Bundesgerichtshof Urteil, 08. Nov. 2005 - VI ZR 64/05

bei uns veröffentlicht am08.11.2005
vorgehend
Landgericht Hamburg, 324 O 263/01, 06.07.2001
Hanseatisches Oberlandesgericht, 7 U 73/01, 12.02.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 64/05 Verkündet am:
8. November 2005
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
GG Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1; BGB §§ 823 Ah, 1004; KUG §§ 22, 23
Zur Frage der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch
Verwendung eines technisch manipulierten Fotos einer Person im Rahmen
einer satirischen Bilddarstellung.
BGH, Urteil vom 8. November 2005 - VI ZR 64/05 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. November 2005 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 12. Februar 2002 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt von der Beklagten Unterlassung der Verbreitung einer Bilddarstellung im Rahmen einer Fotomontage.
2
Im Jahre 2000 berichtete die Beklagte in einer bei ihr verlegten Zeitschrift über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Deutschen Telekom AG, deren Vorstandsvorsitzender der Kläger damals war. Sie illustrierte den Artikel mit der Ablichtung eines Mannes in einem Geschäftsanzug, der auf einem bröckelnden, magentafarbenen, dem Firmenemblem der Telekom entnommenen großen "T" sitzt und unbeschwert nach oben sieht. Die fotografische Abbildung des Kopfes des Klägers ist im Zuge einer Fotomontage auf den Oberkörper eines anderen Mannes gesetzt worden. Dabei ist die Abbildung des Kopfes technisch in einem zwischen den Parteien streitigen Umfang bearbeitet worden. Unstreitig wurde der Kopf allerdings um ca. 5 % gestreckt. Die Beklagte verwandte das Motiv auch zur weiteren Illustration des Artikels und wiederholte es in einer späteren Ausgabe.
3
Der Kläger verlangt Unterlassung, weil sein Gesicht bei der Herstellung der Fotomontage mittels unterschwelliger Manipulation negativ verändert worden sei. Es wirke - so der Kläger - infolge des technischen Eingriffs insgesamt länger, Wangen und Kinn seien fleischiger und breiter, der Kinnbereich fülliger und die Hautfarbe blasser als auf der Originalaufnahme. Der Kopf sei zudem im Verhältnis zum Körper insgesamt zu klein und sitze zu tief auf den Schultern, so dass der Hals kürzer und dicker erscheine.
4
Das Landgericht hat der Unterlassungsklage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hat der erkennende Senat die Revision zugelassen und in seinem Urteil vom 30. September 2003 - VI ZR 89/02 - BGHZ 156, 206 auf die Rechtsmittel der Beklagten das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und dasjenige des Landgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Auf die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde des Klägers hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 14. Februar 2005 - 1 BvR 240/04 - (NJW 2005, 3271) dieses Urteil aufgehoben und die Sache an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB wegen rechtswidriger Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG). Die Beklagte könne sich für die satirische Darstellung grundsätzlich auf den Schutz der Meinungsfreiheit berufen. Sie habe das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Beschwerdeführers jedoch in rechtswidriger Weise verletzt, indem sie seinen Kopf mittels unterschwelliger Manipulation negativ verändert abgebildet habe. Durch das satirische Gewand unterfalle die angegriffene Fotomontage zwar im Grundsatz auch dem Kunstbegriff des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. Jedoch sei die Veränderung der Darstellung des Klägers als unzutreffende Tatsachenbehauptung nicht mehr gerechtfertigt. Die nicht satiretypische, aber wirklichkeitsnahe Darstellung des Kopfes des Klägers sei einer gesonderten Betrachtung zugänglich.

II.

6
Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält auch auf der Grundlage der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Februar 2005 - 1 BvR 240/04 - (aaO) revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
7
Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen rechtfertigen nicht die Zuerkennung eines Unterlassungsanspruchs nach §§ 823, 1004 BGB, 22 f.
KUG wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch Verbreitung der beanstandeten Fotomontage.
8
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sichert das allgemeine Persönlichkeitsrecht, dass der Einzelne selbst darüber bestimmen darf, wie er sich in der Öffentlichkeit darstellt (vgl. BVerfGE 35, 202, 220 f.; 63, 131, 142; 101, 361, 380; und vom 14. Februar 2005 - 1 BvR 240/04 - aaO, 3272). Das Recht am eigenen Bild als Ausprägung dieses allgemeinen Persönlichkeitsrechts schützt den Grundrechtsträger daher vor der Verbreitung seines Bildes, sofern eine Einwilligung oder ein sonstiger Rechtsfertigungsgrund - etwa nach §§ 23 f. KUG - fehlt. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt auch vor der Verbreitung eines technisch manipulierten Bildes, das den Anschein erweckt, ein authentisches Abbild einer Person zu sein (BVerfG, Beschluss vom 14. Februar 2005 - 1 BvR 240/04 - aaO).
9
2. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht unterliegt wegen des Vorbehalts in Art. 2 Abs. 1 GG jedoch Einschränkungen.
10
a) Nach der vorgenannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der erkennende Senat die Bildaussage im vorliegenden Fall in den verfassungsrechtlichen Schutz aus Art. 5 Abs. 1 GG einbezogen und die Bilddarstellung als Illustration einer Wortberichtserstattung über ein die Öffentlichkeit interessierendes Thema gedeutet hat, nämlich den Zustand der Deutschen Telekom und die darauf bezogene Verantwortlichkeit des Klägers. Die bildliche Darstellung nimmt daher am grundrechtlichen Schutz des Berichts teil, dessen Illustration sie dient.
11
b) Ebenfalls nicht beanstandet hat das Bundesverfassungsgericht, dass der erkennende Senat bei der rechtlichen Bewertung die Fotomontage als satirische Darstellung eingeordnet und daher die Rechtsprechung des Bundesver- fassungsgerichts herangezogen hat, nach der für die Erfassung des eigentlichen Inhalts die Darstellung von ihrer satirischen Einkleidung zu befreien ist, um sodann den dahinter liegenden Aussagegehalt der Darstellung zu ermitteln (vgl. BVerfGE 75, 369, 377 f.; 86, 1, 12; vom 14. Februar 2005 - 1 BvR 240/04 - aaO, 3272). Dies hat der erkennende Senat vorliegend in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen dahin getan, dass die Darstellung des Klägers symbolisieren solle, der Kläger throne unbeschwert über den Problemen der Deutschen Telekom.
12
c) Das Bundesverfassungsgericht beanstandet jedoch die Auffassung des erkennenden Senats, dass die Darstellung des Kopfes und die an ihr vorgenommene Manipulation nicht gesondert zu bewerten seien, sondern eine Gesamtbetrachtung der Fotomontage im Rahmen der Satire zu erfolgen habe.
13
aa) Der Schutz des Persönlichkeitsrechts vor technischen insbesondere nicht erkennbaren Manipulationen entfalle nicht allein deshalb, weil die veränderte Abbildung in einen satirisch-verzerrenden Kontext gestellt werde. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur rechtlichen Beurteilung satirischer Darstellungen wolle den Persönlichkeitsschutz in solchen Situationen nicht grundsätzlich beschränken oder gar ausschalten. Sie wolle lediglich sichern, dass etwas nicht deshalb von vornherein aus dem Schutz der mit dem Persönlichkeitsrecht kollidierenden Kommunikationsgrundrechte herausfalle, weil es in einen Kontext geordnet sei, der - wie es bei satirischen Darstellungen der Fall sei - mit Übertreibungen, Verzerrungen und Verfremdungen als Stilmittel arbeite. Die Gesamtbetrachtung solle maßgebend werden, wenn bei einer Aufspaltung einzelner Aussagen der Schutz der Gesamtaussage oder der der Einzelaussage als Bestandteil der Gesamtaussage beeinträchtigt werde. Deshalb solle zunächst der Aussagekern erfasst und daraufhin überprüft werden, ob er mit Art. 5 GG unter Berücksichtigung des grundrechtlichen Persönlich- keitsschutzes vereinbar sei. Der ermittelte Aussagekern sei, soweit er eine Wertung ausdrücke, daraufhin zu überprüfen, ob eine Schmähkritik vorliege. Enthalte er demgegenüber eine Tatsachenmitteilung, so sei zu klären, ob sie wahr oder auf sonstige Weise gerechtfertigt sei.
14
bb) Die rechtliche Beurteilung beschränke sich jedoch nicht auf den Aussagekern. Vielmehr sei auch die Einkleidung der Aussage gesondert daraufhin zu überprüfen, ob sie eine Kundgabe der Missachtung der Person enthalte (vgl. BVerfGE 75, 369, 378; 86, 1, 12) oder auf andere Weise das Persönlichkeitsrecht verletze. Dabei sei zu beachten, dass die Maßstäbe für die Beurteilung der Einkleidung insoweit andere und im Regelfall weniger streng als bei der Beurteilung des Aussagekerns seien, als der gewählten Darstellungsart die Verfremdung wesenseigen sei (vgl. BVerfGE 75, 369, 378). Der verfassungsrechtliche Schutz der Einkleidung einer Aussage in eine Fotomontage entfalle aber nicht vollständig, wenn die isolierbaren Einzelteile je für sich betrachtet entstellend wirkten. Soweit das Gesicht des Klägers durch technische Manipulation verändert sei, erlange dieser Teil der grafischen Umsetzung der Aussage eigenständige Persönlichkeitsrelevanz.
15
cc) Das fotografische Abbild des Kopfes enthalte durch die technische Manipulation eine unrichtige Aussage, auch wenn der Beschwerdeführer trotz der Manipulation noch identifizierbar sei. Wie weit ein solcher Eingriff im Kontext einer satirischen Darstellung hinzunehmen sei, hänge auch davon ab, ob der Betrachter der Abbildung die manipulative Veränderung erkennen und deswegen gar nicht zu der irrigen Einschätzung kommen könne, der Abgebildete sähe in Wirklichkeit so aus. Eine Erkennbarkeit der Entstellung sei etwa einer karikaturhaften Zeichnung meist eigen. So aber liege es hier nicht. Das für die Montage benutzte Bild des Kopfes beanspruche eine fotografische Abbildung zu sein und gebe dem Betrachter keinen Anhaltspunkt für die Manipulation der Gesichtszüge. Ein solcher Anhalt folge auch nicht daraus, dass die übrige Darstellung deutlich erkennbar den Charakter des Fiktiven habe. Für die Abbildung des Kopfes gelte dies gerade nicht.
16
Das fotografische Abbild ohne Verwendung von Worten übermittele Informationen über die abgelichtete Person. Fotos suggerierten Authentizität und die Betrachter gingen davon aus, dass die abgebildete Person in Wirklichkeit so aussehe. Diese Annahme aber treffe bei einer das Aussehen verändernden Bildmanipulation, wie sie heute relativ einfach mit technischen Mitteln herbeigeführt werden könne, nicht zu. Der Träger des Persönlichkeitsrechts habe zwar kein Recht darauf, von Dritten nur so wahrgenommen zu werden, wie er sich selbst gerne sehen möchte (vgl. BVerfGE 97, 125, 148 f.; 97, 391, 403; st. Rspr.), wohl aber ein Recht, dass ein fotografisch erstelltes Abbild nicht manipulativ entstellt sei, wenn es Dritten ohne Einwilligung des Abgebildeten zugänglich gemacht werde. Die Bildaussage werde jedenfalls dann unzutreffend, wenn das Foto über rein reproduktionstechnisch bedingte und für den Aussagegehalt unbedeutende Veränderungen hinaus verändert werde. Solche Manipulationen berührten das Persönlichkeitsrecht, einerlei ob sie in guter oder in verletzender Absicht vorgenommen würden oder ob Betrachter die Veränderung als vorteilhaft oder nachteilig für den Dargestellten bewerteten. Stets werde die in der bildhaften Darstellung in der Regel mitschwingende Tatsachenbehauptung über die Realität des Abgebildeten unzutreffend.
17
dd) Die Unwahrheit der Aussage habe Auswirkungen auf die Reichweite des Schutzes durch die Meinungsfreiheit. Die unrichtige Information, die der verfassungsrechtlich vorausgesetzten Möglichkeit zutreffender Meinungsbildung nicht dienen könne, sei unter dem Blickwinkel der Meinungsfreiheit kein schützenswertes Gut (vgl. BVerfGE 54, 208, 219; 61, 1, 8; 94, 1, 8). So liege es auch bei der Verwendung von fotografischen Abbildungen in satirischen Kon- texten, wenn die Manipulation dem Betrachter nicht erkennbar sei, so dass er die Veränderung nicht als Teil der für satirische Darstellungen typischen Verfremdungen und Verzerrungen deuten und damit für seine Meinungsbildung bewertend einordnen könne. In einer Situation, in der der manipulierte Teil der Abbildung nicht als "Teil-" oder "Nebenaussage" der Bilddarstellung zurücktrete, sondern einen davon ablösbaren eigenständigen Aussagegehalt habe, bedürfe es einer eigenständigen Beurteilung unter dem Aspekt des Persönlichkeitsschutzes.
18
d) Ob im vorliegenden Fall eine über technisch unvermeidbare Änderungen hinausreichende Manipulation der Gesichtszüge des Klägers erfolgt sei und ob sie dem Betrachter erkennbar gewesen sei, sei durch die Instanzgerichte nicht abschließend geklärt. Der Kläger habe vorgetragen, es liege eine mehrfach gestufte Bildmanipulation vor, wohingegen die Beklagte nur eingeräumt habe, dass das verwandte Foto des Gesichts des Beschwerdeführers aus technischen Gründen der Fotokollage um 5 % in der Länge gestreckt sei. Das Landgericht und das Oberlandesgericht hätten gleichwohl eine tiefgreifende Manipulation des ursprünglich verwandten Bildes und eine schwerwiegende Veränderung der Bildaussage zum Nachteil des Klägers angenommen. Der Bundesgerichtshof habe die rechtliche Einordnung der Veränderung des Bildes auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung offen lassen können. Ebenso habe er nicht abschließend gefragt, ob die Veränderungen derart geringfügig seien, dass sie nur bei besonders aufmerksamer Betrachtung unter Vergleich mit dem Originalfoto des Klägers erkennbar seien und deshalb das Persönlichkeitsrecht nicht nennenswert hätten verletzen können.
19
4. Auf dieser Grundlage durfte das Berufungsgericht nach den getroffenen Feststellungen noch keine das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzende Manipulation des ursprünglich verwendeten Originalfotos annehmen. Dies wäre allerdings dann der Fall, wenn - entsprechend der Behauptung des Klägers - eine für den Betrachter nicht erkennbare mehrfach gestufte Bildmanipulation vorläge, die über technisch unvermeidbare Änderungen hinausreicht. Die Bildaussage wird jedenfalls dann unzutreffend, wenn das Foto über rein reproduktionstechnisch bedingte und für den Aussagegehalt unbedeutende Veränderungen hinaus verändert wurde. Das Berufungsgericht wird mithin die hiernach noch erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben. Vorher kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die Veränderungen des tatsächlichen Aussehens des Klägers derart geringfügig sind, dass sie nur bei besonders aufmerksamer Betrachtung unter Vergleich mit dem Originalfoto erkennbar sind und deshalb das Persönlichkeitsrecht nicht nennenswert verletzen. Denn der Träger des Persönlichkeitsrechts hat kein Recht darauf, von Dritten nur so wahrgenommen zu werden, wie er sich selbst gerne sehen möchte (vgl. BVerfGE 97, 125, 148 f.; 97, 391, 403; st. Rspr.). Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 06.07.2001 - 324 O 263/01 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 12.02.2002 - 7 U 73/01 -

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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der

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Bundesgerichtshof Urteil, 30. Sept. 2003 - VI ZR 89/02

bei uns veröffentlicht am 30.09.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 89/02 Verkündet am: 30. September 2003 Blum, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja

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(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 89/02 Verkündet am:
30. September 2003
Blum,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB §§ 823 Ah, 1004; KUG §§ 22, 23
Zur Abwägung zwischen allgemeinem Persönlichkeitsrecht und dem Recht auf
freie Meinungsäußerung bei einer satirischen Fotomontage, die ein Thema von
öffentlichem Interesse betrifft.
BGH, Urteil vom 30. September 2003 - VI ZR 89/02 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. September 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die
Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 12. Februar 2002 aufgehoben und das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 6. Juli 2001 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten Unterlassung der Verbreitung einer Fotomontage, die sie im Jahr 2000 auf mehreren Seiten einer von ihr verlegten Publikation veröffentlicht hat. Sie zeigt den Kläger - damals noch Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom AG - auf einem von Rissen durchzogenen , bröckelnden "T" sitzend, welches dem Firmenemblem der Telekom entnommen worden war. Die Darstellung des Klägers selbst bestand aus zwei Teilen. Sein einem Foto entnommener Kopf saß auf einem fremden Körper. Für
diese Anpassung war das Foto des Kopfes in einem zwischen den Parteien streitigen Umfang verändert worden. Der Kläger will nicht hinnehmen, daß sein Gesicht insgesamt länger erscheine , die Wangen fleischiger und breiter, der Kinnbereich fülliger, der Hals kürzer und dicker und die Hautfarbe blasser. Seine auf Unterlassung der Veröffentlichung bei Vermeidung von Ordnungsmitteln gerichtete Klage hatte vor dem Landgericht Erfolg. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hat der erkennende Senat die Revision zugelassen, mit der die Beklagte ihr Begehren auf Abweisung der Klage weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB wegen rechtswidriger Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG). Diesem Recht sei der Vorrang gegenüber der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG) einzuräumen , selbst wenn man unterstelle, daß es sich bei der Fotomontage um ein Kunstwerk handele. Weil der Kopf des Klägers mittels unterschwelliger Manipulation erheblich negativ verändert worden sei, nehme der durchschnittliche Betrachter an, der Kläger sehe tatsächlich so aus wie abgebildet. Diese nachteilige Veränderung werde nicht als satirisches Stilmittel wahrgenommen
und habe auch nach Auffassung der Beklagten keine eigene satirische Aussa- ge. Deshalb stelle sich die Abbildung auch unter Berücksichtigung der Abgrenzung zwischen dem Aussagekern der Satire und ihrer Einkleidung als unwahre Aussage über das Aussehen des Klägers dar, die diesen erheblich in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletze. Insoweit sei eine Einzelbetrachtung der Bestandteile der Darstellung - einerseits des satirisch verfremdeten "T"s, andererseits des ohne eigene satirische Aussage unterschwellig manipulierten Kopfes des Klägers - geboten, da die Bestandteile einer Einzelbetrachtung zugänglich seien und in Teilen grundrechtlich geschützte Rechte des Klägers verletzten. Hinzu komme, daß bei technischer Sicht das Bild vom Kopf des Klägers in den richtigen Proportionen hätte eingefügt werden können und dies die satirische Aussage der gesamten Fotomontage nicht verändert hätte. Diese Verletzung wiege bei der gebotenen Interessenabwägung schwerer als die durch die Kunstfreiheit geschützten Belange der Beklagten. Zudem sei das Interesse des Klägers an "wirklichkeitsgetreuer" Darstellung seines Porträts um so schutzwürdiger, je stärker die Darstellung den Anschein erwecke, der Wirklichkeit zu entsprechen.

II.

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Der Kläger hat weder nach §§ 823, 1004 BGB wegen einer Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts noch wegen einer Verletzung des § 22 KUG einen Anspruch auf Unterlassung der Verbreitung der von ihm beanstandeten Fotomontage, da er diese Abbildung seiner Person als in eine satiri-
sche Darstellung gekleidete Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG hinnehmen muß. 1. Es kann dahinstehen, ob es sich bei der Fotomontage um Kunst handelt , wie das Berufungsgericht unterstellt hat. Insoweit würde allein der Umstand , daß es sich bei der Veröffentlichung um eine satirische Darstellung handelt, noch nicht den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG eröffnen, weil Satire zwar Kunst sein kann, nicht aber jede Satire zugleich Kunst ist (BVerfGE 86, 1, 9; BVerfG, NJW 2002, 3767; anders wohl Gounalakis, NJW 1995, 809, 813, wonach Karikatur und Satire grundsätzlich den Schutz der Kunstfreiheit genießen ). Die Eigenheit der Satire, mit Verfremdungen, Verzerrungen und Übertreibungen zu arbeiten, kann nämlich ohne weiteres auch bei Meinungsäußerungen verwirklicht sein, die nicht dem Kunstbegriff unterfallen (BVerfGE 86, 1, 9). Das Berufungsgericht hat verkannt, daß die beanstandete Fotomontage in ihrer Eigenschaft als Satire jedenfalls unter dem Schutz der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG steht (vgl. Senatsurteil BGHZ 143, 199, 208). 2. Allerdings ist die Meinungsfreiheit nicht vorbehaltlos gewährleistet, sondern unterliegt den Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG. Zu diesen gehört das allgemeine Persönlichkeitsrecht, auf welches das Berufungsgericht die angegriffene Entscheidung stützt ebenso wie die §§ 22, 23 Abs. 2 KUG, die neben den §§ 823, 1004 BGB gleichfalls in Betracht zu ziehen sind (zuletzt BVerfG, NJW 2003, 1855, 1856).
a) Durch die Veröffentlichung der Fotomontage mit dem veränderten Abbild des Kopfes des Klägers wird dessen Recht am eigenen Bild berührt (zu § 22 KUG als besonderer Ausformung des Persönlichkeitsrechts vgl. Senatsurteile vom 22. Januar 1985 - VI ZR 28/83 - VersR 1985, 391, 392 und vom
12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - NJW 1994, 124, 125 - Greenpeace). Eine solche Montage unter Verwendung eines Bildes vom Kopf des Klägers stellt nämlich ein Bildnis im Sinne des § 22 KUG dar, ohne daß es insoweit auf den Grad der Verfremdung ankommt. Ausschlaggebend ist die Erkennbarkeit der abgebildeten Person, die hier außer Zweifel steht.
b) Daß das Bildnis ohne Einwilligung des Klägers verbreitet worden ist, berührt die Rechtmäßigkeit seiner Veröffentlichung nicht. Denn die Zustimmung des Klägers war gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG entbehrlich, da er jedenfalls eine „relative Person der Zeitgeschichte“ ist. Diese Ausnahmevorschrift gilt auch für satirische Bildveröffentlichungen (Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts , 4. Aufl. 2000, Kap. 43, Rdn. 16) und damit für die beanstandete Fotomontage. Diese illustriert in satirischer Weise eine Wortberichterstattung über ein die Öffentlichkeit interessierendes Thema, nämlich den Zustand der Deutschen Telekom AG und die Verantwortlichkeit des Klägers hierfür. Ein breites öffentliches Interesse wird dadurch hervorgerufen, daß das vom Kläger geleitete Unternehmen aufgrund seiner Größe über einen hohen Bekanntheitsgrad , durch die frühere Monopolstellung über eine hohe Kundendichte und durch die Propagierung der Beteiligung an ihr als "Volksaktie" über viele Anteilseigner verfügt. Die Verknüpfung des Klägers mit diesem Ereignis der Zeitgeschichte ist durch seine damalige Stellung als Vorstandsvorsitzender offensichtlich.
c) Die Einschränkung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG tritt jedoch nach § 23 Abs. 2 KUG zurück, wenn durch die Verbreitung des Bildnisses ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach einer Abwägung, in der darüber zu befinden ist, ob dem Stellenwert des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Abgebildeten, das die Rechte aus
§§ 22 f. KUG umfaßt, gegenüber der Rechtsposition der Gegenpartei der Vorrang gebührt (BVerfG 2001, 1921, 1923; Senatsurteil vom 12. Oktober 1993 aaO m.w.N.). Hierfür ist eine umfassende, am Einzelfall orientierte Güter- und Interessenabwägung vorzunehmen; denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muß grundsätzlich erst durch eine Güterabwägung mit den schutzwürdigen Interessen der anderen Seite bestimmt werden (BVerfGE 101, 361, 388; BVerfG, NJW 2002, 3767, 3768; Senatsurteil vom 12. Oktober 1993 aaO m.w.N.). Deshalb kommt es darauf an, ob dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers ein größeres Gewicht beizumessen ist als der Rechtsposition , auf die sich die Beklagte bei der fraglichen Veröffentlichung beruft, nämlich die Freiheit zu einer satirischen Darstellung als Äußerung der grundrechtlich gewährleisteten Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. 3. Das Berufungsgericht meint, daß die Fotomontage nicht in den Schutzbereich des Art. 5 GG falle, weil die Veränderungen am Foto des Klägers keinen eigenen satirischen Gehalt hätten, sondern das Persönlichkeitsrecht des Klägers in einer Weise beeinträchtigten, die dieser nicht hinnehmen müsse. Diese Auffassung vermag der erkennende Senat nicht zu teilen.
a) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß die rechtliche Beurteilung einer Satire zunächst die Trennung zwischen dem Aussagegehalt und dem satirischen Gewand erfordert, damit ihr eigentlicher Inhalt ermittelt wird (Senatsurteil BGHZ 143, 199, 209 m.w.N.). Dieser Aussagekern und seine Einkleidung sind sodann gesondert daraufhin zu überprüfen , ob sie eine Kundgabe der Mißachtung gegenüber der betroffenen Person enthalten. Zum Aussagekern der Fotomontage führt das Berufungsgericht aus, der durchschnittliche Betrachter verstehe die Abbildung im Zusammen-
hang mit der beigefügten Wortberichterstattung dahin, daß der Kläger selbstherrlich über den Problemen throne und nicht wahrnehme, was unter ihm geschehe , daß sich nämlich das von ihm geleitete Unternehmen in krisenhaften Schwierigkeiten befinde. Nach dieser Würdigung setzt sich die Darstellung kritisch mit dem Wirken des Klägers als Vorstandsvorsitzender auseinander. Diesen Aussagekern hält das Berufungsgericht ersichtlich für zulässig. Er wird vom Kläger nicht beanstandet und begegnet auch von seiten des erkennenden Senats keinen Bedenken.
b) Im Ansatz richtig unterscheidet das Berufungsgericht von diesem Aussagekern die satirische Einkleidung durch die Fotomontage. Durchgreifenden Bedenken begegnet jedoch seine Auffassung, durch die "unterschwellige Manipulation" am Foto des Klägers werde der geschützte Bereich der Satire verlassen. Dabei versteht das Berufungsgericht unter dem von ihm mehrfach verwendeten Begriff der "unterschwelligen Manipulation" ersichtlich die zum Zweck der Anpassung an den Körper der sitzenden Figur bewirkte Veränderung der unteren Gesichtshälfte des Klägers, die für den unbefangenen Betrachter nicht als solche erkennbar sei, jedoch eine unvorteilhafte und der Realität nicht entsprechende Wirkung habe. Das muß zwar nicht, wie die Revision aufzuzeigen versucht, in sich widersprüchlich sein, weil jedenfalls denkbar ist, daß beim Betrachter der Eindruck entsteht, daß das Foto der Wirklichkeit entspreche , soweit es um die Gesichtszüge des Klägers geht. Gleichwohl vermag dieser Aspekt ein Verbot der Fotomontage nicht zu rechtfertigen. Zum einen erkennt das Berufungsgericht selbst, der durchschnittliche Betrachter sehe ohne weiteres, daß es sich um eine Fotomontage handele, weil er nicht annehmen werde, der Kläger habe sich tatsächlich auf einem bröckelnden und rissigen "T" fotografieren lassen. Wird also der Betrachter
einer solchen Fotomontage eine in vollem Umfang realistische Abbildung gar nicht erwarten, so hat das Berufungsgericht bereits den Erwartungshorizont verkannt. Deshalb ist auch die vom Berufungsgericht gezogene Parallele zu einer unwahren Tatsachenbehauptung - nämlich dahingehend, der Kläger sehe so aus wie auf der Fotomontage abgebildet - bereits im Ansatz verfehlt. Zum anderen sind die vom Berufungsgericht festgestellten Veränderungen derart geringfügig, daß sie nur bei besonders aufmerksamer Betrachtung unter Vergleich mit dem Originalfoto des Klägers bemerkbar sein dürften und wohl aus diesem Grund vom Berufungsgericht mehrfach als "unterschwellig" bezeichnet werden. Schon deshalb kann es zweifelhaft erscheinen, ob sie von der Intensität her überhaupt geeignet sind, das Persönlichkeitsrecht des Klägers nennenswert zu verletzen. Das bedarf aber hier keiner abschließenden Beurteilung, weil die Fotomontage infolge ihrer Eigenschaft als satirische Meinungsäußerung insgesamt in den Schutzbereich des Art. 5 Abs.1 GG fällt.
c) Dies will das Berufungsgericht mit der Begründung verneinen, daß die Veränderung vom Betrachter gar nicht als satirische Verfremdung wahrgenommen werde, sondern als eine unvorteilhafte realistische Abbildung des Klägers. Damit wird jedoch nicht nur die gebotene Gesamtbetrachtung der Fotomontage verfehlt, sondern auch der Rahmen der satirischen Einkleidung erkennbar zu eng gezogen und deren Bedeutung verkannt. aa) Nach Auffassung des Berufungsgerichts wäre im Rahmen einer Fotomontage eine Veränderung der Gesichtszüge des Klägers nur dann zulässig, wenn ihr eine eigenständige satirische Aussage beizumessen wäre. Eine solche Betrachtungsweise liefe darauf hinaus, daß jeder Teil der Fotomontage eine eigenständige satirische Bedeutung haben müßte, wenn der Gesamtdarstellung der für die Satire geltende Schutz zugute kommen soll. Das kann je-
doch schon deshalb nicht richtig sein, weil damit Teile der satirischen Einklei- dung aus dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG herausgenommen würden, während im Gegenteil die satirische Einkleidung gegenüber dem Aussagekern erhöhten Schutz genießt. Ersichtlich hat das Berufungsgericht verkannt, daß die satirische Einkleidung weniger strengen Prüfmaßstäben unterliegt, als sie für die Beurteilung des Aussagekerns gelten, weil es der Satire wesenseigen ist, mit Übertreibungen, Verzerrungen und Verfremdungen zu arbeiten (BVerfGE 75, 369, 378; Senatsurteil BGHZ 143, 199, 210 f.). Ist sie im Fall der Wortsatire durch eine erkennbar unernste, durch Wortwitz bis hin zu Albernheiten geprägte Sprache gekennzeichnet, weil sie vordergründig zum Lachen reizen will, um zum Lesen anzuregen und hierdurch die Aufmerksamkeit des Lesers auf ihren Gegenstand zu lenken, so gilt Entsprechendes für eine Fotomontage der vorliegenden Art. Diese will ersichtlich die Aufmerksamkeit des Betrachters durch eine "ins Auge springende“ Darstellung fesseln und muß hierfür den Kläger in einer vom Betrachter als komisch empfundenen Situation lediglich kenntlich machen, ohne daß es dazu einer in vollem Umfang der Realität entsprechenden und womöglich optisch vorteilhaften Abbildung bedarf. Ebenso wie bei einer Wortsatire die Grenzen des guten Geschmacks und des einwandfreien Sprachgebrauchs überschritten werden dürfen, weil eine Niveaukontrolle nicht stattfinden darf (BVerfGE 75, 369, 377; Senatsurteil BGHZ 143, 199, 210 f.), ist der Abgebildete bei einer Fotomontage der vorliegenden Art jedenfalls dann nicht vor einer karikierenden und möglicherweise qualitativ schlechten Darstellung geschützt, wenn diese nicht die von der Rechtsordnung gezogenen Grenzen, wie etwa das Verbot unzulässiger Schmähkritik oder der Beleidigung überschreitet (hierzu Senatsurteile BGHZ 139, 95, 101; BGHZ 143, 199, 208 sowie vom 12. Oktober 1993 aaO S. 126). Davon kann nach Lage des Falles nicht die Rede sein. Auch das Berufungsgericht nimmt nicht an,
daß die Veränderungen etwa in der Absicht erfolgt seien, den Kläger zu entstellen oder verächtlich zu machen, sondern meint lediglich, daß bei Anwendung besserer technischer Möglichkeiten eine Veränderung der Gesichtszüge nicht erforderlich gewesen sei, um die erstrebte satirische Wirkung zu erreichen. Das mag sein, kann aber nicht ausreichen, um der Fotomontage insgesamt den Charakter einer Satire abzusprechen. Insofern hat das Berufungsgericht an die Beurteilung der satirischen Einkleidung einen zu engen Maßstab angelegt. bb) Zudem ist die von ihm vorgenommene "Einzelbetrachtung" der Bestandteile der Fotomontage bereits im Ansatz verfehlt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des erkennenden Senats dürfen nämlich die Einzelteile einer Satire nicht isoliert betrachtet werden, sondern sind im Gesamtzusammenhang zu bewerten (BVerfGE 86, 1, 12; Senatsurteile BGHZ 132, 13, 20; 139, 95, 102; vom 28. Juni 1994 - VI ZR 273/93 - NJW-RR 1994, 1242, 1243 und vom 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - VersR 1997, 842, 843 vgl. auch Gounalakis, NJW 1995, 809, 813; Kübler, in Festschrift für Mahrenholz, 1994, S. 303, 309; Mahrenholz in Handbuch des Verfassungsrechts , 2. Aufl. 1994, § 26 Rdn. 83, S. 1315). Dieser für die Ermittlung des Aussageinhalts entwickelte Grundsatz muß in gleicher Weise für die Beurteilung der Einkleidung gelten. Ebenso wie eine Äußerung in ihrem jeweiligen Kontext zu beurteilen ist, kann eine satirische Abbildung wie die vorliegende Fotomontage nicht in ihre Einzelteile zerlegt werden, um den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG zu bestimmen. Andernfalls könnte bei einer solchen isolierten Betrachtung einzelnen Teilen der Einkleidung der Schutz des Grundrechts versagt werden mit der Folge daß die gesamte Satire unzulässig wäre. Eine derart "sezierende Betrachtungsweise", gegen die sich die Revision mit Recht wendet, würde den Gestaltungsspielraum des Äußernden in grund-
rechtswidriger Weise verengen. Eine Aufspaltung, wie das Berufungsgericht sie vorgenommen hat, birgt deshalb schon von der Methode her die Gefahr in sich, die Ermittlung des satirischen Gehalts der Darstellung zu verfehlen, und ist deshalb fehlerhaft. Wenn das Berufungsgericht gleichwohl eine Einzelbe- trachtung für zulässig hält und sich hierfür auf ein in NJW-RR 1990, 1116 abgedrucktes Urteil des OLG Düsseldorf stützen will, hat es offenbar übersehen, daß dieses Urteil vom Bundesverfassungsgericht gerade wegen Mißachtung des Gebots einer Gesamtbetrachtung aufgehoben worden ist (vgl. BVerfGE 86, 1, 12). cc) Das Berufungsgericht kann sich für seine Auffassung auch nicht auf das in BGHZ 84, 237 abgedruckte Urteil des erkennenden Senats vom 8. Juni 1982 berufen, weil jener Fall einen ganz anders gelagerten Sachverhalt betraf. Dort hat der Senat ausgeführt, je stärker das entworfene Persönlichkeitsbild beanspruche, sich mit der sozialen Wirklichkeit des Dargestellten zu identifizieren , desto schutzwürdiger sei dessen Interesse an "wirklichkeitsgetreuer" Darstellung seiner Person. Diese Erwägungen treffen für eine Fotomontage satirischen Charakters schon vom Ansatz her nicht zu, weil diese gerade nicht beansprucht , sich mit der sozialen Wirklichkeit des Klägers zu identifizieren. Für sie ist kennzeichnend nicht die Aussage, der Kläger sehe so aus wie abgebildet , sondern sie stellt die Illustrierung der satirischen Aussage dar und macht von daher nur erforderlich, daß der Betrachter den Kläger wiedererkennt. 4. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann die gebotene Abwägung zwischen den Grundrechten der Parteien nicht zu einem Verbot der beanstandeten Fotomontage führen. Diese Abwägung kann der erkennende Senat selbst vornehmen, weil es weiterer tatsächlicher Feststellungen nicht bedarf. Wie bereits ausgeführt, wird der Kläger durch die vom Berufungsgericht
festgestellten Veränderungen bei der Darstellung seines Kopfes innerhalb der Fotomontage nicht im Sinne einer Formalbeleidigung oder Schmähkritik beeinträchtigt. Insoweit ist es unerheblich, welche Bearbeitungsvorgänge im Einzelnen von der Beklagten vorgenommen worden sind, so daß dem entsprechenden Parteivortrag nicht weiter nachgegangen zu werden braucht. Ausschlaggebend ist, wie die Darstellung auf den durchschnittlichen Betrachter wirkt. Selbst wenn die Abbildung den Kläger weniger vorteilhaft zeigen mag als auf dem zur Montage verwendeten Ausgangsfoto, muß ihm eine damit verbundene Beeinträchtigung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Interesse des Schutzes der Meinungsfreiheit zugemutet werden (vgl. Senatsurteil BGHZ 84, 237, 243), weil sie die Einkleidung einer satirischen Aussage als einer durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Meinungsäußerung darstellt und an deren Schutz teilnimmt. Insoweit fällt auch die oben bereits erwähnte Geringfügigkeit der Veränderungen am Foto des Klägers zugunsten der Meinungsfreiheit ins Gewicht, da bei Abwägung der betroffenen Grundrechtspositionen der Parteien auch die Intensität der Verletzung des Persönlichkeitsrechts im konkreten Fall zu würdigen ist (Senatsurteil vom 12. Oktober 1993 aaO S. 126). Hinzu kommt, daß die konkrete Abbildung des Klägers nach seiner eigenen Auffassung keine persönliche Herabwürdigung zum Ausdruck bringt, sondern unstreitig nur zur optischen Anpassung der einzelnen Teile der Fotomontage erfolgt ist. Einer etwaigen Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers steht jedenfalls gegenüber, daß die Fotomontage im Zusammenhang mit einem Artikel veröffentlicht wurde, der sich mit einem Vorgang von großem öffentlichen Interesse beschäftigt, wie bereits im Zusammenhang mit der Einordnung des Klägers als "relative Person der Zeitgeschichte" ausgeführt wurde. Da die Beklagte bei dieser Veröffentlichung im Rahmen ihrer Aufgabe gehandelt hat, über Vorgänge von allgemeiner Bedeutung zu berichten und zur öffentlichen
Meinungsbildung beizutragen, kann ihr unter Abwägung der beiderseitigen Interessen und Grundrechtspositionen der Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG nicht versagt werden.

III.

Nach alledem ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Da für eine abschließende Entscheidung keine weiteren Feststellungen erforderlich sind, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und in Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.