – Emmerich am Rhein vom 14. März 2002 zurückgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Unterhalt nach § 1615 l BGB aus Anlaß der Geburt eines Kindes. Der Beklagte ist Vater des am 15. Mai 2001 geborenen Sohnes der Klägerin. Er hat seine Unterhaltspflicht für das Kind in Höhe von 100 % des jeweiligen Regelbetrages anerkannt.
Die Klägerin ist Mutter einer weiteren Tochter, die am 18. April 1997 geboren wurde und von einem anderen Mann abstammt. Von dem Vater dieser Tochter begehrt sie ebenfalls Unterhalt gemäß § 1615 l Abs. 2 BGB, und zwar über die Dauer von drei Jahren seit der Geburt des Kindes hinaus. Das Oberlandesgericht Hamm (Az: 5 UF 262/04) hat diesen Rechtsstreit ausgesetzt und die Sache dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung der Frage vorgelegt , ob die grundsätzlich dreijährige Befristung des Anspruchs auf Unterhalt aus Anlaß der Geburt mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im vorliegenden Verfahren verbleiben dem Beklagten von seinen anrechenbaren monatlichen Erwerbseinkünften nach Abzug des Kindesunterhalts monatlich 1.211 €. Das Amtsgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin Unterhaltsrückstände sowie laufenden Unterhalt ab November 2001 in Höhe von monatlich 128 € unter Anrechnung „zwischenzeitlich freiwillig gezahlter Beträge“ zu zahlen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht das Urteil abgeändert und den Beklagten verurteilt, höhere Unterhaltsrückstände sowie laufenden Unterhalt von zuletzt monatlich 211 € zu zahlen. Mit der zugelassenen Revision begehrt die Klägerin weitere Unterhaltsrückstände sowie laufenden Unterhalt ab November 2001 in Höhe von monatlich 291,44 €.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg und führt im Umfang der Anfechtung zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat der Klage nur in eingeschränktem Umfang stattgegeben, weil der Beklagte nach Abzug des gemäß § 1615 l Abs. 3 Satz 3 BGB vorrangig zu berücksichtigenden Kindesunterhalts und des zu berücksichtigenden angemessenen Selbstbehalts nur in diesem Umfang leistungsfähig sei. Ihm müsse im Rahmen seiner Unterhaltspflicht aus Anlaß der Geburt gemäß §§ 1615 l Abs. 3 Satz 1, 1603 Abs. 1 BGB der gleiche angemessene Selbstbehalt verbleiben, wie es im Rahmen einer Unterhaltspflicht gegenüber volljährigen Kindern der Fall sei. Dieser belaufe sich für die Zeit bis Juni 2001 auf 1.800 DM, für die Zeit von Juli bis Dezember 2001 auf 1.960 DM und für die Zeit ab Januar 2002 auf 1.000 €. Daß dem Unterhaltsschuldner im Vergleich hierzu gegenüber dem Anspruch auf nachehelichen Betreuungsunterhalt nur der geringere Selbstbehalt verbleibe, führe nicht zu einer gleichheitswidrigen Behandlung. Der geringere Selbstbehalt des getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten sei durch ein besonderes Maß an Solidarität und Beistandspflicht aus der früheren Ehe geboten. Zwar bedürfe ein nicht in der Ehe geborenes Kind gleichermaßen der Pflege und Erziehung wie ein Kind, das aus der Ehe seiner Eltern hervorgegangen sei. Das ändere aber nichts daran, daß die nicht verheiratete Mutter hinsichtlich der Sicherung ihres Unterhalts in einer anderen Situation sei als die getrennt lebende oder geschiedene Mutter. Von der nicht verheirateten Mutter werde erwartet, daß sie die Betreuung des Kindes notfalls zu Lasten ihres eigenen Unterhaltsbedarfs sicherstelle, soweit im Rahmen ihres Unterhaltsanspruchs Bedarfslücken verblieben.

II.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält den Angriffen der Revision nicht stand. 1. Zwar unterliegt eine vom Tatrichter nach Billigkeitsgesichtspunkten getroffene Entscheidung - wie hier über die Frage, ab wann der eigene angemessene Unterhalt des nach § 1615 l Abs. 2 BGB unterhaltspflichtigen Vaters gefährdet wäre - nur in eingeschränktem Umfang der revisionsrechtlichen Überprüfung. Eine solche ist aber dann eröffnet, wenn die tatrichterliche Entscheidung den gesetzlich vorgegebenen Ermessensspielraum nicht ausschöpft oder gesetzlich vorgegebene Wertungen außer Betracht läßt (Senatsurteil vom 18. Oktober 1989 - IVb ZR 89/88 - BGHZ 109, 72, 88 = FamRZ 1990, 262, 266). Das ist hier schon deshalb der Fall, weil das Berufungsgericht die gesetzlich vorgeschriebene individuelle Billigkeitsabwägung durch den Hinweis auf einen einheitlichen Selbstbehalt für den Verwandtenunterhalt ersetzt hat, ohne dem besonderen Schutzzweck des Unterhaltsanspruchs aus § 1615 l Abs. 2 BGB Rechnung zu tragen. Insoweit ist es verfehlt, sich auch dann an feste Tabellen und Leitlinien zu halten, wenn andere Lebensverhältnisse zu beurteilen sind als diejenigen, auf die sie für den Regelfall abstellen (vgl. Senatsurteil vom 26. Februar 1992 - XII ZR 93/91 - FamRZ 1992, 795, 797). 2. Der Senat hat - nach Erlaß des angefochtenen Urteils - entschieden, daß auch der Selbstbehalt des unterhaltspflichtigen Vaters gegenüber dem Unterhaltsanspruch der nicht verheirateten Mutter nicht mit einem starren Betrag bemessen werden darf, sondern die besonderen Umstände des zu entscheidenden Falles zu berücksichtigen sind. Dabei hat der Tatrichter einen Selbstbehalt festzulegen, der jedenfalls nicht den notwendigen Selbstbehalt von gegenwärtig 840 € unterschreitet. Andererseits muß im Mangelfall der Selbstbe-
halt im Rahmen des Unterhaltsanspruchs nach § 1615 l Abs. 2 BGB regelmäßig hinter dem angemessenen Selbstbehalt, der gegenüber dem Unterhaltsanspruch volljähriger Kinder gilt und gegenwärtig 1.000 € beträgt, zurückbleiben. Deswegen wird es nicht zu beanstanden sein, wenn der Tatrichter im Regelfall von einem etwa hälftig zwischen diesen beiden Beträgen liegenden Selbstbehalt ausgeht (Senatsurteil vom 1. Dezember 2004 - XII ZR 3/03 - m.w.N., zur Veröffentlichung bestimmt).

III.

Im Rahmen der erneuten Verhandlung wird das Oberlandesgericht den Berufungsantrag der Klägerin - gegebenenfalls nach Anhörung der Parteien - ergänzend auszulegen haben. Dabei wird es zu berücksichtigen haben, daß die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erster Instanz Prozeßkostenhilfe ausdrücklich auch für einen Unterhaltsantrag ohne zeitliche Begrenzung begehrt hatte, die ihr mit Beschluß vom 14. April 2002 rückwirkend bewilligt worden ist. Entsprechend erfassen sowohl der Berufungsantrag der Klägerin als auch der Beschluß des Berufungsgerichts vom 31. Oktober 2002 über die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nach ihrem Wortlaut den laufenden monatlichen Unterhalt ohne eine ausdrückliche zeitliche Begrenzung auf die Dauer von drei Jahren seit der Geburt des Kindes. Das hat das Berufungsgericht nicht hinreichend berücksichtigt, wenn es meint, der Antrag der Klägerin sei "wie im ersten Rechtszug auf die Zeit bis einschließlich Mai 2004 begrenzt". Allerdings sind bislang weder Umstände festgestellt noch sonst ersichtlich, die gemäß § 1615 l Abs. 2 Satz 3 Hs. 2 BGB unter besonderer Berücksichtigung der Belange des Kindes einen Wegfall der Unterhaltspflicht nach Ablauf von drei Jahren seit der Geburt als grob unbillig darstellen könnten.
Das Berufungsgericht wird weiter zu berücksichtigen haben, daß mehrere unterhaltspflichtige Väter nach der Rechtsprechung des Senats, die auch auf die vorliegende Fallgestaltung anzuwenden ist, für den Unterhaltsbedarf der Mutter regelmäßig anteilig haften (vgl. Senatsurteil vom 21. Januar 1998 - XII ZR 85/96 - FamRZ 1998, 541, 543 f.). Für mehrere nach § 1615 l Abs. 2 BGB unterhaltspflichtige Väter folgt dieses schon aus einer unmittelbaren Anwendung der §§ 1615 l Abs. 3 S. 1, 1606 Abs. 3 S. 1 BGB. Deswegen wird es den Ausgang des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht Hamm (5 UF 262/04) zu berücksichtigen haben, in dem die Klägerin Unterhalt gemäß § 1615 l Abs. 2 BGB von dem Vater ihres am 18. April 1997 geborenen weiteren Kindes über die Vollendung dessen dritten Lebensjahres hinaus begehrt. Die Zurückverweisung des Rechtsstreits gibt dem Berufungsgericht auch Gelegenheit, den Unterhaltsanspruch für die ersten drei Jahre seit der Geburt des Kindes auf der Grundlage der nunmehr konkret feststehenden Einkünfte des Beklagten anstelle der bislang auf einer Prognose beruhenden anrechenbaren Einkünfte festzusetzen. Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

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Bundesgerichtshof Urteil, 15. Dez. 2004 - XII ZR 26/03 zitiert 5 §§.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1603 Leistungsfähigkeit


(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. (2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren min

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1581 Leistungsfähigkeit


Ist der Verpflichtete nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande, ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts dem Berechtigten Unterhalt zu gewähren, so braucht er nur i

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Bundesgerichtshof Urteil, 01. Dez. 2004 - XII ZR 3/03

bei uns veröffentlicht am 01.12.2004

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Tenor 1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Sinsheim vom 08.04.2004 (20 F 413/03) im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert: Der Beklagte wird verurteilt, Betreuungsunterh

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(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Ist der Verpflichtete nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande, ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts dem Berechtigten Unterhalt zu gewähren, so braucht er nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten der Billigkeit entspricht. Den Stamm des Vermögens braucht er nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre.

(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

(2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Den minderjährigen Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kind, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 3/03 Verkündet am:
1. Dezember 2004
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Abs. 2 und 3
Der dem Unterhaltsschuldner im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit für einen Unterhaltsanspruch
aus Anlaß der Geburt nach § 1615 l Abs. 2 BGB zu belassende Selbstbehalt ist
nicht generell mit dem Betrag zu bemessen, der als angemessener Selbstbehalt gegenüber
Unterhaltsansprüchen volljähriger Kinder im Rahmen des Verwandtenunterhalts gilt.
Wegen der weitgehenden Angleichung an Unterhaltsansprüche geschiedener Ehegatten
nach § 1570 BGB einerseits und dem Nachrang gegenüber Unterhaltsansprüchen minderjähriger
Kinder andererseits ist der Selbstbehalt vielmehr in der Regel mit einem Betrag zu
bemessen, der zwischen dem angemessenen Selbstbehalt nach § 1603 Abs. 1 BGB und
dem notwendigen Selbstbehalt nach § 1603 Abs. 2 BGB liegt.
BGH, Urteil vom 1. Dezember 2004 - XII ZR 3/03 - OLG Düsseldorf
AG Emmerich
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Dezember 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 13. Dezember 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Unterhalt nach § 1615 l BGB aus Anlaß der Geburt eines Kindes. Der Beklagte ist Vater der am 16. Juli 2001 geborenen Tochter der Klägerin. Er hat seine Unterhaltspflicht für das Kind in Höhe von 100 % des jeweiligen Regelbetrages abzüglich eines nach Anrechnung gemäß § 1612 b Abs. 5 BGB noch verbleibenden Kindergeldanteils anerkannt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erzielte der Beklagte mindestens monatliche anrechenbare Einkünfte in Höhe von zuletzt 1.227 €.
Auf den Unterhaltsanspruch der Klägerin, die in der fraglichen Zeit lediglich über Erziehungsgeld verfügte, zahlte er für den Zeitraum von Juli 2001 bis Januar 2002 insgesamt 728,31 €. In einer vollstreckbaren Urkunde verpflichtete er sich, an sie für die Zeit ab Februar 2002 bis längstens 15. Juli 2004 monatlich 107 € Unterhalt zu zahlen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung, mit der die Klägerin weitere Unterhaltsrückstände und ab Februar 2002 einen weiteren, über den titulierten Betrag hinausgehenden Unterhalt von ca. 167 € monatlich begehrt, blieb erfolglos. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr zweitinstanzliches Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

I.

Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, weil dem Beklagten nach Abzug des gemäß § 1615 l Abs. 3 Satz 3 BGB vorrangig zu berücksichtigenden Kindesunterhalts und des gezahlten bzw. titulierten Unterhalts für die Klägerin kein weiterer Betrag verbleibe, der seinen angemessenen Selbstbehalt übersteige. Ihm müsse im Rahmen seiner Unterhaltspflicht aus Anlaß der Geburt gemäß §§ 1615 l Abs. 3 Satz 1, 1603 Abs. 1 BGB der gleiche angemessene Selbstbehalt verbleiben, wie es im Rahmen einer
Unterhaltspflicht gegenüber volljährigen Kindern der Fall sei. Für die Zeit bis Ende 2001 belaufe dieser sich auf monatlich 1.960 DM, für die Zeit danach auf monatlich 1.000 €. Daß dem Unterhaltsschuldner nach §§ 1361, 1570 BGB nur der geringere Selbstbehalt verbleibe, führe nicht zu einer gleichheitswidrigen Behandlung. Der geringere Selbstbehalt des getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten sei durch ein besonderes Maß an Solidarität und Beistandspflicht aus der früheren Ehe geboten. Zwar bedürfe ein nicht in der Ehe geborenes Kind gleichermaßen der Pflege und Erziehung wie ein Kind, das aus der Ehe seiner Eltern hervorgegangen sei. Das ändere aber nichts daran, daß die nicht verheiratete Mutter hinsichtlich der Sicherung ihres Unterhalts in einer anderen Situation sei als die getrennt lebende oder geschiedene Mutter. Von der nicht verheirateten Mutter werde erwartet, daß sie die Betreuung des Kindes notfalls zu Lasten ihres eigenen Unterhaltsbedarfs sicherstelle, soweit im Rahmen ihres Unterhaltsanspruchs Bedarfslücken verblieben.

II.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält den Angriffen der Revision nicht stand. 1. Zwar unterliegt eine vom Tatrichter nach Billigkeitsgesichtspunkten getroffene Entscheidung, wie hier über die Frage, ab wann der eigene angemessene Unterhalt des nach § 1615 l Abs. 2 BGB unterhaltspflichtigen Vaters gefährdet wäre, nur in eingeschränktem Umfang der revisionsrechtlichen Überprüfung. Eine solche ist aber dann eröffnet, wenn die tatrichterliche Entscheidung den gesetzlich vorgegebenen Ermessensspielraum nicht ausschöpft oder gesetzlich vorgesehene Wertungen außer Betracht läßt (Senatsurteil vom 18. Oktober 1989 - IVb ZR 89/88 - BGHZ 109, 72, 88 = FamRZ 1990, 262,
266). Das ist hier schon deshalb der Fall, weil das Berufungsgericht die gesetzlich vorgeschriebene individuelle Billigkeitsabwägung durch den Hinweis auf einen einheitlichen Selbstbehalt für den Verwandtenunterhalt ersetzt hat, ohne dem besonderen Schutzzweck des Unterhaltsanspruchs aus § 1615 l Abs. 2 BGB Rechnung zu tragen. Insoweit ist es verfehlt, sich auch dann an feste Tabellen und Leitlinien zu halten, wenn andere Lebensverhältnisse zu beurteilen sind als diejenigen, auf die sie für den Regelfall abstellen (vgl. Senatsurteil vom 26. Februar 1992 - XII ZR 93/91 - FamRZ 1992, 795, 797). 2. Ansprüche der Mutter gegen den Vater aus Anlaß der Geburt sind in der jüngsten Vergangenheit mehr und mehr den Unterhaltsansprüchen getrennt lebender oder geschiedener Ehegatten angeglichen worden. Während das Gesetz ursprünglich in § 1715 BGB lediglich einen reinen Entschädigungsanspruch der nichtehelichen Mutter für Aufwendungen infolge der Schwangerschaft und Entbindung vorsah, hat der Gesetzgeber mit der - mehrfach geänderten - Vorschrift des § 1615 l Abs. 2 BGB nunmehr einen Unterhaltsanspruch geschaffen, der zwar - mit Verlängerungsmöglichkeit aus Billigkeitsgründen – auf drei Jahre befristet, im übrigen dem der geschiedenen Ehefrau aus § 1570 BGB aber im wesentlichen vergleichbar ist. Durch die Erweiterung des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt soll der Vater mehr in die Verantwortung dafür einbezogen werden, daß sein nicht aus einer Ehe hervorgegangenes Kind während der ersten drei Lebensjahre in den Genuß der persönlichen Betreuung durch die Mutter kommt, was durch den Unterhaltsanspruch sichergestellt wird. Der Anspruch findet deswegen seinen Grund darin, daß der Mutter während der ersten drei Lebensjahre ermöglicht werden soll, das Kind zu pflegen und zu erziehen , ohne auf eine Erwerbstätigkeit angewiesen zu sein. Insoweit unterscheidet sich der Anspruch in keiner Weise von dem Anspruch nach § 1570 BGB, der ebenfalls diesen Zweck verfolgt. Soweit die Ansprüche sich in der Dauer unterscheiden, findet dieses seinen Grund in der nachehelichen Solidari-
tät (vgl. zu allem Senatsurteil vom 17. November 2004 - XII ZR 183/02 - m.w.N. zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). 3. Diesem gesetzlichen Zweck des Unterhaltsanspruchs nach § 1615 l Abs. 2 BGB trägt das Berufungsurteil nicht hinreichend Rechnung.
a) § 1615 l Abs. 3 Satz 1 BGB erklärt für den Unterhaltsanspruch aus Anlaß der Geburt grundsätzlich die Vorschriften über die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten für entsprechend anwendbar. Aus diesem Grund wird in der Rechtsprechung (OLG Hamm FamRZ 1997, 632; OLG Oldenburg FamRZ 2000, 1521; OLG Schleswig OLGR 2000, 332; OLG München OLGR 2003, 340) und dem folgend in der Literatur durchgehend angenommen, daß dem unterhaltspflichtigen Vater stets der sog. große Selbstbehalt verbleiben müsse, wie dies bei Unterhaltsansprüchen volljähriger Kinder nach § 1603 Abs. 1 BGB der Fall sei (Wendl/Pauling, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 6 Rdn. 759 a; Schwab/Borth, Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. Teil IV Rdn. 1084; Johannsen/Henrich/Graba Eherecht 4. Aufl. § 1615 l BGB Rdn. 10; Luthin/Seidel, Handbuch des Unterhaltsrechts 10. Aufl. Rdn. 4219; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 9. Aufl. Rdn. 185; Eschenbruch, Der Unterhaltsprozess 3. Aufl. Rdn. 4024; Weinreich/Klein/Schwolow, Kompaktkommentar Familienrecht § 1615 l BGB Rdn. 20; FA-FamR/Gerhardt 4. Aufl. Kap. 6 Rdn. 211; a.A. für den Fall, daß die Eltern des Kindes zuvor in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen gelebt haben - Göppinger/Wax/Maurer, Unterhaltsrecht 8. Aufl. Rdn. 1259). Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
b) Nach der von § 1615 l Abs. 3 Satz 1 BGB in Bezug genommenen Vorschrift des § 1603 Abs. 1 BGB entfällt die Unterhaltspflicht, wenn der Unter-
haltspflichtige "bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren". Damit unterscheidet sich der Wortlaut kaum von dem des § 1581 BGB, der den Anspruch auf nachehelichen Ehegattenunterhalt in einen Billigkeitsanspruch übergehen läßt, wenn der Unterhaltspflichtige "unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande (ist), ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts dem Berechtigten Unterhalt zu gewähren“. Gleichwohl bemessen die Gerichte den Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen gegenüber Ansprüchen auf nachehelichen Unterhalt und auf Unterhalt sonstiger, etwa volljähriger Kinder unterschiedlich (vgl. Nr. 21.3 und 21.4 der Leitlinien der Oberlandesgerichte). Nach der Rechtsprechung des Senats kann der Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen bei Ansprüchen auf nachehelichen Ehegattenunterhalt nicht generell und für alle Fälle einheitlich festgelegt werden. Das würde dem unterschiedlichen Lebenszuschnitt in der jeweiligen Ehe und den sich daraus ergebenden dauerhaften Belastungen der geschiedenen Ehegatten nicht entsprechen. Zwar muß auch dem Unterhaltsschuldner nach den §§ 1361, 1570 BGB zumindest der notwendige Selbstbehalt verbleiben, der für Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder gilt und von den Leitlinien der Oberlandesgerichte gegenwärtig mit 840 € bemessen wird. Andererseits hat es der Senat aber aus Rechtsgründen nicht für vertretbar und auch nicht für billig gehalten, dem unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten regelmäßig nur diesen notwendigen Selbstbehalt zu belassen. Die darin zum Ausdruck kommende Gleichbehandlung des geschiedenen Ehegatten mit den minderjährigen Kindern, wie sie für das Rangverhältnis in § 1609 Abs. 2 Satz 1 BGB angeordnet ist, ist im Rahmen der Billigkeitsregelung nach § 1581 BGB zwischen den geschiedenen Ehegatten nicht gerechtfertigt, weil sie den Regelungshintergrund des § 1603 Abs. 2 BGB, der darin zu sehen ist, daß minderjährigen Kindern wegen ihres Alters
von vornherein die Möglichkeit verschlossen ist, durch eigene Anstrengungen zur Deckung ihres notwendigen Lebensbedarfs beizutragen, nicht hinreichend berücksichtigt (Senatsurteil vom 18. Oktober 1989 - IVb ZR 89/88 - BGHZ 109, 72, 85 = FamRZ 1990, 260, 265). Entsprechend kann auch der angemessene Selbstbehalt nach § 1603 Abs. 1 BGB, auf den § 1615 l Abs. 3 Satz 1 BGB für den Unterhaltsanspruch aus Anlaß der Geburt grundsätzlich verweist, nicht einheitlich und unabhängig vom Zweck des Unterhaltsanspruchs bemessen werden. Nach § 1609 Abs. 1 BGB stehen nicht alle Unterhaltsansprüche der Verwandten gleichrangig nebeneinander , sondern es gehen die Unterhaltsansprüche minderjähriger (und ihnen gleich gestellter) Kinder denen volljähriger, diejenigen der Abkömmlinge denen der Verwandten in der aufsteigenden Linie und dabei die Ansprüche der näheren denen der entfernteren Verwandten vor. Aus diesem Grund hat der Senat in seiner Rechtsprechung zum Elternunterhalt entschieden, daß der angemessene Eigenbedarf nicht losgelöst von der im Einzelfall vorliegenden Lebensstellung , die dem Einkommen, Vermögen und sozialen Rang des Verpflichteten entspricht, bestimmt und deshalb nicht durchgehend mit einem festen Betrag angesetzt werden kann. Der Senat hat es auch gebilligt, wenn bei der Ermittlung des für den Elternunterhalt einzusetzenden bereinigten Einkommens allein auf einen - etwa hälftigen - Anteil des Betrages abgestellt wird, der den an sich vorgesehenen Mindestselbstbehalt übersteigt. Dabei hat der Senat entscheidend auf den rechtlich vergleichsweise schwach ausgestalteten Charakter des Anspruchs auf Elternunterhalt abgestellt (vgl. Senatsurteile vom 23. Oktober 2002 - XII ZR 266/99 - BGHZ 152, 217, 225 ff.; vom 19. März 2003 - XII ZR 123/00 - BGHZ 154, 247, 258 f. und vom 17. Dezember 2003 - XII ZR 224/00 - FamRZ 2004, 370, 372).
Umgekehrt kann der gegenüber dem Unterhaltsanspruch volljähriger Kinder stärker ausgestaltete Charakter des Anspruchs auf Unterhalt aus Anlaß der Geburt auch zu einer stärkeren Haftung und damit zu einem geringeren Selbstbehalt führen als dieses auf der Grundlage des § 1603 Abs. 1 BGB für den Unterhaltsanspruch volljähriger Kinder der Fall ist. Dabei ist allerdings weniger auf den Rang eines Unterhaltsanspruchs als vielmehr auf seinen Grund und Charakter abzustellen. Denn obwohl der Unterhaltsanspruch geschiedener Ehegatten nach § 1609 Abs. 2 BGB im Rang demjenigen minderjähriger Kinder gleichsteht, betrifft die verschärfte Haftung nach § 1603 Abs. 2 BGB und die daraus hergeleitete höhere Opfergrenze allein die Unterhaltsansprüche minderjähriger (und ihnen gleich gestellter) Kinder. Dieser Gedanke ist auch auf den Unterhaltsanspruch der Mutter aus Anlaß der Geburt übertragbar. Schon im Rang geht dieser Anspruch nach § 1615 l Abs. 3 Satz 3 BGB zwar den Unterhaltsansprüchen minderjähriger Kinder oder einer Ehefrau nach, den Unterhaltsansprüchen sonstiger Verwandter des Unterhaltspflichtigen geht er aber vor. Insoweit unterscheidet sich der Unterhaltsanspruch nicht von demjenigen einer geschiedenen Ehefrau des Unterhaltsschuldners. Hinzu kommt - wie schon ausgeführt - der gemeinsame Schutzzweck der Unterhaltsansprüche nach § 1615 l Abs. 2 BGB und § 1570 BGB, nämlich der Mutter jedenfalls während der ersten drei Lebensjahre des Kindes die Pflege und Erziehung des Kindes zu ermöglichen. Aus Rechtsgründen ist es deswegen nicht hinnehmbar, wenn das Berufungsgericht den Selbstbehalt im Rahmen eines Unterhaltsanspruchs nach § 1615 l BGB grundsätzlich abweichend von demjenigen eines Unterhaltsanspruchs nach § 1570 BGB bemißt. 4. Auch bei der Bemessung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners ist somit entscheidend auf den Zweck des Unterhaltsanspruchs abzustellen.
Insoweit überzeugt die Begründung des Berufungsgerichts für die Annahme eines - gleichermaßen für den Unterhaltsanspruch gegenüber volljährigen Kindern geltenden - einheitlichen "großen Selbstbehalts" gemäß § 1603 Abs. 1 BGB nicht. Der Senat hat schon darauf hingewiesen, daß sich der Unterhaltsanspruch der Mutter aus Anlaß der Geburt nach § 1615 l Abs. 2 BGB nicht unerheblich von sonstigen Ansprüchen auf Verwandtenunterhalt unterscheidet (vgl. Senatsurteil vom 21. Januar 1998 – XII ZR 85/96 – FamRZ 1998, 541, 543 f.). Trotz der grundsätzlichen Verweisung in § 1615 l Abs. 3 Satz 1 BGB auf die Vorschriften über die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten geht der Unterhaltsanspruch der nicht verheirateten Mutter - wie ausgeführt - nach § 1615 l Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 BGB den Ansprüchen der übrigen Verwandten des Vaters vor. Auch erlischt der Unterhaltsanspruch der Mutter entgegen § 1615 Abs. 1 BGB nicht mit dem Tod des unterhaltspflichtigen Vaters (§ 1615 l Abs. 3 Satz 5 BGB). Deswegen und wegen der auch sonst weitgehenden Angleichung des Anspruchs an den Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB ist die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber der Mutter nach § 1615 l BGB eher mit dem Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau als mit dem Anspruch auf Verwandtenunterhalt vergleichbar (vgl. auch Senatsurteile vom 17. November 2004 aaO und vom 21. Januar 1998 aaO S. 543). Bei der Ausgestaltung des Unterhaltsanspruchs der Mutter gemäß § 1615 l Abs. 2 BGB ist deswegen entscheidend auf den Grund dieses Anspruchs abzustellen, nämlich der Mutter während der ersten drei Lebensjahre die Pflege und Erziehung des Kindes zu ermöglichen, ohne auf eine Erwerbstätigkeit angewiesen zu sein. Dieser gesetzlich verfolgte Zweck, der neben der fortgeltenden ehelichen Solidarität auch dem Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB zugrunde liegt, kann - im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Berufungsgerichts - nur durch einen zur Höhe ausreichenden Unterhaltsanspruch der Mutter sichergestellt werden. Insbesondere wenn die Mutter - wie hier - in
ohnehin beengten finanziellen Verhältnissen nicht einmal den für ihre Lebensführung zwingend notwendigen Bedarf erhielte, verbliebe ihr nicht die Möglichkeit , die Betreuung des Kindes zu Lasten des eigenen Unterhaltsbedarfs sicherzustellen. Die Mutter wäre dann entgegen dem ausdrücklichen Zweck der Unterhaltsvorschrift des § 1615 l Abs. 2 BGB gehalten, zu Lasten der Betreuung des Kindes eine eigene Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Insoweit unterscheidet sich der Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 BGB gerade nicht von dem Anspruch der geschiedenen Ehefrau wegen der Pflege oder Erziehung ehelicher Kinder gemäß § 1570 BGB. 5. Nur in dieser Auslegung genügt der Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 BGB auch den Anforderungen des Art. 6 Abs. 4 und 5 GG, der einen Anspruch jeder Mutter „auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft“ sicherstellt und es gebietet, den nichtehelichen Kindern "die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern". Danach muß auch einer nicht verheirateten Mutter die Wahl bleiben, bis zum Beginn des Kindergartenalters selbst für die Pflege und Erziehung des Kindes zu sorgen, ohne für ihren Lebensunterhalt auf eine eigene Erwerbstätigkeit angewiesen zu sein. Auch von Verfassungs wegen ist deswegen hinsichtlich des dem Unterhaltsschuldner zu belassenden Selbstbehalts eine Gleichbehandlung von Ansprüchen aus § 1615 l Abs. 2 BGB mit solchen nach § 1570 BGB geboten. Das hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt.

III.

Danach kann das Berufungsurteil nicht bestehen bleiben. Eine eigene Entscheidung in der Sache ist dem Senat indes verwehrt. Das Oberlandesge-
richt wird vielmehr in eigener tatrichterlicher Verantwortung als Selbstbehalt einen Betrag festzulegen haben, der nicht unter dem notwendigen aber auch nicht über dem angemessenen Selbstbehalt liegt. Dabei wird es nicht zu beanstanden sein, wenn der Tatrichter im Regelfall von einem etwa hälftig zwischen diesen beiden Beträgen liegenden Betrag ausgeht. Im Rahmen der erneuten Verhandlung wird das Oberlandesgericht im übrigen den Berufungsantrag der Klägerin ergänzend auszulegen haben. Während sie in der ersten Instanz Unterhalt "für die Zeit bis zum 31. 07. 2004“, also für die ersten drei Jahre seit der Geburt des Kindes begehrt hatte, enthält der Berufungsantrag diese Einschränkung nicht mehr. Andererseits sind aber auch keine Umstände vorgetragen oder sonst ersichtlich, die unter besonderer Berücksichtigung der Belange des Kindes einen Wegfall der Unterhaltspflicht nach Ablauf von drei Jahren seit der Geburt als grob unbillig darstellen könnten (vgl. insoweit Senatsurteile vom 17. Mai 2000 - XII ZR 88/98 - FamRZ 2000, 1499, 1501 und vom 5. Juli 2000 - XII ZR 104/98 - FamRZ 2001, 905, 906).
Die Zurückverweisung des Rechtsstreits gibt dem Berufungsgericht auch Gelegenheit, den Unterhaltsanspruch für die Zeit bis Juli 2004 auf der Grundlage der nunmehr konkret feststehenden Einkünfte des Beklagten anstelle der bislang auf einer Prognose beruhenden anrechenbaren Einkünfte festzusetzen. Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose