Bundesgerichtshof Urteil, 12. Juli 2007 - III ZR 83/06

published on 12/07/2007 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 12. Juli 2007 - III ZR 83/06
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Previous court decisions
Landgericht Köln, 2 O 405/04, 19/05/2005
Oberlandesgericht Köln, 15 U 111/05, 14/03/2006

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 83/06
Verkündet am:
12. Juli 2007
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
BGB § 276 (Fa) a.F.
Der Umstand, dass ein Beteiligungsprospekt Chancen und Risiken der Kapitalanlage
hinreichend verdeutlicht, ist kein Freibrief für den Vermittler, Risiken
abweichend hiervon darzustellen und mit seinen Erklärungen ein Bild zu
zeichnen, das die Hinweise im Prospekt entwertet oder für die Entscheidungsbildung
des Anlegers mindert.
BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - III ZR 83/06 - OLG Köln
LG Köln
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Juli 2007 durch den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter
Dr. Wurm, Dörr, Wöstmann und die Richterin Harsdorf-Gebhardt

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 14. März 2006 im Kostenpunkt - mit Ausnahme der Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 - und insoweit aufgehoben, als die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs , an einen anderen Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin unterzeichnete am 19. Mai 1995 ein Beteiligungsangebot über 50.000 DM zuzüglich eines Agios von 2.500 DM an dem von der Beklagten zu 1 vertriebenen geschlossenen Immobilienfonds "Dreiländer Beteiligung Objekt DLF 94/17 - Walter Fink-KG", der Immobilien und Wertpapiere in Deutschland, der Schweiz und den USA hält, darunter das in Stuttgart gelegene Hotel-, Freizeit- und Theaterzentrum Stuttgart-International. Dem Beitritt, den die Klägerin fremdfinanzierte, waren Gespräche mit dem Beklagten zu 2, einem Handelsvertreter der Beklagten zu 1, vorausgegangen. Er hatte der Klägerin eine unverbindliche und kostenlose Finanzierungsanalyse angeboten, ihre persönlichen Daten zu Gehalt, Fixkosten, Versicherungen und Kreditraten aufgenommen , ihr mitgeteilt, dass sie eine viel zu hohe Steuerbelastung habe, und eine fremdfinanzierte Beteiligung an dem genannten Fonds empfohlen, wobei er ihr die Emissionsprospekte und eine Beispiels-Berechnung für den fremdfinanzierten Erwerb eines Anteils mit einem Beteiligungsverlauf bis zum Jahr 2025 aushändigte. Zur Finanzierung des Beitritts nahm die Klägerin einen Kredit über 55.560 DM bei der Sparkasse B. auf.
2
Während die Klägerin zunächst Ausschüttungen von 7 v.H. erhalten hatte , konnten im Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren gegen die S. AG, die Generalmieterin der Fondsimmobilie in Stuttgart, die Ausschüttungen seit 1999 nicht mehr in der vorgesehenen Höhe vorgenommen werden. Die Klägerin begehrt wegen unrichtiger Angaben bei der Vermittlung ihrer Beteiligung Schadensersatz. Sie hat behauptet, dass ihr der Beklagte zu 2 eine jährliche Ausschüttung von 7 v.H. garantiert habe, die mit den zu erwartenden Steuervorteilen ausreiche, um die Kreditbelastung zu tragen. Ihre Besorgnis im Hinblick auf den Verlust ihres Arbeitsplatzes und ihren geplanten Wechsel zu einer Zeitarbeitsfirma, bei dem mit Gehaltseinbußen zu rechnen sei, habe der Beklagte zu 2 mit dem Hinweis zerstreut, es handele sich bei dem Immobilienfonds um eine der sichersten Kapitalanlagen. Für den Fall, dass bei der Klägerin ein finanzieller Engpass eintrete, könne sie den Fondsanteil nach einem Jahr frei und ohne jeglichen Verlust, voraussichtlich sogar mit Gewinn, wieder veräußern.
3
Die auf Zahlung von 18.728,29 € nebst Zinsen sowie auf Freistellung von Darlehensverbindlichkeiten Zug um Zug gegen Übertragung der Gesellschaftsanteile gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, die auf die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage beschränkt wurde, verfolgt die Klägerin ihr Begehren nun noch gegen die Beklagte zu 1 weiter.

Entscheidungsgründe


4
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit es die gegen die Beklagte zu 1 (im Folgenden: Beklagte) gerichtete Klage betrifft, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


5
Das Berufungsgericht geht davon aus, dass durch die Tätigkeit des Handelsvertreters der Beklagten zwischen den Parteien ein als Anlageberatungsoder als Anlagevermittlungsvertrag zu qualifizierendes Rechtsverhältnis zustande gekommen sei. Es verneint jedoch eine Haftung der Beklagten. Für die Zwecke der Klägerin, mit Hilfe von Ausschüttungen und Steuerersparnissen Vermögen zu bilden, sei der Fonds, der in der Wirtschaftspresse durchweg positiv beurteilt worden sei, geeignet gewesen. Vor diesem Hintergrund wäre eine Erklärung des Handelsvertreters der Beklagten, es handele sich um "eine der sichersten Kapitalanlagen", nicht zu beanstanden gewesen. Über die allgemeinen Risiken der Fondsbeteiligung habe die Klägerin nicht notwendig mündlich aufgeklärt werden müssen. Denn der überlassene Emissionsprospekt habe die mit der Kapitalanlage verbundenen Risiken vollständig, klar und zutreffend beschrieben und dem Kunden als Information ausgereicht. Vor diesem Hintergrund könne die Klägerin die behauptete Äußerung des Handelsvertreters, der von einer "garantierten" Ausschüttung von 7 v.H. gesprochen habe, nur als optimistische Meinungsäußerung und nicht als fundierte Prognose oder gar als Zusage verstanden haben. Dass der Handelsvertreter ihren Einwand, sie müsse in Zukunft mit Einkommensschmälerungen rechnen, mit Schönreden hinweggewischt habe, lasse sich im Hinblick darauf, dass in der BeispielsBerechnung für die Zeit ab 1997 ein verringertes Jahreseinkommen zugrunde gelegt worden sei, nicht nachvollziehen. Auch der Vorwurf, der Handelsvertreter habe erklärt, sie könne die Beteiligung nach kurzer Zeit risikofrei wieder veräußern , erscheine in Anbetracht der langfristig eingegangenen Kreditbindung und der in der Gesprächsnotiz enthaltenen Belehrung, die Anlage sei langfristig, nämlich auf die Dauer von mindestens 20 bis 25 Jahren angelegt und eine vorzeitige Verfügung sei grundsätzlich nicht vorgesehen, nicht plausibel.

II.


6
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand, da sie ein unter Beweis gestelltes Fehlverhalten des Handelsvertreters der Beklagten ausblendet und den nicht hinreichend festgestellten Sachverhalt unter Vorwegnahme der gebotenen Beweisaufnahme rechtlich würdigt.
7
1. a) Das Berufungsgericht, das das nach § 445 Abs. 1 ZPO zulässige Beweisangebot der Klägerin auf Vernehmung des Beklagten zu 2 als Partei gesehen hat - nach dessen Ausscheiden aus dem Rechtsstreit wird seine Vernehmung als Zeuge in Betracht kommen -, hat den erforderlichen Beweis nicht er- hoben. Deswegen muss für die weitere revisionsrechtliche Behandlung davon ausgegangen werden, dass sich der Sachvortrag der Klägerin in der Beweisaufnahme als richtig herausstellt. Danach hat der Beklagte zu 2 der Klägerin eine jährliche Ausschüttung von 7 v.H. "garantiert", die mit den zu erwartenden Steuervorteilen ausreiche, um die Kreditbelastung zu tragen. Der Beklagte zu 2 hat auch Besorgnisse der Klägerin wegen des Verlustes ihres Arbeitsplatzes mit dem Hinweis zerstreut, dass es sich bei diesem geschlossenen Immobilienfonds um eine der sichersten Kapitalanlagen handele. Schließlich hat er die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie den Fondsanteil nach einem Jahr frei und ohne jeglichen Verlust, voraussichtlich sogar mit Gewinn, wieder veräußern könne.
8
b) Auf dieser Grundlage können Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen die Beklagte, die sich beim Vertrieb der Kapitalanlage ihres Handelsvertreters als Erfüllungsgehilfen bedient hat, nicht ausgeschlossen werden. Dies gilt unabhängig davon, ob - was das Berufungsgericht offen gelassen hat - zwischen der Klägerin und der Beklagten ein Vertrag über Anlageberatung zustande gekommen ist oder ob die Beklagte aus einem stillschweigend zustande gekommenen Auskunftsvertrag haftet, der den Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände verpflichtet, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind (vgl. Senatsurteile vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92 - NJW-RR 1993, 1114 f; vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99 - NJW-RR 2000, 998; vom 11. September 2003 - III ZR 381/02 - NJW-RR 2003, 1690; vom 19. Oktober 2006 - III ZR 122/05 - NJW-RR 2007, 348, 349 Rn. 9; vom 22. März 2007 - III ZR 218/06 - ZIP 2007, 871 Rn. 4). Dass der Fondsanteil nach einem Jahr ohne jeglichen Verlust hätte veräußert werden können, ist nicht festgestellt und im Hinblick darauf, dass Kommanditbeteiligungen an geschlossenen Immobilienfonds in Ermangelung eines entsprechenden Marktes nur eingeschränkt veräußerbar sind (vgl. hierzu Senatsurteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06 - NJW-RR 2007, 621, 622 Rn. 16), in dieser Allgemeinheit nicht richtig. Unabhängig davon, wie man die behauptete Aussage über "garantierte" Ausschüttungen qualifiziert, entsprach sie in ihrer Undifferenziertheit nicht den Angaben im Prospekt. Nimmt man hinzu , dass auch ein Anlageberatungsvertrag nicht auszuschließen ist, war es Sache des Beraters, auf Besorgnisse der Klägerin einzugehen und sie auf die mit der Darlehensfinanzierung übernommenen zusätzlichen Risiken hinzuweisen. Sollte er diese Bedenken mit der Sicherheit der Kapitalanlage zerstreut haben, hätte er das mit der Darlehensfinanzierung einhergehende zusätzliche Risiko außer Betracht gelassen. Unter diesen Umständen kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin bei zutreffender Beratung von der Anlage abgesehen hätte.
9
2. Der Klärung dieser streitigen Gesichtspunkte im Zusammenhang mit dem Beitritt zum Immobilienfonds war das Berufungsgericht weder aus Gründen des formellen noch des materiellen Rechts enthoben. Die Klägerin hatte sich zunächst zwar nur auf ihre eigene Vernehmung als Partei bezogen, aber noch während des Verfahrens erster Instanz - wenige Tage vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung - die Vernehmung des Beklagten zu 2 als Partei beantragt (§ 445 Abs. 1 ZPO). Das Landgericht hat ihr Vorbringen nicht nach § 296 ZPO zurückgewiesen; für eine Nichtberücksichtigung dieses Beweisantritts nach §§ 529, 531 ZPO war daher von vornherein kein Raum.
10
Das Berufungsgericht durfte den Beweisantritt auch nicht mit dem Hinweis für unerheblich halten, aus dem Prospekt hätten sich für die Klägerin alle notwendigen Informationen ergeben und ihr Vorbringen sei insgesamt unplausibel. Es mag sein, dass solche Überlegungen nach Klärung des Sachverhalts ihr Gewicht erlangen. Der Umstand jedoch, dass der Prospekt Chancen und Risiken der Kapitalanlage hinreichend verdeutlicht (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 12. Januar 2006 - III ZR 407/04 - NJW-RR 2006, 770, 771 Rn. 7), ist selbstverständlich kein Freibrief für den Vermittler, Risiken abweichend hiervon darzustellen und mit seinen Erklärungen ein Bild zu zeichnen, das die Hinweise im Prospekt entwertet oder für die Entscheidungsbildung des Anlegers mindert. Auch die allgemeine Einschätzung des Berufungsgerichts, die Behauptungen der Klägerin seien unplausibel, ist ohne hinreichende Grundlage. Denn es ist nicht ersichtlich, dass das Berufungsgericht seine Bedenken mit der Klägerin erörtert und sie hierzu mindestens nach § 141 ZPO persönlich angehört hätte. Unter diesen Umständen werden die Rechte der Klägerin auf einen wirkungsvollen Rechtsschutz verletzt, wenn das Berufungsgericht aufgrund einer vorweggenommenen Würdigung des Sachverhalts davon absieht, in eine gebotene Beweisaufnahme einzutreten. In deren Verlauf wird das Berufungsgericht auch gegebenenfalls dem Umstand Rechnung tragen müssen, dass sich für die Klägerin im Rahmen der ihrer Anlageentscheidung vorausgehenden Vier-AugenGespräche mit dem Handelsvertreter eine Beweisnot ergeben kann, die ihre persönliche Anhörung gemäß § 141 ZPO oder ihre Vernehmung als Partei gemäß § 448 ZPO erfordert (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 27. September 2005 - XI ZR 216/04 - NJW-RR 2006, 61, 63 m.w.N.).
11
3. Der Senat hat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
Schlick Wurm Dörr
Wöstmann Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 19.05.2005 - 2 O 405/04 -
OLG Köln, Entscheidung vom 14.03.2006 - 15 U 111/05 -
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(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht
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Annotations

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

(1) Eine Partei, die den ihr obliegenden Beweis mit anderen Beweismitteln nicht vollständig geführt oder andere Beweismittel nicht vorgebracht hat, kann den Beweis dadurch antreten, dass sie beantragt, den Gegner über die zu beweisenden Tatsachen zu vernehmen.

(2) Der Antrag ist nicht zu berücksichtigen, wenn er Tatsachen betrifft, deren Gegenteil das Gericht für erwiesen erachtet.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.

(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten, so sieht das Gericht von der Anordnung ihres Erscheinens ab.

(2) Wird das Erscheinen angeordnet, so ist die Partei von Amts wegen zu laden. Die Ladung ist der Partei selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; der Zustellung bedarf die Ladung nicht.

(3) Bleibt die Partei im Termin aus, so kann gegen sie Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Dies gilt nicht, wenn die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Die Partei ist auf die Folgen ihres Ausbleibens in der Ladung hinzuweisen.

Auch ohne Antrag einer Partei und ohne Rücksicht auf die Beweislast kann das Gericht, wenn das Ergebnis der Verhandlungen und einer etwaigen Beweisaufnahme nicht ausreicht, um seine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer zu erweisenden Tatsache zu begründen, die Vernehmung einer Partei oder beider Parteien über die Tatsache anordnen.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.