vorgehend
Landgericht Berlin, 86 O 301/11, 25.05.2012
Kammergericht, 9 U 138/12, 21.09.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 339/12
Verkündet am:
4. Juli 2013
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juli 2013 durch den Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter
Dr. Herrmann, Wöstmann, Hucke und Seiters

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Kammergerichts vom 21. September 2012 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsrechtszugs.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger begehrt vom beklagten Land eine Entschädigung wegen des nach seiner Ansicht menschenunwürdigen Vollzugs der Strafhaft in der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T. . Er war dort im Zeitraum vom 27. Januar 2011 bis zum 7. März 2011 in einem Einzelhaftraum mit einer räumlich nicht abgetrennten Toilette und einer Fläche von etwa 5,3 qm untergebracht. Das Landgericht hat den Beklagten - unter Abweisung der weitergehenden Klage - zur Zahlung von 1.320 € nebst Zinsen verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Kammergericht unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung und unter Zurückweisung der Berufung des Klägers die Klage insgesamt abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe


I.


2
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger gegen den Beklagten weder ein Amtshaftungsanspruch aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 34 Satz 1 GG noch ein verschuldensunabhängiger Entschädigungsanspruch nach Art. 5 Abs. 5 EMRK zu.
3
Zwar habe der Beklagte die vom Kläger zu verbüßende Strafhaft teilweise unter Verletzung von Amtspflichten vollzogen. Die Haftbedingungen, über die sich der Senat anlässlich einer Ortsbesichtigung in der inzwischen nicht mehr belegten Teilanstalt I der JVA T. informiert habe, seien einem Häftling, wie vom Verfassungsgerichtshof Berlin in der eine baugleiche Einzelzelle betreffenden Entscheidung vom 3. November 2009 (StV 2010, 374) festgestellt worden sei, nur für eine Übergangszeit - diese bemesse der Senat mit einem Monat (bis 26. Februar 2011) - zumutbar; darüber hinausgehend stellten sie einen Eingriff in das Recht auf Achtung der Menschenwürde dar. Ein diesbezüglicher Amtshaftungsanspruch sei aber nach § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Der Beklagte habe keinen Verlegungsantrag gemäß § 108 Abs. 1 StVollzG gestellt. Dies sei schuldhaft gewesen. Ein solcher Verlegungsantrag hätte auch Erfolg gehabt, da der Kläger - wie zur Überzeugung des Senats feststehe - bei einem entsprechenden Antrag an die Anstaltsleitung sofort in einen größeren Haftraum verlegt worden wäre.
4
Art. 5 Abs. 5 EMRK sei nicht einschlägig. Die Garantie des Art. 5 EMRK beziehe sich nur auf die Freiheitsentziehung als solche, nicht auf die Modalitäten der Haft. Die streitgegenständlichen Haftbedingungen führten nicht zur Rechtswidrigkeit des mit der Vollstreckung der Strafhaft einhergehenden Freiheitsentzugs.

II.


5
Die zulässige Revision ist unbegründet.
6
1. Der im Bereich des Justizvollzugs tätige Hoheitsträger verletzt Amtspflichten im Sinne von § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn er die rechtmäßig verhängte Strafhaft unter Bedingungen vollzieht, die einen Eingriff in das Recht des Gefangenen auf Achtung seiner Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG - oder auch, wie hier, nach Art. 6 der Verfassung von Berlin - darstellen (vgl. nur BVerfG, EuGRZ 2008, 83; NJW-RR 2011, 1043 Rn. 29; Senat, Urteil vom 1. Oktober 2009 - III ZR 18/09, BGHZ 182, 301 Rn. 11). Ob der Vollzug der Strafhaft als menschenunwürdig anzusehen ist, lässt sich dabei nicht abstraktgenerell klären; vielmehr bedarf es jeweils einer Gesamtschau der Umstände des konkreten Einzelfalls (vgl. nur Senat, Beschluss vom 21. Dezember 2005 - III ZR 33/05, NJW 2006, 1289; Urteil vom 11. März 2010 - III ZR 124/09, NJW-RR 2010, 1465 Rn. 7; VerfGH Berlin, StV 2010, 374 f). Als erhebliche Umstände kommen insbesondere die Anzahl der in einem Haftraum untergebrachten Gefangenen, die Größe der zur Verfügung stehenden Haftraumfläche, die Ausgestaltung der sanitären Anlagen im Haftraum, die Gesamtdauer der Unterbringung sowie die täglichen Einschlusszeiten in Betracht (vgl. nur BVerfG, NJW-RR 2011, 1043 Rn. 30; VerfGH Berlin aaO S. 375). Die diesbezügliche tatrichterliche Würdigung unterliegt dabei nur einer beschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung (vgl. nur Senat, Beschluss vom 21. Dezember 2005 aaO).
7
Das Berufungsgericht ist im Wege der gebotenen Gesamtschau davon ausgegangen, dass die Haftbedingungen für den Kläger nicht von Anfang an, sondern erst nach Ablauf eines Zeitraums von einem Monat (ab 27. Februar 2011) unzumutbar gewesen seien. Rechtsfehler dieser Bewertung werden mit der Revision nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich.
8
Soweit der Kläger in seiner Revisionsbegründung unter Bezugnahme auf den Schriftsatz vom 18. Mai 2012 rügt, die Instanzgerichte hätten bei der Bewertung der Haftbedingungen zu Unrecht nicht zusätzlich noch seinen Vortrag, die Zelle sei nicht ausreichend beheizt gewesen, wodurch seine Menschenwürde ebenfalls verletzt worden sei, berücksichtigt und insoweit - statt Beweis zu erheben - diese Darstellung als nicht ausreichend substantiiert zurückgewiesen, hat der Senat das Vorliegen eines Verfahrensfehlers geprüft. Er hält die Verfahrensrüge aber nicht für durchgreifend. Von einer näheren Begründung wird nach § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.
9
2. Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht zu der Auffassung gelangt, dass für den festgestellten Zeitraum menschenrechtswidriger Unterbringung ein Ersatzanspruch des Klägers nach § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen ist.
10
Nach dieser Bestimmung tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn der Verletzte fahrlässig oder vorsätzlich unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Rechtsmittel sind dabei alle Rechtsbehelfe im weitesten Sinne, die der Betroffene gegen das schädigende Verhalten des Amtsträgers ergreifen konnte. Sie müssen darauf abzielen und geeignet sein, das schädigende Verhalten des Amtsträgers zu beseitigen oder zu berichtigen und dadurch die Entstehung eines Schadens zu verhindern oder abzumildern (vgl. nur Senat, Urteile vom 20. Februar 2003 - III ZR 224/01, NJW 2003, 1308, 1312, insoweit in BGHZ 154, 54 nicht abgedruckt, und vom 8. Januar 2004 - III ZR 39/03, NJW-RR 2004, 706, 707; siehe auch Staudinger/Wöstmann, BGB, Neubearbeitung 2013, § 839 Rn. 337 f mwN). Hierzu gehört auch ein Verlegungsantrag an den Anstaltsleiter im Rahmen des § 108 Abs. 1 StVollzG.
11
Am Verschulden fehlt es dann, wenn die Erfolgsaussicht des Rechtsmittels so gering oder so zweifelhaft ist, dass dem Verletzten dessen Gebrauch nicht zugemutet werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 20. Februar 2003 aaO S. 1313; Beschluss vom 29. Januar 2009 - III ZR 182/08, juris Rn. 2; Urteil vom 11. März 2010 - III ZR 124/09, NJW-RR 2010, 1465 Rn. 16; siehe auch Staudinger /Wöstmann aaO Rn. 347 mwN). Ob dies der Fall ist, obliegt der Bewertung des Tatrichters, die revisionsrechtlich nur eingeschränkt darauf überprüfbar ist, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- oder Erfahrungssätze gewürdigt worden ist (vgl. Senat, Beschluss vom 29. Januar 2009 aaO Rn. 3, 5; Urteil vom 11. März 2010 aaO).
12
Auch unter Berücksichtigung der Revisionsbegründung lässt die Sachverhaltsbewertung des Berufungsgerichts keine nach diesem Prüfungsmaßstab bedeutsamen Rechtsfehler erkennen.
13
Das Berufungsgericht hat sich mit dem von der Revision angesprochenen Vortrag des Klägers zu der Auskunft des "zuständigen Stationsbeamten" befasst, jedoch die Auffassung vertreten und näher begründet, dass es dem Kläger in dem hier fraglichen Zeitraum nach der Entscheidung des Berliner Verfassungsgerichtshofs ungeachtet dessen zumutbar gewesen sei, einen Verlegungsantrag bei der Anstaltsleitung zu stellen. Die Annahme, dass eine erfolglose Beschwerde über die Zelle beim Stationsbeamten einen Verlegungsantrag an die für solche Entscheidungen zuständige Anstaltsleitung nicht erübrigt, liegt im Übrigen auf der Linie der Senatsrechtsprechung, wonach sich der Geschädigte regelmäßig nicht mit einem schwächeren und ineffektiveren "Rechtsmittel" begnügen darf (vgl. bereits Urteil vom 21. März 1963 - III ZR 8/62, WM 1963, 841, 842; siehe auch Staudinger/Wöstmann aaO Rn. 344 a.E. mwN und Senat, Urteil vom 11. März 2010 aaO Rn. 16). Dass das Landgericht, auf dessen Entscheidung der Kläger insoweit verweist, bei seiner tatrichterlichen Würdigung dies anders gesehen hat, besagt für das Vorliegen eines Rechtsfehlers nichts; gleiches gilt für die in der Revisionsbegründung in Bezug genommenen Beschlüsse des Senats vom 29. Januar und 12. März 2009 (beide III ZR 182/08, juris), in denen der Senat eine auf menschenrechtswidrige Haftbedingungen in einer Justizvollzugsanstalt in S. bezogene tatrichterliche Würdigung des dortigen Berufungsgerichts zu gerichtlichen Rechtschutzmöglichkeiten nach §§ 109, 114 Abs. 2 Satz 2 StVollzG revisionsrechtlich nicht beanstandet hat.
14
Ergänzend verweist der Senat darauf, dass der Kläger ausweislich der von ihm am 14. Februar 2011 "wegen Strafvollzug" erteilten Vollmacht anwaltlich vertreten war; darüber hinaus hatte der Kläger ausweislich des Inhalts seiner Gefangenenakten damals Kontakt zu seiner vormaligen Verteidigerin. Soweit das Berufungsgericht dem Kläger, falls ihm die Möglichkeit eines Verlegungsantrags an die Anstaltsleitung unbekannt gewesen sei (dies wird mit der Revisionsbegründung allerdings nicht einmal vorgetragen), trotzdem Fahrlässigkeit angelastet hat, da insoweit eine Erkundigungspflicht durch Nachfrage bei fachkundigen Mitarbeitern der Anstalt (Sozialarbeiter, Betreuungspersonal) bestanden habe und der Kläger notfalls auch die Hilfe eines Rechtsanwalts hätte in Anspruch nehmen müssen, wobei er dann auch auf die Entscheidung des Berliner Verfassungsgerichtshofs hingewiesen worden wäre, ist dem nichts hinzuzufügen.

15
Die tatrichterliche und ausführlich begründete Annahme des Berufungsgerichts , der Kläger wäre im Fall eines Antrags nach § 108 StVollzG sofort in einen größeren Haftraum verlegt worden, wird mit der Revision schon nicht substantiiert in Frage gestellt. Der bloße Hinweis auf die gegenteilige Wertung des Landgerichts ist schon deshalb unbehelflich, weil das Berufungsgericht maßgeblich auf den Inhalt der Berufungsbegründung des Beklagten und die dort aufgeführten Beispielsfälle abgestellt hat, in denen Abhilfe geschaffen wurde. Dass es in diesem Zusammenhang unerheblich ist, ob die Anstaltsleitung seinerzeit in der Lage gewesen wäre, alle in der Teilanstalt I der JVA T. unter vergleichbaren Bedingungen Inhaftierten anderweitig unterzubringen, entspricht der Senatsrechtsprechung (vgl. Urteil vom 11. März 2010 aaO Rn. 14).
16
Hat ein Verletzter es aber auch nur fahrlässig versäumt, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden, führt dies - anders als bei § 254 BGB - ohne Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge zum vollständigen Haftungsausschluss nach § 839 Abs. 3 BGB. Der Einwand des Klägers, angesichts des seiner Meinung nach "vorsätzlichen" Verhaltens des Beklagten verstoße der Einwand des Mitverschuldens gegen § 242 BGB, geht vor diesem Hintergrund ins Leere, abgesehen davon, dass nach Auffassung des Senats von einem treuwidrigen Verhalten auch keine Rede sein kann.
17
3. Zutreffend hat das Berufungsgericht auch einen verschuldensunabhängigen Entschädigungsanspruch nach Art. 5 Abs. 5 EMRK verneint.
18
Nach Art. 5 Abs. 5 EMRK hat jede Person einen Anspruch auf Schadensersatz , die unter Verletzung dieses Artikels von Festnahme und Freiheitsentziehung betroffen ist. In den vorstehenden Absätzen werden die Voraussetzungen näher beschrieben, unter denen die Freiheit entzogen werden darf.
19
a) Art. 5 Abs. 5 EMRK gewährt dem Betroffenen einen unmittelbaren Schadensersatzanspruch wegen rechtswidriger Freiheitsbeschränkungen durch die öffentliche Hand (vgl. nur Senat, Urteil vom 10. Januar 1966 - III ZR 70/64, BGHZ 45, 46, 49 ff), der vom Verschulden der handelnden Amtsträger unabhängig ist (vgl. nur Senat, Urteil vom 31. Januar 1966 - III ZR 118/64, BGHZ 45, 58, 65 ff) und auch den Ersatz immateriellen Schadens umfasst (vgl. nur Senat, Urteil vom 29. April 1993 - III ZR 3/92, BGHZ 122, 268, 279 ff). Dabei ist bei innerstaatlicher Rechtswidrigkeit der Inhaftierung der Freiheitsentzug auch dann (mittelbar) konventionswidrig, wenn die Anforderungen der Konvention an die Voraussetzungen, unter denen (Untersuchungs-)Haft angeordnet werden kann, geringer sind als die der deutschen Strafprozessordnung (vgl. Senat, Urteil vom 14. Juli 1971 – III ZR 181/61, BGHZ 57, 33, 38; Urteil vom 29. April 1993 aaO S. 270).
20
b) Ob bei Haftbedingungen, die gegen die Menschenwürde verstoßen, ein Schadensersatzanspruch nach Art. 5 Abs. 5 EMRK gegeben ist, ist in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung umstritten (bejahend etwa OLG Celle, NJW 2003, 2463 f, NJW-RR 2004, 380, 381; KG, OLGR 2005, 813; OLG Nürnberg , Beschluss vom 21. Januar 2011 - 4 U 92/10, nv. Abdruck S. 4; wohl auch OLG Naumburg, NJW 2005, 514, 515; LG Duisburg, Beschluss vom 11. Mai 2009 - 1 O 343/08, juris Rn. 5; verneinend etwa OLG Naumburg, Beschluss vom 30. Januar 2006 - 2 W 25/05, juris Rn. 10; OLG Hamm, Beschluss vom 13. Juni 2008 - 11 W 78/07, juris Rn. 26).

21
Die Frage ist zu verneinen. Die Garantie des Art. 5 EMRK bezieht sich grundsätzlich nur auf die Freiheitsentziehung als solche, nicht auf die Modalitäten des Vollzugs der Haft; daher ergeben sich aus ihr keine Rechte von in Haft befindlichen Personen in Bezug auf ihre Behandlung in der Haft (vgl. Senat, Urteil vom 29. April 1993 aaO S. 270). Dementsprechend wird in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (im Folgenden: EGMR; vgl. nur Urteile vom 15. Juli 2002, Beschwerde-Nr. 47095/99, NVwZ 2005, 303 f, vom 12. Juli 2007 aaO und vom 21. Januar 2011, Beschwerde-Nr. 30696/09, EuGRZ 2011, 243 ff; vgl. auch die Nachweise im Senatsurteil vom 4. November 2004 - III ZR 361/03, BGHZ 161, 33, 37) im Zusammenhang mit der Frage menschenrechtswidriger Haftbedingungen nicht auf Art. 5, sondern auf Art. 3 EMRK abgestellt (siehe auch Esser in Löwe/Rosenberg, aaO Art. 3 Rn. 78 ff, 86 ff, Art. 5 Rn. 3; Frowein/Peukert, EMRK, 3. Aufl., Art. 3 Rn. 12, Art. 5 Rn. 9; Karpenstein/Mayer, aaO Art. 3 Rn. 12, Art. 5 Rn. 12; MeyerLadewig aaO Art. 3 Rn. 29, 31). Art. 3 EMRK enthält aber - anders als Art. 5 EMRK im Absatz 5 - keine unmittelbare Schadensersatzregelung. Vielmehr richten sich die Rechtsfolgen im Falle eines Verstoßes zunächst nach nationalem Recht, in Deutschland also nach §§ 839, 249 ff BGB. Erst und nur dann, wenn das innerstaatliche Recht lediglich eine unvollkommene Wiedergutmachung für die Folgen einer Konventionsverletzung gewährt - was für Deutschland schon deshalb ausscheidet, weil die Anforderungen an eine menschenwürdige Unterbringung von Strafgefangenen nach Maßgabe des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG höher sind als die Anforderungen nach Art. 3 EMRK im Lichte der Rechtsprechung des EGMR -, kommt eine gerechte Entschädigung nach Maß- gabe des Art. 41 EMRK in Betracht, für deren Ausspruch ausschließlich der EGMR im Verfahren einer Individualbeschwerde zuständig ist.
22
Zu Unrecht beruft sich der Kläger in diesem Zusammenhang auf das Senatsurteil vom 29. April 1993 (aaO S. 270). Diesem lag ein Fall zugrunde, in dem die im Vollzug - einschließlich der Unterbringung in einem Anstalts- oder in einem externen Krankenhaus - zur Verfügung stehenden ärztlichen Behandlungsmöglichkeiten nicht ausreichten, um von der Haft ausgehende schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigungen oder Lebensgefahren für den Häftling abzuwenden. Insoweit ging es um die persönliche Vollzugstauglichkeit als Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Haft. Solange die vorhandenen Möglichkeiten genügten, blieb die Haft rechtmäßig; soweit dies nicht (mehr) der Fall war und der Geschädigte bei rechtmäßigem Verhalten der zuständigen Amtsträger vom weiteren Haftvollzug hätte verschont werden müssen, war die Rechtmäßigkeit der Haft selbst betroffen. In einem solchen Ausnahmefall stellen die Umstände des Vollzugs auch die Rechtmäßigkeit der Haft im Sinne von Art. 5 EMRK in Frage. Eine vergleichbare Fallgestaltung liegt hier nicht vor.
23
Zwar muss - wie der Senat in seinem Urteil vom 11. März 2010 (III ZR 124/09, NJW-RR 2010, 1465 Rn. 15) entschieden hat - dann, wenn die Haftbedingungen in einer Zelle menschenunwürdig sind und die Vollzugsanstalt auch unter Berücksichtigung aller ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten (einschließlich der Verlegung in eine andere Haftanstalt, gegebenenfalls auch in einem anderen Bundesland; vgl. zur Verlegung auch BVerfG, Beschluss vom 13. November 2007 - 2 BvR 2201/05, juris Rn. 13; EuGRZ 2008, 83) die Haftsituation nicht ändern kann, notfalls die Strafvollstreckung unterbrochen werden.
Die Aufrechterhaltung eines gegen Art. 1 Abs. 1 GG verstoßenden Zustands ist verboten. Eine Abwägung der unantastbaren Menschenwürde mit anderen - selbst verfassungsrechtlichen - Belangen ist nicht möglich (vgl. BVerfG, NJW 2006, 1580, 1581 Rn. 18). Die Vollzugsanstalt hat deshalb in letzter Konsequenz den Strafvollzug zu unterbrechen, wenn und solange eine weitere Unterbringung nur unter menschenunwürdigen Bedingungen in Betracht kommt (vgl. auch BVerfG, NJW-RR 2011, 1043 Rn. 49). Auch in einem solchen Fall - für dessen Vorliegen hier allerdings nichts ersichtlich ist - wird jedoch der Anwendungsbereich des Art. 5 EMRK nicht berührt. Denn nach der Systematik der Konvention und der Rechtsprechung des EGMR werden unzumutbare Haftbedingungen ausschließlich von Art. 3 EMRK erfasst.
24
Da mithin bereits dem Grunde nach kein Anspruch aus Art. 5 Abs. 5 EMRK gegeben ist, kann dahinstehen, ob § 839 Abs. 3 BGB oder § 254BGB - der ebenfalls gebieten kann, einen belastenden hoheitlichen Akt durch geeignete Rechtsbehelfe abzuwehren (vgl. nur Senat, Urteil vom 26. Januar 1984 - III ZR 216/82, BGHZ 90, 17, 31 ff) - auf einen Anspruch aus Art. 5 EMRK anwendbar sind (bejahend etwa OLG Naumburg, NJW 2005, 514, 515; Beschluss vom 30. Januar 2006, aaO Rn. 11; OLG München, NJW 2007, 1986, 1987; LG Duisburg aaO; Renzikowski in Pabel/Schmahl, Internationaler Kommentar zur EMRK, Art. 5 Rn. 330; offen gelassen im Senatsurteil vom 29. April 1993 aaO S. 278 f; verneinend für unterlassene Rechtsbehelfe nach § 2 Abs. 2 des österreichischen Amtshaftungsgesetzes: OGH, Urteil vom 15. November 1989 - 1 Ob 43/89, S. 4).
Schlick Herrmann Wöstmann
Hucke Seiters
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(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

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(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

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(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

11
Nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 161, 33, 35 ff; Beschlüsse vom 21. Dezember 2005 - III ZR 33/05 - NJW 2006, 1289 und vom 28. September 2006 - III ZB 89/05 - NJW 2006, 3572) steht dem Betroffenen unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) ein Anspruch auf Geldentschädigung für immaterielle Schäden infolge menschenunwürdiger Haftbedingungen zu, wenn die damit verbundene Beeinträchtigung ein Mindestmaß an Schwere erreicht hat und nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann, wobei - ebenso wie bei einem Geldentschädi- gungsanspruch wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts - die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, der Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen sind. Der Anspruch auf Geldentschädigung gründet auf dem Schutzauftrag der Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG und dient vornehmlich der Genugtuung des Verletzten, aber auch den Zwecken der wirksamen Sanktion und Prävention (Senat aaO BGHZ 161, 33, 35 ff; allgemein: BGHZ 128, 1, 12, 15; 143, 214, 218 f; 160, 298, 302 f, 306; 165, 203, 204 f, 206 f, 210 f).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 33/05
vom
21. Dezember 2005
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Dezember 2005 durch
den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr
und Galke

beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die Revision nach § 552a ZPO zurückzuweisen.
Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 31. Januar 2006.

Gründe:


1
Der Senat ist davon überzeugt, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat.
2
1. Die Erwägung des Berufungsgerichts, bei der vorübergehenden Mehrfachbelegung von grundsätzlich für eine Einzelbelegung vorgesehenen und entsprechend kleinen Hafträumen mit baulich nicht abgetrennter Toilette handele es sich um eine häufiger auftretende Konstellation, vermag die Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen. Die Frage, wann die räumlichen Verhältnisse derart beengt sind, dass die Unterbringung des Strafgefangenen gegen die Menschenwürde verstößt, lässt sich nicht abstrakt-generell klären, sondern muss der tatrichterlichen Beurteilung überlassen bleiben. Das Gleiche gilt für die vom Berufungsgericht aufgeworfene Rechtsfrage, wo im Rahmen der Bandbreite der in Betracht kommenden Fälle die Erheblichkeitsschwelle liegt, bei deren Überschreiten eine Geldentschädigung zu gewähren ist. Auch insoweit muss dem Tatrichter ein revisionsrechtlich nur beschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum verbleiben. In zusammenfassender Würdigung meint der Senat daher, dass weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
3
2. Auch in der Sache selbst hält die Entscheidung des Berufungsgerichts der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsurteil liegt in allen Punkten auf der Linie des Senatsurteils vom 4. November 2004 (III ZR 361/03 = BGHZ 161, 33 = NJW 2005, 58).
4
a) Insbesondere hat das Berufungsgericht mit zutreffender Begründung ein Organisationsverschulden der verantwortlichen Amtsträger der Beklagten bejaht. Die von der Beklagten aufgezeigten finanziellen Engpässe stellten keinen hinreichenden Rechtfertigungs- oder auch nur Entschuldigungsgrund dafür dar, das Recht des Strafgefangenen auf menschenwürdige Unterbringung zu unterlaufen.
5
b) Auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die Menschenwürde des Klägers sei hier - im Unterschied zu dem dem Senatsurteil BGHZ 161, 33 zugrunde liegenden Fall - so erheblich beeinträchtigt worden, dass die Zuerkennung einer Geldentschädigung geboten gewesen sei, lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
6
c) Insgesamt sind die Feststellungen des Berufungsgerichts weder nach ihrem Inhalt noch nach den ihnen zugrunde liegenden Beurteilungskriterien revisionsrechtlich zu beanstanden. Die Revision setzt bei ihrer abweichenden Beurteilung lediglich in unzulässiger Weise ihre eigene Wertung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts, ohne Verfahrens- oder materielle Rechtsfehler aufzeigen zu können.
Schlick Wurm
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 20.02.2004 - 303 O 28/03 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 14.01.2005 - 1 U 43/04 -
7
a) Die Frage, wann die räumlichen Verhältnisse in einer Strafanstalt derart beengt sind, dass die Unterbringung eines Gefangenen die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) verletzt, lässt sich nicht abstrakt-generell klären, sondern muss der tatrichterlichen Beurteilung überlassen bleiben (vgl. Senat, BGHZ 161, 33, 35; Beschlüsse vom 21. Dezember 2005 - III ZR 33/05 - NJW 2006, 1289 Rn. 2, und 28. September 2006 - III ZB 89/05 - NJW 2006, 3572 Rn. 10). Deshalb kommt die vom beklagten Land geforderte "Klärung des verfassungsmäßigen Raummindestsolls" nicht in Betracht. In der Sache selbst hält die Annahme des Berufungsgerichts, die Haft sei menschenunwürdig gewesen, der eingeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Soweit das beklagte Land in diesem Zusammenhang auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 12. Juli 2007 in Sachen Testa gegen Kroatien (EuGRZ 2008, 21, 23 Rn. 56 ff) hinweist, kann dahinstehen, ob unter Berücksichtigung des dieser Entscheidung zugrunde liegenden Maßstabs keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK vorgelegen hat. Denn die etwaige Einhaltung des dort niedergelegten und für die Konventionsstaaten verbindlichen Mindeststandards hindert nicht eine tatrichterliche Würdigung, dass bestimmte Haftbedingungen gegen das Grundgesetz verstoßen.

Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 224/01
Verkündet am:
20. Februar 2003
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
GG Art. 14 Cc, 34; BGB § 839 A, Fd

a) Wenn der Sektenbeauftragte einer öffentlich-rechtlich korporierten Religionsgemeinschaft
sich in Wahrnehmung seiner kirchlichen Aufgaben in
den Medien kritisch über soziale Vorgänge äußert, handelt er in Ausübung
eines öffentlichen Amtes im Sinne von Art. 34 GG

b) Dies kann Amtshaftungsansprüche nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG
auslösen, nicht jedoch Entschädigungsansprüche wegen enteignungsgleichen
Eingriffs.
Der Sektenbeauftragte einer öffentlich-rechtlich korporierten Religionsgemeinschaft
unterliegt bei kritischen Äußerungen in der Öffentlichkeit über
andere Personen und Unternehmen im Hinblick auf die Grundrechte der
Betroffenen gesteigerten Sorgfaltspflichten.
BGH, Urteil vom 20. Februar 2003 - III ZR 224/01 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Februar 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die
Richter Dr. Wurm, Streck, Schlick und Dörr

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers zu 1 wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 18. Juli 2001, soweit zum Nachteil des Klägers zu 1 erkannt worden ist, aufgehoben.
In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Kläger zu 1 (im folgenden: Kläger), ein ausgebildeter Heilpraktiker und Sozialpädagoge, ist seit den achtziger Jahren als Psychotherapeut tätig. Er betreibt eine Praxis in N. , bietet Einzel- und Gruppentherapien an und veranstaltet Seminare, wobei ein Schwerpunkt der Therapie in Naturerlebnissen bei Unternehmungen auf dem Land (unter anderem Ausritten mit vom Kläger gestellten Pferden) liegt. Der von der beklagten Erzdiözese Beauftragte für Sekten- und Weltanschauungsfragen im Bereich der Stadtkirche N. ,
L. , setzte sich im Rahmen seiner Amtstätigkeit des öfteren kritisch in der Öffentlichkeit mit den Aktivitäten des Klägers (und des zwischenzeitlich aus dem Prozeß ausgeschiedenen früheren Klägers zu 2) auseinander.
Mit der im Frühjahr 2000 eingereichten Klage hat der Kläger (zusammen mit dem früheren Kläger zu 2) die Beklagte als Anstellungskörperschaft auf materiellen und immateriellen Schadensersatz wegen Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts und seines Gewerbebetriebs durch eine - wie er geltend macht - jedenfalls seit 1990 andauernde "Sektenkampagne" des L. in Anspruch genommen. Eine während des Prozesses - im April 2000 - bei ihm aufgetretene Querschnittslähmung führt der Kläger ebenfalls auf diese "Kampagne" zurück.
Der Kläger hat behauptet, obwohl er keine Weltverbesserungsideologie verfolge und seine Klientel in keiner Weise organisiert sei, habe ihn L. - ohne ihn jemals angehört oder sich sonst hinreichend informiert zu haben - systematisch als "Sektenführer" bezeichnet und bekämpft. Dazu habe er sich journalistischer Handlanger bedient. Der Kläger verweist insoweit auf Artikel in den N. Nachrichten vom 6./7. Oktober 1990, den F. Nachrichten vom 24. November 1995 und in der Wochenendausgabe des N. Tagblatts vom 1./3. Mai 1998 bzw. auszugsweise der M. Zeitung vom 1. Mai 1998, in denen teilweise unter wörtlicher Zitierung L. 's und/oder des Sektenbeauftragten der evangelischlutherischen Kirche, teilweise unter Bezugnahme auf die angeblichen Schilderungen von Teilnehmern der Veranstaltungen des Klägers mit unterschiedlichen Formulierungen - unter Anspielung auf eine etwa 200 bis 300 Personen umfassende, hierarchisch strukturierte Gruppe um den Kläger als einer charis-
matischen Führerfigur mit entsprechendem Gruppendruck und Abhängigkeiten - vor einem im Kommen befindlichen "pseudoreligiösen Mischmasch" bzw. einem "grauen Psychomarkt" gewarnt wurde. Ausweislich der Artikel vom 6./7. Oktober 1990 hatte L. die Gruppe um den Kläger als "eindeutige Psychosekte" bezeichnet und ihr laut F. Nachrichten vom 24. November 1995 "sektenartigen Charakter" zuerkannt. Der Kläger macht die Beklagte für die Folgen der genannten Zeitungsartikel auch deshalb verantwortlich , weil ihr Sektenbeauftragter im Rahmen seiner Amtstätigkeit bis in die jüngste Zeit diese Artikel an Interessenten weitergegeben habe. Die Übersendung der Artikel vom 6./7. Oktober 1990 und vom 24. November 1995 an das Zentrum "W. - Forum " in K. im Januar 1997 durch eine Teilnehmerin aus N. habe zur Herausnahme von drei für diesen Veranstaltungskreis vorgesehenen Kursen des Klägers (Reiten auf Islandpferden ) geführt. Als weiteren Beitrag des Sektenbeauftragten der Beklagten zu der beschriebenen "Kampagne" gegen den Kläger verweist dieser auf die Mitwirkung L. 's bei einer Sendung des B. Rundfunks vom 28. Mai 1997, in der er unter anderem äußerte, bei der "Gruppe um S. " handele es sich um einen "versekteten Psychokult", und in deren Verlauf gesagt wurde, L. kenne "Geschädigte, die zehn Jahre abhängig waren und über 100.000 DM für Therapiestunden gezahlt haben".
Der Kläger behauptet, infolge der von L. gegen ihn entfachten "Kampagne" seien Klienten weggeblieben; andere seien geblieben, hätten aber den Kläger nicht mehr weiterempfohlen (Gesamtschaden: 1.690.453 DM). Außerdem seien ihm 30 Ausbildungsteilnehmer verlorengegangen (Schaden: 1.200.000 DM). Andererseits hätten die Angriffe gegen ihn verstärkte Werbemaßnahmen in Form von Inseraten (25.000 DM) und Rundbriefen (60.000 DM)
erforderlich gemacht. Der Wegfall der Kurse bei der "Wirkstatt" in Karlsruhe habe zu einem Verlust von 71.800 DM geführt. Von dem - ursprünglich mit 3.097.253 DM bezifferten, im Revisionsverfahren um 50.000 DM reduzierten - Gesamtschaden macht der Kläger einen Teilbetrag von (zuletzt) 55.000 DM geltend. Zusätzlich verlangt er wegen der durch die "Kampagne" verursachten psychischen Belastung ein Schmerzensgeld von mindestens 10.000 DM.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht; soweit zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist.

I.


1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß der Sektenbeauftragte L. bei den ihm vorliegend angelasteten Handlungen in Ausübung eines "öffentlichen Amtes" tätig wurde mit der Folge, daß eine Einstandspflicht der beklagten Erzdiözese als Anstellungskörperschaft unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG in Betracht kommt (Senatsurteile BGHZ 22, 383, 387 ff und vom 30. Januar 1961 - III ZR 227/59 - VersR 1961, 437; vgl. auch BGH, Urteil vom 4. April 1989 - VI ZR
269/59 - NJW-RR 1989, 921). Das steht im Einklang mit der neueren Recht- sprechung, die Abwehransprüche gegen ein derartiges - wenn auch nicht hoheitliches - Wirken der öffentlich-rechtlich korporierten Religionsgemeinschaften im gesellschaftlichen Raum als öffentlich-rechtliche Streitigkeit qualifiziert und dementsprechend für sie den Verwaltungsrechtsweg eröffnet (BGHZ 148, 307; BayVGH NVwZ 1994, 598; vgl. auch BVerwGE 68, 62, 65; BVerwGE 105, 117, 119). Soweit das Oberlandesgericht Düsseldorf neuerdings (NVwZ 2001, 1449) den Standpunkt vertreten hat, abgesehen von den Fällen, in denen die Kirche Staatsaufgaben erfülle oder auf dem Gebiet des Kirchensteuerrechts tätig werde, seien die Bediensteten der Kirche nicht in Ausübung eines öffentlichen Amtes im Sinne des § 839 BGB tätig, weil sie insoweit "keine Hoheitsgewalt" ausübten, die mit der staatlichen vergleichbar wäre, kann ihm nicht gefolgt werden. Aus der Entscheidung BVerfG NVwZ 1994, 159, auf die sich das Oberlandesgericht Düsseldorf für seine Ansicht stützt, ergibt sich in dieser Richtung nichts. Für die vorliegende Beurteilung ist weiterhin davon auszugehen , daß der Begriff der Ausübung eines öffentlichen Amtes im Sinne von § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG gerade nicht auf die Ausübung staatlicher Gewalt beschränkt ist (vgl. Staudinger/Wurm BGB 13. Bearb. § 839 Rn. 710 ff m.w.N.).
2. Aus diesen Erwägungen ergibt sich andererseits zugleich, daß als Anspruchsgrundlage für den Klageanspruch nicht das (verschuldensunabhängige ) Rechtsinstitut des enteignungsgleichen Eingriffs (vgl. Senatsurteile BGHZ 90, 17, 31; 99, 24, 27; 125, 258, 264) in Betracht kommt (insoweit zutreffend OLG Düsseldorf NVwZ 2001, 1449). Denn dieses Haftungsinstitut gewährt einen Entschädigungsanspruch nur bei (rechtswidrigen) unmittelbar oder mittelbar staatlichen hoheitlichen Eingriffen, um die es, wie gesagt, hier nicht geht. Es besteht kein rechtlicher Grund und auch kein Bedürfnis, in dem sich aus
den Besonderheiten der Kirchenverfassung ergebenden (öffentlich-rechtlichen) Raum zwischen einerseits dem eigentlichen kirchlichen Innenbereich und andrerseits demjenigen der Wahrnehmung einzelner hoheitlicher Befugnisse entsprechend dem Staatshaftungsregime eine Haftungsgrundlage zu schaffen, die an die bloße Rechtswidrigkeit des kirchlichen Handelns anknüpft, zumal als Verschulden für eine Haftung nach Amtshaftungsgrundsätzen bereits ein objektiver Sorgfaltsverstoß ausreicht (siehe auch unten II.3.a).

II.


Das Berufungsgericht vermag keine Amtspflichtverletzungen des - von ihm als Zeugen vernommenen - Sektenbeauftragten der Beklagten im Sinne einer (schuldhaft) rechtswidrigen Verletzung von Rechtsgütern des Klägers festzustellen. Die beanstandeten Äußerungen des Zeugen L. seien, wie das Berufungsgericht näher darlegt, entweder dem Zeugen schon nicht nachweislich zuzuordnen oder sie seien entweder als wahre/bewiesene Tatsachenbehauptungen oder bloße Werturteile nicht rechtswidrig, teilweise seien sie für den Kläger nicht einmal ehrenrührig. Soweit der Zeuge L. Angaben aus anderen Quellen weitergegeben habe, hätten ihn keine besonderen Prüfungspflichten - wie etwa die Presse - getroffen. Für die Meinungsäußerungen des Sektenbeauftragten habe wie sonst bei Werturteilen der Kirche im Bereich ihres religiösen Wirkens in der Welt als Verbotsgrenze nur die der "Schmähkritik" bestanden, die L. aber nicht überschritten habe. Eine zum Schadensersatz verpflichtende unerlaubte Handlung sei auch nicht darin zu sehen, daß der Sektenbeauftragte der Beklagten die Zeitungsartikel vom 6./7. Oktober 1990, 24. Oktober 1995 und 1./3. Mai 1998 auf Anfrage ver-
schickt habe, ohne sich von deren Inhalt zu distanzieren. Insoweit fehle es jedenfalls an einem Verschulden des Zeugen L. . An letzterem Um- stand scheitere auch eine Haftung der Beklagten für die Erkrankung des Klägers , die nicht voraussehbar gewesen sei.
Darüber hinaus - so das Berufungsgericht weiter - habe der Kläger seinen Schaden nicht hinreichend dargelegt, zumindest wegen eines wesentlichen Teils des Schadensersatzanspruchs greife die Einrede der Verjährung durch. Schließlich scheitere der Klageanspruch daran, daß der Kläger es unterlassen habe, sich mit einem Rechtsmittel gegen die von ihm behaupteten Beeinträchtigungen zu wehren.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
1. a) Aus dem Zeitungsartikel vom 6./7. Oktober 1990 lastet das Berufungsgericht dem Sektenbeauftragten (nur) an, gegenüber den Journalisten bestätigt zu haben, daß sich bei ihm Anfragen von Betroffenen - darunter auch solchen, die von der Tätigkeit des Klägers betroffen gewesen seien - gehäuft hätten. Ansonsten, führt das Berufungsgericht aus, sei offen, ob der Zeitungsartikel Äußerungen L. 's oder sonstige Rechercheergebnisse der Journalisten enthalte. Ob L. die Klienten des Kläger als "eindeutige Psychosekte" bezeichnet habe, sei ebensowenig sicher wie, ob er den Journalisten das in dem Zeitungsartikel zitierte, Psychosekten betreffende, Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Mai 1989 (BVerwGE 82, 76 = NJW 1989, 2272) zur Verfügung gestellt habe.
aa) Die Revision rügt mit Recht als Verfahrensfehler, daß das Berufungsgericht sich nicht mit folgenden Umständen auseinandergesetzt hat:
- daß einzelne Aussagen in dem Zeitungsartikel ausdrücklich - durch Anführungszeichen - dem Sektenbeauftragten der Beklagten zugeschrieben worden waren und daß der Journalist R. als Zeuge bekundet hat, alle als Zitate des Sektenbeauftragten gekennzeichneten Aussagen seien von diesem - zumindest sinngemäß - auch gemacht worden,
- daß der Zeuge L. bei seiner Vernehmung bestätigt hat, den Journalisten das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts übergeben zu haben, und
- daß L. nach dem Vortrag der Beklagten in einem Schreiben vom 16. Oktober 1990 an den Redakteur der N. Nachrichten zwar einige inhaltlich falsche Zitate monierte, jedoch nicht die hier in Rede stehenden Zitate.
bb) Mit der Revision ist deshalb im Revisionsverfahren zu unterstellen, daß auch die Behauptungen in dem Artikel vom 6./7. Oktober 1990, es gebe eine etwa 200 bis 300 Personen umfassende Gruppe um den Kläger, die eine "eindeutige Psychosekte" darstelle, und daß der Kläger mit seinem Wirken alle in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. März 1989 aufgeführten negativen Merkmale von Jugend- und Psychosekten erfülle, von dem Sektenbeauftragten der Beklagten herrühren; darüber hinaus auch davon, daß L. von "pseudoreligiösem Mischmasch" gesprochen und den Kläger als "sogenannten Psychotherapeuten" bezeichnet, ferner erklärt hat, es gebe ei-
nen seelisch und finanziell geschädigten Exklienten des Klägers, zu dessen Fall er - L. - überlege, das Gesundheitsamt und das Finanzamt einzuschalten.

b) Aus dem Artikel vom 24. November 1995 schreibt das Berufungsgericht L. (nur) die Äußerung zu, er wisse von Leuten, die seit zehn Jahren vom Kläger abhängig seien und 100.000 DM für Therapiestunden an ihn bezahlt hätten. Es passierten bei diesem Dinge, die es sonst im Therapiebereich nicht gebe. Klienten müßten sich die Gunst des Klägers durch das Tragen einheitlicher Kleidung oder den Kauf von Pferden erwerben. Er - L. - schätze das Jahreseinkommen des Klägers auf zwischen 500.000 und 750.000 DM.
aa) In Übereinstimmung mit der insoweit erhobenen Revisionsrüge ist indessen im Revisionsverfahren dem Sektenbeauftragten L. auch noch die Äußerung über den "sektenartigen Charakter" der Gruppe um den Kläger zuzuordnen, die L. als Zeuge eingeräumt hat, ohne daß sich das Berufungsgericht mit diesem Teil der Aussage konkret auseinandersetzt.
bb) Nicht berechtigt ist dagegen die weitere Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe den Kläger verfahrensfehlerhaft hinsichtlich seiner Behauptung für beweisfällig erachtet, daß auch der übrige Inhalt des Artikels auf Äußerungen des Sektenbeauftragten zurückgehe. Von einer Begründung sieht der Senat insoweit ab (§ 565 ZPO a.F.).

c) Was den Zeitungsartikel vom 1./3. Mai 1998 und die Rundfunksendung vom 28. Mai 1997 angeht, so ist revisionsrechtlich von der Feststellung
des Berufungsgerichts auszugehen, daß der Zeitungsartikel - als solcher - dem Sektenbeauftragten der Beklagten überhaupt nicht und die Rundfunksendung nur mit der Äußerung zuzuordnen ist, bei dem Geschehen um den Kläger handele es sich um einen "versekteten Psychokult". Die Verfahrensrüge der Revision , die dem Sektenbeauftragten den gesamten Inhalt des Zeitungsartikels und der Rundfunksendung anlasten will, ist unbegründet. Von einer Begründung sieht der Senat auch insoweit ab (§ 565a ZPO a.F.).
2. Abgesehen davon, daß nach den vorstehenden Ausführungen die Tatsachengrundlage , auf der das Berufungsgericht die gegen den Kläger gerichteten Auftritte des Sektenbeauftragten der Beklagten in den Medien auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft hat, unvollständig ist, erweist sich auch die rechtliche Würdigung des Berufungsgerichts im übrigen als nicht frei von Rechtsfehlern.

a) Es ist allerdings nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht die in dem Artikel vom 6./7. Oktober 1990 enthaltene Aussage, Anfragen von Betroffenen (verzweifelt Ratsuchenden) hätten sich bei L. gehäuft, als wahre - und damit unbeschadet ihres das Persönlichkeitsrecht und das berufliche Ansehen des Klägers beeinträchtigenden Charakters grundsätzlich zulässige (vgl. BVerfGE 94, 1, 8 = NJW 1996, 1529; Seyfarth, NJW 1999, 1287, 1292) - Tatsachenbehauptung angesehen hat.
aa) Zu Unrecht meint die Revision, die betreffende Tatsachenbehauptung müsse zusammen mit dem Hinweis auf "jahrelange Beobachtungen" und "ständige Gespräche" L. 's gelesen und geprüft werden; dieser Zusatz in dem Zeitungsartikel ist - nach dem Stand des Revisionsverfahrens - L. nicht zwingend zuzuordnen.

bb) Es liegen entgegen der Revision auch keine Verfahrensfehler vor, soweit das Berufungsgericht dem Zeugen L. geglaubt hat, daß vor dem Erscheinen des Zeitungsartikels mehrere Angehörige von (mehreren) Klienten des Klägers zu ihm gekommen waren. Von einer Begründung wird abgesehen (§ 565a ZPO a.F.).
cc) Schließlich ist es entgegen der Revision auch nicht zu beanstanden, wenn der Tatrichter in diesem Zusammenhang keinen wesentlichen Unterschied zwischen "Betroffenen" persönlich und ihren Angehörigen sieht, sondern auch letztere als "verzweifelt Ratsuchende ... Betroffene" behandelt.

b) Dagegen hält den Angriffen der Revision nicht die Auffassung des Berufungsgerichts stand, die in diesem Zusammenhang im Berufungsurteil unterstellte Bezeichnung des Klägers und seiner Klienten als "eindeutige Psychosekte" beinhalte eine nach dem Grundgesetz zulässige Meinungsäußerung bzw. Religionsausübung.
aa) Das Berufungsgericht meint, trotz des gleichzeitigen Hinweises auf in einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aufgelistete Merkmale für Jugend - und Psychosekten und trotz des Adjektives "eindeutig" handele es sich nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um ein Werturteil, das durch Elemente des Meinens und der Stellungnahme geprägt sei. Als Werturteil, das hier auch nicht die Grenze zur Schmähkritik überschreite (vgl. BVerfG NJW 1995, 3303), könne die vorliegende Äußerung der Kirche im Bereich religiösen Wirkens nicht rechtswidrig sein, ohne daß das Gericht auf die "Plausibilität" der Einstufung als Psychosekte einzugehen brauche.

bb) Dem kann nicht gefolgt werden.
(1) Es ist schon nicht unbedenklich, daß das Berufungsgericht die betreffende Äußerung des Sektenbeauftragten der Beklagten als bloßes Werturteil angesehen hat. Bei der Einordnung einer Äußerung als Werturteil oder als Tatsachenbehauptung, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts für die Beurteilung von Eingriffen in das Grundrecht auf Meinungsfreiheit - und gleichermaßen in die Religionsfreiheit (vgl. BVerfG NJW 1989, 3269 ff) - von weichenstellender Bedeutung ist (vgl. BVerfG ZIP 2002, 2230 f m.w.N.), kommt es für die Einstufung als Tatsachenbehauptung wesentlich darauf an, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist, was bei Meinungsäußerungen ausscheidet, weil sie durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt sowie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet werden und sich deshalb nicht als wahr und unwahr erweisen lassen (BVerfGE 61, 1, 9; 85, 1, 14; BGH, Urteil vom 23. Februar 1999 - VI ZR 140/98 - NJW 1999, 2736 f.). Indes kann auch eine Äußerung, die auf Werturteilen beruht, sich als Tatsachenbehauptung erweisen, wenn und soweit bei dem Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird (BGH, Urteile vom 17. November 1992 - VI ZR 344/91 - VersR 1993, 193 f und BGHZ 132, 13, 21), was im Streitfall insbesondere durch die Anspielung auf angebliche in einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts angeführte Sektenmerkmale geschehen sein könnte. Umgekehrt ändert freilich die Fundierung eines Werturteils in tatsächlichen Erhebungen an seiner rechtlichen Einordnung als Werturteil grundsätzlich nichts (BVerfG ZIP 2002, 2230 f). Das Beru-
fungsgericht will ersichtlich entscheidend auf einen Vergleich mit dem Gutachten eines in einem gerichtlichen Verfahren oder Verwaltungsverfahren bestell- ten Sachverständigen abstellen, das regelmäßig ein Werturteil darstellt, auch soweit der Sachverständige in dem Gutachten über das Vorliegen konkreter Tatsachen zu befinden hatte (BGH, Urteil vom 23. Februar 1999 - VI ZR 140/98 - NJW 1999, 2736 f). Soweit das Berufungsgericht die Äußerung des Sektenbeauftragten der Beklagten über den "eindeutigen Sektencharakter" hiermit gleichstellt, läßt es allerdings unerwähnt, daß es von dem dargestellten grundsätzlichen Ansatz in Einzelfällen Ausnahmen gibt, etwa dann, wenn die der Schlußfolgerung des Sachverständigen vorausgehende methodische Untersuchung oder die zum Ergebnis führende Anwendung spezieller Kenntnisse und Fähigkeiten nur vorgetäuscht oder grob leichtfertig vorgenommen worden ist; dann kann das Gutachten seinen Charakter als Werturteil verlieren (BGH, Urteil vom 23. Februar 1999 aaO). Im Streitfall wirft der Kläger dem Sektenbeauftragten vor, sein Urteil, hier sei eine "eindeutige Psychosekte" nach den Merkmalen einer maßgeblichen höchstrichterlichen Entscheidung aktiv, abgegeben zu haben, ohne sich von der Arbeit des Klägers ein persönliches Bild zu machen oder sonst nähere Informationen eingeholt zu haben. Mit diesem Gesichtspunkt hat sich das Berufungsgericht nicht befaßt.
(2) Selbst wenn man die vom Berufungsgericht vorgenommene Einstufung der in Rede stehenden Äußerung des Sektenbeauftragten im Sinne einer bloßen Meinungsäußerung als richtig zugrunde legt, ist die Rechtswidrigkeitsprüfung des Berufungsgerichts unzureichend.
Es ist zwar richtig, daß bei Werturteilen, die eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Frage betreffen, eine Vermutung für die Freiheit der Rede
spricht. Auch Meinungsäußerungen als Werturteile im Bereich religiösen Wirkens in die Welt können nicht schon dann untersagt werden, wenn sie grundlos , falsch oder emotional, nicht rational geprägt sind (vgl. BVerfG NJW 1993, 1845; BayVGH NVwZ 1994, 787, 790). Regelmäßig treten die Belange der Meinungsfreiheit dann zurück, wenn sich die Äußerung als Angriff auf die Menschenwürde als Formalbeleidigung oder Schmähkritik darstellt (BVerfGE 93, 266, 293 f = NJW 1995, 3303), wobei an eine solche Einstufung strenge Anforderungen zu stellen sind (Seyfarth aaO S. 1290). Das schließt allerdings (weitere ) Beschränkungen von Werturteilen unter besonderen Umständen nicht aus (BVerfG ZIP 2002, 2230 f; BVerfGE 85, 1, 16 f = NJW 1992, 1439), so daß eine Abwägung zwischen den Belangen des Ehrenschutzes und der Meinungsfreiheit erforderlich ist. Abgesehen davon, daß im Streitfall auf seiten der Beklagten auch das Recht auf Religionsfreiheit bzw. auf ungestörte Religionsausübung (Art. 4 Abs. 1, 2 GG) - für das entsprechende Grundsätze gelten wie für die Meinungsfreiheit (BVerfG NVwZ 1994, 159; BayVGH NVwZ 1994, 787, 790; vgl. auch BVerfG NJW 1997, 2669) - und auf seiten des Klägers auch der Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs (Art. 14 GG; vgl. § 824 BGB) betroffen ist, darf, wie der Revision zuzugeben ist, bei der Abwägung nicht unberücksichtigt bleiben, daß sich der Sektenbeauftragte der Beklagten im vorliegenden Zusammenhang in "amtlicher" Eigenschaft für eine öffentlich-rechtlich korporierte Religionsgemeinschaft in einem Bereich geäußert hat, in dem diese unbeschadet ihres allgemeinen Auftrags weitergehenden Bindungen im öffentlichen Meinungskampf unterworfen sein kann als der einzelne Bürger: Zwar gelten für die Kirche, soweit sie nicht ausnahmsweise hoheitliche Befugnisse wahrnimmt, also etwa im Rahmen der geistigen Auseinandersetzung mit anderen Religionen und sonstigen weltanschaulichen Fragen, nicht die dem Staat gesetzten Grenzen; sie ist also weder unmittelbar an die
einzelnen Grundrechte gebunden, noch unterliegt sie im übrigen denselben Beschränkungen, die für den Staat gelten, wenn er beispielsweise Informationen über weltanschauliche Gruppierungen gibt (vgl. dazu BVerfG NJW 1989, 3269; BVerfG NJW 2002, 2626; BVerwGE 82, 76, 83 = NJW 1989, 2272; BayVGH NVwZ 1995, 793: weltanschauliche Neutralität und Zurückhaltung; Verhältnismäßigkeit; Sachlichkeit; Wahrhaftigkeit). Andererseits muß für einen interessengerechten und dem Grundrechtssystem entsprechenden Ausgleich der betroffenen Rechtspositionen auch Berücksichtigung finden, daß die öffentlich -rechtlich korporierten Religionsgemeinschaften allgemein einen erhöhten Einfluß in Staat und Gesellschaft haben und nutzen. Mit Recht verweist die Revision darauf, daß gerade auch die kirchlichen Sektenbeauftragten in Fragen der hier in Rede stehenden Art in den Augen der Öffentlichkeit eine gesteigerte Sachkompetenz genießen (vgl. BayVGH NVwZ 1994, 787, 789). Damit korrespondiert aber auch eine erhöhte Verantwortung. Wie das Bundesverfassungsgericht bereits ausgesprochen hat, liegen den korporierten Religionsgemeinschaften , die über besondere Machtmittel und einen erhöhten Einfluß in Staat und Gesellschaft verfügen, die besonderen Pflichten des Grundgesetzes näher als anderen Religionsgemeinschaften (BVerfG NJW 2001, 429, 432; BVerfG NVwZ 2001, 908, 909). Auch nach Auffassung des Bundesgerichtshofs wird von den korporierten Religionsgemeinschaften - auch außerhalb des ihnen übertragenen Bereichs hoheitlicher Befugnisse (Kirchensteuer, Friedhofswesen etc.) - in weitergehendem Umfang als von jedem Bürger Rechtstreue verlangt, insbesondere die Achtung der fundamentalen Rechte der Person, die Teil der verfassungsmäßigen Ordnung ist (BGHZ 148, 307, 311). Dies bedeutet nach Auffassung des erkennenden Senats für den vorliegenden Fragenkreis: Setzt sich, wie hier, die Kirche im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit als anerkannte Autorität kritisch mit sozialen Phänomenen derart ausein-
ander, daß Konflikte nicht nur mit anderen Religionsgemeinschaften, sondern ganz allgemein mit anderen Menschen und wirtschaftlichen Unternehmen vorgezeichnet sind, so muß sie auf das Persönlichkeitsrecht und die wirtschaftliche Existenz der Betroffenen Rücksicht nehmen. Es kann von ihr zwar nicht Neutralität verlangt werden, wohl aber ein angemessener Grad an Sorgfalt, Sachlichkeit und Wahrhaftigkeit. Das bedeutet im Streitfall unter anderem, daß der Sektenbeauftragte der Beklagten ein den Kläger persönlich wie auch als wirtschaftlichen Unternehmer existentiell berührendes Urteil wie das, um den Kläger herum habe sich (eindeutig) eine "Psychosekte" gebildet, nicht abgeben durfte, ohne sich zuvor hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine solche Abqualifizierung verschafft zu haben. Dazu, ob der Sektenbeauftragte der Beklagten letzteres getan hatte, enthält das Urteil des Berufungsgerichts keine Feststellungen.

c) aa) Aus den vorstehenden Ausführungen (zu b) ergibt sich, daß auch die in dem Artikel vom 24. November 1995 wiedergegebene Äußerung L. 's, die Gruppe um den Kläger habe "sektenartigen Charakter", nicht ohne weiteres als bloßes Werturteil rechtmäßig war.
bb) Darüber hinaus hat das Berufungsgericht auch die weitere aus diesem Artikel dem Sektenbeauftragten L. zugeschriebene Äußerung, es gebe Leute, die seit zehn Jahren vom Kläger abhängig seien und rund 100.000 DM für Therapiestunden an ihn gezahlt hätten, er - L. - schätze das Jahreseinkommen des Klägers auf 500.000 bis 750.000 DM, rechtlich nicht haltbar beurteilt.
(1) Mit der Revision ist zunächst zu beanstanden, daß das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang die weitere von ihm festgestellte Äußerung L. 's, es passierten beim Kläger Dinge, die es sonst im Therapiebereich nicht gebe, Klienten müßten sich die Gunst des Klägers durch das Tragen einheitlicher Kleidung oder den Kauf von Pferden erwerben, gänzlich unberücksichtigt gelassen hat.
(2) Im übrigen wendet sich die Revision mit Recht dagegen, daß das Berufungsgericht im vorliegenden Zusammenhang zwar Tatsachenbehauptungen des Sektenbeauftragten annimmt, aus diesen jedoch die von L. angesprochene "Abhängigkeit" der Klienten vom Kläger als vermeintlich bloßes - erlaubtes - Werturteil herauslöst. Dafür gibt es nach dem Gesamtzusammenhang , aus dem nicht ein Teil der Verlautbarungen herausgenommen und einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden durte (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94 - NJW 1996, 1131, 1133), keinen Grund.
(3) Dementsprechend vermag der Senat die Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu teilen, die Nachrede eines Jahreseinkommens von 500.000 DM bis 750.000 DM oder auch der Honorarzahlungen einzelner Patienten von 100.000 DM im Laufe von zehn Jahren sei nicht ehrenrührig und könne nicht das berufliche Ansehen eines Psychotherapeuten beeinträchtigen. Es liegt im Gegenteil auf der Hand, daß solche Angaben insbesondere im Zusammenhang mit der Behauptung, daß es sich um "abhängige" Patienten handele , ehrverletzende Qualität haben konnten.
(4) Die Bewertung der in Rede stehenden Angaben L. 's durch das Berufungsgericht läßt sich auch nicht mit dessen Erwägung halten, es rei-
che zur Rechtfertigung aus, daß L. "von Leuten erfahren" habe, "daß sie ihrerseits Personen kennen", die 100.000 DM für Therapiestunden beim Kläger bezahlt hätten.
(a) Zwar war es entgegen der Rüge der Revision nicht verfahrensfehlerhaft , daß das Berufungsgericht zu diesem Punkt dem Zeugen L. unbeschadet dessen geglaubt hat, daß der Zeuge die Frage, hinsichtlich welcher (beiden) Klienten ihm von Honorarzahlungen von mehr als 100.000 DM berichtet worden sei, unter Berufung auf ein Aussageverweigerungsrecht nicht beantwortet hat. Die Frage, ob dem Zeugen L. insoweit ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zustand, stellt sich nicht, weil der Kläger nach der betreffenden Zeugnisverweigerung durch den Zeugen L. vor dem Oberlandesgericht ohne Rüge zur Hauptsache verhandelt und damit nach § 295 ZPO das Recht verloren hat, eine Entscheidung des Gerichts über die Berechtigung zur Weigerung zu verlangen (vgl. BGH, Urteile vom 18. Februar 1954 - IV ZR 126/53 - LM ZPO § 295 Nr. 9 und vom 18. November 1986 - IVa ZR 99/85 - VersR 1987, 149).
(b) Verfehlt ist aber die - jedenfalls der Tendenz nach zum Ausdruck gebrachte - Annahme des Berufungsgerichts, der Sektenbeauftragte der Beklagten hätte die ihm von anderen gemachten Angaben vor einer Weitergabe an die Presse nicht näher überprüfen müssen, weil ihn etwa mit der (erhöhten) Sorgfaltspflicht der Presse (vgl. dazu BGH, Urteile vom 21. Juni 1966 - VI ZR 266/64 - NJW 1966, 2010, vom 12. Mai 1987 - VI ZR 195/86 - NJW 1987, 2225 f, vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94 - NJW 1996, 1131 und vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99 - NJW 2000, 1036 f) vergleichbare Informationspflichten nicht getroffen hätten. Ebenso wie der weittragende Einfluß der Pres-
se auf die Meinungsbildung eine gesteigerte Prüfungspflicht der Presse begründet - die um so weiter geht, je schwerer und nachhaltiger das Ansehen des Betroffenen durch die Veröffentlichung der beanstandeten Äußerung beeinträchtigt wird -, trifft die als öffentlich-rechtliche Körperschaften verfaßten Religionsgemeinschaften bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben in der Gesellschaft eine erhöhte Sorgfaltspflicht. Es gilt insoweit für die Verbreitung von Tatsachenbehauptungen im wesentlichen dasselbe wie für mit kirchlicher Autorität versehene abfällige Werturteile (dazu oben b) bb) (2)).

d) Soweit der Sektenbeauftragte der Beklagten in der Rundfunksendung vom 28. Mai 1997 von einem "versekteten Psychokult" gesprochen hat, mag zweifelhaft sein, ob darin zugleich, wie die Revision anführt, eine Tatsachenbehauptung in dem Sinne lag, es gebe eine einheitliche Gruppe um den Kläger. Die Bewertung des Berufungsgerichts - da die Grenze der Schmähkritik nicht überschritten werde, handele es sich um ein ohne weiteres zulässiges Werturteil - ist jedenfalls aus den vorstehend bereits genannten Gründen (oben
b) bb) (2)) unzureichend.
3. Nicht frei von Rechtsfehlern ist es auch, daß das Berufungsgericht in der vom Kläger behaupteten, teils unstreitigen, Weitergabe der Zeitungsartikel vom 6./7. Oktober 1990, 24. November 1995 und 1./3. Mai 1998 keine schuldhafte Amtspflichtverletzung des Sektenbeauftragten der Beklagten gesehen hat.

a) Im Ansatz zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, daß, wie im Bereich des Ehrenschutzes anerkannt ist, durchaus auch in der Wiedergabe der Aussage eines Dritten dann eine eigene Äußerung des Zitierenden liegen kann, wenn er sich den Inhalt der fremden Äußerungen erkennbar zu eigen
gemacht hat. Bereits im Verbreiten dessen, was ein Dritter geäußert hat, ist eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen zu sehen, wenn es an einer eigenen und ernsthaften Distanzierung desjenigen, der eine Äußerung weitergibt, fehlt (BGHZ 132, 13, 18 f). Das alles hat im Grundsatz auch und gerade für den Fall zu gelten, daß Zeitungsartikel "amtlich" (geschäftsmäßig) verbreitet werden, in denen, wenn auch neben anderen Stimmen, der die Artikel Verbreitende selbst zu Wort gekommen ist, wie es hier - wie im Revisionsverfahren anzunehmen ist: bis auf den Artikel vom 1./3. Mai 1998 - der Fall war.

b) Das Berufungsgericht verneint gleichwohl eine haftungsrechtliche Einstandspflicht der Beklagten, weil auch bei Anlegung eines im Zusammenhang mit der Amtshaftung gebotenen objektivierten Sorgfaltsmaßstabes (vgl. nur BGHZ 117, 240, 249; Senatsurteil vom 11. Dezember 1997 - III ZR 52/97 - NJW 1998, 1307 f m.w.N.) den Sektenbeauftragten jedenfalls kein Verschulden treffe. Es sei nicht dargelegt, wieso L. hätte wissen sollen, daß der Inhalt der einzelnen Zeitungsartikel möglicherweise unrichtig sei. Für die Unbedenklichkeit der Texte habe aus seiner Sicht gesprochen, daß der Kläger keine rechtlichen Schritte gegen die Veröffentlichungen unternommen habe. L. habe sich auf die "unwidersprochen gebliebenen" Presseberichte verlassen dürfen, soweit es um Tatsachenbehauptungen gegangen sei, die nicht seinem eigenen Erfahrungsbereich entstammten. Selbst wenn L. Bedenken gekommen wären und er sich an fachkundiger Stelle erkundigt hätte, ob die Verbreitung der Zeitungsartikel auf rechtliche Bedenken stoße, könne nicht ohne weiteres angenommen werden, daß er die eindeutige Antwort erhalten hätte, die Weiterverbreitung sei rechtswidrig. Immerhin hätten seinerzeit gewichtige Stimmen im juristischen Schrifttum die Auffassung vertreten, als
Folge der Ausweitung der Meinungsäußerungsfreiheit auf Kosten des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen durch das Bundesverfassungsgericht sei der Ehrenschutz "praktisch nicht mehr durchsetzbar".
(aa) Diese Ausführungen zum Verschulden sind schon mit dem Mangel behaftet, daß, wie oben (unter b) bb) (2) und (4)) ausgeführt, der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts hinsichtlich der (objektiven) Berechtigung des Sektenbeauftragten einer öffentlich-rechtlich korporierten Religionsgemeinschaft zu "amtlichen" ehrverletzenden Meinungsäußerungen und Tatsachenbehauptungen in der Öffentlichkeit bzw. zu den ihn in diesem Zusammenhang treffenden Prüfungspflichten nicht richtig ist. Infolgedessen läßt das Berufungsgericht bei der Beurteilung der Verbreitung der Zeitungsartikel ganz außer acht, daß diese - bis auf denjenigen vom 1./3. Mai 1998 - maßgeblich auf eigene Äußerungen des Sektenbeauftragten gegenüber den Journalisten zurückgehen ; soweit jene Äußerungen rechtswidrig gewesen sein sollten - was, wie gesagt, bisher noch nicht hinreichend geprüft ist -, kann also ein Verschulden L. 's nicht mit dem Hinweis ausgeschlossen werden, er habe auf die Richtigkeit der Zeitungsartikel vertraut. Da die Annahme des Berufungsgerichts - wie auch schon des Landgerichts -, die in Rede stehenden Amtshandlungen seien rechtmäßig gewesen, auf einer unzureichenden tatsächlichen und rechtlichen Beurteilungsgrundlage beruht, kann ein Verschulden des Sektenbeauftragten der Beklagten nicht schon unter Berufung auf die sogenannte Kollegialgerichts-Richtlinie verneint werden, die besagt, daß einen Beamten in der Regel kein Verschulden trifft, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen (Berufsrichtern ) besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat (vgl. Staudinger/Wurm aaO Rn. 216 ff, 218 m.w.N.).
(bb) Die Revision beanstandet darüber hinaus mit Recht, daß bei Zugrundelegung eines objektivierten Sorgfaltsmaßstabes ein Verschulden des Sektenbeauftragten selbst insoweit in Betracht kommt, als in den von ihm weiterverbreiteten Zeitungsartikeln Angriffe gegen den Kläger enthalten sind, die zwar nicht als Äußerungen des Sektenbeauftragten der Beklagten gekennzeichnet sind, aber noch weit schwerer wiegen; wie etwa in dem Artikel vom 1./3. Mai 1998, wo der Sektenbeauftragte der evangelisch-lutherischen Kirche in B. mit der Behauptung zitiert wird, bei ihm hätten sich Frauen gemeldet , die erklärt hätten, so unter dem Einfluß des Klägers gestanden zu haben, daß sie für Geschlechtsverkehr den Therapeutensatz bezahlt hätten. Zeitungsartikel mit einem für den Betroffenen derartig schwerwiegenden Inhalt durfte der Sektenbeauftragte - wie sich für L. aufdrängen mußte - nicht in seiner amtlichen Funktion an die interessierten Kreise weiterleiten, ohne sich hinsichtlich der Richtigkeit - etwa über die von seinem evangelischen Amtskollegen vorgenommenen Recherchen - näher zu informieren.
(cc) Ein "Vertrauen" des Sektenbeauftragten auf die Richtigkeit der Zeitungsberichte ergab sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht schon daraus, daß der Kläger hiergegen zunächst keine gerichtlichen Schritte unternahm, zumal dieser nach den eigenen Feststellungen des Berufungsgerichts vor dem Erscheinen des ersten Zeitungsartikels erklärt hatte, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe seien "nicht ernstzunehmen" - worin alles andere als eine Billigung gesehen werden konnte -, und diese ausweislich der späteren Zeitungsartikel auch später ausdrücklich in Abrede stellte.
(dd) Die vom Berufungsgericht für möglich gehaltenen Rechtsauskünfte fachkundiger Kreise, falls L. sich vor seinen öffentlichen Auftritten
und Äußerungen gegen den Kläger hinsichtlich seiner diesbezüglichen Rechte und Pflichten erkundigt hätte, schließen den Verschuldensvorwurf gegen den Sektenbeauftragten der Beklagten ebenfalls nicht aus. L. ist bereits vorzuwerfen, daß er sich - wovon revisonsrechtlich auszugehen ist - in der vom Berufungsgericht beschriebenen, rechtlich nicht leicht zu durchschauenden Situation nicht rechtlich informiert hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann zwar dann, wenn die nach sorgfältiger Prüfung gewonnene Rechtsansicht des Amtswalters als rechtlich vertretbar angesehen werden kann, und er daran bis zur gerichtlichen Klärung der Rechtslage festhält, aus der nachträglichen Mißbilligung seiner Rechtsauffassung durch die Gerichte ein Schuldvorwurf nicht hergeleitet werden (vgl. nur BGHZ 119, 365, 369). Die Verneinung des Schuldvorwurfs setzt allerdings voraus, daß die letztlich als unzutreffend erkannte Rechtsmeinung nicht nur vertretbar, sondern auch aufgrund sorgfältiger rechtlicher und tatsächlicher Prüfung gewonnen worden war. Fehlt es an dieser weiteren Voraussetzung, kann ein Schuldvorwurf bereits unter diesem Gesichtspunkt begründet sein (BGHZ 119, 365, 370).
4. Die zusätzlichen Erwägungen des Berufungsgerichts dazu, daß es (allemal ) hinsichtlich der im Laufe des Prozesses aufgetretenen Erkrankung des Klägers an einem Verschulden des Sektenbeauftragten fehle - ohne daß es darauf ankomme, ob die Krankheit durch die Äußerungen des Zeugen L. gegenüber den Medien und die Weiterverbreitung der Presseberichte ausgelöst worden sei -, sind, wie die Revision zutreffend rügt, schon deshalb verfehlt, weil der Fahrlässigkeitsvorwurf sich im Rahmen des § 839 Abs. 1 BGB nur auf die Erfüllung des haftungsbegründenden Tatbestandes durch die Amtspflichtverletzung, nicht dagegen auf den daraus entstandenen Schaden zu erstrecken braucht (vgl. nur Senatsurteile BGHZ 34, 375, 381 und
vom 8. Februar 1965 - III ZR 170/63 - NJW 1965, 962 f). Eine andere Frage, mit der das Berufungsgericht sich aber nicht befaßt hat, ist die, ob die behauptete Erkrankung im Sinne einer adäquaten Kausalität - also nicht außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit liegend (vgl. Palandt/Heinrichs BGB 62. Aufl. Vorbem. vor § 249 Rn. 58 ff) - auf die behaupteten (psychischen) Beeinträchtigungen des Klägers zurückzuführen ist.

III.


Die die Klage (insgesamt) abweisende Entscheidung des Berufungsgerichts wird auch nicht durch die weitere - hilfsweise - Begründung des Berufungsurteils getragen.
1. Das Berufungsgericht hält die Klage, was die Darlegung des dem Kläger durch die behauptete Amtspflichtverletzung entstandenen Schadens angeht, für "wenigstens teilweise" beziehungsweise "jedenfalls nicht hinsichtlich eventueller Schadensereignisse in unverjährter Zeit, also aus den letzten drei Jahren vor der Klageeinreichung" unschlüssig, ohne allerdings insoweit die erforderliche nähere Aufgliederung vorzunehmen.
Im übrigen trifft zwar die Beanstandung des Berufungsgerichts hinsichtlich der entgangenen Einnahmen schon deshalb zu, weil weder der vom Kläger auf 1.690.453 DM "geschätzte" Betrag an entgangenen Entgelten seiner Praxis , noch der im Zusammenhang mit dem Verlust von 30 Ausbildungsteilnehmern genannte Betrag von 40.000 DM pro Teilnehmer, noch der durch die Ausbootung des Klägers bei der "Wirkstatt" eingetretene Verlust von
71.800 DM hinreichend aufgeschlüsselt worden sind. Nicht ohne weiteres gilt diese Beanstandung jedoch, wie die Revision zu Recht rügt, für die weiteren geltend gemachten Schadenspositionen von insgesamt 85.000 DM wegen verstärkter Werbemaßnahmen einschließlich Rundbriefen. Darüber hinaus trifft die Rüge der Revision zu, daß das Berufungsgericht nach dem besonderen Verlauf des gerichtlichen Verfahrens, in dem das erstinstanzliche (klageabweisende ) Urteil des Landgerichts auf die Berechnung des Schadens überhaupt nicht eingegangen ist und auch im Berufungsverfahren unvermittelt in eine Beweisaufnahme zur Frage des Vorliegens einer Amtspflichtverletzung eingetreten worden ist, eine Bestätigung des klageabweisenden Urteils nicht entscheidend auf Mängel in der Schadensberechnung stützen durfte, ohne dem Kläger Gelegenheit zu einer Ergänzung seines Vortrags zu geben (§ 139 ZPO a.F.). Schließlich rechtfertigten die Mängel im Vortrag des Klägers hinsichtlich seines materiellen Schadens auf keinen Fall die Klageabweisung bezüglich des weiter geltend gemachten immateriellen Schadensersatzanspruchs.
2. Auch der vom Berufungsgericht weiter angeführte Gesichtspunkt eines Haftungsausschlusses nach § 839 Abs. 3 BGB rechtfertigt - jedenfalls nach dem bisherigen Sachstand - nicht die von ihm ausgesprochene (vollständige) Abweisung des Amtshaftungsanspruchs.

a) Das Berufungsgericht lastet dem Kläger an, auf die von ihm beanstandeten Handlungen des Zeugen L. nicht mit einer Unterlassungsklage bzw. mit einem Antrag auf einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO reagiert zu haben. Auch wenn, so führt es aus, ein solches Verfahren eine gewisse Zeit in Anspruch genommen hätte, wäre doch - "die Rechtswidrigkeit der Aktivitäten des Zeugen L. unterstellt" - verhindert worden, daß die
Artikel vom 24. November 1995 und vom 1./3. Mai 1998 sowie die Rundfunksendung vom 28. Mai 1997 unter dessen Mitwirkung hätten entstehen können. Auch hätte die Verbreitung der Zeitungsartikel durch den Zeugen unterbunden werden können.

b) Indessen machen diese Ausführungen schon nicht hinreichend deutlich , welche gerichtliche Schritte des Klägers im einzelnen - insbesondere was die spätere Verbreitung der Zeitungsartikel durch den Zeugen L. angeht - das Berufungsgericht sich vorstellt beziehungsweise von welchen konkreten (hypothetischen) Geschehensabläufen es ausgeht.
Im übrigen sind die Ausführungen des Berufungsgerichts nicht geeignet, sämtliche Zweifel zu beseitigen, ob für den Kläger in seiner Situation ein gerichtliches Vorgehen zumutbar war.
aa) Der Senat hat im derzeitigen Verfahrensstadium keinen Anlaß, näher darauf einzugehen, ob und inwieweit im allgemeinen die vom Berufungsgericht in Betracht gezogene Unterlassungsklage oder die Einholung entsprechenden einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutzes (zu letzterem vgl. Senat BGHZ 130, 332, 338 und Beschluß vom 7. November 1996 - III ZR 283/95 - VersR 1997, 238 = BGHR BGB § 839 Abs. 3 Primärrechtsschutz 13) ein "Rechtsmittel" im Sinne des § 839 Abs. 3 darstellt, nämlich einen Rechtsbehelf, der darauf gerichtet und geeignet ist, einen Schaden durch eine bereits erfolgte Amtspflichtverletzung dadurch abzuwenden oder zu mindern, daß das schädigende Verhalten beseitigt oder berichtigt wird (vgl. Staudinger/Wurm aaO Rn. 354). Bezogen auf den Streitfall könnten sich diesbezügliche Zweifel möglicherweise daraus ergeben, daß eine solche Unterlassungsklage nicht unmit-
telbar gegen die (ersten) öffentlichen Äußerungen von Seiten der Beklagten hätte gerichtet sein können, sondern nur vorbeugend gegen etwaige zukünftige (weitere) Amtspflichtverletzungen, und daß sie jedenfalls nicht den durch den (ersten) Zeitungsartikel bereits verwirklichten Schaden insgesamt hätte abwehren können (zu letzterem Gesichtspunkt vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 1986 - III ZR 77/84 - NJW 1986, 1924; Ossenbühl Staatshaftungsrecht 5. Aufl. S. 93 f). Eine andere, gegebenenfalls nach § 254 BGB zu beurteilende Frage wäre, ob dem Kläger nicht weitergehende presserechtliche (etwa Gegendarstellungs -)Ansprüche gegen die beteiligten Medien zustanden.
Darüber hinaus ist offen, ob eine Unterlassungsklage - erst recht eine Widerrufsklage, auf die die Revisionserwiderung verweist - des Klägers Erfolg gehabt hätte. Das Berufungsgericht legt dies zwar für die - aus seiner Sicht - theoretische Alternative, daß die Aktivitäten des Zeugen L. rechtswidrig waren, wie selbstverständlich zugrunde. Es berücksichtigt hierbei aber nicht die - keineswegs fernliegende - Möglichkeit, daß die mit einer Unterlassungsklage des Klägers befaßten Gerichte die Frage der Rechtmäßigkeit des Verhaltens des Sektenbeauftragten der Beklagten ebenso beurteilt hätten wie die beiden Vorinstanzen im vorliegenden Amtshaftungsprozeß. Im Bereich des § 839 Abs. 3 BGB kann der bei der Feststellung der Ursächlichkeit einer Amtspflichtverletzung für die Frage, wie die Entscheidung eines Gerichts oder einer Behörde ausgefallen wäre, geltende Grundsatz, daß allein auf die sachlich richtige, nicht auf die tatsächliche Entscheidung abzustellen ist, nicht uneingeschränkt gelten (Senatsurteil vom 16. Januar 1986 - III ZR 77/84 - NJW 1986, 1924 f). Dies hat der Senat in dem genannten Urteil zwar in erster Linie für Fälle ausgesprochen, in denen es nicht um die Anrufung eines Gerichts (gegen einen Verwaltungsakt) ging, sondern darum, ob eine Verwaltungsbehörde
durch Gegenvorstellung oder Dienstaufsichtsbeschwerde zur Überprüfung ihres eigenen Handelns veranlaßt werden sollte. Ähnliche Erwägungen sind aber nicht ausgeschlossen, wenn es - wie hier - um die (hypothetische) Entscheidung eines Gerichts geht und ersichtlich eine einigermaßen zuverlässige Beurteilung , wie richtigerweise zu entscheiden gewesen wäre, nicht ohne weiteres möglich ist (vgl. Staudinger/Wurm aaO Rn. 362).
bb) Die vorstehend aufgeworfenen Fragen belassen jedenfalls Zweifel an einem Verschulden des Klägers in bezug auf die Nichteinlegung eines Rechtsmittels (außer der erfolglos gebliebenen Eingabe des Klägers vom 5. November 1998 an den N. Stadtdekan). Es fehlt am Verschulden, wenn die Erfolgsaussicht des Rechtsmittels so gering oder zweifelhaft ist, daß dem Verletzten dessen Gebrauch nicht zuzumuten ist (Staudinger/Wurm aaO Rn. 358 m.w.N.). Im Streitfall kommt zu den oben angesprochenen Unwägbarkeiten - und der bis zur Entscheidung BGHZ 148, 307 noch bestehenden Unsicherheit hinsichtlich des Rechtswegs - hinzu, daß der Kläger vorgetragen hat, Rechtsanwälte hätten ihm von einer Unterlassungsklage abgeraten, weil ein auch nur teilweise verlorener "Zivilprozeß" die Sache für den Betroffenen "schlimmer mache als zuvor". Ein solcher - im Revisionsverfahren zu unterstellender - Ratschlag muß in der damaligen Situation des Klägers nicht unbedingt falsch gewesen sein.
3. Die Notwendigkeit einer differenzierteren tatrichterlichen Beurteilung - unter Zuhilfnahme des § 287 ZPO - gilt auch für die Frage des Durchgreifens der Einrede der Verjährung, die das Berufungsgericht "zumindest wegen eines wesentlichen Teiles der Schadenspositionen", jedoch wiederum ohne eine nähere Eingrenzung, angenommen hat.

Nach dem hier noch anwendbaren § 852 Abs. 1 BGB a.F. verjährt der Anspruch auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt. Grundsätzlich zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß bei wiederholten unerlaubten Handlungen die Verjährung hinsichtlich des jeweiligen schädigenden Einzelaktes gesondert einsetzt. Jede schädigende Teilhandlung oder Unterlassung stellt eine verjährungsrechtlich selbständige neue Schädigung dar, die einen neuen Ersatzanspruch mit eigenem Lauf der Verjährungsfrist erzeugt. Der Umstand, daß die wiederholten schadenstiftenden Handlungen Ausfluß eines einheitlichen Entschlusses sind - etwa im Sinne einer "Kampagne" -, bewirkt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht, daß die Verjährung von Schadensersatzansprüchen erst mit der letzten unerlaubten Handlung für alle beginnt; strafrechtliche Begriffe, wie die natürliche Handlungseinheit und die fortgesetzte Handlung, sind für die Verjährung deliktischer Ansprüche unmaßgeblich (BGHZ 71, 86, 94). Die Ansicht der Revision, im Streitfall sei der Verjährungsbeginn unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer "Dauerhandlung" hinausgeschoben, trifft daher nicht zu. Es ist auch nicht richtig, daß nur deshalb, weil der Sektenbeauftragte der Beklagten sich seit Erscheinen des ersten Zeitungsartikels nicht öffentlich von den ihm zugeschriebenen Äußerungen distanziert hat, eine solche "Dauerhandlung" anzunehmen wäre.
Wenn es mithin naheliegen mag, daß - wie das Berufungsgericht angenommen hat - wegen der durch die (dem Kläger bekannten) Zeitungsartikel von 1990 und von 1995 eingetretenen Schäden Verjährung eingetreten ist, so gilt dies jedenfalls nicht für einen etwa damit zusammenhängenden, nicht voraus-
sehbaren Gesundheitsschaden und, wie das Berufungsgericht selbst sieht, nicht für die weiteren in Betracht zu ziehenden Amtspflichtverletzungen zumindest ab 1997. Die insoweit erforderlichen näheren Abgrenzungen müssen dem Tatrichter überlassen werden.

IV.


Da der Rechtsstreit im Revisionsverfahren nicht entscheidungsreif ist, muß die Sache nach allem zur erneuten Prüfung des Klageanspruchs an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
Rinne Wurm Streck Schlick Dörr

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 39/03
Verkündet am:
8. Januar 2004
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Das Unterlassen des Gebrauchs eines "Rechtmittels" liegt nicht schon dann
vor, wenn ein am Beurkundungsverfahren Beteiligter es (hier: vertreten durch
einen Rechtsanwalt) sorgfaltswidrig unterlassen hat, Unzulänglichkeiten in
dem ihm zugänglich gemachten Urkundenentwurf des Notars aufzudecken,
durch deren Prüfung und Berichtigung weitere Mängel in der daraufhin beurkundeten
vertraglichen Regelung, die dem Notar als Amtspflichtverletzung angelastet
werden, hätten vermieden werden können.
BGH, Urteil vom 8. Januar 2004 - III ZR 39/03 - OLG Hamm
LG Dortmund
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Januar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Streck, Dr. Kapsa, Galke und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 11. Dezember 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Klägerin verlangt aus eigenem und aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes von dem beklagten Notar Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung.
Am 20. Februar 1998 hatten die Klägerin und ihr Ehemann (im folgenden : die Klägerin) mit dem Bauträger S. einen Vertrag über den Erwerb eines Grundstücks in D. -B. mit einem von dem Verkäufer darauf
zu errichtenden Einfamilienhaus geschlossen (UR-Nr. 9/98 des Notars P. ). Nach diesem Vertrag war nach Maßgabe der Makler- und Bauträgerverordnung die Fälligkeit des Entgelts für die Gesamtleistung (470.000 DM) von bestimmten Voraussetzungen abhängig - unter anderem der Eintragung einer Auflassungsvormerkung , der "Sicherstellung, daß alle vor der Vormerkung eingetragenen Belastungen ... bei Eigentumsumschreibung gelöscht werden, ..." sowie der schriftlichen "Freistellungserklärung der vorrangigen Kreditgeber ... und Weiterleitung an den Käufer" -, und die Zahlungen waren in bestimmten Teilbeträgen entsprechend dem Stand des Baus zu erbringen. Sie hatten nach dem Vertragstext auf ein Notaranderkonto des amtierenden Notars oder - nach der im Vertrag vorgesehenen Freigabe der ersten Rate durch den Notar - unmittelbar an den Verkäufer (Bauträger) zu erfolgen.
Auf dem Kaufgrundstück lastete eine Eigentümergrundschuld des Verkäufers (Bauträgers) in Höhe von 400.000 DM. Am 7. Mai 1998 wurde im Grundbuch die Abtretung dieses Rechts an die Stadtsparkasse D. eingetragen. Diese erteilte unter dem 27. Mai 1998 der Klägerin zu Händen des amtierenden Notars eine "Freistellungserklärung gemäß § 3 MaBV", wonach sie sich unter anderem für den Fall der vertragsgemäßen Vollendung des Kaufobjektes verpflichtete, "das jeweilige vom Käufer erworbene Kaufobjekt aus der Mithaftung der... Grundschuld zu entlassen, wenn ... der Käufer die geschuldete Vertragssumme auf das bei der Sparkasse geführte Konto Nr. 541 002 006 des Bauträgers eingezahlt hat". Der Notar übersandte diese Freistellungserklärung der Klägerin mit dem Hinweis, daß Zahlungen nur auf das darin genannte Konto erfolgen dürften. Dementsprechend zahlte die den
Kaufpreis finanzierende D. Bank im Mai und Juli 1998 insgesamt 272.600 DM auf das Konto Nr. 541 002 006 bei der Stadtsparkasse D. .
Danach kam es zu einem Streit zwischen dem Bauträger und der Klägerin wegen zu geringer Höhe des Dachausbaus. In einem beiderseits durch Anwälte geführten Schriftwechsel einigte man sich schließlich dahin, daß sich der Gesamtpreis wegen der Mängel um 25.200 DM ermäßigen sollte und die danach noch offenen 172.200 DM abweichend von dem ursprünglichen Zahlungsplan wie folgt bezahlt werden sollten: 70.000 DM sofort, 40.000 DM nach Einbau der Heizung, der Rohinstallation und Verlegung des Estrichs, 30.000 DM nach Fertigstellung der Feininstallation und Verlegung der Fliesen, 20.000 DM nach Einbau der Türen und 12.200 DM in bar bei Übergabe.
Mit der Beurkundung der ergänzenden Vereinbarung wurde anstelle des bisher tätigen Notars der Beklagte beauftragt. Der Beklagte übersandte den Parteien einen ihrer Einigung entsprechenden Vertragsentwurf. Bei der Beurkundung am 23. Februar 1999 nahm der Beklagte in Abweichung von seinem Entwurf folgenden Zusatz in den Vertragstext auf:
"Die Zahlung soll erfolgen auf das Konto von Rechtsanwalt K. bei der… Nr. ..."
Auf das besagte Konto, dessen Inhaber der Rechtsvertreter des Bauträgers S. war, zahlte die Finanzierungsbank der Klägerin zwischen dem 24. Februar und dem 22. Juni 1999 entsprechend dem geänderten Zahlungsplan insgesamt 167.400 DM; von der letzten Rate behielt die Klägerin 4.800 DM als Vertragsstrafe ein. Rechtsanwalt K. überwies 140.000 DM an S. . Weitere 27.400 DM wurden hinterlegt; davon ist ein Betrag von
7.400 DM zugunsten der Klägerin freigegeben worden. Der Bauträger ist in Vermögensverfall geraten.
Im Hinblick darauf, daß die Stadtsparkasse D. zur Erteilung einer Löschungsbewilligung für ihre Grundschuld an dem Kaufgrundstück nur gegen Zahlung des zwischen dem Bauträger und der Klägerin vereinbarten Gesamtentgelts , abzüglich der bereits gezahlten 272.600 DM, an sie bereit ist, macht die Klägerin gegen den Beklagten einen Schaden von 160.000 DM ! " # %$ '&( " ' )*$ (81.806,70 rlandesgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin und der D. Bank D. als ihrer Streithelferin zurückgewiesen. Mit der - vom erkennenden Senat zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


1. Es ist mit dem Berufungsgericht davon auszugehen, daß der Beklagte eine Amtspflichtverletzung begangen hat, indem er durch unzureichende Aufklärung des Sachverhalts und Belehrung der Beteiligten (vgl. § 17 Abs. 1 BeurkG) dazu beitrug, daß es bei der Beurkundung vom 23. Februar 1999 zu
einer Regelung kam, wonach die weiteren Zahlungen der Klägerin auf das Konto des Rechtsanwalts des Bauträgers erfolgen sollten. Diese Regelung setzte die Klägerin der Gefahr - die sich dann auch tatsächlich verwirklicht hat - aus, daß ihre restlichen Zahlungen auf den "Kaufpreis" nicht zur Freistellung des Kaufgrundstücks von der Belastung mit der vorrangig eingetragenen Grundschuld der Stadtsparkasse D. führten. Die Revisionserwiderung des Beklagten räumt selbst ein, daß der von dem Beklagten beurkundete Zahlungsweg in Widerspruch zu den Maßnahmen stand, mit denen der lastenfreie Erwerb sichergestellt und die Kaufpreisraten fälliggestellt werden sollten. Soweit sie in Zweifel ziehen will, daß der Beklagte dies hätte erkennen müssen, läßt sie unberücksichtigt, daß dem Beklagten zwar die Freistellungserklärung der Stadtsparkasse D. vom 27. Mai 1998 nicht vorgelegen haben mag, wohl aber der Ausgangsvertrag vom 20. Februar 1998 und die Grundbucheintragung , die die Belastung des Kaufgrundstücks mit einer vorrangigen Grundschuld der Stadtsparkasse D. auswies. Solange dem Beklagten nicht zugleich eine Löschungsbewilligung bezüglich dieser Grundstücksbelastung vorlag, war aus seiner Sicht ungeklärt, ob und wodurch für den Fall der unmittelbaren Zahlung der Klägerin an den Bauträger (bzw. seinen Rechtsanwalt) der lastenfreie Erwerb des Kaufgrundstücks gewährleistet war.
Das Berufungsgericht stellt auch rechtsfehlerfrei den notwendigen adäquaten Ursachenzusammenhang zwischen der Amtspflichtverletzung des Beklagten und dem geltend gemachten Schaden fest. Es sieht es als überwiegend wahrscheinlich an, daß beide Vertragsseiten auf entsprechenden Rat des Beklagten an dem bisher gehandhabten Zahlungsweg festgehalten hätten, also die Klägerin auch ihre restlichen Zahlungen auf das in der Freistellungserklä-
rung genannte Konto des Bauträgers gezahlt und dadurch die Entlassung des Kaufgrundstücks aus der Haftung für die Grundschuld erreicht hätte.
2. Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob, wie das Berufungsgericht meint, der Beklagte auch im Hinblick auf Vorschriften der Maklerund Bauträgerverordnung amtspflichtwidrig gehandelt hat und ob - was das Berufungsgericht nicht geprüft hat - diese vom Berufungsgericht angenommenen Verstöße (auch) schadensursächlich waren .

II.


1. Das Berufungsgericht meint, ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz gegen den Beklagten scheitere daran, daß der für sie im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung mit dem Bauträger S. tätig gewordene und sie beratende Rechtsanwalt W. es vorwerfbar versäumt habe, den Schadenseintritt durch Einlegung eines Rechtsmittels im Sinne von § 839 Abs. 3 BGB abzuwenden. Rechtsanwalt W. hätte sich darüber informieren müssen, ob die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 MaBV für die Fälligkeit der von seiner Mandantin zu zahlenden Raten vorlagen. In diesem Zusammenhang wäre er auch auf die Frage nach der an die Mandanten ausgehändigten Freistellungserklärung der Sparkasse D. gestoßen, nach der er sie hätte befragen müssen. Dann wäre ihm auch bekannt geworden, daß ohne Zahlung auf das bei der Sparkasse geführte Konto der Mandantin die ihr gebührende Freistellung des Kaufgegenstandes nicht gesichert war. Rechtsanwalt W. hätte die Klägerin über das Ergebnis seiner sorgfältigen und gewissenhaften Prüfung der Rechtslage informieren müssen. Soweit er auf
Weisung der Mandanten einen Vergleichsinhalt vorgeschlagen oder ausge- handelt habe, hätte er sie über die notwendige Beachtung der Vorschriften der Makler- und Bauträgerverordnung belehren und einen Vergleichsvorschlag unter Beachtung dieser Vorschriften abfassen müssen. Dies sei unterblieben, weil die ausgehandelten Raten sich in ihrer Höhe "weit von jenen in § 3 Abs. 2 MaBV entfernten" und die Regelungen in § 3 Abs. 1 Sätze 4 und 5 MaBV unbeachtet geblieben seien. Nach Übersendung des von dem Beklagten entworfenen Vertrages hätte er auf die hierin enthaltenen Mängel aufmerksam werden , die Mandanten über die Mängel und eine mögliche Abhilfe belehren und nach entsprechender Weisung der Mandanten gegenüber dem Beklagten auf Abhilfe hinwirken müssen. Hätte Rechtsanwalt W. pflichtgemäß gehandelt , "dann wäre die Freistellungserklärung und die darin enthaltene Einschränkung hinsichtlich des Zahlungswegs in den Blick gekommen", die aus der Zahlung an Rechtsanwalt K. resultierende Gefahr wäre erkannt und durch entsprechende modifizierende Regelungen zum Zahlungsweg wären Nachteile der Klägerin vermieden worden.
Wegen dieser anwaltlichen Pflichtverletzungen des Rechtsanwalts W. gegenüber der Klägerin stehe dieser nicht nur eine anderweitige Ersatzmöglichkeit durch Inanspruchnahme dieses Rechtsanwalts offen. Vielmehr müsse die Klägerin sich das Verschulden des Rechtsanwalts W. als ein solches ihres Erfüllungsgehilfen entgegenhalten lassen. Die "Aufdeckung der Unzulänglichkeiten" des vom Beklagten erstellten Vertragsentwurfs, die aufgrund einer notariellen Amtspflichtverletzung zustande gekommen seien, und das Hinwirken auf Abhilfe gegenüber dem Beklagten stellten sich als Rechtsmittel im Sinne des insoweit weit auszulegenden § 839 Abs. 3 BGB dar. Dieses "Rechtsmittel" hätte den Eintritt des Schadens der Klägerin verhindert.

2. Diese Ausführungen halten im entscheidenden Punkt der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Wie die Revision mit Recht rügt, lag in den vom Berufungsgericht der Klägerin angelasteten Versäumnissen ihres Rechtsanwalts - selbst wenn man die Richtigkeit der Ausführungen des Berufungsgerichts hierzu im übrigen unterstellt - nicht das Unterlassen des Gebrauchs "eines Rechtsmittels" im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 3 BNotO i.V.m. § 839 Abs. 3 BGB.

a) Allerdings ist der Begriff des Rechtsmittels nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weit zu fassen. Es sind darunter alle Rechtsbehelfe zu begreifen, die sich unmittelbar gegen die schädigende Amtshandlung oder Unterlassung selbst richten und nach gesetzlicher Ordnung ihre Beseitigung oder Berichtigung bezwecken und ermöglichen. Auch Gegenvorstellungen, Erinnerungen an die Erledigung eines Antrags, Beschwerden und Dienstaufsichtsbeschwerden zählen hierzu (vgl. nur Senatsurteile BGHZ 123, 1, 7 f; 137, 11, 23). Auf dieser Linie liegt, daß der Bundesgerichtshof die Erinnerung eines Beteiligten an den Notar, eine noch ausstehende Beurkundung vorzunehmen (BGH, Urteil vom 13. Mai 1997 - IX ZR 123/96 - NJW 1997, 2327, 2328), ebenso wie die Aufforderung an den Notar, eine fehlerhafte Urkunde nachzubessern (BGH, Urteil vom 17. Januar 2002 - IX ZR 434/00 - NJW 2002, 1655, 1656), als "Rechtsmittel" gewertet hat. Den Bedenken, die die Revision gegen eine "so weitgehende Ausdehnung des Rechtsmittelbegriffs" erhebt, folgt der Senat nicht.

b) Damit ist aber noch nicht gesagt, daß - wie das Berufungsgericht offenbar meint - in jedem auf einem Sorgfaltsverstoß beruhenden tatsächlichen
Unterbleiben der Aufdeckung und Beanstandung von Unzulänglichkeiten einer Maßnahme des Notars seitens des Betroffenen bereits das Unterlassen des Gebrauchs eines Rechtsmittels liegt. Rechtsbehelfe, die als Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB angesehen werden können, müssen sich unmittelbar gegen eine sich als Amtspflichtverletzung darstellende Handlung oder Unterlassung richten und das Ziel haben, diese zu beseitigen oder zu berichtigen und damit den Schaden abzuwenden. Daraus ergibt sich jedenfalls, daß, solange eine Amtspflichtverletzung überhaupt noch nicht begangen ist, dagegen kein "Rechtsmittel" eingelegt werden kann (BGH, Urteil vom 22. Juni 1982 - VI ZR 268/80 - VersR 1982, 953, 954; Staudinger/Wurm BGB 13. Bearb. 2002 § 839 Rn. 348). Schon diese Voraussetzung war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht erfüllt. Zwar ist das Berufungsgericht der Ansicht, bereits der von dem Beklagten erstellte Vertragsentwurf habe auf Amtspflichtverletzungen des Beklagten beruhende "Unzulänglichkeiten" enthalten, die der Rechtsanwalt der Klägerin (W. ) hätte aufdecken können und müssen. Diese Ausführungen führen aber nicht daran vorbei, daß die eigentliche - und im Streitfall den Schaden der Klägerin auslösende - Amtspflichtverletzung des Beklagten erst darin lag, daß er anschließend bei der Vertragsbeurkundung eine in den Vorverhandlungen nicht vereinbarte "Zahlstelle" für die restlichen Zahlungen der Klägerin in die Urkunde aufnahm. Unterstellt man, daß dies, wie das Berufungsgericht meint, durch ein Hinwirken des Rechtsanwalts der Klägerin auf Abhilfe bezüglich der angenommenen Unzulänglichkeiten des Vertragsentwurfs hätte verhindert werden können, so hätte es sich der Sache nach nicht um die Beseitigung einer bereits begangenen amtspflichtwidrigen Maßnahme gehandelt, sondern um die Verhinderung einer andersgearteten (zukünftigen ) Amtspflichtverletzung. Das Unterlassen darauf gerichteter Hinweise
kann nicht nach § 839 Abs. 3 BGB i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 3 BNotO beurteilt werden, sondern nur nach § 254 BGB.

III.


1. Die vom Berufungsgericht unter Berufung auf § 19 Abs. 1 Satz 3 BNotO i.V.m. § 839 Abs. 3 BGB ausgesprochene (endgültige) Abweisung des Klageanspruchs kann daher keinen Bestand haben.
2. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (vgl. § 561 ZPO), und zwar auch nicht im Sinne einer Abweisung der Klage als zur Zeit unbegründet (zur Abgrenzung vgl. Senatsurteil vom 9. Januar 2003 - III ZR 46/02 - NJW-RR 2003, 563, 564 f) wegen der Möglichkeit , auf andere Weise Ersatz zu erlangen (§ 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO).

a) Die Ausführungen des Berufungsgerichts über Pflichtverletzungen des Rechtsanwalts W. gegenüber der Klägerin tragen eine dahingehende Entscheidung nicht.
aa) Das Berufungsgericht sieht anwaltliche Pflichtverletzungen - ebenso wie weitere Amtspflichtverletzungen des Beklagten als Notar - in einer mangelnden Beachtung der Makler- und Bauträgerverordnung (§ 3 Abs. 2 MaBV einerseits, § 3 Abs. 1 Sätze 4 und 5 MaBV andererseits) bei der Aushandlung und Formulierung der ergänzenden Vereinbarung zwischen der Klägerin und dem Bauträger.
Soweit das Berufungsgericht hierzu ausführt, allerdings ohne dies weiter zu begründen, die vorgesehenen restlichen Ratenzahlungen seien zu Ungunsten der Klägerin "deutlich über die in § 3 Abs. 2 MaBV vorgesehenen Fälligkeiten" hinausgegangen, ist dies ohne nähere Feststellungen zum damaligen konkreten Bautenstand und angesichts des Vergleichscharakters der von den Anwälten der Parteien des Kauf- und Bauvertrages ausgehandelten Zahlungsregelung nicht zwingend.
Zweifelhaft ist auch die Berechtigung der weiteren Beanstandung des Berufungsgerichts, der Rechtsvertreter der Klägerin habe (wie auch der Beklagte ) die Vorschrift des § 3 Abs. 1 Satz 5 MaBV nicht beachtet, weil der vorgeschlagene Vertragstext nicht auf die vorgesehenen - hier bereits vorliegenden - Erklärungen zur Sicherung der Freistellung des Objekts gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MaBV Bezug genommen habe. Es ist fraglich, ob die genannte gesetzliche Bestimmung überhaupt (noch) einschlägig war für eine bloße Ergänzungsvereinbarung zu einem abgeschlossenen und in erheblichem Umfang bereits durchgeführten Kauf- und Bauvertrag, die nur darauf abzielte, einen bei der Vertragsdurchführung aufgetretenen Streit über Baumängel und damit zusammenhängend über den Umfang und die Fälligkeit der weiteren Zahlungsverpflichtungen der Klägerin vergleichsweise zu regeln. Dies dürfte im Streitfall insbesondere deshalb zu verneinen sein, weil die hier maßgebliche Freistellungserklärung der Stadtsparkasse D. schon längst im Zuge der Abwicklung des Ausgangsvertrags an die Klägerin ausgehändigt worden und von dieser durch entsprechende Zahlungsanweisungen an ihre Finanzierungsbank "umgesetzt" worden war. Auch dies kann aufgrund des festgestellten Sachverhalts im Revisionsverfahren nicht abschließend beurteilt werden.
bb) Jedenfalls ergibt sich aus den getroffenen Feststellungen nicht klar, ob und wodurch im einzelnen der Rechtsanwalt der Klägerin durch die Aufdekkung und Beanstandung von Unzulänglichkeiten des Vertragsentwurfs des Beklagten - soweit solche überhaupt vorhanden waren - hätte verhindern können und sollen, daß eine erstmals im anschließenden Beurkundungstermin (in Abwesenheit des Rechtsanwalts der Klägerin) zur Sprache gebrachte, den ursprünglichen Vereinbarungen der Vertragspartner und deren Sinn widersprechende Regelung nachträglich in den Vertragstext aufgenommen wurde, wonach die Klägerin ihre (Rest-)Zahlungen auf ein Konto des Rechtsanwalts des Bauträgers zu leisten hatte. Die allgemein gehaltene Äußerung des Berufungsgerichts , im Falle entsprechender Beanstandungen des Vertragsentwurfs des Beklagten durch Rechtsanwalt W. wäre "die Freistellungserklärung und die darin enthaltene Einschränkung hinsichtlich des Zahlungswegs in den Blick gekommen", die aus der Zahlung an Rechtsanwalt K. resultierende Gefahr wäre "erkannt, und durch entsprechend modifizierte Regelungen zum Zahlungsweg wären Nachteile der Klägerin vermieden worden", ersetzt die (notwendige ) Feststellung eines konkreten (hypothetischen) Ursachenzusammenhangs nicht. Zu beanstanden ist an der Argumentation des Berufungsgerichts auch, daß es, was den erforderlichen Rechtswidrigkeitszusammenhang angeht (vgl. Palandt/Heinrichs BGB 63. Aufl. Vorb. v. § 249 Rn. 62 ff), die unterschiedlichen Schutzzwecke der genannten, von ihm als verletzt angesehenen Regelungen der Makler- und Bauträgerverordnung nicht genügend auseinanderhält.

b) Andererseits läßt sich nach dem jetzigen Sachstand nicht ausschließen , daß ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen ihren Rechtsanwalt als anderweitige Ersatzmöglichkeit in Betracht kommt, etwa - wie die Revisionserwiderung anführt - wegen unzureichender Hinweise an den Notar im Zu-
sammenhang mit der Vorbereitung des Ergänzungsvertrages, möglicherweise auch noch nach der Beurkundung desselben. Die von dem Prozeßbevollmächtigten des Beklagten in der Revisionsverhandlung angesprochene anderweitige Ersatzmöglichkeit in Form eines Schadensersatzanspruchs der Klägerin gegen ihre Finanzierungsbank liegt eher fern.
3. Da Entscheidungsreife im Revisionsrechtszug (vgl. § 563 Abs. 3 ZPO) nicht gegeben ist, muß die Sache zur weiteren Prüfung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Der Senat hat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
Schlick Streck Kapsa Galke Herrmann

(1) Der Gefangene erhält Gelegenheit, sich mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten, die ihn selbst betreffen, an den Anstaltsleiter zu wenden. Regelmäßige Sprechstunden sind einzurichten.

(2) Besichtigt ein Vertreter der Aufsichtsbehörde die Anstalt, so ist zu gewährleisten, daß ein Gefangener sich in Angelegenheiten, die ihn selbst betreffen, an ihn wenden kann.

(3) Die Möglichkeit der Dienstaufsichtsbeschwerde bleibt unberührt.

7
a) Die Frage, wann die räumlichen Verhältnisse in einer Strafanstalt derart beengt sind, dass die Unterbringung eines Gefangenen die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) verletzt, lässt sich nicht abstrakt-generell klären, sondern muss der tatrichterlichen Beurteilung überlassen bleiben (vgl. Senat, BGHZ 161, 33, 35; Beschlüsse vom 21. Dezember 2005 - III ZR 33/05 - NJW 2006, 1289 Rn. 2, und 28. September 2006 - III ZB 89/05 - NJW 2006, 3572 Rn. 10). Deshalb kommt die vom beklagten Land geforderte "Klärung des verfassungsmäßigen Raummindestsolls" nicht in Betracht. In der Sache selbst hält die Annahme des Berufungsgerichts, die Haft sei menschenunwürdig gewesen, der eingeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Soweit das beklagte Land in diesem Zusammenhang auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 12. Juli 2007 in Sachen Testa gegen Kroatien (EuGRZ 2008, 21, 23 Rn. 56 ff) hinweist, kann dahinstehen, ob unter Berücksichtigung des dieser Entscheidung zugrunde liegenden Maßstabs keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK vorgelegen hat. Denn die etwaige Einhaltung des dort niedergelegten und für die Konventionsstaaten verbindlichen Mindeststandards hindert nicht eine tatrichterliche Würdigung, dass bestimmte Haftbedingungen gegen das Grundgesetz verstoßen.

(1) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Strafvollzuges oder des Vollzuges freiheitsentziehender Maßregeln der Besserung und Sicherung kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden. Mit dem Antrag kann auch die Verpflichtung zum Erlaß einer abgelehnten oder unterlassenen Maßnahme begehrt werden.

(2) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, durch die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(3) Dient die vom Antragsteller begehrte oder angefochtene Maßnahme der Umsetzung des § 66c Absatz 1 des Strafgesetzbuches im Vollzug der Sicherungsverwahrung oder der ihr vorausgehenden Freiheitsstrafe, so ist dem Antragsteller für ein gerichtliches Verfahren von Amts wegen ein Rechtsanwalt beizuordnen, es sei denn, dass wegen der Einfachheit der Sach- und Rechtslage die Mitwirkung eines Rechtsanwalts nicht geboten erscheint oder es ersichtlich ist, dass der Antragsteller seine Rechte selbst ausreichend wahrnehmen kann. Über die Bestellung und einen Widerruf entscheidet der Vorsitzende des nach § 110 zuständigen Gerichts.

(1) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Das Gericht kann den Vollzug der angefochtenen Maßnahme aussetzen, wenn die Gefahr besteht, daß die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird und ein höher zu bewertendes Interesse an dem sofortigen Vollzug nicht entgegensteht. Das Gericht kann auch eine einstweilige Anordnung erlassen; § 123 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidungen sind nicht anfechtbar; sie können vom Gericht jederzeit geändert oder aufgehoben werden.

(3) Der Antrag auf eine Entscheidung nach Absatz 2 ist schon vor Stellung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung zulässig.

(1) Der Gefangene erhält Gelegenheit, sich mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten, die ihn selbst betreffen, an den Anstaltsleiter zu wenden. Regelmäßige Sprechstunden sind einzurichten.

(2) Besichtigt ein Vertreter der Aufsichtsbehörde die Anstalt, so ist zu gewährleisten, daß ein Gefangener sich in Angelegenheiten, die ihn selbst betreffen, an ihn wenden kann.

(3) Die Möglichkeit der Dienstaufsichtsbeschwerde bleibt unberührt.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 361/03
Verkündet am:
4. November 2004
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen einem Strafgefangenen ein Anspruch
auf Entschädigung in Geld wegen menschenunwürdiger Unterbringung
in der Justizvollzugsanstalt zustehen kann.
BGH, Urteil vom 4. November 2004 - III ZR 361/03 - OLG Celle
LG Hannover
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. September 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 2. Dezember 2003 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger verbüßte eine Freiheitsstrafe in der JVA Am berg. Am 3. Juli 2002 wurde er für eine Besuchszusammenführung in die JVA Bielefeld-Brackwede 1 verlegt. Vom 10. bis 12. Juli 2002 befand er sich als sogenannter Durchgangsgefangener in der Transportabteilung der JVA Hannover. Er war in einem 16 qm großen Haftraum mit vier weiteren Gefangenen untergebracht. Der Raum war mit einem Etagenbett, drei Einzelbetten, fünf Stühlen, zwei Tischen und zwei Spinden ausgestattet. Ein Waschbecken und eine Toilette waren mit einem Sichtschutz abgetrennt. Die Inhaftierten durften den Haftraum täglich für eine Stunde zum Hofgang verlassen.

Auf Antrag des Klägers stellte die Strafvollstreckungskamme r des Landgerichts Hannover mit Beschluß vom 16. September 2002 die Rechtswidrigkeit der Unterbringung fest. Die gemeinsame Unterbringung von fünf Gefangenen in einem nachts verschlossenen, 16 qm großen Haftraum bei Abtrennung der Toilette nur mit einem Sichtschutz sei unzulässig und verstoße gegen das Gebot menschenwürdiger Unterbringung.
Im vorliegenden Amtshaftungsprozeß nimmt der Kläger da s beklagte Land auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung (mindestens 200 €) in Anspruch. Das Landgericht (StV 2003, 568 mit Anm. Lesting) hat ihm 200 € nebst Zinsen zugesprochen; das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet.
1. Beide Vorinstanzen haben festgestellt, daß die Unterbringung des Klägers gemeinsam mit vier weiteren Gefangenen in dem viel zu kleinen Haftraum rechtswidrig gewesen ist sowie gegen das Gebot der menschenwürdigen Behandlung Strafgefangener verstieß und daß die zuständigen Amtsträger des beklagten Landes dadurch eine schuldhafte Amtspflichtverletzung gegenüber dem Kläger begangen haben.

a) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, daß di e rechtskräftige Entscheidung der Strafvollstreckungskammer im Verfahren nach § 109 StVollzG, die die Rechtswidrigkeit der Unterbringung des Klägers festgestellt hat, auch für den jetzigen Amtshaftungsprozeß Bindungswirkung entfaltet. Es gelten insoweit die gleichen Grundsätze, die der Senat für die Bindungswirkung einer im Verfahren nach §§ 23 ff EGGVG ergangenen Entscheidung des Strafsenats eines Oberlandesgerichts entwickelt hat (Senatsurteil vom 17. März 1994 - III ZR 15/93 = NJW 1994, 1950; s. auch Staudinger/Wurm, BGB 13. Bearb. [2002] § 839 Rn. 439, 440).

b) Die tatrichterliche Würdigung, daß durch die Art u nd Weise der Unterbringung die Menschenwürde der betreffenden Strafgefangenen verletzt wurde, läßt Rechtsfehler nicht erkennen und wird auch von der Revisionserwiderung des beklagten Landes nicht angegriffen.

c) Ebenso ist den Vorinstanzen darin zu folgen, daß die Amtsträger des beklagten Landes auch ein Verschulden trifft. Dabei ist nicht nur auf die an Ort und Stelle zuständigen Justizbediensteten abzustellen, sondern auch darauf, daß das beklagte Land sich nach seinem Sachvortrag in einer Notsituation befand , weil die Transportabteilung der Justizvollzugsanstalt in dem hier interessierenden Zeitraum mit mehr als 90 Gefangenen belegt war, obwohl sie nur über 47 Einzelhafträume (inkl. vier Sicherheitszellen) und zehn Gemeinschaftshafträume verfügte. Das Berufungsgericht hat mit Recht darauf hingewiesen, daß der danach bestehende erhebliche Mangel an Einzelhaftplätzen keinen hinreichenden Grund dafür darstellt, geltendes Recht zu unterlaufen. Insoweit ist zumindest der Vorwurf eines Organisationsverschuldens begründet, das dem beklagten Land auch dann zuzurechnen ist, wenn die tätig gewordenen Beamten selbst subjektiv nach
Beamten selbst subjektiv nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben (Staudinger/Wurm aaO Rn. 228).
2. Das Berufungsgericht läßt jedoch - im Gegensatz zum Landgericht - den hieraus hergeleiteten Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) daran scheitern, daß unter den hier vorliegenden besonderen Umständen des Falles die Zuerkennung einer Entschädigung für die zweitägige Unterbringung in dem gemeinschaftlichen Haftraum aus Gründen der Billigkeit weder unter dem Gesichtspunkt der Ausgleichs- noch der Genugtuungsfunktion geboten sei. Hiergegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.

a) Der geltend gemachte Schaden des Klägers ist einersei ts kein Vermögensschaden , andererseits jedoch auch kein (bloßes) Schmerzensgeld im Sinne des hier noch anwendbaren § 847 BGB a.F. Es geht vielmehr um den Ausgleich einer Verletzung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG) und des aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG hergeleiteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers. Für die Entschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist anerkannt, daß es sich im eigentlichen Sinne nicht um ein Schmerzensgeld nach § 847 BGB a.F. (jetzt: § 253 Abs. 2 BGB n.F.) handelt, sondern um einen Rechtsbehelf, der auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht. Die Zubilligung einer Geldentschädigung beruht auf dem Gedanken, daß ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktionen blieben mit der Folge, daß der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Anders als beim Schmerzensgeldanspruch steht bei dem Anspruch auf eine Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeits-
rechts der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund (BGHZ 128, 1, 15 m.w.N.; BVerfG NJW 2000, 2187 f).

b) Die Revision rügt, das Berufungsgericht verkenne mit se inen Erwägungen , daß die von Verfassungs wegen unantastbare Menschenwürde einer Abwägung mit anderen Interessen oder Verfassungswerten nicht zugänglich sei. Die Würde des Menschen sei nach Art. 1 Abs. 1 GG unantastbar und absolut geschützt. Die Berücksichtigung der Dauer und der Intensität des Eingriffs in Art. 1 Abs. 1 GG führe im Ergebnis zur Aufgabe des Grundrechtsschutzes und zur Preisgabe der Würde des Menschen. Sie würde bedeuten, daß kurze, wenig intensive Eingriffe zulässig seien.
Damit verkennt die Revision, daß zwischen der Feststellung einer Verletzung des Art. 1 Abs. 1 GG einerseits und der Zuerkennung einer Geldentschädigung andererseits kein zwingendes Junktim besteht.
aa) Zwar trifft es zu, daß dem Recht auf Achtung der M enschenwürde in der Verfassung ein Höchstwert zukommt; es ist das tragende Konstitutionsprinzip im System der Grundrechte. Dementsprechend ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannt, daß dann, wenn das Recht eines Strafgefangenen auf Achtung seiner Menschenwürde durch menschenunwürdige Unterbringung verletzt wird, die Zulässigkeit eines Rechtsschutzbegehrens auf nachträgliche gerichtliche Überprüfung der Unterbringung nicht davon abhängen kann, ob dies nur vorübergehend geschehen war (BVerfG NJW 2002, 2699 f; 2002, 2700 f; 1993, 3190 f). Dem Gefangenen muß das Recht zustehen, diese Rechtsverletzungen mit den dafür vorgesehenen Rechtsbehel-
fen des Strafvollzugsgesetzes (§§ 108 ff) anzugreifen. Diesen Weg hat der Kläger hier auch erfolgreich beschritten.
bb) Die solchermaßen festgestellte Menschenrechtsverletzung fordert indessen nicht in jedem Fall eine zusätzliche Wiedergutmachung durch Geldentschädigung. Der Senat sieht vielmehr keine durchgreifenden Bedenken dagegen , einen Anspruch auf Geldentschädigung von dem weiteren Erfordernis abhängig zu machen, daß die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Dies hängt - insoweit nicht anders als beim allgemeinen Persönlichkeitsrecht, auch wenn die Erheblichkeitsschwelle bei Verletzungen der Menschenwürde generell niedriger anzusetzen ist - insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner von Anlaß und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab (BGHZ 128, 1, 12).
cc) Auch im Anwendungsbereich der Konvention zum Schutze de r Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ist anerkannt, daß eine - eine Wiedergutmachung durch Geldersatz nach Art. 41 EMRK fordernde - unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK nur und erst vorliegt, wenn sie ein Mindestmaß an Schwere erreicht. Die Beurteilung dieses Mindestmaßes ist abhängig von den Umständen des Einzelfalls, wie beispielsweise der Dauer der Behandlung, ihren physischen oder psychischen Folgen oder von Geschlecht, Alter oder Gesundheitszustand des Opfers (EGMR, Urteil vom 16. Dezember 1997 [Raninen ./. Finnland], ÖIM Newsletter [NL] 1998/1/7; Urteil vom 19. April 2001 [Peers ./. Griechenland], Nr. 28524/95 Slg. 2001 Sec. III, 277 f, 294 ff Rn. 67-79; vgl. auch EKMR in der Sache Brincat ./. Italien, Beschwerde Nr. 13867/88; mitgeteilt von Strasser, EuGRZ 1993, 425, 426). Im
übrigen kann auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ein dem Anliegen des Rechtsmittelführers Rechnung tragendes Urteil selbst eine ausreichend gerechte Entschädigung darstellen, so daß eine weitergehende Entschädigung in Geld für den erlittenen immateriellen Schaden nicht mehr geboten ist (vgl. Nikolova ./. Bulgarien, Urteil vom 25. März 1999, NL 1999/2/8).

c) Das Berufungsgericht führt aus, die räumlichen Verhäl tnisse, unter denen der Kläger untergebracht gewesen sei, seien zwar menschenunwürdig (Art. 1 GG) gewesen. Jedoch mache der Kläger selbst nicht geltend, daß der - nur zwei Tage andauernde - rechtswidrige Zustand ihn seelisch oder körperlich nachhaltig belastet habe. Vielmehr habe der Kläger über die mit den räumlichen Verhältnissen unvermeidlich verbundenen Belästigungen und Unannehmlichkeiten hinaus keine Beeinträchtigungen seines körperlichen oder seelischen Wohles erlitten. Dem Mißstand habe zudem keine schikanöse Absicht, sondern eine akute, aus der Überbelegung resultierende Zwangslage zugrunde gelegen. Eingriffsintensität und Verschulden seien insgesamt als gering zu bewerten. Zudem habe der Kläger bereits durch die von der Strafvollstreckungskammer getroffene Feststellung der Rechtswidrigkeit Schutz und Genugtuung erfahren.

d) Diese Feststellungen sind weder nach ihrem Inhalt no ch nach den ihnen zugrundeliegenden Beurteilungskriterien - in die das Berufungsgericht auch das Organisationsverschulden des beklagten Landes (s.o. 1. b) einbezogen hat - revisionsrechtlich zu beanstanden. Die Revision setzt bei ihrer abwei-
chenden Beurteilung lediglich in unzulässiger Weise ihre eigene Wertung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts, ohne Verfahrens- oder materielle Rechtsfehler aufzeigen zu können.
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(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

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a) Die Frage, wann die räumlichen Verhältnisse in einer Strafanstalt derart beengt sind, dass die Unterbringung eines Gefangenen die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) verletzt, lässt sich nicht abstrakt-generell klären, sondern muss der tatrichterlichen Beurteilung überlassen bleiben (vgl. Senat, BGHZ 161, 33, 35; Beschlüsse vom 21. Dezember 2005 - III ZR 33/05 - NJW 2006, 1289 Rn. 2, und 28. September 2006 - III ZB 89/05 - NJW 2006, 3572 Rn. 10). Deshalb kommt die vom beklagten Land geforderte "Klärung des verfassungsmäßigen Raummindestsolls" nicht in Betracht. In der Sache selbst hält die Annahme des Berufungsgerichts, die Haft sei menschenunwürdig gewesen, der eingeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Soweit das beklagte Land in diesem Zusammenhang auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 12. Juli 2007 in Sachen Testa gegen Kroatien (EuGRZ 2008, 21, 23 Rn. 56 ff) hinweist, kann dahinstehen, ob unter Berücksichtigung des dieser Entscheidung zugrunde liegenden Maßstabs keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK vorgelegen hat. Denn die etwaige Einhaltung des dort niedergelegten und für die Konventionsstaaten verbindlichen Mindeststandards hindert nicht eine tatrichterliche Würdigung, dass bestimmte Haftbedingungen gegen das Grundgesetz verstoßen.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.