Bundesgerichtshof Urteil, 20. Juni 2005 - II ZR 366/03
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerde - und Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien haben in den Vorinstanzen über die von der Klägerin begehrte Herausgabe eines LKW und damit in Zusammenhang stehende Ersatzansprüche gestritten. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch die Verpflichtung der Beklagten, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 46.016,27 € nebst Zinsen zu zahlen im Falle des fruchtlosen Ablaufs der der
Beklagten - inzwischen rechtskräftig - gesetzten Frist zur Herausgabe des LKW (§ 283 BGB a.F.). Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage insoweit abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist im Umfang ihrer Zulassung begründet und führt unter Teilaufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung der Abweisung der Klage auf Schadensersatz im Falle des fruchtlosen Fristablaufs ausgeführt, diese sei bereits unzulässig, da die Klägerin die Voraussetzungen einer Klage auf künftige Leistung (§ 259 ZPO) trotz entsprechenden Hinweises seitens des Gerichts nicht dargetan habe.
II. Die Begründung des Berufungsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Die Abweisung des Klageantrags zu Ziffer 3 stellt - wie die Revision zu Recht rügt - eine Überraschungsentscheidung dar (unten 1). Sie ist aber auch im übrigen rechtsfehlerhaft (unten 2).
1. Das Berufungsgericht war gemäß § 139 Abs. 2 ZPO verpflichtet, die Klägerin auf Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage aus § 283 BGB a.F. i.V.m. § 259 ZPO hinzuweisen (Musielak/Stadler, ZPO 4. Aufl. § 139 Rdn. 19 m.w.Nachw.). Diese Verpflichtung bestand nicht zuletzt deshalb, weil das landgerichtliche Urteil zu den Gründen der Abweisung dieses Teils der Klage keine Begründung enthält. Zwar stützt das Berufungsgericht die Klageabweisung auf die Nichtbefolgung eines der Klägerin im Termin vom 3. Juni 2003 erteilten
Hinweises. Inhalt und Umfang dieses Hinweises sind jedoch weder dem Protokoll der Sitzung vom 3. Juni 2003 noch dem sonstigen Akteninhalt zu entnehmen. Der Hinweis ist seinem auf den konkreten Fall bezogenen Inhalt nach auch in dem angefochtenen Urteil nicht hinreichend dokumentiert, womit das Berufungsgericht den Anforderungen des § 139 Abs. 4 ZPO entsprochen hätte (Zöller/Greger, ZPO 25. Aufl. § 139 Rdn. 13 a; Musielak/Stadler aaO Rdn. 27). Angesichts dessen muß der Senat davon ausgehen, daß kein sachbezogener Hinweis erteilt wurde (§ 139 Abs. 4 ZPO; Musielak/Stadler aaO Rdn. 28; Zöller/ Greger aaO Rdn. 13 a, 20) und das Berufungsgericht eine Überraschungsentscheidung zu Lasten der Klägerin getroffen hat.
2. Die Klageabweisung ist darüber hinaus auch inhaltlich rechtsfehlerhaft. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an die Darlegung der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Klage gemäß § 259 ZPO verkannt.
Gemäß § 259 ZPO ist eine Klage auf zukünftige Leistung zulässig, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, daß der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn der Schuldner den Anspruch ernsthaft bestreitet (Sen.Urt. v. 14. Dezember 1998 - II ZR 330/97, NJW 1999, 610, 612 m.w.Nachw.). Hier hatte die Beklagte ihrer Verpflichtung zur Herausgabe des LKW und damit zugleich ihre Verpflichtung zur Schadensersatzleistung gemäß § 283 BGB a.F. in erster und zweiter Instanz bestritten. Sie hat dann zwar im Berufungsverfahren die Berufung gegen ihre Verurteilung zur Herausgabe des LKW zurückgenommen. Da sie im Anschluß hieran ihrer nunmehr rechtskräftigen Herausgabeverpflichtung aber nicht nachgekommen ist, bestand die Besorgnis i.S. des § 259 ZPO fort (Senat aaO S. 612). Auch die Tatsache, daß der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht zustand und sie daher zur Herausgabe nur Zug um Zug gegen Zahlung verur-
teilt worden ist, steht der Zulässigkeit einer Klage gemäß § 259 ZPO nicht entgegen (BGHZ 43, 28, 31; Zöller/Greger aaO § 259 Rdn. 1 m.w.Nachw.).
III. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da noch die Feststellung erforderlich ist, ob die Klägerin den Schaden der Höhe nach richtig ermittelt hat. Darüber muß das Berufungsgericht nach weiterer Klärung des Sachverhalts entscheiden.
Goette Kraemer Gehrlein
Strohn Caliebe
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen. § 281 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen. § 281 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.
Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen. § 281 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen. § 281 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen. § 281 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.