Bundesgerichtshof Urteil, 24. Jan. 2019 - VII ZR 123/18

bei uns veröffentlicht am24.01.2019
vorgehend
Landgericht München I, 2 O 28676/13, 30.03.2017
Oberlandesgericht München, 28 U 1574/17, 27.03.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 123/18 Verkündet am:
24. Januar 2019
Boppel,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Notwendigkeit, bei der Ablehnung eines Terminsverlegungsantrags wegen
Prozessverschleppungsabsicht der Partei die nach Auffassung des Gerichts
hierfür sprechenden Gründe in der Entscheidung hinreichend zu dokumentieren.
BGH, Urteil vom 24. Januar 2019 - VII ZR 123/18 - OLG München
LG München I
ECLI:DE:BGH:2019:240119UVIIZR128.18.0

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. November 2018 durch den Vorsitzenden Richter Pamp sowie die Richterinnen Graßnack, Sacher, Borris und Dr. Brenneisen
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten zu 1 und 2 wird das zweite Versäumnisurteil des 28. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 27. März 2018 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz wegen zweckwidriger Verwendung von Baugeld nach dem Gesetz über die Sicherung der Bauforderungen in Anspruch.
2
Das Landgericht hat die Klage - die sich erstinstanzlich gegen drei Beklagte gerichtet hat - abgewiesen. Die Klägerin hat Berufung eingelegt, soweit die Klage gegen die Beklagten zu 1 und 2 (im Folgenden: Beklagte) abgewiesen worden ist. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgerichtdurch Versäumnisurteil vom 6. Februar 2018 die Beklagten unter Abänderung des Urteils des Landgerichts verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 251.854,65 € nebst Zinsen zu zahlen. Gegen dieses Versäumnisurteil haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 26. Februar 2018 form- und fristgerecht Einspruch eingelegt und wegen Urlaubsabwesenheit ihres Prozessbevollmächtigten - des Beklagten zu 1 - die Verlängerung der Einspruchsbegründungsfrist bis zum 19. März 2018 beantragt. Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 28. Februar 2018 hat das Berufungsgericht Termin zur Verhandlung über den Einspruch gegen das Versäumnisurteil und die Hauptsache auf den 27. März 2018, 9:00 Uhr, bestimmt und den Fristverlängerungsantrag zurückgewiesen. Die Ladung ist dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 1. März 2018 zugestellt worden.
3
Mit Schriftsatz vom 26. März 2018, per Fax bei Gericht eingegangen am selben Tag um 14:36 Uhr, haben die Beklagten die zur Entscheidung berufenen Richter des Berufungsgerichts wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und höchstvorsorglich für den Fall der Zurückweisung des Befangenheitsgesuchs die Verlegung des Termins vom 27. März 2018 wegen einer von ihrem Prozessbevollmächtigten bereits am 15. November 2017 gebuchten und am 24. März 2018 angetretenen, ausweislich der vorgelegten Buchungsbestätigung bis zum 8. April 2018 andauernden Auslandsreise beantragt.
4
Die abgelehnten Richter haben das Befangenheitsgesuch mit Beschluss vom 27. März 2018 verworfen. Der Vorsitzende hat mit Verfügung vom selben Tag den Terminsverlegungsantrag zurückgewiesen.
5
Im Termin zur Verhandlung über den Einspruch gegen das Versäumnisurteil und die Hauptsache am 27. März 2018 ist für die Beklagten niemand erschienen. Auf Antrag der Klägerin hat das Berufungsgericht daraufhin den Ein- spruch der Beklagten durch das im Termin verkündete zweite Versäumnisurteil verworfen.
6
Gegen das den Beklagten am 31. März 2018 zugestellte zweite Versäumnisurteil haben diese mit Schriftsatz vom 16. April 2018 "Nichtzulassungsbeschwerde" eingelegt. Mit innerhalb der verlängerten Begründungsfrist eingegangenem und mit "Revisionsbegründung" überschriebenem Schriftsatz vom 20. Juni 2018 haben die Beklagten das Rechtsmittel begründet und mitgeteilt, dass der auf Grund eines Büroversehens fälschlicherweise mit "Nichtzulassungsbeschwerde" überschriebene Rechtsmittelschriftsatz vom 16. April 2018 in die Einlegung einer Revision umgedeutet werden solle.
7
Mit ihrer Revision begehren die Beklagten die Aufhebung des zweiten Versäumnisurteils.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision ist zulässig und führt zur Aufhebung des angefochtenen zweiten Versäumnisurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
9
1. Das Rechtsmittel der Revision ist statthaft.
10
a) Gegen ein zweites Versäumnisurteil eines Berufungsgerichts findet die Revision gemäß § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO ohne Zulassung und ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstands statt (BGH, Urteil vom 5. Juli 2018 - IX ZR 264/17 Rn. 5, NJW 2018, 3252; Urteil vom 8. Oktober 2015 - III ZR (Ü) 1/15 Rn. 7, NJW 2015, 3661; Urteil vom 24. September 2015 - IX ZR 207/14 Rn. 5, NJW-RR 2016, 60; Urteil vom 25. November 2008 - VI ZR 317/07 Rn. 6, NJW 2009, 687; Beschluss vom 3. März 2008 - II ZR 251/06 Rn. 3, NJW-RR 2008, 876).
11
b) Der Statthaftigkeit des Rechtsmittels steht nicht entgegen, dass die Beklagten mit Schriftsatz vom 16. April 2018 zunächst eine - als solche nicht statthafte - Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt haben. Das als Nichtzulassungsbeschwerde eingelegte Rechtsmittel ist in eine statthafte Revision umzudeuten.
12
Eine Umdeutung kommt in entsprechender Anwendung von § 140 BGB in Betracht, wenn die Voraussetzungen der umgedeuteten Prozesshandlung eingehalten sind, die Umdeutung dem mutmaßlichen Parteiwillen entspricht und kein schutzwürdiges Interesse des Gegners entgegensteht (BGH, Beschluss vom 3. März 2008 - II ZR 251/06 Rn. 8, NJW-RR 2008, 876; Urteil vom 6. Dezember 2000 - XII ZR 219/98, NJW 2001, 1217, juris Rn. 17). Die Umdeutung entspricht dem mutmaßlichen Parteiwillen, wenn ein offensichtliches Versehen vorliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 3. März 2008 - II ZR 251/06 Rn. 8, NJW-RR 2008, 876). Unter diesen Voraussetzungen - die hier vorliegen - kommt auch die Umdeutung einer Nichtzulassungsbeschwerde in eine Revision in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 25. November 2009 - IV ZR 244/08 Rn.

7).

13
In dem Schriftsatz vom 16. April 2018 ist die Revision nach dem Vortrag der Beklagten nur versehentlich als Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde bezeichnet worden. Dies wird dadurch bestätigt, dass mit den innerhalb der Begründungsfrist gemachten Ausführungen in dem Schriftsatz vom 20. Juni 2018 keine Zulassungsgründe gerügt worden sind, sondern die Verletzung des formellen und materiellen Rechts geltend gemacht und ein Revisionsantrag ge- stellt worden ist. Der - ausdrücklich als "Revisionsbegründung" bezeichnete - Schriftsatz genügt den Anforderungen des § 551 Abs. 3 Satz 1 ZPO, da der Inhalt der Begründung den Umfang des Revisionsangriffs klar erkennen lässt (vgl. BGH, Urteil vom 17. Februar 2005 - IX ZR 159/03, NJW-RR 2005, 794, juris Rn. 7).
14
Der Umdeutung steht kein schutzwürdiges Interesse der Klägerin entgegen. Maßgeblich für diese Bewertung ist der Zeitpunkt des Eingangs der Rechtsmittelbegründung, nicht bereits derjenige der Einlegung des Rechtsmittels. Weil die Anschlussrevisionsfrist mit der Zustellung der Revisionsbegründung beginnt (§ 554 Abs. 2 Satz 2 ZPO), muss dem Gegner aus Gründen der Rechtssicherheit jedenfalls zu diesem Zeitpunkt erkennbar sein, dass ihm eine Revisionsbegründung und nicht eine Beschwerdebegründung zugestellt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 3. März 2008 - II ZR 251/06 Rn. 8, NJW-RR 2008, 876). Die Beklagten haben mit dem innerhalb der Begründungsfrist eingegangenen Schriftsatz vom 20. Juni 2018 für die Klägerin erkennbar ausgeführt, dass sie die als solche eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde als Revision verstanden haben wollen, und die Revision begründet.
15
2. Die Revision ist auch im Übrigen zulässig und begründet.
16
a) Ein zweites Versäumnisurteil unterliegt gemäß § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO der Revision insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass ein Fall der schuldhaften Säumnis nicht vorgelegen habe. Eine zulässige Revision setzt die schlüssige Darlegung voraus, dass der Termin nicht schuldhaft versäumt worden ist (BGH, Urteil vom 5. Juli 2018 - IX ZR 264/17 Rn. 6, NJW 2018, 3252; Beschluss vom 26. November 2015 - VI ZR 488/14 Rn. 5, BGHZ 208, 75).
17

b) Die Revision hat schlüssig dargelegt, dass ein Fall der unverschuldeten Säumnis des Beklagtenvertreters im Termin vom 27. März 2018 vorgelegen hat. Die Voraussetzungen für den Erlass eines zweiten Versäumnisurteils nach § 345 ZPO lagen daher nicht vor.
18
aa) Eine Partei ist im Sinne der §§ 330 ff. ZPO säumig, wenn sie trotz ordnungsgemäßer Bestimmung eines notwendigen Termins zur mündlichen Verhandlung nach Aufruf der Sache am hierzu bestimmten Ort nicht erscheint, bei notwendiger Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht durch einen solchen vertreten ist oder nicht zur Sache verhandelt. Die Säumnis ist nicht schuldhaft, wenn die Partei beziehungsweise ihr Prozessvertreter an der Wahrnehmung des Verhandlungstermins unverschuldet verhindert war, mithin die Sorgfalt einer ordentlichen Prozesspartei gewahrt hat (BGH, Urteil vom 5. Juli 2018 - IX ZR 264/17 Rn. 8, NJW 2018, 3252; Beschluss vom 26. November 2015 - VI ZR 488/14 Rn. 9, BGHZ 208, 75).
19
Die Revision stellt nicht in Frage, dass der Prozessvertreter der Beklagten am 1. März 2018 ordnungsgemäß zum Termin am 27. März 2018 geladen worden und in dem Termin nicht erschienen ist.
20
bb) Die Säumnis der Beklagten war allerdings nicht bereits deshalb unverschuldet , weil ihr Prozessbevollmächtigter darauf vertrauen durfte, dass der Termin wegen des von ihm am 26. März 2018 ausgesprochenen Ablehnungsgesuchs nicht stattfinden würde. Die fehlende oder unverschuldete Säumnis kann nicht mit der Rüge begründet werden, das erkennende Gericht sei bei Erlass des zweiten Versäumnisurteils nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, weil es ein Ablehnungsgesuch zu Unrecht als unzulässig verworfen habe, § 547 Nr. 1, § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2018 - IX ZR 264/17 Rn. 16 f., NJW 2018, 3252; ausführlich: BGH, Beschluss vom 26. November 2015 - VI ZR 488/14 Rn. 7 ff. m.w.N., BGHZ 208, 75). Aus diesem Grund bedarf es keiner Entscheidung, ob das Ablehnungsgesuch mit Beschluss vom 27. März 2018 zu Recht als unzulässig verworfen worden ist.
21
cc) Die Säumnis der Beklagten war jedoch deshalb unverschuldet, weil in der Person ihres Prozessbevollmächtigten ein erheblicher Grund vorlag, der für sich betrachtet bei pflichtgemäßem Ermessen zu einer Verlegung des Verhandlungstermins hätte führen müssen, und hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme einer rechtsmissbräuchlich verspäteten Antragstellung nach den im Revisionsverfahren zu berücksichtigenden Umständen nicht vorliegen.
22
(1) Eine Terminsverlegung setzt voraus, dass ein erheblicher Grund vorliegt und dieser glaubhaft gemacht wird. Das Gericht hat bei seiner Entscheidung , ob bei Vorliegen erheblicher Gründe eine Verhandlung verlegt wird (§ 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO), nach pflichtgemäßem Ermessen sowohl das Gebot der Beschleunigung des Verfahrens als auch den Anspruch beider Parteien auf Gewährung rechtlichen Gehörs zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 25. November 2008 - VI ZR 317/07 Rn. 8 m.w.N., NJW 2009, 687). Erhebliche Gründe im Sinne von § 227 Abs. 1 ZPO sind regelmäßig solche, die zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs eine Zurückstellung des Beschleunigungs- und Konzentrationsgebots erfordern. Liegen solche Gründe vor, verdichtet sich das Ermessen des Gerichts zu einer Rechtspflicht, den Termin zu verlegen, selbst wenn das Gericht die Sache für entscheidungsreif hält und die Erledigung des Rechtsstreits verzögert wird. Einem Antrag auf Terminsverlegung ist daher regelmäßig aufgrund Vorliegens eines erheblichen Grundes stattzugeben (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juni 2010 - II ZR 233/09 Rn. 9, NJW 2010, 2440; Urteil vom 15. November 2007 - RiZ (R) 4/07 Rn. 31, NJW 2008, 1448; Urteil vom 13. Januar 2004 - X ZR 212/02, GRUR 2004, 354, juris Rn. 27).
23
Eine geplante Urlaubsreise des Prozessbevollmächtigten einer Partei ist regelmäßig ein erheblicher Grund im Sinne des § 227 Abs. 1 ZPO (vgl. OLG Frankfurt, NJW 2008, 1328, juris Rn. 2; Zöller/Feskorn, ZPO, 32. Aufl., § 227 Rn. 6), erst Recht, wenn die betreffende Reise bereits gebucht ist. Ein erheblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn - wie hier - der Prozessbevollmächtigte als Einzelanwalt tätig ist und eine Vertretung durch einen Sozius nicht in Betracht kommt.
24
(2) Der vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Hinblick auf seine gebuchte Urlaubsreise kurz vor dem Verhandlungstermin gestellte Terminsverlegungsantrag ist auf der Grundlage der im Revisionsverfahren zu berücksichtigenden Umstände des Streitfalls noch nicht als rechtsmissbräuchlich anzusehen.
25
(a) Allerdings ist jede Partei in Erfüllung ihrer Prozessförderungspflicht gehalten, etwaige Gründe, die der Wahrnehmung eines Termins entgegenstehen , dem Gericht möglichst frühzeitig mitzuteilen (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2008 - VI ZR 317/07, NJW 2009, 687 m.w.N.). Dem sind die Beklagten nicht nachgekommen. Da die Urlaubsreise ihres Prozessbevollmächtigten ausweislich der Buchungsbestätigung bereits im November 2017 feststand, hätten diese seine Verhinderung für den Verhandlungstermin vom 27. März 2018 zeitnah nach Erhalt der Terminsladung dem Gericht anzeigen müssen.
26
(b) Die Entscheidung des Berufungsgerichts, den Terminsverlegungsantrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten als rechtsmissbräuchlich zurückzuweisen , stellt sich gleichwohl im Ergebnis als ermessensfehlerhaft dar. Das Revisionsgericht hat die Entscheidung des Berufungsgerichts auf der Grundlage der gegebenen Begründung daraufhin zu überprüfen, ob sich diese als ermessensfehlerhaft erweist. Hinreichende Gründe dafür, dass die Beklagten den Verlegungsantrag hier rechtsmissbräuchlich ausschließlich mit dem Ziel gestellt haben, eine Verzögerung des Prozesses zu erreichen, werden vom Berufungsgericht nicht angeführt.
27
Hierzu genügt jedenfalls nicht allein der Hinweis darauf, der Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe durch die Anbringung des Verlegungsantrags unmittelbar vor dem Termin dessen Verlegung erzwingen wollen. Da dem Prozessbevollmächtigten ein erheblicher Grund zur Seite stand, der eine Terminsverlegung regelmäßig rechtfertigt, hätte das Gericht den Termin auch bei rechtzeitiger Antragstellung verlegen müssen.
28
Dem Beschleunigungsgebot kann zwar ein erhöhtes Gewicht zukommen, wenn Verhandlungstermine schon mehrfach verlegt worden sind und ein weiterer Verlegungsantrag rechtsmissbräuchlich allein in der Absicht gestellt wird, den Prozess zu verschleppen (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2008 - VI ZR 317/07 Rn. 8, NJW 2009, 687). Eine Verzögerungsabsicht, die im Einzelfall den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs rechtfertigen könnte, kann sich insbesondere aus dem vorausgegangenen Prozessverhalten der Partei oder ihres Prozessbevollmächtigten ergeben. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass es den Beklagten mit dem verspäteten Terminsverlegungsantrag ausschließlich darum ging, eine Verzögerung des Rechtsstreits herbeizuführen, werden vom Berufungsgericht nicht benannt.
29
Der Vorsitzende des Berufungsgerichts hat die Ablehnung des Terminsverlegungsantrags in seiner diesbezüglichen Verfügung darauf gestützt, die Beklagten hätten sich jeder Mitwirkung am Berufungsverfahren verweigert; insoweit hat er auf deren bisheriges Prozessverhalten verwiesen, ohne hierzu nähere Ausführungen zu machen. Dieser lediglich allgemein gehaltene Vorwurf vermag eine Ablehnung des Terminsverlegungsantrags wegen einer Prozessverschleppungsabsicht nicht zu rechtfertigen. Die für eine Überprüfung durch das Revisionsgericht maßgeblichen Ausführungen in der gerichtlichen Verfügung des Vorsitzenden vom 27. März 2018 lassen nicht erkennen, auf welche konkreten Umstände oder welches vorangegangene Verhalten der Beklagten die Annahme eines Rechtsmissbrauchs gestützt werden soll. Die Entscheidung, dem Terminsverlegungsantrag nicht zu entsprechen, stellt sich daher im Ergebnis als ermessensfehlerhaft dar.
30
3. Das zweite Versäumnisurteil ist daher aufzuheben und die Sachezur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat hat insoweit von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
Pamp Graßnack Sacher Borris Brenneisen
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 30.03.2017 - 2 O 28676/13 -
OLG München, Entscheidung vom 27.03.2018 - 28 U 1574/17 Bau -

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(1) Ein Versäumnisurteil kann von der Partei, gegen die es erlassen ist, mit der Berufung oder Anschlussberufung nicht angefochten werden.

(2) Ein Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, unterliegt der Berufung oder Anschlussberufung insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe. § 511 Abs. 2 ist nicht anzuwenden.

Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme, über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage und über die Einforderung, Übersendung und Zurücksendung der Prozessakten sind auf die Revision entsprechend anzuwenden. Die Revision kann ohne Einwilligung des Revisionsbeklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Revisionsbeklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht

1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist;
2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt;
3.
das Einvernehmen der Parteien allein.

(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für

1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen,
2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
(weggefallen)
4.
Wechsel- oder Scheckprozesse,
5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird,
6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist,
7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder
8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
dabei genügt es, wenn nur einer von mehreren Ansprüchen die Voraussetzungen erfüllt. Wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf, ist dem Verlegungsantrag nicht zu entsprechen.

(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.

Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme, über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage und über die Einforderung, Übersendung und Zurücksendung der Prozessakten sind auf die Revision entsprechend anzuwenden. Die Revision kann ohne Einwilligung des Revisionsbeklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Revisionsbeklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(1) Ein Versäumnisurteil kann von der Partei, gegen die es erlassen ist, mit der Berufung oder Anschlussberufung nicht angefochten werden.

(2) Ein Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, unterliegt der Berufung oder Anschlussberufung insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe. § 511 Abs. 2 ist nicht anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 264/17 Verkündet am:
5. Juli 2018
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
 
ZPO § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1
 
Eine unverschuldete Säumnis ist nicht gegeben, wenn die ordnungsgemäß geladene
Partei wegen der vermeintlich fehlerhaften Behandlung eines Befangenheitsgesuchs
der mündlichen Verhandlung fern bleibt.
Das Gericht ist nicht verpflichtet, das Verfahren bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
auszusetzen, wenn eine Partei gegen den Beschluss, durch
den ein Ablehnungsgesuch rechtskräftig abgewiesen wurde, Verfassungsbeschwerde
eingelegt hat.
BGH, Urteil vom 5. Juli 2018 - IX ZR 264/17 - OLG Bamberg
LG Hof
 
ECLI:DE:BGH:2018:050718UIXZR264.17.0
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein und Grupp, die Richterin Möhring sowie den Richter Dr. Schoppmeyer für Recht erkannt:
Die Revision gegen das zweite Versäumnisurteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 13. September 2017 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 19. September 2017 wird auf Kosten des Klägers verworfen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der klagende Rechtsanwalt macht gegen die Beklagte als frühere Mandantin aus verschiedenen Tätigkeiten herrührende Honorarforderungen geltend. Im Wege der Widerklage verlangt die Beklagte aus unterschiedlichen Rechtsgründen Zahlung. Das Landgericht hat Klage und Widerklage teilweise stattgegeben. Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien Berufung eingelegt.
2
In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht vom 26. April 2017 haben die Parteien ohne Widerrufsvorbehalt einen Vergleich geschlossen, nach dessen Inhalt sich der Kläger unter Abgeltung aller wechselseitigen Ansprüche zur Zahlung von insgesamt 16.700 € an die Beklagte verpflichtet hat. Durch Schriftsatz vom 3. Mai 2017 hat der Kläger den Vergleich zugleich angefochten und widerrufen. Das Berufungsgericht hat am 15. Mai 2017 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 5. Juli 2017 bestimmt. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 28. Juni 2017 die Mitglieder des erkennenden Berufungssenats wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Durch Beschluss vom 3. Juli 2017 ist dieses Gesuch in anderer Besetzung als unzulässig verworfen worden. Gegen den im Termin nicht erschienenen Kläger ist am 5. Juli 2017 ein Versäumnisurteil ergangen, nach dessen Inhalt der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 26. April 2017 erledigt ist. Der Kläger hat gegen dieses Urteil am 11. Juli 2017 Einspruch eingelegt. Das Berufungsgericht hat am 18. Juli 2017 Termin zur Verhandlung über den Einspruch sowie in der Sache auf den 13. September 2017 bestimmt.
3
Gegen die Abweisung des Befangenheitsgesuchs - weitere Ablehnungsanträge und Gegenvorstellungen sind ebenfalls ohne Erfolg geblieben - hat der Kläger nach eigener Darstellung am 9. August 2017 Verfassungsbeschwerde eingelegt. Durch Schriftsatz vom 1. September 2017 hat der Kläger mit dem Hinweis, dass sich unter anderem Verfassungsgerichte mit dem Vorgang befassten , die Aussetzung des Verfahrens sowie die Aufhebung des Termins vom 13. September 2017 beantragt. Diesen Antrag hat das Berufungsgericht mit Beschluss vom 12. September 2017, der dem Kläger am selben Tag bekannt gemacht worden ist, abgelehnt. Gegen den im Termin nicht erschienenen Kläger ist am 13. September 2017 ein zweites Versäumnisurteil ergangen, durch das sein Einspruch verworfen wurde. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision des Klägers ist zu verwerfen, weil sie nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 149/11, FamRZ 2012, 27; vom 26. November 2015 - VI ZR 488/14, BGHZ 208, 75; vom 7. Dezember 2017 - IX ZR 81/17, WM 2018, 445) nicht zulässig ist.
5
1. Das Rechtsmittel ist statthaft, denn gegen ein zweites Versäumnisurteil eines Berufungsgerichts findet die Revision ohne Zulassung und ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstands statt (BGH, Beschluss vom 3. März 2008 - II ZR 251/06, NJW-RR 2008, 876 Rn. 3; Urteil vom 8. Oktober 2015 - III ZR (Ü) 1/15, NJW 2015, 3661 Rn. 7).
6
2. Ein Versäumnisurteil kann von der Partei, gegen die es erlassen ist, gemäß § 565 Satz 1, § 514 Abs. 1 ZPO mit der Revision nicht angefochten werden. Ein (zweites) Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, unterliegt nach § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO der Revision insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe. Eine zulässige Revision setzt also die schlüssige Darlegung voraus, dass der Termin nicht schuldhaft versäumt worden sei (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 149/11, FamRZ 2012, 27 Rn. 5; vom 26. November 2015 - VI ZR 488/14, BGHZ 208, 75 Rn. 5). Wird die fehlende oder unverschuldete Säumnis nicht schlüssig dargelegt, ist die Revision als unzulässig zu verwerfen (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011, aaO; vom 26. November 2015, aaO).
7
a) So verhält es sich im Streitfall. Der Kläger hat den Termin vom 13. September 2017 nicht ohne Verschulden versäumt.
8
Eine Partei ist im Sinne von §§ 330 ff ZPO säumig, wenn sie trotz ordnungsgemäßer Bestimmung eines notwendigen Termins zur mündlichen Ver- handlung nach Aufruf der Sache am hierzu bestimmten Ort nicht erscheint, bei notwendiger Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht durch einen beim Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten ist oder nicht zur Sache verhandelt (BGH, Beschluss vom 26. November 2015, aaO Rn. 9). Nicht schuldhaft ist die Säumnis, wenn die Partei an der Wahrnehmung des Verhandlungstermins unverschuldet verhindert war (§§ 337, 233 ZPO, § 276 Abs. 2 BGB), mithin die Sorgfalt einer ordentlichen Prozesspartei gewahrt hat (BGH, aaO).
9
b) Eine unverschuldete Säumnis des Klägers im Termin vom 13. September 2017 macht die Revision nicht geltend. Insbesondere rügt sie nicht, der Termin sei nicht ordnungsgemäß bestimmt gewesen (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 lit. b ZPO). Ebenso wird die ordnungsgemäße Ladung des Klägers zu dem Termin zur mündlichen Verhandlung über den Einspruch von der Revision nicht in Frage gestellt. Ferner räumt die Revision ein, dass der Kläger noch am 12. September 2017 von dem Gericht dahin unterrichtet wurde, dass seinem Aussetzungsantrag nicht stattgegeben wurde.
10
c) Der Kläger durfte nicht darauf vertrauen, dass das Verfahren entsprechend seinem Antrag ausgesetzt (§ 148 ZPO) und der Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13. September 2017 nicht stattfinden würde.
11
aa) Das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen die erkennenden Mitglieder des Berufungsgerichts war durch Beschluss des Oberlandesgerichts vom 3. Juli 2017 mangels Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtskräftig zurückgewiesen worden (BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, NJW 2009, 833 Rn. 12). Nach rechtskräftiger Abweisung des Gesuchs durften die abgelehnten Richter gemäß § 47 ZPO in der Sache wieder uneingeschränkt tätig werden (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Juli 2004 - IX ZB 280/03, ZVI 2004, 753, 754; vom 15. Juni 2010 - XI ZB 33/09, NJW-RR 2011, 427 Rn. 17). Die Einlegung einer Verfassungsbeschwerde (§ 90 Abs. 1 BVerfGG) steht einer Erledigung des Ablehnungsgesuches nicht entgegen (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2010, aaO Rn. 18), weil sie als außerordentlicher Rechtsbehelf die Rechtskraft der Entscheidung nicht berührt (vgl. BVerfGE 93, 381, 385).
12
bb) Zudem durfte sich der Kläger ausweislich der gerichtlichen Mitteilung vom 12. September 2017, nach deren Inhalt der Aussetzungsantrag abgelehnt wurde, nicht darauf verlassen, dass der Termin vom 13. September 2017 aufgehoben wird (vgl. BGH, Beschluss vom 26. November 2015 - VI ZR 488/14, BGHZ 208, 75 Rn. 10). Schon daher fehlt es an einer unverschuldeten Säumnis. Zudem war eine Veranlassung für eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 148 ZPO für das Berufungsgericht nicht gegeben, nachdem der Kläger gegen die rechtskräftige Ablehnung seines Befangenheitsantrags Verfassungsbeschwerde erhoben hatte.
13
(1) Die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes oder einer gerichtlichen Entscheidung bildet bereits kein Rechtsverhältnis im Sinne des § 148 ZPO, sondern eine Rechtsfrage (BGH, Beschluss vom 25. März 1998 - VIII ZR 337/97, NJW 1998, 1957). Ist die Verfassungsmäßigkeit eines entscheidungserheblichen Gesetzes bereits Gegenstand einer anhängigen Verfassungsbeschwerde (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG) oder Richtervorlage (Art. 100 Abs. 1 GG), ist die Aussetzung des Verfahrens aus prozessökonomischen Gründen in entsprechender Anwendung des § 148 ZPO ohne gleichzeitige Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (Art. 100 Abs. 1 GG) zulässig, solange sich das erkennende Gericht nicht von der Verfassungswidrigkeit des entscheidungserheblichen Gesetzes überzeugt hat (BGH, aaO; Beschluss vom 18. Juli 2000 - VIII ZR 323/99, RdE 2001, 20; vom 30. März 2005 - X ZB 26/04, BGHZ 162, 373, 376). Denn wird das entscheidungserhebliche Gesetz für nichtig erklärt, wirkt dies allgemein und beeinflusst damit notwendigerweise das ausgesetzte Verfahren rechtlich (BGH, Beschluss vom 30. März 2005, aaO).
14
(2) Diese ausnahmsweise eine analoge Anwendung des § 148 ZPO gestattenden Erwägungen sind auf die vorliegende Gestaltung nicht übertragbar. Mit der Verfassungsbeschwerde greift der Kläger die nach den Entscheidungen des Berufungsgerichts rechtskräftige Zurückweisung seines Befangenheitsantrages gegen die zweitinstanzlich tätigen Richter an. Das Ablehnungsgesuch des Klägers ist durch den Eintritt der Rechtskraft des die Befangenheit verneinenden Beschlusses des Oberlandesgerichts ungeachtet der von ihm eingelegten Verfassungsbeschwerde erledigt (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2010 - XI ZB 33/09, NJW-RR 2011, 427 Rn. 18). Erlangt die Entscheidung über die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs Rechtskraft, ist dem Verfahren Fortgang zu geben. Eine Aussetzung des Verfahrens würde die Rechtskraft der für das weitere Verfahren bindenden Entscheidung unterlaufen (vgl. BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, NJW 2009, 833 Rn. 19). Würde das Vorgehen des Klägers Schule machen, bestünde die naheliegende Gefahr, dass Verfahrensbeteiligte durch die Erhebung von Verfassungsbeschwerden gegen Zwischenentscheidungen den Erlass der Hauptsacheentscheidung hinauszuzögern suchen. Will die Partei die Fortsetzung des Verfahrens hindern, bleibt ihr allein die rechtliche Möglichkeit, mit der Verfassungsbeschwerde gegen die Ablehnung des Befangenheitsgesuchs einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 32 BVerfGG) zu verbinden (BVerfGE 55, 1, 3 ff).
15
d) Unter Beachtung der maßgeblichen Rechtslage musste der Kläger, um ein zweites Versäumnisurteil zu vermeiden, zu dem anberaumten Termin erscheinen und zur Sache verhandeln. Da dies nicht geschehen ist, scheidet eine unverschuldete Säumnis aus.
16
3. Eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung der Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO dahin, dass sie auch dann anzuwenden sind, wenn die schuldhaft säumige Partei mit der Revision geltend macht, das erkennende Gericht sei bei Erlass des zweiten Versäumnisurteils nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, weil es die Ablehnungsgesuche der Partei zu Unrecht als unzulässig verworfen habe, lassen der Bedeutungszusammenhang der Vorschriften und ihr Sinn und Zweck nicht zu (BGH, Beschluss vom 26. November 2015 - VI ZR 488/14, BGHZ 208, 75 Rn. 11).
17
a) Das Säumnisverfahren ist Folge des Mündlichkeitsprinzips und der Verhandlungsmaxime. Eine Partei könnte den Fortgang des Verfahrens blockieren , wenn sie nicht zum Termin erscheint oder nicht zur Sache verhandelt. Die Zivilprozessordnung knüpft daher nachteilige Rechtsfolgen an die Säumnis. Ein erstes Versäumnisurteil kann noch im Wege des Einspruchs aus der Welt geschafft werden (§ 342 ZPO). Um zu verhindern, dass der Einspruch "ein bequemes Mittel zur Verschleppung der Prozesse" wird, hat der historische Gesetzgeber seine wiederholte Zulassung jedoch beschränkt. Erscheint die Partei nach rechtzeitigem Einspruch gegen das (erste) Versäumnisurteil erneut nicht zur mündlichen Verhandlung über den Einspruch oder erscheint sie zwar, ist sie aber nicht ordnungsgemäß vertreten oder verhandelt sie nicht, hat das Gericht nur noch die Voraussetzungen der wiederholten Säumnis, insbesondere die ordnungsgemäße Ladung zum Termin, zu prüfen, bevor es den Einspruch durch (zweites) Versäumnisurteil verwirft (§ 345 ZPO). Ein weiterer Einspruch findet nicht statt (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 149/11, FamRZ 2012, 27 Rn. 9; vom 26. November 2015, aaO Rn. 12; vom 7. Dezember 2017 - IX ZR 81/17, WM 2018, 445 Rn. 4).
18
b) Die Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil gemäß § 514 Abs. 2 ZPO kann folgerichtig nur die Zulässigkeit des Versäumnisurteils betreffen. Eine Erweiterung der Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts hat der Bundesgerichtshof wiederholt abgelehnt. Die Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil kann nicht darauf gestützt werden, dass bei Erlass des ersten Versäumnisurteils ein Fall der Säumnis nicht vorgelegen habe. Sie kann auch nicht auf die fehlende Schlüssigkeit der Klage gestützt werden (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 10; vom 26. November 2015, aaO Rn. 13). Die an die wiederholte Säumnis einer Partei geknüpfte Sanktion des § 514 Abs. 2 ZPO steht in einer Reihe mit weiteren gesetzlichen Regelungen im Versäumnisverfahren (§ 708 Nr. 2, § 340 Abs. 3, § 341 Abs. 1 ZPO), die sämtlich darauf hinauslaufen , eine Partei, gegen die ein Versäumnisurteil erlassen ist, im Interesse der Prozessbeschleunigung zu besonders sorgfältiger Prozessführung zu veranlassen. Bleibt die Partei erneut schuldhaft säumig, ist es nur konsequent, an dieses Fehlverhalten die schärfere Sanktion des endgültigen Prozessverlustes zu knüpfen (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 10; vom 26. November 2015, aaO Rn. 13).
19
c) Eine erweiternde Auslegung der Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist nicht möglich. Es handelt sich bei der Beanstandung der ordnungsgemäßen Besetzung des erkennenden Gerichts (§ 547 Nr. 1 ZPO) zwar nicht nur um eine Rüge, die das Gericht, das über den Einspruch zu befinden hat, wegen der Säumnis der Partei nicht zu prüfen hätte. Die ordnungsgemäße Besetzung ist vielmehr vor Erlass des zweiten Versäumnisurteils von Amts wegen zu prüfen. Einer erweiternden Auslegung der Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO dahin, dass sie dem Revisionsgericht die Möglichkeit der Überprüfung der Entscheidungen des Berufungsgerichts über die Ablehnungsgesuche der schuldhaft säumigen Partei eröffnet, steht aber ihr Sinn und Zweck entgegen (BGH, Beschluss vom 26. November 2015, aaO Rn. 14).
20
d) Die Regelungen der § 514 Abs. 2 Satz 1, § 565 Satz 1 ZPO dienen nicht allgemein der Korrektur von Rechtsanwendungsfehlern. Sie stellen eng auszulegende Ausnahmevorschriften dar, die lediglich die Überprüfung ermöglichen sollen, ob eine schuldhafte Säumnis tatsächlich vorgelegen hat, mithin die Sanktion des endgültigen Prozessverlustes gerechtfertigt ist. Ansonsten sollen sie einer Verschleppung des Rechtsstreits vorbeugen. Eine Anwendung der Vorschriften auch für den Fall, dass die schuldhaft säumige Partei in der Revision die unrichtige Behandlung ihrer Ablehnungsgesuche durch das Berufungsgericht rügt, steht diesem Ziel entgegen (BGH, Beschluss vom 26. November 2015, aaO Rn. 16; vom 7. Dezember 2017- IX ZR 81/17, WM 2018, 445 Rn. 6).
21
e) Die Vorschrift des § 514 Abs. 2 ZPO entspringt nicht der grundsätzlichen Wertung, dass ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör oder gegen andere Verfahrensgrundrechte bereits für sich allein die Berufung oder die Revision ermöglichen soll. Vielmehr geht es lediglich um die Regelung des Sonderfalls der (unverschuldeten) Säumnis (BGH, Beschluss vom 26. November 2015, aaO Rn. 18; vom 7. Dezember 2017, aaO Rn. 7).
22
4. Ist im Ergebnis die Revision nicht zulässig, so kann dem Revisionsgericht die Möglichkeit zu einer Nachprüfung der vorschriftsmäßigen Besetzung des Berufungsgerichts auch nicht deshalb eröffnet werden, weil der dahin zie- lende Angriff möglicherweise zugleich einen Nichtigkeitsgrund nach § 579 Abs. 1 ZPO darstellt. Auch das Vorliegen von Nichtigkeitsgründen kann in der Revisionsinstanz nur nachgeprüft werden, wenn die Revision überhaupt zulässig ist (BGH, Beschluss vom 26. November 2015, aaO Rn. 19).
Kayser Gehrlein Grupp Möhring Schoppmeyer Vorinstanzen: LG Hof, Entscheidung vom 26.04.2016 - 15 O 5/12 - OLG Bamberg, Entscheidung vom 13.09.2017 - 3 U 99/16 -
5
1. Gegen ein zweites Versäumnisurteil eines Berufungsgerichts findet die Revision ohne Zulassung gemäß § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO statt (BGH, Beschluss vom 3. März 2008 - II ZR 251/06, WM 2008, 1231 Rn. 3 mwN). Die Zulässigkeit des Rechtsmittels setzt jedoch die schlüssige Darlegung voraus, dass kein Fall der schuldhaften Versäumung vorgelegen habe (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 1998 – IX ZR 152/98, NJW 1999, 724; vom 3. November 2005 - I ZR 53/05, NJW 2006, 448 Rn. 12; Beschluss vom 12. März 2013 - VIII ZB 42/12, nv Rn. 5). Die Verschuldensfrage richtet sich hierbei nach den gleichen Grundsätzen wie bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2007 - IX ZR 100/06, NJW 2007, 2047 Rn. 6; vom 25. November 2008 - VI ZR 317/07, NJW 2009, 687 Rn. 11). Bei dieser Bewertung ist das Revisionsgericht nicht an den Informationsstand gebunden, über den das Berufungsgericht bei Erlass seiner Entscheidung verfügte (BGH, Urteil vom 25. November 2008, aaO). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat die Klägerin nicht schlüssig dargetan, dass sie den Einspruchstermin unverschuldet versäumt hat. Vielmehr beruht die Säumnis im Termin vom 13. Juni 2014 bereits nach dem klägerischen Vortrag auf einem Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten, das sich die Klägerin als eigenes Verschulden zurechnen lassen muss (§ 85 Abs. 2 ZPO).
6
a) Nach § 565 i.V.m. § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO unterliegt ein Versäumnisurteil , gegen das - wie hier gemäß § 345 ZPO - der Einspruch an sich nicht statthaft ist, der Revision insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe. Das trifft unter anderem zu, wenn der Termin zur mündlichen Verhandlung, auf die das zweite Versäumnisurteil erging, von der betroffenen Partei unverschuldet versäumt wurde (vgl. BGH, Urteile vom 19. November 1981 - III ZR 85/80 - VersR 1982, 268; vom 27. September 1990 - VII ZR 135/90 - NJW 1991, 42, 43 und vom 19. November 1998 - IX ZR 152/98 - VersR 2000, 121 f.; Beschluss vom 24. Januar 1985 - I ZR 113/84 - VersR 1985, 542, 543). Der Sachverhalt, der die Zulässigkeit des Rechtsmittels rechtfertigen soll, muss vollständig in der Rechtsmittelbe- gründung vorgetragen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 1967 - VII ZB 13/66 - NJW 1967, 728; Urteile vom 27. September 1990 - VII ZR 135/90 - aaO und vom 22. März 2007 - IX ZR 100/06 - NJW 2007, 2047 m.w.N.). Bei §§ 565, 514 Abs. 2 ZPO ist die Schlüssigkeit des Sachvortrags - anders als sonst - bereits Voraussetzung der Zulässigkeit des Rechtsmittels (vgl. zu § 513 Abs. 2 ZPO a.F.; BGH, Urteil vom 9. Oktober 1975 - VII ZR 242/73 - VersR 1976, 76, 68; Beschluss vom 23. September 1987 - III ZB 15/87 - BGHR ZPO § 513 Abs. 2 S. 1, Säumnis 1 m.w.N.). Daraus folgt, dass das Revisionsgericht nicht an den Informationsstand gebunden ist, über den das Berufungsgericht bei Erlass seiner Entscheidung verfügte.
3
1. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist nicht statthaft. Der Beschwerde unterliegen nur Urteile des Berufungsgerichts, in denen die Revision nicht zugelassen ist (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Sie setzt voraus, dass die Revision nicht ohnehin zulässig ist. Das ist hier der Fall. Gegen ein zweites Versäumnisurteil des Berufungsgerichts findet die Revision ohne Zulassung statt, §§ 565, 514 Abs. 2 ZPO (MünchKommZPO/Wenzel 3. Aufl. § 565 Rdn. 3; MünchKommZPO/Rimmelspacher 3. Aufl. § 539 Rdn. 20; Wieczorek/Schütze/Prütting, ZPO 3. Aufl. §§ 543 Rdn. 3, 542 Rdn. 51 und 565 Rdn. 3; Musielak/Ball, ZPO 5. Aufl. § 539 Rdn. 16 und § 543 Rdn. 2; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO 66.Aufl. §565 Rdn.3; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO 27. Aufl. § 565 Rdn. 2; Hk-ZPO/Kayser 2. Aufl.

Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde.

3
1. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist nicht statthaft. Der Beschwerde unterliegen nur Urteile des Berufungsgerichts, in denen die Revision nicht zugelassen ist (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Sie setzt voraus, dass die Revision nicht ohnehin zulässig ist. Das ist hier der Fall. Gegen ein zweites Versäumnisurteil des Berufungsgerichts findet die Revision ohne Zulassung statt, §§ 565, 514 Abs. 2 ZPO (MünchKommZPO/Wenzel 3. Aufl. § 565 Rdn. 3; MünchKommZPO/Rimmelspacher 3. Aufl. § 539 Rdn. 20; Wieczorek/Schütze/Prütting, ZPO 3. Aufl. §§ 543 Rdn. 3, 542 Rdn. 51 und 565 Rdn. 3; Musielak/Ball, ZPO 5. Aufl. § 539 Rdn. 16 und § 543 Rdn. 2; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO 66.Aufl. §565 Rdn.3; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO 27. Aufl. § 565 Rdn. 2; Hk-ZPO/Kayser 2. Aufl.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 219/98 Verkündet am:
6. Dezember 2000
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zur Umdeutung eines Rechtsmittels, das der Rechtsmittelkläger eingelegt hat in der
irrtümlichen Annahme, er sei im Wege der Rechtsnachfolge - hier: im Wege einer
Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 UmwG - Partei geworden, in einen Beitritt als Nebenintervenient
verbunden mit dem Einlegen des Rechtsmittels in dieser Eigenschaft.
BGH, Urteil vom 6. Dezember 2000 - XII ZR 219/98 - OLG Bamberg
LG Würzburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und
die Richter Dr. Krohn, Gerber, Sprick und Weber-Monecke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Berufungsklägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 18. Mai 1998 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Geschäftsführer der Klägerin überließ der Klägerin ein ihm gehörendes Grundstück zur Nutzung, auf dem die Klägerin mehrere Betriebs- und Bürogebäude errichtete. Im Jahre 1984 mietete die beklagte T. B. AG einen Teil der Gewerberäume an. Der Mietvertrag wurde auf Vermieterseite von dem Geschäftsführer der Klägerin unterschrieben, die Parteien streiten aber darüber, ob er persönlich oder die Klägerin Vertragspartner der T. B. AG geworden ist.
Eine Anlage zum Mietvertrag enthielt Angaben über die durchzuführenden Schönheitsreparaturen. In dem Mietvertrag war geregelt, daß das Mietobjekt bei Beendigung des Mietverhältnisses "gleichwertig renoviert" zurückzugeben sei. Das Mietobjekt wurde am 31. Mai 1994 nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückgegeben. Mit der Klage macht die Klägerin Schadensersatzansprüche geltend wegen nach ihrer Behauptung nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen , außerdem verlangt sie für neun Monate eine Mietausfallentschädigung. Das Landgericht hat die beklagte T. B. AG unter Abweisung der Klage im übrigen verurteilt, an die Klägerin 79.490 DM zuzüglich Zinsen zu zahlen. Nachdem die vorliegende Klage bereits rechtshängig war, sind Unternehmensteile der beklagten T. B. AG im Wege der Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG auf die T. B. KG Brauereibetriebsgesellschaft übertragen worden. Gegen das landgerichtliche Urteil ging eine Berufung ein, in der die T. B. KG als Beklagte und Berufungsklägerin bezeichnet und geltend gemacht wird, die T. B. KG sei aufgrund des Spaltungs- und Übernahmevertrages Rechtsnachfolgerin der T. B. AG und deshalb ohne weiteres Partei des vorliegenden Rechtsstreits geworden. Das Rubrum solle entsprechend berichtigt werden. Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen haben die T. B. AG und die T. B. KG Revision eingelegt, mit der sie eine Entscheidung des Berufungsgerichts in der Sache erreichen wollen.

Entscheidungsgründe:

Die sowohl von der T. B. AG als auch von der T. B. KG eingelegte Revision, die als einheitliches Rechtsmittel zu behandeln ist, führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 1. Das Berufungsgericht führt aus, die T. B. KG könne nicht als Rechtsnachfolgerin der T. B. AG angesehen werden, weil ein Teil der Vermögensgegenstände der AG bei dieser verblieben sei und die AG somit weiterbestehe. Im Gegensatz zu dieser Rechtslage habe die T. B. KG in ihren Schriftsätzen unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, sie betrachte sich als Partei des Rechtsstreits und habe in dieser Eigenschaft Berufung eingelegt. Es handele sich somit um ein Rechtsmittel einer an dem Prozeß nicht beteiligten Gesellschaft. Das Vorbringen der T. B. KG könne auch nicht dahin umgedeutet werden, daß sie im Wege der Nebenintervention auf seiten der T. B. AG dem Rechtsstreit beitreten und als Nebenintervenientin Berufung einlegen wolle. Die T. B. KG habe nämlich klar zum Ausdruck gebracht, daß sie nicht "als Dritte einem zwischen zwei anderen geführten Rechtsstreit beitreten" wolle. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten nicht in allen Punkten einer rechtlichen Überprüfung stand. 2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Berufungsschrift sei dahin zu verstehen, daß nicht die T. B. AG, sondern die T. B. KG das Rechtsmittel eingelegt habe, und zwar als Partei, weil sie die Ansicht vertreten habe, sie sei aufgrund der Ausgliederung Rechtsnachfolgerin der T. B. AG geworden und in
dieser Eigenschaft anstelle der T. B. AG als beklagte Partei in den Rechtsstreit eingetreten. Zwar kann der Senat, weil es sich um die Auslegung einer Prozeßerklärung handelt, das vom Berufungsgericht gefundene Ergebnis ohne Einschränkung überprüfen (Senatsurteil vom 5. Mai 1993 - XII ZR 124/92 - NJW-RR 1993, 1091, 1092 m.N.). Die Auslegung des Berufungsgerichts ist jedoch zutreffend. Aus der Berufungsschrift ergibt sich nicht, daß die T. B. AG an dem Entschluß, Berufung einzulegen, überhaupt beteiligt und daß sie bereit war, das mit der Durchführung eines Rechtsmittels verbundene Kostenrisiko zu übernehmen. 3. Nicht zu beanstanden ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, die T. B. KG sei nicht als Rechtsnachfolgerin der T. B. AG Partei des vorliegenden Rechtsstreits geworden. Welche prozessualen Auswirkungen eine Spaltung (Aufspaltung, Abspaltung oder Ausgliederung) nach § 123 UmwG auf einen noch anhängigen Rechtsstreit des übertragenden Rechtsträgers haben kann, ist bisher noch nicht in Einzelheiten geklärt (vgl. zu dem Problem Karsten Schmidt in Festschrift für Henkel, 1995, 749, 769 ff. m.N.; ders. Handelsrecht, 5. Aufl. 1999, § 8 I 7 = S. 238). Zur Entscheidung des vorliegenden Falles ist eine umfassende Klärung dieses Problemkreises nicht erforderlich. Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 UmwG und um einen s ogenannten Passivprozeß des übertragenden Rechtsträgers - der T. B. AG -, in dem gegen diesen ein Schadensersatzanspruch geltend gemacht wurde. Jedenfalls in dieser Fallkonstellation kommt ein ipso-jure-Eintreten des übernehmenden Rechtsträgers in den Prozeß im Wege der Rechtsnachfolge nicht in Betracht. Zwar wird in der Literatur auch im Zusammenhang mit der Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 UmwG zu-
nehmend von "partieller Gesamtrechtsnachfolge" oder "geteilter Gesamtrechtsnachfolge" gesprochen (vgl. Teichmann in Lutter [Hrsg.], Umwandlungsgesetz , 2. Aufl. 2000 § 123 Rdn. 8 und 9 mit zahlreichen Nachweisen). Diese Bezeichnung darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß es sich jedenfalls bei der Ausgliederung nicht um den Übergang des gesamten Vermögens eines untergegangenen Rechtsträgers handelt, sondern um eine besondere Übertragungsart , die es gestattet, statt der Einzelübertragung verschiedener Vermögensgegenstände eine allein durch den Parteiwillen zusammengefaßte Summe von Vermögensgegenständen (einschließlich der Verbindlichkeiten: § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) in einem Akt zu übertragen (Teichmann aaO Rdn. 10 m.N.). Aus dem Umstand, daß das Gesetz diese Art der Übertragung möglich gemacht hat, kann nicht ohne weiteres geschlossen werden, daß diese Art der Übertragung prozessual andere Folgen hat als eine Einzelübertragung. Im vorliegenden Fall hat die T. B. KG im Zusammenhang mit der Ausgliederung eine gegen die T. B. AG bereits eingeklagte Verbindlichkeit übernommen. Dem würde bei einer Einzelübertragung eine Schuldübernahme entsprechen. Bei einer Schuldübernahme während des Prozesses käme ein Eintreten des übernehmenden Schuldners im Wege der Rechtsnachfolge nicht in Betracht. In der Literatur ist lediglich erörtert worden, ob im Falle der befreienden Schuldübernahme der Prozeß in analoger Anwendung des § 265 ZPO gegen den alten Schuldner mit Wirkung für den neuen Schuldner weitergeführt werden kann. Auch dies hat der Bundesgerichtshof jedoch abgelehnt (BGHZ 61, 140 f.) mit der Folge, daß der Kläger mit Rücksicht auf die privative Schuldübernahme die Klage zurücknehmen, die Hauptsache für erledigt erklären oder von sich aus für einen Parteiwechsel auf der Beklagtenseite sorgen muß (BGHZ aaO S. 144; vgl. auch in einer Anmerkung zu dieser Entscheidung Karsten Schmidt, JuS 1977, 411). Das Bundesarbeitsgericht hat seine abwei-
chende Ansicht hierzu in einer Entscheidung zum Betriebsübergang nach § 613 a BGB ausdrücklich mit Besonderheiten des Arbeitsrechts begründet (BAG, Urteil vom 15. Dezember 1976 - 5 AZR 600/75 - AP Nr. 1 zu § 325 ZPO = BB 1977, 395, 396). Auch das Bundesarbeitsgericht hat aber keinen Parteiwechsel angenommen, sondern lediglich die Fortsetzung des Prozesses gegen den alten Beklagten in analoger Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO für zulässig erachtet (vgl. hierzu Zeuner, Festschrift für Schwab, 1990, S. 575 ff.). Eine kumulative Schuldübernahme führt erst recht nicht zu einem Parteiwechsel in einem anhängigen Prozeß. Das Berufungsgericht hat zutreffend und in der Revisionsinstanz nicht angegriffen ausgeführt, daß bei der Ausgliederung der übertragende Rechtsträger fortbesteht und daß für seine vor dem Wirksamwerden der Ausgliederung entstandenen Verbindlichkeiten er und der übernehmende Rechtsträger als Gesamtschuldner haften (§ 133 Abs. 1 Satz 1 UmwG). Die Ausgliederung hindert die Klägerin somit nicht, ihren Anspruch nach wie vor (auch) gegen den übertragenden Rechtsträger - die T. B. AG - geltend zu machen. Dann muß es ihr aber auch möglich sein, den bereits anhängigen Prozeß gegen diesen Rechtsträger weiter zu betreiben. Die Ausgliederung kann nicht zur Folge haben, daß der Gläubiger, dem nun als Gesamtschuldner neben dem alten Schuldner ein neuer Schuldner haftet, gezwungen ist, den wegen dieses Anspruchs bereits rechtshängigen Prozeß nur noch gegen den neuen Schuldner weiterzuverfolgen. Da die T. B. KG in erster Instanz nicht Partei war und auch nicht als Rechtsnachfolgerin der beklagten T. B. AG Partei geworden ist, konnte sie nicht als Partei Berufung einlegen.
4. Entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts kann die Berufungsschrift aber dahin umgedeutet werden, daß die T. B. KG dem Rechtsstreit auf seiten der beklagten T. B. AG als Nebenintervenientin beigetreten ist und in ihrer Eigenschaft als Nebenintervenientin Berufung eingelegt hat. § 66 Abs. 2 ZPO bestimmt ausdrücklich, daß der Beitritt als Nebenintervenient auch in Verbindung mit der Einlegung eines Rechtsmittels erfolgen kann. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt in entsprechender Anwendung des § 140 BGB auch im Verfahrensrecht der Grundsatz, daß eine fehlerhafte Parteihandlung in eine zulässige, wirksame und vergleichbare umzudeuten ist, wenn deren Voraussetzungen eingehalten sind, die Umdeutung dem mutmaßlichen Parteiwillen entspricht und kein schutzwürdiges Interesse des Gegners entgegensteht (Senatsurteil vom 1. Juni 1983 - IVb ZR 365/81 - FamRZ 1983, 892, 893 m.w.N.; Senatsbeschluß vom 1. Oktober 1986 - IVb ZB 83/86 - BGHR BGB § 140 Verfahrensrecht 1; vgl. auch Lüke in Münchner Kommentar ZPO Einl. Rdn. 281; BGH, Beschluß vom 6. März 1986 - I ZB 12/85 - VersR 1986, 785, 786; Zöller/Gummer, ZPO 22. Aufl. vor § 511 Rdn. 35; Thomas/Putzo, ZPO 22. Aufl. Einl. III Rdn. 20). Diese Voraussetzungen für eine Umdeutung sind vorliegend gegeben. Die T. B. KG wollte gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung einlegen, weil sie aufgrund der Ausgliederung für den der Klägerin zugesprochenen Schadensersatzanspruch im Außenverhältnis als Gesamtschuldnerin, im Innenverhältnis allein haftete. Aus den dargelegten Gründen konnte sie nicht als Partei Berufung einlegen. Dagegen konnte sie ohne weiteres als Nebenintervenientin dem Rechtsstreit beitreten und in dieser Eigenschaft Berufung einlegen. Die Voraussetzungen für einen Beitritt als Nebenintervenientin
sind erfüllt. Daß die T. B. KG im Sinne des § 66 Abs. 1 ZPO ein rechtliches Interesse daran hatte, daß die Klage auf eine Berufung hin insgesamt abgewiesen würde, ergibt sich aus ihrer Haftung für die eingeklagte Forderung. Aus der Sicht der T. B. KG war es gleichgültig, ob sie als Partei oder als Nebenintervenientin Berufung einlegen würde. Daß sie es als Partei getan hat, beruhte lediglich darauf, daß sie die - nicht ganz einfach zu beurteilende - rechtliche Situation falsch eingeschätzt hat. Hätte sie erkannt, daß sie nicht Partei des Prozesses geworden ist, hätte sie vernünftigerweise ihren Beitritt als Streithelferin der beklagten T. B. AG erklärt. Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, eine Umdeutung komme wegen des eindeutigen Wortlautes der Berufungsschrift nicht in Betracht. Wäre der Berufungsschrift im Wege der Auslegung zu entnehmen, daß die T. B. KG dem Rechtsstreit im Grunde als Nebenintervenientin habe beitreten wollen, käme eine Umdeutung gar nicht in Betracht, weil die Möglichkeit einer Auslegung in eine zulässige Prozeßerklärung der Umdeutung einer unzulässigen Prozeßerklärung in eine zulässige grundsätzlich vorgeht. Zwar hat die Berufungsklägerin im Verlauf des Berufungsverfahrens dezidiert die Ansicht vertreten, die Berufung sei von der T. B. AG eingelegt worden. Daraus kann man jedoch nicht schließen, eine Umdeutung in eine Berufung der T. B. KG als Nebenintervenientin widerspreche dem ausdrücklichen Willen der Berufungsklägerin, was eine Umdeutung ausschließen würde (zu dem Ausschluß der Umdeutung einer materiell-rechtlichen Erklärung in einem solchen Falle vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 1970 - V ZR 42/68 - NJW 1971, 420 m.N.). Die Berufungsklägerin hat diese Ansicht nämlich erkennbar nur vertreten, weil das Gericht die von ihr in erster Linie angestrebte Rubrumsberichtigung abgelehnt hat, weil sie an die Möglichkeit einer Umdeu-
tung nicht gedacht hat und weil sie deshalb befürchten mußte, die Berufung werde als unzulässig verworfen, wenn sie als Berufung der KG und nicht der AG angesehen werde. Anhaltspunkte dafür, daß die Berufungsklägerin entgegen ihren Interessen einer entsprechenden Umdeutung widersprochen hätte, wenn sie - z.B. auf einen entsprechenden Hinweis des Gerichts hin - an eine solche Umdeutung gedacht hätte, sind nicht ersichtlich. Ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin steht der Zulässigkeit der Umdeutung nicht entgegen. Das Interesse der Klägerin an einer Ablehnung der Umdeutung geht nicht hinaus über das Interesse jeder in erster Instanz siegreichen Partei daran, daß das erstinstanzliche Urteil rechtskräftig wird. Dieses Interesse reicht nicht aus, um es aus Sicht der Klägerin als unzumutbar erscheinen zu lassen, daß im Wege der Umdeutung des von der T. B. KG eingelegten Rechtsmittels eine Entscheidung des Berufungsgerichts in der Sache herbeigeführt wird. 5. Das Berufungsurteil kann deshalb keinen Bestand haben. Die Sache muß an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit es auf die zulässige Berufung der Nebenintervenientin hin die notwendigen tatsächlichen Feststellungen nachholen und in der Sache über die Berufung entscheiden kann. Blumenröhr Krohn Gerber Sprick Weber-Monecke
3
1. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist nicht statthaft. Der Beschwerde unterliegen nur Urteile des Berufungsgerichts, in denen die Revision nicht zugelassen ist (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Sie setzt voraus, dass die Revision nicht ohnehin zulässig ist. Das ist hier der Fall. Gegen ein zweites Versäumnisurteil des Berufungsgerichts findet die Revision ohne Zulassung statt, §§ 565, 514 Abs. 2 ZPO (MünchKommZPO/Wenzel 3. Aufl. § 565 Rdn. 3; MünchKommZPO/Rimmelspacher 3. Aufl. § 539 Rdn. 20; Wieczorek/Schütze/Prütting, ZPO 3. Aufl. §§ 543 Rdn. 3, 542 Rdn. 51 und 565 Rdn. 3; Musielak/Ball, ZPO 5. Aufl. § 539 Rdn. 16 und § 543 Rdn. 2; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO 66.Aufl. §565 Rdn.3; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO 27. Aufl. § 565 Rdn. 2; Hk-ZPO/Kayser 2. Aufl.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 244/08
vom
25. November 2009
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt und
die Richterin Harsdorf-Gebhardt
am 25. November 2009

beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 30. September 2008 wird zurückgewiesen, soweit sie sich dagegen wendet, dass der Klägerin bei Ermittlung ihrer Witwen-Zusatzrente die Vordienstzeiten ihres verstorbenen Ehemannes lediglich zur Hälfte angerechnet worden sind.
Im Übrigen wird die Nichtzulassungsbeschwerde in eine - vom Berufungsgericht zugelassene - Revision gegen das vorgenannte Urteil umgedeutet.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens, soweit es ohne Erfolg geblieben ist. Insoweit beträgt der Wert des Beschwerdegegenstandes für die Gerichtskosten 20.366,30 € und für die außergerichtlichen Kosten 22.922,68 € mit der Maßgabe, dass diese im Verhältnis zur Beklagten nur in Höhe von 89% anzusetzen sind.

Gründe:


1
I. Die Klägerin, die seit dem Tode ihres früher bei der Beklagten versicherten Ehemannes seit dem 1. März 2006 eine Witwen-Zusatzrente beansprucht, hat in den Vorinstanzen unter anderem beantragt, bei Errechnung der so genannten Startgutschrift ihres Ehemannes die von ihm überwiegend in der früheren DDR zurückgelegten Vordienstzeiten von insgesamt 367 Monaten in voller Höhe anzurechnen und die Ruhensbestimmung des § 41 Abs. 5 VBLS in ihren jeweiligen Fassungen nicht anzuwenden. Das Landgericht hat beiden Anträgen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht - insoweit unter Zurückweisung der Klaganträge - die lediglich hälftige Anrechnung der Vordienstzeiten bei der Startgutschriftermittlung für wirksam erachtet und nur die Anwendung der Ruhensbestimmung des § 41 Abs. 5 VBLS in der bis Ende Dezember 2006 geltenden Fassung für das Jahr 2006 ausgeschlossen. Es hat die Revision "hinsichtlich der Berufung der Beklagten gegen den Feststellungsausspruch zur Anwendung des § 41 Abs. 5 VBLS" zugelassen.
2
II. Zutreffend nimmt die Klägerin an, dass diese Revisionszulassung ihr Begehren nach einer vollen Anrechnung der Vordienstzeiten ihres Ehemannes bei Errechnung der Startgutschrift nicht erfasst. Es handelt sich insoweit um einen teilurteilsfähigen und mithin abtrennbaren Teil des Streitgegenstandes, den das Berufungsgericht von der Revisionszulassung wirksam ausnehmen konnte (vgl. BGHZ 161, 15, 18). Die diesbezüglich statthafte Nichtzulassungsbeschwerde war indes zurückzuweisen , weil sie nicht aufzeigt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
3
1. Nach dem Wortlaut des § 42 Abs. 2 Satz 1 lit. a, aa VBLS a.F. waren Vordienstzeiten, die in der ehemaligen DDR zurückgelegt worden waren, insgesamt nicht zu berücksichtigen, wenn die Pflichtversicherung des Versicherten - wie im Falle des Ehemannes der Klägerin - erst nach dem 2. Oktober 1990 begonnen hatte. Allerdings darf diese erst im Jahre 1995 aufgrund der 28. Änderung der früheren Satzung der Beklagten eingefügte Klausel aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht gegenüber Versicherten angewendet werden, die bereits vor dem 20. Oktober 1995 bei der Beklagten pflichtversichert waren (vgl. dazu Senatsurteil vom 27. September 2000 - IV ZR 140/99 - VersR 2000, 1530). Der Ehemann der Klägerin, der zu diesem geschützten Personenkreis gehört, musste sich deshalb nicht auf den vollständigen Ausschluss der Anrechnung seiner in der ehemaligen DDR zurückgelegten Vordienstzeiten verweisen lassen. Infolgedessen waren diese Vordienstzeiten jedoch nicht vollen Umfangs, sondern gemäß § 42 Abs. 2 Satz 1 VBLS in der vor der 28. Satzungsänderung vom 20. Oktober 1995 geltenden Fassung lediglich zur Hälfte zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil vom 11. Februar 2004 - IV ZR 52/02 - VersR 2004, 499 unter 2 b).
4
2. Mit seinem Urteil vom 24. September 2008 (BGHZ 178, 101 ff.) hat der Senat entschieden, dass die wegen der Systemumstellung des Betriebsrentensystems der Beklagten in deren neue Satzung (VBLS) aufgenommenen Überleitungsvorschriften für rentennahe Versicherte (§§ 78, 79 Abs. 2 VBLS) wirksam sind.
5
Damit sind zahlreiche im Zusammenhang mit den Startgutschriften aufgeworfene Rechtsfragen grundsätzlich geklärt. So ist es verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, dass für die Startgutschriften der rentennahen Versicherten so genannte Vordienstzeiten weiterhin zur Hälfte (vgl. § 79 Abs. 2 Satz 1 VBLS n.F., § 42 Abs. 2 Satz 1 VBLS a.F.) auf die gesamtversorgungsfähige Zeit angerechnet werden. Den rentennahen Versicherten werden hierdurch lediglich - anders als den rentenfernen Versicherten - die Vorteile der hälftigen Anrechnung von Vordienstzeiten zur Besitzstandswahrung belassen. Ein schützenswertes Vertrauen der Versicherten auf eine Vollanrechnung ist dagegen zu keiner Zeit begründet worden und kann sich auch nicht infolge des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 22. März 2000 (VersR 2000, 835) gebildet haben. Das Bundesverfassungsgericht hatte vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen, dass jegliche Anrechnung von Vordienstzeiten im Rahmen der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes aus Verfassungsgründen nicht zwingend geboten ist (Senatsurteil vom 24. September 2008 aaO Tz. 54 ff.).
6
III. Zu Unrecht nimmt die Klägerin an, das Berufungsgericht habe auch im Übrigen die Revision allein zugunsten der Beklagten zugelassen. Die Berufung der Beklagten hatte sich unter anderem umfassend gegen die Feststellung des Landgerichts gerichtet, der Klägerin sei die Witwenrente ohne Anwendung der Ruhensbestimmung des § 41 Abs. 5 VBLS n.F. zu gewähren. Dem hat das Oberlandesgericht teilweise stattgegeben , indem es die Ruhensbestimmung erst ab dem 1. Januar 2007 für anwendbar erklärt hat. Hierdurch ist die Klägerin beschwert. Ihre dagegen gerichtete Revision wird von der Revisionszulassung erfasst, denn die Änderung des der Klägerin in diesem Punkte günstigeren landgerichtlichen Urteils ist Folge der Berufung der Beklagten.
7
Für eine Nichtzulassungsbeschwerde ist deshalb kein Raum. Der Senat deutet die Beschwerde, die auch die Form und Fristen der §§ 548, 549, 551 ZPO wahrt, insoweit in eine (vom Berufungsgericht zugelassene ) Revision um und wird demnächst Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumen.
8
Vorsorglich weist er die Klägerin jedoch darauf hin, dass er nach vorläufiger Beratung der Sache den Ausführungen des Berufungsgerichts zur Wirksamkeit der Ruhensbestimmung ab Januar 2007 (Berufungsurteil S. 7 bis 13 oben) beitritt. Die Klägerin erhält insoweit Gelegenheit, binnen drei Wochen zu erklären, ob das Rechtsmittel weiterverfolgt werden soll.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Wendt Harsdorf-Gebhardt

Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 14.09.2007 - 6 O 250/06 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 30.09.2008 - 12 U 5/08 -

(1) Der Revisionskläger muss die Revision begründen.

(2) Die Revisionsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Revisionsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Revisionsgericht einzureichen. Die Frist für die Revisionsbegründung beträgt zwei Monate. Sie beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. § 544 Absatz 8 Satz 3 bleibt unberührt. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu zwei Monate verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Revisionskläger erhebliche Gründe darlegt; kann dem Revisionskläger innerhalb dieser Frist Einsicht in die Prozessakten nicht für einen angemessenen Zeitraum gewährt werden, kann der Vorsitzende auf Antrag die Frist um bis zu zwei Monate nach Übersendung der Prozessakten verlängern.

(3) Die Revisionsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Revisionsanträge);
2.
die Angabe der Revisionsgründe, und zwar:
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Revision darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
Ist die Revision auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde zugelassen worden, kann zur Begründung der Revision auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug genommen werden.

(4) § 549 Abs. 2 und § 550 Abs. 2 sind auf die Revisionsbegründung entsprechend anzuwenden.

(1) Der Revisionsbeklagte kann sich der Revision anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Revisionsanschlussschrift bei dem Revisionsgericht.

(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Revisionsbeklagte auf die Revision verzichtet hat, die Revisionsfrist verstrichen oder die Revision nicht zugelassen worden ist. Die Anschließung ist bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Revisionsbegründung zu erklären.

(3) Die Anschlussrevision muss in der Anschlussschrift begründet werden. § 549 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 und die §§ 550 und 551 Abs. 3 gelten entsprechend.

(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Revision zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.

3
1. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist nicht statthaft. Der Beschwerde unterliegen nur Urteile des Berufungsgerichts, in denen die Revision nicht zugelassen ist (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Sie setzt voraus, dass die Revision nicht ohnehin zulässig ist. Das ist hier der Fall. Gegen ein zweites Versäumnisurteil des Berufungsgerichts findet die Revision ohne Zulassung statt, §§ 565, 514 Abs. 2 ZPO (MünchKommZPO/Wenzel 3. Aufl. § 565 Rdn. 3; MünchKommZPO/Rimmelspacher 3. Aufl. § 539 Rdn. 20; Wieczorek/Schütze/Prütting, ZPO 3. Aufl. §§ 543 Rdn. 3, 542 Rdn. 51 und 565 Rdn. 3; Musielak/Ball, ZPO 5. Aufl. § 539 Rdn. 16 und § 543 Rdn. 2; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO 66.Aufl. §565 Rdn.3; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO 27. Aufl. § 565 Rdn. 2; Hk-ZPO/Kayser 2. Aufl.

Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme, über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage und über die Einforderung, Übersendung und Zurücksendung der Prozessakten sind auf die Revision entsprechend anzuwenden. Die Revision kann ohne Einwilligung des Revisionsbeklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Revisionsbeklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(1) Ein Versäumnisurteil kann von der Partei, gegen die es erlassen ist, mit der Berufung oder Anschlussberufung nicht angefochten werden.

(2) Ein Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, unterliegt der Berufung oder Anschlussberufung insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe. § 511 Abs. 2 ist nicht anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 264/17 Verkündet am:
5. Juli 2018
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
 
ZPO § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1
 
Eine unverschuldete Säumnis ist nicht gegeben, wenn die ordnungsgemäß geladene
Partei wegen der vermeintlich fehlerhaften Behandlung eines Befangenheitsgesuchs
der mündlichen Verhandlung fern bleibt.
Das Gericht ist nicht verpflichtet, das Verfahren bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
auszusetzen, wenn eine Partei gegen den Beschluss, durch
den ein Ablehnungsgesuch rechtskräftig abgewiesen wurde, Verfassungsbeschwerde
eingelegt hat.
BGH, Urteil vom 5. Juli 2018 - IX ZR 264/17 - OLG Bamberg
LG Hof
 
ECLI:DE:BGH:2018:050718UIXZR264.17.0
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein und Grupp, die Richterin Möhring sowie den Richter Dr. Schoppmeyer für Recht erkannt:
Die Revision gegen das zweite Versäumnisurteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 13. September 2017 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 19. September 2017 wird auf Kosten des Klägers verworfen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der klagende Rechtsanwalt macht gegen die Beklagte als frühere Mandantin aus verschiedenen Tätigkeiten herrührende Honorarforderungen geltend. Im Wege der Widerklage verlangt die Beklagte aus unterschiedlichen Rechtsgründen Zahlung. Das Landgericht hat Klage und Widerklage teilweise stattgegeben. Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien Berufung eingelegt.
2
In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht vom 26. April 2017 haben die Parteien ohne Widerrufsvorbehalt einen Vergleich geschlossen, nach dessen Inhalt sich der Kläger unter Abgeltung aller wechselseitigen Ansprüche zur Zahlung von insgesamt 16.700 € an die Beklagte verpflichtet hat. Durch Schriftsatz vom 3. Mai 2017 hat der Kläger den Vergleich zugleich angefochten und widerrufen. Das Berufungsgericht hat am 15. Mai 2017 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 5. Juli 2017 bestimmt. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 28. Juni 2017 die Mitglieder des erkennenden Berufungssenats wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Durch Beschluss vom 3. Juli 2017 ist dieses Gesuch in anderer Besetzung als unzulässig verworfen worden. Gegen den im Termin nicht erschienenen Kläger ist am 5. Juli 2017 ein Versäumnisurteil ergangen, nach dessen Inhalt der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 26. April 2017 erledigt ist. Der Kläger hat gegen dieses Urteil am 11. Juli 2017 Einspruch eingelegt. Das Berufungsgericht hat am 18. Juli 2017 Termin zur Verhandlung über den Einspruch sowie in der Sache auf den 13. September 2017 bestimmt.
3
Gegen die Abweisung des Befangenheitsgesuchs - weitere Ablehnungsanträge und Gegenvorstellungen sind ebenfalls ohne Erfolg geblieben - hat der Kläger nach eigener Darstellung am 9. August 2017 Verfassungsbeschwerde eingelegt. Durch Schriftsatz vom 1. September 2017 hat der Kläger mit dem Hinweis, dass sich unter anderem Verfassungsgerichte mit dem Vorgang befassten , die Aussetzung des Verfahrens sowie die Aufhebung des Termins vom 13. September 2017 beantragt. Diesen Antrag hat das Berufungsgericht mit Beschluss vom 12. September 2017, der dem Kläger am selben Tag bekannt gemacht worden ist, abgelehnt. Gegen den im Termin nicht erschienenen Kläger ist am 13. September 2017 ein zweites Versäumnisurteil ergangen, durch das sein Einspruch verworfen wurde. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision des Klägers ist zu verwerfen, weil sie nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 149/11, FamRZ 2012, 27; vom 26. November 2015 - VI ZR 488/14, BGHZ 208, 75; vom 7. Dezember 2017 - IX ZR 81/17, WM 2018, 445) nicht zulässig ist.
5
1. Das Rechtsmittel ist statthaft, denn gegen ein zweites Versäumnisurteil eines Berufungsgerichts findet die Revision ohne Zulassung und ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstands statt (BGH, Beschluss vom 3. März 2008 - II ZR 251/06, NJW-RR 2008, 876 Rn. 3; Urteil vom 8. Oktober 2015 - III ZR (Ü) 1/15, NJW 2015, 3661 Rn. 7).
6
2. Ein Versäumnisurteil kann von der Partei, gegen die es erlassen ist, gemäß § 565 Satz 1, § 514 Abs. 1 ZPO mit der Revision nicht angefochten werden. Ein (zweites) Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, unterliegt nach § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO der Revision insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe. Eine zulässige Revision setzt also die schlüssige Darlegung voraus, dass der Termin nicht schuldhaft versäumt worden sei (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 149/11, FamRZ 2012, 27 Rn. 5; vom 26. November 2015 - VI ZR 488/14, BGHZ 208, 75 Rn. 5). Wird die fehlende oder unverschuldete Säumnis nicht schlüssig dargelegt, ist die Revision als unzulässig zu verwerfen (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011, aaO; vom 26. November 2015, aaO).
7
a) So verhält es sich im Streitfall. Der Kläger hat den Termin vom 13. September 2017 nicht ohne Verschulden versäumt.
8
Eine Partei ist im Sinne von §§ 330 ff ZPO säumig, wenn sie trotz ordnungsgemäßer Bestimmung eines notwendigen Termins zur mündlichen Ver- handlung nach Aufruf der Sache am hierzu bestimmten Ort nicht erscheint, bei notwendiger Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht durch einen beim Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten ist oder nicht zur Sache verhandelt (BGH, Beschluss vom 26. November 2015, aaO Rn. 9). Nicht schuldhaft ist die Säumnis, wenn die Partei an der Wahrnehmung des Verhandlungstermins unverschuldet verhindert war (§§ 337, 233 ZPO, § 276 Abs. 2 BGB), mithin die Sorgfalt einer ordentlichen Prozesspartei gewahrt hat (BGH, aaO).
9
b) Eine unverschuldete Säumnis des Klägers im Termin vom 13. September 2017 macht die Revision nicht geltend. Insbesondere rügt sie nicht, der Termin sei nicht ordnungsgemäß bestimmt gewesen (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 lit. b ZPO). Ebenso wird die ordnungsgemäße Ladung des Klägers zu dem Termin zur mündlichen Verhandlung über den Einspruch von der Revision nicht in Frage gestellt. Ferner räumt die Revision ein, dass der Kläger noch am 12. September 2017 von dem Gericht dahin unterrichtet wurde, dass seinem Aussetzungsantrag nicht stattgegeben wurde.
10
c) Der Kläger durfte nicht darauf vertrauen, dass das Verfahren entsprechend seinem Antrag ausgesetzt (§ 148 ZPO) und der Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13. September 2017 nicht stattfinden würde.
11
aa) Das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen die erkennenden Mitglieder des Berufungsgerichts war durch Beschluss des Oberlandesgerichts vom 3. Juli 2017 mangels Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtskräftig zurückgewiesen worden (BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, NJW 2009, 833 Rn. 12). Nach rechtskräftiger Abweisung des Gesuchs durften die abgelehnten Richter gemäß § 47 ZPO in der Sache wieder uneingeschränkt tätig werden (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Juli 2004 - IX ZB 280/03, ZVI 2004, 753, 754; vom 15. Juni 2010 - XI ZB 33/09, NJW-RR 2011, 427 Rn. 17). Die Einlegung einer Verfassungsbeschwerde (§ 90 Abs. 1 BVerfGG) steht einer Erledigung des Ablehnungsgesuches nicht entgegen (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2010, aaO Rn. 18), weil sie als außerordentlicher Rechtsbehelf die Rechtskraft der Entscheidung nicht berührt (vgl. BVerfGE 93, 381, 385).
12
bb) Zudem durfte sich der Kläger ausweislich der gerichtlichen Mitteilung vom 12. September 2017, nach deren Inhalt der Aussetzungsantrag abgelehnt wurde, nicht darauf verlassen, dass der Termin vom 13. September 2017 aufgehoben wird (vgl. BGH, Beschluss vom 26. November 2015 - VI ZR 488/14, BGHZ 208, 75 Rn. 10). Schon daher fehlt es an einer unverschuldeten Säumnis. Zudem war eine Veranlassung für eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 148 ZPO für das Berufungsgericht nicht gegeben, nachdem der Kläger gegen die rechtskräftige Ablehnung seines Befangenheitsantrags Verfassungsbeschwerde erhoben hatte.
13
(1) Die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes oder einer gerichtlichen Entscheidung bildet bereits kein Rechtsverhältnis im Sinne des § 148 ZPO, sondern eine Rechtsfrage (BGH, Beschluss vom 25. März 1998 - VIII ZR 337/97, NJW 1998, 1957). Ist die Verfassungsmäßigkeit eines entscheidungserheblichen Gesetzes bereits Gegenstand einer anhängigen Verfassungsbeschwerde (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG) oder Richtervorlage (Art. 100 Abs. 1 GG), ist die Aussetzung des Verfahrens aus prozessökonomischen Gründen in entsprechender Anwendung des § 148 ZPO ohne gleichzeitige Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (Art. 100 Abs. 1 GG) zulässig, solange sich das erkennende Gericht nicht von der Verfassungswidrigkeit des entscheidungserheblichen Gesetzes überzeugt hat (BGH, aaO; Beschluss vom 18. Juli 2000 - VIII ZR 323/99, RdE 2001, 20; vom 30. März 2005 - X ZB 26/04, BGHZ 162, 373, 376). Denn wird das entscheidungserhebliche Gesetz für nichtig erklärt, wirkt dies allgemein und beeinflusst damit notwendigerweise das ausgesetzte Verfahren rechtlich (BGH, Beschluss vom 30. März 2005, aaO).
14
(2) Diese ausnahmsweise eine analoge Anwendung des § 148 ZPO gestattenden Erwägungen sind auf die vorliegende Gestaltung nicht übertragbar. Mit der Verfassungsbeschwerde greift der Kläger die nach den Entscheidungen des Berufungsgerichts rechtskräftige Zurückweisung seines Befangenheitsantrages gegen die zweitinstanzlich tätigen Richter an. Das Ablehnungsgesuch des Klägers ist durch den Eintritt der Rechtskraft des die Befangenheit verneinenden Beschlusses des Oberlandesgerichts ungeachtet der von ihm eingelegten Verfassungsbeschwerde erledigt (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2010 - XI ZB 33/09, NJW-RR 2011, 427 Rn. 18). Erlangt die Entscheidung über die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs Rechtskraft, ist dem Verfahren Fortgang zu geben. Eine Aussetzung des Verfahrens würde die Rechtskraft der für das weitere Verfahren bindenden Entscheidung unterlaufen (vgl. BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, NJW 2009, 833 Rn. 19). Würde das Vorgehen des Klägers Schule machen, bestünde die naheliegende Gefahr, dass Verfahrensbeteiligte durch die Erhebung von Verfassungsbeschwerden gegen Zwischenentscheidungen den Erlass der Hauptsacheentscheidung hinauszuzögern suchen. Will die Partei die Fortsetzung des Verfahrens hindern, bleibt ihr allein die rechtliche Möglichkeit, mit der Verfassungsbeschwerde gegen die Ablehnung des Befangenheitsgesuchs einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 32 BVerfGG) zu verbinden (BVerfGE 55, 1, 3 ff).
15
d) Unter Beachtung der maßgeblichen Rechtslage musste der Kläger, um ein zweites Versäumnisurteil zu vermeiden, zu dem anberaumten Termin erscheinen und zur Sache verhandeln. Da dies nicht geschehen ist, scheidet eine unverschuldete Säumnis aus.
16
3. Eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung der Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO dahin, dass sie auch dann anzuwenden sind, wenn die schuldhaft säumige Partei mit der Revision geltend macht, das erkennende Gericht sei bei Erlass des zweiten Versäumnisurteils nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, weil es die Ablehnungsgesuche der Partei zu Unrecht als unzulässig verworfen habe, lassen der Bedeutungszusammenhang der Vorschriften und ihr Sinn und Zweck nicht zu (BGH, Beschluss vom 26. November 2015 - VI ZR 488/14, BGHZ 208, 75 Rn. 11).
17
a) Das Säumnisverfahren ist Folge des Mündlichkeitsprinzips und der Verhandlungsmaxime. Eine Partei könnte den Fortgang des Verfahrens blockieren , wenn sie nicht zum Termin erscheint oder nicht zur Sache verhandelt. Die Zivilprozessordnung knüpft daher nachteilige Rechtsfolgen an die Säumnis. Ein erstes Versäumnisurteil kann noch im Wege des Einspruchs aus der Welt geschafft werden (§ 342 ZPO). Um zu verhindern, dass der Einspruch "ein bequemes Mittel zur Verschleppung der Prozesse" wird, hat der historische Gesetzgeber seine wiederholte Zulassung jedoch beschränkt. Erscheint die Partei nach rechtzeitigem Einspruch gegen das (erste) Versäumnisurteil erneut nicht zur mündlichen Verhandlung über den Einspruch oder erscheint sie zwar, ist sie aber nicht ordnungsgemäß vertreten oder verhandelt sie nicht, hat das Gericht nur noch die Voraussetzungen der wiederholten Säumnis, insbesondere die ordnungsgemäße Ladung zum Termin, zu prüfen, bevor es den Einspruch durch (zweites) Versäumnisurteil verwirft (§ 345 ZPO). Ein weiterer Einspruch findet nicht statt (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 149/11, FamRZ 2012, 27 Rn. 9; vom 26. November 2015, aaO Rn. 12; vom 7. Dezember 2017 - IX ZR 81/17, WM 2018, 445 Rn. 4).
18
b) Die Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil gemäß § 514 Abs. 2 ZPO kann folgerichtig nur die Zulässigkeit des Versäumnisurteils betreffen. Eine Erweiterung der Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts hat der Bundesgerichtshof wiederholt abgelehnt. Die Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil kann nicht darauf gestützt werden, dass bei Erlass des ersten Versäumnisurteils ein Fall der Säumnis nicht vorgelegen habe. Sie kann auch nicht auf die fehlende Schlüssigkeit der Klage gestützt werden (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 10; vom 26. November 2015, aaO Rn. 13). Die an die wiederholte Säumnis einer Partei geknüpfte Sanktion des § 514 Abs. 2 ZPO steht in einer Reihe mit weiteren gesetzlichen Regelungen im Versäumnisverfahren (§ 708 Nr. 2, § 340 Abs. 3, § 341 Abs. 1 ZPO), die sämtlich darauf hinauslaufen , eine Partei, gegen die ein Versäumnisurteil erlassen ist, im Interesse der Prozessbeschleunigung zu besonders sorgfältiger Prozessführung zu veranlassen. Bleibt die Partei erneut schuldhaft säumig, ist es nur konsequent, an dieses Fehlverhalten die schärfere Sanktion des endgültigen Prozessverlustes zu knüpfen (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 10; vom 26. November 2015, aaO Rn. 13).
19
c) Eine erweiternde Auslegung der Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist nicht möglich. Es handelt sich bei der Beanstandung der ordnungsgemäßen Besetzung des erkennenden Gerichts (§ 547 Nr. 1 ZPO) zwar nicht nur um eine Rüge, die das Gericht, das über den Einspruch zu befinden hat, wegen der Säumnis der Partei nicht zu prüfen hätte. Die ordnungsgemäße Besetzung ist vielmehr vor Erlass des zweiten Versäumnisurteils von Amts wegen zu prüfen. Einer erweiternden Auslegung der Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO dahin, dass sie dem Revisionsgericht die Möglichkeit der Überprüfung der Entscheidungen des Berufungsgerichts über die Ablehnungsgesuche der schuldhaft säumigen Partei eröffnet, steht aber ihr Sinn und Zweck entgegen (BGH, Beschluss vom 26. November 2015, aaO Rn. 14).
20
d) Die Regelungen der § 514 Abs. 2 Satz 1, § 565 Satz 1 ZPO dienen nicht allgemein der Korrektur von Rechtsanwendungsfehlern. Sie stellen eng auszulegende Ausnahmevorschriften dar, die lediglich die Überprüfung ermöglichen sollen, ob eine schuldhafte Säumnis tatsächlich vorgelegen hat, mithin die Sanktion des endgültigen Prozessverlustes gerechtfertigt ist. Ansonsten sollen sie einer Verschleppung des Rechtsstreits vorbeugen. Eine Anwendung der Vorschriften auch für den Fall, dass die schuldhaft säumige Partei in der Revision die unrichtige Behandlung ihrer Ablehnungsgesuche durch das Berufungsgericht rügt, steht diesem Ziel entgegen (BGH, Beschluss vom 26. November 2015, aaO Rn. 16; vom 7. Dezember 2017- IX ZR 81/17, WM 2018, 445 Rn. 6).
21
e) Die Vorschrift des § 514 Abs. 2 ZPO entspringt nicht der grundsätzlichen Wertung, dass ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör oder gegen andere Verfahrensgrundrechte bereits für sich allein die Berufung oder die Revision ermöglichen soll. Vielmehr geht es lediglich um die Regelung des Sonderfalls der (unverschuldeten) Säumnis (BGH, Beschluss vom 26. November 2015, aaO Rn. 18; vom 7. Dezember 2017, aaO Rn. 7).
22
4. Ist im Ergebnis die Revision nicht zulässig, so kann dem Revisionsgericht die Möglichkeit zu einer Nachprüfung der vorschriftsmäßigen Besetzung des Berufungsgerichts auch nicht deshalb eröffnet werden, weil der dahin zie- lende Angriff möglicherweise zugleich einen Nichtigkeitsgrund nach § 579 Abs. 1 ZPO darstellt. Auch das Vorliegen von Nichtigkeitsgründen kann in der Revisionsinstanz nur nachgeprüft werden, wenn die Revision überhaupt zulässig ist (BGH, Beschluss vom 26. November 2015, aaO Rn. 19).
Kayser Gehrlein Grupp Möhring Schoppmeyer Vorinstanzen: LG Hof, Entscheidung vom 26.04.2016 - 15 O 5/12 - OLG Bamberg, Entscheidung vom 13.09.2017 - 3 U 99/16 -

Tenor

Die Revision gegen das zweite Versäumnisurteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 16. Oktober 2014 wird auf Kosten der Klägerin verworfen.

Streitwert: 67.719 €

Gründe

I.

1

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage durch Versäumnisurteil abgewiesen und den Einspruch der Klägerin durch zweites Versäumnisurteil verworfen. Die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht durch Versäumnisurteil vom 9. April 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. J., der Richterin am Oberlandesgericht W.-R. und des Richters am Oberlandesgericht E. zurückgewiesen, nachdem zuvor ein unter anderem gegen den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. J. gerichtetes Ablehnungsgesuch der Klägerin unter Beteiligung der Richterin am Oberlandesgericht W.-R. und des Richters am Oberlandesgericht E. zurückgewiesen worden war.

2

Ein gegen die vorbezeichneten Richter gerichtetes erneutes Ablehnungsgesuch der Klägerin vom 28. April 2014 haben diese mit Beschluss vom 22. August 2014 als unzulässig verworfen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 15. Oktober 2014 erschien die Klägerin ohne einen Prozessbevollmächtigten und überreichte ein erneutes, auf den 14. Oktober 2014 datiertes Ablehnungsgesuch. Mit Beschluss und zweitem Versäumnisurteil vom 16. Oktober 2014 haben die vorbezeichneten Richter sowohl das Ablehnungsgesuch als auch den Einspruch der Klägerin verworfen.

3

Gegen das zweite Versäumnisurteil wendet sich die Klägerin mit der Revision. Sie macht geltend, das Berufungsgericht sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, weil die Richter über die Ablehnungsgesuche vom 28. April und 14. Oktober 2014 nicht selbst hätten entscheiden dürfen.

II.

4

Die Revision der Klägerin ist zu verwerfen, weil sie nicht statthaft ist.

5

Ein Versäumnisurteil kann von der Partei, gegen die es erlassen ist, mit der Revision nicht angefochten werden, § 565 Satz 1, § 514 Abs. 1 ZPO. Ein (zweites) Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, unterliegt der Revision insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe, § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Eine zulässige Revision setzt also die schlüssige Darlegung voraus, dass der Termin nicht schuldhaft versäumt worden sei (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 149/11, FamRZ 2012, 27 Rn. 5 - zu § 514 Abs. 2 ZPO). Wird die fehlende oder unverschuldete Säumnis nicht schlüssig dargelegt, ist die Revision als unzulässig zu verwerfen.

6

Die Revision verkennt dies nicht. Sie meint jedoch, die Revision sei auch dann statthaft, wenn sie - wie hier - darauf gestützt werde, dass der absolute Revisionsgrund des § 547 Nr. 1 ZPO vorliege, weil die Ablehnungsgesuche der betroffenen Partei zu Unrecht als unzulässig verworfen worden seien. Das trifft indes nicht zu.

7

1. Es kann dahinstehen, ob die Rüge der Revision zu Recht auf den Fall des § 547 Nr. 1 ZPO zielt, oder nicht vielmehr eine Rüge im Hinblick auf § 547 Nr. 3 ZPO hätte erhoben werden müssen (vgl. BGH, Urteil vom 9. November 1992 - II ZR 230/91, BGHZ 120, 141, 144; Prütting in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 547 Rn. 14; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Aufl., § 547 Rn. 10 aE). Denn die Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO können nicht dahin ausgelegt werden, dass eine schlüssige Darlegung der fehlenden oder unverschuldeten Säumnis auch dann vorliegt, wenn der in der Berufungsinstanz schuldhaft säumige Revisionskläger rügt, das erkennende Gericht sei bei Erlass des zweiten Versäumnisurteils nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, weil es seine Ablehnungsgesuche zu Unrecht als unzulässig verworfen habe (§ 547 Nr. 1, § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

8

a) Einer solchen Auslegung steht der Wortlaut der Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO entgegen.

9

aa) Eine Partei ist im Sinne von §§ 330 ff. ZPO säumig, wenn sie trotz ordnungsgemäßer Bestimmung eines notwendigen Termins zur mündlichen Verhandlung nach Aufruf der Sache am hierzu bestimmten Ort nicht erscheint, bei notwendiger Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht durch einen beim Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten ist oder nicht zur Sache verhandelt (BGH, Beschlüsse vom 6. Mai 1999 - V ZB 1/99, BGHZ 141, 351, 354 mwN; vom 20. Dezember 2010 - VII ZB 72/09, NJW 2011, 928 Rn. 11, 14; Adolphsen/Dickler, ZZP 125 (2012), 463, 471). Nicht schuldhaft ist die Säumnis, wenn die Partei an der Wahrnehmung des Verhandlungstermins unverschuldet verhindert war (§§ 337, 233 ZPO, § 276 Abs. 2 BGB), mithin die Sorgfalt einer ordentlichen Prozesspartei gewahrt hat (BGH, Urteil vom 22. März 2007 - IX ZR 100/06, NJW 2007, 2047 Rn. 6 mwN; Gerken in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 514 Rn. 16 f.; PG/Lemke, ZPO, 7. Aufl., § 514 Rn. 10; Althammer in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 514 Rn. 8).

10

bb) Dass die Säumnis der Klägerin im Termin vom 15. Oktober 2014 in diesem Sinne unverschuldet gewesen sei, macht die Revision nicht geltend. Insbesondere rügt sie nicht, der Termin sei nicht ordnungsgemäß bestimmt gewesen (§ 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b ZPO). Die Klägerin durfte entgegen der Ansicht der Revision auch nicht davon ausgehen, dass der Termin zur mündlichen Verhandlung am 15. Oktober 2014 nicht stattfinden werde. Denn nach der Vorschrift des § 47 Abs. 2 ZPO kann der Termin unter Mitwirkung des abgelehnten Richters fortgesetzt werden, wenn ein Richter - wie hier - während der Verhandlung abgelehnt wird und die Entscheidung über die Ablehnung eine Vertagung der Verhandlung erfordern würde. Selbst wenn - was die Revision schon nicht darlegt - der Ablehnungsantrag unmittelbar vor Beginn der mündlichen Verhandlung per Telefax bei Gericht eingegangen sein sollte, durfte die Klägerin sich nicht darauf verlassen, dass der Termin aufgehoben werde.

11

b) Eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung der Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO dahin, dass sie auch dann anzuwenden sind, wenn die schuldhaft säumige Partei mit der Revision geltend macht, das erkennende Gericht sei bei Erlass des zweiten Versäumnisurteils nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, weil es die Ablehnungsgesuche der Partei zu Unrecht als unzulässig verworfen habe, lassen der Bedeutungszusammenhang der Vorschriften und ihr Sinn und Zweck nicht zu.

12

aa) Das Säumnisverfahren ist Folge des Mündlichkeitsprinzips und der Verhandlungsmaxime (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 149/11, FamRZ 2012, 27 Rn. 9). Eine Partei könnte den Fortgang des Verfahrens blockieren, wenn sie nicht zum Termin erscheint oder nicht zur Sache verhandelt. Die Zivilprozessordnung knüpft daher nachteilige Folgen an die Säumnis. Ist der Kläger säumig, ist die Klage ohne Sachprüfung abzuweisen (§ 330 ZPO). Ein erstes Versäumnisurteil kann noch im Wege des Einspruchs aus der Welt geschafft werden (§ 342 ZPO). Um zu verhindern, dass der Einspruch "ein bequemes Mittel zur Verschleppung der Prozesse" wird, hat der historische Gesetzgeber seine wiederholte Zulassung jedoch beschränkt (BGH, aaO, mwN; Urteil vom 3. März 2008 - II ZR 251/06, VersR 2009, 802 Rn. 13 aE). Erscheint die Partei nach rechtzeitigem Einspruch gegen das erste Versäumnisurteil erneut nicht zur mündlichen Verhandlung oder erscheint sie zwar, ist sie aber nicht ordnungsgemäß vertreten oder verhandelt sie nicht, so hat das Gericht nur noch die Voraussetzungen der wiederholten Säumnis, insbesondere die ordnungsgemäße Ladung zum Termin zu prüfen, bevor es den Einspruch durch (zweites) Versäumnisurteil verwirft (§ 345 ZPO; BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011, aaO).

13

bb) Die Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil gemäß § 514 Abs. 2 ZPO kann folgerichtig nur die Zulässigkeit des Versäumnisurteils betreffen (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 149/11, FamRZ 2012, 27 Rn. 10 mwN). Eine Erweiterung der Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts hat der Bundesgerichtshof wiederholt abgelehnt. So kann die Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil nicht darauf gestützt werden, dass bei Erlass des ersten Versäumnisurteils ein Fall der Säumnis nicht vorgelegen habe (BGH, Beschluss vom 16. April 1986 - VIII ZB 26/85, BGHZ 97, 341) oder die Klage nicht schlüssig sei (BGH, Beschluss vom 6. Mai 1999 - V ZB 1/99, BGHZ 141, 351). Eine Ausnahme hiervon ist wegen § 700 Abs. 6, § 331 Abs. 1, 2, § 345 ZPO nur für das einen Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid verwerfende (zweite) Versäumnisurteil anerkannt (BGH, Urteil vom 25. Oktober 1990 - IX ZR 62/90, BGHZ 112, 367, 371 ff.). Die an die wiederholte Säumnis einer Partei geknüpfte Sanktion des § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO steht in einer Reihe mit weiteren gesetzlichen Regelungen im Versäumnisverfahren (§ 708 Nr. 2, § 340 Abs. 3, § 341 Abs. 1 ZPO), die sämtlich darauf hinauslaufen, eine Partei, gegen die ein Versäumnisurteil erlassen ist, im Interesse der Prozessbeschleunigung zu besonders sorgfältiger Prozessführung zu veranlassen. Bleibt die Partei erneut schuldhaft säumig, ist es nur konsequent, an dieses Fehlverhalten die schärfere Sanktion des endgültigen Prozessverlustes zu knüpfen (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 149/11, FamRZ 2012, 27 Rn. 10 mwN; Adolphsen/Dickler, ZZP 125 (2012), 463, 470).

14

cc) Vor diesem Hintergrund ist entgegen der Ansicht der Revision eine erweiternde Auslegung der Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht möglich. Es handelt sich bei der Beanstandung der ordnungsgemäßen Besetzung des erkennenden Gerichts (§ 547 Nr. 1 ZPO) zwar nicht nur um eine Rüge, die das Gericht, das über den Einspruch zu befinden hat, wegen der Säumnis der Partei nicht zu prüfen hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 149/11, FamRZ 2012, 27 Rn. 12). Die ordnungsgemäße Besetzung ist vielmehr vor Erlass des zweiten Versäumnisurteils von Amts wegen zu prüfen. Einer erweiternden Auslegung der Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO dahin, dass sie dem Revisionsgericht die Möglichkeit der Überprüfung der Entscheidungen des Berufungsgerichts über die Ablehnungsgesuche der schuldhaft säumigen Partei eröffnet, steht aber ihr Sinn und Zweck entgegen. Eine solche Auslegung würde zudem zu einem nicht hinnehmbaren Wertungswiderspruch führen.

15

(1) Soweit der Bundesgerichtshof angenommen hat, das mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachte Vorliegen eines der absoluten Revisionsgründe des § 547 Nrn. 1 bis 4 ZPO gebiete die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO; BGH, Beschluss vom 15. Mai 2007 - X ZR 20/05, BGHZ 172, 250 Rn. 8 ff.), hat er betont, dass dieser Zulassungsgrund auch dazu dient, die Korrektur von Rechtsanwendungsfehlern zu ermöglichen, die über den Einzelfall hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren.

16

(2) So liegt es aber im hier fraglichen Fall der Revision gegen ein zweites Versäumnisurteil, die darauf gestützt wird, die Ablehnungsgesuche der Klägerin seien zu Unrecht als unzulässig verworfen worden, nicht. Die Vorschriften der § 514 Abs. 2 Satz 1, § 565 Satz 1 ZPO dienen - wie gezeigt - nicht allgemein der Korrektur von Rechtsanwendungsfehlern. Sie stellen eng auszulegende Ausnahmevorschriften dar, die lediglich die Überprüfung ermöglichen sollen, ob eine schuldhafte Säumnis tatsächlich vorgelegen hat, mithin die Sanktion des endgültigen Prozessverlustes gerechtfertigt ist (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 1989 - III ZR 111/88, NJW 1990, 838, 839 unter II 3 a; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Aufl., § 514 Rn. 2; Gerken in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 514 Rn. 7; MünchKommZPO/Rimmelspacher, 4. Aufl., § 514 Rn. 17 aE). Ansonsten sollen sie einer Verschleppung des Rechtsstreits vorbeugen. Eine Anwendung der Vorschriften auch auf den Fall, dass die schuldhaft säumige Partei in der Revision die unrichtige Behandlung ihrer Ablehnungsgesuche durch das Berufungsgericht rügt, steht diesem Ziel entgegen. Im Übrigen hatte schon der historische Gesetzgeber eine Ergänzung des (heutigen) § 514 Abs. 2 ZPO dahin, die Berufung auch dann zuzulassen, wenn der erstinstanzliche Richter ein "Urtheil gegeben habe, welches er ex officio hätte vermeiden müssen", abgelehnt (Hahn, Mat. II, S. 708 f. zu § 454).

17

(3) Eine erweiternde Auslegung würde zudem zu einem nicht mehr hinnehmbaren Wertungswiderspruch führen. Denn es ist seit der Änderung des § 514 Abs. 2 ZPO513 Abs. 2 ZPO aF) durch das Gesetz zur Vereinfachung und Beschleunigung gerichtlicher Verfahren vom 3. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3281) anerkannt, dass die Revision nach den Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 ZPO ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstandes oder eine Zulassung zulässig ist (BGH, Urteil vom 8. Oktober 2015 - III ZR (Ü) 1/15 Rn. 7; Beschluss vom 3. März 2008 - II ZR 251/06, NJW-RR 2008, 876 Rn. 3; Urteil vom 11. Oktober 1978 - IV ZR 101/77, NJW 1979, 166). Damit würde aber dem in der Berufungsinstanz zweifach schuldhaft säumigen Revisionskläger entgegen den Vorschriften der § 46 Abs. 2, § 567 Abs. 1, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO eine Überprüfung der in der Berufungsinstanz getroffenen Entscheidungen über seine Ablehnungsgesuche in der Revision sogar dann ermöglicht, wenn eine ordnungsgemäß verhandelnde Partei eine solche nicht - nicht einmal inzident (§ 543 Abs. 1, § 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO) - erreichen könnte.

18

2. Eine analoge Anwendung der Regelungen der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO auf den hier vorliegenden, von ihrem Wortsinn nicht mehr erfassten Sachverhalt kommt nicht in Betracht. Eine Analogie scheidet unabhängig von der Frage, ob das Gesetz eine Lücke aufweist, aus. Denn § 514 Abs. 2 ZPO entspringt nicht der grundsätzlichen Wertung, dass ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör oder gegen andere Verfahrensgrundrechte bereits für sich allein die Berufung oder die Revision ermöglichen soll. Vielmehr geht es lediglich um die Regelung des Sonderfalls der (unverschuldeten) Säumnis (BGH, Urteil vom 19. Oktober 1989 - III ZR 111/88, NJW 1990, 838, 839 unter II 3 b). Die Klägerin war hier aber schuldhaft säumig.

19

3. Ist im Ergebnis die Revision nicht statthaft, so kann dem Revisionsgericht die Möglichkeit zu einer Nachprüfung der vorschriftsmäßigen Besetzung des Berufungsgerichts auch nicht deshalb eröffnet werden, weil der dahin zielende Angriff möglicherweise zugleich einen Nichtigkeitsgrund nach § 579 Abs. 1 ZPO darstellt. Auch das Vorliegen von Nichtigkeitsgründen kann in der Revisionsinstanz nur nachgeprüft werden, wenn die Revision überhaupt zulässig ist (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 1951 - II ZR 16/51, BGHZ 2, 278, 280 f.; Jacobs in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 547 Rn. 4).

Galke                       Stöhr                      Offenloch

              Oehler                       Roloff

Einer Partei, die den Einspruch eingelegt hat, aber in der zur mündlichen Verhandlung bestimmten Sitzung oder in derjenigen Sitzung, auf welche die Verhandlung vertagt ist, nicht erscheint oder nicht zur Hauptsache verhandelt, steht gegen das Versäumnisurteil, durch das der Einspruch verworfen wird, ein weiterer Einspruch nicht zu.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 264/17 Verkündet am:
5. Juli 2018
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
 
ZPO § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1
 
Eine unverschuldete Säumnis ist nicht gegeben, wenn die ordnungsgemäß geladene
Partei wegen der vermeintlich fehlerhaften Behandlung eines Befangenheitsgesuchs
der mündlichen Verhandlung fern bleibt.
Das Gericht ist nicht verpflichtet, das Verfahren bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
auszusetzen, wenn eine Partei gegen den Beschluss, durch
den ein Ablehnungsgesuch rechtskräftig abgewiesen wurde, Verfassungsbeschwerde
eingelegt hat.
BGH, Urteil vom 5. Juli 2018 - IX ZR 264/17 - OLG Bamberg
LG Hof
 
ECLI:DE:BGH:2018:050718UIXZR264.17.0
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein und Grupp, die Richterin Möhring sowie den Richter Dr. Schoppmeyer für Recht erkannt:
Die Revision gegen das zweite Versäumnisurteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 13. September 2017 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 19. September 2017 wird auf Kosten des Klägers verworfen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der klagende Rechtsanwalt macht gegen die Beklagte als frühere Mandantin aus verschiedenen Tätigkeiten herrührende Honorarforderungen geltend. Im Wege der Widerklage verlangt die Beklagte aus unterschiedlichen Rechtsgründen Zahlung. Das Landgericht hat Klage und Widerklage teilweise stattgegeben. Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien Berufung eingelegt.
2
In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht vom 26. April 2017 haben die Parteien ohne Widerrufsvorbehalt einen Vergleich geschlossen, nach dessen Inhalt sich der Kläger unter Abgeltung aller wechselseitigen Ansprüche zur Zahlung von insgesamt 16.700 € an die Beklagte verpflichtet hat. Durch Schriftsatz vom 3. Mai 2017 hat der Kläger den Vergleich zugleich angefochten und widerrufen. Das Berufungsgericht hat am 15. Mai 2017 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 5. Juli 2017 bestimmt. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 28. Juni 2017 die Mitglieder des erkennenden Berufungssenats wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Durch Beschluss vom 3. Juli 2017 ist dieses Gesuch in anderer Besetzung als unzulässig verworfen worden. Gegen den im Termin nicht erschienenen Kläger ist am 5. Juli 2017 ein Versäumnisurteil ergangen, nach dessen Inhalt der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 26. April 2017 erledigt ist. Der Kläger hat gegen dieses Urteil am 11. Juli 2017 Einspruch eingelegt. Das Berufungsgericht hat am 18. Juli 2017 Termin zur Verhandlung über den Einspruch sowie in der Sache auf den 13. September 2017 bestimmt.
3
Gegen die Abweisung des Befangenheitsgesuchs - weitere Ablehnungsanträge und Gegenvorstellungen sind ebenfalls ohne Erfolg geblieben - hat der Kläger nach eigener Darstellung am 9. August 2017 Verfassungsbeschwerde eingelegt. Durch Schriftsatz vom 1. September 2017 hat der Kläger mit dem Hinweis, dass sich unter anderem Verfassungsgerichte mit dem Vorgang befassten , die Aussetzung des Verfahrens sowie die Aufhebung des Termins vom 13. September 2017 beantragt. Diesen Antrag hat das Berufungsgericht mit Beschluss vom 12. September 2017, der dem Kläger am selben Tag bekannt gemacht worden ist, abgelehnt. Gegen den im Termin nicht erschienenen Kläger ist am 13. September 2017 ein zweites Versäumnisurteil ergangen, durch das sein Einspruch verworfen wurde. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision des Klägers ist zu verwerfen, weil sie nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 149/11, FamRZ 2012, 27; vom 26. November 2015 - VI ZR 488/14, BGHZ 208, 75; vom 7. Dezember 2017 - IX ZR 81/17, WM 2018, 445) nicht zulässig ist.
5
1. Das Rechtsmittel ist statthaft, denn gegen ein zweites Versäumnisurteil eines Berufungsgerichts findet die Revision ohne Zulassung und ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstands statt (BGH, Beschluss vom 3. März 2008 - II ZR 251/06, NJW-RR 2008, 876 Rn. 3; Urteil vom 8. Oktober 2015 - III ZR (Ü) 1/15, NJW 2015, 3661 Rn. 7).
6
2. Ein Versäumnisurteil kann von der Partei, gegen die es erlassen ist, gemäß § 565 Satz 1, § 514 Abs. 1 ZPO mit der Revision nicht angefochten werden. Ein (zweites) Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, unterliegt nach § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO der Revision insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe. Eine zulässige Revision setzt also die schlüssige Darlegung voraus, dass der Termin nicht schuldhaft versäumt worden sei (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 149/11, FamRZ 2012, 27 Rn. 5; vom 26. November 2015 - VI ZR 488/14, BGHZ 208, 75 Rn. 5). Wird die fehlende oder unverschuldete Säumnis nicht schlüssig dargelegt, ist die Revision als unzulässig zu verwerfen (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011, aaO; vom 26. November 2015, aaO).
7
a) So verhält es sich im Streitfall. Der Kläger hat den Termin vom 13. September 2017 nicht ohne Verschulden versäumt.
8
Eine Partei ist im Sinne von §§ 330 ff ZPO säumig, wenn sie trotz ordnungsgemäßer Bestimmung eines notwendigen Termins zur mündlichen Ver- handlung nach Aufruf der Sache am hierzu bestimmten Ort nicht erscheint, bei notwendiger Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht durch einen beim Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten ist oder nicht zur Sache verhandelt (BGH, Beschluss vom 26. November 2015, aaO Rn. 9). Nicht schuldhaft ist die Säumnis, wenn die Partei an der Wahrnehmung des Verhandlungstermins unverschuldet verhindert war (§§ 337, 233 ZPO, § 276 Abs. 2 BGB), mithin die Sorgfalt einer ordentlichen Prozesspartei gewahrt hat (BGH, aaO).
9
b) Eine unverschuldete Säumnis des Klägers im Termin vom 13. September 2017 macht die Revision nicht geltend. Insbesondere rügt sie nicht, der Termin sei nicht ordnungsgemäß bestimmt gewesen (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 lit. b ZPO). Ebenso wird die ordnungsgemäße Ladung des Klägers zu dem Termin zur mündlichen Verhandlung über den Einspruch von der Revision nicht in Frage gestellt. Ferner räumt die Revision ein, dass der Kläger noch am 12. September 2017 von dem Gericht dahin unterrichtet wurde, dass seinem Aussetzungsantrag nicht stattgegeben wurde.
10
c) Der Kläger durfte nicht darauf vertrauen, dass das Verfahren entsprechend seinem Antrag ausgesetzt (§ 148 ZPO) und der Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13. September 2017 nicht stattfinden würde.
11
aa) Das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen die erkennenden Mitglieder des Berufungsgerichts war durch Beschluss des Oberlandesgerichts vom 3. Juli 2017 mangels Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtskräftig zurückgewiesen worden (BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, NJW 2009, 833 Rn. 12). Nach rechtskräftiger Abweisung des Gesuchs durften die abgelehnten Richter gemäß § 47 ZPO in der Sache wieder uneingeschränkt tätig werden (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Juli 2004 - IX ZB 280/03, ZVI 2004, 753, 754; vom 15. Juni 2010 - XI ZB 33/09, NJW-RR 2011, 427 Rn. 17). Die Einlegung einer Verfassungsbeschwerde (§ 90 Abs. 1 BVerfGG) steht einer Erledigung des Ablehnungsgesuches nicht entgegen (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2010, aaO Rn. 18), weil sie als außerordentlicher Rechtsbehelf die Rechtskraft der Entscheidung nicht berührt (vgl. BVerfGE 93, 381, 385).
12
bb) Zudem durfte sich der Kläger ausweislich der gerichtlichen Mitteilung vom 12. September 2017, nach deren Inhalt der Aussetzungsantrag abgelehnt wurde, nicht darauf verlassen, dass der Termin vom 13. September 2017 aufgehoben wird (vgl. BGH, Beschluss vom 26. November 2015 - VI ZR 488/14, BGHZ 208, 75 Rn. 10). Schon daher fehlt es an einer unverschuldeten Säumnis. Zudem war eine Veranlassung für eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 148 ZPO für das Berufungsgericht nicht gegeben, nachdem der Kläger gegen die rechtskräftige Ablehnung seines Befangenheitsantrags Verfassungsbeschwerde erhoben hatte.
13
(1) Die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes oder einer gerichtlichen Entscheidung bildet bereits kein Rechtsverhältnis im Sinne des § 148 ZPO, sondern eine Rechtsfrage (BGH, Beschluss vom 25. März 1998 - VIII ZR 337/97, NJW 1998, 1957). Ist die Verfassungsmäßigkeit eines entscheidungserheblichen Gesetzes bereits Gegenstand einer anhängigen Verfassungsbeschwerde (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG) oder Richtervorlage (Art. 100 Abs. 1 GG), ist die Aussetzung des Verfahrens aus prozessökonomischen Gründen in entsprechender Anwendung des § 148 ZPO ohne gleichzeitige Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (Art. 100 Abs. 1 GG) zulässig, solange sich das erkennende Gericht nicht von der Verfassungswidrigkeit des entscheidungserheblichen Gesetzes überzeugt hat (BGH, aaO; Beschluss vom 18. Juli 2000 - VIII ZR 323/99, RdE 2001, 20; vom 30. März 2005 - X ZB 26/04, BGHZ 162, 373, 376). Denn wird das entscheidungserhebliche Gesetz für nichtig erklärt, wirkt dies allgemein und beeinflusst damit notwendigerweise das ausgesetzte Verfahren rechtlich (BGH, Beschluss vom 30. März 2005, aaO).
14
(2) Diese ausnahmsweise eine analoge Anwendung des § 148 ZPO gestattenden Erwägungen sind auf die vorliegende Gestaltung nicht übertragbar. Mit der Verfassungsbeschwerde greift der Kläger die nach den Entscheidungen des Berufungsgerichts rechtskräftige Zurückweisung seines Befangenheitsantrages gegen die zweitinstanzlich tätigen Richter an. Das Ablehnungsgesuch des Klägers ist durch den Eintritt der Rechtskraft des die Befangenheit verneinenden Beschlusses des Oberlandesgerichts ungeachtet der von ihm eingelegten Verfassungsbeschwerde erledigt (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2010 - XI ZB 33/09, NJW-RR 2011, 427 Rn. 18). Erlangt die Entscheidung über die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs Rechtskraft, ist dem Verfahren Fortgang zu geben. Eine Aussetzung des Verfahrens würde die Rechtskraft der für das weitere Verfahren bindenden Entscheidung unterlaufen (vgl. BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, NJW 2009, 833 Rn. 19). Würde das Vorgehen des Klägers Schule machen, bestünde die naheliegende Gefahr, dass Verfahrensbeteiligte durch die Erhebung von Verfassungsbeschwerden gegen Zwischenentscheidungen den Erlass der Hauptsacheentscheidung hinauszuzögern suchen. Will die Partei die Fortsetzung des Verfahrens hindern, bleibt ihr allein die rechtliche Möglichkeit, mit der Verfassungsbeschwerde gegen die Ablehnung des Befangenheitsgesuchs einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 32 BVerfGG) zu verbinden (BVerfGE 55, 1, 3 ff).
15
d) Unter Beachtung der maßgeblichen Rechtslage musste der Kläger, um ein zweites Versäumnisurteil zu vermeiden, zu dem anberaumten Termin erscheinen und zur Sache verhandeln. Da dies nicht geschehen ist, scheidet eine unverschuldete Säumnis aus.
16
3. Eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung der Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO dahin, dass sie auch dann anzuwenden sind, wenn die schuldhaft säumige Partei mit der Revision geltend macht, das erkennende Gericht sei bei Erlass des zweiten Versäumnisurteils nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, weil es die Ablehnungsgesuche der Partei zu Unrecht als unzulässig verworfen habe, lassen der Bedeutungszusammenhang der Vorschriften und ihr Sinn und Zweck nicht zu (BGH, Beschluss vom 26. November 2015 - VI ZR 488/14, BGHZ 208, 75 Rn. 11).
17
a) Das Säumnisverfahren ist Folge des Mündlichkeitsprinzips und der Verhandlungsmaxime. Eine Partei könnte den Fortgang des Verfahrens blockieren , wenn sie nicht zum Termin erscheint oder nicht zur Sache verhandelt. Die Zivilprozessordnung knüpft daher nachteilige Rechtsfolgen an die Säumnis. Ein erstes Versäumnisurteil kann noch im Wege des Einspruchs aus der Welt geschafft werden (§ 342 ZPO). Um zu verhindern, dass der Einspruch "ein bequemes Mittel zur Verschleppung der Prozesse" wird, hat der historische Gesetzgeber seine wiederholte Zulassung jedoch beschränkt. Erscheint die Partei nach rechtzeitigem Einspruch gegen das (erste) Versäumnisurteil erneut nicht zur mündlichen Verhandlung über den Einspruch oder erscheint sie zwar, ist sie aber nicht ordnungsgemäß vertreten oder verhandelt sie nicht, hat das Gericht nur noch die Voraussetzungen der wiederholten Säumnis, insbesondere die ordnungsgemäße Ladung zum Termin, zu prüfen, bevor es den Einspruch durch (zweites) Versäumnisurteil verwirft (§ 345 ZPO). Ein weiterer Einspruch findet nicht statt (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 149/11, FamRZ 2012, 27 Rn. 9; vom 26. November 2015, aaO Rn. 12; vom 7. Dezember 2017 - IX ZR 81/17, WM 2018, 445 Rn. 4).
18
b) Die Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil gemäß § 514 Abs. 2 ZPO kann folgerichtig nur die Zulässigkeit des Versäumnisurteils betreffen. Eine Erweiterung der Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts hat der Bundesgerichtshof wiederholt abgelehnt. Die Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil kann nicht darauf gestützt werden, dass bei Erlass des ersten Versäumnisurteils ein Fall der Säumnis nicht vorgelegen habe. Sie kann auch nicht auf die fehlende Schlüssigkeit der Klage gestützt werden (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 10; vom 26. November 2015, aaO Rn. 13). Die an die wiederholte Säumnis einer Partei geknüpfte Sanktion des § 514 Abs. 2 ZPO steht in einer Reihe mit weiteren gesetzlichen Regelungen im Versäumnisverfahren (§ 708 Nr. 2, § 340 Abs. 3, § 341 Abs. 1 ZPO), die sämtlich darauf hinauslaufen , eine Partei, gegen die ein Versäumnisurteil erlassen ist, im Interesse der Prozessbeschleunigung zu besonders sorgfältiger Prozessführung zu veranlassen. Bleibt die Partei erneut schuldhaft säumig, ist es nur konsequent, an dieses Fehlverhalten die schärfere Sanktion des endgültigen Prozessverlustes zu knüpfen (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 10; vom 26. November 2015, aaO Rn. 13).
19
c) Eine erweiternde Auslegung der Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist nicht möglich. Es handelt sich bei der Beanstandung der ordnungsgemäßen Besetzung des erkennenden Gerichts (§ 547 Nr. 1 ZPO) zwar nicht nur um eine Rüge, die das Gericht, das über den Einspruch zu befinden hat, wegen der Säumnis der Partei nicht zu prüfen hätte. Die ordnungsgemäße Besetzung ist vielmehr vor Erlass des zweiten Versäumnisurteils von Amts wegen zu prüfen. Einer erweiternden Auslegung der Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO dahin, dass sie dem Revisionsgericht die Möglichkeit der Überprüfung der Entscheidungen des Berufungsgerichts über die Ablehnungsgesuche der schuldhaft säumigen Partei eröffnet, steht aber ihr Sinn und Zweck entgegen (BGH, Beschluss vom 26. November 2015, aaO Rn. 14).
20
d) Die Regelungen der § 514 Abs. 2 Satz 1, § 565 Satz 1 ZPO dienen nicht allgemein der Korrektur von Rechtsanwendungsfehlern. Sie stellen eng auszulegende Ausnahmevorschriften dar, die lediglich die Überprüfung ermöglichen sollen, ob eine schuldhafte Säumnis tatsächlich vorgelegen hat, mithin die Sanktion des endgültigen Prozessverlustes gerechtfertigt ist. Ansonsten sollen sie einer Verschleppung des Rechtsstreits vorbeugen. Eine Anwendung der Vorschriften auch für den Fall, dass die schuldhaft säumige Partei in der Revision die unrichtige Behandlung ihrer Ablehnungsgesuche durch das Berufungsgericht rügt, steht diesem Ziel entgegen (BGH, Beschluss vom 26. November 2015, aaO Rn. 16; vom 7. Dezember 2017- IX ZR 81/17, WM 2018, 445 Rn. 6).
21
e) Die Vorschrift des § 514 Abs. 2 ZPO entspringt nicht der grundsätzlichen Wertung, dass ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör oder gegen andere Verfahrensgrundrechte bereits für sich allein die Berufung oder die Revision ermöglichen soll. Vielmehr geht es lediglich um die Regelung des Sonderfalls der (unverschuldeten) Säumnis (BGH, Beschluss vom 26. November 2015, aaO Rn. 18; vom 7. Dezember 2017, aaO Rn. 7).
22
4. Ist im Ergebnis die Revision nicht zulässig, so kann dem Revisionsgericht die Möglichkeit zu einer Nachprüfung der vorschriftsmäßigen Besetzung des Berufungsgerichts auch nicht deshalb eröffnet werden, weil der dahin zie- lende Angriff möglicherweise zugleich einen Nichtigkeitsgrund nach § 579 Abs. 1 ZPO darstellt. Auch das Vorliegen von Nichtigkeitsgründen kann in der Revisionsinstanz nur nachgeprüft werden, wenn die Revision überhaupt zulässig ist (BGH, Beschluss vom 26. November 2015, aaO Rn. 19).
Kayser Gehrlein Grupp Möhring Schoppmeyer Vorinstanzen: LG Hof, Entscheidung vom 26.04.2016 - 15 O 5/12 - OLG Bamberg, Entscheidung vom 13.09.2017 - 3 U 99/16 -

Tenor

Die Revision gegen das zweite Versäumnisurteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 16. Oktober 2014 wird auf Kosten der Klägerin verworfen.

Streitwert: 67.719 €

Gründe

I.

1

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage durch Versäumnisurteil abgewiesen und den Einspruch der Klägerin durch zweites Versäumnisurteil verworfen. Die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht durch Versäumnisurteil vom 9. April 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. J., der Richterin am Oberlandesgericht W.-R. und des Richters am Oberlandesgericht E. zurückgewiesen, nachdem zuvor ein unter anderem gegen den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. J. gerichtetes Ablehnungsgesuch der Klägerin unter Beteiligung der Richterin am Oberlandesgericht W.-R. und des Richters am Oberlandesgericht E. zurückgewiesen worden war.

2

Ein gegen die vorbezeichneten Richter gerichtetes erneutes Ablehnungsgesuch der Klägerin vom 28. April 2014 haben diese mit Beschluss vom 22. August 2014 als unzulässig verworfen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 15. Oktober 2014 erschien die Klägerin ohne einen Prozessbevollmächtigten und überreichte ein erneutes, auf den 14. Oktober 2014 datiertes Ablehnungsgesuch. Mit Beschluss und zweitem Versäumnisurteil vom 16. Oktober 2014 haben die vorbezeichneten Richter sowohl das Ablehnungsgesuch als auch den Einspruch der Klägerin verworfen.

3

Gegen das zweite Versäumnisurteil wendet sich die Klägerin mit der Revision. Sie macht geltend, das Berufungsgericht sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, weil die Richter über die Ablehnungsgesuche vom 28. April und 14. Oktober 2014 nicht selbst hätten entscheiden dürfen.

II.

4

Die Revision der Klägerin ist zu verwerfen, weil sie nicht statthaft ist.

5

Ein Versäumnisurteil kann von der Partei, gegen die es erlassen ist, mit der Revision nicht angefochten werden, § 565 Satz 1, § 514 Abs. 1 ZPO. Ein (zweites) Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, unterliegt der Revision insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe, § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Eine zulässige Revision setzt also die schlüssige Darlegung voraus, dass der Termin nicht schuldhaft versäumt worden sei (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 149/11, FamRZ 2012, 27 Rn. 5 - zu § 514 Abs. 2 ZPO). Wird die fehlende oder unverschuldete Säumnis nicht schlüssig dargelegt, ist die Revision als unzulässig zu verwerfen.

6

Die Revision verkennt dies nicht. Sie meint jedoch, die Revision sei auch dann statthaft, wenn sie - wie hier - darauf gestützt werde, dass der absolute Revisionsgrund des § 547 Nr. 1 ZPO vorliege, weil die Ablehnungsgesuche der betroffenen Partei zu Unrecht als unzulässig verworfen worden seien. Das trifft indes nicht zu.

7

1. Es kann dahinstehen, ob die Rüge der Revision zu Recht auf den Fall des § 547 Nr. 1 ZPO zielt, oder nicht vielmehr eine Rüge im Hinblick auf § 547 Nr. 3 ZPO hätte erhoben werden müssen (vgl. BGH, Urteil vom 9. November 1992 - II ZR 230/91, BGHZ 120, 141, 144; Prütting in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 547 Rn. 14; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Aufl., § 547 Rn. 10 aE). Denn die Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO können nicht dahin ausgelegt werden, dass eine schlüssige Darlegung der fehlenden oder unverschuldeten Säumnis auch dann vorliegt, wenn der in der Berufungsinstanz schuldhaft säumige Revisionskläger rügt, das erkennende Gericht sei bei Erlass des zweiten Versäumnisurteils nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, weil es seine Ablehnungsgesuche zu Unrecht als unzulässig verworfen habe (§ 547 Nr. 1, § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

8

a) Einer solchen Auslegung steht der Wortlaut der Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO entgegen.

9

aa) Eine Partei ist im Sinne von §§ 330 ff. ZPO säumig, wenn sie trotz ordnungsgemäßer Bestimmung eines notwendigen Termins zur mündlichen Verhandlung nach Aufruf der Sache am hierzu bestimmten Ort nicht erscheint, bei notwendiger Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht durch einen beim Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten ist oder nicht zur Sache verhandelt (BGH, Beschlüsse vom 6. Mai 1999 - V ZB 1/99, BGHZ 141, 351, 354 mwN; vom 20. Dezember 2010 - VII ZB 72/09, NJW 2011, 928 Rn. 11, 14; Adolphsen/Dickler, ZZP 125 (2012), 463, 471). Nicht schuldhaft ist die Säumnis, wenn die Partei an der Wahrnehmung des Verhandlungstermins unverschuldet verhindert war (§§ 337, 233 ZPO, § 276 Abs. 2 BGB), mithin die Sorgfalt einer ordentlichen Prozesspartei gewahrt hat (BGH, Urteil vom 22. März 2007 - IX ZR 100/06, NJW 2007, 2047 Rn. 6 mwN; Gerken in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 514 Rn. 16 f.; PG/Lemke, ZPO, 7. Aufl., § 514 Rn. 10; Althammer in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 514 Rn. 8).

10

bb) Dass die Säumnis der Klägerin im Termin vom 15. Oktober 2014 in diesem Sinne unverschuldet gewesen sei, macht die Revision nicht geltend. Insbesondere rügt sie nicht, der Termin sei nicht ordnungsgemäß bestimmt gewesen (§ 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b ZPO). Die Klägerin durfte entgegen der Ansicht der Revision auch nicht davon ausgehen, dass der Termin zur mündlichen Verhandlung am 15. Oktober 2014 nicht stattfinden werde. Denn nach der Vorschrift des § 47 Abs. 2 ZPO kann der Termin unter Mitwirkung des abgelehnten Richters fortgesetzt werden, wenn ein Richter - wie hier - während der Verhandlung abgelehnt wird und die Entscheidung über die Ablehnung eine Vertagung der Verhandlung erfordern würde. Selbst wenn - was die Revision schon nicht darlegt - der Ablehnungsantrag unmittelbar vor Beginn der mündlichen Verhandlung per Telefax bei Gericht eingegangen sein sollte, durfte die Klägerin sich nicht darauf verlassen, dass der Termin aufgehoben werde.

11

b) Eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung der Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO dahin, dass sie auch dann anzuwenden sind, wenn die schuldhaft säumige Partei mit der Revision geltend macht, das erkennende Gericht sei bei Erlass des zweiten Versäumnisurteils nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, weil es die Ablehnungsgesuche der Partei zu Unrecht als unzulässig verworfen habe, lassen der Bedeutungszusammenhang der Vorschriften und ihr Sinn und Zweck nicht zu.

12

aa) Das Säumnisverfahren ist Folge des Mündlichkeitsprinzips und der Verhandlungsmaxime (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 149/11, FamRZ 2012, 27 Rn. 9). Eine Partei könnte den Fortgang des Verfahrens blockieren, wenn sie nicht zum Termin erscheint oder nicht zur Sache verhandelt. Die Zivilprozessordnung knüpft daher nachteilige Folgen an die Säumnis. Ist der Kläger säumig, ist die Klage ohne Sachprüfung abzuweisen (§ 330 ZPO). Ein erstes Versäumnisurteil kann noch im Wege des Einspruchs aus der Welt geschafft werden (§ 342 ZPO). Um zu verhindern, dass der Einspruch "ein bequemes Mittel zur Verschleppung der Prozesse" wird, hat der historische Gesetzgeber seine wiederholte Zulassung jedoch beschränkt (BGH, aaO, mwN; Urteil vom 3. März 2008 - II ZR 251/06, VersR 2009, 802 Rn. 13 aE). Erscheint die Partei nach rechtzeitigem Einspruch gegen das erste Versäumnisurteil erneut nicht zur mündlichen Verhandlung oder erscheint sie zwar, ist sie aber nicht ordnungsgemäß vertreten oder verhandelt sie nicht, so hat das Gericht nur noch die Voraussetzungen der wiederholten Säumnis, insbesondere die ordnungsgemäße Ladung zum Termin zu prüfen, bevor es den Einspruch durch (zweites) Versäumnisurteil verwirft (§ 345 ZPO; BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011, aaO).

13

bb) Die Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil gemäß § 514 Abs. 2 ZPO kann folgerichtig nur die Zulässigkeit des Versäumnisurteils betreffen (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 149/11, FamRZ 2012, 27 Rn. 10 mwN). Eine Erweiterung der Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts hat der Bundesgerichtshof wiederholt abgelehnt. So kann die Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil nicht darauf gestützt werden, dass bei Erlass des ersten Versäumnisurteils ein Fall der Säumnis nicht vorgelegen habe (BGH, Beschluss vom 16. April 1986 - VIII ZB 26/85, BGHZ 97, 341) oder die Klage nicht schlüssig sei (BGH, Beschluss vom 6. Mai 1999 - V ZB 1/99, BGHZ 141, 351). Eine Ausnahme hiervon ist wegen § 700 Abs. 6, § 331 Abs. 1, 2, § 345 ZPO nur für das einen Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid verwerfende (zweite) Versäumnisurteil anerkannt (BGH, Urteil vom 25. Oktober 1990 - IX ZR 62/90, BGHZ 112, 367, 371 ff.). Die an die wiederholte Säumnis einer Partei geknüpfte Sanktion des § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO steht in einer Reihe mit weiteren gesetzlichen Regelungen im Versäumnisverfahren (§ 708 Nr. 2, § 340 Abs. 3, § 341 Abs. 1 ZPO), die sämtlich darauf hinauslaufen, eine Partei, gegen die ein Versäumnisurteil erlassen ist, im Interesse der Prozessbeschleunigung zu besonders sorgfältiger Prozessführung zu veranlassen. Bleibt die Partei erneut schuldhaft säumig, ist es nur konsequent, an dieses Fehlverhalten die schärfere Sanktion des endgültigen Prozessverlustes zu knüpfen (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 149/11, FamRZ 2012, 27 Rn. 10 mwN; Adolphsen/Dickler, ZZP 125 (2012), 463, 470).

14

cc) Vor diesem Hintergrund ist entgegen der Ansicht der Revision eine erweiternde Auslegung der Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht möglich. Es handelt sich bei der Beanstandung der ordnungsgemäßen Besetzung des erkennenden Gerichts (§ 547 Nr. 1 ZPO) zwar nicht nur um eine Rüge, die das Gericht, das über den Einspruch zu befinden hat, wegen der Säumnis der Partei nicht zu prüfen hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 149/11, FamRZ 2012, 27 Rn. 12). Die ordnungsgemäße Besetzung ist vielmehr vor Erlass des zweiten Versäumnisurteils von Amts wegen zu prüfen. Einer erweiternden Auslegung der Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO dahin, dass sie dem Revisionsgericht die Möglichkeit der Überprüfung der Entscheidungen des Berufungsgerichts über die Ablehnungsgesuche der schuldhaft säumigen Partei eröffnet, steht aber ihr Sinn und Zweck entgegen. Eine solche Auslegung würde zudem zu einem nicht hinnehmbaren Wertungswiderspruch führen.

15

(1) Soweit der Bundesgerichtshof angenommen hat, das mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachte Vorliegen eines der absoluten Revisionsgründe des § 547 Nrn. 1 bis 4 ZPO gebiete die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO; BGH, Beschluss vom 15. Mai 2007 - X ZR 20/05, BGHZ 172, 250 Rn. 8 ff.), hat er betont, dass dieser Zulassungsgrund auch dazu dient, die Korrektur von Rechtsanwendungsfehlern zu ermöglichen, die über den Einzelfall hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren.

16

(2) So liegt es aber im hier fraglichen Fall der Revision gegen ein zweites Versäumnisurteil, die darauf gestützt wird, die Ablehnungsgesuche der Klägerin seien zu Unrecht als unzulässig verworfen worden, nicht. Die Vorschriften der § 514 Abs. 2 Satz 1, § 565 Satz 1 ZPO dienen - wie gezeigt - nicht allgemein der Korrektur von Rechtsanwendungsfehlern. Sie stellen eng auszulegende Ausnahmevorschriften dar, die lediglich die Überprüfung ermöglichen sollen, ob eine schuldhafte Säumnis tatsächlich vorgelegen hat, mithin die Sanktion des endgültigen Prozessverlustes gerechtfertigt ist (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 1989 - III ZR 111/88, NJW 1990, 838, 839 unter II 3 a; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Aufl., § 514 Rn. 2; Gerken in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 514 Rn. 7; MünchKommZPO/Rimmelspacher, 4. Aufl., § 514 Rn. 17 aE). Ansonsten sollen sie einer Verschleppung des Rechtsstreits vorbeugen. Eine Anwendung der Vorschriften auch auf den Fall, dass die schuldhaft säumige Partei in der Revision die unrichtige Behandlung ihrer Ablehnungsgesuche durch das Berufungsgericht rügt, steht diesem Ziel entgegen. Im Übrigen hatte schon der historische Gesetzgeber eine Ergänzung des (heutigen) § 514 Abs. 2 ZPO dahin, die Berufung auch dann zuzulassen, wenn der erstinstanzliche Richter ein "Urtheil gegeben habe, welches er ex officio hätte vermeiden müssen", abgelehnt (Hahn, Mat. II, S. 708 f. zu § 454).

17

(3) Eine erweiternde Auslegung würde zudem zu einem nicht mehr hinnehmbaren Wertungswiderspruch führen. Denn es ist seit der Änderung des § 514 Abs. 2 ZPO513 Abs. 2 ZPO aF) durch das Gesetz zur Vereinfachung und Beschleunigung gerichtlicher Verfahren vom 3. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3281) anerkannt, dass die Revision nach den Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 ZPO ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstandes oder eine Zulassung zulässig ist (BGH, Urteil vom 8. Oktober 2015 - III ZR (Ü) 1/15 Rn. 7; Beschluss vom 3. März 2008 - II ZR 251/06, NJW-RR 2008, 876 Rn. 3; Urteil vom 11. Oktober 1978 - IV ZR 101/77, NJW 1979, 166). Damit würde aber dem in der Berufungsinstanz zweifach schuldhaft säumigen Revisionskläger entgegen den Vorschriften der § 46 Abs. 2, § 567 Abs. 1, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO eine Überprüfung der in der Berufungsinstanz getroffenen Entscheidungen über seine Ablehnungsgesuche in der Revision sogar dann ermöglicht, wenn eine ordnungsgemäß verhandelnde Partei eine solche nicht - nicht einmal inzident (§ 543 Abs. 1, § 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO) - erreichen könnte.

18

2. Eine analoge Anwendung der Regelungen der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO auf den hier vorliegenden, von ihrem Wortsinn nicht mehr erfassten Sachverhalt kommt nicht in Betracht. Eine Analogie scheidet unabhängig von der Frage, ob das Gesetz eine Lücke aufweist, aus. Denn § 514 Abs. 2 ZPO entspringt nicht der grundsätzlichen Wertung, dass ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör oder gegen andere Verfahrensgrundrechte bereits für sich allein die Berufung oder die Revision ermöglichen soll. Vielmehr geht es lediglich um die Regelung des Sonderfalls der (unverschuldeten) Säumnis (BGH, Urteil vom 19. Oktober 1989 - III ZR 111/88, NJW 1990, 838, 839 unter II 3 b). Die Klägerin war hier aber schuldhaft säumig.

19

3. Ist im Ergebnis die Revision nicht statthaft, so kann dem Revisionsgericht die Möglichkeit zu einer Nachprüfung der vorschriftsmäßigen Besetzung des Berufungsgerichts auch nicht deshalb eröffnet werden, weil der dahin zielende Angriff möglicherweise zugleich einen Nichtigkeitsgrund nach § 579 Abs. 1 ZPO darstellt. Auch das Vorliegen von Nichtigkeitsgründen kann in der Revisionsinstanz nur nachgeprüft werden, wenn die Revision überhaupt zulässig ist (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 1951 - II ZR 16/51, BGHZ 2, 278, 280 f.; Jacobs in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 547 Rn. 4).

Galke                       Stöhr                      Offenloch

              Oehler                       Roloff

Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Die Nichtigkeitsklage findet statt:

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs oder eines Rechtsmittels ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat.

(2) In den Fällen der Nummern 1, 3 findet die Klage nicht statt, wenn die Nichtigkeit mittels eines Rechtsmittels geltend gemacht werden konnte.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 264/17 Verkündet am:
5. Juli 2018
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
 
ZPO § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1
 
Eine unverschuldete Säumnis ist nicht gegeben, wenn die ordnungsgemäß geladene
Partei wegen der vermeintlich fehlerhaften Behandlung eines Befangenheitsgesuchs
der mündlichen Verhandlung fern bleibt.
Das Gericht ist nicht verpflichtet, das Verfahren bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
auszusetzen, wenn eine Partei gegen den Beschluss, durch
den ein Ablehnungsgesuch rechtskräftig abgewiesen wurde, Verfassungsbeschwerde
eingelegt hat.
BGH, Urteil vom 5. Juli 2018 - IX ZR 264/17 - OLG Bamberg
LG Hof
 
ECLI:DE:BGH:2018:050718UIXZR264.17.0
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein und Grupp, die Richterin Möhring sowie den Richter Dr. Schoppmeyer für Recht erkannt:
Die Revision gegen das zweite Versäumnisurteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 13. September 2017 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 19. September 2017 wird auf Kosten des Klägers verworfen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der klagende Rechtsanwalt macht gegen die Beklagte als frühere Mandantin aus verschiedenen Tätigkeiten herrührende Honorarforderungen geltend. Im Wege der Widerklage verlangt die Beklagte aus unterschiedlichen Rechtsgründen Zahlung. Das Landgericht hat Klage und Widerklage teilweise stattgegeben. Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien Berufung eingelegt.
2
In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht vom 26. April 2017 haben die Parteien ohne Widerrufsvorbehalt einen Vergleich geschlossen, nach dessen Inhalt sich der Kläger unter Abgeltung aller wechselseitigen Ansprüche zur Zahlung von insgesamt 16.700 € an die Beklagte verpflichtet hat. Durch Schriftsatz vom 3. Mai 2017 hat der Kläger den Vergleich zugleich angefochten und widerrufen. Das Berufungsgericht hat am 15. Mai 2017 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 5. Juli 2017 bestimmt. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 28. Juni 2017 die Mitglieder des erkennenden Berufungssenats wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Durch Beschluss vom 3. Juli 2017 ist dieses Gesuch in anderer Besetzung als unzulässig verworfen worden. Gegen den im Termin nicht erschienenen Kläger ist am 5. Juli 2017 ein Versäumnisurteil ergangen, nach dessen Inhalt der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 26. April 2017 erledigt ist. Der Kläger hat gegen dieses Urteil am 11. Juli 2017 Einspruch eingelegt. Das Berufungsgericht hat am 18. Juli 2017 Termin zur Verhandlung über den Einspruch sowie in der Sache auf den 13. September 2017 bestimmt.
3
Gegen die Abweisung des Befangenheitsgesuchs - weitere Ablehnungsanträge und Gegenvorstellungen sind ebenfalls ohne Erfolg geblieben - hat der Kläger nach eigener Darstellung am 9. August 2017 Verfassungsbeschwerde eingelegt. Durch Schriftsatz vom 1. September 2017 hat der Kläger mit dem Hinweis, dass sich unter anderem Verfassungsgerichte mit dem Vorgang befassten , die Aussetzung des Verfahrens sowie die Aufhebung des Termins vom 13. September 2017 beantragt. Diesen Antrag hat das Berufungsgericht mit Beschluss vom 12. September 2017, der dem Kläger am selben Tag bekannt gemacht worden ist, abgelehnt. Gegen den im Termin nicht erschienenen Kläger ist am 13. September 2017 ein zweites Versäumnisurteil ergangen, durch das sein Einspruch verworfen wurde. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision des Klägers ist zu verwerfen, weil sie nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 149/11, FamRZ 2012, 27; vom 26. November 2015 - VI ZR 488/14, BGHZ 208, 75; vom 7. Dezember 2017 - IX ZR 81/17, WM 2018, 445) nicht zulässig ist.
5
1. Das Rechtsmittel ist statthaft, denn gegen ein zweites Versäumnisurteil eines Berufungsgerichts findet die Revision ohne Zulassung und ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstands statt (BGH, Beschluss vom 3. März 2008 - II ZR 251/06, NJW-RR 2008, 876 Rn. 3; Urteil vom 8. Oktober 2015 - III ZR (Ü) 1/15, NJW 2015, 3661 Rn. 7).
6
2. Ein Versäumnisurteil kann von der Partei, gegen die es erlassen ist, gemäß § 565 Satz 1, § 514 Abs. 1 ZPO mit der Revision nicht angefochten werden. Ein (zweites) Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, unterliegt nach § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO der Revision insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe. Eine zulässige Revision setzt also die schlüssige Darlegung voraus, dass der Termin nicht schuldhaft versäumt worden sei (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 149/11, FamRZ 2012, 27 Rn. 5; vom 26. November 2015 - VI ZR 488/14, BGHZ 208, 75 Rn. 5). Wird die fehlende oder unverschuldete Säumnis nicht schlüssig dargelegt, ist die Revision als unzulässig zu verwerfen (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011, aaO; vom 26. November 2015, aaO).
7
a) So verhält es sich im Streitfall. Der Kläger hat den Termin vom 13. September 2017 nicht ohne Verschulden versäumt.
8
Eine Partei ist im Sinne von §§ 330 ff ZPO säumig, wenn sie trotz ordnungsgemäßer Bestimmung eines notwendigen Termins zur mündlichen Ver- handlung nach Aufruf der Sache am hierzu bestimmten Ort nicht erscheint, bei notwendiger Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht durch einen beim Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten ist oder nicht zur Sache verhandelt (BGH, Beschluss vom 26. November 2015, aaO Rn. 9). Nicht schuldhaft ist die Säumnis, wenn die Partei an der Wahrnehmung des Verhandlungstermins unverschuldet verhindert war (§§ 337, 233 ZPO, § 276 Abs. 2 BGB), mithin die Sorgfalt einer ordentlichen Prozesspartei gewahrt hat (BGH, aaO).
9
b) Eine unverschuldete Säumnis des Klägers im Termin vom 13. September 2017 macht die Revision nicht geltend. Insbesondere rügt sie nicht, der Termin sei nicht ordnungsgemäß bestimmt gewesen (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 lit. b ZPO). Ebenso wird die ordnungsgemäße Ladung des Klägers zu dem Termin zur mündlichen Verhandlung über den Einspruch von der Revision nicht in Frage gestellt. Ferner räumt die Revision ein, dass der Kläger noch am 12. September 2017 von dem Gericht dahin unterrichtet wurde, dass seinem Aussetzungsantrag nicht stattgegeben wurde.
10
c) Der Kläger durfte nicht darauf vertrauen, dass das Verfahren entsprechend seinem Antrag ausgesetzt (§ 148 ZPO) und der Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13. September 2017 nicht stattfinden würde.
11
aa) Das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen die erkennenden Mitglieder des Berufungsgerichts war durch Beschluss des Oberlandesgerichts vom 3. Juli 2017 mangels Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtskräftig zurückgewiesen worden (BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, NJW 2009, 833 Rn. 12). Nach rechtskräftiger Abweisung des Gesuchs durften die abgelehnten Richter gemäß § 47 ZPO in der Sache wieder uneingeschränkt tätig werden (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Juli 2004 - IX ZB 280/03, ZVI 2004, 753, 754; vom 15. Juni 2010 - XI ZB 33/09, NJW-RR 2011, 427 Rn. 17). Die Einlegung einer Verfassungsbeschwerde (§ 90 Abs. 1 BVerfGG) steht einer Erledigung des Ablehnungsgesuches nicht entgegen (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2010, aaO Rn. 18), weil sie als außerordentlicher Rechtsbehelf die Rechtskraft der Entscheidung nicht berührt (vgl. BVerfGE 93, 381, 385).
12
bb) Zudem durfte sich der Kläger ausweislich der gerichtlichen Mitteilung vom 12. September 2017, nach deren Inhalt der Aussetzungsantrag abgelehnt wurde, nicht darauf verlassen, dass der Termin vom 13. September 2017 aufgehoben wird (vgl. BGH, Beschluss vom 26. November 2015 - VI ZR 488/14, BGHZ 208, 75 Rn. 10). Schon daher fehlt es an einer unverschuldeten Säumnis. Zudem war eine Veranlassung für eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 148 ZPO für das Berufungsgericht nicht gegeben, nachdem der Kläger gegen die rechtskräftige Ablehnung seines Befangenheitsantrags Verfassungsbeschwerde erhoben hatte.
13
(1) Die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes oder einer gerichtlichen Entscheidung bildet bereits kein Rechtsverhältnis im Sinne des § 148 ZPO, sondern eine Rechtsfrage (BGH, Beschluss vom 25. März 1998 - VIII ZR 337/97, NJW 1998, 1957). Ist die Verfassungsmäßigkeit eines entscheidungserheblichen Gesetzes bereits Gegenstand einer anhängigen Verfassungsbeschwerde (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG) oder Richtervorlage (Art. 100 Abs. 1 GG), ist die Aussetzung des Verfahrens aus prozessökonomischen Gründen in entsprechender Anwendung des § 148 ZPO ohne gleichzeitige Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (Art. 100 Abs. 1 GG) zulässig, solange sich das erkennende Gericht nicht von der Verfassungswidrigkeit des entscheidungserheblichen Gesetzes überzeugt hat (BGH, aaO; Beschluss vom 18. Juli 2000 - VIII ZR 323/99, RdE 2001, 20; vom 30. März 2005 - X ZB 26/04, BGHZ 162, 373, 376). Denn wird das entscheidungserhebliche Gesetz für nichtig erklärt, wirkt dies allgemein und beeinflusst damit notwendigerweise das ausgesetzte Verfahren rechtlich (BGH, Beschluss vom 30. März 2005, aaO).
14
(2) Diese ausnahmsweise eine analoge Anwendung des § 148 ZPO gestattenden Erwägungen sind auf die vorliegende Gestaltung nicht übertragbar. Mit der Verfassungsbeschwerde greift der Kläger die nach den Entscheidungen des Berufungsgerichts rechtskräftige Zurückweisung seines Befangenheitsantrages gegen die zweitinstanzlich tätigen Richter an. Das Ablehnungsgesuch des Klägers ist durch den Eintritt der Rechtskraft des die Befangenheit verneinenden Beschlusses des Oberlandesgerichts ungeachtet der von ihm eingelegten Verfassungsbeschwerde erledigt (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2010 - XI ZB 33/09, NJW-RR 2011, 427 Rn. 18). Erlangt die Entscheidung über die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs Rechtskraft, ist dem Verfahren Fortgang zu geben. Eine Aussetzung des Verfahrens würde die Rechtskraft der für das weitere Verfahren bindenden Entscheidung unterlaufen (vgl. BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, NJW 2009, 833 Rn. 19). Würde das Vorgehen des Klägers Schule machen, bestünde die naheliegende Gefahr, dass Verfahrensbeteiligte durch die Erhebung von Verfassungsbeschwerden gegen Zwischenentscheidungen den Erlass der Hauptsacheentscheidung hinauszuzögern suchen. Will die Partei die Fortsetzung des Verfahrens hindern, bleibt ihr allein die rechtliche Möglichkeit, mit der Verfassungsbeschwerde gegen die Ablehnung des Befangenheitsgesuchs einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 32 BVerfGG) zu verbinden (BVerfGE 55, 1, 3 ff).
15
d) Unter Beachtung der maßgeblichen Rechtslage musste der Kläger, um ein zweites Versäumnisurteil zu vermeiden, zu dem anberaumten Termin erscheinen und zur Sache verhandeln. Da dies nicht geschehen ist, scheidet eine unverschuldete Säumnis aus.
16
3. Eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung der Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO dahin, dass sie auch dann anzuwenden sind, wenn die schuldhaft säumige Partei mit der Revision geltend macht, das erkennende Gericht sei bei Erlass des zweiten Versäumnisurteils nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, weil es die Ablehnungsgesuche der Partei zu Unrecht als unzulässig verworfen habe, lassen der Bedeutungszusammenhang der Vorschriften und ihr Sinn und Zweck nicht zu (BGH, Beschluss vom 26. November 2015 - VI ZR 488/14, BGHZ 208, 75 Rn. 11).
17
a) Das Säumnisverfahren ist Folge des Mündlichkeitsprinzips und der Verhandlungsmaxime. Eine Partei könnte den Fortgang des Verfahrens blockieren , wenn sie nicht zum Termin erscheint oder nicht zur Sache verhandelt. Die Zivilprozessordnung knüpft daher nachteilige Rechtsfolgen an die Säumnis. Ein erstes Versäumnisurteil kann noch im Wege des Einspruchs aus der Welt geschafft werden (§ 342 ZPO). Um zu verhindern, dass der Einspruch "ein bequemes Mittel zur Verschleppung der Prozesse" wird, hat der historische Gesetzgeber seine wiederholte Zulassung jedoch beschränkt. Erscheint die Partei nach rechtzeitigem Einspruch gegen das (erste) Versäumnisurteil erneut nicht zur mündlichen Verhandlung über den Einspruch oder erscheint sie zwar, ist sie aber nicht ordnungsgemäß vertreten oder verhandelt sie nicht, hat das Gericht nur noch die Voraussetzungen der wiederholten Säumnis, insbesondere die ordnungsgemäße Ladung zum Termin, zu prüfen, bevor es den Einspruch durch (zweites) Versäumnisurteil verwirft (§ 345 ZPO). Ein weiterer Einspruch findet nicht statt (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 149/11, FamRZ 2012, 27 Rn. 9; vom 26. November 2015, aaO Rn. 12; vom 7. Dezember 2017 - IX ZR 81/17, WM 2018, 445 Rn. 4).
18
b) Die Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil gemäß § 514 Abs. 2 ZPO kann folgerichtig nur die Zulässigkeit des Versäumnisurteils betreffen. Eine Erweiterung der Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts hat der Bundesgerichtshof wiederholt abgelehnt. Die Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil kann nicht darauf gestützt werden, dass bei Erlass des ersten Versäumnisurteils ein Fall der Säumnis nicht vorgelegen habe. Sie kann auch nicht auf die fehlende Schlüssigkeit der Klage gestützt werden (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 10; vom 26. November 2015, aaO Rn. 13). Die an die wiederholte Säumnis einer Partei geknüpfte Sanktion des § 514 Abs. 2 ZPO steht in einer Reihe mit weiteren gesetzlichen Regelungen im Versäumnisverfahren (§ 708 Nr. 2, § 340 Abs. 3, § 341 Abs. 1 ZPO), die sämtlich darauf hinauslaufen , eine Partei, gegen die ein Versäumnisurteil erlassen ist, im Interesse der Prozessbeschleunigung zu besonders sorgfältiger Prozessführung zu veranlassen. Bleibt die Partei erneut schuldhaft säumig, ist es nur konsequent, an dieses Fehlverhalten die schärfere Sanktion des endgültigen Prozessverlustes zu knüpfen (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 10; vom 26. November 2015, aaO Rn. 13).
19
c) Eine erweiternde Auslegung der Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist nicht möglich. Es handelt sich bei der Beanstandung der ordnungsgemäßen Besetzung des erkennenden Gerichts (§ 547 Nr. 1 ZPO) zwar nicht nur um eine Rüge, die das Gericht, das über den Einspruch zu befinden hat, wegen der Säumnis der Partei nicht zu prüfen hätte. Die ordnungsgemäße Besetzung ist vielmehr vor Erlass des zweiten Versäumnisurteils von Amts wegen zu prüfen. Einer erweiternden Auslegung der Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO dahin, dass sie dem Revisionsgericht die Möglichkeit der Überprüfung der Entscheidungen des Berufungsgerichts über die Ablehnungsgesuche der schuldhaft säumigen Partei eröffnet, steht aber ihr Sinn und Zweck entgegen (BGH, Beschluss vom 26. November 2015, aaO Rn. 14).
20
d) Die Regelungen der § 514 Abs. 2 Satz 1, § 565 Satz 1 ZPO dienen nicht allgemein der Korrektur von Rechtsanwendungsfehlern. Sie stellen eng auszulegende Ausnahmevorschriften dar, die lediglich die Überprüfung ermöglichen sollen, ob eine schuldhafte Säumnis tatsächlich vorgelegen hat, mithin die Sanktion des endgültigen Prozessverlustes gerechtfertigt ist. Ansonsten sollen sie einer Verschleppung des Rechtsstreits vorbeugen. Eine Anwendung der Vorschriften auch für den Fall, dass die schuldhaft säumige Partei in der Revision die unrichtige Behandlung ihrer Ablehnungsgesuche durch das Berufungsgericht rügt, steht diesem Ziel entgegen (BGH, Beschluss vom 26. November 2015, aaO Rn. 16; vom 7. Dezember 2017- IX ZR 81/17, WM 2018, 445 Rn. 6).
21
e) Die Vorschrift des § 514 Abs. 2 ZPO entspringt nicht der grundsätzlichen Wertung, dass ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör oder gegen andere Verfahrensgrundrechte bereits für sich allein die Berufung oder die Revision ermöglichen soll. Vielmehr geht es lediglich um die Regelung des Sonderfalls der (unverschuldeten) Säumnis (BGH, Beschluss vom 26. November 2015, aaO Rn. 18; vom 7. Dezember 2017, aaO Rn. 7).
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4. Ist im Ergebnis die Revision nicht zulässig, so kann dem Revisionsgericht die Möglichkeit zu einer Nachprüfung der vorschriftsmäßigen Besetzung des Berufungsgerichts auch nicht deshalb eröffnet werden, weil der dahin zie- lende Angriff möglicherweise zugleich einen Nichtigkeitsgrund nach § 579 Abs. 1 ZPO darstellt. Auch das Vorliegen von Nichtigkeitsgründen kann in der Revisionsinstanz nur nachgeprüft werden, wenn die Revision überhaupt zulässig ist (BGH, Beschluss vom 26. November 2015, aaO Rn. 19).
Kayser Gehrlein Grupp Möhring Schoppmeyer Vorinstanzen: LG Hof, Entscheidung vom 26.04.2016 - 15 O 5/12 - OLG Bamberg, Entscheidung vom 13.09.2017 - 3 U 99/16 -

Tenor

Die Revision gegen das zweite Versäumnisurteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 16. Oktober 2014 wird auf Kosten der Klägerin verworfen.

Streitwert: 67.719 €

Gründe

I.

1

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage durch Versäumnisurteil abgewiesen und den Einspruch der Klägerin durch zweites Versäumnisurteil verworfen. Die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht durch Versäumnisurteil vom 9. April 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. J., der Richterin am Oberlandesgericht W.-R. und des Richters am Oberlandesgericht E. zurückgewiesen, nachdem zuvor ein unter anderem gegen den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. J. gerichtetes Ablehnungsgesuch der Klägerin unter Beteiligung der Richterin am Oberlandesgericht W.-R. und des Richters am Oberlandesgericht E. zurückgewiesen worden war.

2

Ein gegen die vorbezeichneten Richter gerichtetes erneutes Ablehnungsgesuch der Klägerin vom 28. April 2014 haben diese mit Beschluss vom 22. August 2014 als unzulässig verworfen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 15. Oktober 2014 erschien die Klägerin ohne einen Prozessbevollmächtigten und überreichte ein erneutes, auf den 14. Oktober 2014 datiertes Ablehnungsgesuch. Mit Beschluss und zweitem Versäumnisurteil vom 16. Oktober 2014 haben die vorbezeichneten Richter sowohl das Ablehnungsgesuch als auch den Einspruch der Klägerin verworfen.

3

Gegen das zweite Versäumnisurteil wendet sich die Klägerin mit der Revision. Sie macht geltend, das Berufungsgericht sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, weil die Richter über die Ablehnungsgesuche vom 28. April und 14. Oktober 2014 nicht selbst hätten entscheiden dürfen.

II.

4

Die Revision der Klägerin ist zu verwerfen, weil sie nicht statthaft ist.

5

Ein Versäumnisurteil kann von der Partei, gegen die es erlassen ist, mit der Revision nicht angefochten werden, § 565 Satz 1, § 514 Abs. 1 ZPO. Ein (zweites) Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, unterliegt der Revision insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe, § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Eine zulässige Revision setzt also die schlüssige Darlegung voraus, dass der Termin nicht schuldhaft versäumt worden sei (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 149/11, FamRZ 2012, 27 Rn. 5 - zu § 514 Abs. 2 ZPO). Wird die fehlende oder unverschuldete Säumnis nicht schlüssig dargelegt, ist die Revision als unzulässig zu verwerfen.

6

Die Revision verkennt dies nicht. Sie meint jedoch, die Revision sei auch dann statthaft, wenn sie - wie hier - darauf gestützt werde, dass der absolute Revisionsgrund des § 547 Nr. 1 ZPO vorliege, weil die Ablehnungsgesuche der betroffenen Partei zu Unrecht als unzulässig verworfen worden seien. Das trifft indes nicht zu.

7

1. Es kann dahinstehen, ob die Rüge der Revision zu Recht auf den Fall des § 547 Nr. 1 ZPO zielt, oder nicht vielmehr eine Rüge im Hinblick auf § 547 Nr. 3 ZPO hätte erhoben werden müssen (vgl. BGH, Urteil vom 9. November 1992 - II ZR 230/91, BGHZ 120, 141, 144; Prütting in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 547 Rn. 14; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Aufl., § 547 Rn. 10 aE). Denn die Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO können nicht dahin ausgelegt werden, dass eine schlüssige Darlegung der fehlenden oder unverschuldeten Säumnis auch dann vorliegt, wenn der in der Berufungsinstanz schuldhaft säumige Revisionskläger rügt, das erkennende Gericht sei bei Erlass des zweiten Versäumnisurteils nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, weil es seine Ablehnungsgesuche zu Unrecht als unzulässig verworfen habe (§ 547 Nr. 1, § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

8

a) Einer solchen Auslegung steht der Wortlaut der Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO entgegen.

9

aa) Eine Partei ist im Sinne von §§ 330 ff. ZPO säumig, wenn sie trotz ordnungsgemäßer Bestimmung eines notwendigen Termins zur mündlichen Verhandlung nach Aufruf der Sache am hierzu bestimmten Ort nicht erscheint, bei notwendiger Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht durch einen beim Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten ist oder nicht zur Sache verhandelt (BGH, Beschlüsse vom 6. Mai 1999 - V ZB 1/99, BGHZ 141, 351, 354 mwN; vom 20. Dezember 2010 - VII ZB 72/09, NJW 2011, 928 Rn. 11, 14; Adolphsen/Dickler, ZZP 125 (2012), 463, 471). Nicht schuldhaft ist die Säumnis, wenn die Partei an der Wahrnehmung des Verhandlungstermins unverschuldet verhindert war (§§ 337, 233 ZPO, § 276 Abs. 2 BGB), mithin die Sorgfalt einer ordentlichen Prozesspartei gewahrt hat (BGH, Urteil vom 22. März 2007 - IX ZR 100/06, NJW 2007, 2047 Rn. 6 mwN; Gerken in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 514 Rn. 16 f.; PG/Lemke, ZPO, 7. Aufl., § 514 Rn. 10; Althammer in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 514 Rn. 8).

10

bb) Dass die Säumnis der Klägerin im Termin vom 15. Oktober 2014 in diesem Sinne unverschuldet gewesen sei, macht die Revision nicht geltend. Insbesondere rügt sie nicht, der Termin sei nicht ordnungsgemäß bestimmt gewesen (§ 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b ZPO). Die Klägerin durfte entgegen der Ansicht der Revision auch nicht davon ausgehen, dass der Termin zur mündlichen Verhandlung am 15. Oktober 2014 nicht stattfinden werde. Denn nach der Vorschrift des § 47 Abs. 2 ZPO kann der Termin unter Mitwirkung des abgelehnten Richters fortgesetzt werden, wenn ein Richter - wie hier - während der Verhandlung abgelehnt wird und die Entscheidung über die Ablehnung eine Vertagung der Verhandlung erfordern würde. Selbst wenn - was die Revision schon nicht darlegt - der Ablehnungsantrag unmittelbar vor Beginn der mündlichen Verhandlung per Telefax bei Gericht eingegangen sein sollte, durfte die Klägerin sich nicht darauf verlassen, dass der Termin aufgehoben werde.

11

b) Eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung der Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO dahin, dass sie auch dann anzuwenden sind, wenn die schuldhaft säumige Partei mit der Revision geltend macht, das erkennende Gericht sei bei Erlass des zweiten Versäumnisurteils nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, weil es die Ablehnungsgesuche der Partei zu Unrecht als unzulässig verworfen habe, lassen der Bedeutungszusammenhang der Vorschriften und ihr Sinn und Zweck nicht zu.

12

aa) Das Säumnisverfahren ist Folge des Mündlichkeitsprinzips und der Verhandlungsmaxime (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 149/11, FamRZ 2012, 27 Rn. 9). Eine Partei könnte den Fortgang des Verfahrens blockieren, wenn sie nicht zum Termin erscheint oder nicht zur Sache verhandelt. Die Zivilprozessordnung knüpft daher nachteilige Folgen an die Säumnis. Ist der Kläger säumig, ist die Klage ohne Sachprüfung abzuweisen (§ 330 ZPO). Ein erstes Versäumnisurteil kann noch im Wege des Einspruchs aus der Welt geschafft werden (§ 342 ZPO). Um zu verhindern, dass der Einspruch "ein bequemes Mittel zur Verschleppung der Prozesse" wird, hat der historische Gesetzgeber seine wiederholte Zulassung jedoch beschränkt (BGH, aaO, mwN; Urteil vom 3. März 2008 - II ZR 251/06, VersR 2009, 802 Rn. 13 aE). Erscheint die Partei nach rechtzeitigem Einspruch gegen das erste Versäumnisurteil erneut nicht zur mündlichen Verhandlung oder erscheint sie zwar, ist sie aber nicht ordnungsgemäß vertreten oder verhandelt sie nicht, so hat das Gericht nur noch die Voraussetzungen der wiederholten Säumnis, insbesondere die ordnungsgemäße Ladung zum Termin zu prüfen, bevor es den Einspruch durch (zweites) Versäumnisurteil verwirft (§ 345 ZPO; BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011, aaO).

13

bb) Die Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil gemäß § 514 Abs. 2 ZPO kann folgerichtig nur die Zulässigkeit des Versäumnisurteils betreffen (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 149/11, FamRZ 2012, 27 Rn. 10 mwN). Eine Erweiterung der Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts hat der Bundesgerichtshof wiederholt abgelehnt. So kann die Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil nicht darauf gestützt werden, dass bei Erlass des ersten Versäumnisurteils ein Fall der Säumnis nicht vorgelegen habe (BGH, Beschluss vom 16. April 1986 - VIII ZB 26/85, BGHZ 97, 341) oder die Klage nicht schlüssig sei (BGH, Beschluss vom 6. Mai 1999 - V ZB 1/99, BGHZ 141, 351). Eine Ausnahme hiervon ist wegen § 700 Abs. 6, § 331 Abs. 1, 2, § 345 ZPO nur für das einen Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid verwerfende (zweite) Versäumnisurteil anerkannt (BGH, Urteil vom 25. Oktober 1990 - IX ZR 62/90, BGHZ 112, 367, 371 ff.). Die an die wiederholte Säumnis einer Partei geknüpfte Sanktion des § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO steht in einer Reihe mit weiteren gesetzlichen Regelungen im Versäumnisverfahren (§ 708 Nr. 2, § 340 Abs. 3, § 341 Abs. 1 ZPO), die sämtlich darauf hinauslaufen, eine Partei, gegen die ein Versäumnisurteil erlassen ist, im Interesse der Prozessbeschleunigung zu besonders sorgfältiger Prozessführung zu veranlassen. Bleibt die Partei erneut schuldhaft säumig, ist es nur konsequent, an dieses Fehlverhalten die schärfere Sanktion des endgültigen Prozessverlustes zu knüpfen (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 149/11, FamRZ 2012, 27 Rn. 10 mwN; Adolphsen/Dickler, ZZP 125 (2012), 463, 470).

14

cc) Vor diesem Hintergrund ist entgegen der Ansicht der Revision eine erweiternde Auslegung der Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht möglich. Es handelt sich bei der Beanstandung der ordnungsgemäßen Besetzung des erkennenden Gerichts (§ 547 Nr. 1 ZPO) zwar nicht nur um eine Rüge, die das Gericht, das über den Einspruch zu befinden hat, wegen der Säumnis der Partei nicht zu prüfen hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 149/11, FamRZ 2012, 27 Rn. 12). Die ordnungsgemäße Besetzung ist vielmehr vor Erlass des zweiten Versäumnisurteils von Amts wegen zu prüfen. Einer erweiternden Auslegung der Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO dahin, dass sie dem Revisionsgericht die Möglichkeit der Überprüfung der Entscheidungen des Berufungsgerichts über die Ablehnungsgesuche der schuldhaft säumigen Partei eröffnet, steht aber ihr Sinn und Zweck entgegen. Eine solche Auslegung würde zudem zu einem nicht hinnehmbaren Wertungswiderspruch führen.

15

(1) Soweit der Bundesgerichtshof angenommen hat, das mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachte Vorliegen eines der absoluten Revisionsgründe des § 547 Nrn. 1 bis 4 ZPO gebiete die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO; BGH, Beschluss vom 15. Mai 2007 - X ZR 20/05, BGHZ 172, 250 Rn. 8 ff.), hat er betont, dass dieser Zulassungsgrund auch dazu dient, die Korrektur von Rechtsanwendungsfehlern zu ermöglichen, die über den Einzelfall hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren.

16

(2) So liegt es aber im hier fraglichen Fall der Revision gegen ein zweites Versäumnisurteil, die darauf gestützt wird, die Ablehnungsgesuche der Klägerin seien zu Unrecht als unzulässig verworfen worden, nicht. Die Vorschriften der § 514 Abs. 2 Satz 1, § 565 Satz 1 ZPO dienen - wie gezeigt - nicht allgemein der Korrektur von Rechtsanwendungsfehlern. Sie stellen eng auszulegende Ausnahmevorschriften dar, die lediglich die Überprüfung ermöglichen sollen, ob eine schuldhafte Säumnis tatsächlich vorgelegen hat, mithin die Sanktion des endgültigen Prozessverlustes gerechtfertigt ist (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 1989 - III ZR 111/88, NJW 1990, 838, 839 unter II 3 a; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Aufl., § 514 Rn. 2; Gerken in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 514 Rn. 7; MünchKommZPO/Rimmelspacher, 4. Aufl., § 514 Rn. 17 aE). Ansonsten sollen sie einer Verschleppung des Rechtsstreits vorbeugen. Eine Anwendung der Vorschriften auch auf den Fall, dass die schuldhaft säumige Partei in der Revision die unrichtige Behandlung ihrer Ablehnungsgesuche durch das Berufungsgericht rügt, steht diesem Ziel entgegen. Im Übrigen hatte schon der historische Gesetzgeber eine Ergänzung des (heutigen) § 514 Abs. 2 ZPO dahin, die Berufung auch dann zuzulassen, wenn der erstinstanzliche Richter ein "Urtheil gegeben habe, welches er ex officio hätte vermeiden müssen", abgelehnt (Hahn, Mat. II, S. 708 f. zu § 454).

17

(3) Eine erweiternde Auslegung würde zudem zu einem nicht mehr hinnehmbaren Wertungswiderspruch führen. Denn es ist seit der Änderung des § 514 Abs. 2 ZPO513 Abs. 2 ZPO aF) durch das Gesetz zur Vereinfachung und Beschleunigung gerichtlicher Verfahren vom 3. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3281) anerkannt, dass die Revision nach den Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 ZPO ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstandes oder eine Zulassung zulässig ist (BGH, Urteil vom 8. Oktober 2015 - III ZR (Ü) 1/15 Rn. 7; Beschluss vom 3. März 2008 - II ZR 251/06, NJW-RR 2008, 876 Rn. 3; Urteil vom 11. Oktober 1978 - IV ZR 101/77, NJW 1979, 166). Damit würde aber dem in der Berufungsinstanz zweifach schuldhaft säumigen Revisionskläger entgegen den Vorschriften der § 46 Abs. 2, § 567 Abs. 1, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO eine Überprüfung der in der Berufungsinstanz getroffenen Entscheidungen über seine Ablehnungsgesuche in der Revision sogar dann ermöglicht, wenn eine ordnungsgemäß verhandelnde Partei eine solche nicht - nicht einmal inzident (§ 543 Abs. 1, § 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO) - erreichen könnte.

18

2. Eine analoge Anwendung der Regelungen der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO auf den hier vorliegenden, von ihrem Wortsinn nicht mehr erfassten Sachverhalt kommt nicht in Betracht. Eine Analogie scheidet unabhängig von der Frage, ob das Gesetz eine Lücke aufweist, aus. Denn § 514 Abs. 2 ZPO entspringt nicht der grundsätzlichen Wertung, dass ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör oder gegen andere Verfahrensgrundrechte bereits für sich allein die Berufung oder die Revision ermöglichen soll. Vielmehr geht es lediglich um die Regelung des Sonderfalls der (unverschuldeten) Säumnis (BGH, Urteil vom 19. Oktober 1989 - III ZR 111/88, NJW 1990, 838, 839 unter II 3 b). Die Klägerin war hier aber schuldhaft säumig.

19

3. Ist im Ergebnis die Revision nicht statthaft, so kann dem Revisionsgericht die Möglichkeit zu einer Nachprüfung der vorschriftsmäßigen Besetzung des Berufungsgerichts auch nicht deshalb eröffnet werden, weil der dahin zielende Angriff möglicherweise zugleich einen Nichtigkeitsgrund nach § 579 Abs. 1 ZPO darstellt. Auch das Vorliegen von Nichtigkeitsgründen kann in der Revisionsinstanz nur nachgeprüft werden, wenn die Revision überhaupt zulässig ist (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 1951 - II ZR 16/51, BGHZ 2, 278, 280 f.; Jacobs in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 547 Rn. 4).

Galke                       Stöhr                      Offenloch

              Oehler                       Roloff

(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht

1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist;
2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt;
3.
das Einvernehmen der Parteien allein.

(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für

1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen,
2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
(weggefallen)
4.
Wechsel- oder Scheckprozesse,
5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird,
6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist,
7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder
8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
dabei genügt es, wenn nur einer von mehreren Ansprüchen die Voraussetzungen erfüllt. Wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf, ist dem Verlegungsantrag nicht zu entsprechen.

(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.

6
a) Nach § 565 i.V.m. § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO unterliegt ein Versäumnisurteil , gegen das - wie hier gemäß § 345 ZPO - der Einspruch an sich nicht statthaft ist, der Revision insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe. Das trifft unter anderem zu, wenn der Termin zur mündlichen Verhandlung, auf die das zweite Versäumnisurteil erging, von der betroffenen Partei unverschuldet versäumt wurde (vgl. BGH, Urteile vom 19. November 1981 - III ZR 85/80 - VersR 1982, 268; vom 27. September 1990 - VII ZR 135/90 - NJW 1991, 42, 43 und vom 19. November 1998 - IX ZR 152/98 - VersR 2000, 121 f.; Beschluss vom 24. Januar 1985 - I ZR 113/84 - VersR 1985, 542, 543). Der Sachverhalt, der die Zulässigkeit des Rechtsmittels rechtfertigen soll, muss vollständig in der Rechtsmittelbe- gründung vorgetragen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 1967 - VII ZB 13/66 - NJW 1967, 728; Urteile vom 27. September 1990 - VII ZR 135/90 - aaO und vom 22. März 2007 - IX ZR 100/06 - NJW 2007, 2047 m.w.N.). Bei §§ 565, 514 Abs. 2 ZPO ist die Schlüssigkeit des Sachvortrags - anders als sonst - bereits Voraussetzung der Zulässigkeit des Rechtsmittels (vgl. zu § 513 Abs. 2 ZPO a.F.; BGH, Urteil vom 9. Oktober 1975 - VII ZR 242/73 - VersR 1976, 76, 68; Beschluss vom 23. September 1987 - III ZB 15/87 - BGHR ZPO § 513 Abs. 2 S. 1, Säumnis 1 m.w.N.). Daraus folgt, dass das Revisionsgericht nicht an den Informationsstand gebunden ist, über den das Berufungsgericht bei Erlass seiner Entscheidung verfügte.

(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht

1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist;
2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt;
3.
das Einvernehmen der Parteien allein.

(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für

1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen,
2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
(weggefallen)
4.
Wechsel- oder Scheckprozesse,
5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird,
6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist,
7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder
8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
dabei genügt es, wenn nur einer von mehreren Ansprüchen die Voraussetzungen erfüllt. Wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf, ist dem Verlegungsantrag nicht zu entsprechen.

(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 212/02 Verkündet am:
13. Januar 2004
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
§ 227 Abs. 1 ZPO ist im erstinstanzlichen Patentnichtigkeitsverfahren entsprechend
anzuwenden.
Leidet das Verfahren vor dem Bundespatentgericht an einem Mangel, kann die Patentnichtigkeitssache
ohne Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 538
Abs. 2 Nr. 1 ZPO zurückverwiesen werden.
BGH, Urt. v. 13. Januar 2004 - X ZR 212/02 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 13. Januar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis,
die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, die Richterin Mühlens und den Richter
Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin werden das am 4. Juni 2002 verkündete Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts und das Verfahren vor dem Bundespatentgericht aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des unter anderem mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 542 144 (Streitpatents), das auf einer Anmeldung vom 6. November 1992 beruht, mit der die Priorität einer deutschen Patentanmeldung vom 12. November 1991 in Anspruch genommen worden ist. Das in der Verfahrenssprache Deutsch am 21. Mai 1997 veröffentlichte Streitpatent umfaßt elf Patentansprüche, von denen die Patentansprüche 1 und 4 in der erteilten Fassung folgenden Wortlaut haben:
"1. Vorrichtung zum Verbinden eines Drahtes (85) mit einem Kontaktelement (88) od. dgl. durch Verformen von Klemmorganen (90, 90 ) des Kontaktelementes (88) mittels Druckelementen a eines auswechselbar in einer Presse angeordneten Crimpwerkzeugs (84), bei der eine um die Achse (A) eines in Druckrichtung weisenden Arretierbolzens (16) od. dgl. Halteorganes drehbar und druckorganseitig vorgesehene Verstellscheibe (13) des Crimpwerkzeuges (84) einer klemmorganseitigen weiteren Verstellscheibe (14) des Crimpwerkzeuges (84) koaxial drehbar zugeordnet ist, wobei beide Verstellscheiben jeweils mit zumindest einer in Druckrichtung (x) spiralartig ansteigenden Ringfläche (65, 68, 108) versehen sind, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß die erste druckorganseitige Verstellscheibe (13) zur Bestimmung der Preßtiefe
mit Auflagepunkten (97 , 98 ) einer Druckplatte (15) zusam- d d menwirkt und die weitere Verstellscheibe (14) sich zum Verstellen eines Isolations-Crimpers (76) an der ersten Verstellscheibe (13) abstützt.
4. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß die Druckplatte (15) in eine zentrische Ausnehmung der weiteren Verstellscheibe (14) einsetzbar dimensioniert ist und an ihrer Oberfläche (96) mit zwei teilkreisförmigen, um 180° versetzten Druckflächen (97 , 98 ) ansteigender Oberfläche als Auflagepunkte d d für die darüberliegende, druckorganseitige Verstellscheibe (13) versehen ist."
Wegen des Wortlauts der weiteren Patentansprüche in der erteilten Fassung wird auf die europäische Patentschrift 0 542 144 B 1 verwiesen.
Mit ihrer Nichtigkeitsklage hat die Klägerin geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents in der erteilten Fassung sei gegenüber dem entgegengehaltenen Stand der Technik nicht patentfähig. Die Beklagte hat der Nichtigkeitsklage widersprochen und zunächst beantragt, diese abzuweisen. Im Verlauf der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht hat die Beklagte sodann das Streitpatent nur noch in einer geänderten Fassung verteidigt. Hiernach dienen aus der Beschreibung des Streitpatents entnommene sowie ein Teil der ursprünglich erst mit Patentanspruch 4 beanspruchten
Merkmale als zusätzliche Kennzeichnung des mit dem Patentanspruch 1 beanspruchten Gegenstands.
Die Klägerin hat auf die geänderte Fassung mit der Erklärung reagiert, sie halte diese Fassung für unzulässig, weil der neue Patentanspruch 1 eine vollständige Lösung nicht offenbare. Im übrigen hat die Klägerin Vertagung beantragt, weil im Hinblick auf den neuen Patentanspruch 1 eine weitere Recherche zur Frage der Neuheit und der Erfindungshöhe erforderlich sei.
Das Bundespatentgericht hat dem zuletzt gestellten Antrag der Beklagten folgend unter Abweisung der Nichtigkeitsklage im übrigen das Streitpatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, daß Patentansprüche 1 und 4 folgende Fassung erhalten (im folgenden sind bei Patentanspruch 1 aus der Beschreibung entnommene Merkmale kursiv, aus dem ursprünglichen Patentanspruch 4 entnommene Merkmale zusätzlich unterstrichen wiedergegeben):
"1. Vorrichtung zum Verbinden eines Drahtes (85) mit einem Kontaktelement (88) od. dgl. durch Verformen von Klemmorganen (90, 90 ) des Kontaktelementes (88) mittels Druckelementen a eines auswechselbar in einer Presse angeordneten Crimpwerkzeugs (84), bei der eine um die Achse (A) eines in Druckrichtung weisenden Arretierbolzens (16) od. dgl. Halteorganes drehbar und druckorganseitig vorgesehene Verstellscheibe (13) des Crimp-Werkzeuges (84) einer klemmorganseitigen weiteren Verstellscheibe (14) des Crimpwerkzeuges (84) ko-
axial drehbar zugeordnet ist, wobei beide Verstellscheiben jeweils mit zumindest einer in Druckrichtung (x) spiralartig an- steigenden Ringfläche (65, 68, 108) versehen sind, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß die erste druckorganseitige Verstellscheibe (13) zur Bestimmung der Preßtiefe mit Auflagepunkten (97 , 98 ) einer Druckplatte (15) zusam- d d menwirkt und die weitere Verstellscheibe (14) sich zum Verstellen eines Isolations-Crimpers (76) an der ersten Verstellscheibe (13) abstützt, daß sich zwei Ringflächen (65, 68) der ersten druckorganseitigen Verstellscheibe (13) in Umfangsrichtung über etwa 360° erstrecken, gegeneinander um 180° versetzt und in radialer Richtung aufeinanderfolgend angeordnet sind, und daß die Druckplatte (15) an ihrer Oberfläche (96) mit zwei teilkreisförmigen, um 180° versetzten Druckflächen (97 , 98 ) ansteigender Oberfläche als Auflagepunkte für die d d druckorganseitige Verstellscheibe (13) versehen ist.
4. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß die Druckplatte (15) in eine zentrische Ausnehmung der weiteren Verstellscheibe (14) einsetzbar dimensioniert ist."
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Die Klägerin beantragt hauptsächlich,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Sache an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen.
Gestützt auf eine mit der Berufungsbegründung in das Verfahren eingeführte weitere Entgegenhaltung beantragt die Klägerin ferner hilfsweise,
das Streitpatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfange für nichtig zu erklären,
da in Anbetracht dieses Stands der Technik das Streitpatent auch in der geänderten Fassung nicht patentfähig sei.
Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel der Klägerin entgegen.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und des erstinstanzlichen Verfahrens sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Bundespatentgericht, weil das Verfahren im ersten Rechtszug an einem Mangel gelitten hat.
1. Der Senat entnimmt der Berufungsbegründung, daß die Klägerin sich mit ihrem Hauptantrag (auch) dagegen wendet, daß ihr vor dem Bundespatentgericht gestellter Antrag, die Verhandlung zu vertagen, zurückgewiesen wor-
den ist, indem das Bundespatentgericht im Anschluß an diesen Antrag die mündliche Verhandlung geschlossen und ein Urteil in der Sache verkündet hat. Diese Rüge ist berechtigt. Es war im Streitfall gemäß § 227 Abs. 1 ZPO, § 99 Abs. 1 PatG prozeßordnungswidrig, ohne Vertagung der mündlichen Verhandlung über die Nichtigkeitsklage durch Urteil zu entscheiden.

a) § 227 Abs. 1 ZPO ist gemäß § 99 Abs. 1 PatG im erstinstanzlichen Patentnichtigkeitsverfahren entsprechend anzuwenden, weil das Patentgesetz keine Bestimmung darüber enthält, ob und gegebenenfalls wann ein Termin vor dem Bundespatentgericht vertagt werden kann, und das Patentnichtigkeitsverfahren gegenüber dem Zivilprozeßverfahren keine Besonderheiten aufweist, die eine Heranziehung des § 227 Abs. 1 ZPO ausschließen. Die Regelung in § 87 Abs. 2 PatG verlangt nur ein Patentnichtigkeitsverfahren in erster Instanz möglichst in einer Sitzung zu erledigen und läßt damit schon dem Wortlaut nach andere Verfahrensweisen zu. Dem so verstandenen Beschleunigungsgebot für das erstinstanzliche Patentnichtigkeitsverfahren widerspricht die Anwendung von § 227 Abs. 1 ZPO nicht. Denn auch hiernach kommt eine Vertagung nur ausnahmsweise in Betracht, nämlich nur dann, wenn hierfür ein erheblicher Grund streitet. Dieses Erfordernis verlangt außerdem nach einer Prüfung, die nicht nur Rechte der Beteiligten oder deren beachtenswerte Interessen , sondern auch das Gebot der Beschleunigung des Verfahrens berücksichtigt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.12.1999 - 7 B 155.99, Buchholz 303, § 227 ZPO Nr. 29).

b) Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, die insbesondere vom Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Anwendung des § 173 VwGO ent-
wickelt worden ist, sind eine Vertagung der mündlichen Verhandlung rechtfertigende erhebliche Gründe im Sinne von § 227 Abs. 1 regelmäßig solche, die den Anspruch auf rechtliches Gehör einer oder mehrerer Parteien berühren und die auch gerade zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs eine Zurückstellung des Beschleunigungs- und Konzentrationsgebots erfordern (BVerwG, Beschl. v. 23.01.1995 - 9 B 1.95, NJW 1995, 1231). Angesichts der verfassungsrechtlichen Garantie des Anspruchs auf rechtliches Gehör verbleibt dem Gericht dann auch kein Ermessensspielraum. Zur Gewährung des rechtlichen Gehörs und eines insoweit prozeßordnungsgemäßen Verfahrens muß die mündliche Verhandlung vertagt werden (BVerwG, Urt. v. 29.09.1994 - 3 C 28.92, NJW 1995, 1441).
Diese Notwendigkeit besteht nach höchstrichterlicher Rechtsprechung immer dann, wenn nach dem für das Gericht ersichtlichen oder gegebenenfalls auf Verlangen des Gerichts (vgl. § 227 Abs. 2 ZPO) glaubhaft gemachten Sachstand durch die Ablehnung einer Vertagung der eine solche beantragenden Partei die Möglichkeit entzogen wäre, sich in der betreffenden Instanz sachgemäß und erschöpfend über alle Tatsachen, Beweisergebnisse oder sonstigen verhandelten Fragen zu erklären (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.12.1997 - 5 CB 69.74, Buchholz 310, § 108 Nr. 100), die Grundlage der zu treffenden Entscheidung sind (BVerfGE 7, 239, 241; BGH, Urt. v. 16.05.1977 - VIII ZR 311/75, MDR 1978, 46 m.w.N.). Ein solcher Fall ist beispielsweise gegeben, wenn die Vertagung beantragende Partei von dem Gericht oder der Gegenseite mit einer Tatsachen- oder einer Rechtsfrage konfrontiert wird, mit der sie sich nicht "aus dem Stand" auseinanderzusetzen vermag, zu der sie sachlich fundiert vielmehr nur dann Stellung nehmen kann, wenn sie angemes-
sene Zeit für Überlegung und Vorbereitung hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.03.1992 - 4 CB 2.91, NVwZ-RR 1993, 275), die anders, etwa durch eine Unterbrechung der mündlichen Verhandlung, nicht in ausreichender Weise zur Verfügung gestellt werden kann.

c) So lagen die Dinge auch hier. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht war zunächst nur der Bestand des Streitpatents in der erteilten Fassung streitig. Dieser Streit umfaßte keinen Patentanspruch, der Gegenstand der Fassung ist, mit welcher die Beklagte erstmals in der mündlichen Verhandlung hervorgetreten ist. Erst durch die Verteidigung des Streitpatents lediglich im Umfang dieser neuen Fassung wurde deshalb die Frage entscheidungserheblich, ob das bisherige Vorbringen der Klägerin zur Rechtfertigung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrunds diesen auch gegenüber der verteidigten Fassung ausfülle, mit der Folge, daß sich die Klägerin nunmehr fragen mußte, was der verteidigten Fassung entgegengehalten werden könne. Das verlangte nach Überlegung und Vorbereitung. Da nichts dafür ersichtlich oder gar festgestellt ist, daß die Klägerin eine auf die neue, verteidigte Fassung ausgerichtete Recherche im Stand der Technik bereits durchgeführt hatte, gehörte hierzu auch diese Maßnahme, zumal die Klägerin ausdrücklich eine neue, auf die nunmehr verteidigte Fassung ausgerichtete Recherche als notwendig bezeichnet hatte, um sich vollständig zur Patentfähigkeit der verteidigten Fassung äußern zu können. Denn regelmäßig kann erst durch eine Recherche Kenntnis vom relevanten Stand der Technik erlangt werden, der Entscheidungsgrundlage für den hier geltend gemachten Nichtigkeitsgrund ist. Da auch nichts dafür ersichtlich ist, daß im Streitfall ausnahmsweise etwas anderes gelten könnte, mußte deshalb angenommen werden, daß eine sachgemäße
und erschöpfende Äußerung der Klägerin zu der verteidigten Fassung des Streitpatents erst nach Ablauf einer angemessenen Frist für eine neue Recherche im Stand der Technik möglich war.

d) Das Bundespatentgericht hat hieraus gleichwohl ein Vertagungserfordernis nicht abgeleitet, weil es mit der verteidigten Fassung ein in der Streitpatentschrift beschriebenes und in den Figuren gezeigtes Ausführungsbeispiel als beansprucht angesehen hat. Bei einer Beschränkung eines erteilten Patents auf ein darin offenbartes Ausführungsbeispiel könne ein Nichtigkeitskläger schwerlich geltend machen, hierzu sei nicht bereits vor der Beschränkung eine Recherche notwendig gewesen, weil schon ein Nachweis fehlender Neuheit oder Erfindungshöhe bezüglich eines Ausführungsbeispiels zur Vernichtung des Patents in der erteilten Fassung führen müsse. Mit dieser Argumentation hat das Bundespatentgericht der Sache nach höchstrichterliche Rechtsprechung angewendet, wonach der Betroffene zunächst seinerseits alles in seinen Kräften Stehende und nach Lage der Dinge Erforderliche getan haben muß, um sich in der mündlichen Verhandlung rechtliches Gehör zu verschaffen (vgl. BGH, Urt. v. 24.11.1988 - III ZR 69/88, BGHR ZPO § 227; BVerwG, Urt. v. 29.09.1994 - 3 C 28.92, NJW 1995, 1441). Diese Rechtsprechung ist jedoch ergangen und auf Fälle zugeschnitten, in denen die Partei oder ein postulationsfähiger Vertreter im Termin nicht erschienen ist und fraglich gewesen ist, ob eine Verhinderung bestand, durch Wahrnehmung des Termins sich rechtliches Gehör zu verschaffen. Aus dieser Rechtsprechung kann deshalb für das Patentnichtigkeitsverfahren nicht abgeleitet werden, der Kläger müsse im Hinblick auf die in diesem Verfahren bestehende Möglichkeit einer beschränkten Verteidigung des angegriffenen Schutzrechts mit geänderten Patentansprüchen
jedenfalls eine Recherche nach Maßgabe der darin offenbarten Ausführungsbeispiele oder gar jede Recherche bereits durchgeführt haben, die sich im Falle nachträglicher beschränkter Verteidigung als sinnvoll erweisen könne, anderenfalls er nicht geltend machen könne, wegen der nunmehr beschränkten Verteidigung des Streitpatents seinen Anspruch auf rechtliches Gehör nur nach Vertagung wahren zu können. Sinn und Zweck einer Terminsbestimmung ist es, daß die Beteiligten sich in bestimmter Weise, nämlich in mündlicher Verhandlung , rechtliches Gehör verschaffen können. Es kann deshalb erwartet werden, daß jeder Beteiligte sich darauf einrichtet, einen anberaumten Termin auch wahrzunehmen. Zieht sich ein Patentinhaber im Laufe der mündlichen Verhandlung im Patentnichtigkeitsverfahren auf eine Verteidigung des Schutzrechts in geänderter Fassung zurück, steht hingegen die Art und Weise des Angriffs gegen das Schutzrecht in Frage, also insbesondere, was hierzu vorgetragen werden soll und aufgrund welcher Ermittlungen dieser Vortrag erfolgt. Das ist jedoch in den sich aus dem Wahrheitsgebot ergebenden Grenzen allein dem Kläger überlassen. Damit ist eingeschlossen, zunächst auf eine Recherche nach Maßgabe eines im erteilten Schutzrecht offenbarten Ausführungsbeispiels zu verzichten und sich darauf einzurichten, zur Vorbekanntheit und zum Naheliegen der Merkmale, die zur Kennzeichnung des geschützten Gegenstandes in den erteilten Patentanspruch aufgenommen sind, auf andere, einem selbst geeignet erscheinenden Weise vortragen zu können. Denn im Falle des hier geltend gemachten Nichtigkeitsgrunds hat die Prüfung auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit nach Maßgabe dieser Merkmale zu erfolgen. Es muß deshalb in aller Regel genügen, hierauf in der mündlichen Verhandlung auf eine mögliche Weise eingehen zu können.

e) Die ergänzende Begründung des Bundespatentgerichts, nämlich gegen die "Unvorhersehbarkeit" der erfolgten Beschränkung, spreche auch, daß für einen Fachmann einerseits der "Kern der Erfindung", andererseits die Möglichkeiten der Abgrenzung gegenüber dem Stand der Technik durchaus erkennbar erschienen, ändert an der Mißachtung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nichts. Wenn das Bundespatentgericht hiermit gemeint haben sollte, die Klägerin habe bereits, bevor die Beklagte zum Mittel der Verteidigung des Streitpatents mit geänderten Patentansprüchen gegriffen habe, jedenfalls mit der Möglichkeit einer Beschränkung auf ein offenbartes Ausführungsbeispiel rechnen können und deshalb sich darauf einrichten müssen, hierzu in der anberaumten mündlichen Verhandlung sachgerecht Stellung zu nehmen, könnte dem nicht beigetreten werden. Auch im Nichtigkeitsverfahren trifft die Parteien zwar eine Prozeßförderungspflicht. Durch sie sollen die Parteien jedoch angehalten werden, Vorbringen nicht aus prozeßtaktischen Gründen zurückzuhalten (vgl. Sen.Urt. v. 15.10.2002 - X ZR 69/01, NJW 2003, 200). Deshalb kann hieraus beispielsweise eine Verpflichtung der Partei, tatsächliche Umstände , die ihr nicht bekannt sind, erst zu ermitteln, grundsätzlich nicht abgeleitet werden. Im Regelfall kann dann aber auch ebensowenig eine Ermittlungspflicht hinsichtlich solcher Umstände angenommen werden, mit deren Hilfe man zwar auch schon den Angriff gegen das erteilte Patent hätte führen können, die allein entscheidende Bedeutung jedoch überhaupt erst erlangen, sobald der Patentinhaber von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, sich bei der Verteidigung seines Schutzrechts auf ein Ausführungsbeispiel zurückzuziehen.

f) Der Streitfall weist keine Besonderheiten auf, die es rechtfertigten, von den vorstehenden Grundsätzen abzuweichen. Dabei kann dahinstehen, ob der Kern der Erfindung und Möglichkeiten zur Abgrenzung gegenüber dem Stand der Technik - wie vom Bundespatentgericht angenommen - durchaus erkennbar waren. Auch hiermit mußte die Klägerin sich zunächst nicht befassen. Ihre Klage richtete sich gegen das Streitpatent in der erteilten Fassung. Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund erforderte eine Prüfung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit nicht etwa nach Maßgabe des Kerns der Erfindung, sondern nach Maßgabe der zur Kennzeichnung des geschützten Gegenstandes in den betreffenden erteilten Patentanspruch aufgenommenen Merkmale. Zur Vorbekanntheit im Stand der Technik und zum Naheliegen allein dieser Merkmale hatte die Klägerin gemäß § 81 Abs. 5 PatG durch Angabe entsprechender Tatsachen vorzutragen. Da sie dies durch Hinweis auf ihr insoweit geeignet erscheinende Entgegenhaltungen getan hatte und im Hinblick auf das Streitpatent in der verteidigten Fassung ein Nachschieben von Gründen nicht in Rede stand, hatte mithin im Streitfall die Klägerin der ihr obliegenden Prozeßförderungspflicht Genüge getan.
2. Der Mangel im erstinstanzlichen Verfahren führt zur Zurückverweisung der Sache an das Bundespatentgericht. Dabei kann dahinstehen, ob dieser Mangel die Qualität und Folgen hat, die nach § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO eine Zurückverweisung erlauben.

a) Da das Patentgesetz keine das Berufungsverfahren in Nichtigkeitssachen betreffende Regelung enthält, ob und gegebenenfalls wann bei einem Verfahrensfehler in erster Instanz die Sache zurückverwiesen werden kann,
muß aus den im Senatsbeschluß vom 26. September 1996 (X ZR 14/94, GRUR 1997, 119 - Schwimmrahmen-Bremse) erörterten Gründen die bestehende Lücke möglichst gesetzesimmanent geschlossen werden. Damit bildet § 99 Abs. 1 PatG die sachgerechte Norm, weil diese Vorschrift einerseits auf eine weitgehend vollständige Verfahrensordnung verweist, hiernach andererseits aber auch Besonderheiten des Patentnichtigkeitsverfahrens Rechnung getragen werden kann und muß. Das wiederum führt dazu, daß - wie im Zivilprozeß gem. § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO - auch im Berufungsverfahren in Patentnichtigkeitssachen das Berufungsgericht die Sache zurückverweisen kann, wenn das Verfahren des erstinstanzlichen Gerichts an einem Mangel gelitten hat, daß diese Möglichkeit aber nicht an die weiteren Voraussetzungen des § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO geknüpft ist.
Das Patentnichtigkeitsverfahren ist dadurch geprägt, daß in der ersten Instanz unter Mitwirkung technischer Richter entschieden wird. Hierdurch erübrigt sich in dieser Instanz regelmäßig die Hinzuziehung eines Sachverständigen ; es kann so vergleichsweise kostengünstig und schnell in der Sache entschieden werden. Diese Möglichkeit auch nutzen zu können, haben die Parteien des Patentnichtigkeitsverfahrens nach der Ausgestaltung dieses Verfahrens ein Anrecht. Hiermit vertrüge es sich nicht, wenn der Senat - wie nach § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vorgesehen - eine Zurückverweisung wegen eines Verfahrensmangels nur in den Fällen aussprechen könnte, in denen der Mangel wesentlich ist und eine umfangreiche oder aufwendige Beweisaufnahme notwendig macht. Da der Senat nicht auf durch entsprechende Ausbildung gewährleisteten technischen Sachverstand von Mitgliedern zurückgreifen kann, muß er nämlich in Patentnichtigkeitsberufungsverfahren regelmäßig einen Sachver-
ständigen hinzuziehen. Der damit verbundene Kosten- und Zeitaufwand belastet die Parteien auch in den Fällen, in denen der Verfahrensmangel als nicht wesentlich eingestuft werden kann und/oder nur eine vergleichsweise schnell zu erledigende und mit vergleichsweise geringen zusätzlichen Kosten verbundene Beweiserhebung vor dem Senat zu erwarten ist. Deshalb muß auch in diesen Fällen die Zurückverweisung der Patentnichtigkeitssache an das Bundespatentgericht in Betracht kommen.

b) Der Senat wählt im Streitfall die mithin mögliche Zurückverweisung statt der eigenen Sachentscheidung. Aus den genannten Gründen ist es sachgerecht , daß das sachkundig besetzte Bundespatentgericht sich mit dem nunmehr von der Klägerin gegen das Schutzrecht in der verteidigten Fassung Vorgebrachten befaßt und zunächst dieses Gericht auf dieser Grundlage in der Sache entscheidet.
Melullis Jestaedt Scharen
Mühlens Meier-Beck

(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht

1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist;
2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt;
3.
das Einvernehmen der Parteien allein.

(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für

1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen,
2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
(weggefallen)
4.
Wechsel- oder Scheckprozesse,
5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird,
6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist,
7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder
8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
dabei genügt es, wenn nur einer von mehreren Ansprüchen die Voraussetzungen erfüllt. Wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf, ist dem Verlegungsantrag nicht zu entsprechen.

(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.

6
a) Nach § 565 i.V.m. § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO unterliegt ein Versäumnisurteil , gegen das - wie hier gemäß § 345 ZPO - der Einspruch an sich nicht statthaft ist, der Revision insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe. Das trifft unter anderem zu, wenn der Termin zur mündlichen Verhandlung, auf die das zweite Versäumnisurteil erging, von der betroffenen Partei unverschuldet versäumt wurde (vgl. BGH, Urteile vom 19. November 1981 - III ZR 85/80 - VersR 1982, 268; vom 27. September 1990 - VII ZR 135/90 - NJW 1991, 42, 43 und vom 19. November 1998 - IX ZR 152/98 - VersR 2000, 121 f.; Beschluss vom 24. Januar 1985 - I ZR 113/84 - VersR 1985, 542, 543). Der Sachverhalt, der die Zulässigkeit des Rechtsmittels rechtfertigen soll, muss vollständig in der Rechtsmittelbe- gründung vorgetragen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 1967 - VII ZB 13/66 - NJW 1967, 728; Urteile vom 27. September 1990 - VII ZR 135/90 - aaO und vom 22. März 2007 - IX ZR 100/06 - NJW 2007, 2047 m.w.N.). Bei §§ 565, 514 Abs. 2 ZPO ist die Schlüssigkeit des Sachvortrags - anders als sonst - bereits Voraussetzung der Zulässigkeit des Rechtsmittels (vgl. zu § 513 Abs. 2 ZPO a.F.; BGH, Urteil vom 9. Oktober 1975 - VII ZR 242/73 - VersR 1976, 76, 68; Beschluss vom 23. September 1987 - III ZB 15/87 - BGHR ZPO § 513 Abs. 2 S. 1, Säumnis 1 m.w.N.). Daraus folgt, dass das Revisionsgericht nicht an den Informationsstand gebunden ist, über den das Berufungsgericht bei Erlass seiner Entscheidung verfügte.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.