Bundesgerichtshof Urteil, 11. Apr. 2002 - I ZR 231/99
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 4. März 1998 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin ist eine in der Rechtsform des eingetragenen Vereins betriebene Forschungseinrichtung, zu deren Aufgaben es gehört, in verschiedenen Arbeitskreisen technische Regelwerke auf dem Gebiet des Straßen- und Verkehrswesens zu erstellen. Von der Klägerin stammen auch die „Technischen Lieferbedingungen für gebrauchsfertige polymermodifizierte Bindemittel für Oberflächenbehandlungen“ (TL-PmOB) und die „Technischen Lieferbedingungen für Betonschutzwand -Fertigteile“ (TL BSWF 96), die das Bundesministerium für Verkehr mit
Allgemeinen Rundschreiben vom Juli 1992 und vom April 1996 für den Bereich des Bundesfernstraßenbaus eingeführt und den obersten Straßenbaubehörden der Länder zur Einführung in ihrem Zuständigkeitsbereich empfohlen hat. In den Rundschreiben heißt es jeweils, daß Mehrfertigungen der in Rede stehenden Lieferbedingungen beim Verlag der Klägerin zu beziehen seien.
Der beklagte Verlag gibt das zweimal im Monat erscheinende Amtsblatt des Bundesministeriums für Verkehr ± das ¹Verkehrsblattª ± heraus. Dort werden auch die Allgemeinen Rundschreiben des Bundesministeriums für Verkehr veröffentlicht. Darüber hinaus bietet der Beklagte die beiden Regelwerke TL-PmOB und TL BSWF 96 in seinem Verlag als gesonderte ¹Verkehrsblatt-Dokumenteª unter Verwendung des Bundesadlers und der Kopfzeile ¹Bundesministerium für Verkehr ± Abteilung Straßenbauª an. Hierin sieht die Klägerin eine Verletzung des Urheberrechts an den Lieferbedingungen, hinsichtlich dessen ihr ausschließliche Nutzungsrechte zustünden.
Die Klägerin hat beantragt,
1. den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen , die beiden Werke
a) TL BSWF 96 Technische Lieferbedingungen für Betonschutzwand-Fertigteile, Dokument Nr. B 5217, und
b) TL-PmOB Technische Lieferbedingungen für gebrauchsfertige polymermodifizierte Bindemittel für Oberflächenbehandlungen, Dokument Nr. B 6746, ihres Verlagsprogramms herzustellen und zu vertreiben; 2. den Beklagten zu verurteilen, ihr darüber Auskunft zu erteilen, wie viele Exemplare von den beiden streitbefangenen Werken er bisher gedruckt und verkauft hat; 3. festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihr den durch die bisher verkauften Exemplare entstandenen Schaden zu ersetzen; 4. den Beklagten zu verurteilen, die bisher gedruckten Exemplare, die der Beklagte noch in Besitz hat, zu vernichten.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht, das zunächst im Verfügungsverfahren das vom Landgericht ausgesprochene Verbot bestätigt hatte (OLG Köln ZUM-RD 1998, 110), hat die Klage abgewiesen (OLG Köln GRUR 2000, 1022).
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie die Klageanträge weiterverfolgt. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat zwar ± unter Berufung auf seine Ausführungen im Verfügungsverfahren ± angenommen, die Klägerin sei grundsätzlich aktivlegitimiert ; auch stehe § 5 UrhG einer Geltendmachung der Ansprüche nicht entgegen. Es hat jedoch ± anders als im Verfügungsverfahren ± die urheberrechtliche Schutzfähigkeit der in Rede stehenden Lieferbedingungen verneint und zur Begründung ausgeführt:
Im Streitfall handele es sich um Werke rein technischen Inhalts, bei denen ein Urheberrechtsschutz nur in Betracht zu ziehen sei, wenn die persönliche geistige Schöpfung in der individuellen Darstellung selbst, also in der Formgestaltung zum Ausdruck komme. Auf den schöpferischen Gehalt des wissenschaftlichen oder technischen Inhalts sei dagegen nicht abzustellen. Der Aufforderung, im einzelnen darzulegen, worin konkret bei den fraglichen Regelwerken die eigenschöpferische Prägung liege, sei die Klägerin nicht in ausreichendem Maûe nachgekommen. Ihr Hinweis auf den hohen wissenschaftlich-technischen Gehalt und die Einmaligkeit des Regelwerks ziele allein auf den Inhalt ab und lasse nicht erkennen , daû gerade die Gedankenformung und -führung, die besonders geistvolle
Form und Art der Sammlung, Einteilung und Anordnung des dargebotenen Stoffes eigenschöpferische Züge aufwiesen. Beispielsweise fehle jeder Sachvortrag dazu, an welchen Stellen der Regelwerke von der sonst im Fachbereich üblichen Ausdrucksweise abgewichen werde.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des der Klage stattgebenden landgerichtlichen Urteils.
1. Hinsichtlich der Sachbefugnis der Klägerin hat das Berufungsgericht auf seine Ausführungen Bezug genommen, die es hierzu in dem im Verfügungsverfahren ergangenen Urteil gemacht hat. Die dort im einzelnen begründete Annahme des Berufungsgerichts, die Mitglieder der zuständigen Arbeitskreise hätten der Klägerin stillschweigend ausschlieûliche Nutzungsrechte an den erarbeiteten Regelwerken eingeräumt, zumindest liege eine solche Rechtseinräumung in den eidesstattlichen Versicherungen, mit denen sie eine solche Rechtseinräumung bestätigt hätten, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Ohne Erfolg wendet die Revisionserwiderung mit einer Gegenrüge ein, das Berufungsgericht habe sich darüber hinweggesetzt, daû der Beklagte die Rechtseinräumung (mit Nichtwissen) bestritten habe. Die tatsächlichen Grundlagen, aufgrund deren das Berufungsgericht den ± naheliegenden ± Schluû gezogen hat, daû die einzelnen Mitglieder der zuständigen Arbeitskreise der Klägerin als Veranstalterin die erforderlichen Nutzungsrechte eingeräumt haben, sind indessen unstreitig. Die rechtliche Würdigung des Berufungsgerichts ist der erhobenen Verfahrensrüge dagegen nicht zugänglich und läût auch sonst keinen Rechtsfehler erkennen.
Soweit der Beklagte die Berechtigung der Klägerin unter Hinweis auf die Nutzungsrechte des ± als gesonderte Rechtspersönlichkeit organisierten ± Verlags der Klägerin in Zweifel gezogen hat, ist von dem unbestritten gebliebenen
Vortrag der Klägerin auszugehen, wonach sie dem Verlag keine ausschlieûlichen Nutzungsrechte eingeräumt hat.
2. Das Berufungsgericht hat den in Rede stehenden technischen Lieferbedingungen zu Unrecht den urheberrechtlichen Schutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 7 sowie Abs. 2 UrhG versagt. Es hat nicht hinreichend beachtet, daû demjenigen, der ein ± inhaltlich vorgegebenes ± komplexes technisches Regelwerk in Worte faût, für die Konzeption und Ausführung der sprachlichen Darstellung ein nicht unerheblicher gestalterischer Spielraum verbleibt.
a) Die Frage, ob einem Werk die für einen Urheberrechtsschutz erforderlichen Eigenschaften zukommen (§ 2 Abs. 2 UrhG), insbesondere die Frage, ob es sich um eine persönliche geistige Schöpfung handelt, ist eine im Revisionsverfahren uneingeschränkt überprüfbare Rechtsfrage (vgl. BGHZ 22, 209, 216 ± Europapost ; 24, 55, 68 ± Ledigenheim; 27, 351, 355 ± Candida; BGH, Urt. v. 27.2.1961 ± I ZR 127/59, GRUR 1961, 635, 637 ± Stahlrohrstuhl I).
b) Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen , daû technische Vorschriften der hier in Rede stehenden Art als Schriftwerke (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG) oder als Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG) Urheberrechtsschutz genieûen können. Voraussetzung ist nach § 2 Abs. 2 UrhG eine individuelle geistige Schöpfung, die sowohl in der von der Gedankenformung und -führung geprägten sprachlichen Gestaltung als auch in der Art der Sammlung, Auswahl, Einteilung und Anordnung des Stoffes zum Ausdruck kommen kann (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.1980 ± I ZR 106/78, GRUR 1981, 352, 353 ± Staatsexamensarbeit; Urt. v. 27.2.1981 ± I ZR 20/79, GRUR 1981, 520, 521 ± Fragensammlung; BGHZ 116, 136, 144 ± Leitsätze; 134, 250, 254 f. ± CB-infobank I; 141, 329, 333 f. ± Tele-Info-CD). Liegt die schöpferische
Kraft dagegen allein im innovativen Charakter des Inhalts ± hier des zu beschreibenden Regelwerks ±, käme ein Urheberrechtsschutz nicht in Betracht.
c) Bei der sprachlichen und zeichnerischen Darstellung eines technischen Regelwerks kann die urheberrechtlich geschützte Leistung in erster Linie in der Art der Sammlung, Auswahl, Einteilung und Anordnung des Stoffes liegen. Regelwerke der streitigen Art zeichnen sich ± wenn sie den Ansprüchen genügen ± darüber hinaus dadurch aus, daû sie technische Vorgaben nicht nur als solche wiedergeben , sondern im einzelnen verständlich beschreiben; es können daher hier auch Ausdrucksvermögen und Klarheit der sprachlichen Form ins Gewicht fallen. Sie sind in dieser auf eine verständliche sprachliche Umsetzung gerichteten Leistung am ehesten mit Betriebsanleitungen vergleichbar, bei denen es ebenfalls darum geht, ein ± häufig komplexes ± technisches Regelwerk nicht nur in übersichtlicher Auswahl und Anordnung, sondern vor allem in gut verständlicher, klarer Sprache auszudrücken (vgl. BGH, Urt. v. 10.10.1991 ± I ZR 147/89, GRUR 1993, 34, 36 = WRP 1992, 160 ± Bedienungsanweisung; ferner Urt. v. 17.4.1986 ± I ZR 213/83, GRUR 1986, 739, 740 ± Anwaltsschriftsatz). Zudem enthalten die in Rede stehenden Regelwerke Tabellen und Zeichnungen, also Darstellungen technischer Art im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG, an deren Individualität nach gefestigter Rechtsprechung keine hohen Anforderungen gestellt werden (vgl. BGH, Urt. v. 10.5.1984 ± I ZR 85/82, GRUR 1985, 129, 130 ± Elektrodenfabrik; Urt. v. 28.2.1991 ± I ZR 88/89, GRUR 1991, 529, 530 ± Explosionszeichnungen; BGHZ 134, 250, 255 ± CB-infobank I). Insofern unterscheiden sich diese Regelwerke grundlegend von bloûen Verzeichnissen, bei denen die darin enthaltenen Angaben ± urheberrechtlich betrachtet ± Gemeingut sind und die individuelle schöpferische Leistung lediglich in der Auswahl und Ordnung des Stoffes liegen kann (vgl. BGH, Urt. v. 12.3.1987 ± I ZR 71/85, GRUR 1987, 704, 705 ± Warenzeichenlexika ; Urt. v. 12.7.1990 ± I ZR 16/89, GRUR 1991, 130, 132 f. ± Themenkatalog;
BGHZ 141, 329, 333 f. ± Tele-Info-CD), oder von Ausschreibungsunterlagen, die sich häufig darin erschöpfen, die ± dem Urheberrechtsschutz unzugänglichen ± technischen Vorgaben aufzulisten, ohne sie verbal zu umschreiben (vgl. BGH, Urt. v. 29.3.1984 ± I ZR 32/82, GRUR 1984, 659, 660 f. ± Ausschreibungsunterlagen).
d) Bei Berücksichtigung dieser Grundlagen kann den Regelwerken der Klägerin der urheberrechtliche Schutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 7, Abs. 2 UrhG nicht versagt werden.
aa) Das Berufungsgericht hat sich von der unzutreffenden Vorstellung leiten lassen, dem Urheberrechtsschutz stehe im Streitfall der Umstand entgegen, daû die beiden Regelwerke technisches Gedankengut enthielten. Es hat zu Unrecht angenommen, die Darstellung erschöpfe sich in der Wiedergabe der technischen Lehre und weise keine eine schöpferische Leistung zum Ausdruck bringende Individualität auf. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von dem Fall, der der Entscheidung ¹Ausschreibungsunterlagenª (BGH GRUR 1984, 659) zugrunde lag. Dort war der untaugliche Versuch unternommen worden, den Urheberrechtsschutz damit zu begründen, daû die in den Unterlagen enthaltenen Informationen eine neue, keinem Fachbuch und keiner sonstigen Gebrauchsanweisung zu entnehmende technische Lösung darstelle und es sich um ein spezifisches , anderen Fachkreisen nicht zugängliches Know-how handele. Der Darstellung war dagegen in jenem Fall keinerlei individuelle Prägung zu entnehmen; sie ergab sich dort aus der Natur der Sache und war ± etwa durch einfache Gesetze der Zweckmäûigkeit ± vorgegeben (BGH GRUR 1984, 659, 661 ± Ausschreibungsunterlagen ).
bb) Im Streitfall verhält es sich anders. Dies kann der Senat aufgrund der vorliegenden Regelwerke, die durch Bezugnahme Teil des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts geworden sind, sowie aufgrund des unstreitigen Par-
teivorbringens selbst beurteilen. Einer Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht bedarf es hierfür nicht.
(1) Die ¹Technischen Lieferbedingungen für Betonschutzwand-Fertigteileª (TL BSWF 96) stellen einen umfangreichen Stoff in übersichtlicher, klar gegliederter Form dar. Sie beginnen mit einem kurzen Vorspann, in dem der Zweck des Regelwerks beschrieben wird (¹0. Allgemeinesª) und dem vier Abschnitte folgen: Sie dienen der Begriffsbestimmung (¹1. Begriffeª), der Beschreibung der Anforderungen an die verwendeten Baustoffe und an die Fertigteile (¹2. Anforderungenª), der Darstellung der durchzuführenden Prüfungen und der einzuhaltenden Prüfverfahren (¹3. Prüfungenª) sowie der Beschreibung weiterer Lieferbedingungen (¹4. Lieferungª). Der erste Abschnitt (¹Begriffeª) enthält mehrere graphische Darstellungen mit Angabe der Maûe. Die weiteren Abschnitte sind auf mehreren Ebenen untergliedert; so weist der zweite Abschnitt ¹Anforderungenª insgesamt 14 Untergliederungspunkte auf.
Entsprechendes gilt für die ¹Technischen Lieferbedingungen für gebrauchsfertige polymermodifizierte Bindemittel für Oberflächenbehandlungenª (TL-PmOB). Auch sie geben einen umfangreichen, komplexen Stoff technischer Bedingungen und Regeln klar gegliedert und gut verständlich wieder. Auch hier wird der Zweck der Lieferbedingungen in einem Abschnitt ¹Allgemeinesª umschrieben, dem wiederum ein Abschnitt folgt, in dem die verwendeten Begriffe definiert werden. Ein dritter Abschnitt enthält eine Tabelle mit den Bindemittelarten und Liefersorten, während im vierten Abschnitt die Bedingungen für die Lieferung, Lagerung und Verarbeitung kurz beschrieben sind. Der zentrale fünfte Abschnitt enthält fünf Tabellen , in denen die erforderlichen Eigenschaften des polymermodifizierten Bitumens übersichtlich dargestellt sind. Es folgen ein sechster Abschnitt mit der Auflistung einzuhaltender Prüfnormen und Prüfverfahren sowie ein siebter Abschnitt mit weiteren Anforderungen. Im fünften und im sechsten Abschnitt wird teilweise
auf DIN-Normen verwiesen, denen verwendete Stoffe entsprechen müssen oder nach denen Prüfungen zu erfolgen haben, teilweise werden eigene Prüfverfahren ± etwa zur Stabilität gegen Entmischung, zur thermischen Beanspruchung in dünner Schicht oder zur Bestimmung des Splitthaltevermögens ± angeführt, die in den Anlagen A bis G im einzelnen, zum Teil auch unter Verwendung graphischer Darstellungen , ausführlich beschrieben sind. Schlieûlich enthält ein ¹Anhang 1ª einen Fragenkatalog zur Umweltverträglichkeit von polymermodifizierten Bindemitteln für Oberflächenbehandlungen.
Insgesamt weist die sprachliche und graphische Darstellung der komplexen Regelwerke ein den Anforderungen des § 2 Abs. 2 UrhG grundsätzlich genügendes Maû an schöpferischer Individualität auf. Es ist ohne weiteres ersichtlich, daû die fraglichen Regeln auf vielfältige Weise hätten dargestellt und gegliedert werden können. Der gewählte Weg ist in beiden Fällen durch eine klare Konzeption der Gliederung und eine insgesamt gut verständliche und einleuchtende Darstellung des Stoffes gekennzeichnet.
(2) Bei dieser Sachlage könnte an der urheberrechtlichen Schutzfähigkeit nur gezweifelt werden, wenn bei der Erstellung der Regelwerke andere Regelungen ± etwa frühere Bestimmungen, die durch die neuen Regelwerke ersetzt worden wären ± Modell gestanden hätten. Aus dem Parteivorbringen ergibt sich, daû dies nicht der Fall war. Den Vortrag der Klägerin hierzu hat das Berufungsgericht in der Weise zusammengefaût, daû es ¹keine Vorläufer von anderer Seite oder andere vergleichbare Regelwerkeª gebe. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Klägerin damit nicht (nur) auf den schöpferischen Gehalt des wissenschaftlichen oder technischen Inhalts abgestellt, sondern die in der Darstellung der Regelwerke liegende eigenschöpferische, individuelle Leistung der Verfasser betont.
Unter diesen Umständen hätte es dem Beklagten oblegen, im einzelnen darzulegen , daû die Verfasser der beiden Regelwerke ± es handelt sich um die Mitglieder der zuständigen Arbeitskreise der Klägerin ± für die Darstellung auf Vorbekanntes zurückgegriffen haben. Er hätte durch Vorlage von konkreten Entgegenhaltungen darlegen müssen, inwieweit bei den beiden Regelwerken in der gestalterischen Konzeption und in der Wahl der Darstellungsmittel auf vorbekanntes Formengut zurückgegriffen worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 27.5.1981 ± I ZR 102/79, GRUR 1981, 820, 822 ± Stahlrohrstuhl II; Urt. v. 24.1.1991 ± I ZR 78/89, GRUR 1991, 531, 533 ± Brown Girl I; BGHZ 112, 264, 273 ± Betriebssystem; BGH, Urt. v. 6.11.1997 ± I ZR 102/95, GRUR 1998, 477, 479 = WRP 1998, 377 ± Trachtenjanker ; BGHZ 139, 68, 76 ± Stadtplanwerk). Dem wird das Vorbringen des Beklagten ± entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ± nicht gerecht. Der Beklagte hat es lediglich als unrichtig bezeichnet, daû es keine Vorläufer gebe, und behauptet, vergleichbare Regelwerke existierten in groûer Zahl. Auch dem von ihm in diesem Zusammenhang als Anlage BB 2 vorgelegten ¹Verzeichnis der Vergabebestimmungen und Vertragsbedingungen für Bauleistungen im Straûen- und Brückenbauª lassen sich konkrete Entgegenhaltungen nicht entnehmen.
3. Der urheberrechtliche Schutz an den beiden Regelwerken ist nicht deswegen ausgeschlossen, weil es sich um amtliche Werke im Sinne von § 5 UrhG handelte.
Auch insoweit hat das Berufungsgericht auf die Ausführungen in seinem das vorangegangene Verfügungsverfahren abschlieûenden Urteil verwiesen. Dort hatte es dargelegt, daû den beiden Regelwerken der Charakter eines amtlichen Erlasses oder einer amtlichen Bekanntmachung im Sinne von § 5 Abs. 1 UrhG fehle, weil sie nicht aus einem Amt stammten, sondern von den Arbeitskreisen der Klägerin erstellt worden seien. Diese Arbeitskreise seien nicht als beliehene Unternehmer tätig geworden; denn ihnen seien keine hoheitlichen Befugnisse über-
tragen worden. Auch durch Bezugnahmen in amtlichen Verlautbarungen seien die Regelwerke nicht zu amtlichen Werken geworden, weil es an einer hoheitlichen Willensbekundung des Bundesministeriums für Verkehr fehle, wonach es die beiden Regelwerke als verbindliche Regelungen in Kraft setzen wolle.
Diese Ausführungen lassen einen Rechtsfehler nicht erkennen. Sie stehen insbesondere im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Ausschluû des Urheberrechtsschutzes bei amtlichen Werken nach § 5 UrhG (vgl. BGH, Urt. v. 30.6.1983 ± I ZR 129/81, GRUR 1984, 117 ± VOB/C; Urt. v. 26.4.1990 ± I ZR 79/88, GRUR 1990, 1003 ± DIN-Normen). Anders als in dem der Entscheidung ¹DIN-Normenª zugrundeliegenden Fall fehlt es vorliegend an einer gesetzlichen Regelung, die auf die hier in Rede stehenden technischen Lieferbedingungen in der Weise Bezug nimmt, daû diese mit unmittelbarer Auûenwirkung normausfüllenden Charakter erlangen.
III. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision der Klägerin aufzuheben. Die Berufung des Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Landgerichts ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Erdmann Starck Bornkamm
Büscher Schaffert
moreResultsText
Annotations
(1) Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören insbesondere:
- 1.
Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme; - 2.
Werke der Musik; - 3.
pantomimische Werke einschließlich der Werke der Tanzkunst; - 4.
Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke; - 5.
Lichtbildwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden; - 6.
Filmwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden; - 7.
Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen.
(2) Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfungen.
(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70), Lichtbildner (§ 72) und ausübende Künstler (§ 73) können auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
(1) Gesetze, Verordnungen, amtliche Erlasse und Bekanntmachungen sowie Entscheidungen und amtlich verfaßte Leitsätze zu Entscheidungen genießen keinen urheberrechtlichen Schutz.
(2) Das gleiche gilt für andere amtliche Werke, die im amtlichen Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht worden sind, mit der Einschränkung, daß die Bestimmungen über Änderungsverbot und Quellenangabe in § 62 Abs. 1 bis 3 und § 63 Abs. 1 und 2 entsprechend anzuwenden sind.
(3) Das Urheberrecht an privaten Normwerken wird durch die Absätze 1 und 2 nicht berührt, wenn Gesetze, Verordnungen, Erlasse oder amtliche Bekanntmachungen auf sie verweisen, ohne ihren Wortlaut wiederzugeben. In diesem Fall ist der Urheber verpflichtet, jedem Verleger zu angemessenen Bedingungen ein Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung einzuräumen. Ist ein Dritter Inhaber des ausschließlichen Rechts zur Vervielfältigung und Verbreitung, so ist dieser zur Einräumung des Nutzungsrechts nach Satz 2 verpflichtet.
(1) Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören insbesondere:
- 1.
Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme; - 2.
Werke der Musik; - 3.
pantomimische Werke einschließlich der Werke der Tanzkunst; - 4.
Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke; - 5.
Lichtbildwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden; - 6.
Filmwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden; - 7.
Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen.
(2) Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfungen.
(1) Gesetze, Verordnungen, amtliche Erlasse und Bekanntmachungen sowie Entscheidungen und amtlich verfaßte Leitsätze zu Entscheidungen genießen keinen urheberrechtlichen Schutz.
(2) Das gleiche gilt für andere amtliche Werke, die im amtlichen Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht worden sind, mit der Einschränkung, daß die Bestimmungen über Änderungsverbot und Quellenangabe in § 62 Abs. 1 bis 3 und § 63 Abs. 1 und 2 entsprechend anzuwenden sind.
(3) Das Urheberrecht an privaten Normwerken wird durch die Absätze 1 und 2 nicht berührt, wenn Gesetze, Verordnungen, Erlasse oder amtliche Bekanntmachungen auf sie verweisen, ohne ihren Wortlaut wiederzugeben. In diesem Fall ist der Urheber verpflichtet, jedem Verleger zu angemessenen Bedingungen ein Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung einzuräumen. Ist ein Dritter Inhaber des ausschließlichen Rechts zur Vervielfältigung und Verbreitung, so ist dieser zur Einräumung des Nutzungsrechts nach Satz 2 verpflichtet.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)