vorgehend
Landgericht Hamburg, 306 O 7/08, 19.09.2008
Hanseatisches Oberlandesgericht, 9 U 204/08, 06.10.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 208/09 Verkündetam:
14.Juli2010
Preuß
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtin
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Anspruch des Versicherungsnehmers auf Zahlung der Rückvergütung nach
Kündigung eines Lebensversicherungsvertrags verjährt gemäß § 12 Abs. 1 VVG a.F.
fünf Jahre nach Ende des Jahres, in dem der Versicherer den Vertrag abgerechnet
hat.
Nichts anderes gilt, wenn sich der Anspruch auf Zahlung einer (weitergehenden)
Rückvergütung aus der Berücksichtigung des Mindestrückkaufswerts i.S. der Senatsurteile
vom 12. Oktober 2005 (BGHZ 164, 297, 313 ff.; IV ZR 177/03 - juris
Tz. 39 ff.; IV ZR 245/03 - juris Tz. 40 ff.) sowie aus der Unwirksamkeit der Bestimmungen
über den Stornoabzug (BGHZ 147, 373; 147, 354) ergibt, auch wenn die
Abrechnung vor Veröffentlichung der Senatsurteile vom 12. Oktober 2005 (aaO) erfolgte.
BGH, Urteil vom 14. Juli 2010 - IV ZR 208/09 - HansOLG Hamburg
LG Hamburg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Richter
Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf, den Richter Felsch, die Richterin
Harsdorf-Gebhardt und den Richter Dr. Karczewski auf die mündliche
Verhandlung vom 14. Juli 2010

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 6. Oktober 2009 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, ein Verbraucherschutzverein, begehrt von der Beklagten aus abgetretenem Recht und im Wege der Stufenklage zunächst Auskunft über Rückkaufswert und Überschussbeteiligung hinsichtlich mehrerer vorzeitig beendeter Lebens- und Rentenversicherungen und sodann Zahlung einer sich daraus ergebenden weitergehenden Rückvergütung.
2
jeweiligen Die Versicherungsnehmer kündigten zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Zeitraum von 1996 bis 2000 die streitgegenständlichen Versicherungsverträge. Die Beklagte rechnete die Verträge ab und zahlte für vier Verträge eine Rückvergütung - Rückkaufswert zuzüglich Überschussbeteiligung, vermindert um einen Stornoabzug - aus; vier Versicherungsnehmer erhielten keine Auszahlung. Grundlage der Be- rechnung der Rückvergütung waren die den Versicherungsverträgen zugrunde liegenden "Allgemeinen Bedingungen für die Lebensversicherung (ABL)" der Beklagten, die auszugsweise wie folgt lauten: "§ 6 Wann können Sie die Versicherung kündigen oder beitragsfrei stellen? Kündigung (…) Auszahlungen eines Rückkaufswertes 3 Nach § 176 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) haben wir nach Kündigung den Rückkaufswert - soweit bereits entstanden - zu erstatten. Er wird nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik für den Schluß des laufenden Beitragszahlungsabschnitts (…) als Zeitwert Ihrer Versicherung berechnet, wobei der in den Tarifbedingungen festgelegte Abzug erfolgt. Der Rückkaufswert erreicht jedoch mindestens einen bei Vertragsabschluß vereinbarten Garantiebetrag, dessen Höhe vom Zeitpunkt der Beendigung des Vertrages abhängt. (…) Beitragsrückzahlung 8 Die Rückzahlung der Beiträge können Sie nicht verlangen.
§ 16 Wie werden die Abschlußkosten erhoben und aus geglichen? Die mit dem Abschluss Ihrer Versicherung verbundenen und auf Sie entfallenden Kosten, etwa die Kosten für Beratung , Anforderung von Gesundheitsauskünften und Ausstellung des Versicherungsscheins, werden Ihnen nicht gesondert in Rechnung gestellt. Den Teil dieser Kosten,
der bei der Berechnung der Deckungsrückstellung angesetzt wird, verrechnen wir nach einem aufsichtsrechtlich geregelten Verfahren mit Ihren ab Versicherungsbeginn eingehenden Beiträgen, soweit diese nicht für die Deckung des Risikos und der Kosten für den Versicherungsbetrieb vorgesehen sind. Deckungsrückstellung Eine Deckungsrückstellung müssen wir für jeden Vertrag bilden, um zu jedem Zeitpunkt den Versicherungsschutz gewährleisten zu können. Deren Berechnung wird nach § 65 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) und §§ 341e, 341f des Handelsgesetzbuches (HGB) sowie den dazu erlassenen Rechtsverordnungen geregelt. (…)
§ 18 Wie sind Sie an den Überschüssen beteiligt? Überschußermittlung 1 Um zu jedem Zeitpunkt der Versicherungsdauer den vereinbarten Versicherungsschutz zu gewährleisten, bilden wir Rückstellungen. Die zur Bedeckung dieser Rückstellungen erforderlichen Mittel werden angelegt und erbringen Kapitalerträge. Aus diesen Kapitalerträgen, den Beiträgen und den angelegten Mitteln werden die zugesagten Versicherungsleistungen erbracht sowie die Kosten von Abschluß und Verwaltung des Vertrages gedeckt. Je größer die Erträge aus den Kapitalanlagen sind, je weniger vorzeitige Versicherungsfälle eintreten und je weniger Kosten anfallen, desto größer sind dann entstehende Überschüsse, an denen wir Sie und die anderen Versicherungsnehmer beteiligen. (…) Überschußbeteiligung (…) 3 Der auf Ihre Versicherung entfallende Teil der Überschüsse wird Ihnen in Form von jährlichen Überschußanteilen (Grund- und Zinsüberschußanteil) sowie ggf. eines Schlußüberschusses gewährt.
(…)"
3
Die "Allgemeinen Bedingungen für die Rentenversicherung (ABR)" der Beklagten sind insoweit im Wesentlichen wortgleich.
4
Senat Der hat vergleichbare Allgemeine Versicherungsbedingungen in seinen Urteilen vom 9. Mai 2001 (BGHZ 147, 373; 147, 354) als unwirksam erachtet und mit seinen Urteilen vom 12. Oktober 2005 (BGHZ 164, 297, 313 ff.; IV ZR 177/03 - juris Tz. 39 ff.; IV ZR 245/03 - juris Tz. 40 ff.) entschieden, dass in Fällen dieser Art ein Stornoabzug entfällt und der Rückkaufswert bei Kündigung einen Mindestbetrag nicht unterschreiten darf. Dieser Mindestbetrag (Mindestrückkaufswert) entspricht der Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals (BGHZ 164, 297, 318). Vergleichbares gilt für Rentenversicherungsverträge mit Kapitalwahlrecht (Senatsurteil vom 26. September 2007 - IV ZR 20/04 - NJWRR 2008, 188).
5
Auf dieser Grundlage forderten die jeweiligen Versicherungsnehmer im Zeitraum zwischen Dezember 2005 und Mai 2007 die Beklagte zu einer erneuten Abrechnung der Verträge auf, was diese unter Berufung auf Verjährung ablehnte. Daraufhin traten die Versicherungsnehmer eventuelle weitergehende Ansprüche zur gerichtlichen Verfolgung an den Kläger ab.
6
Der Kläger ist der Ansicht, die Ansprüche seien nicht verjährt. Anknüpfungspunkt für den Beginn der fünfjährigen Verjährungsfrist des § 12 Abs. 1 VVG a.F. seien die Urteile des Senats vom 12. Oktober 2005 (aaO). Erst durch diese Entscheidungen seien die Versicherungsnehmer in die Lage versetzt worden zu erkennen, ob und in welcher Höhe ihnen ein weiterer Anspruch zustehe. Zumindest sei der Lauf der Verjährungsfrist bis zur Veröffentlichung der Urteile gehemmt gewesen. Dessen ungeachtet sei die Berufung auf Verjährung treuwidrig, wenigstens stünden den Versicherungsnehmern Schadensersatzansprüche wegen Verletzung nachvertraglicher Pflichten seitens der Beklagten zu, die nach § 199 Abs. 3 BGB n.F. erst innerhalb einer Frist von zehn Jahren verjährten.
7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers ist zurückgewiesen worden. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


8
DasRechtsmittel hat keinen Erfolg.
9
I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts sind eventuelle Ansprüche auf eine weitergehende Rückvergütung spätestens seit Ablauf des Jahres 2005 verjährt.
10
Entscheidend für den Beginn der fünfjährigen Verjährungsfrist nach § 12 Abs. 1 VVG a.F. sei der Zeitpunkt, zu dem die Erhebungen über die aus den Kündigungen der Versicherungsverträge resultierenden Zahlungspflichten der Beklagten beendet gewesen seien. Dies sei bei sämtlichen Versicherungsnehmern spätestens im Jahr 2000 anzunehmen , so dass die Frist jedenfalls mit Ablauf des 31. Dezember 2005 geendet habe. Die Senatsurteile vom 12. Oktober 2005 (aaO) hätten für die Fälligkeit der Ansprüche keine Bedeutung. Die - spätestens im Jahr 2000 anzunehmende - Kenntnis der Versicherungsnehmer von den maßgeblichen Tatsachen, aus denen sich ihre Ansprüche ergeben hätten, sei ausreichend , um den Lauf der Verjährungsfrist in Gang zu setzen. Auf weitere subjektive Voraussetzungen komme es - anders als bei § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB n.F. - nicht an. Da die Abrechnungen jeweils noch vor den Senatsurteilen vom 9. Mai 2001 (aaO) erfolgt seien, sei es der Beklagten nicht nach Treu und Glauben verwehrt, die Einrede der Verjährung zu erheben. Schadensersatzansprüche bestünden mangels schuldhafter Pflichtverletzung durch die Beklagte, die sich auf die Wirksamkeit der Bestimmungen verlassen durfte, nicht.
11
II. Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand.
12
1. Eventuelle vertragliche Erfüllungsansprüche auf Zahlung einer höheren Rückvergütung, die mit der Stufenklage im Ergebnis durchgesetzt werden sollen, sind verjährt.
13
a) Die Verjährung richtet sich nach §§ 11, 12 VVG a.F., da mit dem Anspruch auf eine weitergehende Rückvergütung - bestehend aus Rückkaufswert und Überschussbeteiligung - ein Erfüllungsanspruch aus dem Versicherungsvertrag (§ 6 ABL bzw. § 6 ABR, § 176 VVG) verfolgt wird. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats zählt der Rückkaufswert nach Kündigung - der nur eine andere Erscheinungsform des Rechts auf die Versicherungssumme ist - zu den vertraglich versprochenen Leistungen (vgl. Senatsurteile vom 18. Juni 2003 - IV ZR 59/02 - VersR 2003, 1021 unter II 2 b und vom 22. März 2000 - IV ZR 23/99 - VersR 2000, 709 unter II 3 a). Auch bei den vom Kläger beanspruchten Nachzahlun- gen geht es damit um einen Anspruch aus dem Versicherungsvertrag (vgl. BGHZ 164, 297, 318; Senatsurteil vom 24. Oktober 2007 - IV ZR 94/05 - VersR 2008, 337 Tz. 10).
14
b)Die Verjährungsfrist begann mit Ende des Jahres, in dem die Versicherungsverträge von der Beklagten gegenüber den jeweiligen Versicherungsnehmern abgerechnet wurden, im Streitfall somit spätestens mit Ende des Jahres 2000. Klage wurde erst im Dezember 2007 erhoben. Daher ist spätestens zum 31. Dezember 2005 Verjährung eingetreten.
15
aa) Die fünfjährige Verjährungsfrist nach § 12 Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. beginnt gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 mit dem Schluss des Jahres, in welchem die Leistung verlangt werden kann. Dies setzt nicht nur die Entstehung des Anspruchs, sondern auch dessen Fälligkeit voraus (vgl. Senatsurteile vom 13. März 2002 - IV ZR 40/01 - VersR 2002, 698 unter 2 a und vom 27. Februar 2002 - IV ZR 238/00 - VersR 2002, 472 unter 1 b m.w.N.). Der Versicherungsnehmer muss Klage auf sofortige Leistung erheben können (vgl. Senatsurteil vom 19. Januar 1994 - IV ZR 117/93 - VersR 1994, 337 unter 2 b m.w.N.). Maßgeblich ist dabei diejenige Leistung , die vom Schuldner mit der Verjährungseinrede verweigert wird (Senatsurteil vom 14. April 1999 - IV ZR 197/98 - VersR 1999, 706 unter 2 a; RGZ 111, 102, 104), hier also die Zahlung der Rückvergütung.
16
(1) Die Ansprüche auf eine weitergehende Rückvergütung sind mit der Beendigung des jeweiligen Vertrages durch die Kündigungen entstanden , nicht erst infolge der Senatsurteile vom 12. Oktober 2005 (aaO; ebenso OLG München VersR 2009, 666; OLG Köln, Urteil vom 5. Februar 2010 - I-20 U 80/08 - juris; AG Kenzingen VersR 2007, 526; Seif- fert, r+s 2010, 177 f.; a.A. Schwintowski, DStR 2006, 429; VuR 2007, 130, 132 f.).
17
Der Anspruch auf eine höhere Rückvergütung resultiert zum einen daraus, dass der Berechnung ein höherer Rückkaufswert - der Mindestrückkaufswert - zu Grunde gelegt wird, und zum anderen aus dem Wegfall des Stornoabzugs. Der Mindestrückkaufswert wiederum ergibt sich aus einer ergänzenden Vertragsauslegung, mittels welcher eine - wegen der Unwirksamkeit der Bestimmungen über die Auszahlung des Rückkaufswerts und die Abschlusskostenverrechnung schon bei Vertragsschluss bestehende - Regelungslücke im Versicherungsvertrag rückwirkend geschlossen wird (BGHZ 164, 297, 317 f.). Der Vertrag ist demnach als von Anfang an mit dem entsprechenden Inhalt abgeschlossen anzusehen. Auch für Ansprüche, die sich aus ergänzender Vertragsauslegung ergeben, gilt § 12 Abs. 1 VVG a.F. (Senatsurteile vom 10. März 2004 - IV ZR 75/03 - VersR 2004, 893 unter II 3 b und vom 26. Februar 1992 - IV ZR 339/90 - VersR 1992, 479 unter II 3). Zu einem Stornoabzug war die Beklagte - wegen Unwirksamkeit der entsprechenden Bestimmung - ebenfalls von Anfang an nicht berechtigt.
18
Fällig (2) wurden die Ansprüche auf Rückvergütung mit der Abrechnung durch die Beklagte (vgl. BK/Schwintowski, VVG § 176 Rdn. 29; Winter in Bruck/Möller, VVG Bd. V/2 8. Aufl. Anm. G 441; Kollhosser in Prölss/Martin aaO § 4 ALB 86 Rdn. 10; LG Köln VersR 1994, 296), auch soweit sie nach Maßgabe der Senatsurteile vom 12. Oktober 2005 (aaO) im Anschluss daran nicht erfüllt wurden. Dies folgt aus § 6 Abs. 3 ABL und § 6 Abs. 3 ABR, die insoweit eine zulässige Abweichung von § 11 Abs. 1 VVG a.F. enthalten (vgl. dazu Senatsurteil vom 22. März 2000 - IV ZR 233/99 - VersR 2000, 753 unter 2 c). Mit der Abrechnung waren den Versicherungsnehmern die Tatsachen bekannt, aus denen sich der Anspruch ergibt. Sie hätten deshalb bereits auf Grundlage der erteilten Abrechnung eventuelle weitergehende Ansprüche zumindest im Wege der Stufenklage verfolgen können. Insofern unterscheidet sich der Streitfall deutlich von dem Fall, der dem von der Revision zitierten Senatsurteil vom 25. Oktober 1989 (IVa ZR 221/88 - VersR 1990, 189 unter 3 c) zugrunde lag, und in welchem der Versicherer erst nach Zugang eines ihm vom Versicherten verheimlichten Bescheids des gesetzlichen Rentenversicherungsträgers zu Unrecht gezahlte Versicherungsleistungen berechnen und zurückfordern konnte.
19
bb) Für den Beginn der Verjährungsfrist des § 12 Abs. 1 VVG a.F. genügt es jedenfalls, wenn der Gläubiger die Tatsachen kennt, aus denen sich der Anspruch ergibt (vgl. Senatsurteil vom 19. Januar 1994 aaO), hier also insbesondere die Beendigung des Vertrages durch die Kündigung, die Vertragsdaten und die Abrechnung durch die Beklagte. Auf weitere subjektive Elemente, etwa die Kenntnis des Gläubigers vom Bestehen eines Anspruchs, kommt es dagegen nicht an. Die - gegenüber der früheren Regelverjährung von 30 Jahren kurze - Verjährungsfrist des § 12 Abs. 1 VVG a.F. soll möglichst schnell Rechtssicherheit und Rechtsfrieden herstellen, den verspätet in Anspruch genommenen Schuldner vor Beweisschwierigkeiten infolge Zeitablaufs schützen und eine alsbaldige Klärung der Ansprüche herbeiführen (vgl. Senatsurteil vom 19. Januar 1994 aaO unter 2 c m.w.N.). Ihr Beginn soll gerade nicht davon abhängen, dass der Versicherungsnehmer aus seiner Tatsachenkenntnis auch die rechtliche Folgerung zieht, ihm stehe wegen einer unzutreffenden Abrechnung ein weitergehender Anspruch zu. Eine unrichtige rechtliche Beurteilung oder rechtliche Zweifel beeinflussen den Lauf der Verjährungsfrist daher grundsätzlich nicht (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 1972 - VI ZR 204/70 - VersR 1972, 394 unter II 2 c; OLG Stuttgart NJW 2000, 2680, 2681 unter Verweis auf BGH, Urteil vom 6. November 1973 - VI ZR 199/71 - DB 1974, 427 unter A II m.w.N.).
20
(1)Den Versicherung snehmern war die Erhebung einer Klage vor den Senatsurteilen vom 12. Oktober 2005 (aaO) nicht unzumutbar. Die Voraussetzungen, unter denen im Einzelfall bei unsicherer und zweifelhafter Rechtslage der Verjährungsbeginn hinausgeschoben werden kann, liegen nicht vor (vgl. dazu BGH, Urteile vom 18. Dezember 2008 - III ZR 132/08 - NJW 2009, 984 Tz. 14; vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07 - WM 2008, 2155 Tz. 15 ff.). Zum einen betrifft diese Rechtsprechung Verjährungsvorschriften, die für den Fristbeginn - anders als § 12 Abs. 1 VVG a.F. - ausdrücklich auf die Kenntnis bestimmter Umstände abstellen. Zum anderen war die Rechtslage hier nicht in diesem Sinne unsicher und zweifelhaft. Das ist nicht schon dann der Fall, wenn eine Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich geklärt ist.
21
(2) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Senatsurteil vom 12. Oktober 2005 (IV ZR 177/03 - juris Tz. 64), in dem festgestellt worden ist, dass die Unkenntnis des Versicherungsnehmers hinsichtlich eines Anspruchs auf eine höhere Rückvergütung der Annahme eines konkludenten Verzichts oder einer Verwirkung entgegensteht. Im Streitfall geht es jedoch nicht darum, dem Verhalten des Versicherungsnehmers einen Erklärungswert beizumessen oder ein Vertrauen des Versicherers zu begründen, dass der Anspruch auch in Zukunft nicht geltend gemacht werden wird. Vielmehr soll durch die tatsächliche Möglichkeit, nunmehr eine schlüssige Klage zu erheben, lediglich die Verjährung in Gang gesetzt werden.
22
cc) Der Möglichkeit zur Klageerhebung steht auch nicht etwa entgegen , dass die Berechnung der Rückvergütung und damit das Bestehen weitergehender Ansprüche vor Erlass der Senatsurteile vom 12. Oktober 2005 (aaO) umstritten und die Erfolgsaussichten einer darauf gerichteten Klage ungewiss waren (vgl. Möller in Bruck/Möller, VVG Bd. I 8. Aufl. § 12 Anm. 12). Im Streitfall konnten die einzelnen Versicherungsnehmer nach Veröffentlichung der Senatsurteile vom 9. Mai 2001 (aaO) sogar sicher von der Unwirksamkeit der Bestimmungen ausgehen. Auch wenn sie mangels Kenntnis der Berechnungsgrößen regelmäßig nicht in der Lage waren, einen zu fordernden Mehrbetrag selbst zu berechnen, stand ihnen die Erhebung einer Stufenklage offen. Eben diesen Weg haben zahlreiche andere Versicherungsnehmer rechtzeitig beschritten, was zu den Senatsurteilen vom 12. Oktober 2005 (aaO) führte. Die übrigen Versicherungsnehmer durften den Ausgang solcher Musterprozesse nicht abwarten (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 1987 - VII ZR 358/86 - NJW 1988, 197 unter 2 b; a.A.: Schwintowski, VuR 2007, 130, 134), sondern mussten selbst klagen.
23
dd) Die Verjährung war auch zu keiner Zeit durch das Bestehen einer etwaigen "anspruchsfeindlichen" Rechtsprechung gehemmt (vgl. dazu etwa Peters/Jacoby in Staudinger, BGB [2009] § 206 Rdn. 8). Dabei kann offen bleiben, ob eine entgegenstehende ständige Rechtsprechung überhaupt geeignet sein kann, die Verjährung zu hemmen. Anders als bei vor der Deregulierung im Jahr 1994 abgeschlossenen Altverträgen (vgl. dazu BGHZ 128, 54; 87, 346) waren die Fragen der Abschlusskostenverrechnung , des Mindestrückkaufswerts, der Überschussbeteiligung und der Klauseltransparenz von Anfang an in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
24
2. Der Beklagten ist es nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen.
25
Die Intransparenz ihrer Bestimmungen ist der Beklagten zwar objektiv zuzurechnen. Dies allein begründet aber noch nicht den Vorwurf des missbräuchlichen Verhaltens, wenn sich die Beklagte nach gerichtlich festgestellter Unwirksamkeit ihrer Bestimmungen auf die Einrede der Verjährung beruft (vgl. zum Fall einer Rechtsprechungsänderung: BGH, Urteil vom 6. Februar 1964 - VII ZR 99/62 - NJW 1964, 1022 unter VI b). Der dargelegte Zweck der Verjährung erfordert es, strenge Maßstäbe anzulegen und den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung nur gegenüber einem groben Verstoß gegen Treu und Glauben, nicht schon bei einem bloß objektiv pflichtwidrigen Verhalten durchgreifen zu lassen. Einen solchen Verstoß könnte man etwa dann annehmen, wenn die Beklagte den Kläger oder die Versicherungsnehmer durch ihr Verhalten von der rechtzeitigen Verjährungshemmung durch Rechtsverfolgung abgehalten hätte (vgl. MünchKomm-BGB/Grothe, 5. Aufl. Vorbemerkung zu § 194 Rdn. 19 m.w.N.). Es stellte jedoch keinen solchen Verstoß gegen Treu und Glauben dar, wenn - wie vom Kläger behauptet - die Beklagte die Versicherungsnehmer, deren Verträge bereits beendet und abgerechnet waren, nicht von sich aus über die Senatsurteile vom 9. Mai 2001 und vom 12. Oktober 2005 (jeweils aaO) informiert und die danach unwirksamen Bestimmungen nicht durch wirksame ersetzt haben sollte.
26
3. Für einen Schadensersatzanspruch der Versicherungsnehmer gegenüber der Beklagten wegen Verwendung unwirksamer Bestimmungen fehlt es im Hinblick darauf, dass vor Veröffentlichung der Senatsentscheidungen vom 9. Mai 2001 (aaO) der weit überwiegende Teil der In- stanzrechtsprechung die Bestimmungen für wirksam hielt, jedenfalls am Verschulden.
27
4. Da die Ansprüche, die mit der Stufenklage im Ergebnis verfolgt werden, nicht durchsetzbar sind, war die Stufenklage insgesamt abzuweisen (vgl. Senatsurteil vom 24. März 2010 - IV ZR 69/08 - VersR 2010, 801 Tz. 25).
Wendt Dr. Kessal-Wulf Felsch
Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 19.09.2008 - 306 O 7/08 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 06.10.2009 - 9 U 204/08 -

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9 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 14. Juli 2010 - IV ZR 208/09.

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Juni 2013 - IV ZR 39/10

bei uns veröffentlicht am 26.06.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 39/10 Verkündet am: 26. Juni 2013 Schick Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja VVG §§ 17

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Sept. 2012 - IV ZR 189/11

bei uns veröffentlicht am 12.09.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZR 189/11 vom 12. September 2012 in dem Rechtsstreit Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, die Richterin Harsdorf-Gebhardt und den Richte

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Okt. 2013 - IV ZR 52/12

bei uns veröffentlicht am 16.10.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 52/12 Verkündet am: 16. Oktober 2013 Schick Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja VVG a.F. §

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Feb. 2018 - IV ZR 304/16

bei uns veröffentlicht am 21.02.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 304/16 Verkündet am: 21. Februar 2018 Heinekamp Amtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Referenzen

Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

Die §§ 150 bis 170 sind auf die Berufsunfähigkeitsversicherung entsprechend anzuwenden, soweit die Besonderheiten dieser Versicherung nicht entgegenstehen.

Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

Die §§ 150 bis 170 sind auf die Berufsunfähigkeitsversicherung entsprechend anzuwenden, soweit die Besonderheiten dieser Versicherung nicht entgegenstehen.

(1) Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat, auf die die Richtlinie 2009/138/EG keine Anwendung findet und die das Versicherungsgeschäft durch eine Niederlassung betreiben wollen, bedürfen der Erlaubnis. Über den Antrag entscheidet die Bundesanstalt.

(2) Auf diese Unternehmen sind § 67 Absatz 2 und 3 sowie § 68 Absatz 2 mit den Maßgaben entsprechend anzuwenden, dass

1.
zusätzlich die Satzung des Unternehmens sowie die Bilanz und die Gewinn-und-Verlustrechnung für jedes der drei letzten Geschäftsjahre einzureichen sind; besteht das Unternehmen noch nicht drei Jahre, so hat es diese Unterlagen nur für die bereits abgeschlossenen Geschäftsjahre vorzulegen;
2.
die Mitglieder des zur gesetzlichen Vertretung befugten Organs zu benennen sind;
3.
die die Niederlassung betreffenden Geschäftsunterlagen dort zur Verfügung zu halten sind und
4.
§ 13 Absatz 2 nicht anzuwenden ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch, wenn der Betrieb im Dienstleistungsverkehr erfolgen soll; die in Absatz 2 genannten Vorschriften gelten jedoch insoweit nicht entsprechend, als sie eine Niederlassung voraussetzen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 177/03 Verkündet am:
12. Oktober 2005
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Oktober 2005

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 10. Juli 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die vom Bund der Versicherten unterstützte Klägeri n verlangt von der Beklagten, einem Lebensversicherungsunternehmen, im Wege der Stufenklage Auskunft über den Rückkaufswert einer kapitalbildenden Lebensversicherung ohne Verrechnung mit Abschlusskosten und ohne Stornoabzug sowie Zahlung des sich daraus ergebenden Betrages.
Die Klägerin hat den zum 1. Oktober 1995 mit einer Laufzeit von 15 Jahren abgeschlossenen Vertrag zum 30. September 1998 gekündigt

und die Auszahlung des Rückkaufswerts verlangt. Die Beklagte hat die Gesamtleistung einschließlich Gewinnbeteiligung ohne nähere Aufschlüsselung mit 11.330,70 DM angegeben und nach Abzug von 143,05 DM Kapitalertragssteuer an die Klägerin 11.187,65 DM ausgezahlt , nachdem diese die Kündigung mit Schreiben vom 6. August 1998 bestätigt hatte. Im Dezember 2001 verlangte die Klägerin von der Beklagten die Neuberechnung des Rückkaufswerts ohne Berücksichtigung von Abschlusskosten. Im Mai 2002 hat sie eine darauf gerichtete Klage erhoben, die sie im Berufungsverfahren um den Wegfall des Stornoabzugs erweitert hat.
Dem Vertrag lagen Allgemeine Versicherungsbedingun gen (AVB) zugrunde, die in § 6 für den Fall der Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung und der Kündigung Bestimmungen über die Berechnung der beitragsfreien Versicherungssumme und des Rückkaufswerts sowie über einen Stornoabzug in beiden Fällen enthielten. Diese Klauseln der Beklagten hat der Senat auf Klage des Bundes der Versicherten durch Urteile vom 9. Mai 2001 (BGHZ 147, 373) ebenso wie eine gleichartige Klausel eines anderen Lebensversicherers (BGHZ 147, 354) wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 9 AGBG für unwirksam erklärt. Die dem Vertrag mit der Klägerin zugrunde liegende Regelung in § 15 AVB der Beklagten über die Erhebung und Ausgleichung der Abschlusskosten ist im Verbandsklageverfahren durch rechtskräftig gewordenes Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart (VersR 1999, 832) ebenso wie eine gleichartige Klausel eines anderen Versicherers durch Urteil des Senats vom 9. Mai 2001 (BGHZ 147, 354) wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot für unwirksam erklärt worden. Der Senat hat die im Transparenzmangel liegende unangemessene Benachteiligung der

Versicherungsnehmer durch beide Klauseln darin gesehen, dass dem Versicherungsnehmer die mit der Beitragsfreistellung und der Kündigung insbesondere in den ersten Jahren verbundenen erheblichen wirtschaftlichen Nachteile nicht deutlich gemacht werden. Sie liegen darin, dass wegen der zunächst vollen Verrechnung der Sparanteile der Prämien mit den im Wesentlichen aus der Vermittlungsprovision bestehenden einmaligen Abschlusskosten bis zum Höchstzillmersatz (so genannte Zillmerung , § 25 Abs. 1 Satz 2 RechVersV, § 4 DeckRV) in den ersten Jahren keine oder allenfalls geringe Beträge zur Bildung einer beitragsfreien Versicherungssumme oder eines Rückkaufswertes vorhanden sind.
Die Beklagte hat daraufhin im Wege des Treuhänderv erfahrens nach § 172 Abs. 2 VVG die für unwirksam erklärten Klauseln durch inhaltsgleiche , ihrer Meinung nach nunmehr transparent formulierte Bestimmungen ersetzt und die Versicherungsnehmer davon benachrichtigt. Die § 6 AVB betreffende Änderung hat die Beklagte d er Klägerin mit Schreiben vom 4. Januar 2002 mitgeteilt, die § 15 AVB betreffende, im Treuhänderverfahren vom Juli 2000 vorgenommene Ände rung mit der Klageerwiderung. Die Klägerin hat den Änderungen wi dersprochen. Sie hält die Klauselersetzung für unwirksam. Nach ihrer Ansicht ist § 172 Abs. 2 VVG nur auf Risikoversicherungen gemäß § 172 Abs. 1 VVG, nicht aber auf die kapitalbildende Lebensversicherung anwendbar, jedenfalls nicht auf gekündigte Verträge. Keinesfalls sei es zulässig, eine wegen Intransparenz für unwirksam erklärte Klausel durch eine inhaltsgleiche zu ersetzen.
Die Beklagte hält die Klauselersetzung für wirksam und meint weiter , die Klägerin habe durch die Bestätigung der Kündigung den Auszah-

lungsbetrag als verbindlich anerkannt und den geltend gemachten Anspruch auf einen höheren Rückkaufswert jedenfalls verwirkt.
Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin die vom A mtsgericht und Landgericht abgewiesenen Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
A. Das Berufungsgericht hält die inhaltsgleiche Er setzung der unwirksamen AVB-Klauseln im Wege des Treuhänderverfahrens für wirksam. § 172 Abs. 2 VVG sei auf die kapitalbildende Lebensversicherung und auch auf bereits durch Kündigung beendete Verträge anwendbar.
B. Die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Anwend ung des § 172 Abs. 2 VVG und seine daraus abgeleiteten Folgen für den Auskunftsanspruch der Klägerin halten nicht in allen Punkten der rechtlichen Nachprüfung stand.
I. § 172 Abs. 2 VVG ist auf die kapitalbildende Le bensversicherung anwendbar und nicht nur auf die Risikoversicherungen im Sinne von § 172 Abs. 1 VVG.

1. § 172 Abs. 1 VVG betrifft nur Versicherungen, b ei denen der Eintritt der Leistungspflicht des Versicherers ungewiss ist. Das sind reine Risikoversicherungen, etwa die Todesfallversicherung mit fester Laufzeit, die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, die Unfallzusatzversicherung , die Dread-Disease-Versicherung (Versicherungsfall ist eine schwere Erkrankung) und die Pflegeversicherung (vgl. Kollhosser in Prölss/ Martin, VVG 27. Aufl. § 172 Rdn. 6, wobei es offenbar versehentlich "gewiss" heißt, richtig 26. Aufl. Rdn. 3 "ungewiß"; BK/Schwintowski, § 172 VVG Rdn. 8). Bei der gemischten, kapitalbildenden Lebensversicherung (Kapitalversicherung, Rentenversicherung, fondsgebundene Lebensversicherung ) ist der Eintritt der Leistungspflicht des Versicherers dem Grunde nach gewiss. Entweder ist die Todesfallleistung zu zahlen oder die Ablaufleistung oder Rente. Zweifel an der Gewissheit bestehen allenfalls dann, wenn die für den Todesfall vereinbarte Leistung höher ist als die für den Erlebensfall (vgl. dazu Engeländer, VersR 2000, 274,

278).


2. Ob § 172 Abs. 2 VVG auch die kapitalbildende Le bensversicherung erfasst, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten.

a) Der Bund der Versicherten und die Klägerin mein en, § 172 Abs. 2 VVG gelte nur für die Risikoversicherungen des Absatz 1 und bei kapitalbildenden Lebensversicherungen jedenfalls nicht für den "Kapitalteil". Diese enge Auslegung wird in der Literatur vertreten von Schünemann (VersR 2005, 323; VersR 2004, 817; VersR 2002, 393; NVersZ 2002, 145; JZ 2002, 460, 462, Entscheidungsanmerkung; JZ 2002, 134; VuR 2002, 100, 103, Entscheidungsanmerkung; VuR 2002, 85), Bäuerle/

Schünemann (Ersetzung unwirksamer Klauseln in der kapitalbildenden Lebensversicherung aus verfassungs- und zivilrechtlicher Sicht, Gutachten für den BdV), Römer (Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 172 Rdn. 13 ff.) und Buchholz-Schuster (NVersZ 2000, 207 unter Bezugnahme auf Römer), in diese Richtung tendierend wohl auch Dörner (LM Nr. 47 zu § 8 AGBG, Entscheidungsanmerkung zu den Senatsurteilen vom 9. Mai 2001).

b) Überwiegend wird in der Literatur die von den L ebensversicherungsunternehmen bevorzugte Ansicht vertreten, § 172 Abs. 2 VVG erfasse alle Lebensversicherungen (Schwintowski, aaO § 172 VVG Rdn. 23; Kollhosser, aaO § 172 Rdn. 17 ff. und VersR 2003, 807 ff.; Wandt in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch § 11 mit umfassender Darstellung der gesamten Problematik, zu § 172 VVG Rdn. 18-24, 43-49, 117-144; ders. VersR 2001, 1449; 2002, 1362 f., Entscheidungsanmerkung; ders. Ersetzung unwirksamer AVB der Lebensversicherung im Treuhänderverfahren gemäß § 172 VVG, Gutachten für den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft - GDV -; ders. Änderungsklauseln in Versiche rungsverträgen Rdn. 286-288, 293-305; Höra/Müller-Stein in Terbille, Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht § 24 Rdn. 205-208; Präve in Prölss, VAG 12. Aufl. § 11b Rdn. 14, 15; ders. VersR 2001, 839, 841, 846, 848, Anm. zu den Senatsentscheidungen vom 9. Mai 2001; ders. VersR 2000, 1138 f.; ders. Versicherungsbedingungen und AGB-Gesetz Rdn. 475; Armbrüster, EWiR § 3 UWG 2/02, 1109; Lorenz, VersR 2002, 410, auch zum verfassungsrechtlichen Aspekt; ders. VersR 2001, 1146, Anm. zum Urteil des OLG Stuttgart S. 1141; Fricke, NVersZ 2000, 310; Baroch Castellvi, NVersZ 2001, 529, 534; Reiff, ZIP 2001, 1058, 1060 f., Anm.

zu einem der Senatsurteile vom 9. Mai 2001, S. 1052; Jaeger, VersR 1999, 26, 29 f.; Langheid/Grote, NVersZ 2002, 49; Rosenow/Schaffelhuber , ZIP 2001, 2211, 2222; Kirscht, VersR 2003, 1072).

c) In der Rechtsprechung der mit zahlreichen Verfa hren befassten Instanzgerichte werden ebenfalls unterschiedliche Auffassungen vertreten. Die Oberlandesgerichte folgen, soweit ersichtlich, im Wesentlichen der in der Literatur überwiegend vertretenen Ansicht (Stuttgart VersR 2001, 1141 m. Anm. Lorenz; München VersR 2003, 1024; Braunschweig VersR 2003, 1520; Celle VersR 2005, 535; Nürnberg, Urteil vom 11. Juli 2005 - 8 U 3187/04; anders für bei Wirksamwerden der Änderung gekündigte Verträge Düsseldorf, Urteil vom 13. Mai 2005 - I-4 U 146/04).
3. Für das vom Senat gefundene Auslegungsergebnis sind folgende Erwägungen maßgebend:

a) Schon der Wortlaut "der Lebensversicherung" spricht dafür, dass § 172 Abs. 2 VVG alle Lebensversicherungen meint. Wenn das Gesetz von der Lebensversicherung ohne nähere Erläuterung spricht, sind auch sonst alle Lebensversicherungsarten gemeint. Soll eine Regelung nur bestimmte Arten der Lebensversicherung betreffen, wird diese Art der Lebensversicherung ausdrücklich benannt, so z.B. in §§ 165 Abs. 2, 166 Abs. 1 Satz 1, 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, 176 Abs. 1 Satz 1 VVG (Kapitalversicherung). In § 172 Abs. 1 VVG werden ebenfalls nur bestimmte Versicherungen bezeichnet, nämlich die mit ungewisser Leistungspflicht des Versicherers. Um zum Ausdruck zu bringen, dass in Abs. 2 nur diese Versicherungen gemeint sind, wäre die gleiche Formulierung zu erwarten wie in § 176 Abs. 2 VVG, nämlich "bei einer Versi-

cherung der in Abs. 1 bezeichneten Art". Demgegenüber lässt sich der Formulierung "der Lebensversicherung" eine solche Beschränkung nicht entnehmen.

b) Der Vergleich mit § 178g Abs. 3 VVG spricht ebe nfalls dafür, dass § 172 Abs. 2 VVG nicht nur auf die Versicherungen der in Abs. 1 bezeichneten Art anwendbar ist. Beide Bestimmungen geben dem Versicherer das Recht, im Treuhänderverfahren neue Versicherungsbedingungen einzuführen. § 178g Abs. 3 Satz 1 VVG enthält das Recht, die Versicherungsbedingungen und die Tarifbestimmungen bei einer nachhaltigen Veränderung der Verhältnisse des Gesundheitswesens zu ändern , hat also die dauernde Erfüllbarkeit der Verträge im Blick ebenso wie das Recht zur Prämienanpassung nach Abs. 2 dieser Vorschrift. Die Befugnis in Abs. 3 Satz 2, unwirksame Bedingungen im Treuhänderverfahren zu ersetzen, war im Regierungsentwurf noch nicht enthalten (BTDrucks. 12/6959 S. 37). Sie ist gemeinsam mit § 172 Abs. 2 VVG erst gegen Ende des Gesetzgebungsverfahrens eingefügt worden. In § 178g Abs. 3 Satz 2 VVG betrifft die Ersetzungsbefugnis eindeutig nur die in Satz 1 genannten Versicherungsverhältnisse. Dieser Zusammenhang wird einmal dadurch hergestellt, dass die Regelung als Satz 2 in denselben Absatz eingefügt wurde. Zum anderen ergibt sich der enge Zusammenhang ersichtlich auch daraus, dass es in Satz 2 nur heißt "Ist in den Versicherungsbedingungen eine Bestimmung unwirksam, …". Bei der Lebensversicherung ist der Gesetzgeber anders vorgegangen. Im Regierungsentwurf hatte § 172 VVG nur einen Absatz (BT-Drucks. 12/6959 S. 35). Hätte die Ersetzungsbefugnis nur für die Risikoversicherungen gelten sollen, hätte es nahe gelegen, sie wie bei § 178g Abs. 3 VVG durch Anfügen des vergleichbaren Satzes "Ist in den Versicherungsbe-

dingungen eine Bestimmung unwirksam, …" zu regeln. Stattdessen ist die Ersetzungsbefugnis aber in einem eigenen Absatz untergebracht und außerdem hinzugefügt worden "der Lebensversicherung". Das spricht gegen die Ansicht von Römer (aaO § 172 Rdn. 14), § 172 Abs. 2 VVG könne nicht aus dem Zusammenhang mit Abs. 1 gelöst werden. Der Gesetzgeber hat diesen Zusammenhang gelöst, wie der Vergleich mit § 178g Abs. 3 VVG zeigt.

c) Die Entstehungsgeschichte ergibt kein klares Bi ld. Sie spricht aber nicht gegen, sondern eher für einen weiten Anwendungsbereich von § 172 Abs. 2 VVG. Erwähnt wird dieses Problem in den Gesetzesmaterialien nicht. Wie zuvor unter b) ausgeführt, enthielt der Regierungsentwurf keine Befugnis der Versicherer, unwirksame Bedingungen in der Lebens- oder Krankenversicherung zu ersetzen. In der Lebensversicherung ging es im Entwurf nur um die Anpassung von Prämien und der Überschussbeteiligung bei den Versicherungen, die jetzt in Abs. 1 genannt sind. Nur bei solchen Versicherungen, nicht aber bei der kapitalbildenden Lebensversicherung ("Sparprodukte"), haben der Gesetzgeber und der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in der Stellungnahme zum Referentenentwurf vom September 1993 einen Bedarf für eine Prämienanpassungsregelung gesehen. Der GDV hat aber in der Stellungnahme vom September 1993 ebenso wie bei seinen Änderungsvorschlägen vom März 1994 weitergehend gefordert, dass die Lebensversicherer auch das Recht erhalten sollen, nachträglich einzelne Bestimmungen in den Versicherungsbedingungen zu ändern. Dabei ging er ebenso wie der Regierungsentwurf davon aus, dass diese Möglichkeit der Vereinbarung bedarf, also einer vertraglichen Ä nderungsklausel. Die Vorstellung des GDV ging dahin, dass der Inhalt der Bedingungsände-

rungsklausel gewissermaßen in das Gesetz aufgenommen wird. Er wollte also eine so geartete, wie es in seiner Stellungnahme vom März 1994 formuliert ist, gesetzliche Bedingungsänderungsmöglichkeit. Diese Vorstellung hat der Gesetzgeber auch umgesetzt, allerdings ohne den Umweg über eine vertragliche Änderungsklausel. (So ha t der Senat dies auch in der Entscheidung zur Prämienanpassung in der Krankenversicherung gesehen, Urteil vom 16. Juni 2004 - IV ZR 117/02 - BGHZ 159, 323). Nach dem Willen des Gesetzgebers tragen die §§ 172 Abs. 2, 178g Abs. 3 Satz 2 VVG der geltend gemachten Forderung Rechnung nach einer gesetzlichen Anpassungsmöglichkeit für Lebensversicherungsverträge und Krankenversicherungsverträge, die in der Regel für den Versicherer unkündbar sind und bei denen sich unabweisbarer Anpassungsbedarf ergibt, wenn etwa durch Rechtsprechung eine leistungsbeschreibende AVB-Klausel für unwirksam erklärt worden ist, weil insoweit zur Fortführung des Vertragsverhältnisses nicht auf die gesetzliche Regelung verwiesen werden kann (BT-Drucks. 12/7595 S. 112, s.a. S. 103, 105). Dieses Verständnis wird gestützt durch die Anmerkungen von Renger (VersR 1994, 753, 755) zu den Änderungen im Gesetzg ebungsverfahren. Danach sei die von der Versicherungswirtschaft erhobene Forderung nach Aufnahme einer generellen gesetzlichen Anpassungsklausel für bestehende Versicherungsverhältnisse bei veränderten Umständen durch §§ 172 Abs. 2 und 178g Abs. 3 Satz 2 VVG in eng umschriebener Weise aufgegriffen worden. In der Literatur habe eine gesetzliche Anpassungsregelung jedenfalls für den Fall Zustimmung gefunden, dass durch höchstrichterliche Rechtsprechung Regelungen in AVB für unwirksam erklärt werden.

4. Die Anwendung von § 172 Abs. 2 VVG auf alle Art en der Lebensversicherung ist nicht verfassungswidrig. Die allerdings nicht sehr präzise gefasste Vorschrift ermöglicht eine Auslegung, die die vom Kläger unter Hinweis auf Bäuerle und Schünemann (Ersetzung unwirksamer Klauseln in der kapitalbildenden Lebensversicherung aus verfassungsund zivilrechtlicher Sicht; Schünemann, JZ 2002, 134; ders. VersR 2002, 393) erhobenen, im Ansatz teilweise beachtlichen verfassungsrechtlichen Bedenken ausräumt.
§ 172 Abs. 2 VVG schränkt die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Privatautonomie der Versicherungsnehmer ein, weil sie dem Versicherer ein einseitiges Recht zur Vertragsergänzung einräumt. Diese Einschränkung ist sachlich gerechtfertigt, weil von der Unwirksamkeit einer Klausel regelmäßig eine sehr hohe Zahl von Verträgen (laut Bäuerle, aaO S. 19 hier zwischen 10 und 15 Millionen) betroffen ist. Eine Vertragsergänzung mit Zustimmung aller Versicherungsnehmer ist praktisch nicht durchführbar und würde deshalb die Rechtssicherheit und die nach § 11 Abs. 2 VAG gebotene Gleichbehandlung aller Versicherungsnehmer gefährden (vgl. Präve in Prölss, VAG 12. Aufl. § 11 Rdn. 9, § 11b Rdn. 14, 15; Lorenz, VersR 2002, 410 ff.; ders. VersR 2001, 1147; Wandt, VersR 2001, 1451; Römer, VersR 1994, 125). Ohne die Ersetzungsmöglichkeit des § 172 Abs. 2 VVG blieben alle Verträge lückenhaft, bei denen die Versicherungsnehmer der Ergänzung nicht zugestimmt haben. Daran würde sich auch dann nichts ändern, wenn im Individualprozess eines Versicherungsnehmers der Bundesgerichtshof die neue Bestimmung billigen würde, weil dies die Zustimmung des Versicherungsnehmers , wenn sie nötig wäre, nicht ersetzen könnte. Beim Vorgehen nach § 172 Abs. 2 VVG werden die Änderungen dag egen durch die

Mitteilung nach § 172 Abs. 3 VVG Vertragsinhalt. Sie unterliegen allerdings wie jede andere AGB-Klausel der richterlichen Inhaltskontrolle.
Die Rechtsordnung muss dafür sorgen, dass die verf assungsrechtlich geschützten Interessen derjenigen, die von der gesetzlichen Einschränkung der Vertragsfreiheit betroffen sind, hinreichend gewahrt werden (vgl. BVerfG, Urteile vom 26. Juli 2005, VersR 2005, 1109, 1117 f., 1124 und VersR 2005, 1127, 1130 f.). In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist dies dadurch gewährleistet, dass die neuen Klauseln nach inzwischen einhelliger, vom Senat geteilter Ansicht sowohl im Individualprozess als auch im Verbandsprozess nach dem Unterlassungsklagengesetz der uneingeschränkten richterlichen Inhaltskontrolle unterliegen (vgl. zur Prämienanpassung im Treuhänderverfahren bei der Krankenversicherung nach § 178g Abs. 2 VVG BVerfG VersR 2000, 214 und Senatsurteil vom 16. Juni 2004 aaO). Materiell trägt der Senat dem Schutzbedürfnis der Versicherungsnehmer durch eine die Voraussetzungen und Wirkungen der Vorschrift präzisierende und einschränkende Auslegung Rechnung (dazu nachfolgend unter II. und III.).
Soweit Bäuerle und Schünemann (aaO) verfassungsrec htliche Bedenken auf die umstrittene Geschäftsbesorgungstheorie der Versicherung stützen und daraus folgend den "Kapitalteil" der Lebensversicherung vom "Risikoteil" abspalten, ihn wie andere Kapitalanlagen behandeln und den dafür geltenden Vorschriften unterwerfen wollen, ist darauf nicht näher einzugehen. Dieses Verständnis entspricht nicht dem Gesetz. Die Konzeption des Gesetzes ist die eines einheitlichen Lebensversicherungsvertrages , für den insgesamt das Versicherungsvertragsgesetz , das Versicherungsaufsichtsgesetz und die besonderen Vorschriften

des Handelsgesetzbuches über die Rechnungslegung für Versicherungsunternehmen (§§ 341 ff. HGB) und nicht etwa stattdessen teilweise die Vorschriften des Kapitalanlagerechts gelten. Das gesetzliche Modell der kapitalbildenden Lebensversicherung ist durch die Urteile des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juli 2005 bestätigt worden.
II. Voraussetzung für die rechtmäßige Durchführung des Treuhänderverfahrens nach § 172 Abs. 2 i.V. mit Abs. 1 VVG ist, dass eine Bestimmung in den Versicherungsbedingungen unwirksam ist, zur Fortführung des Vertrages dessen Ergänzung notwendig ist und ein unabhängiger Treuhänder die Voraussetzungen für die Änderung überprüft und deren Angemessenheit bestätigt hat.
1. a) Die Unwirksamkeit einer Klausel kann nur dur ch einen bestandskräftigen Verwaltungsakt der Aufsichtsbehörde oder der Kartellbehörde oder eine höchstrichterliche Entscheidung festgestellt werden (so wohl auch Römer, VersR 1994, 125, 127). Nur solche Entscheidungen schaffen abschließend Rechtsklarheit. Ihnen lassen sich regelmäßig auch die Maßstäbe dafür entnehmen, ob und mit welchem Inhalt eine Ergänzung in Betracht kommt. Rechtskräftige Urteile der Instanzgerichte gewährleisten dies nicht. Wie insbesondere die zahlreichen Verfahren zu § 172 Abs. 2 VVG zeigen, können Entscheidungen der Instanzgerichte im Ergebnis und in der Begründung sehr unterschiedlich ausfallen. Das führt zwar dazu, dass bei schwierigen und komplexen Problemen viele relevante Gesichtspunkte aufgezeigt werden und die wissenschaftliche Diskussion angeregt wird. Für den Versicherer, der unterlegen ist, und andere Versicherer, die gleichartige Klauseln verwenden, bleibt die

Rechtslage aber zunächst unklar, insbesondere bei im Ergebnis unterschiedlichen rechtskräftigen Instanzurteilen. So könnte sich ein Treuhänderverfahren als unnötig erweisen, wenn der Bundesgerichtshof in einem anderen Verfahren die beanstandete Klausel für wirksam hält (so im Fall der Beklagten das Treuhänderverfahren zur Ersetzung der vom OLG Stuttgart - VersR 1999, 832, 835 f. - für unwirksam erklärten Bestimmungen zur Überschussbeteiligung in § 17 AVB, die in vergleichbarer Form Gegenstand des Senatsurteils vom 9. Mai 2001 gegen einen anderen Versicherer waren und vom Senat für wirksam gehalten wurden, BGHZ 147, 354, 356, 367 ff.). Andererseits hätten die direkt oder mittelbar von sich widersprechenden Instanzentscheidungen betroffenen Versicherer die Wahl, ob sie die Klausel ersetzen oder nicht. Eine abschließende Klärung der Wirksamkeit kann deshalb nur durch das Revisionsgericht erfolgen. Einem Versicherer ist auch zuzumuten, das ihm ungünstige Urteil eines Instanzgerichts mit Rechtsmitteln anzugreifen, wenn es um die Wirksamkeit einer Klausel in seinen Versicherungsbedingungen geht und er von der Ersetzungsmöglichkeit Gebrauch machen will.
Die wohl nur von Kollhosser (in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 172 Rdn. 23) vertretene Ansicht, der Versicherer könne in eigener Verantwortung über die Unwirksamkeit entscheiden, ist abzulehnen (so auch Wandt in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch § 11 Rdn. 127; vgl. auch BGHZ 141, 153, 157). Dies würde die Vertragsfreiheit des Versicherungsnehmers in nicht hinnehmbarer Weise einschränken. Damit würde dem Versicherer ein Mittel in die Hand gegeben , mit dem er beliebig in die Vertragsparität eingreifen könnte, indem er ihm nicht genehme Klauseln für unwirksam erklärt und den Vertrag mit

Hilfe des Treuhänders einseitig zu seinem Vorteil ändert (so Langheid /Grote, NVersZ 2002, 49 f.).
Die Feststellung der Unwirksamkeit eröffnet nicht nur dem Versicherer das Verfahren nach § 172 Abs. 2 VVG, gegen den die Entscheidung ergangen ist, sondern allen Versicherern, die gleichartige, aus denselben Gründen als unwirksam anzusehende Klauseln verwenden (Präve, aaO § 11b Rdn. 18; Wandt, VersR 2001, 1453; Langheid/Grote, aaO S. 51).

b) Die Unwirksamkeit der Bestimmungen über Beitrag sfreistellung, Kündigung und Rückkaufswert in § 6 AVB der Beklagten, die durch das Treuhänderverfahren von Ende 2001/Anfang 2002 ersetzt werden sollten , ergibt sich aus dem Senatsurteil vom 9. Mai 2001 (BGHZ 147, 373). Dem am 1. Juli 2000 abgeschlossenen Treuhänderverfahren zur Ersetzung der Klausel über die Abschlusskostenverrechnung in § 15 AVB lag dagegen noch kein Urteil des Senats, sondern nur das rechtskräftige Urteil des OLG Stuttgart (VersR 1999, 832, 834 f.) zugrunde. Allerdings hat der Senat im Verfahren gegen einen anderen Versicherer eine vergleichbare Klausel am 9. Mai 2001 ebenfalls für intransparent erklärt (BGHZ 147, 354, 365 ff.). Ob dadurch, insbesondere im Hinblick auf die damalige unklare Rechtslage, die zunächst fehlende Voraussetzung der Unwirksamkeit im Sinne der jetzt vom Senat aufgestellten Kriterien nachträglich als gegeben angesehen werden kann, braucht nicht entschieden zu werden. Die Klauselersetzung ist jedenfalls aus anderen Gründen insgesamt nicht wirksam (dazu unten B. III.).

2. a) aa) Notwendig ist die Ergänzung zur Fortführ ung des Vertrages , wenn durch die Unwirksamkeit der Bestimmung eine Regelungslücke im Vertrag entsteht (vgl. Lorenz, VersR 2001, 1147). Das wird im Allgemeinen anzunehmen sein, wenn die Unwirksamkeit - wie erforderlich - durch eine höchstrichterliche Entscheidung oder einen bestandskräftigen Verwaltungsakt festgestellt wird. Es gilt jedenfalls dann, wenn dadurch die Leistungspflichten und Ansprüche der Parteien betroffen sind. In einem solchen Fall ist die Ergänzung unverzichtbar. Ob die Unwirksamkeit auf einer inhaltlich unangemessenen Benachteiligung des Kunden oder einem Transparenzmangel beruht, ändert nichts am Vorhandensein der dadurch entstandenen Vertragslücke.
Ist die Lücke nach dem ursprünglichen Regelungspla n der Parteien zu schließen, ist der Vertrag zu ergänzen. Nach welchen Maßstäben und mit welchem Inhalt die Ergänzung zu erfolgen hat, sagt § 172 Abs. 2 VVG nicht. Das ergibt sich vielmehr aus den allgemeinen, den Fall der Unwirksamkeit einer AGB-Klausel regelnden Vorschriften, nämlich § 306 Abs. 2 BGB, früher § 6 Abs. 2 AGBG (Lorenz, VersR 2001, 1147 f. und VersR 2002, 411 f.). Danach bestimmt sich, wie die Ergänzung vorzunehmen ist, ob durch dispositives Gesetzesrecht im Sinne einer konkreten materiell-rechtlichen Regelung, nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung oder durch ersatzlosen Wegfall der Klausel. Die Streitfrage, ob es sich bei den Bestimmungen der §§ 157, 133 BGB, in denen die ergänzende Vertragsauslegung ihre Grundlage hat, um "gesetzliche Vorschriften" im Sinne von § 306 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 2 AGBG handelt (so BGHZ 90, 69, 75) oder um eine - allgemein anerkannte - Methode der Lückenfüllung (so Harry Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz 9. Aufl. § 6 Rdn. 26, 34 ff.), ist im Ergebnis ohne Relevanz

(Wandt, VersR 2001, 1450 Fn. 14). Unter dem Begriff der Ergänzung im Sinne von § 172 Abs. 2 VVG sind deshalb alle nach § 306 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 2 AGBG in Betracht kommenden Möglichkeiten der Lückenfüllung zu verstehen. Ob der ersatzlose Wegfall, gesetzliche Vorschriften oder nur eine neue Klausel eine sachgerechte Ersatzlösung darstellen, gehört daher nicht schon zu den Voraussetzungen für die Durchführung des Treuhänderverfahrens. Das ist vielmehr erst zu prüfen, wenn es darum geht, ob die vom Versicherer mit Zustimmung des Treuhänders vorgenommene Ergänzung den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Wenn sich dabei ergibt, dass der Vertrag durch eine gesetzliche Regelung sachgerecht ergänzt werden kann, ist die Ergänzung durch eine neue (davon abweichende) Klausel nicht wirksam. Würde man die nicht immer einfach und klar zu beantwortende Frage, ob dispositives Gesetzesrecht eine sachgerechte Ersatzlösung bietet (vgl. dazu Staudinger /Schlosser, AGB-Gesetz 13. Bearb. 1998 § 6 Rdn. 10, 12; MünchKomm-BGB/Basedow, 4. Aufl. § 306 Rdn. 23, 26; Harry Schmidt, aaO § 6 Rdn. 29), schon zu den Voraussetzungen des Treuhänderverfahrens rechnen, hinge dessen Zulässigkeit letztlich von der rechtlichen Wirksamkeit seines Ergebnisses ab. Gleiches gilt für die Frage, ob die Ergänzung deshalb zu unterbleiben hat, weil der Vertrag nach § 306 Abs. 3 BGB, § 6 Abs. 3 AGBG insgesamt nichtig ist.
Die Trennung zwischen den Voraussetzungen der Vert ragsergänzung im Treuhänderverfahren und der Wirksamkeit der Ergänzung bringt für die Versicherungsnehmer keine Nachteile mit sich. Ist der Versicherer oder der Treuhänder der Ansicht, die unwirksame Klausel sei ersatzlos zu streichen oder durch eine gesetzliche Bestimmung zu ersetzen, kann es aufgrund des Transparenzgebots erforderlich sein, den Versiche-

rungsnehmer darüber zu informieren (vgl. Lorenz, VersR 2002, 411; Wandt, VersR 2001, 1452 und Versicherungsrechts-Handbuch § 11 Rdn. 132). Kennt der Versicherungsnehmer die Unwirksamkeit der Klausel nicht, besteht die Gefahr, dass er die ihm dadurch genommenen Rechte im Vertrauen auf die Wirksamkeit nicht wahrnimmt.
bb) Der Auffassung, schon die Möglichkeit einer ri chterlichen ergänzenden Vertragsauslegung stehe der Ergänzung nach § 172 Abs. 2 VVG entgegen, ist nicht zu folgen. Sie negiert den Willen des Gesetzgebers und würde dazu führen, dass die Vorschrift leer läuft (Lorenz, VersR 2002, 410; Wandt, VersR 2001, 1451).
cc) Ist der Vertrag im Zeitpunkt der Änderungsmitt eilung nach § 172 Abs. 3 VVG gekündigt oder beitragsfrei gestellt, steht dies der Vertragsergänzung nach § 172 Abs. 2 VVG nicht entgegen. Die Feststellung der Unwirksamkeit der Klausel entfaltet Rückwirkung und führt dazu, dass der Vertrag von Anfang an lückenhaft war. Die Ergänzung nach § 172 Abs. 2 VVG i.V. mit § 306 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 2 AGBG durch dispositives Gesetzesrecht oder eine neue wirksame Klausel wirkt ebenfalls auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zurück (Wandt, Versicherungsrechts -Handbuch § 11 Rdn. 139). Der Vertrag wird deshalb materiell von seinem Beginn bis zur Beendigung durch Zeitablauf oder Kündigung nach diesen Bestimmungen durchgeführt und damit fortgeführt im Sinne von § 172 Abs. 2 VVG. Für die bei Beendigung gegebenen Ansprüche ist deshalb die Ersatzregelung maßgebend. Dies ist auch bei der richterlichen ergänzenden Vertragsauslegung nicht anders, wenn eine anfängliche Regelungslücke dadurch geschlossen wird. § 172 Abs. 3 Satz 2 VVG, wonach Änderungen nach Abs. 2 zwei Woch en nach Be-

nachrichtigung des Versicherungsnehmers wirksam werden, steht dem nicht entgegen. Dem Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, dass er die mit § 172 Abs. 2 VVG beabsichtigte Schließung von anfänglichen Vertragslücken entgegen § 6 Abs. 2 AGBG nur teilweise für die Zeit nach Zugang der Änderungsmitteilung ermöglichen wollte. Eine solche Beschränkung beträfe nicht nur gekündigte oder beitragsfrei gestellte (letztere werden auch künftig noch fortgeführt), sondern alle Verträge. Die für die Vergangenheit nicht geschlossene Lücke könnte und müsste dann im Wege der richterlichen ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden (Wandt, VersR 2002, 1364).

b) Die unwirksamen Klauseln in den früheren §§ 6, 15 AVB der Beklagten betreffen ihre Leistungspflicht gegenüber den Versicherungsnehmern und damit verbunden auch die Rechnungslegung. Es ist notwendig , die entstandene Vertragslücke im Verfahren nach § 172 Abs. 2 VVG zu schließen.
3. Zur Frage, welche Anforderungen an die Unabhäng igkeit des Treuhänders zu stellen sind, sind nähere Ausführungen nicht erforderlich , weil die Klägerin insoweit keine konkreten auf die Person des Treuhänders bezogenen Bedenken erhoben hat. Der Senat weist vorsorglich jedoch auf Folgendes hin:
Der Treuhänder in der Lebens- und Krankenversicher ung ist Vertreter der Interessen der Gesamtheit der Versicherungsnehmer (Renger, VersR 1994, 1257 ff.; ders. VersR 1995, 866, 874; Schwintowski, aaO § 172 Rdn. 4; Präve, aaO § 11b Rdn. 5, 37 ff. m.w.N.; Buchholz, VersR 2005, 866 ff.). Seine Einschaltung soll einen Ausgleich dafür schaffen,

dass das Gesetz dem Versicherer ein einseitiges Vertragsänderungsrecht einräumt und dadurch die Vertragsfreiheit der Versicherungsnehmer einschränkt. Damit dieser vom Gesetz vorgesehene Ausgleich seine Wirkung entfalten kann, ist für die Beurteilung der Unabhängigkeit des vom Versicherer bestellten Treuhänders der Standpunkt der Gesamtheit der Versicherungsnehmer maßgeblich. Der Treuhänder ist danach unabhängig , wenn bei objektiv-generalisierender, verständiger Würdigung das Vertrauen gerechtfertigt ist, er werde die Interessen der Gesamtheit der Versicherungsnehmer angemessen wahrnehmen (vgl. Buchholz aaO S. 870).
III. Die von der Beklagten mit Zustimmung des Treu händers vorgenommene Vertragsergänzung durch inhaltsgleiche Bestimmungen ist unwirksam.
Nach § 306 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 2 AGBG sind vorran gig gesetzliche Vorschriften im Sinne einer konkreten Ersatzregelung in Betracht zu ziehen. Stehen solche nicht zur Verfügung, ist zu fragen, ob ein ersatzloser Wegfall der unwirksamen Klausel eine sachgerechte Lösung darstellt. Scheiden beide Möglichkeiten aus, ist zu prüfen, ob die Ersatzregelung nach den anerkannten Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung zulässiger Inhalt einer richterlichen ergänzenden Vertragsauslegung wäre (Wandt, Versicherungsrechts-Handbuch § 11 Rdn. 135).
1. Für die unwirksame Vereinbarung von Abzügen bei Beitragsfreistellung und Kündigung (Stornoabzug) in § 6 Abs. 1a Satz 3 bis 5,

Abs. 2b AVB gibt es eine Regelung im Gesetz. Nach §§ 174 Abs. 4, 176 Abs. 4 VVG ist der Versicherer zu einem Abzug nur berechtigt, wenn er vereinbart ist. Ist die Vereinbarung unwirksam, besteht kein Anspruch auf einen Abzug (Wandt, VersR 2001, 1458 f.).
Entgegen der Ansicht von Wandt sind diese gesetzli chen Vorschriften nicht nur generell, sondern auch hier zur Lückenfüllung geeignet. Er leitet die Befugnis zur Ersetzung der Stornoklauseln daraus ab, dass der Senat diese nur deshalb für unwirksam erklärt habe, weil sie, obwohl selbst hinreichend transparent und vom Kläger nicht mit nachvollziehbaren Bedenken angegriffen, vom Versicherungsnehmer allein wegen der Bezugnahme auf die unverständlichen Ausgangswerte bei Rückkauf und Beitragsfreistellung nicht zu verstehen seien (vgl. BGHZ 147, 373, 380). Da die intransparenten Klauseln über Beitragsfreistellung und Kündigung aber, wie Wandt meint, im Treuhänderverfahren wirksam ersetzt worden seien, müsse dies auch für die nur mittelbar intransparenten Stornoklauseln gelten. Dem kann schon deshalb nicht zugestimmt werden, weil die neuen Bestimmungen über die beitragsfreie Versicherungssumme und den Rückkaufswert unter Verrechnung der einmaligen Abschlusskosten nach dem Zillmerungsverfahren wiederum unwirksam sind, wie noch auszuführen ist.
Im Übrigen kann den kurzen Ausführungen des Senats zur Stornoklausel im Urteil vom 9. Mai 2001 nicht entnommen werden, dass sie umfassend auf ihre Wirksamkeit im Hinblick auf §§ 10 Nr. 7, 11 Nr. 5 AGBG, jetzt §§ 308 Nr. 7, 309 Nr. 5b BGB geprüft worden ist.

2. a) Für die unwirksamen Bestimmungen in § 6 Abs. 1a Satz 2, Abs. 2a AVB über die Umwandlung in eine beitragfreie Versicherung und die Kündigung und Auszahlung des Rückkaufswerts sowie die Bestimmung in § 15 AVB über die Verrechnung der Abschlusskosten stehen keine gesetzlichen Vorschriften zur Verfügung, die die Lücken sachgerecht schließen (Wandt, VersR 2001, 1456 ff.). Der Senat hat in den Urteilen vom 9. Mai 2001 ausgeführt, dass die §§ 174 Abs. 2, 176 Abs. 3 VVG über die Berechnung der beitragsfreien Versicherungsleistung und den Rückkaufswert nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik nur einen Rahmen darstellen, innerhalb dessen sich die Berechnung halten muss, und die gesetzliche Regelung deshalb der Ergänzung und Ausfüllung bedarf. Ob und wie entstandene Abschlusskosten zu verrechnen sind, ist in den §§ 159 ff. VVG im Gegensatz zum Stornoabzug nicht ausdrücklich geregelt. Dem Schweigen des Gesetzes kann aber nicht entnommen werden, wie die Klägerin meint (vgl. auch Schünemann , VersR 2005, 323, 326), dass diese Kosten allein der Versicherer zu tragen hat. Da die Prämien in der Lebensversicherung nicht nur aus betriebswirtschaftlicher Vernunft, sondern aufsichtsrechtlich nach § 11 VAG zwingend so kalkuliert werden müssen, dass das Versicherungsunternehmen allen seinen Verpflichtungen nachkommen und insbesondere eine ausreichende Deckungsrückstellung bilden kann, dürfte auch den vertragsrechtlichen Vorschriften eher die Vorstellung zugrunde liegen, dass die Abschlusskosten in die Prämienkalkulation einfließen. Es ist auch nicht so, dass Vermittlungsprovisionen stets durch den Versicherer verursacht werden. Das ist z.B. anders, wenn der Versicherungsnehmer sich durch einen Versicherungsmakler beraten lässt, dessen Provision üblicherweise der Versicherer zahlt. Der vollständige Wegfall der Verrechnung der Abschlusskosten mit den Prämien würde die

Versicherungsnehmer davon auch im Ergebnis nicht entlasten. Dies würde die Überschüsse, die (pauschal gesagt) den Versicherungsnehmern zu mindestens 90% zufließen, vermindern und damit im Wesentlichen die Versicherungsnehmer treffen, die den Vertrag bis zum Ende oder jedenfalls für längere Zeit beitragspflichtig aufrechterhalten. Begünstigt würden dadurch nur die Versicherungsnehmer, die den Vertrag nach kurzer Laufzeit kündigen oder beitragsfrei stellen. Eine solche Lösung, die sich vorwiegend am Interesse dieser Versicherungsnehmer an der Optimierung der an sie auszukehrenden Leistungen orientiert, widerspräche dem für das Versicherungsrecht typischen Grundgedanken einer Risikogemeinschaft (vgl. BVerfG VersR 2005, 1127, 1134) und ist deshalb nicht sachgerecht.
Daraus folgt, dass auch ein ersatzloser Wegfall de r Abschlusskostenverrechnungsklausel ungeeignet ist, die Vertragslücke zu schließen.

b) Die inhaltsgleiche Ersetzung der unwirksamen Kl auseln unterläuft die gesetzliche Sanktion der Unwirksamkeit nach § 9 Abs. 1 AGBG, jetzt § 307 Abs. 1 BGB und ist schon deshalb mit den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung nicht zu vereinbaren. Es ist nicht angängig , an die Stelle der unwirksamen, weil den Vertragspartner des Klauselverwenders unangemessen benachteiligenden Klausel im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung eine inhaltsgleiche Bestimmung zu setzen (BGHZ 90, 69, 78). Das nationale Recht stellt damit in Übereinstimmung mit der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen im Sinne eines wirkungsvollen Verbraucherschutzes sicher, dass missbräuchliche Klauseln für den Verbraucher unverbindlich sind (Hubert Schmidt in Bamber-

ger/Roth, BGB § 306 Rdn. 2; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz 4. Aufl. RiLi Art. 6 Rdn. 4; EuGH NJW 2003, 275 f. und NJW 2000, 2571 f.).
Dies gilt auch, wenn die Unwirksamkeit auf einem V erstoß gegen das Transparenzgebot beruht. Darin liegen eine unangemessene Benachteiligung des Kunden im Sinne von § 9 AGBG, jetzt ausdrücklich § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, und ein Verstoß gegen Art. 6 der Richtlinie 93/13/EWG (vgl. BGHZ 140, 25, 31; 106, 42, 49; Pfeiffer in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Band III Stand Januar 2001, A 5 Art. 3 Rdn. 54, 58, Art. 4 Rdn. 39, Art. 5 Rdn. 22, 23, 26, Art. 6 Rdn. 3). Das hat der Senat auch in den Urteilen vom 9. Mai 2001 mit Blick auf die darin festgestellten Verstöße gegen das Transparenzgebot ausgesprochen. Wenn Allgemeine Versicherungsbedingungen Rechte und Pflichten des Vertragspartners - des Versicherungsnehmers - nicht klar und durchschaubar darstellen, insbesondere die wirtschaftlichen Nachteile nicht so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann, wird er unangemessen benachteiligt. Dass dies gerade dann gilt, wenn durch die Intransparenz ein - wie der Senat ausgeführt hat (BGHZ 147, 354, 364) - wirtschaftlicher Nachteil des Versicherungsnehmers von erheblichem Gewicht verdeckt wird, versteht sich von selbst. Der Versicherungsnehmer wird durch die fehlende Transparenz gehindert, seine Entschließungsfreiheit bei Eingehung des Vertrages in voller Kenntnis des Inhalts des Vertrages, insbesondere der wirtschaftlichen Nachteile, auszuüben; er wird gehindert, schon die Produktwahl auf der Grundlage der wirklichen, mit dem Versicherungsvertrag bei frühzeitiger Beendigung verbundenen Nachteile zu treffen. Diese Folgen des Transparenzmangels lassen sich nicht rückwirkend damit beseitigen, dass die un-

wirksame intransparente Klausel durch eine materiell inhaltsgleiche transparente Klausel ersetzt wird (so im Ansatz auch Wandt, VersR 2001, 1455). Soweit letzterer (ebenso Kirscht, VersR 2003, 1075 f.) dennoch die inhaltsgleiche Ersetzung damit rechtfertigt, die Klauseln seien lediglich wegen formeller Intransparenz für unwirksam erklärt worden, inhaltlich aber angemessen, greift das zu kurz. Der Senat hat die in Rede stehende Verrechnung der einmaligen Abschlusskosten nach dem Verfahren der Zillmerung zwar nicht im Sinne von §§ 9 AGBG, 307 BGB als materiell unangemessene Benachteiligung der Versicherungsnehmer angesehen, er hat aber betont, sie schaffe bei Kündigung und Beitragsfreistellung einen wirtschaftlichen Nachteil des Versicherungsnehmers von erheblichem Gewicht. Bei der inhaltsgleichen Ersetzung der Klausel hätte dieser Nachteil Bestand, obwohl der Vertrag durch den Transparenzmangel unter Verdeckung dieses Nachteils zustande gekommen ist. Der Eingriff in die Entschließungs- und Auswahlfreiheit bliebe unbeseitigt und bestünde - bei Einstellung der Prämienzahlung - in seinen Auswirkungen fort. Das führte im Ergebnis dazu, dass die wegen Intransparenz unwirksame Klausel mit den verdeckten Nachteilen für den Versicherungsnehmer letztlich doch verbindlich bliebe. Ein solches Ergebnis liefe §§ 9 AGBG, 307 BGB zuwider und kann deshalb auch nicht Ergebnis einer ergänzenden Vertragsauslegung sein.

c) Die Verrechnung der Abschlusskosten im Wege der Zillmerung ist hinsichtlich der Versicherungsnehmer, die den Vertrag bis zum Ende beitragspflichtig führen, zwar unbedenklich. Da die Klauseln aber nicht teilbar sind, ist die Vertragsergänzung insgesamt unwirksam.

IV. Das Scheitern der Vertragsergänzung nach § 172 Abs. 2 VVG bedeutet nicht, dass die Klage abzuweisen ist, um der Beklagten Gelegenheit zu geben, erneut ein solches Verfahren durchzuführen. Vielmehr ist im Wege der richterlichen ergänzenden Vertragsauslegung zu entscheiden , ob und auf welche Art die einmaligen Abschlusskosten mit den Beiträgen zu verrechnen sind (vgl. Wandt, Versicherungsrechts-Handbuch § 11 Rdn. 141; anders, jedenfalls unklar Kollhosser, aaO § 172 Rdn. 36).
1. a) Bei unwirksamen Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat die ergänzende Vertragsauslegung ebenso wie die Auslegung und Inhaltskontrolle solcher Bestimmungen nach einem objektivgeneralisierenden Maßstab zu erfolgen, der am Willen und Interesse der typischerweise beteiligten Verkehrskreise (und nicht nur der konkret beteiligten Parteien) ausgerichtet sein muss (BGH, Urteil vom 14. April 2005 - VII ZR 56/04 - NJW-RR 2005, 1040 unter II 3; BGHZ 107, 273, 276 f. m.w.N.; Harry Schmidt, aaO § 6 Rdn. 32; Hubert Schmidt, aaO § 306 Rdn. 12, 13; Erman/Roloff, BGB 11. Aufl. § 306 Rdn. 13). Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein (Harry Schmidt, aaO). Sie scheitert, anders als bei Verträgen zwischen einzelnen Personen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 22. Februar 2002 - V ZR 26/01 - WM 2002, 2337 unter II 3), nicht daran, dass mehrere Gestaltungsmöglichkeiten zur Ausfüllung der Regelungslücke in Betracht kommen, wie schon die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Tagespreisklausel belegt (BGHZ 90, 69, 78 ff.). Vielmehr ist insbesondere bei Massenverträgen die Ergänzung auf einer höheren Abstraktionsebene und damit ohne Rücksicht auf Anhaltspunkte für eine

bestimmte Lösungsvariante vorzunehmen (Hubert Schmidt, aaO Rdn. 13; vgl. auch Schlosser, aaO § 6 Rdn. 13a).

b) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt.

c) Eine ergänzende Vertragsauslegung ist auch vorz unehmen, wenn eine Klausel wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam ist. § 306 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 2 AGBG unterscheiden nicht nach dem Grund der Unwirksamkeit. Diese Vorschriften regeln auch die Rechtsfolgen der Unwirksamkeit. Das durch den Transparenzmangel verursachte Informationsdefizit des Versicherungsnehmers bei der Produktwahl führt deshalb nicht dazu, die Vertragsergänzung durch ein Widerspruchsrecht in entsprechender Anwendung von § 5a VVG auszuschalten (so aber Schünemann, JZ 2002, 137; zutreffend: Römer in Römer /Langheid, VVG 2. Aufl. § 5a Rdn. 41; OLG München VersR 2003, 1024, 1026; OLG Celle VersR 2003, 1113 f.; Wandt, VersR 2001, 1455 f.; Werber, VersR 2003, 148, 150 ff.). Einem Widerspruchsrecht, das den Vertrag insgesamt beträfe, stehen § 306 Abs. 1 BGB, § 6 Abs. 1 AGBG entgegen. Nach diesen Bestimmungen bleibt der Vertrag bei Unwirksamkeit einer Klausel im Übrigen wirksam.

d) Europarechtliche Bedenken gegen die ergänzende Vertragsauslegung bestehen nicht. Wie eine unverbindliche Klausel ersetzt wird, regelt die Richtlinie 93/13/EWG nicht, dies ist dem nationalen Recht über-

lassen (Hubert Schmidt, aaO Rdn. 2; Roloff, aaO Rdn. 3; Wolf, aaO RiLi Art. 6 Rdn. 4, 7; Pfeiffer, aaO Art. 6 Rdn. 8, 13).
2. Nach diesen Grundsätzen ist die Regelungslücke in der Weise zu schließen, dass es grundsätzlich bei der Verrechnung der geleisteten, einmaligen Abschlusskosten nach dem Zillmerungsverfahren bleibt. Für den Fall der vorzeitigen Beendigung der Beitragszahlung bleibt jedenfalls die versprochene Leistung geschuldet; der vereinbarte Betrag der beitragsfreien Versicherungssumme und des Rückkaufswerts darf aber einen Mindestbetrag nicht unterschreiten. Dieser Mindestbetrag wird bestimmt durch die Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals. Bereits erworbene Ansprüche aus einer vereinbarten Überschussbeteiligung werden dadurch nicht erhöht.

a) Die Verrechnung entstandener Abschlusskosten mi t den Prämien entspricht grundsätzlich den Interessen aller am Vertrag Beteiligten. Der Senat hat dies in den Urteilen vom 9. Mai 2001 auch nicht in Frage gestellt, sondern nur die nachteiligen Folgen der Verrechnung nach dem Zillmerungsverfahren bei Kündigung oder Beitragsfreistellung als nicht transparent vereinbart beanstandet. Unter B. III. 2. a) ist bereits dargelegt worden, dass die Verrechnung der Abschlusskosten mit den Prämien objektiv unter vertragsrechtlichen Gesichtspunkten sachgerecht und aufsichtsrechtlich geboten und im Übrigen nach den Vorschriften über die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen vorgeschrieben ist (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RechVersV). Die Verrechnung mit den Prämien entspricht ferner dem bei Vertragsschluss zum Ausdruck gebrachten Willen der Beteiligten. § 15 AVB bestimmte, dass die Ab-

schlusskosten mit den ab Beginn der Versicherung eingehenden Beiträgen verrechnet werden, soweit diese nicht für Versicherungsleistungen und Verwaltungskosten vorgesehen sind. Lediglich die Art und die Folgen der Verrechnung "nach einem aufsichtsrechtlich geregelten Verfahren" waren für den Versicherungsnehmer nicht durchschaubar.
Gegen die grundsätzliche Verrechnung von in der Ve rgangenheit entstandenen Abschlusskosten (um die es hier allein geht) mit den Prämien lässt sich, anders als die Klägerin meint, nicht mit Erfolg einwenden , die Vermittlungsprovision hätte nicht oder nicht in vollem Umfang gleich am Anfang oder nicht in dieser Höhe entstehen müssen. Gegen das in der Lebensversicherung abweichend von § 92 Abs. 4 HGB (ratierliche Zahlung der Provision entsprechend der Prämienzahlung) übliche System der Einmalprovision (vgl. dazu Küstner in Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Außendienstrechts Bd. 1, 3. Aufl. Rdn. 956 ff., 1099 ff.) werden von Verbraucherseite und in der Literatur (Schünemann, VersR 2005, 323, 326) zwar Bedenken erhoben, die nicht ganz von der Hand zu weisen sind (vgl. auch Abschlussbericht der vom Bundesministerium der Justiz eingesetzten Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 19. April 2004 Ziff. 1.3.2.1.4.3; Rundschreiben des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen R 5/95 vom 31. Oktober 1995 VerBAV 1995, 366). Dieses System kann den Vermittler dazu verleiten, zur Erzielung einer möglichst hohen Provision Verträge zustande zu bringen, die dem Bedarf oder den finanziellen Möglichkeiten des Kunden nicht entsprechen. Dies mag Anlass sein, über eine Änderung des Provisionssystems nachzudenken, trägt aber zur Lösung des Problems der schon entstandenen Abschlusskosten nichts bei.


b) Der hypothetische Wille und die Interessen der typischerweise an kapitalbildenden Lebensversicherungen beteiligten Verkehrskreise stellen sich bei objektiv-generalisierender Betrachtung wie folgt dar:
aa) Die Versicherungsnehmer, die den Vertrag bis z um Ende durchführen, haben ein Interesse daran, die Belastung durch die am Anfang entstehenden Abschlusskosten möglichst gering zu halten. Auf eine möglichst hohe Versicherungsleistung schon in den ersten Jahren kommt es ihnen beim Abschluss des Vertrages nicht an. Deshalb ist für sie die Verrechnung nach dem Zillmerungsverfahren am günstigsten, weil dadurch die Abschlusskosten am schnellsten getilgt und bei längerfristiger Tilgung entstehende höhere Finanzierungskosten erspart werden (vgl. Engeländer, NVersZ 2002, 436, 438, 444; ders. VersR 1999, 1325 ff.; Bergmann, VersR 2004, 549 ff.; Heinen, ZVersWiss 2002, 155 ff.; Jaeger , VersR 2002, 133, 140).
bb) Die Interessen der Versicherungsnehmer, die di e Beitragszahlung vorzeitig beenden, sind im Gegensatz dazu darauf gerichtet, in diesem Zeitpunkt eine Versicherungsleistung zu erhalten, die möglichst wenig mit Abschlusskosten belastet ist. Nach diesem Zeitpunkt zu verrechnende Abschlusskosten, auch in Gestalt höherer Finanzierungskosten, sind für sie bedeutungslos, weil sie keine Prämien mehr zahlen und, wie ausgeführt, ein Stornoabzug nicht wirksam vereinbart ist. Diesem Anliegen entspräche eine Verteilung der Abschlusskosten auf die gesamte Laufzeit.
cc) Das Interesse der Versicherungsunternehmen geh t dahin, die Abschlusskosten so zu verrechnen, dass möglichst wenig Finanzie-

rungsaufwand entsteht und so höhere Überschüsse erzielt werden. Es stimmt insoweit mit dem Interesse der Versicherungsnehmer überein, die den Vertrag bis zum Ende durchführen.
dd) Die Interessen aller Beteiligten sind auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zusammenzuführen. Dabei ist als Besonderheit der Lebensversicherung zu berücksichtigen, dass hier nicht der sonst im Wirtschaftsleben übliche Interessengegensatz der Marktteilnehmer vorliegt. Den Versicherungsunternehmen wird durch die Prämienzahlungen Vermögen anvertraut, das in ihr Eigentum übergeht und über dessen Nutzung sie in eigener unternehmerischer Verantwortung zu entscheiden haben, dessen Erträge aber größtenteils zur Absicherung der wirtschaftlichen Existenz der Versicherten gedacht sind (BVerfG VersR 2005, 1109, 1118). Die erzielten Überschüsse stehen zum größten Teil den Versicherungsnehmern zu, die Überschüsse aus Kapitalerträgen zu mindestens 90% (§ 1 Abs. 1 und 2 ZRQuotenV). In der Praxis war eine Quote von 97% des Rohüberschusses üblich (BVerfG aaO S. 1121). Die Interessen der Versicherungsunternehmen sind mit den Interessen der Gesamtheit der Versicherungsnehmer daher weitgehend gleichgerichtet.
Bei der Bewertung der typischen Interessenlage der Gesamtheit der Versicherungsnehmer kann aber nicht außer Acht gelassen werden, dass ein ganz erheblicher Teil der Verträge vorzeitig beendet wird, wobei nach dem Eindruck verschiedener Veröffentlichungen eine geschätzte Quote von etwa 50% realistisch sein könnte (VW 2004, 1884; 2005, 419, 988; FAZ 25. November 2004 S. 15). Daraus folgt, dass in etwa jeder zweite Versicherungsnehmer durch die Verrechnung der Abschlusskosten nach dem Zillmerungsverfahren einen - je nach Stornozeitpunkt mehr

oder weniger großen - wirtschaftlichen Nachteil erleidet. Selbst wenn am Anfang beabsichtigt sein mag, den Vertrag nicht vorzeitig zu stornieren, wird diese Absicht etwa von jedem zweiten Versicherungsnehmer aus unterschiedlichen, sich erst später ergebenden und in der Regel nicht vorhergesehenen Gründen nicht verwirklicht. Damit besteht statistisch betrachtet in der Person jedes Versicherungsnehmers bei Abschluss des Vertrages eine ihm unbewusste gespaltene Interessenlage. Bildlich gesprochen kommt es der einen Hälfte des Versicherungsnehmers auf eine möglichst hohe Ablaufleistung an, der anderen auf eine möglichst hohe Leistung bei vorzeitiger Beendigung. Da ihm nicht offen gelegt worden ist, dass die Interessen dieser anderen Hälfte im Vertrag so nicht berücksichtigt werden, ist für den rückwirkend nicht mehr behebbaren Transparenzmangel ein angemessener Ausgleich zu schaffen.
Dieser besteht darin, dass den bei Vertragsabschlu ss nicht berücksichtigten Interessen vertragsergänzend durch eine Mindestleistung bei vorzeitiger Beendigung der Beitragszahlung Rechnung getragen wird, die sich vor allem beim Frühstorno auswirkt. Diesen Interessen kommt im Vergleich mit den Interessen derjenigen Versicherungsnehmer, die den Vertrag bis zum Ende durchführen (meist 20 oder 30 Jahre lang bis zum Erreichen des Rentenalters), ein jedenfalls geringeres Gewicht zu. Lebensversicherungen zielen auf die Sicherung der wirtschaftlichen Existenz und in diesem Rahmen schwerpunktmäßig auf die Alterssicherung (BVerfG aaO S. 1118). Eine Begünstigung derjenigen Versicherungsnehmer , die die Beitragszahlung vorzeitig beenden, dadurch, dass ihnen ein Betrag gutgebracht wird, der über den hinausgeht, der bei Verrechnung der geleisteten einmaligen Abschlusskosten nach dem Zillmerungsverfahren verbleibt, muss sich notwendig zugleich auf die Höhe des

Überschusses auswirken, der den Versicherungsnehmern zugute kommt, die den Vertrag beitragspflichtig bis zum Ende durchführen. Ähnlich wie bei der Überschussbeteiligung ist es daher nicht sachgerecht, die Höhe der beitragsfreien Versicherungssumme oder des Rückkaufswertes vorrangig oder nur am Interesse der die Beitragszahlung vorzeitig beendenden Versicherungsnehmer an einer Optimierung der an sie zu erbringenden Leistungen auszurichten. Das widerspräche dem für das Versicherungsrecht - und auch für die Lebensversicherung - typischen Gedanken einer Risikogemeinschaft und des Ausgleichs der unterschiedlichen Interessen der Versicherungsnehmer (vgl. BVerfG VersR 2005, 1127, 1134).
ee) Zur Höhe der Mindestleistung bei Einstellung d er Beitragszahlung hat der Senat den Vorschlag der Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts übernommen (Abschlussbericht aaO Ziff. 1.3.2.1.4 und Begründung zu §§ 158, 161 des Entwurfs). Der Senat hat andere Möglichkeiten für die Festlegung eines Mindestrückkaufswerts erwogen (dazu Claus, VerBAV 1986, 239, 253, 283 ff.) und auch die Verteilung der Abschlusskosten auf einen längeren Zeitraum wie bei der "Riester-Rente" in seine Überlegungen einbezogen (nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 AltZertG früher mindestens zehn Jahre, ab 1. Januar 2005 mindestens fünf Jahre; so LG Hildesheim VersR 2003, 1290 f.; vgl. dazu Wandt, VersR 2001, 1460). Er hält den Vorschlag der Reformkommission jedoch aus mehreren Gründen für vorzugswürdig. Der Vorschlag stammt von einem sachkundigen Gremium, dem Vertreter der Verbraucher, der Versicherungswirtschaft und der Wissenschaft angehörten, beruht auf aktuellen Erkenntnissen und erscheint ohne größere Schwierigkeiten durchführbar. Danach soll der Rückkaufswert abweichend von § 176 Abs. 3 Satz 1 VVG nicht mehr der Zeitwert der Versicherung, sondern

das nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation zum Schluss der laufenden Versicherungsperiode berechnete Deckungskapital der Versicherung sein, bei einer Kündigung mindestens jedoch die Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitals. Entsprechendes soll für die Ermittlung der prämienfreien Versicherungsleistung gelten, für die schon bisher nach § 174 Abs. 2 VVG die Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation maßgebend sind. Dies führt auch nach Ansicht des Senats zu einer klaren und möglichst einfachen Berechnung des Rückkaufswertes nach bewährten versicherungsmathematischen Regeln. Der danach berechnete Mindestrückkaufswert führt allerdings dazu, dass für die Verträge, die davon betroffen sein können, eine erhöhte Deckungsrückstellung zu bilden ist (vgl. Engeländer, VersR 2005, 1031, 1036; Schroer, Der Verantwortliche Aktuar in der Lebensversicherung S. 104). Dieser Eingriff in die Rechnungsgrundlagen erscheint hinnehmbar, weil die Verrechnung der einmaligen Abschlusskosten im Wege der Zillmerung als solche bestehen bleiben kann.
Demgegenüber ist auch zehn Jahre nach Inkrafttrete n der Neuregelung noch nicht allgemein anerkannt, wie der Zeitwert nach § 176 Abs. 3 Satz 1 VVG zu berechnen ist (vgl. Jaeger, VersR 2002, 133 ff.: "ungelöstes Rätsel"; Engeländer, NVersZ 2002, 436, 442 f.). Nach Ansicht von Versicherungsmathematikern liegt er unter den vereinbarten und nach den herkömmlichen Verfahren berechneten Rückkaufswerten (Engeländer, aaO S. 441, 446; Jaeger, aaO S. 144). Der Zeitwert bietet schon deshalb keine Grundlage für einen Ausgleich der durch den Transparenzmangel verursachten nachteiligen Folgen bei vorzeitiger Beendigung der Beitragszahlung.

C. Der geltend gemachte Anspruch ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht durch Verzicht erloschen oder verwirkt, weil der Klägerin das Recht auf einen höheren Rückkaufswert nicht bekannt war und vor Veröffentlichung der Senatsurteile vom 9. Mai 2001 auch nicht hätte bekannt sein können und die Beklagte durch die ihr objektiv zuzurechnende Intransparenz der AVB-Klauseln eine unklare Rechtslage geschaffen hatte.

D. Die Sache wird zurückverwiesen, damit die Parte ien ergänzend vortragen können und die Klägerin ihre Anträge anpassen kann.

Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 245/03 Verkündet am:
12. Oktober 2005
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Oktober 2005

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Teilurteil der Zivilkammer 1 des Landgerichts Hildesheim vom 16. Oktober 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin verlangt von der Beklagten, einem Leb ensversicherungsunternehmen , im Wege der Stufenklage Auskunft über den Rückkaufswert einer kapitalbildenden Lebensversicherung ohne Verrechnung mit Abschlusskosten und Zahlung des sich daraus ergebenden Betrages.
2
Die Klägerin hat bei der Beklagten zum 1. Oktober 1999 einen Vertrag über eine Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht und einer Beitragszahlungsdauer von 27 Jahren abgeschlossen. Die Beklagte hat den Vertrag wegen Verzugs mit den Beitragszahlungen nach § 39 VVG zum 1. April 2001 gekündigt. Mit Schreiben vom 11. April 2001 hat sie den Wert des Vertrages mit 0,00 DM angegeben und seit 1. Oktober 2000 rückständige Beiträge in Höhe von 3.646,61 DM angefordert. Bei der Ermittlung des Rückkaufswerts sind Abschlusskosten berücksichtigt. Dazu heißt es in § 14 der dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB): "Wie werden die Abschlusskosten erhoben und ausgeglichen? Die mit dem Abschluss Ihrer Versicherung verbundenen und auf Sie entfallenden Kosten, etwa die Kosten für Beratung, Anforderung von Gesundheitsauskünften und Ausstellung des Versicherungsscheins , werden Ihnen nicht gesondert in Rechnung gestellt. Auf den Teil dieser Kosten, der bei der Berechnung der Deckungsrückstellung angesetzt wird, verrechnen wir nach einem aufsichtsrechtlich geregelten Verfahren Ihre ab Versicherungsbeginn eingehenden Beiträge, soweit diese nicht für Versicherungsleistungen und Verwaltungskosten vorgesehen sind."
3
Für den Fall der vorzeitigen Auflösung des Vertrag es ist die Zahlung eines Rückkaufswerts vereinbart. Bestimmungen über die Ermittlung des Rückkaufswerts bei Kündigung durch den Versicherer enthalten die Versicherungsbedingungen nicht, sondern nur für den Fall der Kündigung durch den Versicherungsnehmer in § 5 Abs. 3 AVB: "Nach Kündigung wird der Rückkaufswert ermittelt. Dieser entspricht nicht der Summe der von Ihnen eingezahlten Beiträge, sondern wird nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik für den nach Absatz 1 zutreffenden Zeitpunkt als Zeitwert Ihrer Versicherung berechnet, ... Der auszuzahlende Teil des Rückkaufswertes sowie die beitragsfreie Rente erreichen jedoch mindestens einen bei Vertragsab- schluss vereinbarten Garantiebetrag, dessen Höhe vom Zeitpunkt der Beendigung des Vertrages abhängt (vgl. die auf dem Versicherungsschein abgedruckte Übersicht der Garantiebeträge) ..."
4
In dieser Übersicht ist der garantierte Rückkaufsw ert für die ersten 25 Jahre aufgeführt, für das erste Jahr mit "0". In den Erläuterungen zu dieser Tabelle der Garantiewerte wird darauf hingewiesen, dass sich u.a. wegen der Verrechnung der Abschlusskosten mit den ersten Beiträgen in den ersten Jahren kein oder nur ein niedriger Rückkaufswert bilde.
5
Der Senat hat durch Urteil vom 9. Mai 2001 eine § 14 AVB praktisch wortgleiche Klausel in § 15 der AVB eines anderen Versicherers wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot für unwirksam erklärt (BGHZ 147, 354). In diesem und einem weiteren Urteil vom 9. Mai 2001 (BGHZ 147, 373) hat der Senat ferner Klauseln in Allgemeinen Versicherungsbedingungen über die Ermittlung des Rückkaufswerts, der beitragsfreien Versicherungssumme und den Stornoabzug bei Kündigung bzw. Beitragsfreistellung durch den Versicherungsnehmer wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot für unwirksam erklärt. Der Senat hat die im Transparenzmangel liegende unangemessene Benachteiligung der Versicherungsnehmer durch beide Klauseln darin gesehen, dass dem Versicherungsnehmer die mit der Beitragsfreistellung und der Kündigung insbesondere in den ersten Jahren verbundenen erheblichen wirtschaftlichen Nachteile nicht deutlich gemacht werden. Sie liegen darin, dass wegen der zunächst vollen Verrechnung der Sparanteile der Prämien mit den im Wesentlichen aus der Vermittlungsprovision bestehenden einmaligen Abschlusskosten bis zum Höchstzillmersatz (so genannte Zillmerung , § 25 Abs. 1 Satz 2 RechVersV, § 4 DeckRV) in den ersten Jahren keine oder allenfalls geringe Beträge zur Bildung einer beitragsfreien Versicherungssumme oder eines Rückkaufswertes vorhanden sind.
6
Die Beklagte hat diese Senatsurteile zum Anlass ge nommen, §§ 5 und 14 AVB im Wege des Treuhänderverfahrens nach § 172 Abs. 2 VVG durch inhaltsgleiche transparente Regelungen zu ergänzen. Die Klägerin hält die Klauselersetzung für unwirksam. Nach ihrer Ansicht ist § 172 Abs. 2 VVG nur auf Risikoversicherungen gemäß § 172 Abs. 1 VVG, nicht aber auf die kapitalbildende Lebensversicherung anwendbar, jedenfalls nicht auf gekündigte Verträge. Keinesfalls sei es zulässig, eine wegen Intransparenz für unwirksam erklärte Klausel durch eine inhaltsgleiche zu ersetzen.
7
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht die Beklagte zur Auskunft über die Höhe des Rückkaufswerts ohne Verrechnung mit Abschlusskosten verurteilt. Die Beklagte erstrebt mit der Revision die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


8
Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
9
A. Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die Beklagte in zulässiger Weise ein Klauselersetzungsverfahren nach § 172 Abs. 2 VVG durchgeführt hat oder ob eine individuelle ergänzende Vertragsauslegung stattzufinden habe, weil die Klauselersetzung nach § 172 Abs. 2 VVG nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung vorzunehmen sei und der vollen richterlichen Überprüfung unterliege. Es hält die das Zillmerungsverfahren betreffenden Bestimmungen in §§ 5 und 14 AVB trotz der Aushändigung der vollständigen Tabelle der Garantiewerte und des Hinweises, dass wegen der Verrechnung der ersten Beiträge u.a. mit den Abschlusskosten in den ersten Jahren kein oder nur ein niedriger Rückkaufswert anfalle, wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot für unwirksam, weil die Klauseln selbst keinen Hinweis auf die mit dieser Art der Verrechnung verbundenen wirtschaftlichen Nachteile enthielten und damit nicht den in den Senatsurteilen vom 9. Mai 2001 aufgestellten Transparenzanforderungen genügten. Das Berufungsgericht hat erwogen, ob zur Ausfüllung der durch die Unwirksamkeit entstandenen Vertragslücke von einem ungezillmerten Vertrag auszugehen sei, ob ein ersatzloser Wegfall der Klauseln in Betracht komme oder die von der Beklagten vorgenommene inhaltsgleiche Ersetzung. Es hat diese Lösungen nicht als interessengerecht angesehen, sondern nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung einen ausgewogenen Interessenausgleich darin gesehen, die Abschlusskosten auf einen längeren Zeitraum zu verteilen, der sich an § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 AltZertG (in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung) orientiere und damit mindestens zehn Jahre betrage (so schon das rechtskräftig gewordene Urteil derselben Kammer des Berufungsgerichts vom 15. Mai 2003, VersR 2003, 1290).
10
B. Den auf einen ausgewogenen Interessenausgleich gerichteten Erwägungen des Berufungsgerichts ist im Grundsatz zuzustimmen. Der Senat hält jedoch eine andere Lösung mit den entsprechenden Folgen für den Auskunftsanspruch der Klägerin für sachgerechter.
11
I. § 172 Abs. 2 VVG ist auf die kapitalbildende Le bensversicherung anwendbar und nicht nur auf die Risikoversicherungen im Sinne von § 172 Abs. 1 VVG.
12
1. § 172 Abs. 1 VVG betrifft nur Versicherungen, b ei denen der Eintritt der Leistungspflicht des Versicherers ungewiss ist. Das sind reine Risikoversicherungen, etwa die Todesfallversicherung mit fester Laufzeit, die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, die Unfallzusatzversicherung , die Dread-Disease-Versicherung (Versicherungsfall ist eine schwere Erkrankung) und die Pflegeversicherung (vgl. Kollhosser in Prölss/ Martin, VVG 27. Aufl. § 172 Rdn. 6, wobei es offenbar versehentlich "gewiss" heißt, richtig 26. Aufl. Rdn. 3 "ungewiß"; BK/Schwintowski, § 172 VVG Rdn. 8). Bei der gemischten, kapitalbildenden Lebensversicherung (Kapitalversicherung, Rentenversicherung, fondsgebundene Lebensversicherung ) ist der Eintritt der Leistungspflicht des Versicherers dem Grunde nach gewiss. Entweder ist die Todesfallleistung zu zahlen oder die Ablaufleistung oder Rente. Zweifel an der Gewissheit bestehen allenfalls dann, wenn die für den Todesfall vereinbarte Leistung höher ist als die für den Erlebensfall (vgl. dazu Engeländer, VersR 2000, 274,

278).


13
2. Ob § 172 Abs. 2 VVG auch die kapitalbildende Le bensversicherung erfasst, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten.

14
a) Der Bund der Versicherten und die Klägerin mein en, § 172 Abs. 2 VVG gelte nur für die Risikoversicherungen des Abs. 1 und bei kapitalbildenden Lebensversicherungen jedenfalls nicht für den "Kapitalteil". Diese enge Auslegung wird in der Literatur vertreten von Schünemann (VersR 2005, 323; VersR 2004, 817; VersR 2002, 393; NVersZ 2002, 145; JZ 2002, 460, 462, Entscheidungsanmerkung; JZ 2002, 134; VuR 2002, 100, 103, Entscheidungsanmerkung; VuR 2002, 85), Bäuerle/ Schünemann (Ersetzung unwirksamer Klauseln in der kapitalbildenden Lebensversicherung aus verfassungs- und zivilrechtlicher Sicht, Gutachten für den BdV), Römer (Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 172 Rdn. 13 ff.) und Buchholz-Schuster (NVersZ 2000, 207 unter Bezugnahme auf Römer), in diese Richtung tendierend wohl auch Dörner (LM Nr. 47 zu § 8 AGBG, Entscheidungsanmerkung zu den Senatsurteilen vom 9. Mai 2001).
15
b) Überwiegend wird in der Literatur die von den L ebensversicherungsunternehmen bevorzugte Ansicht vertreten, § 172 Abs. 2 VVG erfasse alle Lebensversicherungen (Schwintowski, aaO § 172 VVG Rdn. 23; Kollhosser, aaO § 172 Rdn. 17 ff. und VersR 2003, 807 ff.; Wandt in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch § 11 mit umfassender Darstellung der gesamten Problematik, zu § 172 VVG Rdn. 18-24, 43-49, 117-144; ders. VersR 2001, 1449; 2002, 1362 f., Entscheidungsanmerkung; ders. Ersetzung unwirksamer AVB der Lebensversicherung im Treuhänderverfahren gemäß § 172 VVG, Gutachten für den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft - GDV -; ders. Änderungsklauseln in Versiche rungsverträgen Rdn. 286-288, 293-305; Höra/Müller-Stein in Terbille, Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht § 24 Rdn. 205-208; Präve in Prölss, VAG 12. Aufl. § 11b Rdn. 14, 15; ders. VersR 2001, 839, 841, 846, 848, Anm. zu den Senatsentscheidungen vom 9. Mai 2001; ders. VersR 2000, 1138 f.; ders. Versicherungsbedingungen und AGB-Gesetz Rdn. 475; Armbrüster, EWiR § 3 UWG 2/02, 1109; Lorenz, VersR 2002, 410, auch zum verfassungsrechtlichen Aspekt; ders. VersR 2001, 1146, Anm. zum Urteil des OLG Stuttgart S. 1141; Fricke, NVersZ 2000, 310; Baroch Castellvi, NVersZ 2001, 529, 534; Reiff, ZIP 2001, 1058, 1060 f., Anm. zu einem der Senatsurteile vom 9. Mai 2001, S. 1052; Jaeger, VersR 1999, 26, 29 f.; Langheid/Grote, NVersZ 2002, 49; Rosenow /Schaffelhuber, ZIP 2001, 2211, 2222; Kirscht, VersR 2003, 1072).
16
c) In der Rechtsprechung der mit zahlreichen Verfa hren befassten Instanzgerichte werden ebenfalls unterschiedliche Auffassungen vertreten. Die Oberlandesgerichte folgen, soweit ersichtlich, im Wesentlichen der in der Literatur überwiegend vertretenen Ansicht (Stuttgart VersR 2001, 1141 m. Anm. Lorenz; München VersR 2003, 1024; Braunschweig VersR 2003, 1520; Celle VersR 2005, 535; Nürnberg, Urteil vom 11. Juli 2005 - 8 U 3187/04 ; anders für bei Wirksamwerden der Änderung gekündigte Verträge Düsseldorf, Urteil vom 13. Mai 2005 - I-4 U 146/04).
17
3. Für das vom Senat gefundene Auslegungsergebnis sind folgende Erwägungen maßgebend:
18
a) Schon der Wortlaut "der Lebensversicherung" spricht dafür, dass § 172 Abs. 2 VVG alle Lebensversicherungen meint. Wenn das Gesetz von der Lebensversicherung ohne nähere Erläuterung spricht, sind auch sonst alle Lebensversicherungsarten gemeint. Soll eine Regelung nur bestimmte Arten der Lebensversicherung betreffen, wird diese Art der Lebensversicherung ausdrücklich benannt, so z.B. in §§ 165 Abs. 2, 166 Abs. 1 Satz 1, 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, 176 Abs. 1 Satz 1 VVG (Kapitalversicherung). In § 172 Abs. 1 VVG werden ebenfalls nur bestimmte Versicherungen bezeichnet, nämlich die mit ungewisser Leistungspflicht des Versicherers. Um zum Ausdruck zu bringen, dass in Abs. 2 nur diese Versicherungen gemeint sind, wäre die gleiche Formulierung zu erwarten wie in § 176 Abs. 2 VVG, nämlich "bei einer Versicherung der in Abs. 1 bezeichneten Art". Demgegenüber lässt sich der Formulierung "der Lebensversicherung" eine solche Beschränkung nicht entnehmen.
19
b) Der Vergleich mit § 178g Abs. 3 VVG spricht ebe nfalls dafür, dass § 172 Abs. 2 VVG nicht nur auf die Versicherungen der in Abs. 1 bezeichneten Art anwendbar ist. Beide Bestimmungen geben dem Versicherer das Recht, im Treuhänderverfahren neue Versicherungsbedingungen einzuführen. § 178g Abs. 3 Satz 1 VVG enthält das Recht, die Versicherungsbedingungen und die Tarifbestimmungen bei einer nachhaltigen Veränderung der Verhältnisse des Gesundheitswesens zu ändern , hat also die dauernde Erfüllbarkeit der Verträge im Blick ebenso wie das Recht zur Prämienanpassung nach Abs. 2 dieser Vorschrift. Die Befugnis in Abs. 3 Satz 2, unwirksame Bedingungen im Treuhänderverfahren zu ersetzen, war im Regierungsentwurf noch nicht enthalten (BTDrucks. 12/6959 S. 37). Sie ist gemeinsam mit § 172 Abs. 2 VVG erst gegen Ende des Gesetzgebungsverfahrens eingefügt worden. In § 178g Abs. 3 Satz 2 VVG betrifft die Ersetzungsbefugnis eindeutig nur die in Satz 1 genannten Versicherungsverhältnisse. Dieser Zusammenhang wird einmal dadurch hergestellt, dass die Regelung als Satz 2 in denselben Absatz eingefügt wurde. Zum anderen ergibt sich der enge Zusam- menhang ersichtlich auch daraus, dass es in Satz 2 nur heißt "Ist in den Versicherungsbedingungen eine Bestimmung unwirksam, …". Bei der Lebensversicherung ist der Gesetzgeber anders vorgegangen. Im Regierungsentwurf hatte § 172 VVG nur einen Absatz (BT-Drucks. 12/6959 S. 35). Hätte die Ersetzungsbefugnis nur für die Risikoversicherungen gelten sollen, hätte es nahe gelegen, sie wie bei § 178g Abs. 3 VVG durch Anfügen des vergleichbaren Satzes "Ist in den Versicherungsbedingungen eine Bestimmung unwirksam, …" zu regeln. Stattdessen ist die Ersetzungsbefugnis aber in einem eigenen Absatz untergebracht und außerdem hinzugefügt worden "der Lebensversicherung". Das spricht gegen die Ansicht von Römer (aaO § 172 Rdn. 14), § 172 Abs. 2 VVG könne nicht aus dem Zusammenhang mit Abs. 1 gelöst werden. Der Gesetzgeber hat diesen Zusammenhang gelöst, wie der Vergleich mit § 178g Abs. 3 VVG zeigt.
20
c) Die Entstehungsgeschichte ergibt kein klares Bi ld. Sie spricht aber nicht gegen, sondern eher für einen weiten Anwendungsbereich von § 172 Abs. 2 VVG. Erwähnt wird dieses Problem in den Gesetzesmaterialien nicht. Wie zuvor unter b) ausgeführt, enthielt der Regierungsentwurf keine Befugnis der Versicherer, unwirksame Bedingungen in der Lebens- oder Krankenversicherung zu ersetzen. In der Lebensversicherung ging es im Entwurf nur um die Anpassung von Prämien und der Überschussbeteiligung bei den Versicherungen, die jetzt in Abs. 1 genannt sind. Nur bei solchen Versicherungen, nicht aber bei der kapitalbildenden Lebensversicherung ("Sparprodukte"), haben der Gesetzgeber und der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in der Stellungnahme zum Referentenentwurf vom September 1993 einen Bedarf für eine Prämienanpassungsregelung gesehen. Der GDV hat aber in der Stellungnahme vom September 1993 ebenso wie bei seinen Änderungsvorschlägen vom März 1994 weitergehend gefordert, dass die Lebensversicherer auch das Recht erhalten sollen, nachträglich einzelne Bestimmungen in den Versicherungsbedingungen zu ändern. Dabei ging er ebenso wie der Regierungsentwurf davon aus, dass diese Möglichkeit der Vereinbarung bedarf, also einer vertraglichen Ä nderungsklausel. Die Vorstellung des GDV ging dahin, dass der Inhalt der Bedingungsänderungsklausel gewissermaßen in das Gesetz aufgenommen wird. Er wollte also eine so geartete, wie es in seiner Stellungnahme vom März 1994 formuliert ist, gesetzliche Bedingungsänderungsmöglichkeit. Diese Vorstellung hat der Gesetzgeber auch umgesetzt, allerdings ohne den Umweg über eine vertragliche Änderungsklausel. (So ha t der Senat dies auch in der Entscheidung zur Prämienanpassung in der Krankenversicherung gesehen, Urteil vom 16. Juni 2004 - IV ZR 117/02 - BGHZ 159, 323). Nach dem Willen des Gesetzgebers tragen die §§ 172 Abs. 2, 178g Abs. 3 Satz 2 VVG der geltend gemachten Forderung Rechnung nach einer gesetzlichen Anpassungsmöglichkeit für Lebensversicherungsverträge und Krankenversicherungsverträge, die in der Regel für den Versicherer unkündbar sind und bei denen sich unabweisbarer Anpassungsbedarf ergibt, wenn etwa durch Rechtsprechung eine leistungsbeschreibende AVB-Klausel für unwirksam erklärt worden ist, weil insoweit zur Fortführung des Vertragsverhältnisses nicht auf die gesetzliche Regelung verwiesen werden kann (BT-Drucks. 12/7595 S. 112, s.a. S. 103, 105). Dieses Verständnis wird gestützt durch die Anmerkungen von Renger (VersR 1994, 753, 755) zu den Änderungen im Gesetzg ebungsverfahren. Danach sei die von der Versicherungswirtschaft erhobene Forderung nach Aufnahme einer generellen gesetzlichen Anpassungsklausel für bestehende Versicherungsverhältnisse bei veränderten Umständen durch §§ 172 Abs. 2 und 178g Abs. 3 Satz 2 VVG in eng umschriebener Weise aufgegriffen worden. In der Literatur habe eine gesetzliche Anpassungsregelung jedenfalls für den Fall Zustimmung gefunden, dass durch höchstrichterliche Rechtsprechung Regelungen in AVB für unwirksam erklärt werden.
21
4. Die Anwendung von § 172 Abs. 2 VVG auf alle Art en der Lebensversicherung ist nicht verfassungswidrig. Die allerdings nicht sehr präzise gefasste Vorschrift ermöglicht eine Auslegung, die die vom Kläger unter Hinweis auf Bäuerle und Schünemann (Ersetzung unwirksamer Klauseln in der kapitalbildenden Lebensversicherung aus verfassungsund zivilrechtlicher Sicht; Schünemann, JZ 2002, 134; ders. VersR 2002, 393) erhobenen, im Ansatz teilweise beachtlichen verfassungsrechtlichen Bedenken ausräumt.
22
§ 172 Abs. 2 VVG schränkt die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Privatautonomie der Versicherungsnehmer ein, weil sie dem Versicherer ein einseitiges Recht zur Vertragsergänzung einräumt. Diese Einschränkung ist sachlich gerechtfertigt, weil von der Unwirksamkeit einer Klausel regelmäßig eine sehr hohe Zahl von Verträgen (laut Bäuerle, aaO S. 19 hier zwischen 10 und 15 Millionen) betroffen ist. Eine Vertragsergänzung mit Zustimmung aller Versicherungsnehmer ist praktisch nicht durchführbar und würde deshalb die Rechtssicherheit und die nach § 11 Abs. 2 VAG gebotene Gleichbehandlung aller Versicherungsnehmer gefährden (vgl. Präve in Prölss, VAG 12. Aufl. § 11 Rdn. 9, § 11b Rdn. 14, 15; Lorenz, VersR 2002, 410 ff.; ders. VersR 2001, 1147; Wandt, VersR 2001, 1451; Römer, VersR 1994, 125). Ohne die Ersetzungsmöglichkeit des § 172 Abs. 2 VVG blieben alle Verträge lückenhaft, bei denen die Versicherungsnehmer der Ergänzung nicht zugestimmt haben. Daran würde sich auch dann nichts ändern, wenn im Individualprozess eines Versicherungsnehmers der Bundesgerichtshof die neue Bestimmung billigen würde, weil dies die Zustimmung des Versicherungsnehmers , wenn sie nötig wäre, nicht ersetzen könnte. Beim Vorgehen nach § 172 Abs. 2 VVG werden die Änderungen dag egen durch die Mitteilung nach § 172 Abs. 3 VVG Vertragsinhalt. Sie unterliegen allerdings wie jede andere AGB-Klausel der richterlichen Inhaltskontrolle.
23
Die Rechtsordnung muss dafür sorgen, dass die verf assungsrechtlich geschützten Interessen derjenigen, die von der gesetzlichen Einschränkung der Vertragsfreiheit betroffen sind, hinreichend gewahrt werden (vgl. BVerfG, Urteile vom 26. Juli 2005, VersR 2005, 1109, 1117 f., 1124 und VersR 2005, 1127, 1130 f.). In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist dies dadurch gewährleistet, dass die neuen Klauseln nach inzwischen einhelliger, vom Senat geteilter Ansicht sowohl im Individualprozess als auch im Verbandsprozess nach dem Unterlassungsklagengesetz der uneingeschränkten richterlichen Inhaltskontrolle unterliegen (vgl. zur Prämienanpassung im Treuhänderverfahren bei der Krankenversicherung nach § 178g Abs. 2 VVG BVerfG VersR 2000, 214 und Senatsurteil vom 16. Juni 2004 aaO). Materiell trägt der Senat dem Schutzbedürfnis der Versicherungsnehmer durch eine die Voraussetzungen und Wirkungen der Vorschrift präzisierende und einschränkende Auslegung Rechnung (dazu nachfolgend unter II. und III.).
24
Soweit Bäuerle und Schünemann (aaO) verfassungsrec htliche Bedenken auf die umstrittene Geschäftsbesorgungstheorie der Versicherung stützen und daraus folgend den "Kapitalteil" der Lebensversiche- rung vom "Risikoteil" abspalten, ihn wie andere Kapitalanlagen behandeln und den dafür geltenden Vorschriften unterwerfen wollen, ist darauf nicht näher einzugehen. Dieses Verständnis entspricht nicht dem Gesetz. Die Konzeption des Gesetzes ist die eines einheitlichen Lebensversicherungsvertrages , für den insgesamt das Versicherungsvertragsgesetz , das Versicherungsaufsichtsgesetz und die besonderen Vorschriften des Handelsgesetzbuches über die Rechnungslegung für Versicherungsunternehmen (§§ 341 ff. HGB) und nicht etwa stattdessen teilweise die Vorschriften des Kapitalanlagerechts gelten. Das gesetzliche Modell der kapitalbildenden Lebensversicherung ist durch die Urteile des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juli 2005 bestätigt worden.
25
II. Voraussetzung für die rechtmäßige Durchführung des Treuhänderverfahrens nach § 172 Abs. 2 i.V. mit Abs. 1 VVG ist, dass eine Bestimmung in den Versicherungsbedingungen unwirksam ist, zur Fortführung des Vertrages dessen Ergänzung notwendig ist und ein unabhängiger Treuhänder die Voraussetzungen für die Änderung überprüft und deren Angemessenheit bestätigt hat.
26
1. a) Die Unwirksamkeit einer Klausel kann nur dur ch einen bestandskräftigen Verwaltungsakt der Aufsichtsbehörde oder der Kartellbehörde oder eine höchstrichterliche Entscheidung festgestellt werden (so wohl auch Römer, VersR 1994, 125, 127). Nur solche Entscheidungen schaffen abschließend Rechtsklarheit. Ihnen lassen sich regelmäßig auch die Maßstäbe dafür entnehmen, ob und mit welchem Inhalt eine Ergänzung in Betracht kommt. Rechtskräftige Urteile der Instanzgerichte gewährleisten dies nicht. Wie insbesondere die zahlreichen Verfahren zu § 172 Abs. 2 VVG zeigen, können Entscheidungen der Instanzgerichte im Ergebnis und in der Begründung sehr unterschiedlich ausfallen. Das führt zwar dazu, dass bei schwierigen und komplexen Problemen viele relevante Gesichtspunkte aufgezeigt werden und die wissenschaftliche Diskussion angeregt wird. Für den Versicherer, der unterlegen ist, und andere Versicherer, die gleichartige Klauseln verwenden, bleibt die Rechtslage aber zunächst unklar, insbesondere bei im Ergebnis unterschiedlichen rechtskräftigen Instanzurteilen. So könnte sich ein Treuhänderverfahren als unnötig erweisen, wenn der Bundesgerichtshof in einem anderen Verfahren die beanstandete Klausel für wirksam hält (so im Fall der Beklagten das Treuhänderverfahren zur Ersetzung der vom OLG Stuttgart - VersR 1999, 832, 835 f. - für unwirksam erklärten Bestimmungen zur Überschussbeteiligung in § 17 AVB, die in vergleichbarer Form Gegenstand des Senatsurteils vom 9. Mai 2001 gegen einen anderen Versicherer waren und vom Senat für wirksam gehalten wurden, BGHZ 147, 354, 356, 367 ff.). Andererseits hätten die direkt oder mittelbar von sich widersprechenden Instanzentscheidungen betroffenen Versicherer die Wahl, ob sie die Klausel ersetzen oder nicht. Eine abschließende Klärung der Wirksamkeit kann deshalb nur durch das Revisionsgericht erfolgen. Einem Versicherer ist auch zuzumuten, das ihm ungünstige Urteil eines Instanzgerichts mit Rechtsmitteln anzugreifen, wenn es um die Wirksamkeit einer Klausel in seinen Versicherungsbedingungen geht und er von der Ersetzungsmöglichkeit Gebrauch machen will.
27
Die wohl nur von Kollhosser (in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 172 Rdn. 23) vertretene Ansicht, der Versicherer könne in eigener Verantwortung über die Unwirksamkeit entscheiden, ist abzulehnen (so auch Wandt in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch § 11 Rdn. 127; vgl. auch BGHZ 141, 153, 157). Dies würde die Vertragsfreiheit des Versicherungsnehmers in nicht hinnehmbarer Weise einschränken. Damit würde dem Versicherer ein Mittel in die Hand gegeben , mit dem er beliebig in die Vertragsparität eingreifen könnte, indem er ihm nicht genehme Klauseln für unwirksam erklärt und den Vertrag mit Hilfe des Treuhänders einseitig zu seinem Vorteil ändert (so Langheid /Grote, NVersZ 2002, 49 f.).
28
Die Feststellung der Unwirksamkeit eröffnet nicht nur dem Versicherer das Verfahren nach § 172 Abs. 2 VVG, gegen den die Entscheidung ergangen ist, sondern allen Versicherern, die gleichartige, aus denselben Gründen als unwirksam anzusehende Klauseln verwenden (Präve, aaO § 11b Rdn. 18; Wandt, VersR 2001, 1453; Langheid/ Grote, aaO S. 51).
29
b) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, d ass die in § 5 Abs. 3 bis 5 AVB enthaltenen Bestimmungen über die Ermittlung des Rückkaufswerts und der beitragsfreien Versicherungssumme und die Klausel über die Verrechnung der Abschlusskosten in § 14 AVB wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam sind. Für § 14 AVB liegt dies auf der Hand, weil diese Bestimmung mit derjenigen praktisch wortgleich ist, die der Senat im Urteil BGHZ 147, 354 für unwirksam erklärt hat (dort § 15 AVB). Die garantierten Rückkaufswerte und beitragsfreien Leistungen werden zwar in einer hinreichend transparenten Tabelle aufgeführt und mit einem Hinweis darauf versehen, dass und weshalb sich in den ersten Jahren kein oder nur ein niedriger Rückkaufswert bilde. In § 5 Abs. 3 und 4 AVB wird zudem auf die Übersicht der Garantie- werte verwiesen. Dies genügt den vom Senat aufgestellten Transparenzanforderungen aber nicht in vollem Umfang, weil in den Klauseln selbst kein Hinweis auf die für den Versicherungsnehmer mit der vorzeitigen Beendigung der Beitragszahlung verbundenen wirtschaftlichen Nachteile enthalten ist (dazu BGHZ 147, 354, 364; 373, 380).
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2. a) aa) Notwendig ist die Ergänzung zur Fortführ ung des Vertrages , wenn durch die Unwirksamkeit der Bestimmung eine Regelungslücke im Vertrag entsteht (vgl. Lorenz, VersR 2001, 1147). Das wird im Allgemeinen anzunehmen sein, wenn die Unwirksamkeit - wie erforderlich - durch eine höchstrichterliche Entscheidung oder einen bestandskräftigen Verwaltungsakt festgestellt wird. Es gilt jedenfalls dann, wenn dadurch die Leistungspflichten und Ansprüche der Parteien betroffen sind. In einem solchen Fall ist die Ergänzung unverzichtbar. Ob die Unwirksamkeit auf einer inhaltlich unangemessenen Benachteiligung des Kunden oder einem Transparenzmangel beruht, ändert nichts am Vorhandensein der dadurch entstandenen Vertragslücke.
31
Ist die Lücke nach dem ursprünglichen Regelungspla n der Parteien zu schließen, ist der Vertrag zu ergänzen. Nach welchen Maßstäben und mit welchem Inhalt die Ergänzung zu erfolgen hat, sagt § 172 Abs. 2 VVG nicht. Das ergibt sich vielmehr aus den allgemeinen, den Fall der Unwirksamkeit einer AGB-Klausel regelnden Vorschriften, nämlich § 306 Abs. 2 BGB, früher § 6 Abs. 2 AGBG (Lorenz, VersR 2001, 1147 f. und VersR 2002, 411 f.). Danach bestimmt sich, wie die Ergänzung vorzunehmen ist, ob durch dispositives Gesetzesrecht im Sinne einer konkreten materiell-rechtlichen Regelung, nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung oder durch ersatzlosen Wegfall der Klausel.

Die Streitfrage, ob es sich bei den Bestimmungen der §§ 157, 133 BGB, in denen die ergänzende Vertragsauslegung ihre Grundlage hat, um "gesetzliche Vorschriften" im Sinne von § 306 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 2 AGBG handelt (so BGHZ 90, 69, 75) oder um eine - allgemein anerkannte - Methode der Lückenfüllung (so Harry Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz 9. Aufl. § 6 Rdn. 26, 34 ff.), ist im Ergebnis ohne Relevanz (Wandt, VersR 2001, 1450 Fn. 14). Unter dem Begriff der Ergänzung im Sinne von § 172 Abs. 2 VVG sind deshalb alle nach § 306 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 2 AGBG in Betracht kommenden Möglichkeiten der Lückenfüllung zu verstehen. Ob der ersatzlose Wegfall, gesetzliche Vorschriften oder nur eine neue Klausel eine sachgerechte Ersatzlösung darstellen, gehört daher nicht schon zu den Voraussetzungen für die Durchführung des Treuhänderverfahrens. Das ist vielmehr erst zu prüfen, wenn es darum geht, ob die vom Versicherer mit Zustimmung des Treuhänders vorgenommene Ergänzung den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Wenn sich dabei ergibt, dass der Vertrag durch eine gesetzliche Regelung sachgerecht ergänzt werden kann, ist die Ergänzung durch eine neue (davon abweichende) Klausel nicht wirksam. Würde man die nicht immer einfach und klar zu beantwortende Frage, ob dispositives Gesetzesrecht eine sachgerechte Ersatzlösung bietet (vgl. dazu Staudinger /Schlosser, AGB-Gesetz 13. Bearb. 1998 § 6 Rdn. 10, 12; MünchKomm-BGB/Basedow, 4. Aufl. § 306 Rdn. 23, 26; Harry Schmidt, aaO § 6 Rdn. 29), schon zu den Voraussetzungen des Treuhänderverfahrens rechnen, hinge dessen Zulässigkeit letztlich von der rechtlichen Wirksamkeit seines Ergebnisses ab. Gleiches gilt für die Frage, ob die Ergänzung deshalb zu unterbleiben hat, weil der Vertrag nach § 306 Abs. 3 BGB, § 6 Abs. 3 AGBG insgesamt nichtig ist.

32
Die Trennung zwischen den Voraussetzungen der Vert ragsergänzung im Treuhänderverfahren und der Wirksamkeit der Ergänzung bringt für die Versicherungsnehmer keine Nachteile mit sich. Ist der Versicherer oder der Treuhänder der Ansicht, die unwirksame Klausel sei ersatzlos zu streichen oder durch eine gesetzliche Bestimmung zu ersetzen, kann es aufgrund des Transparenzgebots erforderlich sein, den Versicherungsnehmer darüber zu informieren (vgl. Lorenz, VersR 2002, 411; Wandt, VersR 2001, 1452 und Versicherungsrechts-Handbuch § 11 Rdn. 132). Kennt der Versicherungsnehmer die Unwirksamkeit der Klausel nicht, besteht die Gefahr, dass er die ihm dadurch genommenen Rechte im Vertrauen auf die Wirksamkeit nicht wahrnimmt.
33
bb) Der Auffassung, schon die Möglichkeit einer ri chterlichen ergänzenden Vertragsauslegung stehe der Ergänzung nach § 172 Abs. 2 VVG entgegen, ist nicht zu folgen. Sie negiert den Willen des Gesetzgebers und würde dazu führen, dass die Vorschrift leer läuft (Lorenz, VersR 2002, 410; Wandt, VersR 2001, 1451).
34
cc) Ist der Vertrag im Zeitpunkt der Änderungsmitt eilung nach § 172 Abs. 3 VVG gekündigt oder beitragsfrei gestellt, steht dies der Vertragsergänzung nach § 172 Abs. 2 VVG nicht entgegen. Die Feststellung der Unwirksamkeit der Klausel entfaltet Rückwirkung und führt dazu, dass der Vertrag von Anfang an lückenhaft war. Die Ergänzung nach § 172 Abs. 2 VVG i.V. mit § 306 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 2 AGBG durch dispositives Gesetzesrecht oder eine neue wirksame Klausel wirkt ebenfalls auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zurück (Wandt, Versicherungsrechts -Handbuch § 11 Rdn. 139). Der Vertrag wird deshalb materiell von seinem Beginn bis zur Beendigung durch Zeitablauf oder Kün- digung nach diesen Bestimmungen durchgeführt und damit fortgeführt im Sinne von § 172 Abs. 2 VVG. Für die bei Beendigung gegebenen Ansprüche ist deshalb die Ersatzregelung maßgebend. Dies ist auch bei der richterlichen ergänzenden Vertragsauslegung nicht anders, wenn eine anfängliche Regelungslücke dadurch geschlossen wird. § 172 Abs. 3 Satz 2 VVG, wonach Änderungen nach Abs. 2 zwei Woch en nach Benachrichtigung des Versicherungsnehmers wirksam werden, steht dem nicht entgegen. Dem Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, dass er die mit § 172 Abs. 2 VVG beabsichtigte Schließung von anfänglichen Vertragslücken entgegen § 6 Abs. 2 AGBG nur teilweise für die Zeit nach Zugang der Änderungsmitteilung ermöglichen wollte. Eine solche Beschränkung beträfe nicht nur gekündigte oder beitragsfrei gestellte (letztere werden auch künftig noch fortgeführt), sondern alle Verträge. Die für die Vergangenheit nicht geschlossene Lücke könnte und müsste dann im Wege der richterlichen ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden (Wandt, VersR 2002, 1364).
35
b) Die unwirksamen Klauseln in den früheren §§ 5, 14 AVB der Beklagten betreffen ihre Leistungspflicht gegenüber den Versicherungsnehmern und damit verbunden auch die Rechnungslegung. Es ist notwendig , die entstandene Vertragslücke im Verfahren nach § 172 Abs. 2 VVG zu schließen.
36
3. Zur Frage, welche Anforderungen an die Unabhäng igkeit des Treuhänders zu stellen sind, sind nähere Ausführungen nicht erforderlich , weil die Klägerin insoweit keine konkreten, auf die Person des Treuhänders bezogenen Bedenken erhoben hat. Der Senat weist vorsorglich jedoch auf Folgendes hin:
37
Der Treuhänder in der Lebens- und Krankenversicher ung ist Vertreter der Interessen der Gesamtheit der Versicherungsnehmer (Renger, VersR 1994, 1257 ff.; ders. VersR 1995, 866, 874; Schwintowski, aaO § 172 Rdn. 4; Präve, aaO § 11b Rdn. 5, 37 ff. m.w.N.; Buchholz, VersR 2005, 866 ff.). Seine Einschaltung soll einen Ausgleich dafür schaffen, dass das Gesetz dem Versicherer ein einseitiges Vertragsänderungsrecht einräumt und dadurch die Vertragsfreiheit der Versicherungsnehmer einschränkt. Damit dieser vom Gesetz vorgesehene Ausgleich seine Wirkung entfalten kann, ist für die Beurteilung der Unabhängigkeit des vom Versicherer bestellten Treuhänders der Standpunkt der Gesamtheit der Versicherungsnehmer maßgeblich. Der Treuhänder ist danach unabhängig , wenn bei objektiv-generalisierender, verständiger Würdigung das Vertrauen gerechtfertigt ist, er werde die Interessen der Gesamtheit der Versicherungsnehmer angemessen wahrnehmen (vgl. Buchholz, aaO S. 870).
38
III. Die von der Beklagten mit Zustimmung des Treu händers vorgenommene Vertragsergänzung durch inhaltsgleiche Bestimmungen ist unwirksam.
39
Nach § 306 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 2 AGBG sind vorran gig gesetzliche Vorschriften im Sinne einer konkreten Ersatzregelung in Betracht zu ziehen. Stehen solche nicht zur Verfügung, ist zu fragen, ob ein ersatzloser Wegfall der unwirksamen Klausel eine sachgerechte Lösung darstellt. Scheiden beide Möglichkeiten aus, ist zu prüfen, ob die Ersatzregelung nach den anerkannten Grundsätzen der ergänzenden Ver- tragsauslegung zulässiger Inhalt einer richterlichen ergänzenden Vertragsauslegung wäre (Wandt, Versicherungsrechts-Handbuch § 11 Rdn. 135).
40
1. Für die unwirksamen Bestimmungen in § 5 Abs. 3 bis 5 AVB über die Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung und die Kündigung und Auszahlung des Rückkaufswerts sowie die Bestimmung in § 14 AVB über die Verrechnung der Abschlusskosten stehen keine gesetzlichen Vorschriften zur Verfügung, die die Lücken sachgerecht schließen (Wandt, VersR 2001, 1456 ff.). Der Senat hat in den Urteilen vom 9. Mai 2001 ausgeführt, dass die §§ 174 Abs. 2, 176 Abs. 3 VVG über die Berechnung der beitragsfreien Versicherungsleistung und den Rückkaufswert nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik nur einen Rahmen darstellen, innerhalb dessen sich die Berechnung halten muss, und die gesetzliche Regelung deshalb der Ergänzung und Ausfüllung bedarf. Ob und wie entstandene Abschlusskosten zu verrechnen sind, ist in den §§ 159 ff. VVG im Gegensatz zum Stornoabzug nicht ausdrücklich geregelt. Dem Schweigen des Gesetzes kann aber nicht entnommen werden, wie die Klägerin meint (vgl. auch Schünemann, VersR 2005, 323, 326), dass diese Kosten allein der Versicherer zu tragen hat. Da die Prämien in der Lebensversicherung nicht nur aus betriebswirtschaftlicher Vernunft, sondern aufsichtsrechtlich nach § 11 VAG zwingend so kalkuliert werden müssen, dass das Versicherungsunternehmen allen seinen Verpflichtungen nachkommen und insbesondere eine ausreichende Deckungsrückstellung bilden kann, dürfte auch den vertragsrechtlichen Vorschriften eher die Vorstellung zugrunde liegen, dass die Abschlusskosten in die Prämienkalkulation einfließen. Es ist auch nicht so, dass Vermittlungsprovisionen stets durch den Versicherer ver- ursacht werden. Das ist z.B. anders, wenn der Versicherungsnehmer sich durch einen Versicherungsmakler beraten lässt, dessen Provision üblicherweise der Versicherer zahlt. Der vollständige Wegfall der Verrechnung der Abschlusskosten mit den Prämien würde die Versicherungsnehmer davon auch im Ergebnis nicht entlasten. Dies würde die Überschüsse, die (pauschal gesagt) den Versicherungsnehmern zu mindestens 90% zufließen, vermindern und damit im Wesentlichen die Versicherungsnehmer treffen, die den Vertrag bis zum Ende oder jedenfalls für längere Zeit beitragspflichtig aufrechterhalten. Begünstigt würden dadurch nur die Versicherungsnehmer, die den Vertrag nach kurzer Laufzeit kündigen oder beitragsfrei stellen. Eine solche Lösung, die sich vorwiegend am Interesse dieser Versicherungsnehmer an der Optimierung der an sie auszukehrenden Leistungen orientiert, widerspräche dem für das Versicherungsrecht typischen Grundgedanken einer Risikogemeinschaft (vgl. BVerfG VersR 2005, 1127, 1134) und ist deshalb nicht sachgerecht.
41
Daraus folgt, dass auch ein ersatzloser Wegfall de r Abschlusskostenverrechnungsklausel ungeeignet ist, die Vertragslücke zu schließen.
42
2. Die inhaltsgleiche Ersetzung der unwirksamen Kl auseln unterläuft die gesetzliche Sanktion der Unwirksamkeit nach § 9 Abs. 1 AGBG, jetzt § 307 Abs. 1 BGB und ist schon deshalb mit den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung nicht zu vereinbaren. Es ist nicht angängig , an die Stelle der unwirksamen, weil den Vertragspartner des Klauselverwenders unangemessen benachteiligenden Klausel im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung eine inhaltsgleiche Bestimmung zu setzen (BGHZ 90, 69, 78). Das nationale Recht stellt damit in Überein- stimmung mit der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen im Sinne eines wirkungsvollen Verbraucherschutzes sicher, dass missbräuchliche Klauseln für den Verbraucher unverbindlich sind (Hubert Schmidt in Bamberger /Roth, BGB § 306 Rdn. 2; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz 4. Aufl. RiLi Art. 6 Rdn. 4; EuGH NJW 2003, 275 f. und NJW 2000, 2571 f.).
43
Dies gilt auch, wenn die Unwirksamkeit auf einem V erstoß gegen das Transparenzgebot beruht. Darin liegen eine unangemessene Benachteiligung des Kunden im Sinne von § 9 AGBG, jetzt ausdrücklich § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, und ein Verstoß gegen Art. 6 der Richtlinie 93/13/EWG (vgl. BGHZ 140, 25, 31; 106, 42, 49; Pfeiffer in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Band III Stand Januar 2001, A 5 Art. 3 Rdn. 54, 58, Art. 4 Rdn. 39, Art. 5 Rdn. 22, 23, 26, Art. 6 Rdn. 3). Das hat der Senat auch in den Urteilen vom 9. Mai 2001 mit Blick auf die darin festgestellten Verstöße gegen das Transparenzgebot ausgesprochen. Wenn Allgemeine Versicherungsbedingungen Rechte und Pflichten des Vertragspartners - des Versicherungsnehmers - nicht klar und durchschaubar darstellen, insbesondere die wirtschaftlichen Nachteile nicht so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann, wird er unangemessen benachteiligt. Dass dies gerade dann gilt, wenn durch die Intransparenz ein - wie der Senat ausgeführt hat (BGHZ 147, 354, 364) - wirtschaftlicher Nachteil des Versicherungsnehmers von erheblichem Gewicht verdeckt wird, versteht sich von selbst. Der Versicherungsnehmer wird durch die fehlende Transparenz gehindert, seine Entschließungsfreiheit bei Eingehung des Vertrages in voller Kenntnis des Inhalts des Vertrages, insbesondere der wirtschaftlichen Nachteile, auszuüben; er wird gehindert, schon die Produktwahl auf der Grundlage der wirklichen, mit dem Versicherungsvertrag bei frühzeitiger Beendigung verbundenen Nachteile zu treffen. Diese Folgen des Transparenzmangels lassen sich nicht rückwirkend damit beseitigen, dass die unwirksame intransparente Klausel durch eine materiell inhaltsgleiche transparente Klausel ersetzt wird (so im Ansatz auch Wandt, VersR 2001, 1455). Soweit letzterer (ebenso Kirscht, VersR 2003, 1075 f.) dennoch die inhaltsgleiche Ersetzung damit rechtfertigt, die Klauseln seien lediglich wegen formeller Intransparenz für unwirksam erklärt worden, inhaltlich aber angemessen, greift das zu kurz. Der Senat hat die in Rede stehende Verrechnung der einmaligen Abschlusskosten nach dem Verfahren der Zillmerung zwar nicht im Sinne von §§ 9 AGBG, 307 BGB als materiell unangemessene Benachteiligung der Versicherungsnehmer angesehen, er hat aber betont, sie schaffe bei Kündigung und Beitragsfreistellung einen wirtschaftlichen Nachteil des Versicherungsnehmers von erheblichem Gewicht. Bei der inhaltsgleichen Ersetzung der Klausel hätte dieser Nachteil Bestand, obwohl der Vertrag durch den Transparenzmangel unter Verdeckung dieses Nachteils zustande gekommen ist. Der Eingriff in die Entschließungs- und Auswahlfreiheit bliebe unbeseitigt und bestünde - bei Einstellung der Prämienzahlung - in seinen Auswirkungen fort. Das führte im Ergebnis dazu, dass die wegen Intransparenz unwirksame Klausel mit den verdeckten Nachteilen für den Versicherungsnehmer letztlich doch verbindlich bliebe. Ein solches Ergebnis liefe §§ 9 AGBG, 307 BGB zuwider und kann deshalb auch nicht Ergebnis einer ergänzenden Vertragsauslegung sein.
44
3. Die Verrechnung der Abschlusskosten im Wege der Zillmerung ist hinsichtlich der Versicherungsnehmer, die den Vertrag bis zum Ende beitragspflichtig führen, zwar unbedenklich. Da die Klauseln aber nicht teilbar sind, ist die Vertragsergänzung insgesamt unwirksam.
45
IV. Das Scheitern der Vertragsergänzung nach § 172 Abs. 2 VVG bedeutet nicht, dass die Klage abzuweisen ist, um der Beklagten Gelegenheit zu geben, erneut ein solches Verfahren durchzuführen. Vielmehr ist im Wege der richterlichen ergänzenden Vertragsauslegung zu entscheiden , ob und auf welche Art die einmaligen Abschlusskosten mit den Beiträgen zu verrechnen sind (vgl. Wandt, Versicherungsrechts-Handbuch § 11 Rdn. 141; anders, jedenfalls unklar Kollhosser, aaO § 172 Rdn. 36).
46
1. a) Bei unwirksamen Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat die ergänzende Vertragsauslegung ebenso wie die Auslegung und Inhaltskontrolle solcher Bestimmungen nach einem objektivgeneralisierenden Maßstab zu erfolgen, der am Willen und Interesse der typischerweise beteiligten Verkehrskreise (und nicht nur der konkret beteiligten Parteien) ausgerichtet sein muss (BGH, Urteil vom 14. April 2005 - VII ZR 56/04 - NJW-RR 2005, 1040 unter II 3; BGHZ 107, 273, 276 f. m.w.N.; Harry Schmidt, aaO § 6 Rdn. 32; Hubert Schmidt, aaO § 306 Rdn. 12, 13; Erman/Roloff, BGB 11. Aufl. § 306 Rdn. 13). Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein (Harry Schmidt, aaO). Sie scheitert, anders als bei Verträgen zwischen einzelnen Personen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 22. Februar 2002 - V ZR 26/01 - WM 2002, 2337 unter II 3), nicht daran, dass mehrere Gestaltungsmöglichkeiten zur Ausfüllung der Regelungslü- cke in Betracht kommen, wie schon die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Tagespreisklausel belegt (BGHZ 90, 69, 78 ff.). Vielmehr ist insbesondere bei Massenverträgen die Ergänzung auf einer höheren Abstraktionsebene und damit ohne Rücksicht auf Anhaltspunkte für eine bestimmte Lösungsvariante vorzunehmen (Hubert Schmidt, aaO Rdn. 13; vgl. auch Schlosser, aaO § 6 Rdn. 13a).
47
b) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt.
48
c) Eine ergänzende Vertragsauslegung ist auch vorz unehmen, wenn eine Klausel wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam ist. § 306 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 2 AGBG unterscheiden nicht nach dem Grund der Unwirksamkeit. Diese Vorschriften regeln auch die Rechtsfolgen der Unwirksamkeit. Das durch den Transparenzmangel verursachte Informationsdefizit des Versicherungsnehmers bei der Produktwahl führt deshalb nicht dazu, die Vertragsergänzung durch ein Widerspruchsrecht in entsprechender Anwendung von § 5a VVG auszuschalten (so aber Schünemann, JZ 2002, 137; zutreffend: Römer in Römer /Langheid, VVG 2. Aufl. § 5a Rdn. 41; OLG München VersR 2003, 1024, 1026; OLG Celle VersR 2003, 1113 f.; Wandt, VersR 2001, 1455 f.; Werber, VersR 2003, 148, 150 ff.). Einem Widerspruchsrecht, das den Vertrag insgesamt beträfe, stehen § 306 Abs. 1 BGB, § 6 Abs. 1 AGBG entgegen. Nach diesen Bestimmungen bleibt der Vertrag bei Unwirksamkeit einer Klausel im Übrigen wirksam.

49
d) Europarechtliche Bedenken gegen die ergänzende Vertragsauslegung bestehen nicht. Wie eine unverbindliche Klausel ersetzt wird, regelt die Richtlinie 93/13/EWG nicht, dies ist dem nationalen Recht überlassen (Hubert Schmidt, aaO Rdn. 2; Roloff, aaO Rdn. 3; Wolf, aaO RiLi Art. 6 Rdn. 4, 7; Pfeiffer, aaO Art. 6 Rdn. 8, 13).
50
2. Nach diesen Grundsätzen ist die Regelungslücke in der Weise zu schließen, dass es grundsätzlich bei der Verrechnung der geleisteten, einmaligen Abschlusskosten nach dem Zillmerungsverfahren bleibt. Für den Fall der vorzeitigen Beendigung der Beitragszahlung bleibt jedenfalls die versprochene Leistung geschuldet; der vereinbarte Betrag der beitragsfreien Versicherungssumme und des Rückkaufswerts darf aber einen Mindestbetrag nicht unterschreiten. Dieser Mindestbetrag wird bestimmt durch die Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals. Bereits erworbene Ansprüche aus einer vereinbarten Überschussbeteiligung werden dadurch nicht erhöht.
51
a) Die Verrechnung entstandener Abschlusskosten mi t den Prämien entspricht grundsätzlich den Interessen aller am Vertrag Beteiligten. Der Senat hat dies in den Urteilen vom 9. Mai 2001 auch nicht in Frage gestellt, sondern nur die nachteiligen Folgen der Verrechnung nach dem Zillmerungsverfahren bei Kündigung oder Beitragsfreistellung als nicht transparent vereinbart beanstandet. Unter B. III. 2. a) ist bereits dargelegt worden, dass die Verrechnung der Abschlusskosten mit den Prämien objektiv unter vertragsrechtlichen Gesichtspunkten sachgerecht und aufsichtsrechtlich geboten und im Übrigen nach den Vorschriften über die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen vorgeschrie- ben ist (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RechVersV). Die Verrechnung mit den Prämien entspricht ferner dem bei Vertragsschluss zum Ausdruck gebrachten Willen der Beteiligten. § 14 AVB bestimmte, dass die Abschlusskosten mit den ab Beginn der Versicherung eingehenden Beiträgen verrechnet werden, soweit diese nicht für Versicherungsleistungen und Verwaltungskosten vorgesehen sind. Lediglich die Art und die Folgen der Verrechnung "nach einem aufsichtsrechtlich geregelten Verfahren" waren für den Versicherungsnehmer nicht durchschaubar.
52
Gegen die grundsätzliche Verrechnung von in der Ve rgangenheit entstandenen Abschlusskosten (um die es hier allein geht) mit den Prämien lässt sich, anders als die Klägerin meint, nicht mit Erfolg einwenden , die Vermittlungsprovision hätte nicht oder nicht in vollem Umfang gleich am Anfang oder nicht in dieser Höhe entstehen müssen. Gegen das in der Lebensversicherung abweichend von § 92 Abs. 4 HGB (ratierliche Zahlung der Provision entsprechend der Prämienzahlung) übliche System der Einmalprovision (vgl. dazu Küstner in Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Außendienstrechts Bd. 1, 3. Aufl. Rdn. 956 ff., 1099 ff.) werden von Verbraucherseite und in der Literatur (Schünemann, VersR 2005, 323, 326) zwar Bedenken erhoben, die nicht ganz von der Hand zu weisen sind (vgl. auch Abschlussbericht der vom Bundesjustizministerium eingesetzten Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 19. April 2004 Ziff. 1.3.2.1.4.3; Rundschreiben des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen R 5/95 vom 31. Oktober 1995 VerBAV 1995, 366). Dieses System kann den Vermittler dazu verleiten , zur Erzielung einer möglichst hohen Provision Verträge zustande zu bringen, die dem Bedarf oder den finanziellen Möglichkeiten des Kunden nicht entsprechen. Dies mag Anlass sein, über eine Änderung des Provisionssystems nachzudenken, trägt aber zur Lösung des Problems der schon entstandenen Abschlusskosten nichts bei.
53
b) Der hypothetische Wille und die Interessen der typischerweise an kapitalbildenden Lebensversicherungen beteiligten Verkehrskreise stellen sich bei objektiv-generalisierender Betrachtung wie folgt dar:
54
aa) Die Versicherungsnehmer, die den Vertrag bis z um Ende durchführen, haben ein Interesse daran, die Belastung durch die am Anfang entstehenden Abschlusskosten möglichst gering zu halten. Auf eine möglichst hohe Versicherungsleistung schon in den ersten Jahren kommt es ihnen beim Abschluss des Vertrages nicht an. Deshalb ist für sie die Verrechnung nach dem Zillmerungsverfahren am günstigsten, weil dadurch die Abschlusskosten am schnellsten getilgt und bei längerfristiger Tilgung entstehende höhere Finanzierungskosten erspart werden (vgl. Engeländer, NVersZ 2002, 436, 438, 444; ders. VersR 1999, 1325 ff.; Bergmann, VersR 2004, 549 ff.; Heinen, ZVersWiss 2002, 155 ff.; Jaeger , VersR 2002, 133, 140).
55
bb) Die Interessen der Versicherungsnehmer, die di e Beitragszahlung vorzeitig beenden, sind im Gegensatz dazu darauf gerichtet, in diesem Zeitpunkt eine Versicherungsleistung zu erhalten, die möglichst wenig mit Abschlusskosten belastet ist. Nach diesem Zeitpunkt zu verrechnende Abschlusskosten, auch in Gestalt höherer Finanzierungskosten, sind für sie bedeutungslos, weil sie keine Prämien mehr zahlen und, wie der Senat in zwei anderen Urteilen vom 12. Oktober 2005 (IV ZR 162/03 und IV ZR 177/03) ausgeführt hat, ein Stornoabzug nicht wirksam ver- einbart ist. Diesem Anliegen entspräche eine Verteilung der Abschlusskosten auf die gesamte Laufzeit.
56
cc) Das Interesse der Versicherungsunternehmen geh t dahin, die Abschlusskosten so zu verrechnen, dass möglichst wenig Finanzierungsaufwand entsteht und so höhere Überschüsse erzielt werden. Es stimmt insoweit mit dem Interesse der Versicherungsnehmer überein, die den Vertrag bis zum Ende durchführen.
57
dd) Die Interessen aller Beteiligten sind auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zusammenzuführen. Dabei ist als Besonderheit der Lebensversicherung zu berücksichtigen, dass hier nicht der sonst im Wirtschaftsleben übliche Interessengegensatz der Marktteilnehmer vorliegt. Den Versicherungsunternehmen wird durch die Prämienzahlungen Vermögen anvertraut, das in ihr Eigentum übergeht und über dessen Nutzung sie in eigener unternehmerischer Verantwortung zu entscheiden haben, dessen Erträge aber größtenteils zur Absicherung der wirtschaftlichen Existenz der Versicherten gedacht sind (BVerfG VersR 2005, 1109, 1118). Die erzielten Überschüsse stehen zum größten Teil den Versicherungsnehmern zu, die Überschüsse aus Kapitalerträgen zu mindestens 90% (§ 1 Abs. 1 und 2 ZRQuotenV). In der Praxis war eine Quote von 97% des Rohüberschusses üblich (BVerfG aaO S. 1121). Die Interessen der Versicherungsunternehmen sind mit den Interessen der Gesamtheit der Versicherungsnehmer daher weitgehend gleichgerichtet.
58
Bei der Bewertung der typischen Interessenlage der Gesamtheit der Versicherungsnehmer kann aber nicht außer Acht gelassen werden, dass ein ganz erheblicher Teil der Verträge vorzeitig beendet wird, wobei nach dem Eindruck verschiedener Veröffentlichungen eine geschätzte Quote von etwa 50% realistisch sein könnte (VW 2004, 1884; 2005, 419, 988; FAZ 25. November 2004 S. 15). Daraus folgt, dass in etwa jeder zweite Versicherungsnehmer durch die Verrechnung der Abschlusskosten nach dem Zillmerungsverfahren einen - je nach Stornozeitpunkt mehr oder weniger großen - wirtschaftlichen Nachteil erleidet. Selbst wenn am Anfang beabsichtigt sein mag, den Vertrag nicht vorzeitig zu stornieren, wird diese Absicht etwa von jedem zweiten Versicherungsnehmer aus unterschiedlichen, sich erst später ergebenden und in der Regel nicht vorhergesehenen Gründen nicht verwirklicht. Damit besteht statistisch betrachtet in der Person jedes Versicherungsnehmers bei Abschluss des Vertrages eine ihm unbewusste gespaltene Interessenlage. Bildlich gesprochen kommt es der einen Hälfte des Versicherungsnehmers auf eine möglichst hohe Ablaufleistung an, der anderen auf eine möglichst hohe Leistung bei vorzeitiger Beendigung. Da ihm nicht offen gelegt worden ist, dass die Interessen dieser anderen Hälfte im Vertrag so nicht berücksichtigt werden, ist für den rückwirkend nicht mehr behebbaren Transparenzmangel ein angemessener Ausgleich zu schaffen.
59
Dieser besteht darin, dass den bei Vertragsabschlu ss nicht berücksichtigten Interessen vertragsergänzend durch eine Mindestleistung bei vorzeitiger Beendigung der Beitragszahlung Rechnung getragen wird, die sich vor allem beim Frühstorno auswirkt. Diesen Interessen kommt im Vergleich mit den Interessen derjenigen Versicherungsnehmer, die den Vertrag bis zum Ende durchführen (meist 20 oder 30 Jahre lang bis zum Erreichen des Rentenalters), ein jedenfalls geringeres Gewicht zu. Lebensversicherungen zielen auf die Sicherung der wirtschaftlichen Existenz und in diesem Rahmen schwerpunktmäßig auf die Alterssicherung (BVerfG aaO S. 1118). Eine Begünstigung derjenigen Versicherungsnehmer , die die Beitragszahlung vorzeitig beenden, dadurch, dass ihnen ein Betrag gutgebracht wird, der über den hinausgeht, der bei Verrechnung der geleisteten einmaligen Abschlusskosten nach dem Zillmerungsverfahren verbleibt, muss sich notwendig zugleich auf die Höhe des Überschusses auswirken, der den Versicherungsnehmern zugute kommt, die den Vertrag beitragspflichtig bis zum Ende durchführen. Ähnlich wie bei der Überschussbeteiligung ist es daher nicht sachgerecht, die Höhe der beitragsfreien Versicherungssumme oder des Rückkaufswertes vorrangig oder nur am Interesse der die Beitragszahlung vorzeitig beendenden Versicherungsnehmer an einer Optimierung der an sie zu erbringenden Leistungen auszurichten. Das widerspräche dem für das Versicherungsrecht - und auch für die Lebensversicherung - typischen Gedanken einer Risikogemeinschaft und des Ausgleichs der unterschiedlichen Interessen der Versicherungsnehmer (vgl. BVerfG VersR 2005, 1127, 1134).
60
ee) Zur Höhe der Mindestleistung bei Einstellung d er Beitragszahlung hat der Senat den Vorschlag der Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts übernommen (Abschlussbericht aaO Ziff. 1.3.2.1.4 und Begründung zu §§ 158, 161 des Entwurfs). Der Senat hat andere Möglichkeiten für die Festlegung eines Mindestrückkaufswerts erwogen (dazu Claus, VerBAV 1986, 239, 253, 283 ff.) und auch die Verteilung der Abschlusskosten auf einen längeren Zeitraum wie bei der "Riester-Rente" in seine Überlegungen einbezogen (nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 AltZertG früher mindestens zehn Jahre, ab 1. Januar 2005 mindestens fünf Jahre; so LG Hildesheim VersR 2003, 1290 f. und im Berufungsurteil; vgl. dazu Wandt, VersR 2001, 1460). Er hält den Vorschlag der Reformkommission jedoch aus mehreren Gründen für vor- zugswürdig. Der Vorschlag stammt von einem sachkundigen Gremium, dem Vertreter der Verbraucher, der Versicherungswirtschaft und der Wissenschaft angehörten, beruht auf aktuellen Erkenntnissen und erscheint ohne größere Schwierigkeiten durchführbar. Danach soll der Rückkaufswert abweichend von § 176 Abs. 3 Satz 1 VVG nicht mehr der Zeitwert der Versicherung, sondern das nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation zum Schluss der laufenden Versicherungsperiode berechnete Deckungskapital der Versicherung sein, bei einer Kündigung mindestens jedoch die Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitals. Entsprechendes soll für die Ermittlung der prämienfreien Versicherungsleistung gelten, für die schon bisher nach § 174 Abs. 2 VVG die Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation maßgebend sind. Dies führt auch nach Ansicht des Senats zu einer klaren und möglichst einfachen Berechnung des Rückkaufswertes nach bewährten versicherungsmathematischen Regeln. Der danach berechnete Mindestrückkaufswert führt allerdings dazu, dass für die Verträge, die davon betroffen sein können, eine erhöhte Deckungsrückstellung zu bilden ist (vgl. Engeländer, VersR 2005, 1031, 1036; Schroer, Der Verantwortliche Aktuar in der Lebensversicherung S. 104). Dieser Eingriff in die Rechnungsgrundlagen erscheint hinnehmbar, weil die Verrechnung der einmaligen Abschlusskosten im Wege der Zillmerung als solche bestehen bleiben kann.
61
Demgegenüber ist auch zehn Jahre nach Inkrafttrete n der Neuregelung noch nicht allgemein anerkannt, wie der Zeitwert nach § 176 Abs. 3 Satz 1 VVG zu berechnen ist (vgl. Jaeger, VersR 2002, 133 ff.: "ungelöstes Rätsel"; Engeländer, NVersZ 2002, 436, 442 f.). Nach Ansicht von Versicherungsmathematikern liegt er unter den vereinbarten und nach den herkömmlichen Verfahren berechneten Rückkaufswerten (Engeländer, aaO S. 441, 446; Jaeger, aaO S. 144). Der Zeitwert bietet schon deshalb keine Grundlage für einen Ausgleich der durch den Transparenzmangel verursachten nachteiligen Folgen bei vorzeitiger Beendigung der Beitragszahlung.
62
C. Die Sache wird zurückverwiesen, damit die Parte ien ergänzend vortragen können und die Klägerin ihre Anträge anpassen kann.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
AG Hildesheim, Entscheidung vom 28.04.2003 - 49 C 123/02 -
LG Hildesheim, Entscheidung vom 16.10.2003 - 1 S 54/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 20/04 Verkündetam:
26.September2007
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke ohne mündliche Verhandlung
gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 7. September
2007 am 26. September 2007

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 23. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 17. Dezember 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: Bis 4.500 € Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Kläger Der verlangt von der Beklagten, einem Lebensversicherungsunternehmen , im Wege der Stufenklage Auskunft über den Rückkaufswert einer Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht ohne Verrechnung mit Abschlusskosten.
2
zum Dem 1. Juni 1997 abgeschlossenen und vom Kläger zum 24. Februar 2000 gekündigten Vertrag liegen zum Rückkaufswert bei Kündigung und zur Verrechnung von Abschlusskosten Klauseln in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (§§ 5, 6, 17) zugrunde, die denjenigen gleichartig sind, die der Bundesgerichtshof in zwei Urteilen vom 9. Mai 2001 wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot für unwirksam erklärt hat (BGHZ 147, 354, 373). Die Beklagte hat die unwirksamen Klauseln im Treuhänderverfahren nach § 172 Abs. 2 VVG durch transparenter formulierte, aber inhaltsgleiche Klauseln ersetzt. Über die Wirksamkeit dieser Ersetzung streiten die Parteien.
3
Das Amtsgericht hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen über die Höhe des Rückkaufswerts ohne Verrechnung mit Abschlusskosten. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit seiner Revision erstrebt der Kläger die Zurückweisung der Berufung.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung.
5
Der Ansicht des Berufungsgerichts, die unwirksamen Klauseln seien nach § 172 Abs. 2 VVG durch inhaltsgleiche, nun transparente Klauseln wirksam ersetzt worden, ist nicht zuzustimmen.
6
1. Die Senatsurteile vom 9. Mai 2001 (aaO) haben dazu geführt, dass die davon betroffenen und andere Lebensversicherer, die gleichartige Klauseln verwendet hatten, diese im Treuhänderverfahren nach § 172 Abs. 2 VVG durch inhaltsgleiche, ihrer Meinung nach nunmehr transparent formulierte Bestimmungen ersetzt haben. Durch Urteil vom 12. Oktober 2005 (BGHZ 164, 297) hat der Senat die im Zusammenhang damit aufgeworfenen und in Literatur und Rechtsprechung unterschiedlich beantworteten Rechtsfragen entschieden. Er hat im Einzelnen ausgeführt , dass § 172 Abs. 2 VVG auch auf die kapitalbildende Lebensversicherung anwendbar ist, welche Voraussetzungen für die Durchführung des Treuhänderverfahrens gegeben sein müssen und welchen Maßstäben die Klauselersetzung inhaltlich genügen muss.
7
Der Senat hat die von der dortigen Beklagten mit Zustimmung des Treuhänders vorgenommene Vertragsergänzung durch inhaltsgleiche Bestimmungen für unwirksam erklärt (aaO S. 312 ff.). Für die Klausel über den Stornoabzug ergibt sich dies bereits nach § 306 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 2 AGBG i.V. mit §§ 174 Abs. 4, 176 Abs. 4 VVG. Nach den letztgenannten gesetzlichen Vorschriften setzt die Berechtigung zu einem Abzug eine Vereinbarung voraus, an der es bei Unwirksamkeit der Klausel fehlt. Die inhaltsgleiche Ersetzung der unwirksamen Klauseln über den Rückkaufswert bei Kündigung und die Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung sowie über die Verrechnung der Abschlusskosten , für die das Gesetz keine konkrete Ersatzregelung zur Verfügung stellt, hat der Senat für unwirksam gehalten, weil sie die gesetzliche Sanktion der Unwirksamkeit nach § 9 Abs. 1 AGBG, jetzt § 307 Abs. 1 BGB unterläuft und schon deshalb mit den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung nicht zu vereinbaren ist. Insoweit hat der Senat die durch die Unwirksamkeit der ursprünglichen Klauseln entstandene Regelungslücke im Wege der richterlichen ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen. Danach darf die Rückvergütung bei Kündigung einen Mindestbetrag nicht unterschreiten. Dieser wird bestimmt durch die Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals.
8
2. Daraus folgt, dass der Kläger nach Maßgabe des Senatsurteils vom 12. Oktober 2005 jedenfalls Anspruch auf einen Mindestrückkaufswert hat. Die Zurückverweisung gibt dem Kläger Gelegenheit, seine Anträge dieser Rechtslage und den während des Revisionsverfahrens ein- getretenen tatsächlichen Veränderungen (Erteilung einer Auskunft und Zahlungen der Beklagten) unter Berücksichtigung der Teilerledigungserklärungen anzupassen.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
AG Düsseldorf, Entscheidung vom 09.05.2003 - 20 C 20366/02 -
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 17.12.2003 - 23 S 217/03 -

Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) Wird bei einem auf eine bestimmte Zeit eingegangenen Versicherungsverhältnis im Voraus eine Verlängerung für den Fall vereinbart, dass das Versicherungsverhältnis nicht vor Ablauf der Vertragszeit gekündigt wird, ist die Verlängerung unwirksam, soweit sie sich jeweils auf mehr als ein Jahr erstreckt.

(2) Ist ein Versicherungsverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen, kann es von beiden Vertragsparteien nur für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode gekündigt werden. Auf das Kündigungsrecht können sie einvernehmlich bis zur Dauer von zwei Jahren verzichten.

(3) Die Kündigungsfrist muss für beide Vertragsparteien gleich sein; sie darf nicht weniger als einen Monat und nicht mehr als drei Monate betragen.

(4) Ein Versicherungsvertrag, der für die Dauer von mehr als drei Jahren geschlossen worden ist, kann vom Versicherungsnehmer zum Schluss des dritten oder jedes darauf folgenden Jahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

Die §§ 150 bis 170 sind auf die Berufsunfähigkeitsversicherung entsprechend anzuwenden, soweit die Besonderheiten dieser Versicherung nicht entgegenstehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 59/02 Verkündet am:
18. Juni 2003
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
VVG § 166; AVB f. Lebensvers. (ALB 86) § 13
Auch bei Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts auf den Erlebensfall
erwirbt der Bezugsberechtigte die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag
grundsätzlich sofort.
BGH, Urteil vom 18. Juni 2003 - IV ZR 59/02 - OLG Frankfurt am Main
LG Wiesbaden
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert und Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Juni 2003

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 19. Dezember 2001 aufgehoben und das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 7. März 2001 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.135,50 nebst 4 % Zinsen hieraus seit 24. Februar 2000 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt als Bezugsberechtigte einer Kapitallebensversicherung mit Mehrfachauszahlung von dem beklagten Versicherer die Zahlung eines ersten Teilbetrages der Versicherungssumme.

Der Ehemann der Klägerin hatte im Jahre 1987 bei der Beklagten eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen. Vereinbart war eine Versicherungssumme von 30.000 DM, die im Erlebensfall in Teilbeträgen ausgezahlt werden sollte. Der erste Teilbetrag von 12.000 DM wurde am 1. Dezember 1999 fällig. Im Versicherungsantrag hatte der Ehemann der Klägerin als Bezugsberechtigte seine "Rechtsnachfolger" angegeben, ohne das Widerrufsrecht auszuschließen. Im Jahr 1994 bestimmte er die Klägerin als unwiderruflich Bezugsberechtigte im Erlebensfall, was die Beklagte schriftlich bestätigte.
Am 4. März 1999 erwirkte die Beklagte aufgrund einer ihr gegen den Ehemann der Klägerin zustehenden titulierten Forderung die Pfändung und Überweisung aller Rechte aus dem Versicherungsvertrag einschließlich des Rechts zur Kündigung. Mit an sich selbst gerichtetem Schreiben vom 6. April 1999 widerrief die Beklagte die bisher bestellten Bezugsrechte und kündigte den Versicherungsvertrag.
Die Klägerin hält die Pfändung der Ansprüche aus der Lebensversicherung aufgrund des ihr eingeräumten unwiderruflichen Bezugsrechts für unwirksam. Sie begehrt deshalb die Auszahlung des vereinbarten ersten Teilbetrages in Höhe von 12.000 DM nebst Zinsen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen (VersR 2002, 963). Dagegen wendet sich die zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten.
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte aufgrund des erwirkten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses den Versicherungsvertrag wirksam gekündigt, weshalb der hierdurch entstandene Anspruch auf den Rückkaufswert der Beklagten zustehe. Das der Klägerin unwiderruflich auf den Erlebensfall eingeräumte Bezugsrecht habe nur ein aufschiebend bedingtes Recht begründet. Eine ausdrückliche Bestimmung über den Zeitpunkt des Rechtserwerbs seitens der Klägerin habe deren Ehemann nicht vorgenommen. Deshalb komme es darauf an, wie seine Willenserklärung gemäß allgemeinen Regeln nach Sinn und Zweck unter Berücksichtigung der Verkehrssitte auszulegen sei. Zwar gebe es, wie der Bundesgerichtshof (BGHZ 45, 162, 165) ausgeführt habe, im Versicherungsrechtsverkehr seit einiger Zeit die tatsächliche Übung, in einer unwiderruflichen Bezugsrechtseinräumung zugleich den erklärten Willen für einen sofortigen Rechtserwerb des Bezugsberechtigten zu sehen, da nur so der sich im Verzicht auf einen Widerruf offenbarende Zweck uneigennütziger Fürsorge zu erreichen sei. Bei einer gemischten Todes- und Erlebensfallversicherung bestehe jedoch die Besonderheit geteilter Berechtigung. Die jeweiligen Rechte müssten daher in ein Verhältnis zueinander gebracht werden, und zwar dergestalt, daß ein sofortiger Rechtserwerb nur hinsichtlich eines der beiden Anspruchsberechtigten erfolgen könne. Da dem Versicherungsnehmer das Recht zur jederzeitigen Kündigung verbleibe, müsse feststehen, wem gegebenenfalls der Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswerts zu-

stehe. Bei einer privaten Lebensversicherung stehe die Fürsorge des für den Todesfall Bezugsberechtigten im Vordergrund. Deshalb sei - sofern wie hier keine besonderen Umstände im Einzelfall auf einen abweichenden Willen des Versicherungsnehmers hindeuteten - entgegen der vom 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (NJW-RR 2001, 676 = VersR 2002, 219) vertretenen Rechtsauffassung nur im Falle eines unwiderruflichen Bezugsrechts auf den Todesfall ein sofortiger Rechtserwerb unter einer auflösenden Bedingung anzunehmen und demgegenüber das Recht des unwiderruflich auf den Erlebensfall Bezugsberechtigten grundsätzlich als aufschiebend bedingt anzusehen. Daher habe die Klägerin nur eine Anwartschaft erlangt, die infolge der Kündigung nicht zur Entstehung gelangt sei.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Klägerin hat als unwiderruflich Bezugsberechtigte für den Erlebensfall Anspruch auf die am 1. Dezember 1999 fällig gewordene Teilleistung von 12.000 DM. Das Berufungsgericht geht zwar zutreffend davon aus, daß es entscheidend auf die Auslegung der dem Versicherer gegenüber abzugebenden Erklärung des Versicherungsnehmers über die Begründung des Bezugsrechts ankommt (vgl. Senatsurteil vom 25. April 2001 - IV ZR 305/00 - VersR 2001, 883 unter II 2 a). Es hat jedoch rechtsfehlerhaft den vom Ehemann der Klägerin mit der Begründung des unwiderruflichen Bezugsrechts verfolgten Zweck verkannt und zu Unrecht angenommen, er habe keine ausdrückliche Bestimmung über den Zeitpunkt des Rechtserwerbs getroffen.
1. Nach § 13 der dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Kapital-Lebensversicherung (AVB,

wortgleich mit § 13 ALB 86, VerBAV 1986, 209, 212 f.) kann der Versicherungsnehmer über die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag durch Abtretung, Verpfändung und Einräumung eines Bezugsrechts verfügen. Wem in welchem Umfang ein Bezugsrecht und die daraus folgenden Ansprüche auf die Versicherungsleistungen zustehen, bestimmt der Versicherungsnehmer durch eine einseitige, empfangsbedürftige schriftliche Willenserklärung gegenüber dem Versicherer, die Verfügungscharakter hat (vgl. BGH, Urteile vom 28. September 1988 - IVa ZR 126/87 - VersR 1988, 1236 unter 2 und vom 25. April 2001 - IV ZR 305/00 - aaO). Entscheidend für die Zuordnung der Ansprüche ist daher nicht eine theoretische rechtliche Konstruktion, sondern der im rechtlich möglichen Rahmen geäußerte Gestaltungswille des Versicherungsnehmers.

a) Dieser richtet sich bei einem unwiderruflichen Bezugsrecht regelmäßig auf einen sofortigen Rechtserwerb, weil nur so der mit dem Verzicht auf den Widerruf verfolgte Zweck erreicht werden kann, die Ansprüche auf die Versicherungsleistungen aus dem Vermögen des Versicherungsnehmers auszusondern und sie damit dem Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen (BGHZ 45, 162, 165 f.). Da unter diesem Gesichtspunkt eine bloße unwiderrufliche Anwartschaft praktisch wertlos wäre, bildet der sofortige Rechtserwerb den eigentlichen Inhalt der unwiderruflichen Bezugsberechtigung (BGHZ aaO S. 165; BGH, Urteil vom 19. Juni 1996 - IV ZR 243/95 - VersR 1996, 1089 unter 1). Die Auffassung des Berufungsgerichts führt dazu, den Eintritt dieser vom Versicherungsnehmer gewollten Rechtsfolge zu vereiteln und das unwiderrufliche Bezugsrecht auf den Erlebensfall im Ergebnis seines eigentlichen Inhalts zu entkleiden, wie der 3. Zivilsenat des Berufungsgerichts zutreffend erkannt hat (NJW-RR 2001, 676 = VersR 2002, 219; vgl. auch Baroch Ca-

stellvi, VersR 1998, 410, 415 und AG Hechingen VersR 1999, 569 m. Anm. Baroch Castellvi).

b) Hier hat der Versicherungsnehmer sogar ausdrücklich eine auf den sofortigen Rechtserwerb der Klägerin gerichtete Erklärung abgegeben. Er hat der Beklagten mit Schreiben vom 9. März 1994 unter Bezugnahme auf den Versicherungsvertrag die Klägerin als unwiderruflich Bezugsberechtigte im Erlebensfall benannt. Da nach § 13 Abs. 2 AVB der Versicherungsnehmer ausdrücklich bestimmen kann, daß der Bezugsberechtigte die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag unwiderruflich und damit sofort erwerben soll, war sein Schreiben in diesem Sinne zu verstehen. Die Beklagte hat es auch so verstanden. Sie hat ihm mit Schreiben vom 9. Juni 1994 gemäß § 13 Abs. 2 AVB die Unwiderruflichkeit bestätigt und ihn darauf hingewiesen, daß diese Begünstigung künftig nicht mehr einseitig aufgehoben oder beschränkt werden könne.

c) Diese Grundsätze gelten entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bei der kapitalbildenden (gemischten) Lebensversicherung nicht nur für das unwiderrufliche Bezugsrecht auf den Todesfall. Sie sind in gleicher Weise auf das unwiderrufliche Bezugsrecht für den Erlebensfall anzuwenden.
Aus der Entscheidung in BGHZ 45, 162 ergibt sich nichts anderes. Sie enthält zunächst allgemeine Ausführungen zum Inhalt des unwiderruflichen Bezugsrechts, ohne zwischen dem auf den Erlebensfall und dem auf den Todesfall zu unterscheiden. Sodann leitet sie daraus für den dort gegebenen Fall der Teilung der Begünstigung - unwiderrufliche Bezugsberechtigung eines Dritten auf den Todesfall, Berechtigung des

Versicherungsnehmers im Erlebensfall - ab, daß der Anspruch auf die Versicherungsleistungen auch in Gestalt des Rückkaufswerts bis zum Eintritt des Erlebensfalles dem unwiderruflich Bezugsberechtigten und nicht dem Versicherungsnehmer zusteht und damit dem Zugriff der Gläubiger des Versicherungsnehmers entzogen ist. Für einen generellen Vorrang des Bezugsrechts auf den Todesfall vor dem für den Erlebensfall läßt sich daraus nichts entnehmen, es gibt ihn auch nicht. Die Annahme des Berufungsgerichts, bei einer privaten Lebensversicherung stehe die Fürsorge des für den Todesfall Bezugsberechtigten im Vordergrund , mag in vielen Fällen zutreffen. Häufig wird die Lebensversicherung aber auch im Wege der Abtretung oder der unwiderruflichen Bezugsrechtseinräumung zur Absicherung von Darlehen verwendet. Unabhängig von möglichen Zwecken einer Lebensversicherung kommt es entscheidend darauf an, welche Ausgestaltung der Versicherungsnehmer dem Bezugsrecht in seiner Erklärung gegeben hat.
2. Auch den theoretischen Überlegungen des Berufungsgerichts zur Zuordnung des Rückkaufswerts und den daraus gezogenen Schlußfolgerungen ist nicht zuzustimmen.

a) Die Beklagte hat durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß kein Recht zur Kündigung des Versicherungsvertrages erlangt. Sie konnte das dem Versicherungsnehmer trotz unwiderruflicher Bezugsrechtseinräumung verbliebene Kündigungsrecht nicht pfänden, da es nicht selbständig, sondern nur zusammen mit dem Recht auf den Rückkaufswert übertragen und gepfändet werden kann (vgl. BGHZ aaO S. 167 f.). Der durch die - hier nicht ausgesprochene - Kündigung des Versicherungsnehmers bedingte Anspruch auf den Rückkaufswert nach

§ 176 VVG a.F., § 4 AVB stand nicht mehr dem Versicherungsnehmer, sondern der Klägerin zu. Die Pfändung des Rückkaufswerts und des Kündigungsrechts ging damit ins Leere (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2001 - IV ZR 47/01 - VersR 2002, 334 unter II 3 a).

b) Die Klägerin hat - wie dargelegt - die Ansprüche auf die Versicherungsleistungen sofort erworben. Zu den vertraglich versprochenen Leistungen bei einer Lebensversicherung gehört auch der Rückkaufswert nach Kündigung des Vertrages, denn das Recht auf den Rückkaufswert ist nur eine andere Erscheinungsform des Rechts auf die Versicherungssumme (BGH, Urteil vom 22. März 2000 - IV ZR 23/99 - VersR 2000, 709 unter II 3 a und b). Die Begünstigungserklärung ist in der Regel so zu verstehen, daß das Recht des Bezugsberechtigten sämtliche aus dem Versicherungsvertrag fällig werdenden Ansprüche umfassen soll (Bruck/Möller/Winter, VVG 8. Aufl. 5. Bd. 2. Halbbd. H 117).
Der Versicherungsnehmer kann allerdings über die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit unterschiedlich verfügen, insbesondere auch das unwiderrufliche Bezugsrecht gegenständlich und zeitlich einschränken (vgl. das Senatsurteil vom 19. Juni 1996 aaO unter 2 und das Senatsurteil vom 25. April 2001 - IV ZR 305/00 - aaO). Er könnte beispielsweise den Rückkaufswert vom unwiderruflichen Bezugsrecht auf den Erlebensfall ausnehmen und bestimmen, daß der Rückkaufswert nach Kündigung vor Ablauf der Versicherung ihm verbleibt oder dem für den Todesfall eingesetzten Bezugsberechtigten oder einem beliebigen Dritten zustehen solle. Derartiges hat der Versicherungsnehmer hier nicht getan. Deshalb hat die Klägerin sämtliche Ansprüche auf die Versicherungsleistungen sofort erwor-

ben, also den auf den Rückkaufswert und die künftig entstehenden Ansprüche. Dieser Rechtserwerb war auflösend bedingt durch den vorzeitigen Todesfall, der aber nicht eingetreten ist.
Da der Versicherungsnehmer selbst nicht gekündigt hat und die Kündigung der Beklagten unwirksam war, hat die Klägerin Anspruch auf den zum 1. Dezember 1999 fällig gewordenen Teilbetrag von 12.000 DM.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 94/05 Verkündetam:
24.Oktober2007
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Oktober 2007

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 10. März 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger verlangt vom Beklagten, einem Lebensversicherungsunternehmen , die Rückzahlung von Beiträgen.
2
Auf Antrag des Klägers vom 30. November 1999 stellte der Beklagte einen Versicherungsschein vom 20. Dezember 1999 über eine Rentenversicherung aus und fügte ein Bedingungsheft bei, das unter anderem Verbraucherinformationen nach § 10a VAG, die Tarifbestimmungen und die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) des Beklagten enthielt. Mit Schreiben vom 7. Dezember 2000 widersprach der Kläger dem Vertragsschluss, weil die Verbraucherinformation nicht § 10a VAG entspreche, und forderte die eingezahlten Beiträge zurück. Der Beklagte wies den Widerspruch zurück, kündigte den Vertrag wegen Verzugs mit der Beitragszahlung nach § 39 VVG zum 1. Februar 2001 und rechnete ihn ab. Die Abrechnung weist einen Rückkaufswert von 738,14 € und eine Überschussbeteiligung von 30,42 € aus. Nach Abzug von Beitragsrückständen und Steuern erhielt der Kläger 417,49 € ausgezahlt. Insoweit nahm er die zunächst auf Rückzahlung aller Beiträge in Höhe von 1.264,04 € gerichtete Klage zurück.
3
Der Kläger meint, er habe dem Vertragsschluss gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG noch innerhalb eines Jahres nach Zahlung der ersten Prämie (13. Januar 2000) wirksam widersprechen können. Die Frist von 14 Tagen nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG sei nicht in Lauf gesetzt worden, weil die Bestimmungen in § 6 Abs. 3 AVB über den Rückkaufswert bei Kündigung und in § 15 AVB über die Verrechnung von Abschlusskosten nach dem Zillmerungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot nach § 9 AGBG unwirksam seien. Dies habe der Bundesgerichtshof für gleichartige Klauseln entschieden (BGHZ 147, 354, 373). Die Unwirksamkeit der Klauseln wegen Intransparenz sei der unvollständigen Überlassung der Unterlagen im Sinne von § 5a Abs. 2 Satz 1 i.V. mit Abs. 1 Satz 1 VVG gleichzusetzen.
4
Der Beklagte meint, die Rechtsfolgen der Unwirksamkeit der Klauseln ergäben sich nicht aus § 5a VVG, sondern allein aus § 6 AGBG, jetzt § 306 BGB.
5
Amtsgericht Das hat den Beklagten zur Zahlung von 846,55 € nebst Zinsen verurteilt. Auf seine Berufung hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger erstrebt mit seiner Revision die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.


Entscheidungsgründe:


6
Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
7
Das I. Berufungsgericht hat einen bereicherungsrechtlichen Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der Versicherungsprämien über den erstatteten Betrag hinaus abgelehnt. Die Prämien seien mit Rechtsgrund gezahlt worden, weil der Widerspruch des Klägers vom 7. Dezember 2000 verspätet und damit unwirksam sei. Der Kläger habe nach § 5a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 VVG nur innerhalb von 14 Tagen widersprechen können, weil die Unterlagen ihm am 20. Dezember 1999 vollständig übersandt worden seien und er über sein Widerspruchsrecht ordnungsgemäß belehrt worden sei. Die Unwirksamkeit von § 15 AVB wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot habe keine Verlängerung des Widerspruchsrechts auf ein Jahr nach § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG zur Folge. Die Intransparenz einer Klausel stelle keine Unvollständigkeit im Sinne von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG dar.
8
1. II. Das Berufungsgericht hat den Zahlungsanspruch zu Recht abgewiesen, soweit der Kläger ihn aus ungerechtfertigter Bereicherung herleitet. Der Beklagte hat die Beiträge nicht ohne Rechtsgrund erhalten. Der Vertrag ist wirksam zustande gekommen, weil der Kläger dem Vertragsschluss nicht innerhalb von 14 Tagen nach Überlassung der Unterlagen widersprochen hat. Die Unwirksamkeit von Klauseln in Allgemeinen Versicherungsbedingungen ist der Unvollständigkeit der Unterlagen im Sinne von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG nicht gleichzusetzen, auch wenn die Unwirksamkeit auf einem Verstoß gegen das Transparenzgebot beruht. Wie der Senat im Urteil vom 12. Oktober 2005 (BGHZ 164, 297, 318 m.w.N.) entschieden hat, ergeben sich die Rechtsfolgen der Klauselunwirksamkeit nicht aus § 5a VVG, sondern allein aus § 306 BGB, § 6 AGBG.
9
Der 2. geltend gemachte Anspruch auf weitere Zahlungen kann sich nach dem Vortrag der Parteien aber aus einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt ergeben, der in den Vorinstanzen noch nicht angesprochen worden ist.
10
a) Aus dem Urteil des Senats vom 12. Oktober 2005 ergibt sich, dass der Versicherungsnehmer nach Kündigung einen vertraglichen Anspruch unter anderem auf einen Mindestrückkaufswert hat, wenn die Bestimmungen über den Rückkaufswert und die Verrechnung der Abschlusskosten wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam sind.
11
aa) Das ist der Fall. § 6 Abs. 3 AVB über den Rückkaufswert bei Kündigung und § 15 AVB über die Verrechnung der Abschlusskosten nach dem Zillmerungsverfahren sind in gleicher Weise intransparent wie die vom Senat durch die Urteile vom 9. Mai 2001 (BGHZ 147, 354, 373) für unwirksam erklärten Klauseln anderer Lebensversicherer. Daran ändern auch der Hinweis in der Verbraucherinformation, in den ersten Jahren sei der Rückkaufswert deutlich geringer als die Summe der eingezahlten Beiträge, und die Bezugnahme auf die im Versicherungsschein abgedruckte vollständige Tabelle der Garantiewerte nichts, weil in den Klauseln selbst kein Hinweis auf die für den Versicherungsnehmer mit der vorzeitigen Beendigung der Beitragszahlung verbundenen wirtschaft- lichen Nachteile enthalten ist (dazu BGHZ 147, 354, 363 f. und BGHZ 147, 373, 380).
12
Dem bb) Anspruch auf einen Mindestrückkaufswert steht auch nicht entgegen, dass der Beklagte keine Aktiengesellschaft, sondern ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit ist. Der Rückkaufswert betrifft das Austauschverhältnis der Partner des Versicherungsvertrages, das in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen des Beklagten - offenbar für Mitglieder wie für Nichtmitglieder - in gleicher Weise geregelt ist wie bei Versicherungsaktiengesellschaften. Allgemeine Versicherungsbedingungen eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit, die das Versicherungsverhältnis betreffen, sind vom Anwendungsbereich des AGBGesetzes und der §§ 305 ff. BGB nicht ausgenommen (vgl. BGHZ 136, 394, 396 ff.). Für das Versicherungsverhältnis trifft die im Senatsurteil vom 12. Oktober 2005 (aaO S. 320 ff.) nach objektiv-generalisierenden Gesichtspunkten vorgenommene Interessenabwägung auch für den Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit zu, selbst wenn die Versicherungsnehmer zugleich Mitglieder sind (vgl. zur Feststellung des Schlussüberschusses beim Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit BVerfG VersR 2005, 1127, 1134). Soweit Verschiebungen im Wert der Mitgliedschaft eintreten sollten, gelten für die Abwägung der jeweiligen Interessen der Versicherungsnehmer die gleichen Erwägungen, zumal der wirtschaftliche Wert, den der Versicherungsnehmer während der laufenden Vereinsmitgliedschaft bezieht, eher gering ist (vgl. BVerfG VersR 2005, 1109, 1124).
13
Ob b) der vom Beklagten angesetzte Rückkaufswert den nach Maßgabe des Senatsurteils vom 12. Oktober 2005 (aaO S. 318 ff.) zu beanspruchenden Mindestbetrag erreicht, hat das Berufungsgericht noch zu klären.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke

Vorinstanzen:
AG Mainz, Entscheidung vom 24.03.2004 - 84 C 217/03 -
LG Mainz, Entscheidung vom 10.03.2005 - 3 S 81/04 -

Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 40/01 Verkündet am:
13. März 2002
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Die Verjährung von Ansprüchen auf Invaliditätsleistungen aus einer Unfallversicherung
kann grundsätzlich nicht beginnen, bevor der Versicherungsnehmer die
nach den Versicherungsbedingungen für den Eintritt der Fälligkeit erforderlichen
Mitwirkungshandlungen vorgenommen hat.
Ein früherer Verjährungsbeginn kommt - abgesehen von einer vorherigen Leistungsablehnung
des Versicherers - nur in Betracht, wenn der Versicherungsnehmer
diese Mitwirkung treuwidrig unterläßt.
BGH, Urteil vom 13. März 2002 - IV ZR 40/01 - OLG Hamm
LG Dortmund
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, den Richter Dr. Schlichting, die Richterin
Ambrosius und die Richter Wendt und Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 13. März 2002

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 24. November 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten Invaliditätsentschädigung aus einer Unfallversicherung, der die Allgemeinen UnfallversicherungsBedingungen 1961 (AUB 61) zugrunde liegen.
Am 6. März 1993 erlitt der Kläger bei einem Verkehrsunfall u.a. ein Schädelhirntrauma zweiten Grades. Im ärztlichen Erstbericht vom 7. April 1993 wurde festgestellt, daß der Unfall voraussichtlich eine dau-

ernde Beeinträchtigung (Invalidität) hinterlassen werde. Die Schwester des Klägers zeigte der Beklagten den Unfall am 23. März 1993 an. Im Anschluß an die stationären Klinikaufenthalte des Klägers rechnete die Beklagte mit Schreiben vom 20. August 1993 Krankenhaustagegeld und Genesungsgeld ab und wies zugleich darauf hin, daß ein Dauerschaden innerhalb von 15 Monaten ab dem Unfalltag geltend gemacht werden müsse.
Im Juli 1998 wurde für den Kläger ein Betreuungsverfahren eingeleitet. Das in diesem Verfahren eingeholte ärztliche Gutachten kam zu dem Ergebnis, daß er infolge einer auf den Unfall zurückzuführenden hirnorganischen Schädigung als geschäftsunfähig anzusehen sei. Am 17. September 1998 wurde dem Kläger u.a. für Vermögensangelegenheiten ein Betreuer bestellt. Der von diesem beauftragte Rechtsanwalt machte mit Schreiben vom 23. November 1998 Invaliditätsleistungen geltend. Die Beklagte lehnte diese mit Schreiben vom 12. Februar 1999 ab, weil die 15-monatige Frist des § 8 II (1) Satz 1 AUB 61 nicht eingehalten worden sei; der Kläger habe Invalidität nicht rechtzeitig geltend gemacht. Nachfolgend berief sie sich auch auf Verjährung.
Mit der am 15. Dezember 1999 zunächst über einen Teil des geltend gemachten Anspruchs eingereichten, mit der Berufungsbegründung am 5. September 2000 auf die volle Invaliditätsleistung von 300.000 DM erweiterten Klage beruft sich der Kläger darauf, er sei seit dem Unfall geschäftsunfähig beziehungsweise ohne Verschulden nicht in der Lage gewesen, den Anspruch geltend zu machen.

In beiden Vorinstanzen ist die Klage ohne Erfolg geblieben, weil der Anspruch gemäû § 12 Abs. 1 VVG verjährt sei. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts kann dahinstehen, ob mit dem Anwaltsschreiben vom 23. November 1998 die Invalidität des Klägers noch fristgerecht geltend gemacht worden sei. Der Anspruch auf Invaliditätsleistung sei gemäû § 12 Abs. 1 VVG verjährt. Gehe man zugunsten des Klägers davon aus, daû die Invaliditätsleistung erst zu dem Zeitpunkt habe verlangt werden können, in dem auch der Grad der Invalidität festgestanden habe - nach Auffassung des Berufungsgerichts drei Jahre nach dem Unfall -, so habe der Lauf der zweijährigen Verjährungsfrist gemäû § 12 Abs. 1 Satz 2 VVG am 31. Dezember 1996 begonnen und grundsätzlich mit dem 31. Dezember 1998 geendet. Da der Kläger nach dem im Betreuungsverfahren eingeholten Gutachten zu diesem Zeitpunkt geschäftsunfähig gewesen sei und der Mangel seiner Vertretung erst am 17. September 1998 geendet habe, habe sich die Verjährungsfrist gemäû § 206 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. bis zum 17. März 1999 verlängert. Auûerdem sei die Verjährung von der Anmeldung des Anspruchs auf Invaliditätsleistung bis zur Leistungsablehnung der Beklag-

ten am 12. Februar 1999 gemäû § 12 Abs. 2 VVG gehemmt und damit jedenfalls Ende Juni 1999 vollendet gewesen. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
2. Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag verjähren gemäû § 12 Abs. 1 VVG in zwei Jahren. Nach Satz 2 dieser Vorschrift beginnt die Verjährung mit Schluû des Jahres, in welchem die Leistung verlangt werden kann. Dabei kommt es nach ständiger Rechtsprechung nicht auf die Entstehung, sondern auf die Fälligkeit des Anspruchs an. Es muû also Klage auf sofortige Leistung erhoben werden können (vgl. nur BGH, Urteile vom 10. Mai 1983 - IVa ZR 74/81 - VersR 1983, 673 unter II; vom 14. April 1999 - IV ZR 197/98 - VersR 1999, 706 unter 2 a und zuletzt vom 27. Februar 2002 - IV ZR 238/00 - unter 1 b, zur Veröffentlichung vorgesehen, jeweils m.w.N.). Werden Leistungen, die ein Versicherer aus Anlaû eines Versicherungsfalls schuldet, zu unterschiedlichen Zeiten fällig, so laufen für die einzelnen Teilleistungen auch unterschiedliche Verjährungsfristen (Senatsurteil vom 14. April 1999 aaO).

a) Geldleistungen des Versicherers sind gemäû § 11 Abs. 1 VVG mit Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistung des Versicherers nötigen Erhebungen fällig. Diese Vorschrift ist in zulässiger Weise (§ 15 a VVG) durch die §§ 11 und 13 Abs. 1 AUB 61 modifiziert worden (vgl. BGH, Urteile vom 4. November 1987 - IVa ZR 141/86 - VersR 1987, 1235 unter 3 und - zu § 11 AUB 88 - vom 22. März 2000 - IV ZR 233/99 - VersR 2000, 753 unter 2 c). Gemäû § 13 Abs. 1 AUB 61 wird die Entschädigung zwei Wochen nach ihrer Feststellung gemäû §§ 11 und 12 AUB 61 gezahlt. Die Feststellung des

Versicherers erfolgt, soweit Invaliditätsentschädigung beansprucht wird, innerhalb von drei Monaten nach Eingang der vom Anspruchsteller gemäû § 11 Satz 2 AUB 61 beizubringenden Unterlagen. Somit hängen der Eintritt der Fälligkeit und damit auch der Verjährungsbeginn - wenn der Versicherer nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt die Leistung endgültig und umfassend abgelehnt hatte (vgl. Senatsurteil vom 27. Februar 2002 aaO unter 1 b) - von bestimmten vorausgehenden Handlungen des Anspruchstellers ab. Ein früherer Verjährungsbeginn in Fällen, in denen diese Mitwirkung unterbleibt, ergibt sich weder aus den vereinbarten Versicherungsbedingungen noch aus den gesetzlichen Verjährungsvorschriften. Die Verjährung kann deshalb grundsätzlich nicht vor den Mitwirkungshandlungen des Anspruchstellers zu laufen beginnen, selbst wenn diese über einen längeren Zeitraum hinweg nicht vorgenommen werden.
aa) Für die Auffassung des Berufungsgerichts, es sei darauf abzuheben , wann der Kläger die Invaliditätsleistung spätestens hätte verlangen können, gibt es keine Rechtsgrundlage; zudem bliebe unklar, wonach sich der hierfür maûgebliche Zeitpunkt bestimmen soll. Ebensowenig geht es an, die Verjährung - etwa in Anlehnung an die für die Nichtausübung eines Kündigungs- oder Anfechtungsrechts geltenden Bestimmungen der §§ 199, 200 BGB a.F. - bereits mit der Möglichkeit beginnen zu lassen, die erforderlichen Unterlagen einzureichen. Denn dadurch würde beim zögernden Anspruchsteller der Verjährungsbeginn in einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Weise vorverlegt (vgl. Senatsurteil vom 4. November 1987 aaO unter II 3). Schlieûlich kann nicht auf ein etwaiges Verschulden des Versicherungsnehmers abgestellt werden.

Andernfalls würde ein dem Gesetz in diesem Zusammenhang fremdes Merkmal eingeführt, das auch nicht verläûlich genug die Feststellung des maûgeblichen Zeitpunkts gestatten würde (BGH, Urteile vom 4. November 1987 aaO VersR 1987, 1235 unter 3 und vom 19. Januar 1994 - IV ZR 117/93 - VersR 1994, 337 unter 2 c). Eine Vorverlegung des Verjährungsbeginns kann nur in Betracht kommen, wenn der Versicherungsnehmer durch das Unterlassen seiner "Mitwirkung" gegen die allgemeinen Grundsätze von Treu und Glauben verstöût (§§ 162 Abs. 1, 242 BGB; vgl. Römer in Römer/Langheid, VVG § 12 Rdn. 11). Die Darlegungs - und Beweislast für einen solchen Verstoû trägt der Versicherer, der sich auf die Einrede der Verjährung beruft (vgl. Römer aaO).
bb) Diese Abhängigkeit der Fälligkeit eines Leistungsanspruchs und damit des Verjährungsbeginns von einer vorausgehenden Handlung des Gläubigers ist keine Besonderheit des Versicherungsvertragsrechts. Auch in anderen Fällen entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, daû die Verjährung ohne die an sich vorgesehene Handlung des Gläubigers grundsätzlich, also abgesehen von einem treuwidrigen Verhalten, nicht beginnen kann (vgl. zur vereinbarten "Zahlung gegen Dokumente" beim Kaufvertrag BGHZ 55, 340, 343 f.; zur Schluûrechnung des Auftragnehmers beim VOB-Werkvertrag Urteile vom 24. Mai 1971 - VII ZR 155/70 - NJW 1971, 1455 unter 2 d und vom 16. Juni 1977 - VII ZR 66/76 - WM 1977, 1053 unter 2; zur Honorarschluûrechnung des Architekten Urteile vom 19. Juni 1986 - VII ZR 221/85 - WM 1986, 1388 unter 2 und vom 11. November 1999 - VII ZR 73/99 - WM 2000, 675 unter II 3 a; zur Heizkostenrechnung des Vermieters BGHZ 113, 188, 195 ff.). Denn es gibt gerade keinen allgemei-

nen Grundsatz, daû bei Ansprüchen mit einer von der Disposition des Gläubigers abhängenden Fälligkeit die Verjährung schon in dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der Gläubiger die Fälligkeit herbeiführen kann (BGH, Urteil vom 8. Juli 1981 - VIII ZR 222/80 - NJW 1982, 930 unter II 2 b bb; BGHZ 113, 188, 195 sowie Urteil vom 11. November 1999 aaO WM 2000, 675 unter II 3 a (3)).

b) Der Kläger hat die Invaliditätsleistung erstmals mit Schreiben vom 23. November 1998 geltend gemacht. Die Beklagte hat die Leistung mit Schreiben vom 12. Februar 1999 abgelehnt. Folglich konnte die Verjährung gemäû § 12 Abs. 1 Satz 2 VVG nicht vor Ablauf des Jahres 1999 beginnen. Ein treuwidriges Verhalten des Klägers ist den bisherigen Feststellungen nicht zu entnehmen. Die verspätete Geltendmachung der Invalidität allein genügt hierfür nicht. Treuwidrigkeit scheidet von vornherein aus, wenn er tatsächlich unfallbedingt gehindert war, die zur Feststellung der Leistungspflicht der Beklagten erforderlichen Handlungen vorzunehmen. Bei dieser Sachlage ist der - für die Revision zu unterstellende - Leistungsanspruch des Klägers nicht verjährt. Vielmehr haben die Klage und die Klageerweiterung im zweiten Rechtszug die Verjährung gemäû § 209 Abs. 1 BGB a.F. unterbrochen.
3. Das Berufungsurteil erweist sich nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig (§ 563 ZPO a.F.).

a) Vom Eintritt der am 7. April 1993 ärztlich festgestellten unfallbedingten Invalidität des Klägers innerhalb eines Jahres seit dem Un-

falltag gemäû § 8 II (1) Satz 1 AUB 61 ist nach seinem zwar bestrittenen, aber unter Beweis gestellten Vortrag für die Revision auszugehen.

b) Dem Anspruch des Klägers steht auch nicht die Versäumung der 15-monatigen Frist zur Geltendmachung der Invalidität gemäû § 8 II (1) Satz 1 AUB 61 entgegen. Die Frist ist eine Ausschluûfrist, deren Versäumen unbeachtlich bleibt, wenn der Versicherungsnehmer ausreichend entschuldigt ist (BGHZ 130, 171, 173 f.; Senatsurteil vom 19. November 1997 - IV ZR 348/96 - VersR 1998, 175 unter 2 b cc). Es kommt daher auf die streitige und unter Beweis gestellte Behauptung des Klägers an, er sei seit dem Unfall geschäftsunfähig beziehungsweise unverschuldet nicht in der Lage gewesen, den Anspruch geltend zu machen.
Daû seine Schwester, die der Beklagten den Unfall gemeldet hatte , nicht auch die Invalidität des Klägers geltend gemacht hat, ist ihm nicht zuzurechnen. Denn es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, die Schwester als seine Vertreterin oder Repräsentantin anzusehen (zum Repräsentantenbegriff vgl. Senatsurteil vom 10. Juli 1996 - IV ZR 287/95 - VersR 1996, 1229 unter 2 b m.w.N.).
Allerdings beginnt bei entschuldbarer Fristversäumung keine neue Frist. Vielmehr muû der Versicherungsnehmer die Geltendmachung der Invalidität nach Wegfall des Entschuldigungsgrundes unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, nachholen (BGHZ 130, 171, 175). Der von dem Kläger behauptete Entschuldigungsgrund war spätestens mit der Bestellung des Betreuers am 17. September 1998 behoben. Zwar wurde

die Invalidität erst mit Anwaltsschreiben vom 23. November 1998 geltend gemacht. Das ist jedoch entgegen der Revisionserwiderung den bisher festgestellten Umständen nach noch als unverzüglich anzusehen. Denn der Betreuer musste sich erst einarbeiten, was nach den beigezogenen Betreuungsakten nicht ohne Schwierigkeiten möglich war.
4. Das angefochtene Urteil war deshalb aufzuheben. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, den Beweisangeboten des Klägers zum bedingungsgemäûen Eintritt der Invalidität sowie zur Entschuldigung der Überschreitung der Geltendmachungsfrist gemäû § 8 II (1) Satz 1 AUB 61 durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nachzugehen.
Terno Dr. Schlichting Ambrosius
Wendt Felsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 238/00 Verkündet am:
27. Februar 2002
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
VVG § 12 Abs. 1; AVB f. Unfallvers. (AUB 88) § 7 I (1)
Die Leistungsablehnung des Versicherers bewirkt nur, daß der ihm zur Prüfung
seiner Leistungspflicht eingeräumte Aufschub endet, nicht aber, daß ein noch
nicht entstandener Anspruch fällig wird.
BGH, Urteil vom 27. Februar 2002 - IV ZR 238/00 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Februar 2002

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 31. August 2000 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Leistungen aus einer Unfallversicherung , der Allgemeine Unfallversicherungs-Bedingungen (AUB 88) zugrunde liegen. Die Beklagte hat sich auf Verjährung berufen.
Am 11. Oktober 1994 erlitt die Klägerin bei einem Verkehrsunfall erhebliche Verletzungen. Sie übersandte der Beklagten Ende Oktober 1994 einen Unfallbericht. Mit Schreiben vom 4. November 1994 lehnte die Beklagte Leistungen aus der Unfallversicherung ab, weil die Klägerin mit rückständigen Prämien im Verzug und der Versicherungsfall nach Ablauf der in der Mahnung gesetzten Frist von zwei Wochen eingetreten sei.

Die Klägerin trägt vor, der Eintritt unfallbedingter Invalidität sei am 22. August 1995 ärztlich festgestellt worden. Ende September 1995 habe sie die Invalidität gegenüber der Beklagten schriftlich geltend gemacht. Verhandlungen zwischen dem Rechtsanwalt der Klägerin und der Beklagten in der Zeit von Mitte 1996 bis März 1997 blieben ergebnislos, weil die Beklagte an der Leistungsfreiheit wegen Prämienverzugs festhielt. Im September 1997 erhielt die Klägerin von ihrem Anwalt die Mitteilung , er habe den Vorgang abgeschlossen, weil er die Ansprüche nicht für durchsetzbar halte. Am 26. August 1998 reichte die Klägerin Klage auf Zahlung von 200.000 DM Invaliditätsleistung und 6.550 DM Krankenhaustagegeld und Genesungsgeld ein.
In den Vorinstanzen hatte die Klage keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt die Klägerin den Anspruch auf die Invaliditätsleistung weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis mit Recht angenommen, daû auch der Anspruch auf die Invaliditätsleistung verjährt ist.
1. Dem Berufungsgericht kann allerdings nicht darin gefolgt werden , daû der Anspruch der Klägerin auf die Invaliditätsleistung mit Zugang des Ablehnungsschreibens der Beklagten vom 4. November 1994 fällig geworden sei und die Verjährung mit dem Schluû des Jahres 1994

begonnen habe. Die Revision weist zutreffend darauf hin, daû die Voraussetzungen für die Entstehung dieses Anspruchs im Jahr 1994 noch gar nicht eingetreten waren und der Anspruch demgemäû noch nicht fällig werden konnte.

a) Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs auf die Invaliditätsleistung ist neben dem Unfall, der den Versicherungsfall darstellt, nach § 7 I (1) AUB 88 (ebenso nach § 8 II (1) AUB 61), daû unfallbedingt Invalidität eingetreten ist, und zwar innerhalb eines Jahres nach dem Unfall, und daû dies spätestens vor Ablauf einer Frist von weiteren drei Monaten ärztlich festgestellt worden ist (BGH, Urteil vom 28. Juni 1978 - IV ZR 7/77 - VersR 1978, 1036 unter 1; BGHZ 137, 174, 176 ff.).
Diese Voraussetzungen lagen bis zum Ende des Jahres 1994 noch nicht vor. Ob der Unfall vom 11. Oktober 1994 zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit der Klägerin geführt hatte oder führen würde, war nicht abzusehen. Ebenso gab es keine ärztliche Feststellung unfallbedingter Invalidität. Diese ist nach Behauptung der Klägerin erst im August 1995 getroffen worden.

b) Nach § 198 Satz 1 BGB (in der hier noch anzuwendenden früheren Fassung) beginnt die Verjährung eines Anspruchs im Zeitpunkt seiner erstmaligen Entstehung. Hierunter ist der Zeitpunkt zu verstehen, in welchem der Anspruch erstmalig geltend gemacht und notfalls im Wege der Klage durchgesetzt werden kann (BGH, Urteil vom 17. Dezember 1999 - V ZR 448/98 - NJW-RR 2000, 647 unter II 2 c). Vorher kann die Verjährung nicht beginnen. § 12 Abs. 1 Satz 2 VVG weicht davon nur in-

soweit und zugunsten des Versicherungsnehmers ab, als für den Beginn der Verjährung nicht schon die Entstehung des Anspruchs, sondern erst seine Fälligkeit in dem Sinne maûgebend ist, daû nicht nur auf Feststellung , sondern auf sofortige Leistung geklagt werden kann (BGH, Urteile vom 20. Januar 1955 - II ZR 108/54 - VersR 1955, 97; vom 23. Juni 1954 - II ZR 69/54 - VersR 1954, 388 unter I 1; vom 4. November 1987 - IVa ZR 141/86 - VersR 1987, 1235 unter 3 und vom 14. April 1999 - IV ZR 197/98 - VersR 1999, 706 unter 2 a m.w.N.). Bei einem Anspruch auf Invaliditätsentschädigung ist Voraussetzung für die Leistungsklage nicht nur, daû es die in § 7 I AUB 88 geforderte fristgerechte ärztliche Invaliditätsfeststellung objektiv gibt; vielmehr muû der Versicherungsnehmer davon auch Kenntnis haben. Nach einem Unfall gibt es oft zahlreiche ärztliche Stellungnahmen und Gutachten zur Frage unfallbedingter Invalidität, von denen der Versicherungsnehmer nicht immer alle kennt. Es ist nicht gerechtfertigt, für die Fälligkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 2 VVG, von der der Beginn der Verjährung abhängt, auf eine dem Versicherungsnehmer unbekannte ärztliche Feststellung abzuheben (vgl. auch BGH, Urteil vom 19. Januar 1994 - IV ZR 117/93 - VersR 1994, 337 unter 2 b und BGHZ 73, 363, 365 ff.).

c) Allerdings gibt es zugunsten des Versicherers besondere Fälligkeitsregelungen. Nach § 11 Abs. 1 VVG ist die Fälligkeit bis zur Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistung des Versicherers nötigen Erhebungen aufgeschoben. Darüber hinausgehend enthält § 11 I bis III AUB 88 weitere Fälligkeitsregelungen zugunsten des Versicherers. Diese betreffen aber nur den Fall der positiven Entscheidung über den vom Versicherungsnehmer erhobenen An-

spruch (BGH, Urteil vom 22. März 2000 - IV ZR 233/99 - VersR 2000, 753 unter 2 c). Dies gilt jedenfalls insoweit, als es um die Feststellungen zum Versicherungsfall und zum Umfang der Leistungspflicht geht. Davon abgesehen richtet sich die Fälligkeit bei Leistungsablehnung nach § 11 Abs. 1 VVG. Mit der Leistungsablehnung stellt der Versicherer klar, daû keine weiteren Feststellungen zur Entschlieûung über den erhobenen Anspruch erforderlich sind; dann aber besteht kein Grund, die Fälligkeit weiter hinauszuschieben (Senatsurteil vom 22. März 2000 aaO). Die Leistungsablehnung bewirkt demgemäû nur, daû der dem Versicherer zur Prüfung seiner Leistungspflicht eingeräumte Aufschub endet, nicht aber, daû ein noch gar nicht entstandener Anspruch fällig wird (vgl. zum Eintritt des Verzugs bei Erfüllungsverweigerung schon vor Fälligkeit Staudinger /Löwisch [2001] § 284 Rdn 77).
2. Der Anspruch auf die Invaliditätsleistung ist aber im Jahr 1995 fällig geworden, so daû die Verjährung mit dem Schluû dieses Jahres begonnen hat und mit Ablauf des Jahres 1997 eingetreten ist.
Die Voraussetzungen für eine Klage auf sofortige Leistung lagen 1995 vor. Nach dem Vortrag der Klägerin wuûte sie, daû Ende August 1995 unfallbedingte Invalidität eingetreten und ärztlich festgestellt worden war. Einer Geltendmachung der Invalidität und einer erneuten Leistungsablehnung danach bedurfte es wegen der Leistungsablehnung vom 4. November 1994 nicht mehr. Denn die Leistungsablehnung vom 4. November 1994 hat die Fälligkeit in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem alle übrigen Voraussetzungen für das klageweise Geltendmachen des Anspruchs eingetreten waren. Die Beklagte hatte Leistungen aus der Un-

fallversicherung endgültig und umfassend wegen Leistungsfreiheit nach § 39 Abs. 2 VVG abgelehnt. Damit hatte sie unmiûverständlich klargestellt , daû ihre Feststellungen zum Versicherungsfall beendet sind und weitere Feststellungen zu einzelnen Leistungsarten von vornherein nicht in Betracht kommen. Bei einer so gearteten Leistungsablehnung kommt es für die Fälligkeit auf Mitwirkungshandlungen des Versicherungsnehmers wie die Geltendmachung der Invalidität und das Beibringen von Unterlagen i.S. von § 11 I Abs. 1 AUB 88 nicht mehr an. Die Fälligkeit durch Leistungsablehnung wirkt einheitlich für und gegen beide Seiten und nicht nur zugunsten des Versicherungsnehmers.
Auf die von der Revision angesprochene Frist von einem Jahr nach Eintritt des Unfalls gemäû § 11 II Abs. 2 AUB 88 kommt es nicht an. Diese Frist war Mitte Oktober 1995 abgelaufen und steht dem Beginn der Verjährung mit Ablauf des Jahres 1995 damit nicht entgegen.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Felsch

Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 75/03 Verkündet am:
10. März 2004
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
Zu den Anforderungen an eine Genehmigung von Vertragsänderungen in Nachtragsversicherungsscheinen
BGH, Urteil vom 10. März 2004 - IV ZR 75/03 - OLG München
LG München I
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting und Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Februar 2004

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers und die Anschlußrevision der Beklagten wird das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 21. November 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um die Rückerstattung von Ve rsicherungsprämien.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermöge n der früheren Klägerin (im folgenden: Schuldnerin), nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Beschluß des Amtsgerichts Augsburg vom 30. Mai 2001.

Er begehrt von der Beklagten Rückzahlung von Versicherungsprämien, welche die Schuldnerin über den Zeitraum des Bestehens einer Bauträger -Betriebshaftpflichtversicherung vom 1. April 1988 bis 31. Dezember 1996 an die Beklagte entrichtet hat. Zwischen den Parteien besteht Streit über die Bemessungsgrundlage der Versicherungsprämien. Der Kläger trägt vor, die geschuldete Jahresprämie habe 0,2 Promille der Jahresbausumme zuzüglich gesetzlicher Versicherungssteuer betragen, eine Mindestprämie sei nicht vereinbart worden. Nach dem Vortrag der Beklagten habe die geschuldete Jahresprämie sich hingegen auf 0,2 Promille der Jahresumsatzsumme - mindestens aber auf 30.000 DM - zuzüglich gesetzlicher Versicherungssteuer belaufen. Die Schuldnerin hat an die Beklagte Versicherungsprämien in Höhe von 323.664,36 DM entrichtet. Bei einer Prämienberechnung nach der Jahresbausumme hätte die Schuldnerin nach Ansicht des Klägers jedoch lediglich Prämien in Höhe von 160.599,41 DM an die Beklagte entrichten müssen. Den Differenzbetrag in Höhe von 163.064,95 DM = 83.373,78 € (zuzüglich Zinsen) fordert er mit der Klage zurück.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Beru fungsgericht hat ihr in Höhe von 70.709,15 DM = 36.153,01 € (zuzüglich Zinsen) stattgegeben; im übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger das Klagebegehren in vollem Umfang weiter. Soweit das Berufungsgericht der Klage stattgegeben hat, erhebt die Beklagte Anschlußrevision und wendet sich gegen ihre Verurteilung insgesamt.

Entscheidungsgründe:


Die Rechtsmittel haben Erfolg und führen zur Zurüc kverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Rückforderungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 (1. Alt.) BGB für das erste Versicherungsjahr 1988/89 sowie für die Versicherungsjahre 1991/92, 1995 und 1996 in - unstreitiger - Höhe von insgesamt 70.709,15 DM für begründet erachtet und der Klage insoweit stattgegeben. Dabei ist es davon ausgegangen, daß dem Versicherungsvertrag die vertraglichen Vereinbarungen zugrunde zu legen seien, wie sie die Klägerseite vorgelegt hat. Danach ist unter Ziffer 9.1 bestimmt, daß die Prämienberechnung nach der Jahresbausumme - ohne Mindestprämie - zu erfolgen habe. Diese Prämienbemessungsgrundlage habe für die vorgenannten Jahre keine Änderung erfahren. Eine gegenüber dieser schr iftlichen Vereinbarung vorrangige Individualabrede dahin, daß von der Jahresumsatzsumme auszugehen sei, habe die Beklagte nicht hinreichend vorgetragen.
Für die Versicherungsjahre 1989/90, 1990/91, 1992, 1993 und 1994 hat das Berufungsgericht das Bestehen eines Rückforderungsanspruchs hingegen mit der Begründung verneint, daß die Beitragszahlungen für diese Zeit ihre Rechtsgrundlage fänden in entsprechenden Nachträgen zum Versicherungsschein, durch welche die Prämienbemessungsgrundlage für das jeweilige Versicherungsjahr wirksam gemäß § 5 Abs. 1 und 2 VVG auf den Jahresumsatz und für das Versicherungsjahr 1994 auf eine Mindestprämie umgestellt worden sei. Die vorgenommenen Beitragsänderungen seien wirksam, weil die Schuldnerin in den

Nachträgen jeweils eine den Anforderungen des § 5 Abs. 2 Satz 1 VVG genügende Belehrung erhalten habe, auf die Änderungen besonders aufmerksam gemacht worden sei und ihnen nicht widersprochen habe.
II. Dagegen wenden sich beide Parteien mit Recht.
1. a) Die Beklagte rügt mit ihrer Anschlußrevision einen Verfahrensfehler des Berufungsgerichts: Der Vortrag der Beklagten, zwischen den Parteien sei bereits vor Übersendung eines Versicherungsscheins als Grundlage für die Prämienberechnung die Jahresumsatzsumme vereinbart worden, habe dem Landgericht für eine Beweiserhebung ausgereicht. Auf der Grundlage einer Vernehmung des von der Beklagten als Zeugen benannten Versicherungsangestellten und einer Würdigung der mit dem Zeugen erörterten schriftlichen Vertragsunterlagen sei es in seinem Urteil zu dem Ergebnis gelangt, die Parteien hätten als Prämienberechnungsgrundlage die Jahresumsatzsumme sowie eine jährliche Mindestprämie von 30.000 DM vereinbart; soweit der ursprüngliche Versicherungsschein davon abweiche, ergäben die dortigen Angaben keinen Sinn. Danach habe das Berufungsgericht nicht ohne erneute Vernehmung dieses Zeugen die Auffassung vertreten dürfen, eine vertragliche Vereinbarung, der Prämienberechnung die Jahresumsatzsumme zugrunde zu legen, sei der landgerichtlichen Aussage des Zeugen nicht zu entnehmen.

b) Dem ist zuzustimmen.

Zwar weist das Berufungsgericht darauf hin, daß di e Schuldnerin dem ihr übersandten Versicherungsschein und den beigefügten Bedingungen nicht widersprochen habe; darin ist unter 9.1 vorgesehen, daß die Prämienberechnung nach der Jahresbausumme erfolge. Diese wird unter 9.2 mit 150.000 DM angegeben; die Jahresprämie sollte dem Wortlaut nach 0,2 Promille davon betragen. Als Nettobetrag der Prämie wird an dieser Stelle aber nicht der sich danach rechnerisch ergebende Betrag von 30 DM, sondern ein Beitrag von 30.000 DM angegeben. Das sind 0,2 Promille der von der Schuldnerin unstreitig als Jahresumsatz angegebenen 150.000.000 DM. Im Hinblick auf diesen in sich widersprüchlichen Text ist trotz des Schweigens der Schuldnerin auf die Übersendung des Versicherungsscheins mit diesen Bedingungen nicht ausgeschlossen , daß die Parteien bei den Vertragsverhandlungen tatsächlich übereinstimmend von einer Bemessung der Prämie auf 0,2 Promille der Jahresumsatzsumme ausgegangen sind. Wenn dies der Fall war, konnte die Schuldnerin auch die ihr zugesandten Vertragsunterlagen nicht anders verstehen. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist - unabhängig von der Regelung des § 5 VVG - der wahre Wille der Erklärenden maßgebend, wenn der Erklärungsempfänger erkannt hat, was der irrtümlich Erklärende in Wahrheit gewollt hat (BGH, Urteil vom 22. Februar 1995 - IV ZR 58/94 - VersR 1995, 648 unter 2).
Da das Landgericht nach Vernehmung des Versicherun gsangestellten die Überzeugung gewonnen hat, daß ungeachtet unzutreffender Angaben in den schriftlichen Unterlagen eine Prämienberechnung auf der Grundlage der Jahresumsatzsumme vereinbart worden sei, hätte das Berufungsgericht die protokollierte Aussage des Zeugen nicht anders verstehen oder ihr ein anderes Gewicht beimessen dürfen, ohne den

Zeugen noch einmal zu vernehmen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 28. März 2003 - V ZR 47/02 - BGH-Report 2003, 1109 m.w.N.).
2. Gelangt das Berufungsgericht nach Vernehmung de s Zeugen und erneuter Beweiswürdigung wiederum zu dem Ergebnis, daß für die Prämienberechnung nach den ursprünglichen Vertragsgrundlagen die Jahresbausumme maßgebend sein sollte, bleibt zu prüfen, ob aufgrund späterer Nachträge zum Versicherungsschein jedenfalls für diejenigen Jahre von der Jahrsumsatzsumme bzw. einer Mindestprämie auszugehen ist, für die das Berufungsgericht die Klage abgewiesen hat. Auch insoweit kann das Berufungsurteil nicht bestehen bleiben.
Nachträge fallen ebenso wie die ursprüngliche Poli ce unter den Begriff des Versicherungsscheins im Sinne von § 5 Abs. 1 VVG (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 1965 - II ZR 165/63 - VersR 1966, 129 unter II; OLG Hamm VersR 1993, 169 f.; Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 5 Rdn. 2; Prölss in Prölss/Martin, VVG 26. Aufl. § 5 Rdn. 1; BK/Schwintowski, § 5 VVG Rdn. 5; Bruck/Möller, VVG 8. Aufl. § 5 Anm. 4). Die Revision macht mit Recht geltend, daß den Anforderungen des § 5 Abs. 2 VVG in den Nachträgen hier nicht genügt sei, so daß trotz fehlenden Widerspruchs der Schuldnerin Abweichungen vom ursprünglichen Vertrag nicht als genehmigt gelten.
Die von der Beklagten übersandten Nachträge enthal ten im wesentlichen eine Prämienabrechnung sowie folgende Belehrung: Dieser Nachtrag ist ergänzender Bestandteil des Versicherungsscheins. Für ihn gelten die gleichen allgemeinen und besonderen Bedingungen, sofern sie durch Vorstehendes

nicht geändert sind. Falls innerhalb eines Monats nach Empfang dieses Nachtrages Einwendungen gegen dessen Inhalt nicht erhoben werden, gilt er als vom Versicherungsnehmer genehmigt. Aus den Nachträgen zum Versicherungsschein geht ab er weder hervor, ob überhaupt vom ursprünglichen Vertragsinhalt abgewichen werden sollte, noch ist erkennbar, welche Abweichungen im einzelnen als genehmigt gelten sollten. § 5 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 VVG fordert jedoch ausdrücklich, daß auf die einzelnen Abweichungen besonders aufmerksam zu machen ist. Hat der Versicherer den Versicherungsnehmer auf Abweichungen nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit hingewiesen, kann schon deshalb nicht von einer fiktiven Genehmigung nach § 5 Abs. 2 Satz 1 VVG ausgegangen werden.
Zwar ist in den dem jeweiligen Nachtrag zum Versic herungsschein beigefügten Prämienrechnungen unter anderem von der (Jahres-)Umsatzsumme oder von einer Mindestprämie die Rede. Die Beklagte hat aber nicht zum Ausdruck gebracht, daß auf diesem Wege dem Versicherungsnehmer nachteilige Abweichungen von dem früher geltenden Berechnungsmodus vereinbart werden sollten. Sie hat auch nicht an anderer Stelle klargestellt, daß mit der Verwendung neuer Begriffe aus Anlaß der Inrechnungstellung von Versicherungsprämien eine Änderung der Prämienbemessungsgrundlage zum Nachteil der Schuldnerin verbunden sein sollte. Mithin kommt hier eine Genehmigung schon deshalb nicht in Betracht, weil die Beklagte in den Nachträgen zum Versicherungsschein auf Änderungen der vereinbarten Grundlagen für die Prämienberechnung nicht hinreichend aufmerksam gemacht hat.

3. Weitergehende Ansprüche des Klägers, sofern sie überhaupt bestehen, sind jedenfalls nicht wegen Leistung in Kenntnis der Nichtschuld (§ 814 BGB) noch wegen Verjährung (§ 12 Abs. 1 VVG) ausgeschlossen.

a) Nach § 814 BGB kann das zum Zwecke der Erfüllun g einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewußt hat, daß er zur Leistung nicht verpflichtet war. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe etwa BGHZ 113, 62, 70; Senatsurteil vom 7. Mai 1997 - IV ZR 35/96 - NJW 1997, 2381 unter II 4 a) schließt diese Vorschrift eine Kondiktion erst aus, wenn der Leistende im Zeitpunkt der Leistung nicht nur die Tatumstände kennt, aus denen sich ergibt, daß er nicht verpflichtet ist, sondern auch weiß, daß er nach der Rechtslage nichts schuldet. Hierzu hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgeführt, daß sich eine Kenntnis der Schuldnerin von der wahren Rechtslage nicht feststellen lasse. Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, daß die Schuldnerin wissentlich überhöhte Versicherungsprämien an die Beklagte entrichtet hat.

b) Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 VVG verjähren die Anspr üche aus dem Versicherungsvertrag in zwei Jahren, bei der Lebensversicherung in fünf Jahren. Ob Ansprüche auf Rückzahlung zuviel gezahlter Versicherungsprämien unter § 12 Abs. 1 Satz 1 VVG fallen, ist umstritten. Teilweise werden Ansprüche auf Rückzahlung unverdienter Prämie zu den Ansprüchen aus dem Versicherungsvertrag gerechnet (RG JW 1938, 876; Prölss in Prölss/Martin, aaO § 12 Rdn. 6). Teilweise werden sie aber auch dem gesetzlichen Schuldverhältnis der ungerechtfertigten Bereicherung zugeordnet (OLG Düsseldorf VersR 1992, 557), auf welches die

kurze Verjährungsfrist des § 12 Abs. 1 Satz 1 VVG keine Anwendung findet (BGHZ 32, 13, 15 ff.; Senatsurteil vom 26. Februar 1992 - IV ZR 339/90 - VersR 1992, 479 unter II 3 a). Die Entscheidung ist danach zu treffen, ob der Rückzahlungsanspruch im Versicherungsvertrag - insbesondere in einer Satzung, in Allgemeinen Versicherungsbedingungen oder im Wege ergänzender Vertragsauslegung - eine vertragliche Ausgestaltung erfahren hat oder nicht (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 1989 - IVa ZR 221/88 - aaO; Senatsurteile vom 18. September 1991 - IV ZR 233/90 - VersR 1991, 1357 unter II 4 und vom 26. Februar 1992 - IV ZR 339/90 - aaO unter II 3 a und b). Im erstgenannten Fall handelt es sich um einen Anspruch aus dem Versicherungsvertrag, der nach § 12 Abs. 1 VVG verjährt, im zuletzt genannten Fall liegt ein gesetzlicher Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung vor, auf den die Verjährungsvorschriften des BGB Anwendung finden.
Hier haben die in Rede stehenden Rückzahlungsanspr üche keine vertragliche Ausgestaltung erfahren. Auch in § 8 AHB, der Vertragsbestandteil geworden ist, findet sich keine Regelung eines Rückzahlungsanspruchs wegen zuviel gezahlter Versicherungsprämien, obschon diese Bestimmung (u.a.) mit dem Wort "Prämienrückerstattung" überschrieben ist. Die Ansprüche des Klägers unterliegen deshalb der Regelverjährung des § 195 BGB a.F. und sind noch nicht verjährt.
4. Soweit das Berufungsgericht zum Ergebnis gelang en sollte, daß die Prämie nach der Jahresbausumme zu berechnen war, wird es sich mit dem von der Beklagten geltend gemachten Einwand der Verwirkung auseinanderzusetzen und, falls dieser Einwand nicht durchgreift, auch

Feststellungen zur Höhe der Jahresbausumme und der danach geschuldeten Prämien zu treffen haben.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Felsch

Die §§ 150 bis 170 sind auf die Berufsunfähigkeitsversicherung entsprechend anzuwenden, soweit die Besonderheiten dieser Versicherung nicht entgegenstehen.

(1) Wird bei einem auf eine bestimmte Zeit eingegangenen Versicherungsverhältnis im Voraus eine Verlängerung für den Fall vereinbart, dass das Versicherungsverhältnis nicht vor Ablauf der Vertragszeit gekündigt wird, ist die Verlängerung unwirksam, soweit sie sich jeweils auf mehr als ein Jahr erstreckt.

(2) Ist ein Versicherungsverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen, kann es von beiden Vertragsparteien nur für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode gekündigt werden. Auf das Kündigungsrecht können sie einvernehmlich bis zur Dauer von zwei Jahren verzichten.

(3) Die Kündigungsfrist muss für beide Vertragsparteien gleich sein; sie darf nicht weniger als einen Monat und nicht mehr als drei Monate betragen.

(4) Ein Versicherungsvertrag, der für die Dauer von mehr als drei Jahren geschlossen worden ist, kann vom Versicherungsnehmer zum Schluss des dritten oder jedes darauf folgenden Jahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 132/08
Verkündet am:
18. Dezember 2008
K i e f e r
Justizangesteller
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Beginn der Verjährung bei einem Bereicherungsanspruch auf Rückerstattung
einer im Rahmen eines "Schenkkreises" geleisteten sittenwidrigen
Zuwendung.
BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 - III ZR 132/08 - LG Bonn
AG Bonn
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Dezember 2008 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die
Richter Dr. Wurm, Dr. Herrmann, Wöstmann und Hucke

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 14. Mai 2008 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Im Juni oder Juli 2003 erbrachte die Klägerin im Rahmen eines "Schenkkreises" , der wie im Senatsurteil vom 13. März 2008 (III ZR 282/07 = NJW 2008, 1942) beschrieben organisiert war, an den auf der Empfängerposition stehenden Beklagten eine Zuwendung in Höhe von 5.000 €.
2
Mit der vorliegenden, am 29. Dezember 2006 bei Gericht eingegangenen und am 1. August 2007 zugestellten Klage verlangt sie die Rückerstattung dieses Betrages mit Zinsen.
3
Der Beklagte erhebt unter anderem die Einrede der Verjährung.
4
Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.
5
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Forderung weiter.

Entscheidungsgründe


6
Die Revision ist nicht begründet.
7
1. Allerdings ist davon auszugehen, dass die seinerzeitige Leistung der Klägerin an den Beklagten wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) nichtig gewesen ist und einen auf Rückzahlung gerichteten Bereicherungsanspruch (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB - Leistungskondiktion -) begründet hat.
8
a) Bei den Schenkkreisen handelt es sich um ein Schneeballsystem, welches darauf angelegt ist, dass die ersten Mitglieder einen (meist) sicheren Gewinn erzielen, während die große Masse der späteren Teilnehmer ihren Einsatz verlieren muss, weil angesichts des Vervielfältigungsfaktors in absehbarer Zeit keine neuen Mitglieder mehr geworben werden können. Dies verstößt - wie in der Rechtsprechung allgemein anerkannt ist - gegen die guten Sitten. Dieser Verstoß gegen die guten Sitten fällt im vorliegenden Fall sowohl der Klägerin als der Leistenden als auch dem Beklagten als dem Empfänger zur Last (st. Rspr.; siehe insbesondere Senatsurteile vom 10. November 2005 - III ZR 72/05 = NJW 2006, 45, 46 Rn. 9; vom 13. März 2008 - III ZR 282/07 = NJW 2008, 1942 Rn. 6; vom 6. November 2008 - III ZR 120/08 Rn. 10 und 121/08 Rn. 10, jeweils m.w.N.).
9
b) Der hierauf gestützte Bereicherungsanspruch scheitert auch nicht an § 817 Satz 2 BGB. Die dortige Kondiktionssperre entfällt nicht nur bei Bereicherungsansprüchen , die sich gegen die Initiatoren eines "Schenkkreises" richten, sondern allgemein bei allen Zuwendungen im Rahmen derartiger Kreise, ohne dass es auf eine einzelfallbezogene Prüfung der Geschäftsgewandtheit und Erfahrenheit des betroffenen Gebers oder Empfängers ankommt (Senatsurteile vom 13. März 2008 aaO Rn. 10 ff und vom 6. November 2008 Rn. 11).
10
2. Das Berufungsgericht hat jedoch mit Recht angenommen, dass gegen den Bereicherungsanspruch die vom Beklagten erhobene Einrede der Verjährung durchgreift.
11
Der a) Anspruch unterlag der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB n.F.
12
Die Verjährungsfrist begann mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB n.F.).
13
b) Dies war hier bereits der Zeitpunkt der rechtsgrundlosen Zuwendung im Juni oder im Juli 2003. Die "den Anspruch begründenden Umstände" im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB bestanden hier - wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat - in der Funktionsweise des sittenwidrigen Schneeballsystems. Diese Kenntnis konnte bei der Klägerin nach dem unstreitigen Sachverhalt und den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts vorausgesetzt werden. Hingegen war grundsätzlich nicht erforderlich, dass die Klägerin aus diesen Gegebenheiten die zutreffende rechtliche Würdigung zog (Senatsbeschluss vom 19. März 2008 - III ZR 220/07 = ZIP 2008, 1538 f Rn. 7 m.w.N.).
14
c) Ausnahmsweise kann etwas anderes gelten, wenn es sich um eine unübersichtliche oder zweifelhafte Rechtslage handelt, so dass sie selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag (Senatsbeschluss vom 19. März 2008 aaO m.w.N.). Eine derartige Fallkonstellation lag hier indessen nicht vor: Aus der Sittenwidrigkeit des Schneeballsystems und der Nichtigkeit der in diesem erbrachten Zuwendungen ergab sich der Bereicherungsanspruch von selbst. Fraglich konnte allenfalls sein, ob diesem die Kondiktionssperre des § 817 Satz 2 BGB entgegenstand. Insoweit hatte der Bundesgerichtshof jedoch bereits im Jahre 1990 - d.h. lange vor den hier in Rede stehenden Vorgängen - darauf hingewiesen, dass bei dem Rückforderungsverbot des § 817 Satz 2 BGB nicht außer Betracht bleiben kann, welchen Zweck das in Frage stehende Verbotsgesetz verfolgt, und dass danach im Einzelfall eine einschränkende Auslegung der rechtspolitisch problematischen und in ihrem Anwendungsbereich umstrittenen Vorschrift geboten sein kann (BGHZ 111, 308, 312). Auch wenn es sich dabei nicht um einen allgemeingültigen Grundsatz handelte (Senatsurteil BGHZ 118, 142, 150), ergab sich schon daraus - und nicht erst, wie die Revision meint, aus dem Senatsurteil vom 10. November 2005 - für die Rückabwicklung von Zuwendungen im Rahmen eines "Schenkkreises" ein hinreichender Anhaltspunkt dafür, dass eine Überwindung der Kondiktionssperre durchaus erfolgversprechend war. Insbesondere war erkennbar , dass innerhalb der Leistungskondiktion der Schutzzweck der jeweiligen nichtigkeitsbegründenden Norm nicht dadurch konterkariert werden durfte, dass der durch sie zu verhindernde sittenwidrige Zustand perpetuiert oder weiterem sitten- und verbotswidrigen Handeln Vorschub geleistet werden durfte (Senatsurteil vom 13. März 2008 aaO Rn. 10 m.w.N.). Dass gleichwohl - wie die Revision unter Hinweis auf divergierende oberlandesgerichtliche Entscheidungen darzulegen versucht - ein gewisses Prozessrisiko verblieb, ist für die Kenntnis im Sinne des § 199 Abs. 1 BGB unerheblich.
15
d) Dementsprechend begann die Verjährung hier mit dem Ende des Jahres 2003 und lief am 31. Dezember 2006 ab.
16
e) Eine Hemmung der Verjährung nach § 167 ZPO i.V.m. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist hier nicht eingetreten.
17
aa) Allerdings ist die Klageschrift rechtzeitig vor dem Verjährungsablauf bei Gericht eingegangen. Die Verzögerung der Zustellung beruhte darauf, dass die vom 4. Januar 2007 datierende Anforderung des Gerichtskostenvorschusses an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin unter einer falschen Anschrift gerichtet worden war. Als das Gericht dies nach Ablauf der sechsmonatigen Wiedervorlagefrist am 5. Juli 2007 feststellte, übersandte es die Rechnung an diesem Tag an die richtige Adresse. Am 19. Juli 2007 ging daraufhin der Gerichtskostenvorschuss ein. Sodann wurde umgehend die Klagezustellung veranlasst , die am 1. August 2007 erfolgte.
18
bb) Diese Verzögerung war zunächst nicht von der Klägerin oder ihrem Prozessbevollmächtigten zu vertreten, sondern beruhte auf einem Fehler des Gerichts. Gleichwohl hätte nach Ablauf einer gewissen - großzügig zu bemessenden - Frist dem Prozessbevollmächtigten auffallen müssen, dass der Vorschuss nicht angefordert und die Zustellung nicht bewirkt worden war. Dies hätte Anlass geben müssen, zumindest durch entsprechende Nachfragen oder Erinnerungen beim Gericht auf das Weiterbetreiben des Verfahrens hinzuwir- ken (BGHZ 69, 361, 364 f; BGH, Urteil vom 12. Juli 2006 - IV ZR 23/05 = NJW 2006, 3206, 3207 Rn. 18). Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, dass der hier in Rede stehende Zeitraum von einem halben Jahr, innerhalb dessen nichts geschehen ist, für ein entschuldbares Zuwarten zu lang gewesen ist. Gegenteiliges ist auch dem Urteil des IV. Zivilsenats vom 15. Januar 1992 (IV ZR 13/91 = BGHR ZPO § 270 Abs. 3 Prozesskostenvorschuss 1 = NJW-RR 1992, 470), auf das sich die Revision beruft, nicht zu entnehmen. Dementsprechend hat das Berufungsgericht mit Recht entschieden, dass die Klagezustellung hier nicht "demnächst" erfolgt ist und deshalb eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift nicht stattfinden kann.
19
3. Die Klage ist nach alledem im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden.
Schlick Wurm Herrmann
Wöstmann Hucke
Vorinstanzen:
AG Bonn, Entscheidung vom 16.01.2008 - 12 C 2/07 -
LG Bonn, Entscheidung vom 14.05.2008 - 5 S 58/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 262/07 Verkündet am:
23. September 2008
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: Ja
BGHZ: Nein
BGHR Ja
_____________________

a) Ist der Beginn der Verjährungsfrist gemäß § 199 Abs. 1 BGB in Fällen unsicherer
und zweifelhafter Rechtslage ausnahmsweise wegen der Rechtsunkenntnis
des Gläubigers hinausgeschoben, beginnt die Verjährung mit der objektiven
Klärung der Rechtslage. Auf die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis
des Gläubigers von dieser Klärung kommt es nicht an.

b) Macht der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs geltend, der als Rechtsgrund
seiner Leistung in Betracht kommende Vertrag sei unwirksam, weil er
bei dessen Abschluss nicht wirksam vertreten worden sei, hat er die tatsächlichen
Voraussetzungen des Fehlens der Vertretungsmacht, ggf. auch des Fehlens
einer Rechtsscheinvollmacht gemäß §§ 171 f. BGB darzulegen und zu
beweisen.
BGH, Urteil vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. September 2008 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Nobbe und die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Grüneberg und
Maihold

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 17. April 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als in Höhe von 25.801,93 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2002 zum Nachteil der Kläger entschieden worden ist.
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Mannheim vom 23. August 2006 abgeändert.
Die Beklagte wird, unter Abweisung der weitergehenden Klage, verurteilt, an die Kläger 25.801,93 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2002 zu zahlen.
Die weitergehende Revision der Kläger wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu 14% und die Beklagte zu 86%.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Kläger Die nehmen die beklagte Sparkasse auf Rückabwicklung eines Darlehensvertrages zur Finanzierung einer Immobilienfondsbeteiligung in Anspruch.
2
Kläger, Die ein damals 47-jähriger EDV-Angestellter und seine damals 48 Jahre alte Ehefrau, eine Hausfrau, wollten sich 1995 zum Zweck der Steuerersparnis mit einer Einlage von 52.284 DM an dem geschlossenen Immobilienfonds "N. " (im Folgenden : GbR) beteiligen. Mit notarieller Urkunde vom 20. Juli 1995 boten sie der K. Steuerberatungs GmbH (im Folgenden: Treuhänderin ), die über keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz verfügte, den Abschluss eines umfassenden Treuhand- und Geschäftsbesorgungsvertrages mit einer ebensolchen Vollmacht an. Die Treuhänderin nahm das Angebot an und schloss zur Finanzierung des für die Kläger erklärten Beitritts am 25. August 1995 in deren Namen mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte) einen Vertrag über einen Tilgungskredit von 60.000 DM mit 10% Disagio. Bei Abschluss des Darlehensvertrages lagen der Beklagten weder das Original noch eine Ausfertigung der von den Klägern der Treuhänderin erteilten Vollmacht vor. Der Nettokreditbetrag von 54.000 DM (= 27.609,76 €) wurde nach dem Vorbringen der Beklagten auf Anweisung der Treuhänderin auf ein von dieser für die GbR geführtes Treuhandkonto ausgezahlt. Nachdem die Kläger Zahlungen in Höhe von insgesamt 8.645,67 € auf den Darlehensvertrag geleistet hatten, lösten sie das Darlehen am 31. Januar 1998 mit einer Sondertilgung von 25.801,93 € ab.
3
Die erst im Jahre 2006 erhobene Klage auf Rückzahlung der Zinsund Tilgungsleistungen sowie auf Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von insgesamt 35.378,52 € nebst Zinsen ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision ist teilweise begründet.

I.


5
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
6
Anspruch Der auf Erstattung der Sondertilgung in Höhe von 25.801,93 € sei verjährt. Die Verjährung richte sich allerdings - anders als bei den Tilgungsanteilen der auf das Annuitätendarlehen gezahlten Raten - nicht nach § 197 BGB a.F., weil die Sondertilgung eine einmalige Leistung zur Erfüllung der Darlehensrestschuld gewesen sei. Die Forderung sei aber gemäß §§ 195, 199 BGB n.F., Art. 229 § 6 Abs. 1 und 4 EGBGB mit Ablauf des 31. Dezember 2005 verjährt. Die subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB seien im Jahre 2002 erfüllt gewesen. Auch bei nicht fachkundigen Personen wie den Klägern könne von einer Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis der maßgeblichen Umstände bis zum 31. Dezember 2002 ausgegangen werden. Bis dahin habe die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Unwirksamkeit von Darlehensverträgen der vorliegenden Art in weiten Kreisen der Anleger Beachtung gefunden. Im Jahre 2002 hätten Anleger in einer ersten Welle von Gerichtsverfahren Klage auf Rückabwicklung der Anlagegeschäfte erhoben. Die Medien, insbesondere die Tagespresse, hätten 2002 über die neue Rechtsprechung berichtet. Falls die Kläger gleichwohl erst aufgrund anwaltlicher Beratung im Jahre 2005 hiervon Kenntnis erlangt hätten, beruhe ihre vorherige Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit. Nach dem anzulegenden objektivabstrakten Maßstab hätten die Kläger ihre Sorgfaltspflichten verletzt, wenn sie die einschlägigen Zeitungsberichte nicht zur Kenntnis und zum Anlass genommen hätten, sich durch Einholung von Rechtsrat Klarheit über ihre Rückzahlungsansprüche zu verschaffen. Gegenüber der Verjährungseinrede greife der Einwand des Rechtsmissbrauchs nicht durch. Die Beklagte habe zwar mit Schreiben vom 30. April 2004 geltend gemacht , die Treuhandvollmacht sei unter Rechtsscheingesichtspunkten als wirksam zu behandeln. Dieser Einwand gehöre aber nicht zu den anspruchsbegründenden Tatsachen, auf die sich die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erstrecken müsse.
7
Kläger Die hätten auch keinen Anspruch auf Erstattung der bis Januar 1998 gezahlten Darlehensraten. Ein darauf gerichteter Bereicherungsanspruch sei gemäß § 197 BGB a.F. verjährt. Ein Schadensersatzanspruch sei nicht gegeben, weil die Kläger weder für die Verletzung eigener Aufklärungspflichten der Beklagten noch für eine arglistige Täuschung des Anlagevermittlers konkrete Tatsachen vorgetragen hätten.
Auch eine arglistige Täuschung durch den Fondsprospekt hätten sie nicht aufgezeigt. Ihr Vorwurf, das Fondsgrundstück habe statt der im Prospekt genannten 36 Millionen DM nur einen Wert von 8 Millionen DM, sei keine dem Beweis zugängliche Tatsachenbehauptung. Außerdem hätten die Kläger nicht behauptet, diese angebliche Falschangabe sei für ihre Anlageentscheidung ursächlich gewesen. Dasselbe gelte für die als irreführend gerügten Prospektangaben über Verkaufsprovisionen. Es könne keine Rede davon sein, dass die Provisionen das Verhältnis zwischen Kaufpreis und Verkehrswert so wesentlich verschoben hätten, dass von einer sittenwidrigen Übervorteilung der Kläger auszugehen sei. Demnach hätten die Kläger auch keinen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten.

II.


8
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
9
1. Der Anspruch der Kläger gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Erstattung der Sondertilgung in Höhe von 25.801,93 € ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht verjährt.
10
a) Das Berufungsgericht ist allerdings rechtsfehlerfrei davon ausgegangen , dass bei einer vorzeitigen Ablösung des Darlehenskapitals eines Annuitätendarlehens § 197 BGB a.F. auf den Bereicherungsanspruch des Darlehensnehmers keine Anwendung findet (Senat, Urteil vom 27. Mai 2008 - XI ZR 409/06, WM 2008, 1258, 1259 Tz. 14 f.). Dies gilt auch, soweit in der abschließenden Zahlung vom 31. Januar 1998 Zinsen enthalten gewesen sein sollten (Senat, Urteile vom 4. Dezember 2007 - XI ZR 227/06, WM 2008, 244, 247 Tz. 33, für BGHZ 174, 334 vorgesehen , und vom 27. Mai 2008 - XI ZR 409/06, WM 2008, 1258, 1259 Tz. 13).
11
b) Maßgeblich ist vielmehr, da die Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB a.F. am 1. Januar 2002 noch nicht abgelaufen war, gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EGBGB die Frist gemäß § 195 BGB n.F.. Diese Frist war bei Klageerhebung am 23. Februar 2006 noch nicht abgelaufen, weil sie nicht vor dem 1. Januar 2003 begonnen hat.
12
Vor aa) diesem Zeitpunkt waren zwar die objektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB erfüllt, weil die Klageforderung mit der Sonderzahlung am 31. Januar 1998 entstanden ist.
13
bb)Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Auffassung des Berufungsgerichts , auch die - erforderlichen (Senat BGHZ 171, 1, 7 ff. Tz. 19 ff.) - subjektiven Voraussetzungen gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB hätten vor dem 1. Januar 2003 vorgelegen. Die Kläger haben vor diesem Zeitpunkt von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners keine Kenntnis erlangt und auch nicht ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müssen.
14
Ein (1) Gläubiger, der einen Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB verfolgt, hat Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen, wenn er von der Leistung und dem Fehlen des Rechtsgrundes, d.h. von den Tatsachen, aus denen dessen Fehlen folgt, weiß (Senat, Urteil vom 29. Januar 2008 - XI ZR 160/07, WM 2008, 729, 732 Tz. 26, für BGHZ 175, 161 vorgesehen; Staudinger/Peters, BGB Neubearb. 2004 § 199 Rdn. 46). Bei der Beurteilung der Frage, wann der Gläubiger diese Kenntnis besitzt, kann, auch bei Bereicherungsansprüchen (BGH, Beschluss vom 19. März 2008 - III ZR 220/07, WM 2008, 1077, 1078 Tz. 8), weitgehend auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu § 852 Abs. 1 BGB a.F. zurückgegriffen werden (Senat, Urteil vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06, WM 2008, 1346, 1349 Tz. 27, m.w.Nachw.). Danach muss dem Anspruchsberechtigten die Erhebung einer Feststellungsklage Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos möglich sein (st.Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 2003 - VI ZR 379/02, NJW 2004, 510; Senat, Urteil vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06, WM 2008, 1346, 1349 Tz. 27; jeweils m.w.Nachw.). Dazu ist nicht die Kenntnis aller Einzelheiten erforderlich. Es genügt, dass der Anspruchsberechtigte den Sachverhalt, etwa den Schadenshergang, in seinen Grundzügen kennt und weiß, dass der Sachverhalt erhebliche Anhaltspunkte für die Entstehung eines Anspruchs bietet (BGH, Urteil vom 29. Juni 1989 - III ZR 92/87, NJW 1990, 176, 179; MünchKomm/ Grothe, BGB 5. Aufl. § 199 Rdn. 25).
15
(a) Der Verjährungsbeginn setzt gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB ebenso wie gemäß § 852 Abs. 1 BGB a.F. grundsätzlich nur die Kenntnis der den Anspruch begründenden Tatsachen voraus. Hingegen ist es in der Regel nicht erforderlich, dass der Anspruchsberechtigte aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht (BGHZ 170, 260, 271 Tz. 28; Senat, Urteil vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06, WM 2008, 1346, 1349 Tz. 27). Rechtsunkenntnis kann aber im Einzelfall bei unsicherer und zweifelhafter Rechtslage den Verjährungsbeginn hinausschieben (BGHZ 138, 247, 252; 150, 172, 186; 160, 216, 231 f.; BGH, Urteile vom 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92, WM 1993, 251, 259, vom 24. Februar 1994 - III ZR 76/92, WM 1994, 988, 991, vom 17. Oktober 1995 - VI ZR 246/94, WM 1996, 125, 127, vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98, WM 1999, 974, 975 und Beschluss vom 19. März 2008 - III ZR 220/07, WM 2008, 1077, 1078 Tz. 9). In diesem Fall fehlt es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn (BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98, WM 1999, 974, 975).
16
(b) Grob fahrlässige Unkenntnis liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis fehlt, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt und auch ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten müssen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2004 - II ZR 17/03, WM 2005, 382, 384; MünchKomm/Grothe, BGB 5. Aufl. § 199 Rdn. 28; jeweils m.w.Nachw.).
17
(c) Die Feststellung, ob und wann der Gläubiger Kenntnis von bestimmten Umständen hatte oder ob seine Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhte, unterliegt als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht darauf, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- und Erfahrungssätze gewürdigt worden ist (Senat, Urteile vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03, WM 2005, 27 und vom 3. Juni 2008 - XI ZR 318/06, Urteilsumdruck Tz. 23) und ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Grades der Fahrlässigkeit wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat (Senat BGHZ 145, 337, 340 und Urteil vom 15. Februar 2000 - XI ZR 186/99, WM 2000, 812, 813). Die Frage, wann eine für den Beginn der Verjährung hinreichende Kenntnis vorhanden ist, ist allerdings nicht ausschließlich Tatfrage, sondern wird maßgeblich durch den der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegenden Begriff der Zumutbarkeit der Klageerhebung geprägt (BGHZ 122, 317, 326; 138, 247, 253; BGH, Urteil vom 24. Februar 1999 - III ZR 76/92, WM 1994, 988, 991 f.).
18
Nach (2) diesen Grundsätzen waren die subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB bis zum 31. Dezember 2002 nicht erfüllt.
19
Der (a) Verjährungsbeginn hing allerdings entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht von der Kenntnis bzw. grob fahrlässigen Unkenntnis der Kläger von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Unwirksamkeit von Treuhändervollmachten der vorliegenden Art ab. Vor dieser Rechtsprechung, d.h. auch im Zeitpunkt der Anspruchsentstehung , war die Rechtslage zwar unsicher und zweifelhaft, so dass die Rechtsunkenntnis der Kläger den Verjährungsbeginn hinausschob. Die Rechtslage wurde aber durch die Urteile des Bundesgerichtshofs vom 28. September 2000 (BGHZ 145, 265), vom 18. September 2001 (XI ZR 321/00, WM 2001, 2113, 2114) und vom 11. Oktober 2001 (III ZR 182/00, WM 2001, 2260, 2261) geklärt. Nach dieser Rechtsprechung sind Geschäftsbesorgungsverträge und Treuhändervollmachten der vorliegenden Art wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksam, und zwar auch im Zusammenhang mit kreditfinanzierten Immobilienfondsbeteiligungen. Nach der Veröffentlichung dieser Ent- scheidungen in der NJW als der auflagenstärksten juristischen Fachzeitschrift in den Heften vom 4. Januar 2001, 17. Dezember 2001 und 2. Januar 2002 stand die zuvor unklare Rechtslage dem Verjährungsbeginn nicht mehr entgegen. Auf die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis der Kläger von der Klärung der Rechtslage kam es hierfür nicht an. An der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn fehlt es bei unsicherer und zweifelhafter Rechtslage (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98, WM 1999, 974, 975) nur bis zur objektiven Klärung der Rechtslage (Palandt/Heinrichs, BGB 67. Aufl. § 199 Rdn. 26). Danach ist die Klageerhebung zumutbar. Die Revisionserwiderung weist zu Recht darauf hin, dass derjenige, der bei zunächst unklarer, aber später geklärter Rechtslage die anspruchsbegründenden tatsächlichen Umstände kennt, wegen fortdauernder Rechtsunkenntnis aber keine verjährungshemmenden Maßnahmen ergreift, nicht anders behandelt werden darf als derjenige, der bei von Anfang an klarer Rechtslage die anspruchsbegründenden tatsächlichen Umstände kennt, wegen Rechtsunkenntnis aber keine Klage erhebt. In diesem Fall wird der Verjährungsbeginn durch die Rechtsunkenntnis auch nicht hinausgeschoben.
20
(b) Die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB waren aber, was das Berufungsgericht verkannt hat und die Revision zu Recht rügt, vor dem 1. Januar 2003 aus einem anderen Grund nicht erfüllt.
21
(aa) Zu den tatsächlichen Umständen, die einen Bereicherungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB begründen, gehören auch die Tatsachen, aus denen das Fehlen eines Rechtsgrundes der Leistung, d.h. die Unwirksamkeit des Vertrages, zu dessen Erfüllung geleistet wurde , folgt. Der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs trägt die volle Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen des Mangels des rechtlichen Grundes (BGHZ 128, 167, 171; 154, 5, 9; BGH, Urteil vom 6. Oktober 1994 - III ZR 165/93, WM 1995, 20, 21, vom 27. September 2002 - V ZR 98/01, WM 2003, 640, 641 und vom 14. Juli 2003 - II ZR 335/00, WM 2004, 225, 226; Senat, Urteil vom 6. Dezember 1994 - XI ZR 19/94, WM 1995, 189, 190). Während der eine vertragliche Leistung fordernde Gläubiger die Wirksamkeit des Vertrages darzulegen und zu beweisen hat, muss der eine erbrachte Leistung zurückfordernde Bereicherungsgläubiger dessen Unwirksamkeit vortragen und unter Beweis stellen (BGH, Urteil vom 18. Juli 2003 - V ZR 431/02, WM 2004, 195, 196; Beschluss vom 10. Oktober 2007 - IV ZR 95/07, NJW-RR 2008, 273 Tz. 3). Macht der Bereicherungsgläubiger, wie im vorliegenden Fall, geltend, der als Rechtsgrund in Betracht kommende Vertrag sei unwirksam, weil er bei dessen Abschluss nicht wirksam vertreten worden sei, hat er die tatsächlichen Voraussetzungen des Fehlens der Vertretungsmacht darzulegen und zu beweisen. Dazu gehört, wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 6. Dezember 1994 - XI ZR 19/94, WM 1995, 189, 190), bei einem In-Sich-Geschäft gemäß § 181 BGB das Fehlen einer Zustimmung des Vertretenen. Ebenso sind bei einer Leistungskondiktion die Umstände, die die Unwirksamkeit einer Vollmacht begründen, und das Fehlen der Voraussetzungen einer Rechtsscheinvollmacht gemäß §§ 171 f. BGB anspruchsbegründende Tatsachen , entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung nicht etwa rechtshindernde Einwendungen, deren Kenntnis für den Verjährungsbeginn nicht erforderlich wäre (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 22. Juni 1993 - VI ZR 190/92, NJW 1993, 2614). Soweit der Senat in seinem Urteil vom 20. April 2004 (XI ZR 164/03, WM 2004, 1227, 1228) eine andere Auffassung vertreten hat, wird daran nicht festgehalten.
22
Von (bb) diesen anspruchsbegründenden Tatsachen haben die Kläger vor dem 1. Januar 2003 keine Kenntnis erlangt; ihre Unkenntnis beruht auch nicht auf grober Fahrlässigkeit.
23
Ihnen war zwar bekannt, dass der Darlehensvertrag durch eine Treuhänderin abgeschlossen worden war und dass deren Vollmacht einen umfassenden Inhalt hatte. Den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Vortrag der für den Verjährungsbeginn darlegungsbelasteten Beklagten ist aber nicht zu entnehmen, dass die Kläger wussten, dass die Treuhänderin keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz besaß. Ob ihre Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhte, weil eine Erlaubnis gemäß § 17 Satz 1 RBerV zu veröffentlichen ist und bei dem für ihre Erteilung zuständigen Präsidenten des Landgerichts erfragt werden kann, ist zweifelhaft. Diese Frage bedarf indes keiner abschließenden Entscheidung.
24
Jedenfalls hatten die Kläger vor dem 1. Januar 2003 keine Kenntnis davon, dass der Beklagten bei Abschluss des Darlehensvertrages am 25. August 1995 nicht, wie für eine Rechtsscheinvollmacht gemäß § 171 f. BGB erforderlich, eine Ausfertigung der notariellen Vollmachtsurkunde vom 20. Juli 1995 vorgelegen hat. Eine solche Kenntnis ist vom Berufungsgericht nicht festgestellt und von den Parteien nicht vorgetragen worden. Diese Unkenntnis der Kläger beruhte nicht auf grober Fahrlässigkeit. Zahlreiche Kreditinstitute haben sich bei vergleichbaren Ge- schäften vor Abschluss des Darlehensvertrages regelmäßig eine Ausfertigung der notariellen Urkunde der Treuhändervollmacht vorlegen lassen. Für die Kläger als juristische Laien lag die Nichtvorlage einer Ausfertigung der Vollmachtsurkunde vor Abschluss des Darlehensvertrages vom 25. August 1995 keinesfalls so nahe, dass sie dieser Frage nachgehen mussten. Es ist auch nicht festgestellt oder vorgetragen worden, dass sie auf eine entsprechende Rückfrage bei der Beklagten eine zutreffende Auskunft erhalten hätten. Die Beklagte selbst wirft den Klägern insoweit keine grobe Fahrlässigkeit vor.
25
2. Einen Anspruch auf Erstattung der bis Januar 1998 gezahlten Darlehensraten hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei als unbegründet angesehen.
26
a) Der darauf gerichtete Bereicherungsanspruch ist, wie auch die Revision nicht in Zweifel zieht, gemäß § 197 BGB a.F. verjährt (BGHZ 112, 352, 354 und Urteile vom 27. Februar 2007 - XI ZR 56/06, WM 2007, 731, 732 Tz. 20 und vom 27. Mai 2008 - XI ZR 409/06, WM 2008, 1258, 1259 Tz. 12).
27
Auch b) einen Schadensersatzanspruch wegen Aufklärungsverschuldens hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, die Fondsinitiatoren bzw. der für sie tätige Vermittler hätten die Kläger über die Fondsbeteiligung arglistig getäuscht. Hierfür fehlt substantiiertes Vorbringen in den Tatsacheninstanzen. Die Kläger haben lediglich behauptet, nach dem ihnen vorgelegten Fondsprospekt habe das Fondsgrundstück für knapp 28 Millionen DM erworben werden sollen, während es tatsächlich nur einen Wert von 8 Millionen DM habe. Es ist bereits sehr zweifelhaft, ob in dieser Prospektangabe die konkludente Behauptung liegt, das Grundstück habe einen Wert von 28 Millionen DM. Jedenfalls ist dem Vortrag der Kläger nicht zu entnehmen, in welchem Zeitpunkt das Grundstück den von ihnen behaupteten Wert gehabt haben soll. In ihren Schriftsätzen ist sowohl vom 2. Oktober 1995 als auch vom 28. Februar 1998 die Rede. Darüber hinaus haben die Kläger eine - auch eine subjektive Komponente umfassende (Senat, Urteil vom 6. November 2007 - XI ZR 322/03, WM 2008, 115, 120 Tz. 49) - arglistige Täuschung nicht substantiiert vorgetragen.
28
die Da Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches nicht erfüllt sind und über den geschuldeten Betrag von 25.801,93 € keine wirksame Mahnung vorliegt, haben die Kläger auch keinen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten.

III.


29
Das Berufungsurteil stellt sich, soweit es rechtsfehlerhaft ist, nur in geringem Umfang aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
30
Der 1. Anspruch der Kläger auf Zinsen aus dem Betrag von 25.801,93 € für die Zeit vor dem 1. Januar 2002 ist verjährt. Dieser Anspruch gemäß § 818 Abs. 1 BGB auf Herausgabe von Nutzungszinsen verjährt als Anspruch auf regelmäßig wiederkehrende Leistungen gemäß § 197 BGB a.F. in vier Jahren (Senat, Urteil vom 15. Februar 2000 - XI ZR 76/99, WM 2000, 811, 812). Diese Frist war für die Zeit bis zum 31. Dezember 2001 abgelaufen, bevor im Jahr 2006 Klage erhoben wurde.
31
Hingegen 2. ist der Anspruch der Kläger gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, § 818 Abs. 1 BGB auf Rückzahlung der am 31. Januar 1998 geleisteten Schlusszahlung in Höhe von 25.801,93 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2002 begründet.
32
a) Die Beklagte hat diesen Betrag durch Leistung der Kläger ohne rechtlichen Grund erlangt. Der Darlehensvertrag vom 25. August 1995 ist unwirksam, weil die Treuhänderin, die den Vertrag namens der Kläger geschlossen hat, nicht wirksam bevollmächtigt war. Die ihr erteilte Vollmacht ist im Hinblick auf ihre umfassenden Befugnisse wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig (st.Rspr., s. nur Senat, Urteil vom 26. Februar 2008 - XI ZR 74/06, WM 2008, 683, 686 Tz. 26 m.w.Nachw.). Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Voraussetzungen einer Vertretungsbefugnis gemäß §§ 171 f. BGB und einer Duldungs - oder Anscheinsvollmacht nicht vorliegen.
33
b) Die von den Klägern aufgrund der Fondsbeteiligung erlangten Steuervorteile mindern entgegen der Auffassung der Beklagten den Rückzahlungsanspruch nicht. Anders als die Rückabwicklung eines nach § 1 HWiG widerrufenen Darlehensvertrages, der mit einem finanzierten Fondsanteilserwerb ein verbundenes Geschäft bildet (vgl. hierzu Senat BGHZ 172, 147, 153 ff. Tz. 23 ff.), bei der der Darlehensnehmer die Rückzahlung seiner auf den Darlehensvertrag erbrachten Leistungen Zug-um-Zug gegen Abtretung des Fondsanteils verlangen kann, führt die Unwirksamkeit des Darlehensvertrages wegen des Verstoßes der Treuhändervollmacht gegen das Rechtsberatungsgesetz nicht zu einer Rückabwicklung der kreditfinanzierten Fondsbeteiligung. Da die Kläger, zumindest nach den Grundsätzen über den fehlerhaften Beitritt zu einer Gesellschaft (vgl. BGHZ 153, 214, 221 f.), Gesellschafter der Fonds-GbR sind und bei Erfüllung ihres Rückzahlungsanspruchs gegen die Beklagte bleiben, sind ihnen die aus dieser Kapitalanlage resultierenden Vorteile, d.h. Fondsausschüttungen und Steuervorteile, zu belassen.
34
c) Die Hilfsaufrechnung der Beklagten mit einem Gegenanspruch auf Herausgabe der Darlehensvaluta ist unbegründet. Ein Kreditinstitut, das aufgrund eines wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG unwirksamen Darlehensvertrages die Immobilienfondsbeteiligung eines Kapitalanlegers finanziert und die Darlehensvaluta unmittelbar an den als GbR betriebenen Fonds ausgezahlt hat, kann den Kapitalanleger für die Bereicherungsschuld der GbR gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB nicht in entsprechender Anwendung des § 128 HGB persönlich in Anspruch nehmen (Senat, Urteil vom 17. Juni 2008 - XI ZR 112/07, WM 2008, 1356, 1358 f. Tz. 18 ff., für BGHZ vorgesehen).

IV.


35
Das Berufungsurteil war demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit in Höhe von 25.801,93 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2002 zum Nachteil der Kläger entschieden worden ist. Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, hatte der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die Beklagte unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils zur Zahlung dieses Betrages zu verurteilen. Im Übrigen war die Revision zurückzuweisen.
Nobbe Müller Joeres
Grüneberg Maihold
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 23.08.2006 - 9 O 89/06 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 17.04.2007 - 17 U 333/06 -

Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 177/03 Verkündet am:
12. Oktober 2005
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Oktober 2005

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 10. Juli 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die vom Bund der Versicherten unterstützte Klägeri n verlangt von der Beklagten, einem Lebensversicherungsunternehmen, im Wege der Stufenklage Auskunft über den Rückkaufswert einer kapitalbildenden Lebensversicherung ohne Verrechnung mit Abschlusskosten und ohne Stornoabzug sowie Zahlung des sich daraus ergebenden Betrages.
Die Klägerin hat den zum 1. Oktober 1995 mit einer Laufzeit von 15 Jahren abgeschlossenen Vertrag zum 30. September 1998 gekündigt

und die Auszahlung des Rückkaufswerts verlangt. Die Beklagte hat die Gesamtleistung einschließlich Gewinnbeteiligung ohne nähere Aufschlüsselung mit 11.330,70 DM angegeben und nach Abzug von 143,05 DM Kapitalertragssteuer an die Klägerin 11.187,65 DM ausgezahlt , nachdem diese die Kündigung mit Schreiben vom 6. August 1998 bestätigt hatte. Im Dezember 2001 verlangte die Klägerin von der Beklagten die Neuberechnung des Rückkaufswerts ohne Berücksichtigung von Abschlusskosten. Im Mai 2002 hat sie eine darauf gerichtete Klage erhoben, die sie im Berufungsverfahren um den Wegfall des Stornoabzugs erweitert hat.
Dem Vertrag lagen Allgemeine Versicherungsbedingun gen (AVB) zugrunde, die in § 6 für den Fall der Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung und der Kündigung Bestimmungen über die Berechnung der beitragsfreien Versicherungssumme und des Rückkaufswerts sowie über einen Stornoabzug in beiden Fällen enthielten. Diese Klauseln der Beklagten hat der Senat auf Klage des Bundes der Versicherten durch Urteile vom 9. Mai 2001 (BGHZ 147, 373) ebenso wie eine gleichartige Klausel eines anderen Lebensversicherers (BGHZ 147, 354) wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 9 AGBG für unwirksam erklärt. Die dem Vertrag mit der Klägerin zugrunde liegende Regelung in § 15 AVB der Beklagten über die Erhebung und Ausgleichung der Abschlusskosten ist im Verbandsklageverfahren durch rechtskräftig gewordenes Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart (VersR 1999, 832) ebenso wie eine gleichartige Klausel eines anderen Versicherers durch Urteil des Senats vom 9. Mai 2001 (BGHZ 147, 354) wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot für unwirksam erklärt worden. Der Senat hat die im Transparenzmangel liegende unangemessene Benachteiligung der

Versicherungsnehmer durch beide Klauseln darin gesehen, dass dem Versicherungsnehmer die mit der Beitragsfreistellung und der Kündigung insbesondere in den ersten Jahren verbundenen erheblichen wirtschaftlichen Nachteile nicht deutlich gemacht werden. Sie liegen darin, dass wegen der zunächst vollen Verrechnung der Sparanteile der Prämien mit den im Wesentlichen aus der Vermittlungsprovision bestehenden einmaligen Abschlusskosten bis zum Höchstzillmersatz (so genannte Zillmerung , § 25 Abs. 1 Satz 2 RechVersV, § 4 DeckRV) in den ersten Jahren keine oder allenfalls geringe Beträge zur Bildung einer beitragsfreien Versicherungssumme oder eines Rückkaufswertes vorhanden sind.
Die Beklagte hat daraufhin im Wege des Treuhänderv erfahrens nach § 172 Abs. 2 VVG die für unwirksam erklärten Klauseln durch inhaltsgleiche , ihrer Meinung nach nunmehr transparent formulierte Bestimmungen ersetzt und die Versicherungsnehmer davon benachrichtigt. Die § 6 AVB betreffende Änderung hat die Beklagte d er Klägerin mit Schreiben vom 4. Januar 2002 mitgeteilt, die § 15 AVB betreffende, im Treuhänderverfahren vom Juli 2000 vorgenommene Ände rung mit der Klageerwiderung. Die Klägerin hat den Änderungen wi dersprochen. Sie hält die Klauselersetzung für unwirksam. Nach ihrer Ansicht ist § 172 Abs. 2 VVG nur auf Risikoversicherungen gemäß § 172 Abs. 1 VVG, nicht aber auf die kapitalbildende Lebensversicherung anwendbar, jedenfalls nicht auf gekündigte Verträge. Keinesfalls sei es zulässig, eine wegen Intransparenz für unwirksam erklärte Klausel durch eine inhaltsgleiche zu ersetzen.
Die Beklagte hält die Klauselersetzung für wirksam und meint weiter , die Klägerin habe durch die Bestätigung der Kündigung den Auszah-

lungsbetrag als verbindlich anerkannt und den geltend gemachten Anspruch auf einen höheren Rückkaufswert jedenfalls verwirkt.
Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin die vom A mtsgericht und Landgericht abgewiesenen Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
A. Das Berufungsgericht hält die inhaltsgleiche Er setzung der unwirksamen AVB-Klauseln im Wege des Treuhänderverfahrens für wirksam. § 172 Abs. 2 VVG sei auf die kapitalbildende Lebensversicherung und auch auf bereits durch Kündigung beendete Verträge anwendbar.
B. Die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Anwend ung des § 172 Abs. 2 VVG und seine daraus abgeleiteten Folgen für den Auskunftsanspruch der Klägerin halten nicht in allen Punkten der rechtlichen Nachprüfung stand.
I. § 172 Abs. 2 VVG ist auf die kapitalbildende Le bensversicherung anwendbar und nicht nur auf die Risikoversicherungen im Sinne von § 172 Abs. 1 VVG.

1. § 172 Abs. 1 VVG betrifft nur Versicherungen, b ei denen der Eintritt der Leistungspflicht des Versicherers ungewiss ist. Das sind reine Risikoversicherungen, etwa die Todesfallversicherung mit fester Laufzeit, die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, die Unfallzusatzversicherung , die Dread-Disease-Versicherung (Versicherungsfall ist eine schwere Erkrankung) und die Pflegeversicherung (vgl. Kollhosser in Prölss/ Martin, VVG 27. Aufl. § 172 Rdn. 6, wobei es offenbar versehentlich "gewiss" heißt, richtig 26. Aufl. Rdn. 3 "ungewiß"; BK/Schwintowski, § 172 VVG Rdn. 8). Bei der gemischten, kapitalbildenden Lebensversicherung (Kapitalversicherung, Rentenversicherung, fondsgebundene Lebensversicherung ) ist der Eintritt der Leistungspflicht des Versicherers dem Grunde nach gewiss. Entweder ist die Todesfallleistung zu zahlen oder die Ablaufleistung oder Rente. Zweifel an der Gewissheit bestehen allenfalls dann, wenn die für den Todesfall vereinbarte Leistung höher ist als die für den Erlebensfall (vgl. dazu Engeländer, VersR 2000, 274,

278).


2. Ob § 172 Abs. 2 VVG auch die kapitalbildende Le bensversicherung erfasst, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten.

a) Der Bund der Versicherten und die Klägerin mein en, § 172 Abs. 2 VVG gelte nur für die Risikoversicherungen des Absatz 1 und bei kapitalbildenden Lebensversicherungen jedenfalls nicht für den "Kapitalteil". Diese enge Auslegung wird in der Literatur vertreten von Schünemann (VersR 2005, 323; VersR 2004, 817; VersR 2002, 393; NVersZ 2002, 145; JZ 2002, 460, 462, Entscheidungsanmerkung; JZ 2002, 134; VuR 2002, 100, 103, Entscheidungsanmerkung; VuR 2002, 85), Bäuerle/

Schünemann (Ersetzung unwirksamer Klauseln in der kapitalbildenden Lebensversicherung aus verfassungs- und zivilrechtlicher Sicht, Gutachten für den BdV), Römer (Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 172 Rdn. 13 ff.) und Buchholz-Schuster (NVersZ 2000, 207 unter Bezugnahme auf Römer), in diese Richtung tendierend wohl auch Dörner (LM Nr. 47 zu § 8 AGBG, Entscheidungsanmerkung zu den Senatsurteilen vom 9. Mai 2001).

b) Überwiegend wird in der Literatur die von den L ebensversicherungsunternehmen bevorzugte Ansicht vertreten, § 172 Abs. 2 VVG erfasse alle Lebensversicherungen (Schwintowski, aaO § 172 VVG Rdn. 23; Kollhosser, aaO § 172 Rdn. 17 ff. und VersR 2003, 807 ff.; Wandt in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch § 11 mit umfassender Darstellung der gesamten Problematik, zu § 172 VVG Rdn. 18-24, 43-49, 117-144; ders. VersR 2001, 1449; 2002, 1362 f., Entscheidungsanmerkung; ders. Ersetzung unwirksamer AVB der Lebensversicherung im Treuhänderverfahren gemäß § 172 VVG, Gutachten für den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft - GDV -; ders. Änderungsklauseln in Versiche rungsverträgen Rdn. 286-288, 293-305; Höra/Müller-Stein in Terbille, Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht § 24 Rdn. 205-208; Präve in Prölss, VAG 12. Aufl. § 11b Rdn. 14, 15; ders. VersR 2001, 839, 841, 846, 848, Anm. zu den Senatsentscheidungen vom 9. Mai 2001; ders. VersR 2000, 1138 f.; ders. Versicherungsbedingungen und AGB-Gesetz Rdn. 475; Armbrüster, EWiR § 3 UWG 2/02, 1109; Lorenz, VersR 2002, 410, auch zum verfassungsrechtlichen Aspekt; ders. VersR 2001, 1146, Anm. zum Urteil des OLG Stuttgart S. 1141; Fricke, NVersZ 2000, 310; Baroch Castellvi, NVersZ 2001, 529, 534; Reiff, ZIP 2001, 1058, 1060 f., Anm.

zu einem der Senatsurteile vom 9. Mai 2001, S. 1052; Jaeger, VersR 1999, 26, 29 f.; Langheid/Grote, NVersZ 2002, 49; Rosenow/Schaffelhuber , ZIP 2001, 2211, 2222; Kirscht, VersR 2003, 1072).

c) In der Rechtsprechung der mit zahlreichen Verfa hren befassten Instanzgerichte werden ebenfalls unterschiedliche Auffassungen vertreten. Die Oberlandesgerichte folgen, soweit ersichtlich, im Wesentlichen der in der Literatur überwiegend vertretenen Ansicht (Stuttgart VersR 2001, 1141 m. Anm. Lorenz; München VersR 2003, 1024; Braunschweig VersR 2003, 1520; Celle VersR 2005, 535; Nürnberg, Urteil vom 11. Juli 2005 - 8 U 3187/04; anders für bei Wirksamwerden der Änderung gekündigte Verträge Düsseldorf, Urteil vom 13. Mai 2005 - I-4 U 146/04).
3. Für das vom Senat gefundene Auslegungsergebnis sind folgende Erwägungen maßgebend:

a) Schon der Wortlaut "der Lebensversicherung" spricht dafür, dass § 172 Abs. 2 VVG alle Lebensversicherungen meint. Wenn das Gesetz von der Lebensversicherung ohne nähere Erläuterung spricht, sind auch sonst alle Lebensversicherungsarten gemeint. Soll eine Regelung nur bestimmte Arten der Lebensversicherung betreffen, wird diese Art der Lebensversicherung ausdrücklich benannt, so z.B. in §§ 165 Abs. 2, 166 Abs. 1 Satz 1, 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, 176 Abs. 1 Satz 1 VVG (Kapitalversicherung). In § 172 Abs. 1 VVG werden ebenfalls nur bestimmte Versicherungen bezeichnet, nämlich die mit ungewisser Leistungspflicht des Versicherers. Um zum Ausdruck zu bringen, dass in Abs. 2 nur diese Versicherungen gemeint sind, wäre die gleiche Formulierung zu erwarten wie in § 176 Abs. 2 VVG, nämlich "bei einer Versi-

cherung der in Abs. 1 bezeichneten Art". Demgegenüber lässt sich der Formulierung "der Lebensversicherung" eine solche Beschränkung nicht entnehmen.

b) Der Vergleich mit § 178g Abs. 3 VVG spricht ebe nfalls dafür, dass § 172 Abs. 2 VVG nicht nur auf die Versicherungen der in Abs. 1 bezeichneten Art anwendbar ist. Beide Bestimmungen geben dem Versicherer das Recht, im Treuhänderverfahren neue Versicherungsbedingungen einzuführen. § 178g Abs. 3 Satz 1 VVG enthält das Recht, die Versicherungsbedingungen und die Tarifbestimmungen bei einer nachhaltigen Veränderung der Verhältnisse des Gesundheitswesens zu ändern , hat also die dauernde Erfüllbarkeit der Verträge im Blick ebenso wie das Recht zur Prämienanpassung nach Abs. 2 dieser Vorschrift. Die Befugnis in Abs. 3 Satz 2, unwirksame Bedingungen im Treuhänderverfahren zu ersetzen, war im Regierungsentwurf noch nicht enthalten (BTDrucks. 12/6959 S. 37). Sie ist gemeinsam mit § 172 Abs. 2 VVG erst gegen Ende des Gesetzgebungsverfahrens eingefügt worden. In § 178g Abs. 3 Satz 2 VVG betrifft die Ersetzungsbefugnis eindeutig nur die in Satz 1 genannten Versicherungsverhältnisse. Dieser Zusammenhang wird einmal dadurch hergestellt, dass die Regelung als Satz 2 in denselben Absatz eingefügt wurde. Zum anderen ergibt sich der enge Zusammenhang ersichtlich auch daraus, dass es in Satz 2 nur heißt "Ist in den Versicherungsbedingungen eine Bestimmung unwirksam, …". Bei der Lebensversicherung ist der Gesetzgeber anders vorgegangen. Im Regierungsentwurf hatte § 172 VVG nur einen Absatz (BT-Drucks. 12/6959 S. 35). Hätte die Ersetzungsbefugnis nur für die Risikoversicherungen gelten sollen, hätte es nahe gelegen, sie wie bei § 178g Abs. 3 VVG durch Anfügen des vergleichbaren Satzes "Ist in den Versicherungsbe-

dingungen eine Bestimmung unwirksam, …" zu regeln. Stattdessen ist die Ersetzungsbefugnis aber in einem eigenen Absatz untergebracht und außerdem hinzugefügt worden "der Lebensversicherung". Das spricht gegen die Ansicht von Römer (aaO § 172 Rdn. 14), § 172 Abs. 2 VVG könne nicht aus dem Zusammenhang mit Abs. 1 gelöst werden. Der Gesetzgeber hat diesen Zusammenhang gelöst, wie der Vergleich mit § 178g Abs. 3 VVG zeigt.

c) Die Entstehungsgeschichte ergibt kein klares Bi ld. Sie spricht aber nicht gegen, sondern eher für einen weiten Anwendungsbereich von § 172 Abs. 2 VVG. Erwähnt wird dieses Problem in den Gesetzesmaterialien nicht. Wie zuvor unter b) ausgeführt, enthielt der Regierungsentwurf keine Befugnis der Versicherer, unwirksame Bedingungen in der Lebens- oder Krankenversicherung zu ersetzen. In der Lebensversicherung ging es im Entwurf nur um die Anpassung von Prämien und der Überschussbeteiligung bei den Versicherungen, die jetzt in Abs. 1 genannt sind. Nur bei solchen Versicherungen, nicht aber bei der kapitalbildenden Lebensversicherung ("Sparprodukte"), haben der Gesetzgeber und der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in der Stellungnahme zum Referentenentwurf vom September 1993 einen Bedarf für eine Prämienanpassungsregelung gesehen. Der GDV hat aber in der Stellungnahme vom September 1993 ebenso wie bei seinen Änderungsvorschlägen vom März 1994 weitergehend gefordert, dass die Lebensversicherer auch das Recht erhalten sollen, nachträglich einzelne Bestimmungen in den Versicherungsbedingungen zu ändern. Dabei ging er ebenso wie der Regierungsentwurf davon aus, dass diese Möglichkeit der Vereinbarung bedarf, also einer vertraglichen Ä nderungsklausel. Die Vorstellung des GDV ging dahin, dass der Inhalt der Bedingungsände-

rungsklausel gewissermaßen in das Gesetz aufgenommen wird. Er wollte also eine so geartete, wie es in seiner Stellungnahme vom März 1994 formuliert ist, gesetzliche Bedingungsänderungsmöglichkeit. Diese Vorstellung hat der Gesetzgeber auch umgesetzt, allerdings ohne den Umweg über eine vertragliche Änderungsklausel. (So ha t der Senat dies auch in der Entscheidung zur Prämienanpassung in der Krankenversicherung gesehen, Urteil vom 16. Juni 2004 - IV ZR 117/02 - BGHZ 159, 323). Nach dem Willen des Gesetzgebers tragen die §§ 172 Abs. 2, 178g Abs. 3 Satz 2 VVG der geltend gemachten Forderung Rechnung nach einer gesetzlichen Anpassungsmöglichkeit für Lebensversicherungsverträge und Krankenversicherungsverträge, die in der Regel für den Versicherer unkündbar sind und bei denen sich unabweisbarer Anpassungsbedarf ergibt, wenn etwa durch Rechtsprechung eine leistungsbeschreibende AVB-Klausel für unwirksam erklärt worden ist, weil insoweit zur Fortführung des Vertragsverhältnisses nicht auf die gesetzliche Regelung verwiesen werden kann (BT-Drucks. 12/7595 S. 112, s.a. S. 103, 105). Dieses Verständnis wird gestützt durch die Anmerkungen von Renger (VersR 1994, 753, 755) zu den Änderungen im Gesetzg ebungsverfahren. Danach sei die von der Versicherungswirtschaft erhobene Forderung nach Aufnahme einer generellen gesetzlichen Anpassungsklausel für bestehende Versicherungsverhältnisse bei veränderten Umständen durch §§ 172 Abs. 2 und 178g Abs. 3 Satz 2 VVG in eng umschriebener Weise aufgegriffen worden. In der Literatur habe eine gesetzliche Anpassungsregelung jedenfalls für den Fall Zustimmung gefunden, dass durch höchstrichterliche Rechtsprechung Regelungen in AVB für unwirksam erklärt werden.

4. Die Anwendung von § 172 Abs. 2 VVG auf alle Art en der Lebensversicherung ist nicht verfassungswidrig. Die allerdings nicht sehr präzise gefasste Vorschrift ermöglicht eine Auslegung, die die vom Kläger unter Hinweis auf Bäuerle und Schünemann (Ersetzung unwirksamer Klauseln in der kapitalbildenden Lebensversicherung aus verfassungsund zivilrechtlicher Sicht; Schünemann, JZ 2002, 134; ders. VersR 2002, 393) erhobenen, im Ansatz teilweise beachtlichen verfassungsrechtlichen Bedenken ausräumt.
§ 172 Abs. 2 VVG schränkt die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Privatautonomie der Versicherungsnehmer ein, weil sie dem Versicherer ein einseitiges Recht zur Vertragsergänzung einräumt. Diese Einschränkung ist sachlich gerechtfertigt, weil von der Unwirksamkeit einer Klausel regelmäßig eine sehr hohe Zahl von Verträgen (laut Bäuerle, aaO S. 19 hier zwischen 10 und 15 Millionen) betroffen ist. Eine Vertragsergänzung mit Zustimmung aller Versicherungsnehmer ist praktisch nicht durchführbar und würde deshalb die Rechtssicherheit und die nach § 11 Abs. 2 VAG gebotene Gleichbehandlung aller Versicherungsnehmer gefährden (vgl. Präve in Prölss, VAG 12. Aufl. § 11 Rdn. 9, § 11b Rdn. 14, 15; Lorenz, VersR 2002, 410 ff.; ders. VersR 2001, 1147; Wandt, VersR 2001, 1451; Römer, VersR 1994, 125). Ohne die Ersetzungsmöglichkeit des § 172 Abs. 2 VVG blieben alle Verträge lückenhaft, bei denen die Versicherungsnehmer der Ergänzung nicht zugestimmt haben. Daran würde sich auch dann nichts ändern, wenn im Individualprozess eines Versicherungsnehmers der Bundesgerichtshof die neue Bestimmung billigen würde, weil dies die Zustimmung des Versicherungsnehmers , wenn sie nötig wäre, nicht ersetzen könnte. Beim Vorgehen nach § 172 Abs. 2 VVG werden die Änderungen dag egen durch die

Mitteilung nach § 172 Abs. 3 VVG Vertragsinhalt. Sie unterliegen allerdings wie jede andere AGB-Klausel der richterlichen Inhaltskontrolle.
Die Rechtsordnung muss dafür sorgen, dass die verf assungsrechtlich geschützten Interessen derjenigen, die von der gesetzlichen Einschränkung der Vertragsfreiheit betroffen sind, hinreichend gewahrt werden (vgl. BVerfG, Urteile vom 26. Juli 2005, VersR 2005, 1109, 1117 f., 1124 und VersR 2005, 1127, 1130 f.). In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist dies dadurch gewährleistet, dass die neuen Klauseln nach inzwischen einhelliger, vom Senat geteilter Ansicht sowohl im Individualprozess als auch im Verbandsprozess nach dem Unterlassungsklagengesetz der uneingeschränkten richterlichen Inhaltskontrolle unterliegen (vgl. zur Prämienanpassung im Treuhänderverfahren bei der Krankenversicherung nach § 178g Abs. 2 VVG BVerfG VersR 2000, 214 und Senatsurteil vom 16. Juni 2004 aaO). Materiell trägt der Senat dem Schutzbedürfnis der Versicherungsnehmer durch eine die Voraussetzungen und Wirkungen der Vorschrift präzisierende und einschränkende Auslegung Rechnung (dazu nachfolgend unter II. und III.).
Soweit Bäuerle und Schünemann (aaO) verfassungsrec htliche Bedenken auf die umstrittene Geschäftsbesorgungstheorie der Versicherung stützen und daraus folgend den "Kapitalteil" der Lebensversicherung vom "Risikoteil" abspalten, ihn wie andere Kapitalanlagen behandeln und den dafür geltenden Vorschriften unterwerfen wollen, ist darauf nicht näher einzugehen. Dieses Verständnis entspricht nicht dem Gesetz. Die Konzeption des Gesetzes ist die eines einheitlichen Lebensversicherungsvertrages , für den insgesamt das Versicherungsvertragsgesetz , das Versicherungsaufsichtsgesetz und die besonderen Vorschriften

des Handelsgesetzbuches über die Rechnungslegung für Versicherungsunternehmen (§§ 341 ff. HGB) und nicht etwa stattdessen teilweise die Vorschriften des Kapitalanlagerechts gelten. Das gesetzliche Modell der kapitalbildenden Lebensversicherung ist durch die Urteile des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juli 2005 bestätigt worden.
II. Voraussetzung für die rechtmäßige Durchführung des Treuhänderverfahrens nach § 172 Abs. 2 i.V. mit Abs. 1 VVG ist, dass eine Bestimmung in den Versicherungsbedingungen unwirksam ist, zur Fortführung des Vertrages dessen Ergänzung notwendig ist und ein unabhängiger Treuhänder die Voraussetzungen für die Änderung überprüft und deren Angemessenheit bestätigt hat.
1. a) Die Unwirksamkeit einer Klausel kann nur dur ch einen bestandskräftigen Verwaltungsakt der Aufsichtsbehörde oder der Kartellbehörde oder eine höchstrichterliche Entscheidung festgestellt werden (so wohl auch Römer, VersR 1994, 125, 127). Nur solche Entscheidungen schaffen abschließend Rechtsklarheit. Ihnen lassen sich regelmäßig auch die Maßstäbe dafür entnehmen, ob und mit welchem Inhalt eine Ergänzung in Betracht kommt. Rechtskräftige Urteile der Instanzgerichte gewährleisten dies nicht. Wie insbesondere die zahlreichen Verfahren zu § 172 Abs. 2 VVG zeigen, können Entscheidungen der Instanzgerichte im Ergebnis und in der Begründung sehr unterschiedlich ausfallen. Das führt zwar dazu, dass bei schwierigen und komplexen Problemen viele relevante Gesichtspunkte aufgezeigt werden und die wissenschaftliche Diskussion angeregt wird. Für den Versicherer, der unterlegen ist, und andere Versicherer, die gleichartige Klauseln verwenden, bleibt die

Rechtslage aber zunächst unklar, insbesondere bei im Ergebnis unterschiedlichen rechtskräftigen Instanzurteilen. So könnte sich ein Treuhänderverfahren als unnötig erweisen, wenn der Bundesgerichtshof in einem anderen Verfahren die beanstandete Klausel für wirksam hält (so im Fall der Beklagten das Treuhänderverfahren zur Ersetzung der vom OLG Stuttgart - VersR 1999, 832, 835 f. - für unwirksam erklärten Bestimmungen zur Überschussbeteiligung in § 17 AVB, die in vergleichbarer Form Gegenstand des Senatsurteils vom 9. Mai 2001 gegen einen anderen Versicherer waren und vom Senat für wirksam gehalten wurden, BGHZ 147, 354, 356, 367 ff.). Andererseits hätten die direkt oder mittelbar von sich widersprechenden Instanzentscheidungen betroffenen Versicherer die Wahl, ob sie die Klausel ersetzen oder nicht. Eine abschließende Klärung der Wirksamkeit kann deshalb nur durch das Revisionsgericht erfolgen. Einem Versicherer ist auch zuzumuten, das ihm ungünstige Urteil eines Instanzgerichts mit Rechtsmitteln anzugreifen, wenn es um die Wirksamkeit einer Klausel in seinen Versicherungsbedingungen geht und er von der Ersetzungsmöglichkeit Gebrauch machen will.
Die wohl nur von Kollhosser (in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 172 Rdn. 23) vertretene Ansicht, der Versicherer könne in eigener Verantwortung über die Unwirksamkeit entscheiden, ist abzulehnen (so auch Wandt in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch § 11 Rdn. 127; vgl. auch BGHZ 141, 153, 157). Dies würde die Vertragsfreiheit des Versicherungsnehmers in nicht hinnehmbarer Weise einschränken. Damit würde dem Versicherer ein Mittel in die Hand gegeben , mit dem er beliebig in die Vertragsparität eingreifen könnte, indem er ihm nicht genehme Klauseln für unwirksam erklärt und den Vertrag mit

Hilfe des Treuhänders einseitig zu seinem Vorteil ändert (so Langheid /Grote, NVersZ 2002, 49 f.).
Die Feststellung der Unwirksamkeit eröffnet nicht nur dem Versicherer das Verfahren nach § 172 Abs. 2 VVG, gegen den die Entscheidung ergangen ist, sondern allen Versicherern, die gleichartige, aus denselben Gründen als unwirksam anzusehende Klauseln verwenden (Präve, aaO § 11b Rdn. 18; Wandt, VersR 2001, 1453; Langheid/Grote, aaO S. 51).

b) Die Unwirksamkeit der Bestimmungen über Beitrag sfreistellung, Kündigung und Rückkaufswert in § 6 AVB der Beklagten, die durch das Treuhänderverfahren von Ende 2001/Anfang 2002 ersetzt werden sollten , ergibt sich aus dem Senatsurteil vom 9. Mai 2001 (BGHZ 147, 373). Dem am 1. Juli 2000 abgeschlossenen Treuhänderverfahren zur Ersetzung der Klausel über die Abschlusskostenverrechnung in § 15 AVB lag dagegen noch kein Urteil des Senats, sondern nur das rechtskräftige Urteil des OLG Stuttgart (VersR 1999, 832, 834 f.) zugrunde. Allerdings hat der Senat im Verfahren gegen einen anderen Versicherer eine vergleichbare Klausel am 9. Mai 2001 ebenfalls für intransparent erklärt (BGHZ 147, 354, 365 ff.). Ob dadurch, insbesondere im Hinblick auf die damalige unklare Rechtslage, die zunächst fehlende Voraussetzung der Unwirksamkeit im Sinne der jetzt vom Senat aufgestellten Kriterien nachträglich als gegeben angesehen werden kann, braucht nicht entschieden zu werden. Die Klauselersetzung ist jedenfalls aus anderen Gründen insgesamt nicht wirksam (dazu unten B. III.).

2. a) aa) Notwendig ist die Ergänzung zur Fortführ ung des Vertrages , wenn durch die Unwirksamkeit der Bestimmung eine Regelungslücke im Vertrag entsteht (vgl. Lorenz, VersR 2001, 1147). Das wird im Allgemeinen anzunehmen sein, wenn die Unwirksamkeit - wie erforderlich - durch eine höchstrichterliche Entscheidung oder einen bestandskräftigen Verwaltungsakt festgestellt wird. Es gilt jedenfalls dann, wenn dadurch die Leistungspflichten und Ansprüche der Parteien betroffen sind. In einem solchen Fall ist die Ergänzung unverzichtbar. Ob die Unwirksamkeit auf einer inhaltlich unangemessenen Benachteiligung des Kunden oder einem Transparenzmangel beruht, ändert nichts am Vorhandensein der dadurch entstandenen Vertragslücke.
Ist die Lücke nach dem ursprünglichen Regelungspla n der Parteien zu schließen, ist der Vertrag zu ergänzen. Nach welchen Maßstäben und mit welchem Inhalt die Ergänzung zu erfolgen hat, sagt § 172 Abs. 2 VVG nicht. Das ergibt sich vielmehr aus den allgemeinen, den Fall der Unwirksamkeit einer AGB-Klausel regelnden Vorschriften, nämlich § 306 Abs. 2 BGB, früher § 6 Abs. 2 AGBG (Lorenz, VersR 2001, 1147 f. und VersR 2002, 411 f.). Danach bestimmt sich, wie die Ergänzung vorzunehmen ist, ob durch dispositives Gesetzesrecht im Sinne einer konkreten materiell-rechtlichen Regelung, nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung oder durch ersatzlosen Wegfall der Klausel. Die Streitfrage, ob es sich bei den Bestimmungen der §§ 157, 133 BGB, in denen die ergänzende Vertragsauslegung ihre Grundlage hat, um "gesetzliche Vorschriften" im Sinne von § 306 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 2 AGBG handelt (so BGHZ 90, 69, 75) oder um eine - allgemein anerkannte - Methode der Lückenfüllung (so Harry Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz 9. Aufl. § 6 Rdn. 26, 34 ff.), ist im Ergebnis ohne Relevanz

(Wandt, VersR 2001, 1450 Fn. 14). Unter dem Begriff der Ergänzung im Sinne von § 172 Abs. 2 VVG sind deshalb alle nach § 306 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 2 AGBG in Betracht kommenden Möglichkeiten der Lückenfüllung zu verstehen. Ob der ersatzlose Wegfall, gesetzliche Vorschriften oder nur eine neue Klausel eine sachgerechte Ersatzlösung darstellen, gehört daher nicht schon zu den Voraussetzungen für die Durchführung des Treuhänderverfahrens. Das ist vielmehr erst zu prüfen, wenn es darum geht, ob die vom Versicherer mit Zustimmung des Treuhänders vorgenommene Ergänzung den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Wenn sich dabei ergibt, dass der Vertrag durch eine gesetzliche Regelung sachgerecht ergänzt werden kann, ist die Ergänzung durch eine neue (davon abweichende) Klausel nicht wirksam. Würde man die nicht immer einfach und klar zu beantwortende Frage, ob dispositives Gesetzesrecht eine sachgerechte Ersatzlösung bietet (vgl. dazu Staudinger /Schlosser, AGB-Gesetz 13. Bearb. 1998 § 6 Rdn. 10, 12; MünchKomm-BGB/Basedow, 4. Aufl. § 306 Rdn. 23, 26; Harry Schmidt, aaO § 6 Rdn. 29), schon zu den Voraussetzungen des Treuhänderverfahrens rechnen, hinge dessen Zulässigkeit letztlich von der rechtlichen Wirksamkeit seines Ergebnisses ab. Gleiches gilt für die Frage, ob die Ergänzung deshalb zu unterbleiben hat, weil der Vertrag nach § 306 Abs. 3 BGB, § 6 Abs. 3 AGBG insgesamt nichtig ist.
Die Trennung zwischen den Voraussetzungen der Vert ragsergänzung im Treuhänderverfahren und der Wirksamkeit der Ergänzung bringt für die Versicherungsnehmer keine Nachteile mit sich. Ist der Versicherer oder der Treuhänder der Ansicht, die unwirksame Klausel sei ersatzlos zu streichen oder durch eine gesetzliche Bestimmung zu ersetzen, kann es aufgrund des Transparenzgebots erforderlich sein, den Versiche-

rungsnehmer darüber zu informieren (vgl. Lorenz, VersR 2002, 411; Wandt, VersR 2001, 1452 und Versicherungsrechts-Handbuch § 11 Rdn. 132). Kennt der Versicherungsnehmer die Unwirksamkeit der Klausel nicht, besteht die Gefahr, dass er die ihm dadurch genommenen Rechte im Vertrauen auf die Wirksamkeit nicht wahrnimmt.
bb) Der Auffassung, schon die Möglichkeit einer ri chterlichen ergänzenden Vertragsauslegung stehe der Ergänzung nach § 172 Abs. 2 VVG entgegen, ist nicht zu folgen. Sie negiert den Willen des Gesetzgebers und würde dazu führen, dass die Vorschrift leer läuft (Lorenz, VersR 2002, 410; Wandt, VersR 2001, 1451).
cc) Ist der Vertrag im Zeitpunkt der Änderungsmitt eilung nach § 172 Abs. 3 VVG gekündigt oder beitragsfrei gestellt, steht dies der Vertragsergänzung nach § 172 Abs. 2 VVG nicht entgegen. Die Feststellung der Unwirksamkeit der Klausel entfaltet Rückwirkung und führt dazu, dass der Vertrag von Anfang an lückenhaft war. Die Ergänzung nach § 172 Abs. 2 VVG i.V. mit § 306 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 2 AGBG durch dispositives Gesetzesrecht oder eine neue wirksame Klausel wirkt ebenfalls auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zurück (Wandt, Versicherungsrechts -Handbuch § 11 Rdn. 139). Der Vertrag wird deshalb materiell von seinem Beginn bis zur Beendigung durch Zeitablauf oder Kündigung nach diesen Bestimmungen durchgeführt und damit fortgeführt im Sinne von § 172 Abs. 2 VVG. Für die bei Beendigung gegebenen Ansprüche ist deshalb die Ersatzregelung maßgebend. Dies ist auch bei der richterlichen ergänzenden Vertragsauslegung nicht anders, wenn eine anfängliche Regelungslücke dadurch geschlossen wird. § 172 Abs. 3 Satz 2 VVG, wonach Änderungen nach Abs. 2 zwei Woch en nach Be-

nachrichtigung des Versicherungsnehmers wirksam werden, steht dem nicht entgegen. Dem Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, dass er die mit § 172 Abs. 2 VVG beabsichtigte Schließung von anfänglichen Vertragslücken entgegen § 6 Abs. 2 AGBG nur teilweise für die Zeit nach Zugang der Änderungsmitteilung ermöglichen wollte. Eine solche Beschränkung beträfe nicht nur gekündigte oder beitragsfrei gestellte (letztere werden auch künftig noch fortgeführt), sondern alle Verträge. Die für die Vergangenheit nicht geschlossene Lücke könnte und müsste dann im Wege der richterlichen ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden (Wandt, VersR 2002, 1364).

b) Die unwirksamen Klauseln in den früheren §§ 6, 15 AVB der Beklagten betreffen ihre Leistungspflicht gegenüber den Versicherungsnehmern und damit verbunden auch die Rechnungslegung. Es ist notwendig , die entstandene Vertragslücke im Verfahren nach § 172 Abs. 2 VVG zu schließen.
3. Zur Frage, welche Anforderungen an die Unabhäng igkeit des Treuhänders zu stellen sind, sind nähere Ausführungen nicht erforderlich , weil die Klägerin insoweit keine konkreten auf die Person des Treuhänders bezogenen Bedenken erhoben hat. Der Senat weist vorsorglich jedoch auf Folgendes hin:
Der Treuhänder in der Lebens- und Krankenversicher ung ist Vertreter der Interessen der Gesamtheit der Versicherungsnehmer (Renger, VersR 1994, 1257 ff.; ders. VersR 1995, 866, 874; Schwintowski, aaO § 172 Rdn. 4; Präve, aaO § 11b Rdn. 5, 37 ff. m.w.N.; Buchholz, VersR 2005, 866 ff.). Seine Einschaltung soll einen Ausgleich dafür schaffen,

dass das Gesetz dem Versicherer ein einseitiges Vertragsänderungsrecht einräumt und dadurch die Vertragsfreiheit der Versicherungsnehmer einschränkt. Damit dieser vom Gesetz vorgesehene Ausgleich seine Wirkung entfalten kann, ist für die Beurteilung der Unabhängigkeit des vom Versicherer bestellten Treuhänders der Standpunkt der Gesamtheit der Versicherungsnehmer maßgeblich. Der Treuhänder ist danach unabhängig , wenn bei objektiv-generalisierender, verständiger Würdigung das Vertrauen gerechtfertigt ist, er werde die Interessen der Gesamtheit der Versicherungsnehmer angemessen wahrnehmen (vgl. Buchholz aaO S. 870).
III. Die von der Beklagten mit Zustimmung des Treu händers vorgenommene Vertragsergänzung durch inhaltsgleiche Bestimmungen ist unwirksam.
Nach § 306 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 2 AGBG sind vorran gig gesetzliche Vorschriften im Sinne einer konkreten Ersatzregelung in Betracht zu ziehen. Stehen solche nicht zur Verfügung, ist zu fragen, ob ein ersatzloser Wegfall der unwirksamen Klausel eine sachgerechte Lösung darstellt. Scheiden beide Möglichkeiten aus, ist zu prüfen, ob die Ersatzregelung nach den anerkannten Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung zulässiger Inhalt einer richterlichen ergänzenden Vertragsauslegung wäre (Wandt, Versicherungsrechts-Handbuch § 11 Rdn. 135).
1. Für die unwirksame Vereinbarung von Abzügen bei Beitragsfreistellung und Kündigung (Stornoabzug) in § 6 Abs. 1a Satz 3 bis 5,

Abs. 2b AVB gibt es eine Regelung im Gesetz. Nach §§ 174 Abs. 4, 176 Abs. 4 VVG ist der Versicherer zu einem Abzug nur berechtigt, wenn er vereinbart ist. Ist die Vereinbarung unwirksam, besteht kein Anspruch auf einen Abzug (Wandt, VersR 2001, 1458 f.).
Entgegen der Ansicht von Wandt sind diese gesetzli chen Vorschriften nicht nur generell, sondern auch hier zur Lückenfüllung geeignet. Er leitet die Befugnis zur Ersetzung der Stornoklauseln daraus ab, dass der Senat diese nur deshalb für unwirksam erklärt habe, weil sie, obwohl selbst hinreichend transparent und vom Kläger nicht mit nachvollziehbaren Bedenken angegriffen, vom Versicherungsnehmer allein wegen der Bezugnahme auf die unverständlichen Ausgangswerte bei Rückkauf und Beitragsfreistellung nicht zu verstehen seien (vgl. BGHZ 147, 373, 380). Da die intransparenten Klauseln über Beitragsfreistellung und Kündigung aber, wie Wandt meint, im Treuhänderverfahren wirksam ersetzt worden seien, müsse dies auch für die nur mittelbar intransparenten Stornoklauseln gelten. Dem kann schon deshalb nicht zugestimmt werden, weil die neuen Bestimmungen über die beitragsfreie Versicherungssumme und den Rückkaufswert unter Verrechnung der einmaligen Abschlusskosten nach dem Zillmerungsverfahren wiederum unwirksam sind, wie noch auszuführen ist.
Im Übrigen kann den kurzen Ausführungen des Senats zur Stornoklausel im Urteil vom 9. Mai 2001 nicht entnommen werden, dass sie umfassend auf ihre Wirksamkeit im Hinblick auf §§ 10 Nr. 7, 11 Nr. 5 AGBG, jetzt §§ 308 Nr. 7, 309 Nr. 5b BGB geprüft worden ist.

2. a) Für die unwirksamen Bestimmungen in § 6 Abs. 1a Satz 2, Abs. 2a AVB über die Umwandlung in eine beitragfreie Versicherung und die Kündigung und Auszahlung des Rückkaufswerts sowie die Bestimmung in § 15 AVB über die Verrechnung der Abschlusskosten stehen keine gesetzlichen Vorschriften zur Verfügung, die die Lücken sachgerecht schließen (Wandt, VersR 2001, 1456 ff.). Der Senat hat in den Urteilen vom 9. Mai 2001 ausgeführt, dass die §§ 174 Abs. 2, 176 Abs. 3 VVG über die Berechnung der beitragsfreien Versicherungsleistung und den Rückkaufswert nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik nur einen Rahmen darstellen, innerhalb dessen sich die Berechnung halten muss, und die gesetzliche Regelung deshalb der Ergänzung und Ausfüllung bedarf. Ob und wie entstandene Abschlusskosten zu verrechnen sind, ist in den §§ 159 ff. VVG im Gegensatz zum Stornoabzug nicht ausdrücklich geregelt. Dem Schweigen des Gesetzes kann aber nicht entnommen werden, wie die Klägerin meint (vgl. auch Schünemann , VersR 2005, 323, 326), dass diese Kosten allein der Versicherer zu tragen hat. Da die Prämien in der Lebensversicherung nicht nur aus betriebswirtschaftlicher Vernunft, sondern aufsichtsrechtlich nach § 11 VAG zwingend so kalkuliert werden müssen, dass das Versicherungsunternehmen allen seinen Verpflichtungen nachkommen und insbesondere eine ausreichende Deckungsrückstellung bilden kann, dürfte auch den vertragsrechtlichen Vorschriften eher die Vorstellung zugrunde liegen, dass die Abschlusskosten in die Prämienkalkulation einfließen. Es ist auch nicht so, dass Vermittlungsprovisionen stets durch den Versicherer verursacht werden. Das ist z.B. anders, wenn der Versicherungsnehmer sich durch einen Versicherungsmakler beraten lässt, dessen Provision üblicherweise der Versicherer zahlt. Der vollständige Wegfall der Verrechnung der Abschlusskosten mit den Prämien würde die

Versicherungsnehmer davon auch im Ergebnis nicht entlasten. Dies würde die Überschüsse, die (pauschal gesagt) den Versicherungsnehmern zu mindestens 90% zufließen, vermindern und damit im Wesentlichen die Versicherungsnehmer treffen, die den Vertrag bis zum Ende oder jedenfalls für längere Zeit beitragspflichtig aufrechterhalten. Begünstigt würden dadurch nur die Versicherungsnehmer, die den Vertrag nach kurzer Laufzeit kündigen oder beitragsfrei stellen. Eine solche Lösung, die sich vorwiegend am Interesse dieser Versicherungsnehmer an der Optimierung der an sie auszukehrenden Leistungen orientiert, widerspräche dem für das Versicherungsrecht typischen Grundgedanken einer Risikogemeinschaft (vgl. BVerfG VersR 2005, 1127, 1134) und ist deshalb nicht sachgerecht.
Daraus folgt, dass auch ein ersatzloser Wegfall de r Abschlusskostenverrechnungsklausel ungeeignet ist, die Vertragslücke zu schließen.

b) Die inhaltsgleiche Ersetzung der unwirksamen Kl auseln unterläuft die gesetzliche Sanktion der Unwirksamkeit nach § 9 Abs. 1 AGBG, jetzt § 307 Abs. 1 BGB und ist schon deshalb mit den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung nicht zu vereinbaren. Es ist nicht angängig , an die Stelle der unwirksamen, weil den Vertragspartner des Klauselverwenders unangemessen benachteiligenden Klausel im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung eine inhaltsgleiche Bestimmung zu setzen (BGHZ 90, 69, 78). Das nationale Recht stellt damit in Übereinstimmung mit der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen im Sinne eines wirkungsvollen Verbraucherschutzes sicher, dass missbräuchliche Klauseln für den Verbraucher unverbindlich sind (Hubert Schmidt in Bamber-

ger/Roth, BGB § 306 Rdn. 2; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz 4. Aufl. RiLi Art. 6 Rdn. 4; EuGH NJW 2003, 275 f. und NJW 2000, 2571 f.).
Dies gilt auch, wenn die Unwirksamkeit auf einem V erstoß gegen das Transparenzgebot beruht. Darin liegen eine unangemessene Benachteiligung des Kunden im Sinne von § 9 AGBG, jetzt ausdrücklich § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, und ein Verstoß gegen Art. 6 der Richtlinie 93/13/EWG (vgl. BGHZ 140, 25, 31; 106, 42, 49; Pfeiffer in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Band III Stand Januar 2001, A 5 Art. 3 Rdn. 54, 58, Art. 4 Rdn. 39, Art. 5 Rdn. 22, 23, 26, Art. 6 Rdn. 3). Das hat der Senat auch in den Urteilen vom 9. Mai 2001 mit Blick auf die darin festgestellten Verstöße gegen das Transparenzgebot ausgesprochen. Wenn Allgemeine Versicherungsbedingungen Rechte und Pflichten des Vertragspartners - des Versicherungsnehmers - nicht klar und durchschaubar darstellen, insbesondere die wirtschaftlichen Nachteile nicht so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann, wird er unangemessen benachteiligt. Dass dies gerade dann gilt, wenn durch die Intransparenz ein - wie der Senat ausgeführt hat (BGHZ 147, 354, 364) - wirtschaftlicher Nachteil des Versicherungsnehmers von erheblichem Gewicht verdeckt wird, versteht sich von selbst. Der Versicherungsnehmer wird durch die fehlende Transparenz gehindert, seine Entschließungsfreiheit bei Eingehung des Vertrages in voller Kenntnis des Inhalts des Vertrages, insbesondere der wirtschaftlichen Nachteile, auszuüben; er wird gehindert, schon die Produktwahl auf der Grundlage der wirklichen, mit dem Versicherungsvertrag bei frühzeitiger Beendigung verbundenen Nachteile zu treffen. Diese Folgen des Transparenzmangels lassen sich nicht rückwirkend damit beseitigen, dass die un-

wirksame intransparente Klausel durch eine materiell inhaltsgleiche transparente Klausel ersetzt wird (so im Ansatz auch Wandt, VersR 2001, 1455). Soweit letzterer (ebenso Kirscht, VersR 2003, 1075 f.) dennoch die inhaltsgleiche Ersetzung damit rechtfertigt, die Klauseln seien lediglich wegen formeller Intransparenz für unwirksam erklärt worden, inhaltlich aber angemessen, greift das zu kurz. Der Senat hat die in Rede stehende Verrechnung der einmaligen Abschlusskosten nach dem Verfahren der Zillmerung zwar nicht im Sinne von §§ 9 AGBG, 307 BGB als materiell unangemessene Benachteiligung der Versicherungsnehmer angesehen, er hat aber betont, sie schaffe bei Kündigung und Beitragsfreistellung einen wirtschaftlichen Nachteil des Versicherungsnehmers von erheblichem Gewicht. Bei der inhaltsgleichen Ersetzung der Klausel hätte dieser Nachteil Bestand, obwohl der Vertrag durch den Transparenzmangel unter Verdeckung dieses Nachteils zustande gekommen ist. Der Eingriff in die Entschließungs- und Auswahlfreiheit bliebe unbeseitigt und bestünde - bei Einstellung der Prämienzahlung - in seinen Auswirkungen fort. Das führte im Ergebnis dazu, dass die wegen Intransparenz unwirksame Klausel mit den verdeckten Nachteilen für den Versicherungsnehmer letztlich doch verbindlich bliebe. Ein solches Ergebnis liefe §§ 9 AGBG, 307 BGB zuwider und kann deshalb auch nicht Ergebnis einer ergänzenden Vertragsauslegung sein.

c) Die Verrechnung der Abschlusskosten im Wege der Zillmerung ist hinsichtlich der Versicherungsnehmer, die den Vertrag bis zum Ende beitragspflichtig führen, zwar unbedenklich. Da die Klauseln aber nicht teilbar sind, ist die Vertragsergänzung insgesamt unwirksam.

IV. Das Scheitern der Vertragsergänzung nach § 172 Abs. 2 VVG bedeutet nicht, dass die Klage abzuweisen ist, um der Beklagten Gelegenheit zu geben, erneut ein solches Verfahren durchzuführen. Vielmehr ist im Wege der richterlichen ergänzenden Vertragsauslegung zu entscheiden , ob und auf welche Art die einmaligen Abschlusskosten mit den Beiträgen zu verrechnen sind (vgl. Wandt, Versicherungsrechts-Handbuch § 11 Rdn. 141; anders, jedenfalls unklar Kollhosser, aaO § 172 Rdn. 36).
1. a) Bei unwirksamen Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat die ergänzende Vertragsauslegung ebenso wie die Auslegung und Inhaltskontrolle solcher Bestimmungen nach einem objektivgeneralisierenden Maßstab zu erfolgen, der am Willen und Interesse der typischerweise beteiligten Verkehrskreise (und nicht nur der konkret beteiligten Parteien) ausgerichtet sein muss (BGH, Urteil vom 14. April 2005 - VII ZR 56/04 - NJW-RR 2005, 1040 unter II 3; BGHZ 107, 273, 276 f. m.w.N.; Harry Schmidt, aaO § 6 Rdn. 32; Hubert Schmidt, aaO § 306 Rdn. 12, 13; Erman/Roloff, BGB 11. Aufl. § 306 Rdn. 13). Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein (Harry Schmidt, aaO). Sie scheitert, anders als bei Verträgen zwischen einzelnen Personen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 22. Februar 2002 - V ZR 26/01 - WM 2002, 2337 unter II 3), nicht daran, dass mehrere Gestaltungsmöglichkeiten zur Ausfüllung der Regelungslücke in Betracht kommen, wie schon die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Tagespreisklausel belegt (BGHZ 90, 69, 78 ff.). Vielmehr ist insbesondere bei Massenverträgen die Ergänzung auf einer höheren Abstraktionsebene und damit ohne Rücksicht auf Anhaltspunkte für eine

bestimmte Lösungsvariante vorzunehmen (Hubert Schmidt, aaO Rdn. 13; vgl. auch Schlosser, aaO § 6 Rdn. 13a).

b) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt.

c) Eine ergänzende Vertragsauslegung ist auch vorz unehmen, wenn eine Klausel wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam ist. § 306 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 2 AGBG unterscheiden nicht nach dem Grund der Unwirksamkeit. Diese Vorschriften regeln auch die Rechtsfolgen der Unwirksamkeit. Das durch den Transparenzmangel verursachte Informationsdefizit des Versicherungsnehmers bei der Produktwahl führt deshalb nicht dazu, die Vertragsergänzung durch ein Widerspruchsrecht in entsprechender Anwendung von § 5a VVG auszuschalten (so aber Schünemann, JZ 2002, 137; zutreffend: Römer in Römer /Langheid, VVG 2. Aufl. § 5a Rdn. 41; OLG München VersR 2003, 1024, 1026; OLG Celle VersR 2003, 1113 f.; Wandt, VersR 2001, 1455 f.; Werber, VersR 2003, 148, 150 ff.). Einem Widerspruchsrecht, das den Vertrag insgesamt beträfe, stehen § 306 Abs. 1 BGB, § 6 Abs. 1 AGBG entgegen. Nach diesen Bestimmungen bleibt der Vertrag bei Unwirksamkeit einer Klausel im Übrigen wirksam.

d) Europarechtliche Bedenken gegen die ergänzende Vertragsauslegung bestehen nicht. Wie eine unverbindliche Klausel ersetzt wird, regelt die Richtlinie 93/13/EWG nicht, dies ist dem nationalen Recht über-

lassen (Hubert Schmidt, aaO Rdn. 2; Roloff, aaO Rdn. 3; Wolf, aaO RiLi Art. 6 Rdn. 4, 7; Pfeiffer, aaO Art. 6 Rdn. 8, 13).
2. Nach diesen Grundsätzen ist die Regelungslücke in der Weise zu schließen, dass es grundsätzlich bei der Verrechnung der geleisteten, einmaligen Abschlusskosten nach dem Zillmerungsverfahren bleibt. Für den Fall der vorzeitigen Beendigung der Beitragszahlung bleibt jedenfalls die versprochene Leistung geschuldet; der vereinbarte Betrag der beitragsfreien Versicherungssumme und des Rückkaufswerts darf aber einen Mindestbetrag nicht unterschreiten. Dieser Mindestbetrag wird bestimmt durch die Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals. Bereits erworbene Ansprüche aus einer vereinbarten Überschussbeteiligung werden dadurch nicht erhöht.

a) Die Verrechnung entstandener Abschlusskosten mi t den Prämien entspricht grundsätzlich den Interessen aller am Vertrag Beteiligten. Der Senat hat dies in den Urteilen vom 9. Mai 2001 auch nicht in Frage gestellt, sondern nur die nachteiligen Folgen der Verrechnung nach dem Zillmerungsverfahren bei Kündigung oder Beitragsfreistellung als nicht transparent vereinbart beanstandet. Unter B. III. 2. a) ist bereits dargelegt worden, dass die Verrechnung der Abschlusskosten mit den Prämien objektiv unter vertragsrechtlichen Gesichtspunkten sachgerecht und aufsichtsrechtlich geboten und im Übrigen nach den Vorschriften über die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen vorgeschrieben ist (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RechVersV). Die Verrechnung mit den Prämien entspricht ferner dem bei Vertragsschluss zum Ausdruck gebrachten Willen der Beteiligten. § 15 AVB bestimmte, dass die Ab-

schlusskosten mit den ab Beginn der Versicherung eingehenden Beiträgen verrechnet werden, soweit diese nicht für Versicherungsleistungen und Verwaltungskosten vorgesehen sind. Lediglich die Art und die Folgen der Verrechnung "nach einem aufsichtsrechtlich geregelten Verfahren" waren für den Versicherungsnehmer nicht durchschaubar.
Gegen die grundsätzliche Verrechnung von in der Ve rgangenheit entstandenen Abschlusskosten (um die es hier allein geht) mit den Prämien lässt sich, anders als die Klägerin meint, nicht mit Erfolg einwenden , die Vermittlungsprovision hätte nicht oder nicht in vollem Umfang gleich am Anfang oder nicht in dieser Höhe entstehen müssen. Gegen das in der Lebensversicherung abweichend von § 92 Abs. 4 HGB (ratierliche Zahlung der Provision entsprechend der Prämienzahlung) übliche System der Einmalprovision (vgl. dazu Küstner in Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Außendienstrechts Bd. 1, 3. Aufl. Rdn. 956 ff., 1099 ff.) werden von Verbraucherseite und in der Literatur (Schünemann, VersR 2005, 323, 326) zwar Bedenken erhoben, die nicht ganz von der Hand zu weisen sind (vgl. auch Abschlussbericht der vom Bundesministerium der Justiz eingesetzten Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 19. April 2004 Ziff. 1.3.2.1.4.3; Rundschreiben des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen R 5/95 vom 31. Oktober 1995 VerBAV 1995, 366). Dieses System kann den Vermittler dazu verleiten, zur Erzielung einer möglichst hohen Provision Verträge zustande zu bringen, die dem Bedarf oder den finanziellen Möglichkeiten des Kunden nicht entsprechen. Dies mag Anlass sein, über eine Änderung des Provisionssystems nachzudenken, trägt aber zur Lösung des Problems der schon entstandenen Abschlusskosten nichts bei.


b) Der hypothetische Wille und die Interessen der typischerweise an kapitalbildenden Lebensversicherungen beteiligten Verkehrskreise stellen sich bei objektiv-generalisierender Betrachtung wie folgt dar:
aa) Die Versicherungsnehmer, die den Vertrag bis z um Ende durchführen, haben ein Interesse daran, die Belastung durch die am Anfang entstehenden Abschlusskosten möglichst gering zu halten. Auf eine möglichst hohe Versicherungsleistung schon in den ersten Jahren kommt es ihnen beim Abschluss des Vertrages nicht an. Deshalb ist für sie die Verrechnung nach dem Zillmerungsverfahren am günstigsten, weil dadurch die Abschlusskosten am schnellsten getilgt und bei längerfristiger Tilgung entstehende höhere Finanzierungskosten erspart werden (vgl. Engeländer, NVersZ 2002, 436, 438, 444; ders. VersR 1999, 1325 ff.; Bergmann, VersR 2004, 549 ff.; Heinen, ZVersWiss 2002, 155 ff.; Jaeger , VersR 2002, 133, 140).
bb) Die Interessen der Versicherungsnehmer, die di e Beitragszahlung vorzeitig beenden, sind im Gegensatz dazu darauf gerichtet, in diesem Zeitpunkt eine Versicherungsleistung zu erhalten, die möglichst wenig mit Abschlusskosten belastet ist. Nach diesem Zeitpunkt zu verrechnende Abschlusskosten, auch in Gestalt höherer Finanzierungskosten, sind für sie bedeutungslos, weil sie keine Prämien mehr zahlen und, wie ausgeführt, ein Stornoabzug nicht wirksam vereinbart ist. Diesem Anliegen entspräche eine Verteilung der Abschlusskosten auf die gesamte Laufzeit.
cc) Das Interesse der Versicherungsunternehmen geh t dahin, die Abschlusskosten so zu verrechnen, dass möglichst wenig Finanzie-

rungsaufwand entsteht und so höhere Überschüsse erzielt werden. Es stimmt insoweit mit dem Interesse der Versicherungsnehmer überein, die den Vertrag bis zum Ende durchführen.
dd) Die Interessen aller Beteiligten sind auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zusammenzuführen. Dabei ist als Besonderheit der Lebensversicherung zu berücksichtigen, dass hier nicht der sonst im Wirtschaftsleben übliche Interessengegensatz der Marktteilnehmer vorliegt. Den Versicherungsunternehmen wird durch die Prämienzahlungen Vermögen anvertraut, das in ihr Eigentum übergeht und über dessen Nutzung sie in eigener unternehmerischer Verantwortung zu entscheiden haben, dessen Erträge aber größtenteils zur Absicherung der wirtschaftlichen Existenz der Versicherten gedacht sind (BVerfG VersR 2005, 1109, 1118). Die erzielten Überschüsse stehen zum größten Teil den Versicherungsnehmern zu, die Überschüsse aus Kapitalerträgen zu mindestens 90% (§ 1 Abs. 1 und 2 ZRQuotenV). In der Praxis war eine Quote von 97% des Rohüberschusses üblich (BVerfG aaO S. 1121). Die Interessen der Versicherungsunternehmen sind mit den Interessen der Gesamtheit der Versicherungsnehmer daher weitgehend gleichgerichtet.
Bei der Bewertung der typischen Interessenlage der Gesamtheit der Versicherungsnehmer kann aber nicht außer Acht gelassen werden, dass ein ganz erheblicher Teil der Verträge vorzeitig beendet wird, wobei nach dem Eindruck verschiedener Veröffentlichungen eine geschätzte Quote von etwa 50% realistisch sein könnte (VW 2004, 1884; 2005, 419, 988; FAZ 25. November 2004 S. 15). Daraus folgt, dass in etwa jeder zweite Versicherungsnehmer durch die Verrechnung der Abschlusskosten nach dem Zillmerungsverfahren einen - je nach Stornozeitpunkt mehr

oder weniger großen - wirtschaftlichen Nachteil erleidet. Selbst wenn am Anfang beabsichtigt sein mag, den Vertrag nicht vorzeitig zu stornieren, wird diese Absicht etwa von jedem zweiten Versicherungsnehmer aus unterschiedlichen, sich erst später ergebenden und in der Regel nicht vorhergesehenen Gründen nicht verwirklicht. Damit besteht statistisch betrachtet in der Person jedes Versicherungsnehmers bei Abschluss des Vertrages eine ihm unbewusste gespaltene Interessenlage. Bildlich gesprochen kommt es der einen Hälfte des Versicherungsnehmers auf eine möglichst hohe Ablaufleistung an, der anderen auf eine möglichst hohe Leistung bei vorzeitiger Beendigung. Da ihm nicht offen gelegt worden ist, dass die Interessen dieser anderen Hälfte im Vertrag so nicht berücksichtigt werden, ist für den rückwirkend nicht mehr behebbaren Transparenzmangel ein angemessener Ausgleich zu schaffen.
Dieser besteht darin, dass den bei Vertragsabschlu ss nicht berücksichtigten Interessen vertragsergänzend durch eine Mindestleistung bei vorzeitiger Beendigung der Beitragszahlung Rechnung getragen wird, die sich vor allem beim Frühstorno auswirkt. Diesen Interessen kommt im Vergleich mit den Interessen derjenigen Versicherungsnehmer, die den Vertrag bis zum Ende durchführen (meist 20 oder 30 Jahre lang bis zum Erreichen des Rentenalters), ein jedenfalls geringeres Gewicht zu. Lebensversicherungen zielen auf die Sicherung der wirtschaftlichen Existenz und in diesem Rahmen schwerpunktmäßig auf die Alterssicherung (BVerfG aaO S. 1118). Eine Begünstigung derjenigen Versicherungsnehmer , die die Beitragszahlung vorzeitig beenden, dadurch, dass ihnen ein Betrag gutgebracht wird, der über den hinausgeht, der bei Verrechnung der geleisteten einmaligen Abschlusskosten nach dem Zillmerungsverfahren verbleibt, muss sich notwendig zugleich auf die Höhe des

Überschusses auswirken, der den Versicherungsnehmern zugute kommt, die den Vertrag beitragspflichtig bis zum Ende durchführen. Ähnlich wie bei der Überschussbeteiligung ist es daher nicht sachgerecht, die Höhe der beitragsfreien Versicherungssumme oder des Rückkaufswertes vorrangig oder nur am Interesse der die Beitragszahlung vorzeitig beendenden Versicherungsnehmer an einer Optimierung der an sie zu erbringenden Leistungen auszurichten. Das widerspräche dem für das Versicherungsrecht - und auch für die Lebensversicherung - typischen Gedanken einer Risikogemeinschaft und des Ausgleichs der unterschiedlichen Interessen der Versicherungsnehmer (vgl. BVerfG VersR 2005, 1127, 1134).
ee) Zur Höhe der Mindestleistung bei Einstellung d er Beitragszahlung hat der Senat den Vorschlag der Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts übernommen (Abschlussbericht aaO Ziff. 1.3.2.1.4 und Begründung zu §§ 158, 161 des Entwurfs). Der Senat hat andere Möglichkeiten für die Festlegung eines Mindestrückkaufswerts erwogen (dazu Claus, VerBAV 1986, 239, 253, 283 ff.) und auch die Verteilung der Abschlusskosten auf einen längeren Zeitraum wie bei der "Riester-Rente" in seine Überlegungen einbezogen (nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 AltZertG früher mindestens zehn Jahre, ab 1. Januar 2005 mindestens fünf Jahre; so LG Hildesheim VersR 2003, 1290 f.; vgl. dazu Wandt, VersR 2001, 1460). Er hält den Vorschlag der Reformkommission jedoch aus mehreren Gründen für vorzugswürdig. Der Vorschlag stammt von einem sachkundigen Gremium, dem Vertreter der Verbraucher, der Versicherungswirtschaft und der Wissenschaft angehörten, beruht auf aktuellen Erkenntnissen und erscheint ohne größere Schwierigkeiten durchführbar. Danach soll der Rückkaufswert abweichend von § 176 Abs. 3 Satz 1 VVG nicht mehr der Zeitwert der Versicherung, sondern

das nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation zum Schluss der laufenden Versicherungsperiode berechnete Deckungskapital der Versicherung sein, bei einer Kündigung mindestens jedoch die Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitals. Entsprechendes soll für die Ermittlung der prämienfreien Versicherungsleistung gelten, für die schon bisher nach § 174 Abs. 2 VVG die Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation maßgebend sind. Dies führt auch nach Ansicht des Senats zu einer klaren und möglichst einfachen Berechnung des Rückkaufswertes nach bewährten versicherungsmathematischen Regeln. Der danach berechnete Mindestrückkaufswert führt allerdings dazu, dass für die Verträge, die davon betroffen sein können, eine erhöhte Deckungsrückstellung zu bilden ist (vgl. Engeländer, VersR 2005, 1031, 1036; Schroer, Der Verantwortliche Aktuar in der Lebensversicherung S. 104). Dieser Eingriff in die Rechnungsgrundlagen erscheint hinnehmbar, weil die Verrechnung der einmaligen Abschlusskosten im Wege der Zillmerung als solche bestehen bleiben kann.
Demgegenüber ist auch zehn Jahre nach Inkrafttrete n der Neuregelung noch nicht allgemein anerkannt, wie der Zeitwert nach § 176 Abs. 3 Satz 1 VVG zu berechnen ist (vgl. Jaeger, VersR 2002, 133 ff.: "ungelöstes Rätsel"; Engeländer, NVersZ 2002, 436, 442 f.). Nach Ansicht von Versicherungsmathematikern liegt er unter den vereinbarten und nach den herkömmlichen Verfahren berechneten Rückkaufswerten (Engeländer, aaO S. 441, 446; Jaeger, aaO S. 144). Der Zeitwert bietet schon deshalb keine Grundlage für einen Ausgleich der durch den Transparenzmangel verursachten nachteiligen Folgen bei vorzeitiger Beendigung der Beitragszahlung.

C. Der geltend gemachte Anspruch ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht durch Verzicht erloschen oder verwirkt, weil der Klägerin das Recht auf einen höheren Rückkaufswert nicht bekannt war und vor Veröffentlichung der Senatsurteile vom 9. Mai 2001 auch nicht hätte bekannt sein können und die Beklagte durch die ihr objektiv zuzurechnende Intransparenz der AVB-Klauseln eine unklare Rechtslage geschaffen hatte.

D. Die Sache wird zurückverwiesen, damit die Parte ien ergänzend vortragen können und die Klägerin ihre Anträge anpassen kann.

Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 69/08 Verkündetam:
24.März2010
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ATV § 19; VBL-Satzung §§ 36 Abs. 1 Satz 1 c, 68, 69
Den Versicherten steht im Rahmen des in der Zusatzversorgung des öffentlichen
Dienstes eingeführten Betriebsrentensystems (hier: Satzung der Versorgungsanstalt
des Bundes und der Länder) kein Anspruch auf Überschussbeteiligung
durch Zuteilung und Gutschrift von Bonuspunkten in bestimmter Höhe
zu. Schon daraus folgt, dass ein darauf bezogener Auskunftsanspruch ausscheidet.
BGH, Urteil vom 24. März 2010 - IV ZR 69/08 - LG Karlsruhe
AG Karlsruhe
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Richter Seiffert
, den Richter Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf, die Richter Felsch
und Dr. Karczewski auf die mündliche Verhandlung vom 24. März 2010

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 18. Januar 2008 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die I. beklagte Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) hat die Aufgabe, den Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Wege privatrechtlicher Versicherung eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Mit Neufassung ihrer Satzung vom 22. November 2002 (BAnz. Nr. 1 vom 3. Januar 2003) hat die Beklagte ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31. Dezember 2001 umgestellt. Den Systemwechsel hatten die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes im Tarifvertrag Altersversorgung vom 1. März 2002 (ATV) vereinbart. Damit wurde das frühere - auf dem Versorgungstarifvertrag vom 4. November 1966 (Versorgungs-TV) beruhende - endgehaltsbezogene Gesamtversorgungssystem aufgegeben und durch ein auf einem Punktemodell nach versicherungsmathematischen Grundsätzen beruhendes Betriebsrentensystem ersetzt.
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II. In dem eingeführten Betriebsrentensystem beruht die Berechnung der monatlichen Betriebsrente auf der Summe der bis zum Beginn der Betriebsrente erworbenen Versorgungspunkte, die sich unter anderem für das zusatzversorgungspflichtige Entgelt, für soziale Komponenten und als Bonuspunkte ergeben können. In Versorgungspunkte umgerechnet wurden auch die bis zur Systemumstellung erworbenen Rentenanwartschaften der Versicherten, die die Beklagte wertmäßig festgestellt und als so genannte Startgutschriften auf die neuen Versorgungskonten der Versicherten übertragen hat.
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Die neue Satzung der Beklagten (VBLS) lautet auszugsweise wie folgt, wobei § 68 VBLS im Wesentlichen mit § 19 ATV übereinstimmt: "§ 68 Überschussverteilung (1) Die VBL stellt jährlich bis zum Jahresende für das vorangegangene Geschäftsjahr fest, ob und in welchem Ausmaß aus verbleibenden Überschüssen (Absatz 3) Bonuspunkte vergeben werden können (…). Über die Zuteilung von Bonuspunkten entscheidet der Verwaltungsrat auf Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars. (2) Grundlage für die Feststellung und Entscheidung nach Absatz 1 ist eine auf anerkannten versicherungsmathematischen Grundsätzen beruhende und durch den Verantwortlichen Aktuar erstellte fiktive versicherungstechnische Bilanz (…). (3) Ergibt die fiktive versicherungstechnische Bilanz einen Überschuss, wird dieser Überschuss um den Aufwand für soziale Komponenten nach § 37 und um die Verwaltungskosten der VBL (…) vermindert und nach Maßgabe des Absatzes 1 verwendet (…). Einzelheiten werden in den Ausführungsbestimmungen geregelt (…).
§ 69 Rückstellung für Überschussverteilung (1) Der Überschuss, der sich entsprechend der versicherungstechnischen Bilanz ergibt, wird (…) in die Rückstellung für Überschussverteilung eingestellt. Über die Zuführung des verteilungsfähigen Überschusses (…) zur Rückstellung für Überschussverteilung entscheidet der Verwaltungsrat. (2) Diese Rückstellung dient der Verbesserung oder Erhöhung von Leistungen, insbesondere zur Gewährung von Bonuspunkten (…). Über die Verwendung der Rückstellung entscheidet der Verwaltungsrat auf Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars.
X Ausführungsbestimmungen zu § 68 Abs. 3 Satz 3 - Überschussverteilung - (…) (6) Eine Verwendung der Rückstellung für Überschussbeteiligung zur Vergabe von Bonuspunkten oder sonstigen Erhöhung von Leistungen nach § 69 Abs. 2 Satz 1 ist höchstens so zu bemessen, dass die hierfür zu ermittelnde zusätzliche Nettodeckungsrückstellung (…) die Rückstellung für Überschussverteilung nicht übersteigt. Der Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars zur Verwendung der Rückstellung nach § 69 Abs. 2 Satz 3 hat zudem die Entstehung des Überschusses und künftige Risiken angemessen zu berücksichtigen."
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III. Die bei der Beklagten pflichtversicherte Klägerin hat für die Kalenderjahre 2002 bis 2004 so genannte Versicherungsnachweise erhalten , aus denen sich die Höhe der von der Klägerin insgesamt erworbenen Anwartschaft auf Betriebsrente wegen Alters einschließlich desjenigen Teils der Anwartschaft ergibt, der von ihr bis zur Systemumstellung erworben und als Startgutschrift dem Versorgungskonto gutgeschrieben wurde. Bonuspunkte sind in den Versicherungsnachweisen nicht ausgewiesen. Der Verwaltungsrat der Beklagten hat für die Geschäftsjahre 2002 bis 2004 entschieden, dass dem das Versorgungskonto I betreffenden Abrechnungsverband, dem die Klägerin angehört, keine Bonuspunkte zugeteilt werden.
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Die Klägerin meint, ihr stehe ein Anspruch auf Zuteilung und Gutschrift von Bonuspunkten für die genannten Geschäftsjahre zu; im Wege der Stufenklage (§ 254 ZPO) verlangt sie Auskunft über die von der Beklagten in den Kalender- bzw. Geschäftsjahren 2002 bis 2004 erzielten Überschüsse durch Vorlage der (fiktiven) versicherungstechnischen Bilanzen.
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Das Amtsgericht hat dem Auskunftsantrag durch Teilurteil stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das Teilurteil des Amtsgerichts geändert und die Stufenklage insgesamt abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr ursprüngliches Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


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Die Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin erhobene Stufenklage zu Recht insgesamt abgewiesen.
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I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Klägerin stehe der geltend gemachte Auskunftsanspruch nicht zu. Ein solcher ergebe sich aus den Satzungsbestimmungen der Beklagten weder bei unmittelbarer noch bei entsprechender Anwendung und folge auch nicht aus dem Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (IFG; BGBl. I 2005, 2722). Zudem könne sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf § 55 Abs. 3 oder § 10 a des Versicherungsaufsichtsgesetzes berufen. Im Übrigen könne sie die begehrte Auskunft nicht aus den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verlangen. Hierfür sei erforderlich, dass ein dem Grunde nach feststehender Leistungsanspruch existiere. Ein solcher Anspruch der Klägerin auf Bonuspunkte bestehe (derzeit) nicht. Zivilrechtliche Ansprüche auf Bonuspunkte entstünden für die Versicherten erst, wenn ihnen von der Beklagten Bonuspunkte zugeteilt bzw. im Versicherungsnachweis ausgewiesen werden. Die systematische Stellung der §§ 68 f. VBLS und die Bestimmung über das Ob und das Ausmaß der Gewährung von Bonuspunkten machten deutlich, dass sich ein berechenbarer Anspruch des einzelnen Pflichtversicherten hieraus nicht herleiten lasse. Nach den genannten Regelungen und den zugehörigen Ausführungsbestimmungen X zu § 68 Abs. 3 Satz 3 VBLS bleibe es den zuständigen Gremien der Beklagten letztlich unbenommen, Rückstellungen zu bilden statt Bonuspunkte zu gewähren. Ein Anspruch auf Überschussbeteiligung könne sich (derzeit) auch nach § 153 VVG jedenfalls aus dem Grunde nicht ergeben, dass die Regelung bei Altverträgen erst ab dem 1. Januar 2008 gelte und daher für den hier maßgeblichen Zeitraum 2002 bis 2004 nicht anwendbar sei.
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damit Da nicht nur dem geltend gemachten Auskunftsanspruch, sondern zugleich dem angekündigten Leistungsbegehren die Grundlage fehle, sei auch das Berufungsgericht als Rechtsmittelgericht befugt, die Stufenklage insgesamt abzuweisen.
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II. Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
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1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zuteilung und Gutschrift von Bonuspunkten für die Geschäftsjahre 2002 bis 2004. Schon daraus folgt, dass ein zur Vorbereitung eines solchen Anspruches geltend gemachter Anspruch auf Auskunft über die von der Beklagten in den genannten Jahren erzielten Überschüsse durch Vorlage der (fiktiven) versicherungstechnischen Bilanzen entfällt (vgl. BGHZ 128, 54, 58; 87, 346, 352 f., 358).
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a) Für das genannte Leistungsbegehren der Klägerin besteht nach der insoweit allein maßgeblichen Satzung der Beklagten keine rechtliche Grundlage. Die Auslegung der Satzung ergibt, dass für die Versicherten, die - wie die Klägerin als Pflichtversicherte - für die Zuteilung von Bonuspunkten in Betracht kommen (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 2-4 VBLS), ein solcher Anspruch auf Überschussbeteiligung lediglich dem Grunde nach besteht. Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, wird dagegen ein Anspruch auf Zuteilung und Gutschrift von Bonuspunkten in bestimmter Höhe nicht gewährt.
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aa) (1) Die Satzungsbestimmungen der Beklagten finden als Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) auf die Gruppenversicherungsverträge Anwendung, die von den beteiligten Arbeitgebern als Versicherungsnehmern mit der Beklagten als Versicherer zugunsten der bezugsberechtigten Versicherten, der Arbeitnehmer, abgeschlossen werden (st. Rspr.; vgl. BGHZ 142, 103, 106 f.; Senatsurteil vom 14. Juni 2006 - IV ZR 55/05 - VersR 2006, 1248 Tz. 8). Für die Auslegung der Satzungsbestimmungen kommt es auf das Verständnis und Interesse des durchschnittlichen Versicherten an (vgl. Senatsurteile vom 3. De- http://www.juris.de/jportal/portal/t/3k20/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=3&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE315282007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/3k20/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=3&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=jzs-VVW01-58-2007-15-0676-0003&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 8 - zember 2008 - IV ZR 104/06 - VersR 2009, 201 Tz. 13; vom 14. Februar 2007 - IV ZR 267/04 - VersR 2007, 676 Tz. 10; vom 14. Juni 2006 aaO m.w.N.).
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(2) Nach diesem Maßstab ist vom Wortlaut der Satzung auszugehen. Der Versicherte wird dabei zunächst die Regelung des § 36 Abs. 1 Satz 1 c VBLS in den Blick nehmen, die lediglich den Hinweis darauf enthält , dass sich Versorgungspunkte, die nach § 35 Abs. 1 VBLS der Betriebsrente zugrunde liegen, auch als Bonuspunkte ergeben können und deren Feststellung und Gutschrift jeweils zum Ende des folgenden Kalenderjahres erfolgt (vgl. § 36 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 VBLS). Für Weiteres nimmt die Regelung des § 36 Abs. 1 Satz 1 c VBLS auf die mit "Überschussverteilung" überschriebene Regelung des § 68 VBLS Bezug.
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Auch aus dieser Regelung lässt sich keine bestimmte Höhe der Überschussbeteiligung entnehmen. Die Regelung stellt vielmehr einleitend in Absatz 1 Satz 1 klar, dass die Beklagte jährlich feststellt, "ob" und "in welchem Ausmaß" Bonuspunkte vergeben werden können, wobei die Entscheidung über die Zuteilung der Bonuspunkte durch den Verwaltungsrat der Beklagten auf Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars zu treffen ist (§ 68 Abs. 1 Satz 6 VBLS).
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Wie sich für den Versicherten im Weiteren aus § 69 VBLS und Absatz 6 der Ausführungsbestimmungen X zu § 68 Abs. 3 Satz 3 VBLS ergibt , liegt der Überschussbeteiligung ein im Einzelnen geregeltes Verfahren zugrunde, für das indes keine konkreten Vorgaben zur Höhe der Überschussbeteiligung vorgesehen sind, sondern im Grundsatz ein gewisser Spielraum belassen wird. So erschließt sich für den Versicherten zunächst aus der Regelung des § 69 Abs. 1 Satz 1 VBLS, dass ein nach § 68 Abs. 2 und 3 VBLS ermittelter verteilungsfähiger Überschuss in die Rückstellung für Überschussverteilung einzustellen ist. Diese dient, worauf § 69 Abs. 2 Satz 1 VBLS hinweist, der Verbesserung und Erhöhung von Leistungen, und zwar insbesondere, aber nicht ausschließlich zur Gewährung von Bonuspunkten. Die Entscheidung darüber, wie die Rückstellung zu verwenden ist, hat nach § 69 Abs. 2 Satz 3 VBLS der Verwaltungsrat der Beklagten auf Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars zu treffen. Aus Absatz 6 der Ausführungsbestimmungen X zu § 68 Abs. 3 Satz 3 VBLS lässt sich insoweit ergänzend entnehmen, dass die Verwendung der Rückstellung für Überschussverteilung zur Vergabe von Bonuspunkten höchstens so zu bemessen ist, dass die hierfür zu ermittelnde zusätzliche Nettodeckungsrückstellung die Rückstellung für Überschussverteilung nicht übersteigt. Zudem hat der Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars die Entstehung des Überschusses und künftige Risiken angemessen zu berücksichtigen.
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(3) Ist danach bereits nach dem Wortlaut der §§ 68 f. VBLS klar, dass die Höhe der Überschussbeteiligung letztlich von der Entscheidung der Beklagten durch ihren Verwaltungsrat abhängt, wird der Versicherte in diesem Verständnis der Regelungen durch deren systematische Stellung in der Satzung der Beklagten bestätigt. Die Regelungen zur Überschussbeteiligung finden sich - worauf das Berufungsgericht zu Recht hingewiesen hat - nicht in einem die Leistungsverpflichtung der Beklagten bestimmenden, sondern im mit "Finanzierung und Rechnungswesen" überschriebenen Fünften Teil der Satzung bzw. in den Ausführungsbestimmungen X zu § 68 Abs. 3 Satz 3 VBLS. Das ist anders bei den Regelungen der §§ 36 Abs. 2 und 3, 37 und 82a Abs. 2 VBLS zur Bestimmung der übrigen Versorgungspunkte i.S. des § 36 Abs. 1 Satz 1 VBLS, die konkrete Berechnungsvorgaben enthalten und im Zweiten Teil, Abschnitt http://www.juris.de/jportal/portal/t/25lm/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE260101377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/25lm/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE260202140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/25lm/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE260303140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/25lm/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE309499900&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/25lm/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE312792004&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/25lm/## - 10 - III der Satzung mit der Überschrift "Betriebsrente aufgrund einer Pflichtversicherung nach dem Punktemodell" bzw. im Sechsten Teil unter "Sonderbestimmungen" enthalten sind.
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bb) Dass den Versicherten danach kein Anspruch auf Überschussbeteiligung in bestimmter Höhe zusteht, ist hinzunehmen. Einen solchen Anspruch konnte und musste die Beklagte nicht einräumen.
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(1) Als Allgemeine Versicherungsbedingungen unterliegen die Satzungsbestimmungen der Beklagten regelmäßig der richterlichen Inhaltskontrolle nach den §§ 307 Abs. 1 und 2, 308, 309 BGB, soweit dieser nicht ihrerseits Schranken gesetzt sind (BGHZ aaO 109 f.; Senatsurteil vom 14. Januar 2004 - IV ZR 56/03 - VersR 2004, 453 unter I 2 a). Solche Schranken könnten sich hier bereits deshalb ergeben, weil es sich bei den §§ 68 f. VBLS lediglich um eine Leistungsbeschreibung handeln könnte, die nach dem Sinn und Zweck des § 307 BGB einer gerichtlichen Kontrolle entzogen wäre (vgl. BGHZ 128, 54, 59; Senatsurteil vom 24. März 1999 - IV ZR 90/98 - VersR 1999, 710 unter A I 2 a m.w.N.). Ob das zutrifft oder davon auszugehen ist, dass die Regelungen das Hauptleistungsversprechen einschränken, verändern, ausgestalten oder modifizieren mit der Folge, dass eine Inhaltskontrolle nicht ausgeschlossen wäre (BGHZ aaO; Senatsurteil vom 24. März 1999 aaO), ist zweifelhaft. Letztlich bedarf die Frage der Kontrollfähigkeit keiner Entscheidung. Dass die §§ 68 f. VBLS keine bestimmte Höhe der Überschussbeteiligung vorsehen, hält einer Inhaltskontrolle stand. Anhaltspunkte für eine unangemessene Benachteiligung der Versicherten i.S. des § 307 Abs. 1 Satz 1 VBLS, auf deren Interesse vorrangig abzustellen ist (BGHZ 103, 370, 383), sind nicht gegeben.
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Eine (2) unangemessene Benachteiligung der Versicherten kann schon deshalb nicht gegeben sein, weil es der weitgehend unternehmerischen Entscheidung des Versicherers überlassen bleiben muss, in welcher Höhe er ermittelte Überschüsse in den jeweiligen Geschäftsjahren zuteilt. Diese Notwendigkeit ergibt sich vor dem Hintergrund, dass der Versicherer die spätere Erfüllbarkeit der Verbindlichkeiten aus der Überschussbeteiligung zu gewährleisten hat (vgl. zur Lebensversicherung § 11 a Abs. 3 Nr. 4, Abs. 4 Nr. 3 VAG). Diesem obersten, im Interesse aller Beteiligten liegenden Gebot widerspräche es, dem einzelnen Versicherten einen konkreten Anspruch auf Gutschrift von Bonuspunkten zuzubilligen , denn dies könnte zu Lasten der wirtschaftlichen Substanz der Beklagten oder zu Lasten der Überschussbeteiligung anderer Versicherter gehen. Diese Grundgedanken liegen bereits den Urteilen des Senats vom 8. Juni 1983 (BGHZ 87, 346, 354 f., 356 f.) und vom 9. Mai 2001 (BGHZ 147, 354, 371 f.) sowie den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juli 2005 zur Bestandsübertragung und zur Überschussbeteiligung in der Lebensversicherung zugrunde (VersR 2005, 1109 und VersR 2005, 1127). Das Urteil zur Überschussbeteiligung stellt den Grundsatz unternehmerischer Eigenverantwortung der Versicherungsunternehmen ausdrücklich nicht in Frage und betont den Vorrang der Interessen der Risikogemeinschaft vor Einzelinteressen von Versicherten (aaO 1131 f.; 1134). Anhaltspunkte dafür, dass für die Beklagte ein anderer Ansatz gelten müsste, sind nicht dargelegt und nicht ersichtlich. Insbesondere spielt es keine Rolle, dass der Überschussbeteiligung im Bereich der Pflichtversicherung ganz überwiegend keine tatsächlichen, sondern rein fiktiv ermittelte Überschüsse zugrunde liegen. Entscheidend ist, dass die Zuteilung bzw. Gutschrift von Bonuspunkten auf den Versorgungskonten der Versicherten nach § 36 Abs. 1 Satz 2 VBLS eine Leistungserhöhung und damit eine tatsächliche künftige Leistungsverpflichtung der Beklagten zur Folge hat.
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Übrigen Im ist zu berücksichtigen, dass der Verwaltungsrat der Beklagten, der - wie ausgeführt - über die Verwendung der Rückstellung für Überschussverteilung und die Zuteilung von Bonuspunkten zu entscheiden hat, paritätisch besetzt ist (vgl. § 11 Abs. 1 VBLS). Die Versicherten sind daher über ihre Vertreter an den genannten Entscheidungen des Verwaltungsrats beteiligt, dem die für die Überschussbeteiligung maßgebenden Informationen, insbesondere der Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars zur Verwendung der Rückstellung für Überschussverteilung , zugänglich sind.
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Eine (3) unangemessene Benachteiligung der Versicherten folgt schließlich nicht aus dem Hinweis der Revision darauf, dass die Zuteilung bzw. Gutschrift von Bonuspunkten, die eine Dynamisierung der Anwartschaften der Versicherten dadurch bewirkt, dass die jeweils erworbenen Versorgungspunkte einschließlich der Startgutschriften um einen Prozentsatz erhöht werden (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT Teil VII - ATV 179. ErgL Stand Oktober 2002 Erl. 19.1; 19.6), auch eine nach dem früheren Gesamtversorgungssystem erdiente Dynamik (verändert) aufrechterhalten soll. Wie der Senat zu den Übergangsregelungen für die so genannten rentenfernen und rentennahen Pflichtversicherten in den Urteilen vom 14. November 2007 (IV ZR 74/06 - BGHZ 174, 127 Tz. 81) und vom 24. September 2008 (IV ZR 134/07 - BGHZ 178, 101 Tz. 50) entschieden hat, ist die von den Tarifvertragsparteien gewählte und von der Beklagten in ihre Satzung übernommene Form der Dynamisierung der erteilten Startgutschriften i.S. des § 78 Abs. 1 Satz 2 VBLS durch die in den §§ 68 f. VBLS geregelte Überschussbeteiligung (vgl. §§ 33 Abs. 7 ATV, 79 Abs. 7 VBLS) nicht zu beanstanden. Im Übrigen enthalten die nach der Systemumstellung erworbenen entgeltbezogenen Versorgungspunkte - wie die Revision nicht verkennt - über den Altersfaktor nach § 36 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 VBLS eine Verzinsung.
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b) Nach allem lässt sich aus der Satzung der Beklagten kein Anspruch der Versicherten auf Überschussbeteiligung durch Zuteilung und Gutschrift von Bonuspunkten in bestimmter Höhe begründen. Anders als die Revision meint, sind die Versicherten dadurch nicht rechtlos gestellt.
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Auch wenn die Versicherten von der Beklagten keine Überschussbeteiligung in bestimmter Höhe verlangen können, haben sie gleichwohl den Anspruch darauf, entsprechend den satzungsgemäßen Vorgaben an Überschüssen beteiligt zu werden. Soweit die Beklagte diesen Vorgaben nicht nachgekommen sein sollte, bleibt es den Versicherten grundsätzlich unbenommen, die gerichtliche Feststellung zu begehren, dass die ihnen erteilten Versicherungsnachweise in Bezug auf die (nicht) ausgewiesenen Bonuspunkte unverbindlich oder unwirksam sind. Darum geht es hier jedoch nicht. Die Klägerin macht den genannten Anspruch auf Beteiligung an Überschüssen entsprechend den satzungsgemäßen Vorgaben weder ausdrücklich geltend noch lässt es sich aus ihrem Vorbringen entnehmen. Ihr Tatsachenvortrag bietet auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass ein darauf bezogener Auskunftsanspruch (vgl. dazu das Senatsurteil vom heutigen Tage in der Sache IV ZR 296/07) Gegenstand des Rechtsstreits sein soll. Vielmehr macht sie auch im Revisionsverfahren unmissverständlich deutlich, mit Hilfe der beantragten Auskunft den - nach Ansicht des Senats nicht gegebenen - Anspruch auf konkrete Gutschrift von Bonuspunkten verfolgen zu wollen.
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2. Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, durfte das Berufungsgericht den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Auskunft verneinen. Dabei war es in seiner Entscheidung nicht darauf beschränkt, nur diesen auf der ersten Stufe geltend gemachten Anspruch abzuweisen, sondern konnte gleichzeitig über den auf der zweiten Stufe angekündigten Leistungsantrag entscheiden. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass das Rechtsmittelgericht befugt ist, die gesamte Stufenklage durch einheitliches Endurteil abzuweisen, wenn dem Hauptanspruch - wie hier - die materiell-rechtliche Grundlage fehlt (vgl. dazu BGHZ 94, 268, 275; 30, 213, 215; BGH, Urteil vom 22. November 2000 - VIII ZR 40/00 - NJW 2001, 821 unter II 3; OLG Celle NJW-RR 1995, 1021 f.; Zöller/Greger, ZPO 28. Aufl. § 254 Rdn. 9, 14; a.A. MünchKomm-ZPO/Becker-Eberhard, 3. Aufl. § 254 Rdn. 31; Musielak/ Foerste, ZPO 7. Aufl. § 254 Rdn. 8).
Seiffert Wendt Dr. Kessal-Wulf
Felsch Dr. Karczewski
Vorinstanzen:
AG Karlsruhe, Entscheidung vom 08.06.2007 - 2 C 520/06 -
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 18.01.2008 - 6 S 32/07 -