Bundesgerichtshof Urteil, 21. Dez. 2010 - XI ZR 52/08

bei uns veröffentlicht am21.12.2010
vorgehend
Landgericht Köln, 15 O 393/05, 19.01.2006
Oberlandesgericht Köln, 13 U 27/06, 16.01.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 52/08 Verkündet am:
21. Dezember 2010
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur ergänzenden Vertragsauslegung bei Unwirksamkeit einer Zinsänderungsklausel
zu laufenden Zinsen in einem Sparvertrag (im Anschluss an BGH, Urteil vom
13. April 2010 - XI ZR 197/09).

b) Soweit statistische Daten eines geeigneten Referenzzinses nicht während der gesamten
Laufzeit eines Sparvertrags zur Verfügung stehen, kann dem im zeitlichen
Anschluss durch Heranziehung der Zinsentwicklung eines neuen Referenzzinses
Rechnung getragen werden. Diese Referenzzinssätze müssen unabhängig von
Unterschieden in ihrer Erhebung und Berechnung jeweils für sich die Zinsentwicklung
des konkreten Sparvertrags möglichst weitgehend abbilden.
BGH, Urteil vom 21. Dezember 2010 - XI ZR 52/08 - OLG Köln
LG Köln
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Dezember 2010 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers und die
Richterin Mayen, die Richter Dr. Grüneberg, Maihold und Pamp

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 16. Januar 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt aus eigenem und aus abgetretenem Recht ihrer Geschwister von den beklagten Banken die Zahlung weiterer Zinsbeträge aus ausgelaufenen Sparverträgen.
2
Die Klägerin und ihre fünf Geschwister schlossen, vertreten durch ihre Eltern, zwischen dem 25. September 1986 und dem 30. März 1989 mit der Beklagten zu 1) insgesamt 24 Sparverträge mit einer Laufzeit von jeweils 15 Jahren ab, die neben laufender Verzinsung bei Beendigung zeitlich gestaffelte, bis auf 15% der Sparsumme ansteigende Bonuszahlungen vorsahen. Die Sparguthaben wurden in einem Betrag jeweils zu Vertragsbeginn eingezahlt. Alle Verträge sahen eine Kündigungsfrist von vier Jahren vor. Die Sparverträge von drei der Geschwister übernahm später die Beklagte zu 2). In den "Bedingungen für Sparkonten" der Beklagten zu 1), die den Sparverträgen zugrunde lagen (im Folgenden: AGB), wurde die Anpassung der laufenden Verzinsung wie folgt geregelt: "Die Bank vergütet dem Sparkontoinhaber im Rahmen der geltenden Bestimmungen die von ihr jeweils durch Aushang im Kassenraum der kontoführenden Stelle bekannt gegebenen Zinsen. Eine Änderung des Zinssatzes tritt auch für bestehende Sparguthaben ohne besondere Mitteilung mit dem Tage in Kraft, der durch Aushang im Kassenraum bekannt gegeben wird."
3
Entsprechend dieser Regelung und auf Grundlage der von der Bundesbank veröffentlichten "Zeitreihe WZ9816" wurden von den Beklagten die Zinsen angepasst, den Sparverträgen, wie in den AGB weiter festgelegt war, jährlich Zinserträge gutgeschrieben und am Ende der regulären Vertragslaufzeit das sich daraus ergebende Guthaben zuzüglich des jeweiligen Bonus ausbezahlt.
4
Die Klägerin hält die Zinsänderungsklausel für unwirksam und die während der Laufzeit der Sparverträge gewährte Verzinsung für zu niedrig.
5
Die Klage, mit der die Klägerin von der Beklagten zu 1) Zahlung von 38.698,62 € und von der Beklagten zu 2) Zahlung von 37.812,57 € jeweils zuzüglich Zinsen begehrt hat, ist in erster Instanz abgewiesen worden. Auf die Berufung der Klägerin sind die Beklagten zur Zahlung von jeweils 4.074,24 € nebst Zinsen verurteilt worden; im Übrigen ist die Berufung zurückgewiesen worden. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre weitergehenden Zahlungsanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

7
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit dies für die Revisionsinstanz von Bedeutung ist, im Wesentlichen wie folgt begründet:
8
Nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen sei die von den Beklagten verwendete Zinsanpassungsklausel unwirksam. Stattdessen sei den Banken aufgegeben, unter den Bezugsgrößen des Kapitalmarkts diejenige auszuwählen, die den tatsächlichen Gegebenheiten der Zinsanpassung bei den vorliegenden Verträgen möglichst nahe komme. Dem werde die von den Beklagten vorgenommene Zinsberechnung gerecht, da sie das vertragliche Äquivalenzverhältnis wahre und sich deshalb im Rahmen des § 315 BGB halte. Die Beklagten hätten sich zu Recht an einem Zinssatz nach der Methode gleitender Durchschnitte und einer Ablauffiktion von fünf Jahren orientiert. Wie der Sachverständige überzeugend dargestellt habe, komme diese Berechnung den tatsächlichen Gegebenheiten am Kapitalmarkt am ehesten nahe, da in der Bankpraxis variable Geschäfte produktweise - nicht einzelgeschäftsbezogen - gesteuert und deswegen üblicherweise mit dieser Methode kalkuliert würden. Das Äquivalenzprinzip sei gewahrt, da die bei Vertragsbeginn zwischen den Vertragsparteien implizit vereinbarte Marge für die gesamte Laufzeit des Vertrages bestehen bleibe. Eine Orientierung am Spareckzins scheide aus, da sich dieser auf eine dreimonatige Kündigungsfrist beziehe, während die Parteien eine Kündigungsfrist von 48 Monaten vereinbart hätten. Zudem müsse die Auswahl der Bezugsgröße dem geschäftspolitischen Ermessen der Bank überlassen bleiben , sofern – wie im vorliegenden Fall – das Äquivalenzprinzip gewahrt sei.
9
Kapitalertragsteuer sei entsprechend der Nachberechnung des Sachverständigen zu berücksichtigen, da die Klägerin nicht schlüssig dargetan habe, ob und in welchem Umfang für die einzelnen Sparverträge Freistellungsaufträge erteilt worden seien.

II.

10
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Auf Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen kann das Begehren der Klägerin auf Zahlung weiterer Zinsen aus den Sparverträgen (§ 700 Abs. 1, § 488 Abs. 1, § 398 BGB) nicht zurückgewiesen werden.
11
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die in den AGB der Beklagten zu 1) enthaltene Zinsänderungsklausel nach § 10 Nr. 4 AGBG, soweit die Sparverträge vor dem 1. Januar 2003 ausgelaufen sind, bzw. nach § 308 Nr. 4 BGB, Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB für nach diesem Zeitpunkt endende Verträge unwirksam ist, da die Befugnis eines Kreditinstituts , dem Sparer den jeweils durch Aushang bekannt gemachten Zinssatz zu zahlen, nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen aufweist (Senat, Urteile vom 17. Februar 2004 - XI ZR 140/03, BGHZ 158, 149, 153 ff., vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493 Rn. 12 und vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 15).
12
Weiter zutreffend hat das Berufungsgericht unausgesprochen angenommen , dass von der Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel nicht die zugrunde liegende Vereinbarung eines variablen Zinssatzes erfasst wird, da es sich dabei um eine eigenständige, ihrerseits nicht gegen ein Klauselverbot verstoßende , kontrollfreie Preisregelung handelt (Senat, Urteile vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493 Rn. 16 f. und vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 16).
13
2. Zu Unrecht geht jedoch das Berufungsgericht im Weiteren von einem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht der beklagten Banken nach § 315 Abs. 1 BGB aus.
14
a) Eine Regelungslücke, die durch die Unwirksamkeit einer Zinsänderungsklausel bei gleichzeitiger Wirksamkeit der Vereinbarung über die Variabilität der Zinshöhe entstanden ist, kann nicht nach § 306 Abs. 2 BGB durch ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Bank entsprechend § 315 BGB geschlossen werden. Dazu hätte es der wirksamen Vereinbarung bedurft, einer Vertragspartei das einseitige Leistungsbestimmungsrecht zu übertragen. Ist jedoch - wie hier - die in den Vertragsbedingungen enthaltene Preisanpassungsklausel unwirksam, so ist damit zugleich ein darin enthaltenes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Klauselverwenders ersatzlos entfallen (vgl. BGH, Urteile vom 1. Februar 1984 - VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69, 72 f. und vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 19 mwN).
15
b) Ein einseitiges Zinsbestimmungsrecht steht den Beklagten auch nicht als Ergebnis einer ergänzenden Vertragsauslegung zu.
16
Da einerseits die unwirksame Zinsänderungsklausel nicht durch dispositives Recht ersetzt werden kann und andererseits das Gefüge der vorliegenden Sparverträge ohne eine Regelung zur Zinsanpassung nachhaltig gestört wäre, ist diese Regelungslücke im Grundsatz zwar durch ergänzende Vertragsauslegung nach den §§ 133, 157 BGB auszufüllen (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1997 - IX ZR 289/96, BGHZ 137, 153, 157; Senat, Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493 Rn. 18 mwN). Aus der bei Schließung von Regelungslücken in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gebotenen objektiv-generalisierenden Sicht (vgl. BGH, Urteile vom 7. März 1989 - KZR 15/87, BGHZ 107, 273, 276 f. und vom 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297, 317) ist aber der hypothetische Vertragswille typischer Parteien , sofern ihnen die Unwirksamkeit der Klausel bei Vertragsschluss bekannt gewesen wäre, nicht darauf gerichtet, eine unwirksame, den Vertragspartner des Klauselverwenders unangemessen benachteiligende Klausel durch eine der unausgewogenen Regelung im Kern gleichende Gestaltung zu ersetzen (BGH, Urteile vom 1. Februar 1984 - VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69, 78 und vom 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297, 315). Deswegen kann an die Stelle einer unwirksamen, einseitigen Zinsanpassungsklausel kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Bank treten, das - ungeachtet der nach § 315 Abs. 3 BGB bestehenden Billigkeitskontrolle - die unwirksame Klausel entgegen der Wertung von § 10 Nr. 4 AGBG aF bzw. § 308 Nr. 4 BGB im Wesentlichen wirkungsgleich ersetzen würde (vgl. Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 19).
17
c) Die Beklagten hatten demnach nicht die Rechtsmacht, einseitig die Parameter für eine Neuberechnung der Zinsen festzulegen. Ebenso besteht - anders als das Berufungsgericht ausführt - hierzu kein Raum für ein geschäftspolitisches Ermessen der beklagten Banken. Vielmehr ist vom Gericht im Wege ergänzender Vertragsauslegung Anpassungsmaßstab und -modus zu bestimmen, wobei in sachlicher und zeitlicher Hinsicht Parameter zu wählen sind, die dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit von Zinsänderungen genügen (Senat, Urteile vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 35 und vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 19).
18
3. Weiter rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht Zinsansprüche der Klägerin um Kapitalertragsteuer gekürzt, die während der Laufzeit der Sparverträge für zusätzlich geschuldete Zinszahlungen im Falle einer Auszahlung angefallen wäre. Dabei ist es - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - unerheblich , ob die Klägerin und ihre Geschwister Freistellungsaufträge in entsprechender Höhe erteilt haben. Bisher ist ihnen in Höhe der streitgegenständlichen Zinsnachzahlungen jedenfalls kein steuerbares Einkommen zugeflossen. Kapitalertragsteuer entsteht nach § 44 Abs. 1 Satz 2 EStG in dem Zeitpunkt, in dem die Zinsen dem Gläubiger von Kapitalerträgen zufließen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG gelten Einnahmen als zugeflossen, wenn der Gläubiger darüber wirtschaftlich verfügen kann (BFHE 134, 315, 317; BFHE 140, 542, 545; BFHE 229, 141 Rn. 28 ff.). Dafür reicht nicht aus, dass der Gläubiger einen - hier zudem bestrittenen - Anspruch auf Zahlungen hat (BFH/NV 2002, 643). Vielmehr fließen Einnahmen im Allgemeinen dem Gläubiger erst mit tatsächlicher Gutschrift auf einem Bankkonto zu (BFHE 134, 315, 317; BFHE 140, 542, 545).
19
Für eine Kürzung bislang streitiger und nicht erfüllter Zinsansprüche um fiktive Steuerzahlungen fehlt mithin eine Grundlage. Soweit die Beklagten während der Laufzeit der Sparverträge auf von ihnen gebuchte Zinsen für die Klägerin und deren Geschwister Kapitalertragsteuer abgeführt haben, ist diese im Umfang der tatsächlichen Zahlungen zu berücksichtigen. Fiktive Steuern, die bei Zahlung höherer Zinsen in zurückliegenden Jahren aufgrund eines anderen Anpassungsverfahrens möglicherweise angefallen wären, sind bisher weder entstanden noch von den Beklagten aus dem Sparguthaben tatsächlich an die Finanzbehörden abgeführt worden, konnten mithin während nachfolgender Zinsperioden das zu verzinsende Kapital nicht mindern und beeinflussen damit das bei Beendigung der Sparverträge bestehende Guthaben nicht. Dies gilt ungeachtet einer möglichen Pflicht der beklagten Banken, im Falle einer tatsächlichen Nachzahlung von Zinsen für die Klägerin Steuern an die zuständigen Finanzbehörden abzuführen.

III.

20
Das Berufungsurteil ist somit im Umfang der Anfechtung aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur abschließenden Entscheidung reif ist, ist sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
21
1. Vom Berufungsgericht werden im Wege ergänzender Vertragsauslegung die Parameter einer Zinsanpassung festzustellen sein, die in sachlicher und zeitlicher Hinsicht dem mutmaßlichen Parteiwillen entsprechen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob Anpassungsmaßstab und -methode, die die Beklagten der tatsächlich vorgenommenen Zinsanpassung zugrunde gelegt haben , einer Inhaltskontrolle standhalten würden, da diese nicht Inhalt der Sparverträge geworden sind (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 19). Wegen des Vorrangs einer ergänzenden Vertragsauslegung wird auch nicht der von der Revision vertretenen Ansicht zu folgen sein, die durch die Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel entstandene Vertragslücke sei nach § 316 BGB durch ein Leistungsbestimmungsrecht der Klägerin zu schließen (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 18).
22
2. Der Referenzzins, dessen Veränderung Anlass und Höhe einer Zinsanpassung bestimmt, hat sich bei Spareinlagen, die - wie hier - wegen des damit verbundenen Verlustes der Abschlussprämie wirtschaftlich sinnvoll nicht vorzeitig gekündigt werden, grundsätzlich an Zinsen für vergleichbare langfristige Spareinlagen zu orientieren (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 22 f.). Diesem Grundsatz kommt für die vorliegenden Sparverträge besondere Bedeutung zu, da das gesamte Sparguthaben jeweils in einem Betrag bei Abschluss der Sparverträge und nicht in laufenden monatlichen Raten eingezahlt worden ist. Diesen Anforderungen entspricht die vom Berufungsgericht akzeptierte "Zeitreihe WZ9816" weder sachlich noch zeitlich, da es sich um die Abbildung einer rechnerisch ermittelten Zinsstrukturkurve für börsennotierte Bundeswertpapiere mit einer Laufzeit von fünf Jahren handelt. Ebenso kann der von der Revision angesprochene Spareckzins nicht als Referenz herangezogen werden, da er den Zinssatz für Spareinlagen mit einer Kündigungsfrist von lediglich drei Monaten angibt (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 22).
23
3. Die Anpassung des Vertragszinses wird weiter nicht nach der vom Berufungsgericht gebilligten Methode gleitender Durchschnitte bei einer Ablauffiktion von fünf Jahren erfolgen können, da die Parteien im Sparvertrag keine Anpassungsschwelle vorgesehen haben. Nach den AGB der Beklagten zu 1) sollte jede Veränderung des dort genannten – unzulässigen – Referenzzinssatzes sogleich zu einer entsprechenden Anpassung des Vertragszinses führen. Dann erscheint es beiderseits interessengerecht, dass auch jede Veränderung des zutreffenden Referenzzinses ohne Erreichen eines bestimmten Schwellenwertes und ohne zeitliche Verzögerung zu einer entsprechenden Anpassung des Vertragszinses führt (vgl. auch Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 25).
24
Ein Anpassungsmodus, dem fünfjährige gleitende Durchschnittszinsen aus einem Referenzzins für Wertpapiere mit fünfjähriger Laufzeit zugrunde liegen , würde zudem einseitig das Interesse der beklagten Banken berücksichtigen , Zinsänderungseffekte im Passivgeschäft durch produktspezifische Gegengeschäfte zu festen Zinssätzen auszugleichen. Demgegenüber wäre der Sparer - entgegen seiner Erwartung - bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses überwiegend an die Zinsentwicklung zurückliegender Jahre gebunden, da künftige Zinsänderungen in den maßgeblichen Durchschnittszins nur entsprechend ihrem Zeitanteil an dem unterstellten Anlagezeitraum von fünf Jahren einfließen.
25
4. Das Berufungsgericht wird schließlich den von ihm bei der Berechnung des laufenden Vertragszinses hingenommenen absolut gleich bleibenden Abstand zum Referenzzins zu überprüfen haben. Die damit erzielte Sicherung einer fixen absoluten Marge der Bank entspricht im Allgemeinen nicht sachgerechter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsparteien. Eine darauf aufbauende Zinsanpassung kann bei fallenden Zinsen nicht nur zu einer im Verhältnis zum Vertragszins überzogenen Marge führen, sondern birgt die Gefahr einer negativen Verzinsung des angesparten Kapitals. Zwar müssen auch nach einer Anpassung günstige Zinskonditionen günstig bleiben und ebenso ungünstige Zinskonditionen ungünstig. Dieser Grundsatz ist jedoch gewahrt, wenn der anfängliche relative Abstand des Vertragszinses vom Referenzzins für die Vertragslaufzeit beibehalten wird (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 27).
26
5. Das Berufungsgericht wird daher nach ergänzendem Vortrag der Parteien gegebenenfalls sachverständig beraten zu klären haben, welcher konkrete in der von der Deutschen Bundesbank für inländische Banken erhobenen Zinsstatistik veröffentlichte Zins als maßgebliche Referenz herangezogen werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 23). Soweit eine danach geeignete Zeitreihe nicht während der gesamten Laufzeit einzelner Sparverträge - unverändert - fortgeführt wird, kann dem im zeitlichen Anschluss durch Heranziehung der Zinsentwicklung einer neuen Zeitreihe Rechnung getragen werden. Diese Zeitreihen müssen unabhängig von Unterschieden in ihrer Erhebung und Berechnung jeweils für sich die Zinsentwicklung des konkreten Sparvertrags möglichst weitgehend abbilden. Abweichungen in der Höhe des Zinssatzes zwischen zeitlich aneinander anschließenden Zeitreihen stehen dem nicht von vorneherein entgegen, da die Zinsanpassung nicht an dem absoluten Wert des jeweiligen Referenzzinses, sondern an dessen Änderung auszurichten ist.
Wiechers Mayen Grüneberg Maihold Pamp
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 19.01.2006 - 15 O 393/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 16.01.2008 - 13 U 27/06 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 21. Dez. 2010 - XI ZR 52/08

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 21. Dez. 2010 - XI ZR 52/08

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Dez. 2010 - XI ZR 52/08 zitiert 14 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 315 Bestimmung der Leistung durch eine Partei


(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist. (2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. (3) Sol

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 306 Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit


(1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam. (2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 488 Vertragstypische Pflichten beim Darlehensvertrag


(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit da

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 398 Abtretung


Eine Forderung kann von dem Gläubiger durch Vertrag mit einem anderen auf diesen übertragen werden (Abtretung). Mit dem Abschluss des Vertrags tritt der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 308 Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit


In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam1.(Annahme- und Leistungsfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder

Einkommensteuergesetz - EStG | § 11


(1) 1Einnahmen sind innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. 2Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu

Einkommensteuergesetz - EStG | § 44 Entrichtung der Kapitalertragsteuer


(1)1Schuldner der Kapitalertragsteuer ist in den Fällen des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 7b und 8 bis 12 sowie Satz 2 der Gläubiger der Kapitalerträge.2Die Kapitalertragsteuer entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Kapitalerträge dem Gläubiger zu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 316 Bestimmung der Gegenleistung


Ist der Umfang der für eine Leistung versprochenen Gegenleistung nicht bestimmt, so steht die Bestimmung im Zweifel demjenigen Teil zu, welcher die Gegenleistung zu fordern hat.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 700 Unregelmäßiger Verwahrungsvertrag


(1) Werden vertretbare Sachen in der Art hinterlegt, dass das Eigentum auf den Verwahrer übergehen und dieser verpflichtet sein soll, Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzugewähren, so finden bei Geld die Vorschriften über den Darlehensvert

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Dez. 2010 - XI ZR 52/08 zitiert oder wird zitiert von 20 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Dez. 2010 - XI ZR 52/08 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Okt. 2005 - IV ZR 162/03

bei uns veröffentlicht am 12.10.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 162/03 Verkündet am: 12. Oktober 2005 Heinekamp Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja _____________________ VVG § 172 Abs. 2

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Apr. 2009 - XI ZR 78/08

bei uns veröffentlicht am 21.04.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 78/08 Verkündet am: 21. April 2009 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja ________

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Feb. 2004 - XI ZR 140/03

bei uns veröffentlicht am 17.02.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 140/03 Verkündet am: 17. Februar 2004 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja ____________

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07

bei uns veröffentlicht am 10.06.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 211/07 Verkündet am: 10. Juni 2008 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Apr. 2010 - XI ZR 197/09

bei uns veröffentlicht am 13.04.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 197/09 Verkündet am: 13. April 2010 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:
15 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 21. Dez. 2010 - XI ZR 52/08.

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Mai 2019 - XI ZR 345/18

bei uns veröffentlicht am 14.05.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 345/18 Verkündet am: 14. Mai 2019 Weber Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB §§ 488, 700 Zur

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Okt. 2015 - I ZR 134/14

bei uns veröffentlicht am 08.10.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 134/14 Verkündet am: 8. Oktober 2015 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2015:081015UIZR134.14.0 Der

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Okt. 2015 - I ZR 133/14

bei uns veröffentlicht am 08.10.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 133/14 Verkündet am: 8. Oktober 2015 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2015:081015UIZR133.14.0 Der

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Okt. 2015 - I ZR 132/14

bei uns veröffentlicht am 08.10.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 132/14 Verkündet am: 8. Oktober 2015 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2015:081015UIZR132.14.0 Der

Referenzen

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

(1) Werden vertretbare Sachen in der Art hinterlegt, dass das Eigentum auf den Verwahrer übergehen und dieser verpflichtet sein soll, Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzugewähren, so finden bei Geld die Vorschriften über den Darlehensvertrag, bei anderen Sachen die Vorschriften über den Sachdarlehensvertrag Anwendung. Gestattet der Hinterleger dem Verwahrer, hinterlegte vertretbare Sachen zu verbrauchen, so finden bei Geld die Vorschriften über den Darlehensvertrag, bei anderen Sachen die Vorschriften über den Sachdarlehensvertrag von dem Zeitpunkt an Anwendung, in welchem der Verwahrer sich die Sachen aneignet. In beiden Fällen bestimmen sich jedoch Zeit und Ort der Rückgabe im Zweifel nach den Vorschriften über den Verwahrungsvertrag.

(2) Bei der Hinterlegung von Wertpapieren ist eine Vereinbarung der im Absatz 1 bezeichneten Art nur gültig, wenn sie ausdrücklich getroffen wird.

(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.

(3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.

Eine Forderung kann von dem Gläubiger durch Vertrag mit einem anderen auf diesen übertragen werden (Abtretung). Mit dem Abschluss des Vertrags tritt der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers.

In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam

1.
(Annahme- und Leistungsfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder die Erbringung einer Leistung vorbehält; ausgenommen hiervon ist der Vorbehalt, erst nach Ablauf der Widerrufsfrist nach § 355 Absatz 1 und 2 zu leisten;
1a.
(Zahlungsfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender eine unangemessen lange Zeit für die Erfüllung einer Entgeltforderung des Vertragspartners vorbehält; ist der Verwender kein Verbraucher, ist im Zweifel anzunehmen, dass eine Zeit von mehr als 30 Tagen nach Empfang der Gegenleistung oder, wenn dem Schuldner nach Empfang der Gegenleistung eine Rechnung oder gleichwertige Zahlungsaufstellung zugeht, von mehr als 30 Tagen nach Zugang dieser Rechnung oder Zahlungsaufstellung unangemessen lang ist;
1b.
(Überprüfungs- und Abnahmefrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender vorbehält, eine Entgeltforderung des Vertragspartners erst nach unangemessen langer Zeit für die Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung zu erfüllen; ist der Verwender kein Verbraucher, ist im Zweifel anzunehmen, dass eine Zeit von mehr als 15 Tagen nach Empfang der Gegenleistung unangemessen lang ist;
2.
(Nachfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender für die von ihm zu bewirkende Leistung abweichend von Rechtsvorschriften eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Nachfrist vorbehält;
3.
(Rücktrittsvorbehalt)die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, sich ohne sachlich gerechtfertigten und im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen; dies gilt nicht für Dauerschuldverhältnisse;
4.
(Änderungsvorbehalt)die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist;
5.
(Fingierte Erklärungen)eine Bestimmung, wonach eine Erklärung des Vertragspartners des Verwenders bei Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung als von ihm abgegeben oder nicht abgegeben gilt, es sei denn, dass
a)
dem Vertragspartner eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt ist und
b)
der Verwender sich verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen;
6.
(Fiktion des Zugangs)eine Bestimmung, die vorsieht, dass eine Erklärung des Verwenders von besonderer Bedeutung dem anderen Vertragsteil als zugegangen gilt;
7.
(Abwicklung von Verträgen)eine Bestimmung, nach der der Verwender für den Fall, dass eine Vertragspartei vom Vertrag zurücktritt oder den Vertrag kündigt,
a)
eine unangemessen hohe Vergütung für die Nutzung oder den Gebrauch einer Sache oder eines Rechts oder für erbrachte Leistungen oder
b)
einen unangemessen hohen Ersatz von Aufwendungen verlangen kann;
8.
(Nichtverfügbarkeit der Leistung)die nach Nummer 3 zulässige Vereinbarung eines Vorbehalts des Verwenders, sich von der Verpflichtung zur Erfüllung des Vertrags bei Nichtverfügbarkeit der Leistung zu lösen, wenn sich der Verwender nicht verpflichtet,
a)
den Vertragspartner unverzüglich über die Nichtverfügbarkeit zu informieren und
b)
Gegenleistungen des Vertragspartners unverzüglich zu erstatten;
9.
(Abtretungsausschluss)eine Bestimmung, durch die die Abtretbarkeit ausgeschlossen wird
a)
für einen auf Geld gerichteten Anspruch des Vertragspartners gegen den Verwender oder
b)
für ein anderes Recht, das der Vertragspartner gegen den Verwender hat, wenn
aa)
beim Verwender ein schützenswertes Interesse an dem Abtretungsausschluss nicht besteht oder
bb)
berechtigte Belange des Vertragspartners an der Abtretbarkeit des Rechts das schützenswerte Interesse des Verwenders an dem Abtretungsausschluss überwiegen;
Buchstabe a gilt nicht für Ansprüche aus Zahlungsdiensterahmenverträgen und die Buchstaben a und b gelten nicht für Ansprüche auf Versorgungsleistungen im Sinne des Betriebsrentengesetzes.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 140/03 Verkündet am:
17. Februar 2004
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
_____________________
Bei langfristig angelegten Sparverträgen ist eine formularmäßige Zinsänderungsklausel
, die dem Kreditinstitut eine inhaltlich unbegrenzte Zinsänderungsbefugnis
einräumt, unwirksam.
BGH, Urteil vom 17. Februar 2004 - XI ZR 140/03 - OLG Hamm
LG Dortmund
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 17. Februar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Bungeroth, Dr. Müller, Dr. Wassermann und Dr. Appl

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil des 31. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 5. Februar 2003 aufgehoben und das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 1. März 2002 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Ordnungshaft gegen eines der Vorstandsmitglieder bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, folgende oder eine dieser inhaltsgleiche Klausel in bezug auf CombisparVerträge zu verwenden, sofern der Vertrag nicht mit einer Person abgeschlossen wird, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer): "Die Sparkasse zahlt am Ende eines Kalenderjahres den im Jahresverlauf durch Aushang bekanntgegebenen Zins für das Combispar-Guthaben".
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der klagende Verein, in dem die Verbraucherverbände N.'s sich zusammengeschlossen haben, ist eine qualifizierte Einrichtung im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 1 AGBG (jetzt § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG). Er begehrt von der beklagten Sparkasse die Unterlassung der Verwendung folgender Klausel in Combispar-Verträgen mit Verbrauchern :
"Die Sparkasse zahlt am Ende eines Kalenderjahres den im Jahresverlauf durch Aushang bekanntgegebenen Zins für das Combispar -Guthaben".
Die Beklagte verwendet diese Klausel in einer formularmäßigen Zusatzvereinbarung zum Kontoeröffnungsantrag, den ihre Kunden bei Abschluß sogenannter Combispar-Verträge zu unterzeichnen haben. Diese Verträge sehen die gleichbleibende monatliche Einzahlung eines bei Vertragsschluß vereinbarten Sparbeitrags vor. In ihnen verspricht die Beklagte über die Zinszahlung hinaus für die Zeit nach dem Erreichen des Dreifachen der Jahressparleistung jährliche Prämien, die zunächst 5% der Jahressparleistung betragen und bis zum Erreichen des Zehnfa-
chen der Jahressparleistung stufenweise auf 20% einer Jahressparlei- stung ansteigen. Die unbefristeten Verträge sehen eine Kündigungsfrist von drei Monaten und die Verfügung über höchstens 3.000 DM monatlich ohne Berechnung von Vorschußzinsen, jedoch unter Anpassung des Prämiensatzes, vor.
Der Kläger sieht die angegriffene Klausel als unwirksam nach §§ 307, 308 Nr. 4 und Nr. 6 BGB an.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (veröffentlicht in BKR 2002, 599). Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (veröffentlicht in WM 2003, 1169 und BKR 2003, 300). Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet und führt zur antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten.

I.


Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger habe keinen Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der angegriffenen Klausel, weil diese mit den Vorschriften des AGBG bzw. der §§ 305 ff. BGB im Einklang stehe.
1. Die Klausel enthalte die Regelung, daß der von der Sparkasse für die Einlage des Kunden zu entrichtende Zins variabel sei. Dabei handele es sich um eine freie Vereinbarung, die der Kontrolle nach dem AGBG entzogen sei.
2. Der Sparkasse werde durch die angegriffene Klausel die Festsetzung des zu entrichtenden Zinssatzes und damit ein Leistungsbestimmungsrecht übertragen. Diese Regelung unterliege der Kontrolle nach § 9 AGBG bzw. § 307 Abs. 1 und 2 BGB, die jedoch zugunsten der Beklagten ausfalle. Die Abwägung der Interessen des Kreditinstituts und der Kunden führe zu dem Ergebnis, daß für die von der Beklagten statuierte Zinsanpassungsklausel im Passivgeschäft eine Intransparenz im Sinne von § 9 AGBG - nunmehr ausdrücklich geregelt in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB - nicht angenommen werden könne. In praktischer Hinsicht scheitere die vom Kläger geforderte Transparenz für Zinsanpassungsklauseln im Passivgeschäft an der Schwierigkeit - wenn nicht gar Unmöglichkeit - ihrer finanzmathematischen Darstellung. Ein Äquivalenzdefizit zu Lasten des Sparkassenkunden lasse sich nicht ausmachen. Dieser werde nämlich im Rahmen der Zinsvergütung so gestellt, als ob er am Tage der Zinsänderung eine neue Spareinlage tätige. Die Anbindung der variablen Zinsen für Combispar-Einlagen an das Neugeschäft bewirke faktisch eine Gleitzinsregelung. Der Sparer sei auch nicht wie ein Kreditnehmer schutzbedürftig, weil er unter Beachtung der dreimonatigen Kündigungsfrist jederzeit zu einem anderen Kreditinstitut wechseln und
außerdem jeweils 3.000 DM innerhalb eines Kalendermonats vorschußzinsfrei abheben könne. Überdies stelle die Combispar-Anlage für sehr viele Sparer noch keine definitive Anlageentscheidung dar. Vielmehr würden auf diesen Sparkonten häufig Gelder lediglich zwischengeparkt, die für den Zahlungsverkehr momentan nicht benötigt würden. Die Klausel verstoße auch unter Berücksichtigung des Klauselanhangs zur Richtlinie 93/13/EWG vom 5. April 1993 nicht gegen § 10 Nr. 4 AGBG - nunmehr § 308 Nr. 4 BGB -, weil die Zinsanpassung für die Sparanleger zumutbar sei.
3. Die in der angegriffenen Klausel enthaltene Regelung, daß der jeweils geltende Zinssatz für das Combispar-Guthaben dem Kunden durch Aushang in den Geschäftsräumen der Sparkasse bekannt gegeben werde, stehe ebenfalls mit § 9 AGBG bzw. § 307 Abs. 1 und 2 BGB im Einklang. Dieser Informationsmodus entspreche dem früheren gesetzlichen Leitbild, welches als gewohnheitsrechtlich fortbestehend anzusehen sei. Er sei in § 3 Abs. 1 Satz 1 PAngV sowie in § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGBG bzw. § 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB vorgesehen und entspreche der ursprünglichen gesetzlichen Regelung des § 22 Abs. 4 KWG sowie den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken und Sparkassen.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung, der die im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts bereits geltenden §§ 305 ff. BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I, 3138;
vgl. Art. 9 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes) zugrunde zu legen sind (vgl. Senatsurteil vom 28. Januar 2003 - XI ZR 156/02, WM 2003, 673, 674; zum Abdruck in BGHZ 153, 344 vorgesehen), im entscheidenden Punkt nicht stand.
1. Mit Recht hat das Berufungsgericht allerdings die in der angegriffenen Klausel enthaltene Vereinbarung eines variablen statt eines festen Zinssatzes nicht beanstandet. Bei Spareinlagen der Kunden ebenso wie bei Darlehen der Kreditinstitute stellt die Wahl zwischen einer gleichbleibenden und einer variablen Verzinsung eine freie, durch gesetzliche Vorschriften nicht vorgegebene Entscheidung der Vertragspartner dar und unterliegt keiner AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle (Schimansky WM 2001, 1169, 1175).
2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht die angegriffene Klausel jedoch auch insoweit gebilligt, als sie ein uneingeschränktes Leistungsbestimmungsrecht der Beklagten enthält.

a) Die gesetzliche Regelung einseitiger Leistungsbestimmungsrechte in den §§ 315 ff. BGB entzieht die formularmäßige Einräumung solcher Rechte, wovon auch das Berufungsgericht mit Recht ausgeht, nicht der AGB-rechtlichen Kontrolle. Diese Vorschriften ändern nichts daran, daß die Vertragsparteien sich im vom Gesetz vorausgesetzten Regelfall über Art und Umfang der Leistung sowie einer Gegenleistung einigen und dies im Vertrag festlegen. Ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB besteht daher nur, wenn es vertraglich vereinbart wurde (BGHZ 90, 69, 72). Die formularmäßige Vereinbarung eines solchen Leistungsbestimmungsrechts unterliegt deshalb der Inhalts-
kontrolle (vgl. BGHZ 82, 21, 23; 94, 335, 337 f.; 97, 212, 215; 118, 126, 130 f.; BGH, Urteil vom 19. November 2002 - X ZR 243/01, NJW 2003, 507, 508). Das gilt für die angegriffene Klausel auch deshalb, weil sie in Abweichung von der gesetzlichen Regel des § 316 BGB der Beklagten das Recht zur Bestimmung der von ihr zu erbringenden Gegenleistung überträgt.

b) Der danach gebotenen Inhaltskontrolle hält das einseitige Zinssatzbestimmungsrecht der Beklagten entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht stand. Es verstößt gegen § 308 Nr. 4 BGB. Danach ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, unwirksam, wenn diese Vereinbarung nicht unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist.
aa) Die angegriffene Klausel ist darauf gerichtet, ein Recht der Beklagten zur Änderung der versprochenen Leistung im Sinne der genannten Vorschrift zu begründen. Einseitige Leistungsbestimmungsrechte im Sinne der §§ 315 ff. BGB fallen zwar nicht in den Anwendungsbereich des § 308 Nr. 4 BGB, wenn sie darauf beschränkt sind, dem Verwender die erstmalige Festlegung seiner Leistung zu ermöglichen (vgl. für den gleichlautenden früheren § 10 Nr. 4 AGBG Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGBG 4. Auf. § 10 Nr. 4 Rdn. 7; Staudinger/Coester-Waltjen, BGB 13. Bearb. AGBG § 10 Nr. 4 Rdn. 5). Darum geht es hier jedoch nicht. Da in die von der Beklagten für ihre Combispar-Verträge verwendeten Formulare jeweils der bei Vertragsbeginn geltende Zinssatz eingetragen wird, liegt die praktische Bedeutung der angegriffenen Klausel allein
darin, der Beklagten spätere Änderungen der in den einzelnen Combispar -Verträgen jeweils festgelegten Anfangszinssätze zu ermöglichen. Auf solche Folgeänderungen ist § 308 Nr. 4 BGB anwendbar (vgl. Wolf aaO).
bb) Aus der Fassung des § 308 Nr. 4 BGB sowie aus dem das Vertragsrecht beherrschenden Rechtsgrundsatz der Bindung beider Vertragspartner an eine von ihnen getroffene Vereinbarung (vgl. BGHZ 89, 206, 211) ergibt sich, daß gegen Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen , die zugunsten des Verwenders ein Recht zur Änderung seiner Leistung vorsehen, die Vermutung der Unwirksamkeit spricht. Es ist daher Sache des Verwenders, diese Vermutung durch die Darlegung und gegebenenfalls den Nachweis der Voraussetzungen der Zumutbarkeit des Änderungsvorbehalts für den anderen Vertragsteil zu entkräften (H. Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG 9. Aufl. § 10 Nr. 4 Rdn. 9; Soergel/Stein, BGB 12. Aufl. AGBG § 10 Rdn. 45; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGBG 4. Aufl. § 10 Nr. 4 Rdn. 19; MünchKommBGB /Basedow, 4. Aufl. AGBG § 10 Nr. 4 Rdn. 11). Der Beklagten ist dies nicht gelungen.
(1) § 308 Nr. 4 BGB stellt für die mögliche Rechtfertigung einer Leistungsänderungsklausel darauf ab, ob sie unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. Damit wird eine Abwägung zwischen den Interessen des Klauselverwenders an der Möglichkeit einer Änderung seiner Leistung und denen des anderen Vertragsteils an der Unveränderlichkeit der vereinbarten Leistung des Verwenders verlangt. Die Zumutbarkeit einer Leistungsänderungsklausel ist dann zu bejahen, wenn die Interessen des Verwenders
die für das jeweilige Geschäft typischen Interessen des anderen Vertragsteils überwiegen oder ihnen zumindest gleichwertig sind (Wolf in Wolf/Horn/Lindacher aaO Rdn. 14). Das setzt eine Fassung der Klausel voraus, die nicht zur Rechtfertigung unzumutbarer Änderungen dienen kann, und erfordert im allgemeinen auch, daß für den anderen Vertragsteil zumindest ein gewisses Maß an Kalkulierbarkeit der möglichen Leistungsänderungen besteht (Staudinger/Coester-Waltjen aaO Rdn. 6).
(2) Diesen Anforderungen wird die angegriffene Klausel nicht gerecht.
(a) Die Klausel enthält keine ausdrückliche Begrenzung der von der Beklagten in Anspruch genommenen Befugnis, den Zinssatz für Combispar-Guthaben zu ändern. Ihr läßt sich jedenfalls unter Berücksichtigung der sogenannten Unklarheitenregel (§ 305 c Abs. 2 BGB, früher § 5 AGBG) entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht einmal eine Bindung des Zinssatzes für bestehende Combispar-Guthaben an den für neu abzuschließende Sparverträge geltenden Zinssatz entnehmen , weil die Verweisung auf den "durch Aushang bekanntgegebenen Zins" der Beklagten die Möglichkeit offenläßt, unterschiedliche Zinssätze für Alt- und Neuverträge festzusetzen und durch Aushang bekanntzugeben.
(b) Eine einschränkende Auslegung der angegriffenen Klausel im Sinne einer Bindung der Zinsänderungsbefugnis der Beklagten an bestimmte Parameter des Kapitalmarktes kommt nicht in Betracht. Ihr stünde bereits die genannte Unklarheitenregel entgegen, die sich jedenfalls im Verbandsprozeß dahin auswirkt, daß bei der Prüfung der Wirksamkeit
einer Klausel die kundenfeindlichste Auslegung zugrunde zu legen ist (vgl. BGHZ 139, 190, 199; Senatsurteil BGHZ 150, 269, 275; BGH, Urteil vom 19. November 2002 - X ZR 243/01, NJW 2003, 507, 509 f.).
Der Bundesgerichtshof hat allerdings bei Bankdarlehen inhaltlich unbeschränkte Zinsänderungsklauseln bisher einschränkend dahin ausgelegt , daß sie den darlehensgebenden Kreditinstituten Änderungen des Zinssatzes nur nach Maßgabe der kapitalmarktbedingten Veränderungen ihrer Refinanzierungskonditionen gestatten (BGHZ 97, 212, 217; Senatsurteile BGHZ 118, 126, 130 f. und vom 4. Dezember 1990 - XI ZR 340/89, WM 1991, 179, 181 sowie vom 12. Oktober 1993 - XI ZR 11/93, WM 1993, 2003, 2005; BGH, Urteil vom 6. April 2000 - IX ZR 2/98, WM 2000, 1141, 1142 f.). Ob an dieser Rechtsprechung, die vor allem in den letzten Jahren zunehmend erhebliche Kritik erfahren hat (vgl. Soergel /Stein, BGB 12. Aufl. AGBG § 9 Rdn. 68; Metz in Bruchner/Metz, Variable Zinsklauseln, Rdn. 305 ff.; ders. BKR 2001, 21, 22 ff.; Habersack WM 2001, 753, 755 ff.; Schimansky WM 2001, 1169, 1172; ders. WM 2003, 1449, 1450; Derleder WM 2001, 2029, 2031) und die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Preis- oder Tarifänderungsklauseln (vgl. BGHZ 82, 21, 25; 90, 69, 72 f.; 94, 335, 339 f.; 136, 394, 401 f.) abweicht, für Kreditverträge festgehalten werden kann, braucht hier nicht entschieden zu werden. Eine spiegelbildliche Übertragung dieser Auslegung auf die Verzinsung von Kundeneinlagen (sogenannte Passivseite) scheidet jedenfalls schon deshalb aus, weil die Vielfalt der Verwendungsmöglichkeiten für die einem Kreditinstitut zur Verfügung stehenden Gelder eine für Außenstehende klar auf der Hand liegende Zuordnung zu bestimmten Aktivgeschäften und deren Verzinsung ausschließt. Eine solche Übertragung kommt hier auch deshalb nicht in Be-
tracht, weil die Beklagte selbst, wie sie in ihrer Klageerwiderung zum Ausdruck gebracht hat, in der beanstandeten Klausel ein Mittel sieht, Guthabenzinsen durchzusetzen, die sie gegebenenfalls - ohne Bindung an irgendwelche Parameter des Kapitalmarkts - nur zu dem Zweck besonders niedrig festsetzt, um damit einer schwachen Nachfrage in ihrem Aktivgeschäft Rechnung zu tragen und auf der Passivseite "Anlagewünsche abzuwehren oder über die Kondition auszusteuern".
(c) Eine so weitgehende Befugnis der Beklagten zur Zinssatzänderung ist für deren Combispar-Kunden auch unter Berücksichtigung der Interessen der Beklagten nicht zumutbar.
Ein berechtigtes Interesse der Kreditinstitute, ihre Zinssätze den veränderlichen Gegebenheiten des Kapitalmarktes nicht nur bei Neuabschlüssen , sondern auch bei bestehenden Verträgen anzupassen, ist vom Bundesgerichtshof für das Aktivgeschäft mehrfach anerkannt worden (BGHZ 97, 212, 216; Senatsurteil BGHZ 118, 126, 131; BGH, Urteil vom 6. April 2000 - IX ZR 2/98, WM 2000, 1141, 1142). Ein solches Interesse ist auch für das Passivgeschäft grundsätzlich anzuerkennen. Daraus folgt jedoch nicht die Zumutbarkeit jeder Zinsänderungsklausel für die Gegenseite. Die Frage, welches Ausmaß ein formularmäßiger Zinsänderungsvorbehalt haben darf, ist vielmehr unter Berücksichtigung auch der typischen Interessen der Gegenseite zu ermitteln. Dabei kommt es entscheidend auf die Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen an, für die ein Zinsänderungsvorbehalt gelten soll.
Bei den Combispar-Verträgen, für die die angegriffene Klausel der Beklagten gelten soll, handelt es sich um langfristig angelegte Vertrags-
verhältnisse. Das ergibt sich nicht nur aus der Festlegung einer gleichbleibenden monatlichen Sparrate, sondern insbesondere auch daraus, daß der Ertrag der Spartätigkeit neben der laufenden Verzinsung auch von den zusätzlichen Sparprämien abhängt, die erst nach einer dreijährigen Spartätigkeit gezahlt werden und danach jährlich bis auf 20% der Jahressparleistung ansteigen. Die Möglichkeit der Vertragskündigung mit einer Frist von drei Monaten sowie von Teilverfügungen bis zu 3.000 DM monatlich ändert daran, anders als bei gewöhnlichen Sparverträgen mit dreimonatiger Kündigungsfrist und unbeschränkter Einzahlungsmöglichkeit bei gleicher Verzinsung von bestehenden und neu eingezahlten Spareinlagen, nichts, weil beides mit erheblichen Nachteilen hinsichtlich der Sparprämien verbunden ist. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann daher nicht davon ausgegangen werden, bei den CombisparEinlagen handele es sich für sehr viele Anleger um keine definitive Anlage -Entscheidung, sondern lediglich um die Möglichkeit, für den Zahlungsverkehr vorübergehend nicht benötigte Mittel zwischenzuparken.
Angesichts des Langfrist-Charakters der Combispar-Verträge ist eine völlig unbegrenzte Zinsänderungsbefugnis der Beklagten für die betroffenen Sparer nicht zumutbar. Die Gegenleistung der Beklagten für die Spareinlagen der Kunden besteht zwar nicht nur in der laufenden Verzinsung, sondern auch in den zusätzlichen, keiner Änderungsbefugnis der Beklagten unterworfenen Sparprämien. Der laufenden Verzinsung kommt jedoch trotz der für die Sparprämien festgelegten beachtlichen Prozentsätze keine untergeordnete Bedeutung zu, weil Sparprämien in den ersten drei Jahren der Vertragslaufzeit überhaupt nicht gezahlt und danach jeweils nur auf der Grundlage einer Jahressparleistung, nicht dagegen des gesamten Sparguthabens, berechnet werden. Die Beklagte
darf daher den in der laufenden Verzinsung liegenden Teil ihrer Gegen- leistung für die Spareinlagen der Combi-Sparer nicht ohne Rücksicht auf das bei Vertragsbeginn bestehende Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung ändern und die Sparer damit einem unkalkulierbaren Zinsänderungsrisiko aussetzen. Der Gesichtspunkt, daß Sparern anders als manchen Kreditnehmern durch Zinssatzänderungen in aller Regel keine existentielle Notlage droht, rechtfertigt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine andere Beurteilung. Das für formularmäßige Leistungsänderungsvorbehalte insbesondere bei langfristigen Vertragsverhältnissen wesentliche Erfordernis der Wahrung des vertraglichen Äquivalenzverhältnisses (vgl. BGHZ 82, 21, 25; 94, 335, 339) beschränkt sich nicht auf Fälle einer existentiellen Notlage des von der Änderung Betroffenen.
Der Umstand, daß es schwierig oder vielleicht unmöglich ist, für die Anpassung von Sparzinsen an die sich ändernden Gegebenheiten des Kapitalmarkts eine für alle Kreditinstitute generell richtige, für sämtliche denkbaren Fallgestaltungen angemessene Bezugsgröße zu finden (vgl. dazu Bruchner in Bankrechtstag 2001, S. 93, 140; Schebesta BKR 2002, 564, 568 f.), ändert an dieser Beurteilung nichts. Es ist der Beklagten bei langfristig angelegten Sondersparformen wie dem streitgegenständlichen Bereich des Combis-Sparens zuzumuten, unter den Bezugsgrößen des Kapitalmarkts diejenigen oder eine Kombination derjenigen auszuwählen, die den Gegebenheiten ihres Geschäfts mit den Combispar-Einlagen möglichst nahe kommen, und sie zum Maßstab für künftige Zinsänderungen zu machen. So könnte sie beispielsweise auf der Grundlage der von ihr beabsichtigten Verwendung des Mittelaufkommens aus Combispar-Einlagen die für den danach in Betracht kom-
menden Teil ihres Aktivgeschäfts maßgeblichen Parameter des Kapitalmarkts einer Umschreibung der Voraussetzungen, Richtlinien und Grenzen für künftige Zinsänderungen zugrunde legen. Ein seinem Inhalt nach völlig unbestimmter formularmäßiger Zinsänderungsvorbehalt, wie ihn die angegriffene Klausel enthält, liefert die Combi-Sparer beliebigen Entscheidungen der Beklagten aus. Dies läßt sich durch das grundsätzlich schutzwürdige Interesse der Beklagten an einer Anpassung ihrer Zinssätze an wechselnde Gegebenheiten des Kapitalmarktes nicht rechtfertigen.
3. Die angegriffene Klausel ist aus den genannten Gründen insgesamt unwirksam. Auf die Frage, ob die in ihr enthaltene Regelung über die Bekanntgabe der Zinssätze durch Aushang mit § 307 BGB vereinbar ist, kommt es deshalb nicht an.

III.


Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und der Klage stattgeben.
Nobbe Bungeroth Müller
Wassermann Appl
12
b) Die Unzumutbarkeit kann sich vielmehr nur aus der Ausgestaltung der Zinsänderungsklausel, die bei formularmäßiger Vereinbarung anerkanntermaßen der Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 4 BGB unterliegt, ergeben. Wie der erkennende Senat mit Urteil vom 17. Februar 2004 (BGHZ 158, 149, 153 ff.) für eine vergleichbare Klausel entschieden hat, weist die nicht näher begrenzte Befugnis eines Kreditinstituts, dem Sparer den jeweiligen durch Aushang bekannt gemachten Zinssatz zu zahlen , nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen auf. Die Klausel lässt weder die Voraussetzungen noch den Umfang der Änderungen erkennen, ermöglicht eine Änderung des Zinssatzes ohne Rücksicht auf das bei Vertragsbeginn bestehende Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung und ist damit für den Sparer jedenfalls bei auf eine längere Laufzeit angelegten Verträgen unzumutbar (BGHZ 158, 149, 155; MünchKomm/Kieninger, BGB 5. Aufl. § 308 Nr. 4 Rdn. 10; Erman/Roloff, BGB 12. Aufl. § 308 Rdn. 35; Palandt/Grüneberg, BGB 67. Aufl. § 309 Rdn. 10; Schmidt, in: Ulmer/ Brandner/Hensen, AGB-Recht 10. Aufl. § 308 Nr. 4 Rdn. 10 b; Burkiczak BKR 2007, 190, 191).
15
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die streitige Zinsänderungsklausel insofern wegen Verstoßes gegen den nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB anwendbaren § 308 Nr. 4 BGB unwirksam ist, als sie nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen aufweist (vgl. Senat, BGHZ 158, 149, 153 ff. und Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 10 ff.; jeweils zu vergleichbaren Klauseln
12
b) Die Unzumutbarkeit kann sich vielmehr nur aus der Ausgestaltung der Zinsänderungsklausel, die bei formularmäßiger Vereinbarung anerkanntermaßen der Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 4 BGB unterliegt, ergeben. Wie der erkennende Senat mit Urteil vom 17. Februar 2004 (BGHZ 158, 149, 153 ff.) für eine vergleichbare Klausel entschieden hat, weist die nicht näher begrenzte Befugnis eines Kreditinstituts, dem Sparer den jeweiligen durch Aushang bekannt gemachten Zinssatz zu zahlen , nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen auf. Die Klausel lässt weder die Voraussetzungen noch den Umfang der Änderungen erkennen, ermöglicht eine Änderung des Zinssatzes ohne Rücksicht auf das bei Vertragsbeginn bestehende Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung und ist damit für den Sparer jedenfalls bei auf eine längere Laufzeit angelegten Verträgen unzumutbar (BGHZ 158, 149, 155; MünchKomm/Kieninger, BGB 5. Aufl. § 308 Nr. 4 Rdn. 10; Erman/Roloff, BGB 12. Aufl. § 308 Rdn. 35; Palandt/Grüneberg, BGB 67. Aufl. § 309 Rdn. 10; Schmidt, in: Ulmer/ Brandner/Hensen, AGB-Recht 10. Aufl. § 308 Nr. 4 Rdn. 10 b; Burkiczak BKR 2007, 190, 191).
15
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die streitige Zinsänderungsklausel insofern wegen Verstoßes gegen den nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB anwendbaren § 308 Nr. 4 BGB unwirksam ist, als sie nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen aufweist (vgl. Senat, BGHZ 158, 149, 153 ff. und Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 10 ff.; jeweils zu vergleichbaren Klauseln

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

(1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam.

(2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften.

(3) Der Vertrag ist unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der nach Absatz 2 vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

15
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die streitige Zinsänderungsklausel insofern wegen Verstoßes gegen den nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB anwendbaren § 308 Nr. 4 BGB unwirksam ist, als sie nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen aufweist (vgl. Senat, BGHZ 158, 149, 153 ff. und Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 10 ff.; jeweils zu vergleichbaren Klauseln

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

12
b) Die Unzumutbarkeit kann sich vielmehr nur aus der Ausgestaltung der Zinsänderungsklausel, die bei formularmäßiger Vereinbarung anerkanntermaßen der Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 4 BGB unterliegt, ergeben. Wie der erkennende Senat mit Urteil vom 17. Februar 2004 (BGHZ 158, 149, 153 ff.) für eine vergleichbare Klausel entschieden hat, weist die nicht näher begrenzte Befugnis eines Kreditinstituts, dem Sparer den jeweiligen durch Aushang bekannt gemachten Zinssatz zu zahlen , nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen auf. Die Klausel lässt weder die Voraussetzungen noch den Umfang der Änderungen erkennen, ermöglicht eine Änderung des Zinssatzes ohne Rücksicht auf das bei Vertragsbeginn bestehende Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung und ist damit für den Sparer jedenfalls bei auf eine längere Laufzeit angelegten Verträgen unzumutbar (BGHZ 158, 149, 155; MünchKomm/Kieninger, BGB 5. Aufl. § 308 Nr. 4 Rdn. 10; Erman/Roloff, BGB 12. Aufl. § 308 Rdn. 35; Palandt/Grüneberg, BGB 67. Aufl. § 309 Rdn. 10; Schmidt, in: Ulmer/ Brandner/Hensen, AGB-Recht 10. Aufl. § 308 Nr. 4 Rdn. 10 b; Burkiczak BKR 2007, 190, 191).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 162/03 Verkündet am:
12. Oktober 2005
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
_____________________
1. § 172 Abs. 2 VVG ist auch auf die kapitalbildende Lebensversicherung anwendbar.
2. Zur Auslegung von § 172 Abs. 2 VVG und zu den Anforderungen an eine
wirksame Klauselersetzung im Treuhänderverfahren.
3. Die im Treuhänderverfahren durchgeführte Ersetzung der durch die Urteile
vom 9. Mai 2001 (BGHZ 147, 354 und 373) wegen Verstoßes gegen das
Transparenzgebot für unwirksam erklärten Klauseln in Allgemeinen Bedingungen
der Lebensversicherung über die Berechnung der beitragsfreien
Versicherungssumme und des Rückkaufswerts, den Stornoabzug und die
Verrechnung der Abschlusskosten durch inhaltsgleiche Bestimmungen ist
unwirksam. Nach den Maßstäben des § 306 Abs. 2 BGB ergibt sich: Der
Stornoabzug entfällt. Die beitragsfreie Versicherungssumme und der Rückkaufswert
bei Kündigung dürfen einen Mindestbetrag nicht unterschreiten.
BGH, Urteil vom 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03 - LG Hannover
AG Hannover
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Oktober 2005

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 12. Juni 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der vom Bund der Versicherten unterstützte Kläger verlangt von der Beklagten, einem Lebensversicherungsunternehmen, im Wege der Stufenklage Auskunft über den Rückkaufswert einer kapitalbildenden Lebensversicherung ohne Verrechnung mit Abschlusskosten und ohne Stornoabzug sowie Zahlung des sich daraus ergebenden Betrages.
2
Dem zum 1. Mai 1997 mit einer Laufzeit von 30 Jahr en abgeschlossenen und vom Kläger zum 1. März 2002 gekündigten Vertrag la- gen Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) zugrunde, die in § 6 für den Fall der Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung und der Kündigung Bestimmungen über die Berechnung der beitragsfreien Versicherungssumme und des Rückkaufswerts sowie über einen Stornoabzug in beiden Fällen enthielten. Diese Klauseln der Beklagten hat der Senat auf Klage des Bundes der Versicherten durch Urteile vom 9. Mai 2001 (BGHZ 147, 373) ebenso wie eine gleichartige Klausel eines anderen Lebensversicherers (BGHZ 147, 354) wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 9 AGBG für unwirksam erklärt. Die dem Vertrag mit dem Kläger zugrunde liegende Regelung in § 15 AVB der Beklagten über die Erhebung und Ausgleichung der Abschlusskosten ist im Verbandsklageverfahren durch rechtskräftig gewordenes Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart (VersR 1999, 832) ebenso wie eine gleichartige Klausel eines anderen Versicherers durch Urteil des Senats vom 9. Mai 2001 (BGHZ 147, 354) wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot für unwirksam erklärt worden. Der Senat hat die im Transparenzmangel liegende unangemessene Benachteiligung der Versicherungsnehmer durch beide Klauseln darin gesehen, dass dem Versicherungsnehmer die mit der Beitragsfreistellung und der Kündigung insbesondere in den ersten Jahren verbundenen erheblichen wirtschaftlichen Nachteile nicht deutlich gemacht werden. Sie liegen darin, dass wegen der zunächst vollen Verrechnung der Sparanteile der Prämien mit den im Wesentlichen aus der Vermittlungsprovision bestehenden einmaligen Abschlusskosten bis zum Höchstzillmersatz (so genannte Zillmerung, § 25 Abs. 1 Satz 2 RechVersV, § 4 DeckRV) in den ersten Jahren keine oder allenfalls geringe Beträge zur Bildung einer beitragsfreien Versicherungssumme oder eines Rückkaufswertes vorhanden sind.

3
Die Beklagte hat daraufhin im Wege des Treuhänderv erfahrens nach § 172 Abs. 2 VVG die für unwirksam erklärten Klauseln durch inhaltsgleiche , ihrer Meinung nach nunmehr transparent formulierte Bestimmungen ersetzt und die Versicherungsnehmer davon benachrichtigt. Den Zugang der das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart betreffenden Änderungsmitteilung vom Juli 2000 bestreitet de r Kläger. Den durch das Senatsurteil vom 9. Mai 2001 und ein Rundschreiben der Aufsichtsbehörde vom 10. Oktober 2001 veranlassten Bedingungsänderungen hat der Kläger mit Schreiben vom 30. Januar 2002 widersprochen. Er hat den Vertrag zum 1. März 2002 gekündigt und die Auszahlung des Rückkaufswertes verlangt. Er hält die Klauselersetzung für unwirksam. Nach seiner Ansicht ist § 172 Abs. 2 VVG nur auf Risikoversicherungen gemäß § 172 Abs. 1 VVG, nicht aber auf die kapitalbildende Lebensversicherung anwendbar, jedenfalls nicht auf gekündigte Verträge. Keinesfalls sei es zulässig, eine wegen Intransparenz für unwirksam erklärte Klausel durch eine inhaltsgleiche zu ersetzen.
4
Die Beklagte hat die Rückvergütung aus der Lebensv ersicherung einschließlich der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung mit 2.046,70 € errechnet (Rückkaufswert unter Berücksichtigung von Abschlusskosten und Stornoabzug 1.900,80 €, Überschussbeteiligung 145,90 €) und nach Abzug von 46,78 € Kapitalertragsteuer an den Kläger 1.999,92 € ausgezahlt.
5
Das Amtsgericht hat die Beklagte durch Teilurteil vom 12. November 2002 (VersR 2003, 314) verurteilt, dem Kläger in belegter und prüfbarer Form Auskunft darüber zu erteilen, mit welchen Abschlusskosten und mit welchem Abzug sie den Zeitwert (§ 176 Abs. 3 VVG) des Vertra- ges belastet habe und wie hoch der Auszahlungsbetrag ohne diese Belastungen zum 1. März 2002 gewesen wäre. Mit Schreiben vom 23. Dezember 2002 hat die Beklagte zur Abwendung der Zwangsvollstreckung Auskunft erteilt unter anderem über die Höhe der Abschlusskosten und des Stornoabzugs. Der Kläger hält die Auskunft für unzureichend und hat einen Beschluss des Amtsgerichts vom 25./30. April 2003 gemäß § 888 ZPO erwirkt. Durch Urteil vom 12. Juni 2003 hat das Landgericht die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (VersR 2003, 1289). Mit ihrer Revision erstrebt sie die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
7
A. Das Berufungsgericht hält die Beklagte für verp flichtet, dem Kläger Auskunft zu erteilen über die Höhe des Rückkaufswertes ohne Berücksichtigung der angefallenen Abschlusskosten und ohne Stornoabzug. Die unwirksamen Klauseln seien nicht nach § 172 Abs. 2 VVG durch wirksame Klauseln ersetzt worden. Unabhängig von der Frage, ob dieses Treuhänderverfahren nicht nur die Risikolebensversicherung, sondern auch die kapitalbildende Lebensversicherung betreffe, scheitere die Anwendung des § 172 Abs. 2 VVG schon daran, dass das Vertragsverhältnis durch Kündigung beendet und die Klauselersetzung demgemäß nicht für die Fortsetzung des Vertrages erforderlich sei. Davon abgesehen könnten Klauseln, die wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot für unwirksam erklärt worden seien, grundsätzlich nicht nach § 172 Abs. 2 VVG ersetzt werden. Die entstandenen Vertragslücken könnten auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung durch inhaltsgleiche Regelungen geschlossen werden. Es entspreche nicht den Interessen des Versicherungsnehmers, wenn ihn erheblich belastende, für unwirksam erklärte Bestimmungen rückwirkend in transparenter Form als vereinbart gelten sollten, zumal auch andere Regelungen über die Verrechnung von Abschlusskosten denkbar seien.
8
B. Die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Anwend ung des § 172 Abs. 2 VVG und seine daraus abgeleiteten Folgen für den Auskunftsanspruch des Klägers halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
9
I. § 172 Abs. 2 VVG ist auf die kapitalbildende Le bensversicherung anwendbar und nicht nur auf die Risikoversicherungen im Sinne von § 172 Abs. 1 VVG.
10
1. § 172 Abs. 1 VVG betrifft nur Versicherungen, b ei denen der Eintritt der Leistungspflicht des Versicherers ungewiss ist. Das sind reine Risikoversicherungen, etwa die Todesfallversicherung mit fester Laufzeit, die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, die Unfallzusatzversicherung , die Dread-Disease-Versicherung (Versicherungsfall ist eine schwere Erkrankung) und die Pflegeversicherung (vgl. Kollhosser in Prölss/ Martin, VVG 27. Aufl. § 172 Rdn. 6, wobei es offenbar versehentlich "gewiß" heißt, richtig 26. Aufl. Rdn. 3 "ungewiß"; BK/Schwintowski, § 172 VVG Rdn. 8). Bei der gemischten, kapitalbildenden Lebensversicherung (Kapitalversicherung, Rentenversicherung, fondsgebundene Lebensver- sicherung) ist der Eintritt der Leistungspflicht des Versicherers dem Grunde nach gewiss. Entweder ist die Todesfallleistung zu zahlen oder die Ablaufleistung oder Rente. Zweifel an der Gewissheit bestehen allenfalls dann, wenn die für den Todesfall vereinbarte Leistung höher ist als die für den Erlebensfall (vgl. dazu Engeländer, VersR 2000, 274, 278).
11
2. Ob § 172 Abs. 2 VVG auch die kapitalbildende Le bensversicherung erfasst, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten.
12
a) Der Bund der Versicherten und der Kläger meinen , § 172 Abs. 2 VVG gelte nur für die Risikoversicherungen des Abs. 1 und bei kapitalbildenden Lebensversicherungen jedenfalls nicht für den "Kapitalteil". Diese enge Auslegung wird in der Literatur vertreten von Schünemann (VersR 2005, 323; VersR 2004, 817; VersR 2002, 393; NVersZ 2002, 145; JZ 2002, 460, 462, Entscheidungsanmerkung; JZ 2002, 134; VuR 2002, 100, 103, Entscheidungsanmerkung; VuR 2002, 85), Bäuerle/ Schünemann (Ersetzung unwirksamer Klauseln in der kapitalbildenden Lebensversicherung aus verfassungs- und zivilrechtlicher Sicht, Gutachten für den BdV), Römer (Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 172 Rdn. 13 ff.) und Buchholz-Schuster (NVersZ 2000, 207 unter Bezugnahme auf Römer), in diese Richtung tendierend wohl auch Dörner (LM Nr. 47 zu § 8 AGBG, Entscheidungsanmerkung zu den Senatsurteilen vom 9. Mai 2001).
13
b) Überwiegend wird in der Literatur die von den L ebensversicherungsunternehmen bevorzugte Ansicht vertreten, § 172 Abs. 2 VVG erfasse alle Lebensversicherungen (Schwintowski, aaO § 172 VVG Rdn. 23; Kollhosser, aaO § 172 Rdn. 17 ff. und VersR 2003, 807 ff.; Wandt in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch § 11 mit umfassender Darstellung der gesamten Problematik, zu § 172 VVG Rdn. 18-24, 43-49, 117-144; ders. VersR 2001, 1449; 2002, 1362 f., Entscheidungsanmerkung; ders. Ersetzung unwirksamer AVB der Lebensversicherung im Treuhänderverfahren gemäß § 172 VVG, Gutachten für den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft - GDV -; ders. Änderungsklauseln in Versiche rungsverträgen Rdn. 286-288, 293-305; Höra/Müller-Stein in Terbille, Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht § 24 Rdn. 205-208; Präve in Prölss, VAG 12. Aufl. § 11b Rdn. 14, 15; ders. VersR 2001, 839, 841, 846, 848, Anm. zu den Senatsentscheidungen vom 9. Mai 2001; ders. VersR 2000, 1138 f.; ders. Versicherungsbedingungen und AGB-Gesetz Rdn. 475; Armbrüster, EWiR § 3 UWG 2/02, 1109; Lorenz, VersR 2002, 410, auch zum verfassungsrechtlichen Aspekt; ders. VersR 2001, 1146, Anm. zum Urteil des OLG Stuttgart S. 1141; Fricke, NVersZ 2000, 310; Baroch Castellvi, NVersZ 2001, 529, 534; Reiff, ZIP 2001, 1058, 1060 f., Anm. zu einem der Senatsurteile vom 9. Mai 2001, S. 1052; Jaeger, VersR 1999, 26, 29 f.; Langheid/Grote, NVersZ 2002, 49; Rosenow/Schaffelhuber , ZIP 2001, 2211, 2222; Kirscht, VersR 2003, 1072).
14
c) In der Rechtsprechung der mit zahlreichen Verfa hren befassten Instanzgerichte werden ebenfalls unterschiedliche Auffassungen vertreten. Die Oberlandesgerichte folgen, soweit ersichtlich, im Wesentlichen der in der Literatur überwiegend vertretenen Ansicht (Stuttgart VersR 2001, 1141 m. Anm. Lorenz; München VersR 2003, 1024; Braunschweig VersR 2003, 1520; Celle VersR 2005, 535; Nürnberg, Urteil vom 11. Juli 2005 - 8 U 3187/04; anders für bei Wirksamwerden der Änderung gekündigte Verträge Düsseldorf, Urteil vom 13. Mai 2005 - I-4 U 146/04).

15
3. Für das vom Senat gefundene Auslegungsergebnis sind folgende Erwägungen maßgebend:
16
a) Schon der Wortlaut "der Lebensversicherung" spricht dafür, dass § 172 Abs. 2 VVG alle Lebensversicherungen meint. Wenn das Gesetz von der Lebensversicherung ohne nähere Erläuterung spricht, sind auch sonst alle Lebensversicherungsarten gemeint. Soll eine Regelung nur bestimmte Arten der Lebensversicherung betreffen, wird diese Art der Lebensversicherung ausdrücklich benannt, so z.B. in §§ 165 Abs. 2, 166 Abs. 1 Satz 1, 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, 176 Abs. 1 Satz 1 VVG (Kapitalversicherung). In § 172 Abs. 1 VVG werden ebenfalls nur bestimmte Versicherungen bezeichnet, nämlich die mit ungewisser Leistungspflicht des Versicherers. Um zum Ausdruck zu bringen, dass in Abs. 2 nur diese Versicherungen gemeint sind, wäre die gleiche Formulierung zu erwarten wie in § 176 Abs. 2 VVG, nämlich "bei einer Versicherung der in Abs. 1 bezeichneten Art". Demgegenüber lässt sich der Formulierung "der Lebensversicherung" eine solche Beschränkung nicht entnehmen.
17
b) Der Vergleich mit § 178g Abs. 3 VVG spricht ebe nfalls dafür, dass § 172 Abs. 2 VVG nicht nur auf die Versicherungen der in Abs. 1 bezeichneten Art anwendbar ist. Beide Bestimmungen geben dem Versicherer das Recht, im Treuhänderverfahren neue Versicherungsbedingungen einzuführen. § 178g Abs. 3 Satz 1 VVG enthält das Recht, die Versicherungsbedingungen und die Tarifbestimmungen bei einer nachhaltigen Veränderung der Verhältnisse des Gesundheitswesens zu ändern , hat also die dauernde Erfüllbarkeit der Verträge im Blick ebenso wie das Recht zur Prämienanpassung nach Abs. 2 dieser Vorschrift. Die Befugnis in Abs. 3 Satz 2, unwirksame Bedingungen im Treuhänderverfahren zu ersetzen, war im Regierungsentwurf noch nicht enthalten (BTDrucks. 12/6959 S. 37). Sie ist gemeinsam mit § 172 Abs. 2 VVG erst gegen Ende des Gesetzgebungsverfahrens eingefügt worden. In § 178g Abs. 3 Satz 2 VVG betrifft die Ersetzungsbefugnis eindeutig nur die in Satz 1 genannten Versicherungsverhältnisse. Dieser Zusammenhang wird einmal dadurch hergestellt, dass die Regelung als Satz 2 in denselben Absatz eingefügt wurde. Zum anderen ergibt sich der enge Zusammenhang ersichtlich auch daraus, dass es in Satz 2 nur heißt "Ist in den Versicherungsbedingungen eine Bestimmung unwirksam, …". Bei der Lebensversicherung ist der Gesetzgeber anders vorgegangen. Im Regierungsentwurf hatte § 172 VVG nur einen Absatz (BT-Drucks. 12/6959 S. 35). Hätte die Ersetzungsbefugnis nur für die Risikoversicherungen gelten sollen, hätte es nahe gelegen, sie wie bei § 178g Abs. 3 VVG durch Anfügen des vergleichbaren Satzes "Ist in den Versicherungsbedingungen eine Bestimmung unwirksam, …" zu regeln. Stattdessen ist die Ersetzungsbefugnis aber in einem eigenen Absatz untergebracht und außerdem hinzugefügt worden "der Lebensversicherung". Das spricht gegen die Ansicht von Römer (aaO § 172 Rdn. 14), § 172 Abs. 2 VVG könne nicht aus dem Zusammenhang mit Abs. 1 gelöst werden. Der Gesetzgeber hat diesen Zusammenhang gelöst, wie der Vergleich mit § 178g Abs. 3 VVG zeigt.
18
c) Die Entstehungsgeschichte ergibt kein klares Bi ld. Sie spricht aber nicht gegen, sondern eher für einen weiten Anwendungsbereich von § 172 Abs. 2 VVG. Erwähnt wird dieses Problem in den Gesetzesmaterialien nicht. Wie zuvor unter b) ausgeführt, enthielt der Regierungsent- wurf keine Befugnis der Versicherer, unwirksame Bedingungen in der Lebens- oder Krankenversicherung zu ersetzen. In der Lebensversicherung ging es im Entwurf nur um die Anpassung von Prämien und der Überschussbeteiligung bei den Versicherungen, die jetzt in Abs. 1 genannt sind. Nur bei solchen Versicherungen, nicht aber bei der kapitalbildenden Lebensversicherung ("Sparprodukte"), haben der Gesetzgeber und der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in der Stellungnahme zum Referentenentwurf vom September 1993 einen Bedarf für eine Prämienanpassungsregelung gesehen. Der GDV hat aber in der Stellungnahme vom September 1993 ebenso wie bei seinen Änderungsvorschlägen vom März 1994 weitergehend gefordert, dass die Lebensversicherer auch das Recht erhalten sollen, nachträglich einzelne Bestimmungen in den Versicherungsbedingungen zu ändern. Dabei ging er ebenso wie der Regierungsentwurf davon aus, dass diese Möglichkeit der Vereinbarung bedarf, also einer vertraglichen Ä nderungsklausel. Die Vorstellung des GDV ging dahin, dass der Inhalt der Bedingungsänderungsklausel gewissermaßen in das Gesetz aufgenommen wird. Er wollte also eine so geartete, wie es in seiner Stellungnahme vom März 1994 formuliert ist, gesetzliche Bedingungsänderungsmöglichkeit. Diese Vorstellung hat der Gesetzgeber auch umgesetzt, allerdings ohne den Umweg über eine vertragliche Änderungsklausel. (So ha t der Senat dies auch in der Entscheidung zur Prämienanpassung in der Krankenversicherung gesehen, Urteil vom 16. Juni 2004 - IV ZR 117/02 - BGHZ 159, 323). Nach dem Willen des Gesetzgebers tragen die §§ 172 Abs. 2, 178g Abs. 3 Satz 2 VVG der geltend gemachten Forderung Rechnung nach einer gesetzlichen Anpassungsmöglichkeit für Lebensversicherungsverträge und Krankenversicherungsverträge, die in der Regel für den Versicherer unkündbar sind und bei denen sich unabweisbarer Anpassungsbedarf ergibt, wenn etwa durch Rechtsprechung eine leistungsbeschreibende AVB-Klausel für unwirksam erklärt worden ist, weil insoweit zur Fortführung des Vertragsverhältnisses nicht auf die gesetzliche Regelung verwiesen werden kann (BT-Drucks. 12/7595 S. 112, s.a. S. 103, 105). Dieses Verständnis wird gestützt durch die Anmerkungen von Renger (VersR 1994, 753, 755) zu den Änderungen im Gesetzg ebungsverfahren. Danach sei die von der Versicherungswirtschaft erhobene Forderung nach Aufnahme einer generellen gesetzlichen Anpassungsklausel für bestehende Versicherungsverhältnisse bei veränderten Umständen durch §§ 172 Abs. 2 und 178g Abs. 3 Satz 2 VVG in eng umschriebener Weise aufgegriffen worden. In der Literatur habe eine gesetzliche Anpassungsregelung jedenfalls für den Fall Zustimmung gefunden, dass durch höchstrichterliche Rechtsprechung Regelungen in AVB für unwirksam erklärt werden.
19
4. Die Anwendung von § 172 Abs. 2 VVG auf alle Art en der Lebensversicherung ist nicht verfassungswidrig. Die allerdings nicht sehr präzise gefasste Vorschrift ermöglicht eine Auslegung, die die vom Kläger unter Hinweis auf Bäuerle und Schünemann (Ersetzung unwirksamer Klauseln in der kapitalbildenden Lebensversicherung aus verfassungsund zivilrechtlicher Sicht; Schünemann, JZ 2002, 134; ders. VersR 2002, 393) erhobenen, im Ansatz teilweise beachtlichen verfassungsrechtlichen Bedenken ausräumt.
20
§ 172 Abs. 2 VVG schränkt die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Privatautonomie der Versicherungsnehmer ein, weil sie dem Versicherer ein einseitiges Recht zur Vertragsergänzung einräumt. Diese Einschränkung ist sachlich gerechtfertigt, weil von der Unwirksamkeit einer Klausel regelmäßig eine sehr hohe Zahl von Verträgen (laut Bäuerle, aaO S. 19: zwischen 10 und 15 Millionen) betroffen ist. Eine Vertragsergänzung mit Zustimmung aller Versicherungsnehmer ist praktisch nicht durchführbar und würde deshalb die Rechtssicherheit und die nach § 11 Abs. 2 VAG gebotene Gleichbehandlung aller Versicherungsnehmer gefährden (vgl. Präve in Prölss, VAG 12. Aufl. § 11 Rdn. 9, § 11b Rdn. 14, 15; Lorenz, VersR 2002, 410 ff.; ders. VersR 2001, 1147; Wandt, VersR 2001, 1451; Römer, VersR 1994, 125). Ohne die Ersetzungsmöglichkeit des § 172 Abs. 2 VVG blieben alle Verträge lückenhaft, bei denen die Versicherungsnehmer der Ergänzung nicht zugestimmt haben. Daran würde sich auch dann nichts ändern, wenn im Individualprozess eines Versicherungsnehmers der Bundesgerichtshof die neue Bestimmung billigen würde, weil dies die Zustimmung des Versicherungsnehmers, wenn sie nötig wäre, nicht ersetzen könnte. Beim Vorgehen nach § 172 Abs. 2 VVG werden die Änderungen dagegen durch die Mitteil ung nach § 172 Abs. 3 VVG Vertragsinhalt. Sie unterliegen allerdings wie jede andere AGB-Klausel der richterlichen Inhaltskontrolle.
21
Die Rechtsordnung muss dafür sorgen, dass die verf assungsrechtlich geschützten Interessen derjenigen, die von der gesetzlichen Einschränkung der Vertragsfreiheit betroffen sind, hinreichend gewahrt werden (vgl. BVerfG, Urteile vom 26. Juli 2005, VersR 2005, 1109, 1117 f. 1124 und VersR 2005, 1127, 1130 f.). In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist dies dadurch gewährleistet, dass die neuen Klauseln nach inzwischen einhelliger, vom Senat geteilter Ansicht sowohl im Individualprozess als auch im Verbandsprozess nach dem Unterlassungsklagengesetz der uneingeschränkten richterlichen Inhaltskontrolle unterliegen (vgl. zur Prämienanpassung im Treuhänderverfahren bei der Krankenversicherung nach § 178g Abs. 2 VVG BVerfG VersR 2000, 214 und Senatsurteil vom 16. Juni 2004, BGHZ 159, 323). Materiell trägt der Senat dem Schutzbedürfnis der Versicherungsnehmer durch eine die Voraussetzungen und Wirkungen der Vorschrift präzisierende und einschränkende Auslegung Rechnung (dazu nachfolgend unter II. und III.).
22
Soweit Bäuerle und Schünemann (aaO) verfassungsrec htliche Bedenken auf die umstrittene Geschäftsbesorgungstheorie der Versicherung stützen und daraus folgend den "Kapitalteil" der Lebensversicherung vom "Risikoteil" abspalten, ihn wie andere Kapitalanlagen behandeln und den dafür geltenden Vorschriften unterwerfen wollen, ist darauf nicht näher einzugehen. Dieses Verständnis entspricht nicht dem Gesetz. Die Konzeption des Gesetzes ist die eines einheitlichen Lebensversicherungsvertrages , für den insgesamt das Versicherungsvertragsgesetz , das Versicherungsaufsichtsgesetz und die besonderen Vorschriften des Handelsgesetzbuches über die Rechnungslegung für Versicherungsunternehmen (§§ 341 ff. HGB) und nicht etwa stattdessen teilweise die Vorschriften des Kapitalanlagerechts gelten. Das gesetzliche Modell der kapitalbildenden Lebensversicherung ist durch die Urteile des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juli 2005 bestätigt worden.
23
II. Voraussetzung für die rechtmäßige Durchführung des Treuhänderverfahrens nach § 172 Abs. 2 i.V. mit Abs. 1 VVG ist, dass eine Bestimmung in den Versicherungsbedingungen unwirksam ist, zur Fortführung des Vertrages dessen Ergänzung notwendig ist und ein unabhängiger Treuhänder die Voraussetzungen für die Änderung überprüft und deren Angemessenheit bestätigt hat.

24
1. a) Die Unwirksamkeit einer Klausel kann nur dur ch einen bestandskräftigen Verwaltungsakt der Aufsichtsbehörde oder der Kartellbehörde oder eine höchstrichterliche Entscheidung festgestellt werden (so wohl auch Römer, VersR 1994, 125, 127). Nur solche Entscheidungen schaffen abschließend Rechtsklarheit. Ihnen lassen sich regelmäßig auch die Maßstäbe dafür entnehmen, ob und mit welchem Inhalt eine Ergänzung in Betracht kommt. Rechtskräftige Urteile der Instanzgerichte gewährleisten dies nicht. Wie insbesondere die zahlreichen Verfahren zu § 172 Abs. 2 VVG zeigen, können Entscheidungen der Instanzgerichte im Ergebnis und in der Begründung sehr unterschiedlich ausfallen. Das führt zwar dazu, dass bei schwierigen und komplexen Problemen viele relevante Gesichtspunkte aufgezeigt werden und die wissenschaftliche Diskussion angeregt wird. Für den Versicherer, der unterlegen ist, und andere Versicherer, die gleichartige Klauseln verwenden, bleibt die Rechtslage aber zunächst unklar, insbesondere bei im Ergebnis unterschiedlichen rechtskräftigen Instanzurteilen. So könnte sich ein Treuhänderverfahren als unnötig erweisen, wenn der Bundesgerichtshof in einem anderen Verfahren die beanstandete Klausel für wirksam hält (so im Fall der Beklagten das Treuhänderverfahren zur Ersetzung der vom OLG Stuttgart - VersR 1999, 832, 835 f. - für unwirksam erklärten Bestimmungen zur Überschussbeteiligung in § 17 AVB, die in vergleichbarer Form Gegenstand des Senatsurteils vom 9. Mai 2001 gegen einen anderen Versicherer waren und vom Senat für wirksam gehalten wurden, BGHZ 147, 354, 356, 367 ff.). Andererseits hätten die direkt oder mittelbar von sich widersprechenden Instanzentscheidungen betroffenen Versicherer die Wahl, ob sie die Klausel ersetzen oder nicht. Eine abschließende Klärung der Wirksamkeit kann deshalb nur durch das Revisions- gericht erfolgen. Einem Versicherer ist auch zuzumuten, das ihm ungünstige Urteil eines Instanzgerichts mit Rechtsmitteln anzugreifen, wenn es um die Wirksamkeit einer Klausel in seinen Versicherungsbedingungen geht und er von der Ersetzungsmöglichkeit Gebrauch machen will.
25
Die wohl nur von Kollhosser (in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 172 Rdn. 23) vertretene Ansicht, der Versicherer könne in eigener Verantwortung über die Unwirksamkeit entscheiden, ist abzulehnen (so auch Wandt in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch § 11 Rdn. 127; vgl. auch BGHZ 141, 153, 157). Dies würde die Vertragsfreiheit des Versicherungsnehmers in nicht hinnehmbarer Weise einschränken. Damit würde dem Versicherer ein Mittel in die Hand gegeben , mit dem er beliebig in die Vertragsparität eingreifen könnte, indem er ihm nicht genehme Klauseln für unwirksam erklärt und den Vertrag mit Hilfe des Treuhänders einseitig zu seinem Vorteil ändert (so Langheid /Grote, NVersZ 2002, 49 f.).
26
Die Feststellung der Unwirksamkeit eröffnet nicht nur dem Versicherer das Verfahren nach § 172 Abs. 2 VVG, gegen den die Entscheidung ergangen ist, sondern allen Versicherern, die gleichartige, aus denselben Gründen als unwirksam anzusehende Klauseln verwenden (Präve, aaO § 11b Rdn. 18; Wandt, VersR 2001, 1453; Langheid/Grote, aaO S. 51).
27
b) Die Unwirksamkeit der Bestimmungen über Beitrag sfreistellung, Kündigung und Rückkaufswert in § 6 AVB der Beklagten, die durch das Treuhänderverfahren von Ende 2001/Anfang 2002 ersetzt werden soll- ten, ergibt sich aus dem Senatsurteil vom 9. Mai 2001 (BGHZ 147, 373). Dem am 1. Juli 2000 abgeschlossenen Treuhänderverfahren zur Ersetzung der Klausel über die Abschlusskostenverrechnung in § 15 AVB lag dagegen noch kein Urteil des Senats, sondern nur das rechtskräftige Urteil des OLG Stuttgart (VersR 1999, 832, 834 f.) zugrunde. Allerdings hat der Senat im Verfahren gegen einen anderen Versicherer eine vergleichbare Klausel am 9. Mai 2001 ebenfalls für intransparent erklärt (BGHZ 147, 354, 365 ff.). Ob dadurch, insbesondere im Hinblick auf die damalige unklare Rechtslage, die zunächst fehlende Voraussetzung der Unwirksamkeit im Sinne der jetzt vom Senat aufgestellten Kriterien nachträglich als gegeben angesehen werden kann, braucht nicht entschieden zu werden. Die Klauselersetzung ist jedenfalls aus anderen Gründen insgesamt nicht wirksam (dazu unten B. III.).
28
2. a) aa) Notwendig ist die Ergänzung zur Fortführ ung des Vertrages , wenn durch die Unwirksamkeit der Bestimmung eine Regelungslücke im Vertrag entsteht (vgl. Lorenz, VersR 2001, 1147). Das wird im Allgemeinen anzunehmen sein, wenn die Unwirksamkeit - wie erforderlich - durch eine höchstrichterliche Entscheidung oder einen bestandskräftigen Verwaltungsakt festgestellt wird. Es gilt jedenfalls dann, wenn dadurch die Leistungspflichten und Ansprüche der Parteien betroffen sind. In einem solchen Fall ist die Ergänzung unverzichtbar. Ob die Unwirksamkeit auf einer inhaltlich unangemessenen Benachteiligung des Kunden oder einem Transparenzmangel beruht, ändert nichts am Vorhandensein der dadurch entstandenen Vertragslücke.
29
Ist die Lücke nach dem ursprünglichen Regelungspla n der Parteien zu schließen, ist der Vertrag zu ergänzen. Nach welchen Maßstäben und mit welchem Inhalt die Ergänzung zu erfolgen hat, sagt § 172 Abs. 2 VVG nicht. Das ergibt sich vielmehr aus den allgemeinen, den Fall der Unwirksamkeit einer AGB-Klausel regelnden Vorschriften, nämlich § 306 Abs. 2 BGB, früher § 6 Abs. 2 AGBG (Lorenz, VersR 2001, 1147 f. und VersR 2002, 411 f.). Danach bestimmt sich, wie die Ergänzung vorzunehmen ist, ob durch dispositives Gesetzesrecht im Sinne einer konkreten materiell-rechtlichen Regelung, nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung oder durch ersatzlosen Wegfall der Klausel. Die Streitfrage, ob es sich bei den Bestimmungen der §§ 157, 133 BGB, in denen die ergänzende Vertragsauslegung ihre Grundlage hat, um "gesetzliche Vorschriften" im Sinne von § 306 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 2 AGBG handelt (so BGHZ 90, 69, 75) oder um eine - allgemein anerkannte - Methode der Lückenfüllung (so Harry Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz 9. Aufl. § 6 Rdn. 26, 34 ff.), ist im Ergebnis ohne Relevanz (Wandt, VersR 2001, 1450 Fn. 14). Unter dem Begriff der Ergänzung im Sinne von § 172 Abs. 2 VVG sind deshalb alle nach § 306 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 2 AGBG in Betracht kommenden Möglichkeiten der Lückenfüllung zu verstehen. Ob der ersatzlose Wegfall, gesetzliche Vorschriften oder nur eine neue Klausel eine sachgerechte Ersatzlösung darstellen, gehört daher nicht schon zu den Voraussetzungen für die Durchführung des Treuhänderverfahrens. Das ist vielmehr erst zu prüfen, wenn es darum geht, ob die vom Versicherer mit Zustimmung des Treuhänders vorgenommene Ergänzung den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Wenn sich dabei ergibt, dass der Vertrag durch eine gesetzliche Regelung sachgerecht ergänzt werden kann, ist die Ergänzung durch eine neue (davon abweichende) Klausel nicht wirksam. Würde man die nicht immer einfach und klar zu beantwortende Frage, ob dispositives Gesetzesrecht eine sachgerechte Ersatzlösung bietet (vgl. dazu Staudin- ger/Schlosser, AGB-Gesetz 13. Bearb. 1998 § 6 Rdn. 10, 12; MünchKomm-BGB/Basedow, 4. Aufl. § 306 Rdn. 23, 26; Harry Schmidt, aaO § 6 Rdn. 29), schon zu den Voraussetzungen des Treuhänderverfahrens rechnen, hinge dessen Zulässigkeit letztlich von der rechtlichen Wirksamkeit seines Ergebnisses ab. Gleiches gilt für die Frage, ob die Ergänzung deshalb zu unterbleiben hat, weil der Vertrag nach § 306 Abs. 3 BGB, § 6 Abs. 3 AGBG insgesamt nichtig ist.
30
Die Trennung zwischen den Voraussetzungen der Vert ragsergänzung im Treuhänderverfahren und der Wirksamkeit der Ergänzung bringt für die Versicherungsnehmer keine Nachteile mit sich. Ist der Versicherer oder der Treuhänder der Ansicht, die unwirksame Klausel sei ersatzlos zu streichen oder durch eine gesetzliche Bestimmung zu ersetzen, kann es aufgrund des Transparenzgebots erforderlich sein, den Versicherungsnehmer darüber zu informieren (vgl. Lorenz, VersR 2002, 411; Wandt, VersR 2001, 1452 und Versicherungsrechts-Handbuch § 11 Rdn. 132). Kennt der Versicherungsnehmer die Unwirksamkeit der Klausel nicht, besteht die Gefahr, dass er die ihm dadurch genommenen Rechte im Vertrauen auf die Wirksamkeit nicht wahrnimmt.
31
bb) Der Auffassung, schon die Möglichkeit einer ri chterlichen ergänzenden Vertragsauslegung stehe der Ergänzung nach § 172 Abs. 2 VVG entgegen, ist nicht zu folgen. Sie negiert den Willen des Gesetzgebers und würde dazu führen, dass die Vorschrift leer läuft (Lorenz, VersR 2002, 410; Wandt, VersR 2001, 1451).
32
cc) Ist der Vertrag im Zeitpunkt der Änderungsmitt eilung nach § 172 Abs. 3 VVG gekündigt oder beitragsfrei gestellt, steht dies der Ver- tragsergänzung nach § 172 Abs. 2 VVG nicht entgegen. Die Feststellung der Unwirksamkeit der Klausel entfaltet Rückwirkung und führt dazu, dass der Vertrag von Anfang an lückenhaft war. Die Ergänzung nach § 172 Abs. 2 VVG i.V. mit § 306 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 2 AGBG durch dispositives Gesetzesrecht oder eine neue wirksame Klausel wirkt ebenfalls auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zurück (Wandt, Versicherungsrechts -Handbuch § 11 Rdn. 139). Der Vertrag wird deshalb materiell von seinem Beginn bis zur Beendigung durch Zeitablauf oder Kündigung nach diesen Bestimmungen durchgeführt und damit fortgeführt im Sinne von § 172 Abs. 2 VVG. Für die bei Beendigung gegebenen Ansprüche ist deshalb die Ersatzregelung maßgebend. Dies ist auch bei der richterlichen ergänzenden Vertragsauslegung nicht anders, wenn eine anfängliche Regelungslücke dadurch geschlossen wird. § 172 Abs. 3 Satz 2 VVG, wonach Änderungen nach Abs. 2 zwei Woch en nach Benachrichtigung des Versicherungsnehmers wirksam werden, steht dem nicht entgegen. Dem Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, dass er die mit § 172 Abs. 2 VVG beabsichtigte Schließung von anfänglichen Vertragslücken entgegen § 6 Abs. 2 AGBG nur teilweise für die Zeit nach Zugang der Änderungsmitteilung ermöglichen wollte. Eine solche Beschränkung beträfe nicht nur gekündigte oder beitragsfrei gestellte (letztere werden auch künftig noch fortgeführt), sondern alle Verträge. Die für die Vergangenheit nicht geschlossene Lücke könnte und müsste dann im Wege der richterlichen ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden (Wandt, VersR 2002, 1364).
33
b) Die unwirksamen Klauseln in den früheren §§ 6, 15 AVB der Beklagten betreffen ihre Leistungspflicht gegenüber den Versicherungsnehmern und damit verbunden auch die Rechnungslegung. Es ist not- wendig, die entstandene Vertragslücke im Verfahren nach § 172 Abs. 2 VVG zu schließen.
34
3. Zur Frage, welche Anforderungen an die Unabhäng igkeit des Treuhänders zu stellen sind, sind nähere Ausführungen nicht erforderlich , weil der Kläger insoweit keine konkreten, auf die Person des Treuhänders bezogenen Bedenken erhoben hat. Der Senat weist vorsorglich jedoch auf Folgendes hin:
35
Der Treuhänder in der Lebens- und Krankenversicher ung ist Vertreter der Interessen der Gesamtheit der Versicherungsnehmer (Renger, VersR 1994, 1257 ff.; ders. VersR 1995, 866, 874; Schwintowski, aaO § 172 Rdn. 4; Präve, aaO § 11b Rdn. 5, 37 ff. m.w.N.; Buchholz, VersR 2005, 866 ff.). Seine Einschaltung soll einen Ausgleich dafür schaffen, dass das Gesetz dem Versicherer ein einseitiges Vertragsänderungsrecht einräumt und dadurch die Vertragsfreiheit der Versicherungsnehmer einschränkt. Damit dieser vom Gesetz vorgesehene Ausgleich seine Wirkung entfalten kann, ist für die Beurteilung der Unabhängigkeit des vom Versicherer bestellten Treuhänders der Standpunkt der Gesamtheit der Versicherungsnehmer maßgeblich. Der Treuhänder ist danach unabhängig , wenn bei objektiv-generalisierender, verständiger Würdigung das Vertrauen gerechtfertigt ist, er werde die Interessen der Gesamtheit der Versicherungsnehmer angemessen wahrnehmen (vgl. Buchholz, aaO S. 870).

36
III. Die von der Beklagten mit Zustimmung des Treu händers vorgenommene Vertragsergänzung durch inhaltsgleiche Bestimmungen ist unwirksam.
37
Nach § 306 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 2 AGBG sind vorran gig gesetzliche Vorschriften im Sinne einer konkreten Ersatzregelung in Betracht zu ziehen. Stehen solche nicht zur Verfügung, ist zu fragen, ob ein ersatzloser Wegfall der unwirksamen Klausel eine sachgerechte Lösung darstellt. Scheiden beide Möglichkeiten aus, ist zu prüfen, ob die Ersatzregelung nach den anerkannten Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung zulässiger Inhalt einer richterlichen ergänzenden Vertragsauslegung wäre (Wandt, Versicherungsrechts-Handbuch § 11 Rdn. 135).
38
1. Für die unwirksame Vereinbarung von Abzügen bei Beitragsfreistellung und Kündigung (Stornoabzug) in § 6 Abs. 1a Satz 3 bis 5, Abs. 2b AVB gibt es eine Regelung im Gesetz. Nach §§ 174 Abs. 4, 176 Abs. 4 VVG ist der Versicherer zu einem Abzug nur berechtigt, wenn er vereinbart ist. Ist die Vereinbarung unwirksam, besteht kein Anspruch auf einen Abzug (Wandt, VersR 2001, 1458 f.).
39
Entgegen der Ansicht von Wandt sind diese gesetzli chen Vorschriften nicht nur generell, sondern auch hier zur Lückenfüllung geeignet. Er leitet die Befugnis zur Ersetzung der Stornoklauseln daraus ab, dass der Senat diese nur deshalb für unwirksam erklärt habe, weil sie, obwohl selbst hinreichend transparent und vom Kläger nicht mit nachvollziehbaren Bedenken angegriffen, vom Versicherungsnehmer allein wegen der Bezugnahme auf die unverständlichen Ausgangswerte bei Rückkauf und Beitragsfreistellung nicht zu verstehen seien (vgl. BGHZ 147, 373, 380). Da die intransparenten Klauseln über Beitragsfreistellung und Kündigung aber, wie Wandt meint, im Treuhänderverfahren wirksam ersetzt worden seien, müsse dies auch für die nur mittelbar intransparenten Stornoklauseln gelten. Dem kann schon deshalb nicht zugestimmt werden, weil die neuen Bestimmungen über die beitragsfreie Versicherungssumme und den Rückkaufswert unter Verrechnung der einmaligen Abschlusskosten nach dem Zillmerungsverfahren wiederum unwirksam sind, wie noch auszuführen ist.
40
Im Übrigen kann den kurzen Ausführungen des Senats zur Stornoklausel im Urteil vom 9. Mai 2001 nicht entnommen werden, dass sie umfassend auf ihre Wirksamkeit im Hinblick auf §§ 10 Nr. 7, 11 Nr. 5 AGBG, jetzt §§ 308 Nr. 7, 309 Nr. 5b BGB geprüft worden ist.
41
2. a) Für die unwirksamen Bestimmungen in § 6 Abs. 1a Satz 2, Abs. 2a AVB über die Umwandlung in eine beitragfreie Versicherung und die Kündigung und Auszahlung des Rückkaufswerts sowie die Bestimmung in § 15 AVB über die Verrechnung der Abschlusskosten stehen keine gesetzlichen Vorschriften zur Verfügung, die die Lücken sachgerecht schließen (Wandt, VersR 2001, 1456 ff.). Der Senat hat in den Urteilen vom 9. Mai 2001 ausgeführt, dass die §§ 174 Abs. 2, 176 Abs. 3 VVG über die Berechnung der beitragsfreien Versicherungsleistung und den Rückkaufswert nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik nur einen Rahmen darstellen, innerhalb dessen sich die Berechnung halten muss, und die gesetzliche Regelung deshalb der Ergänzung und Ausfüllung bedarf. Ob und wie entstandene Abschlusskosten zu verrechnen sind, ist in den §§ 159 ff. VVG im Gegensatz zum Storno- abzug nicht ausdrücklich geregelt. Dem Schweigen des Gesetzes kann aber nicht entnommen werden, wie der Kläger meint (vgl. auch Schünemann , VersR 2005, 323, 326), dass diese Kosten allein der Versicherer zu tragen hat. Da die Prämien in der Lebensversicherung nicht nur aus betriebswirtschaftlicher Vernunft, sondern aufsichtsrechtlich nach § 11 VAG zwingend so kalkuliert werden müssen, dass das Versicherungsunternehmen allen seinen Verpflichtungen nachkommen und insbesondere eine ausreichende Deckungsrückstellung bilden kann, dürfte auch den vertragsrechtlichen Vorschriften eher die Vorstellung zugrunde liegen, dass die Abschlusskosten in die Prämienkalkulation einfließen. Es ist auch nicht so, dass Vermittlungsprovisionen stets durch den Versicherer verursacht werden. Das ist z.B. anders, wenn der Versicherungsnehmer sich durch einen Versicherungsmakler beraten lässt, dessen Provision üblicherweise der Versicherer zahlt. Der vollständige Wegfall der Verrechnung der Abschlusskosten mit den Prämien würde die Versicherungsnehmer davon auch im Ergebnis nicht entlasten. Dies würde die Überschüsse, die (pauschal gesagt) den Versicherungsnehmern zu mindestens 90% zufließen, vermindern und damit im Wesentlichen die Versicherungsnehmer treffen, die den Vertrag bis zum Ende oder jedenfalls für längere Zeit beitragspflichtig aufrechterhalten. Begünstigt würden dadurch nur die Versicherungsnehmer, die den Vertrag nach kurzer Laufzeit kündigen oder beitragsfrei stellen. Eine solche Lösung, die sich vorwiegend am Interesse dieser Versicherungsnehmer an der Optimierung der an sie auszukehrenden Leistungen orientiert, widerspräche dem für das Versicherungsrecht typischen Grundgedanken einer Risikogemeinschaft (vgl. BVerfG VersR 2005, 1127, 1134) und ist deshalb nicht sachgerecht.

42
Daraus folgt, dass auch ein ersatzloser Wegfall de r Abschlusskostenverrechnungsklausel ungeeignet ist, die Vertragslücke zu schließen.
43
b) Die inhaltsgleiche Ersetzung der unwirksamen Kl auseln unterläuft die gesetzliche Sanktion der Unwirksamkeit nach § 9 Abs. 1 AGBG, jetzt § 307 Abs. 1 BGB und ist schon deshalb mit den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung nicht zu vereinbaren. Es ist nicht angängig , an die Stelle der unwirksamen, weil den Vertragspartner des Klauselverwenders unangemessen benachteiligenden Klausel im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung eine inhaltsgleiche Bestimmung zu setzen (BGHZ 90, 69, 78). Das nationale Recht stellt damit in Übereinstimmung mit der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen im Sinne eines wirkungsvollen Verbraucherschutzes sicher, dass missbräuchliche Klauseln für den Verbraucher unverbindlich sind (Hubert Schmidt in Bamberger /Roth, BGB § 306 Rdn. 2; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz 4. Aufl. RiLi Art. 6 Rdn. 4; EuGH NJW 2003, 275 f. und NJW 2000, 2571 f.).
44
Dies gilt auch, wenn die Unwirksamkeit auf einem V erstoß gegen das Transparenzgebot beruht. Darin liegen eine unangemessene Benachteiligung des Kunden im Sinne von § 9 AGBG, jetzt ausdrücklich § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und ein Verstoß gegen Art. 6 der Richtlinie 93/13/EWG (vgl. BGHZ 140, 25, 31; 106, 42, 49; Pfeiffer in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Band III Stand Januar 2001, A 5 Art. 3 Rdn. 54, 58, Art. 4 Rdn. 39, Art. 5 Rdn. 22, 23, 26, Art. 6 Rdn. 3). Das hat der Senat auch in den Urteilen vom 9. Mai 2001 mit Blick auf die darin festgestellten Verstöße gegen das Transparenzgebot ausgespro- chen. Wenn Allgemeine Versicherungsbedingungen Rechte und Pflichten des Vertragspartners - des Versicherungsnehmers - nicht klar und durchschaubar darstellen, insbesondere die wirtschaftlichen Nachteile nicht so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann, wird er unangemessen benachteiligt. Dass dies gerade dann gilt, wenn durch die Intransparenz ein - wie der Senat ausgeführt hat (BGHZ 147, 354, 364) - wirtschaftlicher Nachteil des Versicherungsnehmers von erheblichem Gewicht verdeckt wird, versteht sich von selbst. Der Versicherungsnehmer wird durch die fehlende Transparenz gehindert, seine Entschließungsfreiheit bei Eingehung des Vertrages in voller Kenntnis des Inhalts des Vertrages, insbesondere der wirtschaftlichen Nachteile, auszuüben; er wird gehindert, schon die Produktwahl auf der Grundlage der wirklichen, mit dem Versicherungsvertrag bei frühzeitiger Beendigung verbundenen Nachteile zu treffen. Diese Folgen des Transparenzmangels lassen sich nicht rückwirkend damit beseitigen, dass die unwirksame intransparente Klausel durch eine materiell inhaltsgleiche transparente Klausel ersetzt wird (so im Ansatz auch Wandt, VersR 2001, 1455). Soweit letzterer (ebenso Kirscht, VersR 2003, 1075 f.) dennoch die inhaltsgleiche Ersetzung damit rechtfertigt, die Klauseln seien lediglich wegen formeller Intransparenz für unwirksam erklärt worden, inhaltlich aber angemessen, greift das zu kurz. Der Senat hat die in Rede stehende Verrechnung der einmaligen Abschlusskosten nach dem Verfahren der Zillmerung zwar nicht im Sinne von §§ 9 AGBG, 307 BGB als materiell unangemessene Benachteiligung der Versicherungsnehmer angesehen, er hat aber betont, sie schaffe bei Kündigung und Beitragsfreistellung einen wirtschaftlichen Nachteil des Versicherungsnehmers von erheblichem Gewicht. Bei der inhaltsgleichen Ersetzung der Klausel hätte dieser Nachteil Bestand, obwohl der Vertrag durch den Transpa- renzmangel unter Verdeckung dieses Nachteils zustande gekommen ist. Der Eingriff in die Entschließungs- und Auswahlfreiheit bliebe unbeseitigt und bestünde - bei Einstellung der Prämienzahlung - in seinen Auswirkungen fort. Das führte im Ergebnis dazu, dass die wegen Intransparenz unwirksame Klausel mit den verdeckten Nachteilen für den Versicherungsnehmer letztlich doch verbindlich bliebe. Ein solches Ergebnis liefe §§ 9 AGBG, 307 BGB zuwider und kann deshalb auch nicht Ergebnis einer ergänzenden Vertragsauslegung sein.
45
c) Die Verrechnung der Abschlusskosten im Wege der Zillmerung ist hinsichtlich der Versicherungsnehmer, die den Vertrag bis zum Ende beitragspflichtig führen, zwar unbedenklich. Da die Klauseln aber nicht teilbar sind, ist die Vertragsergänzung insgesamt unwirksam.
46
IV. Das Scheitern der Vertragsergänzung nach § 172 Abs. 2 VVG bedeutet nicht, dass die Klage abzuweisen ist, um der Beklagten Gelegenheit zu geben, erneut ein solches Verfahren durchzuführen. Vielmehr ist im Wege der richterlichen ergänzenden Vertragsauslegung zu entscheiden , ob und auf welche Art die einmaligen Abschlusskosten mit den Beiträgen zu verrechnen sind (Wandt, Versicherungsrechts-Handbuch § 11 Rdn. 141; anders, jedenfalls unklar Kollhosser, aaO § 172 Rdn. 36).
47
1. a) Bei unwirksamen Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat die ergänzende Vertragsauslegung ebenso wie die Auslegung und Inhaltskontrolle solcher Bestimmungen nach einem objektivgeneralisierenden Maßstab zu erfolgen, der am Willen und Interesse der typischerweise beteiligten Verkehrskreise (und nicht nur der konkret be- teiligten Parteien) ausgerichtet sein muss (BGH, Urteil vom 14. April 2005 - VII ZR 56/04 - NJW-RR 2005, 1040 unter II 3; BGHZ 107, 273, 276 f. m.w.N.; Harry Schmidt, aaO § 6 Rdn. 32; Hubert Schmidt, aaO § 306 Rdn. 12, 13; Erman/Roloff, BGB 11. Aufl. § 306 Rdn. 13). Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein (Harry Schmidt, aaO). Sie scheitert, anders als bei Verträgen zwischen einzelnen Personen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 22. Februar 2002 - V ZR 26/01 - WM 2002, 2337 unter II 3), nicht daran, dass mehrere Gestaltungsmöglichkeiten zur Ausfüllung der Regelungslücke in Betracht kommen, wie schon die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Tagespreisklausel belegt (BGHZ 90, 69, 78 ff.). Vielmehr ist insbesondere bei Massenverträgen die Ergänzung auf einer höheren Abstraktionsebene und damit ohne Rücksicht auf Anhaltspunkte für eine bestimmte Lösungsvariante vorzunehmen (Hubert Schmidt, aaO Rdn. 13; vgl. auch Schlosser, aaO § 6 Rdn. 13a).
48
b) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt.
49
c) Eine ergänzende Vertragsauslegung ist auch vorz unehmen, wenn eine Klausel wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam ist. § 306 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 2 AGBG unterscheiden nicht nach dem Grund der Unwirksamkeit. Diese Vorschriften regeln auch die Rechtsfolgen der Unwirksamkeit. Das durch den Transparenzmangel verursachte Informationsdefizit des Versicherungsnehmers bei der Pro- duktwahl führt deshalb nicht dazu, die Vertragsergänzung durch ein Widerspruchsrecht in entsprechender Anwendung von § 5a VVG auszuschalten (so aber Schünemann, JZ 2002, 137; zutreffend: Römer in Römer /Langheid, VVG 2. Aufl. § 5a Rdn. 41; OLG München VersR 2003, 1024, 1026; OLG Celle VersR 2003, 1113 f.; Wandt, VersR 2001, 1455 f.; Werber, VersR 2003, 148, 150 ff.). Einem Widerspruchsrecht, das den Vertrag insgesamt beträfe, stehen § 306 Abs. 1 BGB, § 6 Abs. 1 AGBG entgegen. Nach diesen Bestimmungen bleibt der Vertrag bei Unwirksamkeit einer Klausel im Übrigen wirksam.
50
d) Europarechtliche Bedenken gegen die ergänzende Vertragsauslegung bestehen nicht. Wie eine unverbindliche Klausel ersetzt wird, regelt die Richtlinie 93/13/EWG nicht, dies ist dem nationalen Recht überlassen (Hubert Schmidt, aaO Rdn. 2; Roloff, aaO Rdn. 3; Wolf, aaO RiLi Art. 6 Rdn. 4, 7; Pfeiffer, aaO Art. 6 Rdn. 8, 13).
51
2. Nach diesen Grundsätzen ist die Regelungslücke in der Weise zu schließen, dass es grundsätzlich bei der Verrechnung der geleisteten, einmaligen Abschlusskosten nach dem Zillmerungsverfahren bleibt. Für den Fall der vorzeitigen Beendigung der Beitragszahlung bleibt jedenfalls die versprochene Leistung geschuldet; der vereinbarte Betrag der beitragsfreien Versicherungssumme und des Rückkaufswerts darf aber einen Mindestbetrag nicht unterschreiten. Dieser Mindestbetrag wird bestimmt durch die Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals. Bereits erworbene Ansprüche aus einer vereinbarten Überschussbeteiligung werden dadurch nicht erhöht.

52
a) Die Verrechnung entstandener Abschlusskosten mi t den Prämien entspricht grundsätzlich den Interessen aller am Vertrag Beteiligten. Der Senat hat dies in den Urteilen vom 9. Mai 2001 auch nicht in Frage gestellt, sondern nur die nachteiligen Folgen der Verrechnung nach dem Zillmerungsverfahren bei Kündigung oder Beitragsfreistellung als nicht transparent vereinbart beanstandet. Unter B. III. 2. a) ist bereits dargelegt worden, dass die Verrechnung der Abschlusskosten mit den Prämien objektiv unter vertragsrechtlichen Gesichtspunkten sachgerecht und aufsichtsrechtlich geboten und im Übrigen nach den Vorschriften über die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen vorgeschrieben ist (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RechVersV). Die Verrechnung mit den Prämien entspricht ferner dem bei Vertragsschluss zum Ausdruck gebrachten Willen der Beteiligten. § 15 AVB bestimmte, dass die Abschlusskosten mit den ab Beginn der Versicherung eingehenden Beiträgen verrechnet werden, soweit diese nicht für Versicherungsleistungen und Verwaltungskosten vorgesehen sind. Lediglich die Art und die Folgen der Verrechnung "nach einem aufsichtsrechtlich geregelten Verfahren" waren für den Versicherungsnehmer nicht durchschaubar.
53
Gegen die grundsätzliche Verrechnung von in der Ve rgangenheit entstandenen Abschlusskosten (um die es hier allein geht) mit den Prämien lässt sich, anders als der Kläger meint, nicht mit Erfolg einwenden, die Vermittlungsprovision hätte nicht oder nicht in vollem Umfang gleich am Anfang oder nicht in dieser Höhe entstehen müssen. Gegen das in der Lebensversicherung abweichend von § 92 Abs. 4 HGB (ratierliche Zahlung der Provision entsprechend der Prämienzahlung) übliche System der Einmalprovision (vgl. dazu Küstner in Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Außendienstrechts Bd. 1, 3. Aufl. Rdn. 956 ff., 1099 ff.) werden von Verbraucherseite und in der Literatur (Schünemann, VersR 2005, 323, 326) zwar Bedenken erhoben, die nicht ganz von der Hand zu weisen sind (vgl. auch Abschlussbericht der vom Bundesministerium der Justiz eingesetzten Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 19. April 2004 Ziff. 1.3.2.1.4.3; Rundschreiben des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen R 5/95 vom 31. Oktober 1995 VerBAV 1995, 366). Dieses System kann den Vermittler dazu verleiten, zur Erzielung einer möglichst hohen Provision Verträge zustande zu bringen, die dem Bedarf oder den finanziellen Möglichkeiten des Kunden nicht entsprechen. Dies mag Anlass sein, über eine Änderung des Provisionssystems nachzudenken, trägt aber zur Lösung des Problems der schon entstandenen Abschlusskosten nichts bei.
54
b) Der hypothetische Wille und die Interessen der typischerweise an kapitalbildenden Lebensversicherungen beteiligten Verkehrskreise stellen sich bei objektiv-generalisierender Betrachtung wie folgt dar:
55
aa) Die Versicherungsnehmer, die den Vertrag bis z um Ende durchführen, haben ein Interesse daran, die Belastung durch die am Anfang entstehenden Abschlusskosten möglichst gering zu halten. Auf eine möglichst hohe Versicherungsleistung schon in den ersten Jahren kommt es ihnen beim Abschluss des Vertrages nicht an. Deshalb ist für sie die Verrechnung nach dem Zillmerungsverfahren am günstigsten, weil dadurch die Abschlusskosten am schnellsten getilgt und bei längerfristiger Tilgung entstehende höhere Finanzierungskosten erspart werden (vgl. Engeländer, NVersZ 2002, 436, 438, 444; ders. VersR 1999, 1325 ff.; Bergmann, VersR 2004, 549 ff.; Heinen, ZVersWiss 2002, 155 ff.; Jaeger , VersR 2002, 133, 140).

56
bb) Die Interessen der Versicherungsnehmer, die di e Beitragszahlung vorzeitig beenden, sind im Gegensatz dazu darauf gerichtet, in diesem Zeitpunkt eine Versicherungsleistung zu erhalten, die möglichst wenig mit Abschlusskosten belastet ist. Nach diesem Zeitpunkt zu verrechnende Abschlusskosten, auch in Gestalt höherer Finanzierungskosten, sind für sie bedeutungslos, weil sie keine Prämien mehr zahlen und, wie ausgeführt, ein Stornoabzug nicht wirksam vereinbart ist. Diesem Anliegen entspräche eine Verteilung der Abschlusskosten auf die gesamte Laufzeit.
57
cc) Das Interesse der Versicherungsunternehmen geh t dahin, die Abschlusskosten so zu verrechnen, dass möglichst wenig Finanzierungsaufwand entsteht und so höhere Überschüsse erzielt werden. Es stimmt insoweit mit dem Interesse der Versicherungsnehmer überein, die den Vertrag bis zum Ende durchführen.
58
dd) Die Interessen aller Beteiligten sind auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zusammenzuführen. Dabei ist als Besonderheit der Lebensversicherung zu berücksichtigen, dass hier nicht der sonst im Wirtschaftsleben übliche Interessengegensatz der Marktteilnehmer vorliegt. Den Versicherungsunternehmen wird durch die Prämienzahlungen Vermögen anvertraut, das in ihr Eigentum übergeht und über dessen Nutzung sie in eigener unternehmerischer Verantwortung zu entscheiden haben, dessen Erträge aber größtenteils zur Absicherung der wirtschaftlichen Existenz der Versicherten gedacht sind (BVerfG VersR 2005, 1109, 1118). Die erzielten Überschüsse stehen zum größten Teil den Versicherungsnehmern zu, die Überschüsse aus Kapitalerträgen zu min- destens 90% (§ 1 Abs. 1 und 2 ZRQuotenV). In der Praxis war eine Quote von 97% des Rohüberschusses üblich (BVerfG aaO S. 1121). Die Interessen der Versicherungsunternehmen sind mit den Interessen der Gesamtheit der Versicherungsnehmer daher weitgehend gleichgerichtet.
59
Bei der Bewertung der typischen Interessenlage der Gesamtheit der Versicherungsnehmer kann aber nicht außer Acht gelassen werden, dass ein ganz erheblicher Teil der Verträge vorzeitig beendet wird, wobei nach dem Eindruck verschiedener Veröffentlichungen eine geschätzte Quote von etwa 50% realistisch sein könnte (VW 2004, 1884; 2005, 419, 988; FAZ 25. November 2004 S. 15). Daraus folgt, dass in etwa jeder zweite Versicherungsnehmer durch die Verrechnung der Abschlusskosten nach dem Zillmerungsverfahren einen - je nach Stornozeitpunkt mehr oder weniger großen - wirtschaftlichen Nachteil erleidet. Selbst wenn am Anfang beabsichtigt sein mag, den Vertrag nicht vorzeitig zu stornieren, wird diese Absicht etwa von jedem zweiten Versicherungsnehmer aus unterschiedlichen, sich erst später ergebenden und in der Regel nicht vorhergesehenen Gründen nicht verwirklicht. Damit besteht statistisch betrachtet in der Person jedes Versicherungsnehmers bei Abschluss des Vertrages eine ihm unbewusste gespaltene Interessenlage. Bildlich gesprochen kommt es der einen Hälfte des Versicherungsnehmers auf eine möglichst hohe Ablaufleistung an, der anderen auf eine möglichst hohe Leistung bei vorzeitiger Beendigung. Da ihm nicht offen gelegt worden ist, dass die Interessen dieser anderen Hälfte im Vertrag so nicht berücksichtigt werden, ist für den rückwirkend nicht mehr behebbaren Transparenzmangel ein angemessener Ausgleich zu schaffen.

60
Dieser besteht darin, dass den bei Vertragsabschlu ss nicht berücksichtigten Interessen vertragsergänzend durch eine Mindestleistung bei vorzeitiger Beendigung der Beitragszahlung Rechnung getragen wird, die sich vor allem beim Frühstorno auswirkt. Diesen Interessen kommt im Vergleich mit den Interessen derjenigen Versicherungsnehmer, die den Vertrag bis zum Ende durchführen (meist 20 oder 30 Jahre lang bis zum Erreichen des Rentenalters), ein jedenfalls geringeres Gewicht zu. Lebensversicherungen zielen auf die Sicherung der wirtschaftlichen Existenz und in diesem Rahmen schwerpunktmäßig auf die Alterssicherung (BVerfG aaO S. 1118). Eine Begünstigung derjenigen Versicherungsnehmer , die die Beitragszahlung vorzeitig beenden, dadurch, dass ihnen ein Betrag gutgebracht wird, der über den hinausgeht, der bei Verrechnung der geleisteten einmaligen Abschlusskosten nach dem Zillmerungsverfahren verbleibt, muss sich notwendig zugleich auf die Höhe des Überschusses auswirken, der den Versicherungsnehmern zugute kommt, die den Vertrag beitragspflichtig bis zum Ende durchführen. Ähnlich wie bei der Überschussbeteiligung ist es daher nicht sachgerecht, die Höhe der beitragsfreien Versicherungssumme oder des Rückkaufswertes vorrangig oder nur am Interesse der die Beitragszahlung vorzeitig beendenden Versicherungsnehmer an einer Optimierung der an sie zu erbringenden Leistungen auszurichten. Das widerspräche dem für das Versicherungsrecht - und auch für die Lebensversicherung - typischen Gedanken einer Risikogemeinschaft und des Ausgleichs der unterschiedlichen Interessen der Versicherungsnehmer (vgl. BVerfG VersR 2005, 1127, 1134).
61
ee) Zur Höhe der Mindestleistung bei Einstellung d er Beitragszahlung hat der Senat den Vorschlag der Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts übernommen (Abschlussbericht aaO Ziff. 1.3.2.1.4 und Begründung zu §§ 158, 161 des Entwurfs). Der Senat hat andere Möglichkeiten für die Festlegung eines Mindestrückkaufswerts erwogen (dazu Claus, VerBAV 1986, 239, 253, 283 ff.) und auch die Verteilung der Abschlusskosten auf einen längeren Zeitraum wie bei der "Riester-Rente" in seine Überlegungen einbezogen (nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 AltZertG früher mindestens zehn Jahre, ab 1. Januar 2005 mindestens fünf Jahre; so LG Hildesheim VersR 2003, 1290 f.; vgl. dazu Wandt, VersR 2001, 1460). Er hält den Vorschlag der Reformkommission jedoch aus mehreren Gründen für vorzugswürdig. Der Vorschlag stammt von einem sachkundigen Gremium, dem Vertreter der Verbraucher, der Versicherungswirtschaft und der Wissenschaft angehörten, beruht auf aktuellen Erkenntnissen und erscheint ohne größere Schwierigkeiten durchführbar. Danach soll der Rückkaufswert abweichend von § 176 Abs. 3 Satz 1 VVG nicht mehr der Zeitwert der Versicherung, sondern das nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation zum Schluss der laufenden Versicherungsperiode berechnete Deckungskapital der Versicherung sein, bei einer Kündigung mindestens jedoch die Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitals. Entsprechendes soll für die Ermittlung der prämienfreien Versicherungsleistung gelten, für die schon bisher nach § 174 Abs. 2 VVG die Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation maßgebend sind. Dies führt auch nach Ansicht des Senats zu einer klaren und möglichst einfachen Berechnung des Rückkaufswertes nach bewährten versicherungsmathematischen Regeln. Der danach berechnete Mindestrückkaufswert führt allerdings dazu, dass für die Verträge, die davon betroffen sein können, eine erhöhte Deckungsrückstellung zu bilden ist (vgl. Engeländer, VersR 2005, 1031, 1036; Schroer, Der Verantwortliche Aktuar in der Lebensversicherung S. 104). Dieser Eingriff in die Rech- nungsgrundlagen erscheint hinnehmbar, weil die Verrechnung der einmaligen Abschlusskosten im Wege der Zillmerung als solche bestehen bleiben kann.
62
Demgegenüber ist auch zehn Jahre nach Inkrafttrete n der Neuregelung noch nicht allgemein anerkannt, wie der Zeitwert nach § 176 Abs. 3 Satz 1 VVG zu berechnen ist (vgl. Jaeger, VersR 2002, 133 ff.: "ungelöstes Rätsel"; Engeländer, NVersZ 2002, 436, 442 f.). Nach Ansicht von Versicherungsmathematikern liegt er unter den vereinbarten und nach den herkömmlichen Verfahren berechneten Rückkaufswerten (Engeländer, aaO S. 441, 446; Jaeger, aaO S. 144). Der Zeitwert bietet schon deshalb keine Grundlage für einen Ausgleich der durch den Transparenzmangel verursachten nachteiligen Folgen bei vorzeitiger Beendigung der Beitragszahlung.

63
C. Die Sache wird zurückverwiesen, damit die Parte ien ergänzend vortragen können und der Kläger seine Anträge anpassen kann.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke

Vorinstanzen:
AG Hannover, Entscheidung vom 12.11.2002 - 525 C 5344/02 -
LG Hannover, Entscheidung vom 12.06.2003 - 19 S 108/02 -

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam

1.
(Annahme- und Leistungsfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder die Erbringung einer Leistung vorbehält; ausgenommen hiervon ist der Vorbehalt, erst nach Ablauf der Widerrufsfrist nach § 355 Absatz 1 und 2 zu leisten;
1a.
(Zahlungsfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender eine unangemessen lange Zeit für die Erfüllung einer Entgeltforderung des Vertragspartners vorbehält; ist der Verwender kein Verbraucher, ist im Zweifel anzunehmen, dass eine Zeit von mehr als 30 Tagen nach Empfang der Gegenleistung oder, wenn dem Schuldner nach Empfang der Gegenleistung eine Rechnung oder gleichwertige Zahlungsaufstellung zugeht, von mehr als 30 Tagen nach Zugang dieser Rechnung oder Zahlungsaufstellung unangemessen lang ist;
1b.
(Überprüfungs- und Abnahmefrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender vorbehält, eine Entgeltforderung des Vertragspartners erst nach unangemessen langer Zeit für die Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung zu erfüllen; ist der Verwender kein Verbraucher, ist im Zweifel anzunehmen, dass eine Zeit von mehr als 15 Tagen nach Empfang der Gegenleistung unangemessen lang ist;
2.
(Nachfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender für die von ihm zu bewirkende Leistung abweichend von Rechtsvorschriften eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Nachfrist vorbehält;
3.
(Rücktrittsvorbehalt)die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, sich ohne sachlich gerechtfertigten und im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen; dies gilt nicht für Dauerschuldverhältnisse;
4.
(Änderungsvorbehalt)die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist;
5.
(Fingierte Erklärungen)eine Bestimmung, wonach eine Erklärung des Vertragspartners des Verwenders bei Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung als von ihm abgegeben oder nicht abgegeben gilt, es sei denn, dass
a)
dem Vertragspartner eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt ist und
b)
der Verwender sich verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen;
6.
(Fiktion des Zugangs)eine Bestimmung, die vorsieht, dass eine Erklärung des Verwenders von besonderer Bedeutung dem anderen Vertragsteil als zugegangen gilt;
7.
(Abwicklung von Verträgen)eine Bestimmung, nach der der Verwender für den Fall, dass eine Vertragspartei vom Vertrag zurücktritt oder den Vertrag kündigt,
a)
eine unangemessen hohe Vergütung für die Nutzung oder den Gebrauch einer Sache oder eines Rechts oder für erbrachte Leistungen oder
b)
einen unangemessen hohen Ersatz von Aufwendungen verlangen kann;
8.
(Nichtverfügbarkeit der Leistung)die nach Nummer 3 zulässige Vereinbarung eines Vorbehalts des Verwenders, sich von der Verpflichtung zur Erfüllung des Vertrags bei Nichtverfügbarkeit der Leistung zu lösen, wenn sich der Verwender nicht verpflichtet,
a)
den Vertragspartner unverzüglich über die Nichtverfügbarkeit zu informieren und
b)
Gegenleistungen des Vertragspartners unverzüglich zu erstatten;
9.
(Abtretungsausschluss)eine Bestimmung, durch die die Abtretbarkeit ausgeschlossen wird
a)
für einen auf Geld gerichteten Anspruch des Vertragspartners gegen den Verwender oder
b)
für ein anderes Recht, das der Vertragspartner gegen den Verwender hat, wenn
aa)
beim Verwender ein schützenswertes Interesse an dem Abtretungsausschluss nicht besteht oder
bb)
berechtigte Belange des Vertragspartners an der Abtretbarkeit des Rechts das schützenswerte Interesse des Verwenders an dem Abtretungsausschluss überwiegen;
Buchstabe a gilt nicht für Ansprüche aus Zahlungsdiensterahmenverträgen und die Buchstaben a und b gelten nicht für Ansprüche auf Versorgungsleistungen im Sinne des Betriebsrentengesetzes.

15
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die streitige Zinsänderungsklausel insofern wegen Verstoßes gegen den nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB anwendbaren § 308 Nr. 4 BGB unwirksam ist, als sie nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen aufweist (vgl. Senat, BGHZ 158, 149, 153 ff. und Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 10 ff.; jeweils zu vergleichbaren Klauseln
35
(5) Da die Klausel die Kunden hinsichtlich des Zinsanpassungsrechts bereits aus den vorgenannten Gründen unangemessen benachteiligt , bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob dies auch deshalb der Fall ist, weil, wie das Berufungsgericht angenommen hat, die in der Klausel aufgeführten Anpassungsparameter "der Marktlage (z.B. Veränderung des allgemeinen Zinsniveaus) und des Aufwandes" dem Gebot nicht genügen , die Voraussetzungen für die Änderungsbefugnis bzw. -pflicht in sachlicher Hinsicht (z.B. Umstände einer Zinsanpassung, insbesondere Bindung an einen aussagekräftigen Referenzzinssatz) und in zeitlicher Hinsicht (z.B. Dauer der Zinsperiode) weitestmöglich zu präzisieren, damit der Kreditnehmer vorhersehen und kontrollieren kann, ob eine Zinsanpassung der Bank zu Recht erfolgt ist (so LG Dortmund, WM 2000, 2095, 2096 f.; LG Köln, WM 2001, 201, 202; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB (2004), § 492 Rn. 58; Schimansky, WM 2001, 1169, 1173 und WM 2003, 1449 ff.; Habersack, WM 2001, 753, 758; Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 216 ff.).
15
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die streitige Zinsänderungsklausel insofern wegen Verstoßes gegen den nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB anwendbaren § 308 Nr. 4 BGB unwirksam ist, als sie nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen aufweist (vgl. Senat, BGHZ 158, 149, 153 ff. und Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 10 ff.; jeweils zu vergleichbaren Klauseln

(1)1Schuldner der Kapitalertragsteuer ist in den Fällen des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 7b und 8 bis 12 sowie Satz 2 der Gläubiger der Kapitalerträge.2Die Kapitalertragsteuer entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Kapitalerträge dem Gläubiger zufließen.3In diesem Zeitpunkt haben in den Fällen des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 bis 4 sowie 7a und 7b der Schuldner der Kapitalerträge, jedoch in den Fällen des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Satz 2 die für den Verkäufer der Wertpapiere den Verkaufsauftrag ausführende Stelle im Sinne des Satzes 4 Nummer 1, und in den Fällen des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a, 5 bis 7 und 8 bis 12 sowie Satz 2 die die Kapitalerträge auszahlende Stelle den Steuerabzug unter Beachtung der im Bundessteuerblatt veröffentlichten Auslegungsvorschriften der Finanzverwaltung für Rechnung des Gläubigers der Kapitalerträge vorzunehmen.4Die die Kapitalerträge auszahlende Stelle ist

1.
in den Fällen des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 bis 7 Buchstabe a und Nummer 8 bis 12 sowie Satz 2
a)
das inländische Kredit-, Finanzdienstleistungs- oder Wertpapierinstitut im Sinne des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe b,
aa)
das die Teilschuldverschreibungen, die Anteile an einer Sammelschuldbuchforderung, die Wertrechte, die Zinsscheine, die Anteile an Investmentfonds im Sinne des Investmentsteuergesetzes, die elektronischen Wertpapiere im Sinne des § 2 des Gesetzes über elektronische Wertpapiere oder sonstigen Wirtschaftsgüter verwahrt oder verwaltet oder deren Veräußerung durchführt und die Kapitalerträge auszahlt oder gutschreibt oder in den Fällen des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 8 und 11 die Kapitalerträge auszahlt oder gutschreibt,
bb)
das die Kapitalerträge gegen Aushändigung der Zinsscheine oder der Teilschuldverschreibungen einem anderen als einem ausländischen Kredit-, Finanzdienstleistungs- oder Wertpapierinstitut auszahlt oder gutschreibt;
b)
der Schuldner der Kapitalerträge in den Fällen des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe a und Nummer 10 unter den Voraussetzungen des Buchstabens a, wenn kein inländisches Kredit-, Finanzdienstleistungs- oder Wertpapierinstitut die die Kapitalerträge auszahlende Stelle ist;
2.
in den Fällen des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe b das inländische Kredit-, Finanzdienstleistungs- oder Wertpapierinstitut, das die Kapitalerträge als Schuldner auszahlt oder gutschreibt;
2a.
in den Fällen des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 8a
a)
der inländische Betreiber oder die inländische Zweigniederlassung eines ausländischen Betreibers einer Internet-Dienstleistungsplattform im Sinne des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 8a Satz 2, der die Kapitalerträge an den Gläubiger auszahlt oder gutschreibt,
b)
das inländische Kredit-, Finanzdienstleistungs- oder Wertpapierinstitut im Sinne des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe b, das inländische Zahlungsinstitut im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes oder das inländische E-Geld-Institut im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes, das die Kapitalerträge im Auftrag des inländischen oder ausländischen Betreibers einer Internet-Dienstleistungsplattform im Sinne des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 8a Satz 2 oder nach Vermittlung der Kapitalforderung durch eine Internet-Dienstleistungsplattform für den Schuldner der Kapitalerträge an den Gläubiger auszahlt oder gutschreibt,
c)
der Schuldner der Kapitalerträge, wenn es keinen inländischen Abzugsverpflichteten nach Buchstabe a oder b gibt.2Der inländische Betreiber oder die inländische Zweigniederlassung eines ausländischen Betreibers einer Internet-Dienstleistungsplattform im Sinne des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 8a Satz 2 (Plattformbetreiber) haftet in diesem Fall für die nicht einbehaltenen Steuern oder zu Unrecht gewährten Steuervorteile.3Der Plattformbetreiber haftet nicht nach Satz 2, wenn er den Schuldner der Kapitalerträge auf seine Verpflichtung, die Kapitalertragsteuer einzubehalten und abzuführen hingewiesen und dies dokumentiert hat;
3.
in den Fällen des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a
a)
das inländische Kredit-, Finanzdienstleistungs- oder Wertpapierinstitut im Sinne des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe b, welche die Anteile verwahrt oder verwaltet und die Kapitalerträge auszahlt oder gutschreibt oder die Kapitalerträge gegen Aushändigung der Dividendenscheine auszahlt oder gutschreibt oder die Kapitalerträge an eine ausländische Stelle auszahlt,
b)
die Wertpapiersammelbank, der die Anteile zur Sammelverwahrung anvertraut wurden, wenn sie die Kapitalerträge an eine ausländische Stelle auszahlt,
c)
der Schuldner der Kapitalerträge, soweit die Wertpapiersammelbank, der die Anteile zur Sammelverwahrung anvertraut wurden, keine Dividendenregulierung vornimmt; die Wertpapiersammelbank hat dem Schuldner der Kapitalerträge den Umfang der Bestände ohne Dividendenregulierung mitzuteilen,
4.
in den Fällen des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5, soweit es sich um die Vorabpauschale nach § 16 Absatz 1 Nummer 2 des Investmentsteuergesetzes handelt, das inländische Kredit-, Finanzdienstleistungs- oder Wertpapierinstitut im Sinne des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe b, welches die Anteile an dem Investmentfonds im Sinne des Investmentsteuergesetzes verwahrt oder verwaltet;
5.
in den Fällen des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 der Investmentfonds, wenn es sich um Kapitalerträge aus Anteilen an inländischen Investmentfonds handelt, die nicht von einem inländischen oder ausländischen Kredit-, Finanzdienstleistungs- oder Wertpapierinstitut im Sinne des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe b verwahrt oder verwaltet werden;
6.
für Kapitalerträge aus Kryptowertpapieren im Sinne des § 4 Absatz 3 des Gesetzes über elektronische Wertpapiere, in den Fällen des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5, 7 Buchstabe a, Nummer 8 und 9 bis 12 die registerführende Stelle nach § 16 Absatz 2 des Gesetzes über elektronische Wertpapiere, sofern sich keine auszahlende Stelle aus den Nummern 1, 4 und 5 ergibt.
5Die innerhalb eines Kalendermonats einbehaltene Steuer ist jeweils bis zum zehnten des folgenden Monats an das Finanzamt abzuführen, das für die Besteuerung
1.
des Schuldners der Kapitalerträge,
2.
der den Verkaufsauftrag ausführenden Stelle oder
3.
der die Kapitalerträge auszahlenden Stelle
nach dem Einkommen zuständig ist; bei Kapitalerträgen im Sinne des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 ist die einbehaltene Steuer in dem Zeitpunkt abzuführen, in dem die Kapitalerträge dem Gläubiger zufließen.6Dabei ist die Kapitalertragsteuer, die zu demselben Zeitpunkt abzuführen ist, jeweils auf den nächsten vollen Eurobetrag abzurunden.7Wenn Kapitalerträge ganz oder teilweise nicht in Geld bestehen (§ 8 Absatz 2) und der in Geld geleistete Kapitalertrag nicht zur Deckung der Kapitalertragsteuer ausreicht, hat der Gläubiger der Kapitalerträge dem zum Steuerabzug Verpflichteten den Fehlbetrag zur Verfügung zu stellen.8Zu diesem Zweck kann der zum Steuerabzug Verpflichtete den Fehlbetrag von einem bei ihm unterhaltenen und auf den Namen des Gläubigers der Kapitalerträge lautenden Konto, ohne Einwilligung des Gläubigers, einziehen.9Soweit der Gläubiger nicht vor Zufluss der Kapitalerträge widerspricht, darf der zum Steuerabzug Verpflichtete auch insoweit die Geldbeträge von einem auf den Namen des Gläubigers der Kapitalerträge lautenden Konto einziehen, wie ein mit dem Gläubiger vereinbarter Kontokorrentkredit für dieses Konto nicht in Anspruch genommen wurde.10Soweit der Gläubiger seiner Verpflichtung nicht nachkommt, hat der zum Steuerabzug Verpflichtete dies dem für ihn zuständigen Betriebsstättenfinanzamt anzuzeigen.11Das Finanzamt hat die zu wenig erhobene Kapitalertragsteuer vom Gläubiger der Kapitalerträge nachzufordern.

(1a)1Werden inländische Aktien über eine ausländische Stelle mit Dividendenberechtigung erworben, aber ohne Dividendenanspruch geliefert und leitet die ausländische Stelle auf die Erträge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 Satz 4 einen einbehaltenen Steuerbetrag im Sinne des § 43a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 an eine inländische Wertpapiersammelbank weiter, ist diese zur Abführung der einbehaltenen Steuer verpflichtet.2Bei Kapitalerträgen im Sinne des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 gilt Satz 1 entsprechend.

(1b) Bei inländischen und ausländischen Investmentfonds ist für die Vorabpauschale nach § 16 Absatz 1 Nummer 2 des Investmentsteuergesetzes Absatz 1 Satz 7 bis 11 entsprechend anzuwenden.

(2)1Gewinnanteile (Dividenden) und andere Kapitalerträge im Sinne des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, deren Ausschüttung von einer Körperschaft beschlossen wird, fließen dem Gläubiger der Kapitalerträge an dem Tag zu (Absatz 1), der im Beschluss als Tag der Auszahlung bestimmt worden ist.2Ist die Ausschüttung nur festgesetzt, ohne dass über den Zeitpunkt der Auszahlung ein Beschluss gefasst worden ist, so gilt als Zeitpunkt des Zufließens der Tag nach der Beschlussfassung; ist durch Gesetz eine abweichende Fälligkeit des Auszahlungsanspruchs bestimmt oder lässt das Gesetz eine abweichende Bestimmung der Fälligkeit durch Satzungsregelung zu, gilt als Zeitpunkt des Zufließens der Tag der Fälligkeit.3Für Kapitalerträge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 Satz 4 gelten diese Zuflusszeitpunkte entsprechend.

(3)1Ist bei Einnahmen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter in dem Beteiligungsvertrag über den Zeitpunkt der Ausschüttung keine Vereinbarung getroffen, so gilt der Kapitalertrag am Tag nach der Aufstellung der Bilanz oder einer sonstigen Feststellung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters, spätestens jedoch sechs Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres, für das der Kapitalertrag ausgeschüttet oder gutgeschrieben werden soll, als zugeflossen.2Bei Zinsen aus partiarischen Darlehen gilt Satz 1 entsprechend.

(4) Haben Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge vor dem Zufließen ausdrücklich Stundung des Kapitalertrags vereinbart, weil der Schuldner vorübergehend zur Zahlung nicht in der Lage ist, so ist der Steuerabzug erst mit Ablauf der Stundungsfrist vorzunehmen.

(5)1Die Schuldner der Kapitalerträge, die den Verkaufsauftrag ausführenden Stellen oder die die Kapitalerträge auszahlenden Stellen haften für die Kapitalertragsteuer, die sie einzubehalten und abzuführen haben, es sei denn, sie weisen nach, dass sie die ihnen auferlegten Pflichten weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt haben.2Der Gläubiger der Kapitalerträge wird nur in Anspruch genommen, wenn

1.
der Schuldner, die den Verkaufsauftrag ausführende Stelle oder die die Kapitalerträge auszahlende Stelle die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat,
2.
der Gläubiger weiß, dass der Schuldner, die den Verkaufsauftrag ausführende Stelle oder die die Kapitalerträge auszahlende Stelle die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat, und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt oder
3.
das die Kapitalerträge auszahlende inländische Kredit-, Finanzdienstleistungs- oder Wertpapierinstitut die Kapitalerträge zu Unrecht ohne Abzug der Kapitalertragsteuer ausgezahlt hat.
3Für die Inanspruchnahme des Schuldners der Kapitalerträge, der den Verkaufsauftrag ausführenden Stelle und der die Kapitalerträge auszahlenden Stelle bedarf es keines Haftungsbescheids, soweit der Schuldner, die den Verkaufsauftrag ausführende Stelle oder die die Kapitalerträge auszahlende Stelle die einbehaltene Kapitalertragsteuer richtig angemeldet hat oder soweit sie ihre Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Finanzamt oder dem Prüfungsbeamten des Finanzamts schriftlich anerkennen.

(6)1In den Fällen des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7c gilt die juristische Person des öffentlichen Rechts und die von der Körperschaftsteuer befreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse als Gläubiger und der Betrieb gewerblicher Art und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb als Schuldner der Kapitalerträge.2Die Kapitalertragsteuer entsteht, auch soweit sie auf verdeckte Gewinnausschüttungen entfällt, die im abgelaufenen Wirtschaftsjahr vorgenommen worden sind, im Zeitpunkt der Bilanzerstellung; sie entsteht spätestens acht Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres; in den Fällen des § 20 Absatz 1 Nummer 10 Buchstabe b Satz 2 am Tag nach der Beschlussfassung über die Verwendung und in den Fällen des § 22 Absatz 4 des Umwandlungssteuergesetzes am Tag nach der Veräußerung.3Die Kapitalertragsteuer entsteht in den Fällen des § 20 Absatz 1 Nummer 10 Buchstabe b Satz 3 zum Ende des Wirtschaftsjahres.4Die Absätze 1 bis 4 und 5 Satz 2 sind entsprechend anzuwenden.5Der Schuldner der Kapitalerträge haftet für die Kapitalertragsteuer, soweit sie auf verdeckte Gewinnausschüttungen und auf Veräußerungen im Sinne des § 22 Absatz 4 des Umwandlungssteuergesetzes entfällt.

(7)1In den Fällen des § 14 Absatz 3 des Körperschaftsteuergesetzes entsteht die Kapitalertragsteuer in dem Zeitpunkt der Feststellung der Handelsbilanz der Organgesellschaft; sie entsteht spätestens acht Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft.2Die entstandene Kapitalertragsteuer ist an dem auf den Entstehungszeitpunkt nachfolgenden Werktag an das Finanzamt abzuführen, das für die Besteuerung der Organgesellschaft nach dem Einkommen zuständig ist.3Im Übrigen sind die Absätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden.

(1)1Einnahmen sind innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.2Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen.3Der Steuerpflichtige kann Einnahmen, die auf einer Nutzungsüberlassung im Sinne des Absatzes 2 Satz 3 beruhen, insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird.4Für Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gilt § 38a Absatz 1 Satz 2 und 3 und § 40 Absatz 3 Satz 2.5Die Vorschriften über die Gewinnermittlung (§ 4 Absatz 1, § 5) bleiben unberührt.

(2)1Ausgaben sind für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.2Für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben gilt Absatz 1 Satz 2 entsprechend.3Werden Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus geleistet, sind sie insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird.4Satz 3 ist auf ein Damnum oder Disagio nicht anzuwenden, soweit dieses marktüblich ist.5§ 42 der Abgabenordnung bleibt unberührt.6Die Vorschriften über die Gewinnermittlung (§ 4 Absatz 1, § 5) bleiben unberührt.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

15
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die streitige Zinsänderungsklausel insofern wegen Verstoßes gegen den nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB anwendbaren § 308 Nr. 4 BGB unwirksam ist, als sie nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen aufweist (vgl. Senat, BGHZ 158, 149, 153 ff. und Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 10 ff.; jeweils zu vergleichbaren Klauseln

Ist der Umfang der für eine Leistung versprochenen Gegenleistung nicht bestimmt, so steht die Bestimmung im Zweifel demjenigen Teil zu, welcher die Gegenleistung zu fordern hat.

15
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die streitige Zinsänderungsklausel insofern wegen Verstoßes gegen den nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB anwendbaren § 308 Nr. 4 BGB unwirksam ist, als sie nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen aufweist (vgl. Senat, BGHZ 158, 149, 153 ff. und Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 10 ff.; jeweils zu vergleichbaren Klauseln