Bundesgerichtshof Urteil, 11. Okt. 2018 - I ZR 165/15
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Oktober 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Prof. Dr. Kirchhoff, Dr. Löffler und die Richterin Dr. Schwonke
für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 4. Juni 2014 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin ist Inhaberin der am 22. Juni 2010 für "Sanitärprodukte für medizinische Zwecke", "Pflaster" und "Verbandsmaterial" eingetragenen Gemeinschaftswortmarke Nr. 8852279 "DEBRISOFT". Sie stellt her und vertreibt unter anderem das Produkt "Debrisoft zum Debridement, STERILE, 10 x 10 cm, 5 Stück". Es handelt sich dabei um Verbandsmaterial, das bei der oberflächlichen Behandlung von Wunden und der Wundumgebung verwendet wird.
- 2
- Die Beklagte, eine in Österreich ansässige Gesellschaft, vertreibt im Wege des Parallelimports von der Klägerin hergestellte und nach Österreich exportierte Sanitärprodukte für medizinische Zwecke und Verbandmaterial in Deutschland.
- 3
- Am 25. Mai 2012 erwarb die Klägerin in einer Apotheke in Düsseldorf ein Paket des von der Beklagten zuvor aus Österreich importierten Produkts "Debrisoft zum Debridement, STERILE, 10 x 10 cm, 5 Stück". Auf der Faltschachtel des Produkts hatte die Beklagte vor der Veräußerung an die Apotheke einen (nachfolgend aus der Wiedergabe im Klageantrag ersichtlichen) Aufkleber angebracht, der folgende Angaben enthielt: Import BRD: E. GmbH Postfach , Tel.: ... Wiedergabe eines Strichcodes PZN-9678442
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- Der Aufkleber war auf einem unbedruckten Teil der Faltschachtel in ordentlicher Weise aufgebracht und verdeckte die Marke der Klägerin nicht. Die Angabe "PZN" kürzt den Begriff "Pharmazentralnummer" ab. Diese dient dazu, den Warenverkehr mit Apotheken zu organisieren und die vereinfachte Abrechnung der Apotheken mit den Krankenkassen zu ermöglichen.
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- Die Beklagte hatte die Klägerin nicht über den Re-Import des Produkts "Debrisoft zum Debridement, STERILE, 10 x 10 cm, 5 Stück" vorab informiert und ihr auch keine durch den Aufkleber veränderte Produktpackung zur Verfügung gestellt. Die Klägerin sieht in dem Verhalten der Beklagten eine Verletzung ihrer Marke. Eine Erschöpfung ihres Markenrechts sei nicht eingetreten, weil die Beklagte sie über den Re-Import nicht vorab informiert und ihr auch kein Muster der veränderten Packung überlassen habe.
- 6
- Die Klägerin hat beantragt, es der Beklagten bei Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr ohne Zustimmung der Klägerin die Marke "DEBRISOFT" zur Kennzeichnung von Sanitätsprodukten, nämlich Verbandsmaterial zum Debridement, zu benutzen, insbesondere zu bewerben, anzubieten und/oder zu vertreiben und/oder zu den vorgenannten Zwecken zu besitzen, wenn sie nicht die Markeninhaberin vorab vom Freihalten gemeint: Feilhalten der wie hier ersichtlichen an relevanter Stelle vergrößert: veränderten Verbandsmaterialien, nämlich Verbandsmaterial zum Debridement, unterrichtet hat und ihr auf Verlangen ein Muster der veränderten Ware zur Verfügung gestellt hat (Klageantrag zu I).
- 7
- Die Klägerin hat die Beklagte ferner auf Auskunftserteilung, Herausgabe von Belegen im Umfang der zu erteilenden Auskunft (Klageantrag zu III) sowie auf Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 4.015,42 € (Klageantrag zu IV) in Anspruch genommen. Außerdem hat sie die Feststellung der Schadensersatzpflicht begehrt (Klageantrag zu II). Ferner hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die gemäß Antrag zu I gekennzeichneten, nicht vorab angezeigten und auf Verlangen als Muster vorgelegten Waren zurückzurufen, sie endgültig aus den Vertriebswegen zu entfernen sowie solche in ihrem Besitz oder Eigentum stehenden Waren zu vernichten (Klageantrag zu V).
- 8
- Das Landgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben (LG Düsseldorf , Urteil vom 4. Juni 2014 - 34 O 117/13, juris). Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass sich die Unterlassungsverpflichtung und die Folgeansprüche lediglich auf Deutschland beziehen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. Juli 2015 - I-20 U 95/14, juris). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
- 9
- Der Senat hat mit Beschluss vom 6. Oktober 2016 (GRUR 2017, 71 = WRP 2017, 189 - Debrisoft I) dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Frage zur Auslegung des Art. 13 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78 vom 26. Februar 2009; im weiteren auch GMV) zur Vorabentscheidung vorgelegt: Ist Art. 13 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 dahin auszulegen, dass der Inhaber der Marke sich dem weiteren Vertrieb eines aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführten Medizinprodukts in seiner inneren und äußeren Originalverpackung , die vom Importeur mit einem zusätzlichen äußeren Aufkleber versehen wurde, widersetzen kann, es sei denn - es ist erwiesen, dass die Geltendmachung einer Marke durch den Markeninhaber zu dem Zweck, sich dem Vertrieb der mit einem neuen Aufkleber versehenen Ware unter der Marke zu widersetzen, zu einer künstlichen Abschottung der Märkte zwischen Mitgliedstaaten beitragen würde; - es ist dargetan, dass die Neuetikettierung den Originalzustand der in der Verpackung enthaltenen Ware nicht beeinträchtigen kann; - auf der Verpackung ist klar angegeben, von wem der neue Aufkleber auf der Ware angebracht worden ist und wer deren Hersteller ist; - das mit diesem neuen Aufkleber versehene Erzeugnis ist nicht so aufgemacht , dass dadurch der Ruf der Marke und ihres Inhabers geschädigt werden kann; der Aufkleber darf folglich nicht schadhaft, von schlechter Qualität oder unordentlich sein, und - der Importeur unterrichtet den Markeninhaber vor dem Inverkehrbringen des mit einem neuen Aufkleber versehenen Erzeugnisses und liefert ihm auf Verlangen ein Muster dieser Ware.
- 10
- Der Gerichtshof der Europäischen Union hat hierüber durch Urteil vom 17. Mai 2018 (C-642/16, GRUR 2018, 736 = WRP 2018, 929 - Junek Europ Vertrieb/Lohmann & Rauscher International) wie folgt entschieden: Art. 13 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 ist dahin auszulegen, dass sich der Inhaber einer Marke dem weiteren Vertrieb eines Medizinprodukts in seiner inneren und äußeren Originalverpackung durch einen Parallelimporteur nicht widersetzen kann, wenn vom Importeur ein zusätzlicher Aufkleber wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehende angebracht wurde, der aufgrund seines Inhalts, seiner Funktion, seiner Größe, seiner Aufmachung und seiner Platzierung keine Gefahr für die Herkunftsgarantie des mit der Marke versehenen Medizinprodukts darstellt.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe mit dem be11 anstandeten Verhalten die Gemeinschaftsmarke der Klägerin gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV verletzt. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Der Annahme einer Markenverletzung stehe nicht entgegen, dass die Klä12 gerin das streitgegenständliche Produkt ursprünglich in der Europäischen Union in Verkehr gebracht habe. Eine Erschöpfung des Markenrechts der Klägerin sei dadurch nicht eingetreten. Sie könne sich dem weiteren Vertrieb der Ware durch die Beklagte aus berechtigten Gründen widersetzen. Im Streitfall liege in der Aufbringung des Aufklebers durch die Beklagte eine Neuetikettierung im Sinne der vom Gerichtshof der Europäischen Union aufgestellten Grundsätze
zur markenrechtlichen Behandlung von umgepackten und neuetikettierten parallelimportierten Arzneimitteln. Diese Grundsätze seien vorliegend ebenfalls anzuwenden. Die Zulässigkeit des Parallelimports hänge somit davon ab, dass der Parallelimporteur den Markeninhaber vor dem Inverkehrbringen der Produkte über die Neuetikettierung informiere und diesem auf Verlangen ein Muster der Ware liefere. Dass der Gerichtshof der Europäischen Union seine Grundsätze zur Produktgruppe der Arzneimittel aufgestellt habe, während es vorliegend um ein Medizinprodukt gehe, ändere daran wegen der vergleichbaren Bedeutung der mit der Marke verbundenen Herkunftsgarantie für Hersteller und Verbraucher nichts.
- 13
- II. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hat Erfolg. Eine Verletzung der Marke der Klägerin liegt nicht vor, weil sich die Beklagte mit Erfolg auf die Erschöpfung des Markenrechts der Klägerin gemäß Art. 13 Abs. 1 GMV berufen kann. Die von der Klägerin erhobenen Ansprüche sind daher nicht begründet.
- 14
- 1. Im vorliegenden Rechtsstreit findet im Hinblick auf den für die Beurteilung des Sachverhalts maßgeblichen Zeitraum, der vor dem Inkrafttreten der Verordnung (EU) 2015/2424 vom 16. Dezember 2015 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates über die Gemeinschaftsmarke und der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2869/95 der Kommission über die an das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) zu entrichtenden Gebühren liegt, die Gemeinschaftsmarken-Verordnung Anwendung (BGH, GRUR 2017, 71 Rn. 12 - Debrisoft I).
Gemeinschaftsmarke eingetragen ist, und hat damit den Tatbestand einer Markenverletzung unter dem Gesichtspunkt der Doppelidentität im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV verwirklicht (BGH, GRUR 2017, 71 Rn. 12 - Debrisoft I). Das Markenrecht der Klägerin ist jedoch gemäß Art. 13 Abs. 1 GMV erschöpft.
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- a) Nach Art. 13 Abs. 1 GMV gewährt die Gemeinschaftsmarke ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten, die Marke für Waren zu benutzen , die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung in der Gemeinschaft in den Verkehr gebracht worden sind. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin hatte das von ihr am 25. Mai 2012 in einer Apotheke in Düsseldorf erworbene Produkt "Debrisoft zum Debridement, STERILE, 10 x 10 cm, 5 Stück" in Österreich in den Verkehr gebracht.
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- b) Der Annahme einer Erschöpfung des Markenrechts steht im Streitfall nicht der in Art. 13 Abs. 2 GMV geregelte Ausnahmetatbestand entgegen.
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- aa) Gemäß Art. 13 Abs. 2 GMV kann sich ein Dritter nicht auf die Erschöpfung des Rechts des Markeninhabers berufen, wenn berechtigte Gründe es rechtfertigen, dass der Inhaber sich dem weiteren Vertrieb der Waren widersetzt , insbesondere wenn der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
- 19
- bb) Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , eine Erschöpfung des Markenrechts der Klägerin sei nach den auch auf Medizinprodukte anzuwendenden Grundsätzen abzulehnen, die der Gerichtshof der Europäischen Union für den Parallelimport von Arzneimitteln entwickelt hat und nach denen die im Streitfall fehlende Vorabinformation des Markeninhabers und das hier ebenfalls fehlende Zurverfügungstellen eines Packungsmusters auf Verlangen des Markeninhabers Voraussetzungen der Erschöpfung darstellen.
- 20
- (1) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann sich der Inhaber einer Marke dem weiteren Vertrieb eines aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführten Arzneimittels in einem Mitgliedstaat widersetzen , wenn der Importeur es umgepackt und die Marke wieder darauf angebracht hat, es sei denn, es liegen die nachfolgend wiedergegebenen fünf Voraussetzungen vor (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juli 1996 - C-427/93, C-429/93 und C-436/93, Slg. 1996, I-3545 = GRUR Int. 1996, 1144 Rn. 79 - Bristol-Myers Squibb/Paranova; Urteil vom 26. April 2007 - C-348/04, Slg. 2007, I-3391 = GRUR 2007, 586 Rn. 21 - Boehringer Ingelheim/Swingward II): - Es ist erwiesen, dass die Geltendmachung einer Marke durch den Markeninhaber zu dem Zweck, sich dem Vertrieb der umgepackten Waren unter der Marke zu widersetzen, zu einer künstlichen Abschottung der Märkte zwischen Mitgliedstaaten beitragen würde. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Markeninhaber das gleiche Arzneimittel in unterschiedlichen Packungen in verschiedenen Mitgliedstaaten in den Verkehr gebracht hat und das Umpacken durch den Importeur erforderlich ist, um das Arzneimittel im Einfuhrmitgliedstaat vertreiben zu können. - Es ist dargetan, dass das Umpacken den Originalzustand der in der Verpackung enthaltenen Ware nicht beeinträchtigen kann. - Auf der neuen Verpackung ist klar angegeben, von wem das Arzneimittel umgepackt worden ist und wer deren Hersteller ist. - Das umgepackte Erzeugnis ist nicht so aufgemacht, dass dadurch der Ruf der Marke und ihres Inhabers geschädigt werden kann.
Diese Grundsätze finden somit nur Anwendung, wenn der Importeur die
- 21
- Ware umgepackt hat, wobei der Begriff des Umpackens nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auch die Neuetikettierung von mit der Marke versehenen Arzneimitteln umfasst (GRUR 2007, 586 Rn. 28 - Boehringer Ingelheim/Swingward II).
recht gemäß Art. 13 Abs. 1 GMV erschöpft (EuGH, GRUR 2018, 736 Rn. 36 bis 38 - Junek Europ Vertrieb/Lohmann & Rauscher International).
- 23
- (3) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, der Gerichtshof der Europäischen Union habe nicht berücksichtigt, dass nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts die Angaben des Importeurs auf dem von ihm auf der Verpackung aufgebrachten Aufkleber unzutreffend und daher geeignet gewesen seien, die Herkunftsgarantie der Marke zu beeinträchtigen. Die Klägerin habe vorgetragen, die Firmenbezeichnung der Beklagten sei auf dem Aufkleber unvollständig und daher unrichtig wiedergegeben.
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- Der Gerichtshof der Europäischen Union hat bei seiner Entscheidung den Inhalt des hier in Rede stehenden Aufklebers berücksichtigt; er hat angenommen , aufgrund seines Inhalts stelle der Aufkleber keine Gefahr für die Herkunftsgarantie des mit der Marke versehenen Medizinprodukts dar (EuGH, GRUR 2018, 736 Rn. 34 bis 36 und 39 - Junek Europ Vertrieb/Lohmann & Rauscher International). Der Umstand, dass der Aufkleber unvollständige oder unrichtige Angaben enthalten mag, rechtfertigt es nicht, dass der Markeninhaber sich dem weiteren Vertrieb der Waren widersetzt. Eine der Erschöpfung entgegenstehende Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke setzt voraus , dass der angesprochene Verkehr die unzutreffenden Angaben auf dem Aufkleber zur Firmenbezeichnung des Parallelimporteurs der Klägerin als Markeninhaberin zurechnet (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2012 - I ZR 72/11, GRUR 2013, 739 Rn. 43 und 49 = WRP 2013, 902 - Barilla; BGH, GRUR 2017, 71 Rn. 21 - Debrisoft I; Thiering in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 24 Rn. 94). Dies ist im Streitfall weder festgestellt noch ersichtlich.
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- III. Eine erneute Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 - C.I.L.F.I.T.; Urteil vom 1. Oktober 2015 - C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 Rn. 43 - Doc Generici, mwN). Im Streitfall stellen sich über die bereits durch das vorliegend durchge- führte Vorabentscheidungsverfahren geklärten Fragen hinaus keine weiteren entscheidungserheblichen Fragen zur Auslegung des Unionsrechts.
Koch Schaffert Kirchhoff
Löffler Schwonke
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 04.06.2014 - 34 O 117/13 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.07.2015 - I-20 U 95/14 -
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Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr ohne Zustimmung der Klägerin die Marke “A“ zur Kennzeichnung von Sanitätsprodukten, nämlich Verbandsmaterial zum F zu benutzen, insbesondere zu bewerben, anzubieten und/oder zu vertreiben und/oder zu den vorgenannten Zwecken zu besitzen, wenn sie nicht die Markeninhaberin vorab vom Freihalten der wie hier ersichtlich
an relevanter Stelle vergrößert:
veränderten Verbandsmaterialen, nämlich Verbandsmaterial zum F unterrichtet hat und ihr auf Verlangen ein Muster der veränderten Ware zur Verfügung gestellt hat.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle Schäden zu erstatten, die dieser aus Handlungen gemäß Ziffer I in der Vergangenheit entstanden sind und/oder künftig entstehen werden.
III. Die Beklagte wird verurteilt,
1. der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die in Ziffer I bezeichneten Handlungen begangen hat durch Vorlage eines verbindlich unterzeichneten Verzeichnisses, das Angaben zu enthalten hat über
a.) die Herkunft und den Vertriebsweg der gemäß vorstehend unter I. gekennzeichneten Sanitärprodukte für medizinische Zwecke und/oder Verbandmaterial unter Angabe der Namen und der Anschriften der Lieferanten und anderer Vorbesitzer
b.) Liefermengen, Lieferzeiten, Lieferpreise und gewerbliche Abnehmer, sowie den erzielten Umsatz;
c.) Angebotsmengen, Angebotszeiten, Angebotspreise und Angebotsempfänger;
d.) die betriebene Werbung, insbesondere unter Angabe der Werbemedien, der Auflagenhöhe von Werbeprospekten und der für die Werbung aufgewandten Kosten;
2. im Umfang der vorstehenden Auskünfte gemäß Ziffer III. 1. Belege herauszugeben (insbesondere die jeweiligen Verkaufsbelege sowie Rechnungen und Lieferscheine, wobei Angaben über sonstige Verkäufe sowie sonstige Preise auf den Belegen geschwärzt werden können).
IV. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 4.015,42 nebst Zinsen hieraus i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
V. Die Beklagte wird verurteilt, die gemäß Ziffer I gekennzeichneten, nicht vorab angezeigten und auf Verlangen als Muster vorgelegten Waren zurückzurufen, sie endgültig aus den Vertriebswegen zu entfernen sowie solche in ihrem Besitz oder Eigentum stehenden Waren zu vernichten.
VI. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
VII. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 135.000,-- € vorläufig vollstreckbar.
Streitwert:
I. Unterlassungsanspruch: 100.000,-- €
II. Feststellungsanspruch: 5.000,-- €
III. Auskunftsanspruch: 25.000,-- €
IV. –
V. Vernichtungsanspruch: 5.000,-- €
1
T a t b e s t a n d
3Die Klägerin ist Inhaberin der Gemeinschafts-Wortmarke B "A", die für die Klassen 5 (u.a. Pharmazeutische Erzeugnisse; Sanitärprodukte für medizinische Zwecke) und 10 seit dem 22.06.2010 eingetragen ist und die sie im geschäftlichen Verkehr zum Vertrieb von Sanitärprodukten für medizinische Zwecke und von Verbandsmaterial benutzt.
4Eines der Produkte der Klägerin ist das streitgegenständliche „A zum F, STERILE, 10 x 10 cm, 5 Stück“, das bei der oberflächlichen Behandlung von Wunden und der Wundumgebungshaut verwendet wird.
5Die Beklagte, die ihren Sitz in Österreich hat, vertreibt von dort aus unter anderem von der Klägerin hergestellte und vertriebene Sanitärprodukte für medizinische Zwecke und Verbandsmaterial von Österreich zurück nach Deutschland.
6Die Beklagte importierte das Produkt „A zum F, STERILE, 10 x 10 cm, 5 Stück“ der Beklagten in deren Faltschachteln aus Österreich nach Deutschland und verkaufte es an die Apotheke am Aachener Platz in Düsseldorf. Die Beklagte brachte auf die Faltschachtel den folgenden Aufkleber auf:
7C
8…Strichcode…
9PZN -C“
10Die Pharmazentralnummer dient dazu, den Warenverkehr mit Apotheken zu organisieren und die vereinfachte Abrechnung der Apotheken mit den Krankenkassen zu ermöglichen. Der Aufkleber ist auf einem weißen unbedruckten Teil der Faltschachtel ordentlich aufgebracht und verdeckt die Marke der Klägerin nicht.
11Die Beklagte hatte die Klägerin nicht über den Re-Import des streitgegenständlichen Produkts mit dem Aufkleber der Beklagten informiert; sie hatte ihr auch keine entsprechend veränderte Verpackung zur Verfügung gestellt.
12Am 25.05.2012 kaufte die Klägerin in der Apotheke am Aachener Platz in Düsseldorf zumindest ein Paket des streitgegenständlichen Produkts, das der Akte Landgericht Düsseldorf 34 O …als Anlage beigefügt war, mit dem Aufkleber der Beklagten.
13Die Klägerin mahnte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 13.06.2012 bei einem Streitwert von 100.000,-- € ab. Nachdem die Beklagte keine Unterlassungserklärung abgegeben hatte, erwirkte die Klägerin eine einstweilige Verfügung.
14Durch Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 03.07.2012 (34 O ..), ergänzt am 04.07.2012, in der Fassung vom 16.07.2012 wurde der C untersagt, im geschäftlichen Verkehr ohne Zustimmung der Klägerin unter Verwendung der Marke "A" und unter Neuetikettierung der Verpackung der Klägerin wie in AST 1 ersichtlich, Sanitärprodukte für medizinische Zwecke und/oder Verbandmaterial zu bewerben, anzubieten und/oder zu vertreiben, wenn sie nicht die Klägerin vorab vom Feilhalten der Sanitärprodukte unterrichtet und ihr auf Verlangen ein Muster der veränderten Ware zur Verfügung stellt. Weiterhin wurde der D Vertrieb GmbH aufgegeben, der Klägerin Auskunft zu erteilen.
15Das Landgericht bestätigte auf den Widerspruch der Beklagten diese einstweilige Verfügung mit Urteil vom 02.11.2012, gegen das die Berufung mit Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 09.07.2013 (I-20 U…) zurückgewiesen wurde.
16Auf der Verpackung des Produkts E der Klägerin, das als Anlage B 5 bei der Gerichtsakte liegt, ist ein Etikett halb über den Strichcode geklebt, das in einer anderen Schrifttype und Farbe als die sonstigen Aufschriften auf der Verpackung eine Nummer und die Zahl „:::“ aufweist.
17Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass die Beklagte ihr vor Vertrieb des streitgegenständlichen Produkts in Deutschland habe anzeigen müssen, dass und welchen Aufkleber sie auf der Verpackung aufbringen werde. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die Firmenangaben auf dem Aufkleber – die Angabe der nicht existierenden DVertrieb GmbH, - irreführend seien. Die Pharmazentralnummer sei keine Kennzeichnung, die der Preisangabenverordnung entspreche.
18Die Klägerin beantragt
19wie tenoriert.
20Die Beklagte beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Die Beklagte ist der Ansicht, es sei Erschöpfung gemäß Art. 13 Abs. 2 GMV eingetreten. Eine Vorabunterrichtung der Klägerin sei nicht notwendig gewesen, weil der von ihr aufgebrachte Aufkleber keine Neuetikettierung darstelle. Es habe sich lediglich um die Firmenkontaktdaten – in der Form eines Firmenschlagwortes - und einen Strichcode gehandelt, der zur einwandfreien Abrechnung und Logistik notwendig gewesen sei; damit entspreche der streitgegenständliche Aufkleber der Kennzeichnung der Ware nach der Preisangabenverordnung, die nicht die Erschöpfung entfallen lasse. Auch die Klägerin selbst bringe auf ihre Verpackungen Etiketten auf, die nicht die identische Grundfarbe wie die Originalverpackung aufwiesen.
23Es handele sich um eine künstliche Marktabschottung, wenn die Klägerin trotz der Notwendigkeit der Aufbringung einer Pharmazentralnummer diese verbieten wolle.
24Bei dem streitgegenständlichen Produkt handele es sich nicht um ein so gefährliches Produkt wie ein Arzneimittel; zu Medizinprodukten gehörten auch so ungefährliche Produkte wie etwa Kondome.
25Die Beklagte regt an, sechs näher formulierte Fragen dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen.
26Ein Auskunftsanspruch bestehe nicht, weil die Klägerin selbst die Produkte an die G in Österreich gesandt habe. Eine Auskunft wegen eines Schadenersatzanspruchs bestehe nicht, weil zwischen der Anzeige des Vertriebs und einem Schaden keine Kausalität bestehe; die geringeren Preise wären auch dann erzielt worden, wenn Anzeige erfolgt wäre.
27Es sei kein Schaden entstanden, weil die Lieferung durch die Klägerin erfolgt sei; sie sei nicht schlechter gestellt. Ein Marktverwirrungsschaden sei nicht entstanden.
28Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten und zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
29E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
30Die zulässige Klage ist umfassend begründet.
31I.
32Die Klägerin kann von der Beklagten gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz 2 a) GMV verlangen, es zu unterlassen, die Gemeinschaftsmarke A der Klägerin in dem unter Ziffer I. tenorierten Umfang zu benutzen.
33Dadurch, dass die Klägerin selbst das streitgegenständliche Produkt „A zum H STERILE 10 x 10 cm 5 Stk“ nach Österreich exportiert hat, ist keine Erschöpfung gemäß Art. 13 Abs. 1 GMV eingetreten, weil berechtigte Gründe im Sinne des Art. 13 Abs. 2 GMV es rechtfertigen, dass der Kläger sich dem Vertrieb des streitgegenständlichen Produkts A widersetzt.
34Die Beklagte hat die Marke „A“ der Klägerin verletzt dadurch, dass sie das streitgegenständliche medizinische Sanitärprodukt „A zum H STERILE 10 x 10 cm 5 Stk“, das mit der Marke der Klägerin versehen war, ohne Anzeige an die Klägerin wieder nach Deutschland eingeführt hat.
35Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 26.04.2007, 348/04, I, WRP 2007, 627, 632 Rdn. 30) kann sich der Markeninhaber dem Inverkehrbringen des aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführten Arzneimittels in seiner inneren und äußeren Originalverpackung, die vom Importeur mit einem zusätzlich äußeren Aufkleber mit wichtigen Informationen in der Sprache des Einfuhrlandes versehen wurde, widersetzen, es sei denn
36- 37
1. dies würde zu einer künstlichen Abschottung der Märkte zwischen den Mitgliedstaaten führen,
- 38
2. die Neuetikettierung beeinträchtigte den Originalzustand der Ware nicht,
- 39
3. auf der Verpackung wäre klar angegeben, von wem der neue Aufkleber auf der Ware angebracht worden ist und wer deren Hersteller ist,
- 40
4. der neue Aufkleber könne den Ruf der Marke und ihres Inhabers nicht schädigen,
- 41
5. der Importeur unterrichtete den Markeninhaber vor dem Inverkehrbringen des mit einem neuen Aufkleber versehenen Erzeugnisses und lieferte ihm auf Verlangen ein Muster dieser Ware.
Diese für das Umpacken bzw. die Neuetikettierung von Arzneimitteln entwickelten Grundsätze hat der Gerichtshof der Europäischen Union nur in modifizierter Form auf das Umpacken anderer Erzeugnisse übertragen. Danach ist der Parallelimporteur bei der Neuetikettierung eines anderen Produkts als eines Arzneimittels nicht verpflichtet, dem Hersteller auf Anforderung eine Probe des umgepackten Erzeugnisses zukommen zu lassen, weil die berechtigten Interessen des Markeninhabers bereits dadurch ausreichend gewahrt sind, dass der Parallelimporteur den Markeninhaber vorab vom Verkauf des neu etikettierten Erzeugnisses informiert (EuGH, GRUR Int. 1998, 145 Rdn. 49, 50 – J zitiert nach BGH, WRP 2013, 902, 907 Rdn. 41).
43Der Bundesgerichtshof (BGH, WRP 2013, 902, 908 Rdn. 51 – K) hat die Verpflichtung des Parallel-Importeurs, auf den Aufklebern anzugeben, wer diese hat anbringen lassen, und dem Markeninhaber auf Verlangen ein Musterexemplar der umgepackten Ware zur Verfügung zu stellen, auf den Parallelimporteuer von Arzneimitteln beschränkt. Bei anderen Erzeugnissen seien die berechtigten Interessen des Markeninhabers bereits gewahrt, wenn der Parallelimporteur den Markeninhaber vorab vom Verkauf der umetikettierten Erzeugnisse informiere. Bei der Neuetikettierung von Nudeln und Fertigsaucen werde den berechtigten Interessen des Markeninhabers durch die Information vom beabsichtigten Verkauf der umverpackten oder neuetikettierten Ware hinreichend Rechnung getragen.
44Das Oberlandesgericht Düsseldorf (I-20 U .., Seite 5) hat in dem dieser Hauptsache vorausgegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren ausgeführt, die oben genannte Rechtsprechung zu Arzneimitteln sei auf Medizinprodukte entsprechend anwendbar. Nicht gerechtfertigt sei es, die Anforderungen dort, wie bei Alkoholika und Nudeln geschehen, zu lockern. Die Anwendung von Medizinprodukten sei ebenso wie die Anwendung von Arzneimitteln für den Patienten mit erheblichen Gefahren verbunden, weshalb die gesetzlichen Anforderungen an Medizinprodukte einer umfangreichen Überwachung zum Schutz vor Risiken nach §§ 25 ff MPG unterlägen. Die Herkunftsgarantie habe daher wie bei Arzneimitteln eine immense Bedeutung. Der streitgegenständliche Wundverband sei ein solches Medizinprodukt. Er diene dem autolytischen Débridement.
45Dem schließt sich die Kammer im vorliegenden Hauptsacheverfahren an. Nicht entschieden werden muss hier die Frage, ob die Grundsätze des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Unterrichtungspflicht des Markeninhabers durch den Parallelimporteurs bei Neuetikettierung für alle Medizinprodukte gilt, wozu auch Kondome oder sogar Brillengestelle gehören. Jedenfalls, wenn es sich bei dem parallelimportierten Produkt um ein Medizinprodukt handelt, das mit offenen Wunden des menschlichen Körpers in Kontakt zu kommen bestimmt ist und deshalb auch steril ist – wie das Produkt A -, erscheint es gerechtfertigt, die Rechtsprechung zur Informationspflicht des Parallelimporteurs von Arzneimitteln entsprechend anzuwenden.
46In den Fällen eines Medizinprodukts, das steril und mit offenen Wunden in Berührung zu kommen bestimmt ist, erscheint es gerechtfertigt, dass der Markeninhaber zum Schutz der Herkunftsfunktion seiner Marke vor dem tatsächlichen Import des Produkts A nach Deutschland von dem Importeur, also der Beklagten, über diesen Import unterrichtet wird und ihr auf Verlangen auch eine neu etikettierte Verpackung zur Verfügung gestellt wird.
47Eine solche Unterrichtung ist erforderlich und verhältnismäßig, auch wenn der Markeninhaber selbst die Originalverpackung mit Etiketten versehen würde, was hinsichtlich des hier streitgegenständlichen Produkts A nicht festgestellt ist. Denn der Markeninhaber selbst ist Herr seiner Marke.
48Eine Neuetikettierung im vorstehenden Sinne, die eine Vorab-Unterrichtung des Markeninhabers erforderlich macht, liegt auch in dem Aufkleben der Pharmazentralnummer mit dazugehörigem Strichcode. Denn es handelt sich dabei nicht um eine notwendig auf der Verpackung anzubringende Nummer; die PZN dient vielmehr den Apotheken, Arzneimittel-Herstellern und Krankenkassen lediglich logistisch.
49Unabhängig davon, war eine Vorabunterrichtung vorliegend zwingend, weil die Angaben des Importeurs auf dem von ihm auf der Verpackung aufgebrachten Aufkleber auch unzutreffend waren, so dass diese Angaben konkret geeignet waren, auf die Herkunftsgarantie der Marke „durchzuschlagen“ (vgl. OLG Düsseldorf, I-20 U .. Seite 5).
50Mangels Unterrichtung der Klägerin über den neuen Aufkleber auf dem streitgegenständlichen Produkt A, ist keine Erschöpfung gemäß § 13 Abs. 1 und 2 GMV eingetreten, so dass die Klägerin in dem unter Ziffer I tenorierten Umfang Unterlassung nach § 9 Abs. 1 Satz 1 a) GMV verlangen kann.
51II.
52Der Auskunftsanspruch einschließlich der Vorlage der Belege ist nach Art. 102 Abs. 2 GMV i.V.m. §§ 125 b Nr. 2, 19 Abs. 1 und 3, 19a Abs. 1 MarkenG in dem unter Ziffer III tenorierten Umfang begründet.
53Der Auskunftsanspruch ist hier nicht gemäß § 19 Abs. 4 MarkenG als im Einzelfall unverhältnismäßig ausgeschlossen. Es ist nicht Aufgabe der Klägerin, über die D in Österreich zu versuchen herauszufinden, in welchem Umfang die Beklagte Produkte nach Deutschland importiert hat. Es ist vielmehr Aufgabe der Beklagten zu erklären, von wem und in welchem Umfang sie die markenverletzenden Produkte nach Deutschland importiert hat.
54III.
55Die Feststellung des Schadenersatzanspruchs der Klägerin ist in dem unter Ziffer II. tenorierten Umfang aus Art. 102 Abs. 2 GMV i.V.m. §§ 125 b Nr. 2, 14 Abs. 6 MarkenG begründet.
56Die Beklagte hat zumindest fahrlässig, nämlich unter Außerachtlassung der im Parallelimport geltenden Informationspflichten die Klägerin nicht vorab von der Etikettierung unterrichtet. Ein Schadenersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte kann jedenfalls wegen Rufschädigung durch Bekleben der Originalverpackung entstanden sein.
57IV.
58Die Klägerin kann von der Beklagten die Kosten der Abmahnung und der Abschlusserklärung zumindest auf einen Gegenstandswert von 100.000,-- € gemäß §§ 677, 683, 670 BGB bei einer 1,6 – (Abmahnung) bzw. 1,3 -(Abschlusserklärung) Geschäftsgebühr verlangen. Rechtsstreitigkeiten im Marken- und Medizinproduktebereich gelten als schwierig und rechtfertigen eine 1,6-Gebühr.
59V.
60Der Rückruf- und Vernichtungsanspruch ist in dem unter Ziffer V. tenorierten Umfang aus Art. 102 Abs. 2 GMV i.V.m. §§ 125 b Nr. 2, 18 Abs. 1 und 2 MarkenG begründet.
61VI.
62Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
63VII.
64Der Streitwert war im Hinblick auf die Streitwerte im vorausgegangenen vorläufigen einstweiligen Verfügungsverfahren, in dem der Streitwert auf 100.000,-- € festgesetzt worden war, um 1/3 heraufzusetzen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.