vorgehend
Amtsgericht Wolfenbüttel, 19 C 177/11, 17.11.2011
Landgericht Braunschweig, 6 S 547/11, 03.07.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 233/12 Verkündet am:
20. März 2013
Ring,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine Kündigung von Wohnraum wegen Eigenbedarfs für einen Familienangehörigen
ist nicht rechtsmissbräuchlich, wenn der Eigenbedarf zwar nur kurze Zeit nach Abschluss
des Mietvertrages entstanden ist, bei Abschluss des Mietvertrages aber noch
nicht absehbar war.
BGH, Urteil vom 20. März 2013 - VIII ZR 233/12 - LG Braunschweig
AG Wolfenbüttel
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. März 2013 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin
Dr. Hessel, den Richter Dr. Achilles, die Richterin Dr. Fetzer und den Richter
Dr. Bünger

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig vom 3. Juli 2012 wird zurückgewiesen. Die Beklagten haben die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Räumung des von ihnen gemieteten Einfamilienhauses wegen Eigenbedarfs in Anspruch.
2
Die Beklagten sind seit Februar 2008 Mieter des Einfamilienhauses der Klägerin in W. . Mit Schreiben vom 29. März 2011 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis zum 30. Juli 2011 mit der Begründung, das Haus werde für ihren Enkel S. S. und dessen Ehefrau und Tochter benötigt.
3
Die Klägerin behauptet, bei Abschluss des Mietvertrags sei nicht absehbar gewesen, dass ihr Enkel mit seiner Familie in dem Haus würde wohnen wollen. Er habe zu dem Zeitpunkt in H. gearbeitet und es sei geplant gewesen, dass er nach S. versetzt werden würde, weshalb das Haus in W. für ihn nicht in Frage gekommen sei. Seine spätere Frau sei im April 2008 schwanger geworden. Erst nach der Geburt der gemeinsamen Tochter habe ein Umdenken über die zukünftige Lebensplanung stattgefunden und der Enkel habe sich entschieden, seine Karrierepläne zurückzustellen und mit seiner Familie in der Umgebung zu bleiben.
4
Die Beklagten haben der Kündigung widersprochen und Härtegründe unter anderem wegen nicht abgewohnter Investitionen geltend gemacht.
5
Das Amtsgericht hat der Räumungsklage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
8
Die Voraussetzungen der Eigenbedarfskündigung seien erfüllt. Es stehe fest, dass die Klägerin die Wohnung ihrem Enkel und dessen Ehefrau und Tochter überlassen wolle. Die Kündigung sei auch nicht rechtsmissbräuchlich, obwohl sie schon rund drei Jahre nach Beginn des Mietverhältnisses erfolgt sei. Zwar käme eine Treuwidrigkeit in Betracht, wenn die Klägerin bei absehbarem Eigenbedarf die Möglichkeit des Abschlusses eines befristeten Mietvertrags nach § 575 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehabt und nicht wahrgenommen hätte. Der Eigenbedarf sei jedoch bei Abschluss des Mietvertrags noch nicht absehbar gewesen. Im Gegenteil habe es der Enkel der Klägerin auf entsprechende Nachfrage stets abgelehnt, in das Haus der Klägerin zu ziehen. Erst nachdem zwei Monate nach Abschluss des Mietvertrags seine spätere Ehefrau schwanger geworden, die gemeinsame Tochter geboren worden und der Enkel seine berufliche und private Lebensplanung auf seine neu gegründete Familie umgestellt und den der beruflichen Karriere wegen geplanten Umzug nach Süddeutschland aufgegeben habe, habe sich die Eigenbedarfssituation ergeben. Auch hätten die Beklagten keinen Anspruch auf Verlängerung des Mietverhältnisses nach §§ 574 f. BGB ("Sozialklausel"). Sämtliche geltend gemachten Härtegründe stellten letztlich nur die mit einem Umzug unvermeidlich verbundenen Unannehmlichkeiten dar. Dies gelte auch in Anbetracht der Aufwendungen zur Ausgestaltung der Wohnung.

II.

9
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand; die Revision ist daher zurückzuweisen.
10
Die Beklagten sind gemäß § 546 Abs. 1 BGB zur Räumung und Herausgabe des Einfamilienhauses verpflichtet. Die Eigenbedarfskündigung der Klägerin hat das Mietverhältnis beendet. Die Klägerin ist gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB zur Kündigung berechtigt, weil nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts Eigenbedarf besteht und dessen Geltendmachung auch nicht rechtsmissbräuchlich ist. Die von den Beklagten vorgebrachten Härtegründe gebieten auch keine Fortsetzung des Mietverhältnisses gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB.
11
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Eigenbedarfskündigung der Klägerin zum 30. Juli 2011 als wirksam angesehen. Entgegen der Auffassung der Beklagten steht der Kündigung nicht der Einwand des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin gemäß § 242 BGB entgegen. Zwar ist die Kündigung hier schon etwa drei Jahre nach Beginn des Mietverhältnisses erfolgt - und dies, obgleich den Beklagten durch den Schwiegersohn der Klägerin vor Mietvertragsabschluss versichert worden war, ein Eigenbedarf für ein Familienmitglied komme nicht in Betracht; das einzige, was passieren könne, sei, dass das Haus verkauft werden könnte. Angesichts der Gesamtumstände begegnet die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, dass die Eigenbedarfskündigung der Klägerin nicht rechtsmissbräuchlich ist, jedoch keinen revisionsrechtlichen Bedenken.
12
a) Wie der Senat im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits entschieden hat (BVerfGE 79, 292, 308 f.; BVerfG, NJW-RR 1993, 1357; Senatsurteil vom 21. Januar 2009 - VIII ZR 62/08, NJW 2009, 1139; Senatsbeschlüsse vom 13. April 2010 - VIII ZR 180/09, WuM 2010, 575 [Hinweisbeschluss], und vom 6. Juli 2010 - VIII ZR 180/09, WuM 2010, 512 [Zurückweisungsbeschluss] jeweils mwN), setzt sich ein Vermieter zu seinem eigenen Verhalten dann in Widerspruch, wenn er eine Wohnung auf unbestimmte Zeit vermietet, obwohl er entweder entschlossen ist oder zumindest erwägt, sie alsbald selbst in Gebrauch zu nehmen. Er darf dem Mieter, der mit einer längeren Mietdauer rechnet, die mit jedem Umzug verbundenen Belastungen nicht zumuten, wenn er ihn über die Absicht oder zumindest die Aussicht begrenzter Mietdauer nicht aufklärt. Denn für den Mieter ist ein sich abzeichnender Eigenbedarf des Vermieters vor allem für die Entscheidung von Bedeutung, ob er eine Wohnung überhaupt anmieten und damit das Risiko eines Umzugs nach verhältnismäßig kurzer Mietzeit eingehen will (Senatsurteil vom 21. Januar 2009 - VIII ZR 62/08, aaO Rn. 17, 19; Senatsbeschluss vom 13. April 2010 - VIII ZR 180/09, aaO Rn. 2).
13
b) Diese Fallgestaltung liegt hier indes nicht vor. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts war es zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags für keinen der Beteiligten absehbar, dass ein Eigenbedarf an dem Einfamilienhaus für den Enkel der Klägerin durch die Geburt seiner Tochter und die daraufhin geänderte Lebensplanung der Familie entstehen würde. Der Eigenbedarf ist vielmehr aufgrund einer erst nach der Vermietung eingetretenen Änderung der persönlichen Verhältnisse des Enkels der Klägerin entstanden.
14
Durch die Erklärung des Schwiegersohns der Klägerin anlässlich der Hausbesichtigung, ein Eigenbedarf komme nicht in Betracht, höchstens ein Hausverkauf, ist kein der Klägerin zuzurechnender besonderer Vertrauenstatbestand geschaffen worden, der ihre Kündigung wegen Eigenbedarfs rechtsmissbräuchlich erscheinen ließe. Die Äußerung, die im Übrigen eine reine Wissenserklärung darstellt und der kein rechtsgeschäftlicher Erklärungsgehalt zukommt , entsprach nach den vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen den Tatsachen. Sie bezog sich auf den damaligen Stand, bei dem eine Änderung nicht absehbar war. Durch sie ist auch kein auf künftige Entwicklungen bezogener Vertrauenstatbestand erweckt worden, denn die persönlichen Verhältnisse eines Vermieters und seiner Familienangehörigen können sich ändern. Will ein Mieter für solche Fälle eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ausschließen, bedarf es einer dahin gehenden Vereinbarung.
15
2. Soweit die Revision geltend macht, das Mietverhältnis sei jedenfalls gemäß §§ 574 f. BGB ("Sozialklausel") einstweilen fortzusetzen, kann dem nicht gefolgt werden. Zu Recht stellt das Berufungsgericht darauf ab, dass sämtliche beklagtenseits geltend gemachten Härtegründe letztlich nur die mit einem Umzug unvermeidlich verbundenen Unannehmlichkeiten darstellen. Dass die Beklagten davon absahen, im Mietvertrag einen (beiderseitigen) befristeten Kündigungsausschluss mit der Klägerin zu vereinbaren, um ihrerseits aus beruflichen Gründen in örtlicher Hinsicht flexibel zu bleiben, kann nicht zu Lasten der Klägerin gewertet werden. Insbesondere beruht die angefochtene Entscheidung des Berufungsgerichts - entgegen der Auffassung der Revision - nicht darauf, dass das Berufungsgericht den Vortrag, angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen sei nicht zu beschaffen, übergangen hätte. Abgesehen davon, dass das erstinstanzliche Urteil, auf dessen Gründe das Berufungsurteil Bezug nimmt, diesen Vortrag ausdrücklich gewürdigt hat, bedarf nicht jedes Vorbringen der Parteien der Erwähnung in den schriftlichen Entscheidungsgründen.
16
Eine Härte im Sinne von § 574 BGB ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision auch nicht aus den finanziellen Aufwendungen der Beklagten, insbesondere für die speziell den räumlichen Gegebenheiten angepasste Einbauküche. Die Beklagten haben nach eigenem Vorbringen bewusst davon abgesehen , sich die Möglichkeit einer längerfristigen Nutzung des Mietobjekts durch Vereinbarung eines (beiderseitigen) befristeten Kündigungsausschlusses zu sichern, weil sie aus beruflichen Gründen örtlich flexibel bleiben wollten. Sie sind daher sehenden Auges das Risiko eingegangen, dass finanzielle Investitionen in die Wohnung sich im Falle einer nur kurzen Mietdauer nicht angemessen amortisieren werden. Die Inkaufnahme dieses Risikos muss bei der Inte- ressenabwägung nach § 574 Abs. 1 BGB zum Nachteil der Beklagten ausschlagen. Ball Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG Wolfenbüttel, Entscheidung vom 17.11.2011 - 19 C 177/11 -
LG Braunschweig, Entscheidung vom 03.07.2012 - 6 S 547/11 (190) -

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Bundesgerichtshof Urteil, 20. März 2013 - VIII ZR 233/12 zitiert 6 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 573 Ordentliche Kündigung des Vermieters


(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen. (2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 546 Rückgabepflicht des Mieters


(1) Der Mieter ist verpflichtet, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben. (2) Hat der Mieter den Gebrauch der Mietsache einem Dritten überlassen, so kann der Vermieter die Sache nach Beendigung des Mietverhältnisses auch

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 574 Widerspruch des Mieters gegen die Kündigung


(1) Der Mieter kann der Kündigung des Vermieters widersprechen und von ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine H

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 575 Zeitmietvertrag


(1) Ein Mietverhältnis kann auf bestimmte Zeit eingegangen werden, wenn der Vermieter nach Ablauf der Mietzeit1.die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts nutzen will,2.in zulässiger Weise die Räume bes

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(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen.

(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn

1.
der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat,
2.
der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt oder
3.
der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde; die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt außer Betracht; der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will.

(3) Die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters sind in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Andere Gründe werden nur berücksichtigt, soweit sie nachträglich entstanden sind.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

(1) Ein Mietverhältnis kann auf bestimmte Zeit eingegangen werden, wenn der Vermieter nach Ablauf der Mietzeit

1.
die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts nutzen will,
2.
in zulässiger Weise die Räume beseitigen oder so wesentlich verändern oder instand setzen will, dass die Maßnahmen durch eine Fortsetzung des Mietverhältnisses erheblich erschwert würden, oder
3.
die Räume an einen zur Dienstleistung Verpflichteten vermieten will
und er dem Mieter den Grund der Befristung bei Vertragsschluss schriftlich mitteilt. Anderenfalls gilt das Mietverhältnis als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.

(2) Der Mieter kann vom Vermieter frühestens vier Monate vor Ablauf der Befristung verlangen, dass dieser ihm binnen eines Monats mitteilt, ob der Befristungsgrund noch besteht. Erfolgt die Mitteilung später, so kann der Mieter eine Verlängerung des Mietverhältnisses um den Zeitraum der Verspätung verlangen.

(3) Tritt der Grund der Befristung erst später ein, so kann der Mieter eine Verlängerung des Mietverhältnisses um einen entsprechenden Zeitraum verlangen. Entfällt der Grund, so kann der Mieter eine Verlängerung auf unbestimmte Zeit verlangen. Die Beweislast für den Eintritt des Befristungsgrundes und die Dauer der Verzögerung trifft den Vermieter.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

(1) Der Mieter ist verpflichtet, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben.

(2) Hat der Mieter den Gebrauch der Mietsache einem Dritten überlassen, so kann der Vermieter die Sache nach Beendigung des Mietverhältnisses auch von dem Dritten zurückfordern.

(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen.

(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn

1.
der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat,
2.
der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt oder
3.
der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde; die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt außer Betracht; der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will.

(3) Die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters sind in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Andere Gründe werden nur berücksichtigt, soweit sie nachträglich entstanden sind.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

(1) Der Mieter kann der Kündigung des Vermieters widersprechen und von ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Dies gilt nicht, wenn ein Grund vorliegt, der den Vermieter zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt.

(2) Eine Härte liegt auch vor, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann.

(3) Bei der Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters werden nur die in dem Kündigungsschreiben nach § 573 Abs. 3 angegebenen Gründe berücksichtigt, außer wenn die Gründe nachträglich entstanden sind.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 62/08 Verkündet am:
21. Januar 2009
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die Rechtskraft eines Urteils, mit dem eine auf Eigenbedarf gestützte Kündigung
des Vermieters mit der Begründung abgewiesen wird, die Kündigung
sei im Hinblick darauf, dass der Mieter bei Abschluss des Mietvertrags nicht
auf den bereits absehbaren Eigenbedarf hingewiesen worden sei, "jedenfalls
zum fraglichen Zeitpunkt rechtsmissbräuchlich", steht einer erneuten Eigenbedarfskündigung
nicht entgegen.

b) Weist der Vermieter anlässlich der Novation eines langjährigen Mietvertrags
nicht auf einen möglichen Eigenbedarf für seine heranwachsende Tochter
hin, steht einer Kündigung des Vermieters, mit der das Mietverhältnis zum
Ablauf von rund vier Jahren nach der Erneuerung des Mietvertrags beendet
werden soll, nicht der Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens entgegen.
BGH, Urteil vom 21. Januar 2009 - VIII ZR 62/08 - LG Berlin
AG Charlottenburg
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Dezember 2008 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Wolst sowie die Richterinnen Hermanns, Dr. Milger und Dr. Hessel

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der Zivilkammer 65 des Landgerichts Berlin vom 15. Januar 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagte ist seit August 1994 Mieterin einer Wohnung des Klägers in B. . Der ursprünglich abgeschlossene Mietvertrag vom 17. August 1994 wurde von den Parteien zunächst durch einen Zeitmietvertrag vom 1. September 1999 ersetzt; danach sollte die Mietzeit im August 2004 enden. Am 24. November 2003 vereinbarten die Parteien in einem außergerichtlichen Vergleich einen neuen, unbefristeten Mietvertrag.
2
Mit anwaltlichem Schreiben vom 26. November 2004 kündigte der Kläger das Mietverhältnis zum 31. August 2005. Der Kläger machte mit dieser Kündigung Eigenbedarf geltend; er berief sich darauf, seine damals in N. wohnende Tochter werde mit Ende des Sommersemesters 2005 ihr Studium been- den und ihren Lebensmittelpunkt nach B. zurückverlegen. Die Beklagte widersprach der Kündigung.
3
Die vom Kläger erhobene Räumungsklage wurde durch rechtskräftiges Urteil vom 2. November 2005 mit der Begründung abgewiesen, die Kündigung des Klägers vom 26. November 2004 sei "... jedenfalls zum fraglichen Zeitpunkt ..." rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 242 BGB.
4
Mit Schreiben vom 6. Dezember 2006 kündigte der Kläger erneut das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs, diesmal zum 30. September 2007. Er machte geltend, er benötige die Wohnung für seine Tochter, die nach Beendigung ihres Studiums mit in der Wohnung der Eltern lebe. Die Tochter wolle und solle in einer eigenen Wohnung leben; die jetzigen Wohnverhältnisse in der 2 ½ Zimmer-Wohnung seien für ein gemeinsames Leben zu dritt zu beengt. Da die Beklagte die Wohnung nicht räumte, hat der Kläger Räumungsklage erhoben.
5
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen; das Landgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Räumungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision hat Erfolg.

I.

7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
8
Der Kläger habe keinen Anspruch auf Räumung der Wohnung. Seine Kündigung vom 6. Dezember 2006 habe nicht zur Beendigung des Mietverhältnisses geführt. Der Kläger sei mit der auf Eigenbedarf für seine Tochter gestützten Kündigung ausgeschlossen. Denn seine auf denselben Eigenbedarfsgrund gestützte vorausgegangene Kündigung sei im Vorprozess als unwirksam angesehen worden, und seitdem seien keine erheblichen Änderungen eingetreten.
9
Der zeitlich enge Zusammenhang zwischen der Novation des Mietverhältnisses im Jahr 2003 und der Geltendmachung des Eigenbedarfs mit der Kündigung vom 6. Dezember 2006 bestehe fort. Dieser auf dem Vertrauensgrundsatz beruhende zeitweilige Ausschluss des Kündigungsrechts des Vermieters beruhe darauf, dass er sich zu seinem eigenen Verhalten in Widerspruch setze, wenn er die Wohnung, nachdem sie zuvor befristet vermietet war, unbefristet vermiete, obwohl er bereits entschlossen sei oder erwäge, die Wohnung alsbald seiner Tochter zur Verfügung zu stellen. Das beurteile die Kammer auch für den Zeitraum von wenig mehr als drei Jahren nicht anders.

II.

10
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Räumungsklage nicht abgewiesen werden.
11
1. Zutreffend haben die Vordergerichte die Räumungsklage für zulässig gehalten. Die Rechtskraft des im Vorprozess ergangenen klageabweisenden Urteils steht der neuen Klage nicht entgegen (§ 322 Abs. 1 ZPO).
12
Die Rechtskraft eines klageabweisenden Urteils hindert eine neue Klage nicht, wenn die Klage im Vorprozess nicht als (schlechthin) unbegründet, sondern nur als derzeit unbegründet abgewiesen worden ist, wobei es unschädlich ist, wenn dies im Tenor der Entscheidung nicht zum Ausdruck kommt (BVerfG, NJW 2003, 3759, unter II 1 b; aA LG Hamburg, MDR 1978, 847, vgl. auch Schopp, MDR 1979, 57 f.; Stadie, MDR 1978, 798 ff.).
13
So liegt es hier. Das Amtsgericht hat im Vorprozess die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Kündigung vom 26. November 2004 sei "... jedenfalls zum fraglichen Zeitpunkt rechtsmissbräuchlich" gewesen; der Kläger werde aber "…durch die hier entscheidungserheblichen Umstände nicht auf Dauer an der Selbstnutzung seines Eigentums gehindert", die Durchsetzung dieses Wunsches werde ihm lediglich vorübergehend versagt.
14
2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht der Klage den Erfolg versagt, weil der geltend gemachte Eigenbedarf - Nutzung der Wohnung durch die Tochter - aufgrund des Vorprozesses "verbraucht" sei. Dem kann nicht gefolgt werden.
15
a) Mit der Behauptung, er benötige die Wohnung für seine Tochter, macht der Kläger ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB geltend.
16
b) Er ist mit seiner darauf gestützten Kündigung nicht deshalb ausgeschlossen , weil seine auf denselben Eigenbedarfsgrund gestützte vorangegangene Kündigung im Vorprozess als unwirksam angesehen wurde. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, dass der im Arbeitsrecht allgemein anerkannte Grundsatz, wonach eine erneute Kündigung aus demselben Grunde unwirksam ist, auch im vorliegenden Fall gilt. Für Kündigungen im Arbeitsrecht entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass ein Arbeitgeber eine erneute Kündigung nicht erfolgreich auf Kündigungsgründe stützen kann, die er schon zur Begründung einer vorherigen Kündigung erfolglos vorgebracht hat (BAGE 74, 143, 149 ff.). Diese mit prozessualen Besonder- heiten des Kündigungsschutzprozesses begründete Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist aber auf die vorliegende Fallgestaltung nicht übertragbar. Denn es geht hier nicht - erneut - um das Vorliegen des bereits früher geltend gemachten Kündigungsgrundes, sondern um die Frage, ob (auch) der vom Kläger mit Schreiben vom 6. Dezember 2006 zum 30. September 2007 erklärten erneuten Kündigung deshalb der Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) entgegensteht, weil der Kläger die Beklagte bei Abschluss des unbefristeten Mietvertrages vom 24. November 2003 nicht darauf hingewiesen hat, dass er die Wohnung alsbald für seine erwachsene Tochter benötigen könnte. Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt ist dies zu verneinen.
17
aa) Der Vermieter setzt sich allerdings zu seinem eigenen Verhalten in Widerspruch, wenn er eine Wohnung auf unbestimmte Zeit vermietet, obwohl er entweder entschlossen ist oder zumindest erwägt, sie alsbald selbst in Gebrauch zu nehmen. Er darf dem Mieter, der mit einer längeren Mietdauer rechnet, die mit jedem Umzug verbundenen Belastungen dann nicht zumuten, wenn er ihn über die Absicht oder zumindest die Aussicht begrenzter Mietdauer nicht aufklärt (BVerfGE 79, 292, 308 f.; BVerfG, NJW-RR 1993, 1357; LG Münster, NJW-RR 1990, 1354; LG Berlin, NZM 1998, 433 f.; Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 242 Rdnr. 56; MünchKommBGB/Häublein, 5. Aufl., § 573 Rdnr. 72 f.; Bub/Treier/Grapentin, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete , 3. Aufl., IV Rdnr. 75; Emmerich/Sonnenschein/Haug, Miete, 9. Aufl., § 573 BGB Rdnr. 52 f.; in der Begründung teilweise abweichend SchmidtFutterer /Blank, Mietrecht, 9. Aufl., § 573 BGB Rdnr. 134).
18
In der Rechtsprechung der Instanzgerichte wird dabei - im Anschluss an einen in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Februar 1989 (BVerfGE 79, 292, 309 f.) enthaltenen Hinweis auf die nach damaliger Rechtslage für Zeitmietverträge in § 564c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB aF vorgesehene Höchstfrist - meist auf eine Frist von fünf Jahren abgestellt, innerhalb derer der Vermieter das Mietverhältnis mit Rücksicht auf Treu und Glauben nicht wegen Eigenbedarfs kündigen könne (LG Berlin, NZM 1998, 433 f.; LG Hamburg , NJW-RR 1994, 465 f. und WuM 1993, 50). Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Vermieters wird teilweise schon dann bejaht, wenn der bei Abschluss des Mietvertrages nicht offenbarte (künftige) Eigenbedarf nur eine Möglichkeit darstellte, die der Vermieter angesichts seiner familiären Umstände hätte in Betracht ziehen können (LG Hamburg, NJW-RR 1994, 465 f.; LG Karlsruhe , WuM 1988, 276; LG Paderborn, WuM 1994, 331; vgl. aber LG Düsseldorf, WuM 1989, 414; auch nach MünchKommBGB/Häublein, aaO, § 573 Rdnr. 73 genügt eine "gewisse Wahrscheinlichkeit des künftigen Eigenbedarfs" nicht; ähnlich Sonnenschein, NJW 1993, 161, 168).
19
bb) Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen der Vermieter den Mieter bei Abschluss des Mietvertrags auch auf einen nur möglichen Eigenbedarf - beispielsweise im Hinblick auf heranwachsende Kinder - hinweisen muss, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Für den Mieter ist ein sich abzeichnender Eigenbedarf des Vermieters vor allem für die Entscheidung von Bedeutung, ob er eine Wohnung überhaupt anmieten und damit das Risiko eines Umzugs nach verhältnismäßig kurzer Mietzeit eingehen will. Eine vergleichbare Interessenlage, die anlässlich des (dritten) Mietvertrags zwischen den Parteien vom 24. November 2003 einen Hinweis des Klägers auf einen künftigen Eigenbedarf für seine Tochter geboten hätte, bestand hier aber gerade nicht, denn die Beklagte wohnte zu diesem Zeitpunkt bereits - seit neun Jahren - in der Wohnung. Überdies wusste die Beklagte, wie die Revision zutreffend geltend macht, dass der Kläger eine Tochter hat, für die er die Wohnung gegebenenfalls einmal benötigen könnte. Es hätte deshalb nahe gelegen, dass sich die Klägerin ihrerseits anlässlich der Novation des Mietvertrags nach einem noch zu erwartenden Eigenbedarf erkundigte oder gegebenenfalls auf einen vertraglichen Ausschluss einer Eigenbedarfskündigung im neuen Mietvertrag hinwirkte. Jedenfalls kann unter den hier gegebenen Umständen nicht angenommen werden, dass der Kläger mit der streitgegenständlichen Kündigung, die das Mietverhältnis erst zum 30. September 2007 - nach rund 13-jähriger Mietdauer und nach Ablauf von fast vier Jahren seit der Novation des Mietvertrags - beenden sollte, rechtsmissbräuchlich handelte.

III.

20
Aus den dargelegten Gründen kann die Entscheidung des Berufungsgerichts mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben. Das Berufungsurteil ist daher auf die Revision des Klägers aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht - vor dem Hintergrund seiner Auffassung folgerichtig - keine Feststellungen zu dem vom Kläger behaupteten Eigenbedarf und zu der von der Beklagten geltend gemachten , durch die Beendigung des Mietverhältnisses für sie eintretenden Härte (§ 574 Abs. 1 BGB) getroffen hat. Die Sache ist daher zur neuen Ver- handlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Ball Dr. Wolst Hermanns Dr. Milger Dr. Hessel
Vorinstanzen:
AG Berlin-Charlottenburg, Entscheidung vom 18.07.2007 - 203 C 82/07 -
LG Berlin, Entscheidung vom 15.01.2008 - 65 S 338/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 180/09
vom
13. April 2010
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. April 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter
Dr. Achilles, Dr. Schneider und Dr. Bünger

beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die zugelassene Revision des Beklagten gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe:

1
1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) zugelassen und dies mit der Frage der Absehbarkeit des Eigenbedarfs begründet. Diese Erwägung trägt indessen weder den vom Berufungsgericht genannten Zulassungsgrund noch liegt einer der weiteren im Gesetz genannten Zulassungsgründe vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
2
Die Maßstäbe für die Beantwortung der vom Berufungsgericht zum Anlass der Zulassung genommenen Frage sind durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 79, 292; BVerfG, NJW-RR 1993, 1357) und des Bundesgerichtshofs hinreichend geklärt. Wie der Senat im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits entschieden hat, setzt sich der Vermieter zu seinem eigenen Verhalten in Widerspruch, wenn er eine Wohnung auf unbestimmte Zeit vermietet, obwohl er entweder entschlossen ist oder zumindest erwägt, sie alsbald selbst in Gebrauch zu nehmen. Er darf dem Mieter, der mit einer längeren Mietdauer rechnet, die mit jedem Umzug verbundenen Belastungen dann nicht zumuten, wenn er ihn über die Absicht oder zumindest die Aussicht begrenzter Mietdauer nicht aufklärt. Für den Mieter ist ein sich abzeichnender Eigenbedarf des Vermieters vor allem für die Entscheidung von Bedeutung, ob er eine Wohnung überhaupt anmieten und damit das Risiko eines Umzugs nach verhältnismäßig kurzer Mietzeit eingehen will (Senatsurteil vom 21. Januar 2009 - VIII ZR 62/08, NJW 2009, 1139, Tz. 19). Dabei hat der Senat die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen der Vermieter den Mieter bei Abschluss des Mietvertrags auch auf einen nur möglichen Eigenbedarf hinweisen muss, offen gelassen. Sie bedarf auch hier keiner abschließenden Entscheidung. Denn angesichts der Gesamtumstände des vorliegenden Falles, namentlich der kurzen Zeitspanne von nur knapp drei Monaten zwischen dem Abschluss des Mietvertrages und der Eigenbedarfskündigung sowie der Wohn- und Lebenssituation des Beklagten , ist bereits auf der Grundlage der vorhandenen Senatsrechtsprechung von dem Bestehen einer Hinweispflicht des Beklagten in Bezug auf den Eigenbedarf auszugehen.
3
Im Übrigen hat der Senat auch bereits entschieden, dass bis zum Ablauf der Kündigungsfrist eine Pflicht des Vermieters zur Mitteilung eines etwaigen Wegfalls des Eigenbedarfsgrundes besteht (BGHZ 165, 75, 85).
4
Ein Zulassungsgrund ist auch nicht hinsichtlich der vom Berufungsgericht behandelten Frage gegeben, ob der Beklagte möglicherweise aufgrund des in der Kündigungserklärung hilfsweise angeführten Sonderkündigungsrechts gemäß § 573a Abs. 2 BGB zur Kündigung berechtigt war. Der vorliegende Fall gibt keinen Anlass, wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache über das zu § 573a Abs. 2 BGB ergangene Senatsurteil vom 25. Juni 2008 (VIII ZR 307/07, NJW-RR 2008, 1329) hinausgehende Leitlinien zu entwickeln. Die Frage , unter welchen Umständen Räumlichkeiten als Wohnraum innerhalb der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung im Sinne des Sonderkündigungsrechts nach § 573a Abs. 2 BGB anzusehen sind, entzieht sich einer allgemeinen Betrachtung und kann nur vom Tatrichter unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls entschieden werden. Da weder ersichtlich noch dargetan ist, dass das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung zu § 573a Abs. 2 BGB von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs oder der Rechtsprechung gleich- oder höherrangiger Instanzgerichte abgewichen ist, ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Einheitlichkeit der Rechtsprechung geboten.
5
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
6
Das Berufungsgericht hat bei seiner Entscheidung die Maßstäbe der höchstrichterlichen Rechtsprechung berücksichtigt und auch im Ergebnis richtig entschieden. Sowohl die Ausführungen zur Treuwidrigkeit der Kündigung als auch die Beurteilung des Vorliegens eines Sonderkündigungsrechts gemäß § 573a Abs. 2 BGB und die in diesem Zusammenhang erfolgte Bewertung, dass es sich bei der von der Klägerin angemieteten Wohnung nicht um Wohnraum innerhalb der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung handelt, sind frei von Rechtsfehlern. Die vom Beklagten mit der Revision hiergegen vorgebrachten Angriffe verfangen nicht.
7
a) Entgegen der Rüge der Revision hat das Berufungsgericht, wie sich aus dem tatbestandlichen Teil des Urteils ergibt, die vom Beklagten vorgetragene Kenntnis der Klägerin von der Beziehung des Beklagten berücksichtigt. Die Nichterwähnung in der Urteilsbegründung ist unschädlich. Nach Art. 103 Abs. 1 GG sind die Gerichte verpflichtet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Die Gerichte brauchen jedoch nicht jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden (BVerfG, DVBl 2007, 253; BGHZ 154, 288, 300; BGH, Beschluss vom 28. März 2008 - VI ZR 57/07, GesR 2008, 361; jeweils m.w.N.).
8
b) Ebenso greift die Rüge nicht durch, das Berufungsgericht habe verkannt , dass der Beklagte zwar vor Ausspruch der Kündigung, aber erst nach Abschluss des Mietvertrages in Erwägung gezogen habe, eine andere Wohnung als Familienwohnung anzumieten. Hierbei übersieht die Revision, dass das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang keine genaue zeitliche Feststellung getroffen, sondern lediglich ausgeführt hat, der Beklagte habe vor dem 1. Mai 2007 in Erwägung gezogen, eine andere Wohnung als Familienwohnung anzumieten. Wenn das Berufungsgericht hieraus den Schluss zieht, es sei unglaubhaft , dass der Beklagte die Möglichkeit eines Zusammenziehens nicht schon bei Mietvertragsschluss erwogen habe, begegnet dies revisionsrechtlich keinen Bedenken.
9
c) Gleichfalls ohne Erfolg beanstandet die Revision, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft den Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung und fehlendes Interesse der Klägerin an einer Fortsetzung des Mietverhältnisses verneint. Die dahin gehende Auslegung der abgegebenen Erklärungen der Parteien durch das Berufungsgericht unterliegt nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung darauf, ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt wurde, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt wurden oder ob die Auslegung auf einem von der Revision gerügten Verfahrensfehler beruht (vgl. BGHZ 150, 32, 37; BGH, Urteil vom 16. März 2009 - II ZR 68/08, WM 2009, 861, Tz. 12; BGH, Urteil vom 23. Januar 2009 - V ZR 197/07, NJW 2009, 1810, Tz. 8; BGH, Urteil vom 8. Januar 2009 - IX ZR 229/07, NJW 2009, 840, Tz. 9). Solche revisionsrechtlich beachtlichen Auslegungsfehler weist das Berufungsurteil indessen nicht auf.
10
d) Unbehelflich ist auch die Rüge, die Klägerin habe durch die Nichtzahlung der Miete ihrerseits Hauptpflichten aus dem Mietvertrag verletzt und könne vom Beklagten deshalb keinen Schadensersatz wegen Verletzung von dessen Vertragspflichten verlangen. Die Revision verkennt hierbei, dass die Ursache der beanstandeten Handlungsweise der Klägerin in der vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellten treuwidrigen Eigenbedarfskündigung des Beklagten zu sehen ist.
11
e) Dem Anspruch auf Ersatz des Kündigungsfolgeschadens kann, anders als die Revision meint, auch nicht mit Erfolg der Einwand des Mitverschuldens der Klägerin oder des Verstoßes gegen Schadensminderungspflichten wegen Nichterhebung eines Widerspruchs gegen die Kündigung entgegengehalten werden. Nach der Rechtsprechung des Senats kann eine Ersatzpflicht des Vermieters für Kündigungsfolgeschäden aus dem Gesichtspunkt mitwirkenden Verschuldens des Mieters nur dann ganz oder teilweise entfallen (§ 254 BGB), wenn das Fehlen eines Kündigungsgrundes auf der Hand liegt oder wenn dem Mieter aus anderen Umständen des konkreten Einzelfalles zumutbar ist, sich gegen die Kündigung zu wehren (BGHZ 89, 296, 307 f.). Diese Voraussetzungen liegen, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, hier nicht vor.
12
f) Vergeblich macht die Revision schließlich geltend, das Berufungsgericht habe die vom Beklagten vorgelegte Planzeichnung der Räume des Dachgeschosses nicht zur Kenntnis genommen, aus der hervorgehe, dass sich vor der Wohnung der Klägerin ein Hausflur befunden habe, der die vom Beklagten genutzten Räume miteinander verbunden habe und den die Klägerin habe durchqueren müssen, um zu ihrer Wohnung zu gelangen. Die Revision übersieht hierbei, dass das Berufungsgericht entgegen ihrer Annahme die genannte Planzeichnung des Dachgeschosses der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung zugrunde gelegt hat. Die im Berufungsurteil erwähnte Skizze über die Raumaufteilung im Dachgeschoss ist identisch mit der vom Beklagten angeführten Planzeichnung. Hinzu kommt, dass ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 17. Juni 2009 die vom Beklagten vorgelegten inhaltsgleichen Planzeichnungen erörtert und ebenso wie die Planzeichnungen der Klägerin unstreitig gestellt worden sind. Das Berufungsgericht hat in seine sorgfältig begründete und insgesamt rechtsfehlerfreie Würdigung der räumlichen Verhältnisse auch den in der Revisionsbegründung als Hausflur bezeichneten Bereich des Dachgeschosses ausdrücklich einbezogen , ihn aber nicht der Wohnung des Beklagten zugeordnet, sondern als Teil des von den Parteien gemeinsam genutzten Treppenhauses angesehen. Dies begegnet rechtlich keinen Bedenken. Im Übrigen kommt es für die Frage, ob es sich bei der von der Klägerin gemieteten Wohnung um Wohnraum innerhalb der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung handelt, auf die Würdigung der Umstände des Einzelfalls an. Dabei handelt es sich um eine tatrichterliche Beurteilung , die vom Revisionsgericht nur eingeschränkt dahin überprüft werden kann, ob das Berufungsgericht die tatsächliche Wertungsgrundlage ausgeschöpft und die Denk- und Erfahrungsgesetze beachtet hat (vgl. Senatsurteil vom 13. Februar 2008 - VIII ZR 105/07, NJW 2008, 1218, Tz. 23; BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - III ZR 139/09, juris, Tz. 12). Einen solchen Fehler zeigt weder die Revision auf noch ist er sonst ersichtlich. Die Revision will vielmehr ihre tatsächliche Würdigung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts setzen. Hiermit kann sie nicht durchdringen.
13
3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses. Ball Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Bünger Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Zurückweisungsbeschluss vom 6. Juli 2010 erledigt worden.
Vorinstanzen:
AG Göttingen, Entscheidung vom 18.06.2008 - 25 C 354/07 -
LG Göttingen, Entscheidung vom 08.07.2009 - 5 S 54/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 180/09
vom
6. Juli 2010
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Juli 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter
Dr. Achilles, Dr. Schneider und Dr. Bünger
einstimmig beschlossen:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen vom 8. Juli 2009 wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen. Streitwert: 4.440,93 €

Gründe:

1
Die Revision ist gemäß § 552a Satz 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen , weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) nicht vorliegen und das Rechtsmittel auch keine Aussicht auf Erfolg hat. Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 13. April 2010 Bezug genommen (§ 552a Satz 2, § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO). Die im Anschluss an den Hinweis des Senats erfolgten Ausführungen der Revision im Schriftsatz vom 17. Mai 2010 geben keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Der Senat hat sämtliche in dieser Stellungnahme angeführten Gesichtspunkte bei Erlass des Hinweisbeschlusses berücksichtigt.
2
1. Soweit die Revision meint, die im Senatsurteil vom 21. Januar 2009 (VIII ZR 62/08, NJW 2009, 1139, Tz. 19) offen gelassene Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen der Vermieter den Mieter bei Ab- schluss des Mietvertrags auch auf einen nur möglichen Eigenbedarf hinweisen müsse, würde durch die vom Senat für den vorliegenden Fall angekündigte Entscheidung nicht offen gelassen, sondern als grundsätzliche Rechtsfrage für diesen und vergleichbare Fälle entschieden, was nicht Aufgabe des Verfahrens nach § 552a ZPO sei, trifft dies nicht zu.
3
Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob der Anwendungsbereich des § 552a ZPO so eng zu verstehen ist, wie die Revision meint, oder ob das Revisionsgericht nicht vielmehr im Interesse der vom Gesetzgeber verfolgten Zielsetzung (vgl. BT-Drs. 15/3482, S. 18 f.) von dieser Vorschrift auch dann Gebrauch machen darf, wenn die Maßstäbe für die Beantwortung der Zulassungsfrage höchstrichterlich so weitgehend geklärt sind, dass hierdurch die rechtliche Beurteilung der Zulassungsfrage vorgezeichnet ist und das Berufungsgericht insoweit und auch im Übrigen richtig entschieden hat. Denn auf die oben genannte Rechtsfrage kommt es für die Entscheidung nicht an. Wie im Hinweisbeschluss ausgeführt, ist angesichts der Gesamtumstände des vorliegenden Falles, namentlich der kurzen Zeitspanne von nur knapp drei Monaten zwischen dem Abschluss des Mietvertrags und der Eigenbedarfskündigung sowie der Wohn- und Lebenssituation des Beklagten, bereits auf der Grundlage der vorhandenen Senatsrechtsprechung von dem Bestehen einer Hinweispflicht des Beklagten in Bezug auf den Eigenbedarf auszugehen. Der Senat hat in dem oben genannten Urteil vom 21. Januar 2009 im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass sich der Vermieter zu seinem eigenen Verhalten in Widerspruch setzt, wenn er eine Wohnung auf unbestimmte Zeit vermietet, obwohl er entweder entschlossen ist oder zumindest erwägt, sie alsbald selbst in Gebrauch zu nehmen. Er darf dem Mieter, der mit einer längeren Mietdauer rechnet, die mit jedem Umzug verbundenen Belastungen dann nicht zumuten, wenn er ihn über die Absicht oder zumindest die Aussicht begrenzter Mietdauer nicht aufklärt.
4
Das Berufungsgericht ist hinsichtlich der Frage der Absehbarkeit des Eigenbedarfs letztlich zu der Beurteilung gelangt, der Beklagte könne nicht ernsthaft behaupten, dass er und seine jetzige Ehefrau zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses ein Zusammenziehen noch nicht in Erwägung gezogen hätten , zumal er selbst eingeräumt habe, vor dem Ausspruch der Kündigung und damit weniger als drei Monate nach Abschluss des Mietvertrags sei in Erwägung gezogen worden, eine andere Wohnung als Familienwohnung anzumieten. Unter Zugrundelegung dieser revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden tatrichterlichen Würdigung (vgl. Ziffer 2 b des Hinweisbeschlusses) ist bereits nach der vorstehend genannten Senatsrechtsprechung unter dem Gesichtspunkt des Erwägens eines alsbaldigen Eigengebrauchs und der damit verbundenen Aussicht einer nur begrenzten Mietdauer von einer Aufklärungspflicht des Beklagten auszugehen.
5
2. Soweit die Revision meint, den Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung aus der vom Beklagten vorgetragenen, nach Auffassung der Revision durch das Berufungsgericht nicht ausreichend berücksichtigten Kenntnis der Klägerin von der Beziehung des Beklagten zu seiner damaligen Lebensgefährtin herleiten zu können, geht diese Annahme fehl. Entgegen der Ansicht der Revision, lässt sich aus dem Senatsurteil vom 21. Januar 2009 nicht der Grundsatz ableiten, dass der Mieter, wenn er Kenntnis vom Vorhandensein zum Beispiel von Kindern oder Lebensgefährten des Vermieters hat, stets auch mit der Möglichkeit eines Eigenbedarfs rechnen und sich beim Vermieter deshalb erkundigen muss. Maßgeblich sind vielmehr die Umstände des Einzelfalls. Diese liegen hier gänzlich anders als in dem der Entscheidung des Senats vom 21. Januar 2009 zugrunde liegenden Fall. Anders als die Revision meint, erfordert das genannte Vorbringen aus den bereits in Ziffer 2 a des Hinweisbeschlusses genannten Gründen auch keine Zulassung der Revision unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG).
6
3. Anhaltspunkte für eine Erfolgsaussicht der Revision bestehen nach wie vor nicht. Die in der Stellungnahme hierzu aufgeführten Gesichtspunkte sind vom Senat bei Erlass des Hinweisbeschlusses bedacht worden.
7
a) Mit dem bereits in Ziffer 2 b des Hinweisbeschlusses behandelten Einwand , es sei für den Beklagten nicht absehbar gewesen, dass sich die Beziehung zu seiner damaligen Freundin nicht nur so rasch, sondern überhaupt in einer Weise entwickeln werde, dass beide Partner zusammenziehen, will die Revision ihre Würdigung an die Stelle der gegenteiligen rechtsfehlerfreien Beurteilung des Berufungsgerichts setzen. Hiermit kann sie nicht durchdringen.
8
b) Letzteres gilt auch für den in Bezug auf die Frage einer einvernehmlichen Aufhebung des Mietvertrags wiederholten Angriff gegen die tatrichterliche Würdigung des Inhalts der Erklärungen der Parteien (vgl. Ziffer 2 c des Hinweisbeschlusses ). Aus dem Berufungsurteil ergeben sich keine greifbaren Anhaltspunkte für die Annahme der Revision, das Berufungsgericht habe bei der Prüfung einer möglichen Vertragsaufhebung den vorhandenen Auslegungsstoff, insbesondere die in der Stellungnahme genannten Schreiben der Parteien, nicht vollständig berücksichtigt.
9
c) Auch der oben bereits erwähnte Gesichtspunkt der vom Beklagten vorgetragenen Kenntnis der Klägerin von dessen Beziehung zu seiner damaligen Lebensgefährtin begründet keine Erfolgsaussicht der Revision. Angesichts der festgestellten Umstände des vorliegenden Falles war das Berufungsgericht aus Rechtsgründen nicht gehalten, von einer Erkundigungspflicht der Klägerin hinsichtlich eines möglichen Eigenbedarfs des Beklagten auszugehen.
10
d) Zu dem Einwand fehlender eigener Vertragstreue der Klägerin hat der Senat unter Ziffer 2 d des Hinweisbeschlusses bereits Ausführungen gemacht. Dem ist nichts hinzuzufügen. Ball Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG Göttingen, Entscheidung vom 18.06.2008 - 25 C 354/07 -
LG Göttingen, Entscheidung vom 08.07.2009 - 5 S 54/08 -

(1) Der Mieter kann der Kündigung des Vermieters widersprechen und von ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Dies gilt nicht, wenn ein Grund vorliegt, der den Vermieter zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt.

(2) Eine Härte liegt auch vor, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann.

(3) Bei der Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters werden nur die in dem Kündigungsschreiben nach § 573 Abs. 3 angegebenen Gründe berücksichtigt, außer wenn die Gründe nachträglich entstanden sind.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.