Bundesgerichtshof Urteil, 13. Jan. 2016 - IV ZR 475/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO, in dem Schriftsätze bis zum 30. Dezember 2015 eingereicht werden konnten,
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- I. Der Antrag der Beklagten auf Erlass eines Ergänzungsurteils ist form- und fristgerecht gemäß § 321 Abs. 2 ZPO gestellt worden und auch im Übrigen zulässig. Das Verfahren nach § 321 ZPO dient der Ergänzung eines versehentlich lückenhaften Urteils und nicht der Richtigstellung einer falschen Entscheidung (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2005 - V ZR 230/04, NJW 2006, 1351 Rn. 9 m.w.N.). Die Beklagte er- strebt die Schließung einer Entscheidungslücke und nicht Korrektur einer - vermeintlich - inhaltlich falschen Entscheidung.
- 2
- II. Der Urteilsergänzungsantrag ist auch begründet.
- 3
- 1. Nach § 321 Abs. 1 ZPO, der gemäß § 555 Abs. 1 Satz 1 ZPO im Revisionsverfahren anwendbar ist, setzt eine Urteilsergänzung voraus, dass ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder der Kostenpunkt ganz oder teilweise übergangen, d.h. versehentlich nicht beachtet worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2005 aaO). Bei der Prüfung, ob in einem Revisionsurteil ein - mit der Revision weiterverfolgter - Anspruch übergangen ist, sind die nach § 559 Abs. 1 ZPO bindenden tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts maßgeblich (vgl. Senatsbeschluss vom 27. Juni 1956 - IV ZR 317/55, NJW 1956, 1480) und die durch die Revisionsanträge sowie die Revisionsbegründung gesetzten Grenzen zu beachten.
- 4
- Ausweislich der Revisionsbegründung hat der Kläger seine Schlussanträge aus der Berufungsinstanz weiterverfolgt und ausdrücklich an der Schadensersatzforderung festgehalten. Er hat seinen Revisionsangriff nicht eingeschränkt, nachdem er darauf hingewiesen worden war, dass die Revision mangels Zulassung hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs unzulässig sein dürfte. Diesen Anspruch hat der Senat versehentlich nicht beschieden.
- 5
- 2. Insoweit ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Sie ist beschränkt auf die sich zu § 5a VVG a.F. stellenden Rechtsfragen zugelassen worden, somit nur bezüglich des mit der Revision u.a. weiterverfolg- ten Bereicherungsanspruchs. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen , da die Frage der Europarechtskonformität von § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. von grundsätzlicher Bedeutung sei. Diese in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck gebrachte Beschränkung der Revisionszulassung auf den aus dem Widerspruch abgeleiteten Bereicherungsanspruch ist wirksam. Der diesem zugrunde liegende Sachverhalt kann in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem für die Schadensersatzforderung maßgeblichen Prozessstoff beurteilt werden (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 11).
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Aachen, Entscheidung vom 29.07.2011 - 9 O 508/10 -
OLG Köln, Entscheidung vom 02.03.2012 - 20 U 178/11 -
moreResultsText
Annotations
(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.
(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.
(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.
(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Wenn ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder teilweise übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen.
(2) Die nachträgliche Entscheidung muss binnen einer zweiwöchigen Frist, die mit der Zustellung des Urteils beginnt, durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.
(3) Auf einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Hauptanspruch zum Gegenstand hat, ist ein Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Dem Gegner des Antragstellers ist mit der Ladung zu diesem Termin der den Antrag enthaltende Schriftsatz zuzustellen. Über einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Nebenanspruch oder den Kostenpunkt zum Gegenstand hat, kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, wenn die Bedeutung der Sache keine mündliche Verhandlung erfordert; § 128 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
(4) Eine mündliche Verhandlung hat nur den nicht erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstand.
(1) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben, die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden. Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.
(2) Die Vorschriften der §§ 348 bis 350 sind nicht anzuwenden.
(3) Ein Anerkenntnisurteil ergeht nur auf gesonderten Antrag des Klägers.
(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.
(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.