Bundesgerichtshof Urteil, 20. Feb. 2013 - I ZR 175/11

bei uns veröffentlicht am20.02.2013
vorgehend
Landgericht Saarbrücken, 7 O 161/09, 17.03.2010
Landgericht Saarbrücken, 1 U 190/10, 03.08.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 175/11 Verkündet am:
20. Februar 2013
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Kostenvergleich bei Honorarfactoring

a) Wendet sich ein Unternehmer dagegen, dass ein von ihm an einen bestimmten
Kunden gerichtetes Angebot für einen Preisvergleich verwendet wird,
trägt er jedenfalls im Bereich standardisierter Dienstleistungen (hier: Factoring
ärztlicher Honorarforderungen) grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast
dafür, dass der für ihn im Preisvergleich genannte Preis nicht sein in
entsprechenden Fällen regelmäßig verlangter Preis ist.

b) Die Darlegungspflicht ist dabei begrenzt auf die Offenlegung repräsentativer
Beispiele für die Preisbildung, die sich auf dieselben Leistungsmerkmale wie
der Preisvergleich beziehen.
BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 - I ZR 175/11 - OLG Saarbrücken
LG Saarbrücken
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Februar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Dr. Kirchhoff, Dr. Koch und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 3. August 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind auf dem Gebiet des Erwerbs und Einzugs ärztlicher und zahnärztlicher Honorarforderungen gegen Patienten tätig. Die Klägerin wendet sich gegen einen Kostenvergleich, den die Beklagte in ihrer Werbung verwendet hat und der wie folgt gestaltet war: das die Klägerin mit Schreiben vom 26. Mai 2009 dem Zahnarzt Dr. U. unterbreitet hatte. Insbesondere wird in dem Kostenvergleich die Umsatzgebühr der Beklagten von 2,7% einer solchen der Klägerin von 3,95% - jeweils bezogen auf den Rechnungsendbetrag - gegenübergestellt. In einer Sternchenfußnote heißt es dazu: Dies ist ein beispielhafter Kostenvergleich bezogen auf den Preis der Z. AG D. und auf Basis mindestens folgender Leistungsmerkmale: Online-Abrechnung, vollständige Forderungsabwicklung , 100% Ausfallschutz für alle angekauften und berechtigten Forderungen , 100% Sofortauszahlung, Patienten-Teilzahlung mit mindestens fünf zinsfreien Monatsraten, Erstattungsservice für Patienten, Partnerabrechnung mit Ih- rem Dentallabor. … Bitte beachten Sie: nur ein persönlicher Kosten- und Leistungsvergleich nach Ihren Vorgaben bzw. Preisen und Leistungen Ihrer aktuellen Abrechnungsstelle ermöglicht die Ermittlung Ihres tatsächlichen jährlichen Einsparpotentials. Wir beraten Sie gerne.
3
Die Klägerin hat behauptet, sie vereinbare ihre Preise in jedem Einzelfall individuell, so dass die Angabe eines Standardpreises von 3,95% in dem Kostenvergleich irreführend sei. Auch das Schreiben an Dr. U. sei ein individuelles Angebot gewesen.
4
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen , es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Zusammenhang mit einem Vergleich der Kosten für das Factoring zahnärztlicher Honorarforderungen mit den Behauptungen zu werben - die Klägerin berechne eine Umsatzgebühr auf den Rechnungsendbetrag in Höhe von 3,95%, - gegenüber den Preisen der Klägerin ergäben sich bei der Beklagten Einsparungen von 1.935 €, bezogen auf ein Abrechnungsvolumen von 140.000 € pro Jahr ab einer jährlichen Anzahl der Rechnungen 400 Stück, durchschnittlicher Rechnungsbetrag 350 € pro Rechnung sowie folgender Leistungsmerkmale: Online-Abrechnung, vollständige Forderungsabwicklung, 100% Ausfallschutz für alle angekauften und berechtigten Forderungen, 100% Sofortauszahlung, Patienten-Teilzahlung mit mindestens fünf zinsfreien Monatsraten, Erstattungsservice für Patienten, Partnerabrechnung mit Ihrem Dentallabor. Die angegebenen Preise verstehen sich zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer, bzw. Einsparungen in Höhe von 2.268 € ab einem jährlichen Abrechnungsvolumen von 70.000 €.
5
Außerdem hat die Klägerin Auskunft, Feststellung der Schadensersatzpflicht sowie Zahlung von Abmahnkosten begehrt.
6
Das Landgericht hat die Beklagte - mit Ausnahme eines Teils der Abmahnkosten - antragsgemäß verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
7
Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


8
I. Das Berufungsgericht hat den Kostenvergleich der Beklagten als irreführende Werbung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 UWG angesehen. Dazu hat es ausgeführt:
9
Die Beklagte erwecke den Eindruck, bei der Umsatzvergütung von 3,95% handele es sich um den Normalpreis der Klägerin. Dafür beziehe sie sich auf ein individuelles Angebot der Klägerin an Dr. U. . Die Klägerin behaupte indes, keine feste Preisstruktur zu haben, sondern die Preise im Einzelfall festzulegen. Im Hinblick darauf, dass es sich um ein ersichtlich nur an einen potentiellen Vertragspartner und nicht an einen unbestimmten Personenkreis gerich- tetes Angebot handele, und unter Berücksichtigung der Interessen der Klägerin an der Geheimhaltung ihrer Preisgestaltung sei es vorliegend gerechtfertigt, der Beklagten den Beweis für die Richtigkeit ihres Preisvergleichs aufzuerlegen.
10
Den Beweis, dass eine Umsatzvergütung von 3,95% dem Normalpreis der Klägerin entspreche, habe die Beklagte jedoch nicht geführt. Insoweit habe sie lediglich unter Sachverständigenbeweis gestellt, es sei branchenüblich, dass ein Factoring-Unternehmen eine feste Preisstruktur habe. Dieser Beweisantritt sei jedoch zum Nachweis der konkreten Preisgestaltung auf Klägerseite ungeeignet. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin über keine feste Preisstruktur verfüge. Zudem würde ein solches Gutachten zu einer der Klägerin unzumutbaren Offenlegung ihrer Kostenstruktur und Preisgestaltung führen.
11
An der Irreführung hinsichtlich des von der Klägerin verlangten Normalpreises ändere auch der Sternchenhinweis nichts. Denn der Vergleich erwecke klar den Eindruck, dass im Verhältnis zur Klägerin bei den genannten Parametern stets ein Einsparpotential zu erzielen sei.
12
II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
13
1. Entgegen der Ansicht der Revision ist die Klage allerdings nicht schon deshalb unbegründet, weil der Unterlassungsantrag und der ihm stattgebende Tenor des Berufungsurteils die von der Klägerin geltend gemachte konkrete Verletzungshandlung verfehlen.
14
Der Beklagten ist antragsgemäß verboten worden, bei einem Kostenvergleich für das Factoring zahnärztlicher Honorarforderungen zu behaupten, dass die Klägerin bei näher beschriebenen konkreten Leistungsmerkmalen eine Um- satzvergütung von 3,95% berechne und sich bei der Beklagten Einsparungen von 1.935 € gegenüber den Preisen der Klägerin ergäben. Dieser allgemein gefasste Unterlassungstenor ist dahin zu verstehen, dass der Beklagten die Behauptung untersagt werden soll, die Klägerin fordere bei den entsprechenden Leistungsmerkmalen regelmäßig die angegebene Vergütung. Das ergibt sich eindeutig aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils, die zur Auslegung des Tenors heranzuziehen sind. Danach soll der Beklagten die Behauptung untersagt werden, bei der Umsatzvergütung von 3,95% handele es sich um den regelmäßig und stetig von der Klägerin geforderten Normalpreis. Dagegen wird der Beklagten ausdrücklich gestattet, ihren Preis mit individuellen Preisangeboten der Klägerin zu vergleichen, wenn sie auf deren Individualität eindeutig hinweist.
15
2. Der beanstandete Kostenvergleich der Beklagten ist eine vergleichende Werbung im Sinne von § 6 Abs. 1 UWG. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass diese Werbung nicht nach § 6 Abs. 2 UWG unlauter ist. Insbesondere verletzt die Auswahl nur eines bestimmten Angebots für den Preisvergleich nicht das Objektivitätserfordernis für vergleichende Werbung gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG (vgl. EuGH, Urteil vom 8. April 2003 - C-44/01, Slg. 2003, I-3095 Rn. 81 f. = GRUR 2003, 533 - Pippig Augenoptik; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 6 Rn. 121). Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts verstößt der Kostenvergleich der Beklagten aber ebenso wenig gegen das Irreführungsverbot des § 5 Abs. 1 UWG.
16
a) Nach § 5 Abs. 3 UWG gilt das Irreführungsverbot des § 5 Abs. 1 UWG auch für vergleichende Werbung. Diese Regelung setzt Art. 4 Buchst. a RL 2006/114 um und steht im Einklang mit dem Unionsrecht. Auch ein sachlich zutreffender Vergleich kann irreführend sein, beispielsweise wenn er aufgrund einseitiger Auswahl der verglichenen Eigenschaften bei den Adressaten einen unzutreffenden Eindruck erwecken kann (Köhler in Köhler/Bornkamm aaO Rn. 24). Durch eine grundsätzlich zulässige Werbung mit bestimmten Einzelangeboten darf daher kein irreführender Eindruck entstehen.
17
b) Entgegen der Ansicht der Revision ist die tatrichterliche Beurteilung des Berufungsgerichts, der beanstandete Kostenvergleich erwecke den Eindruck , bei der Umsatzvergütung von 3,95% handele es sich um den Normalpreis der Klägerin, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
18
aa) Das Berufungsgericht konnte das maßgebliche Verkehrsverständnis des Kostenvergleichs der Beklagten aufgrund eigener Sachkunde ermitteln. Zwar richtete sich die beanstandete Werbung ausschließlich an Zahnärzte und damit an einen Fachkreis, dem die Richter des Berufungssenats nicht angehören. Es ist aber nicht ersichtlich, dass besondere zahnärztliche Fachkenntnisse und Erfahrungen erforderlich sind, um die Frage der Irreführung durch den beanstandeten Kostenvergleich zu beurteilen (vgl. BGH, Urteil vom 2. Oktober 2003 - I ZR 150/09, GRUR 2004, 244, 245 = WRP 2004, 339 - Marktführerschaft ). Die Beklagte hat auch nicht dargelegt, dass Zahnärzte regelmäßig über besondere Kenntnisse oder Erfahrungen im Bereich des Factoring verfügen, die für ihr Verständnis des Kostenvergleichs wesentlich sind. Es gibt vielmehr keinen Anlass anzunehmen, dass für die Beurteilung der Preisangabe für einen Forderungskauf mit bestimmten Leistungsmerkmalen besondere Fachkenntnisse des Factorings erforderlich sind.
19
bb) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht auch nicht fehlerhaft allein auf einzelne Aussagen anstatt auf den Gesamteindruck der Werbung abgestellt. Aus der Überschrift „Kostenvergleich* (Beispiel)“ sowie dem Sternchenhinweis musste das Berufungsgericht nicht schließen, dass es sich bei der angegebenen Umsatzgebühr von 3,95% nur um ein in der Praxis mögliches Beispiel unterschiedlicher Kosten der Parteien handelte und nicht um den „Normalpreis“ der Klägerin.
20
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Vergleich erwecke ungeachtet des Sternchenhinweises klar den Eindruck, im Verhältnis zur Klägerin sei bei den genannten Parametern stets ein Einsparpotential zu verwirklichen. Das lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung der Werbung die Überschrift „Kostenvergleich * (Beispiel)“ außer Acht gelassen hat. Denn die Bezeichnung als „Beispiel“ macht nur deutlich, dass es sich um einen beispielhaften Kostenvergleich mit den im Sternchenhinweis erläuterten Leistungsmerkmalen handelt. Das Berufungsgericht hatte deshalb keinen Anlass anzunehmen, die Überschrift der Werbung stehe dem Eindruck entgegen, die Klägerin berechne bei den angegebenen Parametern stets den angegebenen Preis. Das Berufungsgericht musste deshalb in den Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich auf die Überschrift eingehen.
21
3. Das Berufungsgericht hat der Beklagten die Beweislast dafür auferlegt , dass es sich bei dem im Kostenvergleich genannten Preis der Klägerin um deren - bei den angegebenen Leistungsmerkmalen - stets geforderten Preis handelt. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
22
a) Die Unrichtigkeit einer angegriffenen Werbeaussage ist eine anspruchsbegründende Tatsache, die grundsätzlich vom Kläger zu beweisen ist. Allerdings müssen die Zivilgerichte der Mitgliedstaaten nach Art. 7 Buchst. a RL 2006/114 die Befugnis haben, vom Werbenden Beweise für die Richtigkeit von in der Werbung enthaltenen Tatsachenbehauptungen zu verlangen, wenn ein solches Verlangen unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Werbenden und anderer Verfahrensbeteiligter im Hinblick auf Umstände des Einzelfalls angemessen erscheint.
23
Dementsprechend können dem Anspruchsteller Darlegungs- und Beweiserleichterungen zugutekommen, soweit es sich um Tatsachen handelt, die in den Verantwortungsbereich des Werbenden fallen. Das ist bei der Preisgestaltung der Klägerin aber nicht der Fall. Wie auch das Berufungsgericht erkannt hat, kann die Klägerin diese Frage offensichtlich besser als die Beklagte aufklären. Daher ist der vorliegende Fall nicht mit Verfahren vergleichbar, in denen ein Anspruchsteller eine Werbung mit einer Gegenüberstellung eigener Preise des Werbenden - des nunmehr geforderten mit einem angeblichen früheren Preis - als irreführend beanstandet. Denn dabei handelt es sich um einen Sachverhalt, bei dem - anders als im Streitfall - der Werbende ohne weiteres die entsprechenden Angaben machen kann, weil sie seine eigene Preisgestaltung betreffen (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2003 - I ZR 94/01, GRUR 2004, 246, 247 = WRP 2004, 343 - Mondpreise?).
24
Auch eine andere in der Rechtsprechung anerkannte Fallgruppe von Beweiserleichterungen zugunsten des Klägers liegt nicht vor (vgl. Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 5 Rn. 3.19, 3.23 ff.).
25
b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gibt es jedenfalls im Bereich standardisierter Dienstleistungen keinen Anlass, einen weiteren Fall der Beweiserleichterung zugunsten des Klägers anzuerkennen, wenn der Beklagte eine Preisangabe aus einem individuellen Angebot des Klägers entnimmt und zur Grundlage eines Preisvergleichs macht.
26
Bei standardisierten Dienstleistungen, zu denen außer typischen Handwerksleistungen etwa auch im Massengeschäft angebotene Finanzprodukte zählen, kann regelmäßig angenommen werden, dass die an einen bestimmten Kunden gerichteten „individuellen Angebote“ eines bestimmten Anbieters bei gleichen Leistungsmerkmalen in der Regel - und vorbehaltlich eventuell später eingeräumter Rabatte - preislich gleich gestaltet werden. Zu diesen standardisierten Dienstleistungen gehört grundsätzlich auch das Factoring freiberuflicher Honorarforderungen. Dementsprechend hat die Beklagte vorgetragen, Factoring -Unternehmen hätten üblicherweise eine feste Preisstruktur, ebenso wie jeder Telefonanbieter eine gewisse Tarifstruktur habe; von Rabatten abgesehen würden die Preise nicht individuell vereinbart.
27
c) Auch berechtigte Interessen der Klägerin an der Geheimhaltung von Geschäftsgeheimnissen rechtfertigen in der vorliegenden Fallkonstellation keine Beweislastumkehr zu Lasten der Beklagten. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts wird die Klägerin nicht zur Offenlegung ihrer Kostenstruktur oder Kalkulation gezwungen, wenn sie beweisen muss, dass der für sie im Preisvergleich genannte Preis nicht ihr in entsprechenden Fällen regelmäßig verlangter Preis ist. Denn der geforderte Preis sagt als solcher nichts über die Gestehungskosten und deren Zusammensetzung aus.
28
Allerdings ist grundsätzlich auch ein Interesse des Unternehmers an der Geheimhaltung von Preisangeboten anzuerkennen, die er potentiellen Kunden unterbreitet. Ist ein solches Angebot zum Kunden gelangt, besteht für diesen aber regelmäßig - mangels abweichender Vereinbarungen - keine Verpflichtung , dessen Inhalt geheimzuhalten. Erfährt ein Wettbewerber von einem solchen Preis, kann er ihn auch in einer grundsätzlich zulässigen vergleichenden Werbung verwenden.
29
Dem Dr. U. unterbreiteten Angebot waren keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass es nicht den für alle Neukunden mit entsprechenden Merkmalen geltenden Preis der Klägerin enthielt. Ein günstigerer Preis war nur unter der Voraussetzung der Mitgliedschaft in bestimmten Berufsorganisationen angeboten. Darauf musste die Beklagte in ihrer Werbung aber ebenso wenig Rücksicht nehmen wie auf anderen Kunden möglicherweise gewährte Sonderoder Treuerabatte.
30
d) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hatte daher die Klägerin darzulegen und zu beweisen, dass sie im maßgeblichen Zeitpunkt im Sommer 2009 ihren Kunden bei denselben Leistungsmerkmalen tatsächlich von dem Angebot an Dr. U. abweichende, günstigere Preise angeboten oder berechnet hat.
31
Ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse der Klägerin an diesen Daten ist nicht anzuerkennen. Ihre Darlegungspflicht ist angemessen begrenzt auf die Offenlegung repräsentativer Beispiele für die Preisbildung, die sich auf dieselben Leistungsmerkmale wie der Preisvergleich beziehen. Die Preisstruktur der Klägerin wird dadurch nicht deutlich. Es bleibt offen, wie sich ihr Preis in Abhängigkeit von welchen Parametern verändert. Zudem ist es der Entscheidung der Klägerin überlassen, ob sie sich gegen den Kostenvergleich der Beklagten wendet. Entschließt sie sich aber dazu, obliegt es ihr auch, die anspruchsbegründenden Tatsachen vorzutragen.
32
3. Da das Berufungsurteil auf der fehlerhaften Verteilung der Beweislast durch das Berufungsgericht beruht, ist es aufzuheben.
33
III. Der Senat vermag nicht in der Sache selbst zu entscheiden, da sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist. Eine tatrichterliche Würdigung auf der Grundlage der zutreffenden Verteilung von Darlegungs- und Beweislast ist bisher nicht erfolgt.
34
Im wiedereröffneten Berufungsverfahren kann die Klägerin Vortrag hinsichtlich des von ihr regelmäßig verwendeten Preises halten. Da das Berufungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsansicht keinen Anlass hatte, die Klägerin auf ihre Beweislast hinzuweisen (§ 139 Abs. 1 ZPO), entspricht es dem Gebot prozessualer Fairness, der Klägerin Gelegenheit zu geben, darzulegen und zu beweisen, dass es sich bei dem Dr. U. angebotenen Preis nicht um ihren bei entsprechenden Leistungsmerkmalen geltenden Normalpreis handelte.
35
Die Sache ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Bornkamm Pokrant Kirchhoff
Koch Löffler
Vorinstanzen:
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 17.03.2010 - 7 O 161/09 -
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 03.08.2011 - 1 U 190/10-51-

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(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:

1.
die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen;
2.
den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird;
3.
die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs;
4.
Aussagen oder Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmers oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen;
5.
die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur;
6.
die Einhaltung eines Verhaltenskodexes, auf den sich der Unternehmer verbindlich verpflichtet hat, wenn er auf diese Bindung hinweist, oder
7.
Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche auf Grund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen.

(3) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn

1.
sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft oder
2.
mit ihr eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.

(4) Angaben im Sinne von Absatz 1 Satz 2 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sowie bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen, die darauf zielen und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen.

(5) Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.

(1) Vergleichende Werbung ist jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht.

(2) Unlauter handelt, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich

1.
sich nicht auf Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung bezieht,
2.
nicht objektiv auf eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis dieser Waren oder Dienstleistungen bezogen ist,
3.
im geschäftlichen Verkehr zu einer Gefahr von Verwechslungen zwischen dem Werbenden und einem Mitbewerber oder zwischen den von diesen angebotenen Waren oder Dienstleistungen oder den von ihnen verwendeten Kennzeichen führt,
4.
den Ruf des von einem Mitbewerber verwendeten Kennzeichens in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt,
5.
die Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft oder
6.
eine Ware oder Dienstleistung als Imitation oder Nachahmung einer unter einem geschützten Kennzeichen vertriebenen Ware oder Dienstleistung darstellt.

(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:

1.
die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen;
2.
den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird;
3.
die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs;
4.
Aussagen oder Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmers oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen;
5.
die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur;
6.
die Einhaltung eines Verhaltenskodexes, auf den sich der Unternehmer verbindlich verpflichtet hat, wenn er auf diese Bindung hinweist, oder
7.
Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche auf Grund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen.

(3) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn

1.
sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft oder
2.
mit ihr eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.

(4) Angaben im Sinne von Absatz 1 Satz 2 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sowie bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen, die darauf zielen und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen.

(5) Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 94/01 Verkündet am:
27. November 2003
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Mondpreise?
Für die Behauptung, daß eine Werbung mit einer bestehenden unverbindlichen
Preisempfehlung des Herstellers im Hinblick auf die Marktverhältnisse zur Irreführung
geeignet ist, trägt der Kläger die volle Darlegungs- und Beweislast.
BGH, Urt. v. 27. November 2003 - I ZR 94/01 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. November 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Starck, Pokrant und Dr. Büscher

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 2. März 2001 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte, die als Einzelhandelsunternehmen u.a. Geräte der Unterhaltungselektronik vertreibt, warb in einer Beilage zum "K. Wochenspiegel" vom 2. September 1998 - wie aus dem nachstehend wiedergegebenen Klageantrag ersichtlich - für Lautsprechermodelle der Firma C. (Modell "C. Nestor 802 DC") und der Firma M. (Heimkino-Lautsprecher system "M. Cubus 5", "M. Bandit 200" und "M. Power Bull 250"). Dabei stellte sie ihren eigenen Preisen jeweils ganz erheblich höhere unverbindliche Preisempfehlungen der Hersteller gegenüber.
Der klagende Verein zur Förderung gewerblicher Interessen hat diese Werbung als irreführend beanstandet. Die angegebenen Preisempfehlungen der Hersteller seien nicht mehr gültig gewesen und hätten nicht den marktüblichen Durchschnittspreisen entsprochen. Die Werbung mit solchen Phantasiepreisen ("Mondpreisen") sei geeignet, die Verbraucher über die Preiswürdigkeit der Angebote zu täuschen.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, in der an den Endverbraucher gerichteten Werbung , wie nachstehend wiedergegeben, Lautsprecher unter Angabe des Verkaufspreises und der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers anzukündigen:

Zudem hat der Kläger den Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von 250,56 DM nebst Zinsen verlangt.
Die Beklagte hat vorgebracht, die in ihrer Werbung genannten unverbindlichen Preisempfehlungen der Hersteller seien damals marktübliche Abgabepreise gewesen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das landge- richtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen (OLG Köln GRUR-RR 2001, 239).
Mit seiner (zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, begehrt der Kläger die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Klägers bleibt ohne Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat die Unterlassungsklage, die auf die Behauptung gestützt ist, die Beklagte habe irreführend mit unverbindlichen Herstellerpreisempfehlungen geworben, und die Klage auf Ersatz der Abmahnkosten als unbegründet abgewiesen. Dazu hat es ausgeführt:
Bei Erscheinen der Werbebeilage seien die darin angegebenen unverbindlichen Preisempfehlungen in den aktuellen Preislisten der Hersteller noch enthalten und damit gültig gewesen. Dies habe die dafür darlegungs- und beweispflichtige Beklagte bewiesen.
Dem Vorbringen des Klägers ließen sich keine zuverlässigen Anhaltspunkte dafür entnehmen, daß die unverbindlichen Preisempfehlungen "Mondpreise" gewesen seien und Werbung mit ihnen nur bezweckt habe, die Preise der Beklagten entgegen den tatsächlichen Marktverhältnissen als besonders
günstig erscheinen zu lassen. Der Umstand, daß die eigenen Preise der Beklagten ganz erheblich - bis zu etwa 80 % - unter den Preisempfehlungen der Hersteller gelegen hätten, könne zwanglos damit erklärt werden, daß es der Beklagten als einem der bedeutenden Einzelhändler für Unterhaltungselektronik gelungen sei, einen großen Bestand der beworbenen Geräte zu einem besonders günstigen Preis zu beziehen. Eine abweichende Beurteilung ergebe sich auch nicht daraus, daß die in der Werbung vom 2. September 1998 genannte unverbindliche Preisempfehlung von 1.699 DM für das Heimkino-Lautsprechersystem "M. Cubus 5" in der ab dem 15. September 1998 geltenden Preisliste der Firma M. nur noch auf 999 DM gelautet habe. Dies habe zwar zusammen mit dem Umstand, daß dieses Modell in beiden Preislisten mit denselben EANund Artikelnummern gekennzeichnet gewesen sei, eine tatsächliche Vermutung dafür begründet, daß der "Mondpreis"-Vorwurf zutreffe, die Beklagte habe aber bewiesen, daß der niedrigere Preis des neueren Modells seinen Grund im Einsatz billigerer Lautsprecher habe.
Die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß die angegebenen unverbindlichen Preisempfehlungen unrealistische Phantasiegrößen seien, treffe den Kläger. Dieser habe jedoch zu den tatsächlichen Marktverhältnissen nicht vorgetragen , obwohl ihm diese ebenso zugänglich seien wie der Beklagten.
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei entschieden, daß der Kläger nicht nachgewiesen habe, daß die Beklagte irreführend mit unverbindlichen Preisempfehlungen von Herstellern geworben hat (§ 3 UWG).
1. Die Bezugnahme auf eine kartellrechtlich zulässige (§ 23 GWB) unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers ist auch wettbewerbsrechtlich
grundsätzlich zulässig. Sie ist allerdings dann als irreführend anzusehen, wenn nicht klargestellt wird, daß es sich bei der Herstellerempfehlung um eine unverbindliche Preisempfehlung handelt, wenn die Empfehlung nicht auf der Grundlage einer ernsthaften Kalkulation als angemessener Verbraucherpreis ermittelt worden ist oder wenn der vom Hersteller empfohlene Preis im Zeitpunkt der Bezugnahme nicht als Verbraucherpreis in Betracht kommt (vgl. BGH, Urt. v. 15.9.1999 - I ZR 131/97, GRUR 2000, 436, 437 = WRP 2000, 383 - Ehemalige Herstellerpreisempfehlung; Urt. v. 14.11.2002 - I ZR 137/00, GRUR 2003, 446 = WRP 2003, 509 - Preisempfehlung für Sondermodelle).
2. Die Revisionsangriffe gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, daß der Kläger auch hinsichtlich des Heimkino-Lautsprechersystems "M. Cubus 5" nicht bewiesen habe, daß die Werbung mit der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers zur Irreführung geeignet sei, haben keinen Erfolg. Die Revision würdigt den festgestellten Sachverhalt lediglich anders als das Berufungsgericht, ohne Verfahrensfehler darzulegen oder geltend machen zu können, daß die Beurteilung des Berufungsgerichts erfahrungswidrig ist. Die Revision hat nicht aufzeigen können, daß das Berufungsgericht relevantes tatsächliches Vorbringen zu den maßgeblichen Marktverhältnissen im Einzelhandel mit Unterhaltungselektronik (vgl. BGH, Urt. v. 1.10.1980 - I ZR 142/78, GRUR 1981, 137, 139 = WRP 1981, 86 - Tapetenpreisempfehlung), insbesondere zur Preisgestaltung der Wettbewerber, übergangen habe. Von einer weiteren Behandlung der Revisionsrügen wird gemäß § 565a Satz 1 ZPO a.F. abgesehen.
3. Das Berufungsgericht hat zutreffend entschieden, daß die Behauptungs - und Beweislast dafür, daß eine Werbung mit unverbindlichen Preisempfehlungen geeignet ist, die angesprochenen Verkehrskreise irrezuführen, grund-
sätzlich den Kläger trifft. Es gelten insoweit die allgemeinen Grundsätze zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast, nach denen der Kläger als Verletzter die rechtsbegründenden Tatsachen zu behaupten und zu beweisen hat, der Beklagte (der Verletzer) dagegen diejenigen Umstände, die den rechtsbegründenden Tatsachen ihre Bedeutung oder Grundlage nehmen (vgl. BGH, Urt. v. 19.9.1996 - I ZR 124/94, GRUR 1997, 229, 230 = WRP 1997, 183 - Beratungskompetenz ; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 3 UWG Rdn. 119; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 3 Rdn. 527). Für Ansprüche wegen irreführender Werbung mit bestehenden unverbindlichen Preisempfehlungen von Herstellern gilt nichts anderes (vgl. BGH GRUR 2003, 446 - Preisempfehlung für Sondermodelle; vgl. auch Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 47 Rdn. 30).
Dem Kläger können allerdings - wovon auch das Berufungsgericht ausgegangen ist - Darlegungs- und Beweiserleichterungen zugute kommen, wenn es um die Aufklärung von Tatsachen geht, die in den Verantwortungsbereich des Beklagten fallen, und diesen deshalb nach dem Gebot redlicher Prozeßführung (§ 242 BGB) eine prozessuale Erklärungspflicht trifft (vgl. BGH GRUR 1997, 229, 230 - Beratungskompetenz; vgl. auch Baumbach/Hefermehl aaO § 3 UWG Rdn. 120; Köhler/Piper aaO § 3 Rdn. 530; Teplitzky aaO Kap. 47 Rdn. 31 f.). Hinsichtlich der Frage, ob die Werbung mit den unverbindlichen Preisempfehlungen der Hersteller wegen der Marktverhältnisse irreführend war, kommen solche Erleichterungen der Darlegungs- und Beweislast jedoch nicht in Betracht. Der Kläger, der die gewerblichen Interessen von Wettbewerbern der Beklagten vertritt, kann die Marktverhältnisse ebenso ermitteln wie die Beklagte.
Zu Unrecht beruft sich die Revision demgegenüber auf die Darlegungsund Beweiserleichterungen, die einem Anspruchsteller zugute kommen, der eine Werbung mit einer Gegenüberstellung eigener Preise des Werbenden - des nunmehr geforderten mit einem angeblich früher geforderten Preis - als irreführend beanstandet (vgl. BGH, Urt. v. 28.6.1974 - I ZR 62/72, GRUR 1975, 78, 79 = WRP 1974, 552 - Preisgegenüberstellung). Diese Rechtsprechung beruht darauf, daß ein Kläger bei einer derartigen Preisgegenüberstellung keine genaue Tatsachenkenntnis haben kann, während der Werbende zu seiner eigenen Preisgestaltung und deren Ernsthaftigkeit ohne weiteres - und ihm auch zumutbar - vortragen kann. Ein solches Ungleichgewicht in den Möglichkeiten des Sachvortrags besteht bei der Werbung mit unverbindlichen Preisempfehlungen jedenfalls insoweit nicht, als es um Feststellungen zu den Marktverhältnissen geht.
Der Umstand, daß die Beklagte vor ihrer Werbung gehalten war zu prüfen , ob die unverbindlichen Preisempfehlungen (noch) als Verbraucherpreise in Betracht kommen konnten, rechtfertigt eine Überwälzung von Darlegungs- und Beweispflichten auf die Beklagte ebenfalls nicht.
4. Das Berufungsgericht hat auch den Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten zu Recht als unbegründet angesehen, weil dem Kläger der mit der Abmahnung geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 3 UWG nicht zusteht.
III. Danach war die Revision auf Kosten des Klägers zurückzuweisen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Ullmann v. Ungern-Sternberg Starck
Pokrant Büscher

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.