vorgehend
Landgericht Düsseldorf, 34 O 117/13, 04.06.2014
Oberlandesgericht Düsseldorf, 20 U 95/14, 28.07.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 165/15 Verkündet am:
11. Oktober 2018
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Debrisoft II
Verordnung (EG) Nr. 207/2009 Art. 13 Abs. 1, Abs. 2

a) Die Frage, ob und in welchem Umfang die vom Gerichtshof der Europäischen Union aufgestellten
unionsrechtlichen Grundsätze der Erschöpfung des Markenrechts im Falle des
Parallelimports von Arzneimitteln auch auf Medizinprodukte (hier: Verbandsmaterial zur
Wundversorgung) Anwendung finden, stellt sich nur dann, wenn der Importeur die Ware
umgepackt hat, wobei der Begriff des Umpackens auch die Neuetikettierung von mit der
Marke versehenen Arzneimitteln umfasst.

b) Wurde die Verpackung des betreffenden Erzeugnisses nicht verändert und die ursprüngliche
Aufmachung der Verpackung nicht anders beeinträchtigt als durch Anbringen eines
kleinen Aufklebers auf einem unbedruckten Teil der zudem ungeöffneten Originalverpackung
des in Rede stehenden Medizinprodukts, der die Marke nicht verdeckt und den Parallelimporteur
unter Angabe seiner Kontaktdaten, eines Strichcodes und einer Pharmazentralnummer
als Verantwortlichen für das Inverkehrbringen ausweist, kann nicht davon
ausgegangen werden, dass es sich bei dem Anbringen eines solchen Aufklebers auf der
Originalverpackung um ein Umpacken handelt (im Anschluss an EuGH, GRUR 2018, 736
Rn. 24 bis 37 - Junek Europ Vertrieb/Lohmann & Rauscher International).
BGH, Urteil vom 11. Oktober 2018 - I ZR 165/15 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
ECLI:DE:BGH:2018:111018UIZR165.15.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Oktober 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Prof. Dr. Kirchhoff, Dr. Löffler und die Richterin Dr. Schwonke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 28. Juli 2015 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 4. Juni 2014 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Inhaberin der am 22. Juni 2010 für "Sanitärprodukte für medizinische Zwecke", "Pflaster" und "Verbandsmaterial" eingetragenen Gemeinschaftswortmarke Nr. 8852279 "DEBRISOFT". Sie stellt her und vertreibt unter anderem das Produkt "Debrisoft zum Debridement, STERILE, 10 x 10 cm, 5 Stück". Es handelt sich dabei um Verbandsmaterial, das bei der oberflächlichen Behandlung von Wunden und der Wundumgebung verwendet wird.
2
Die Beklagte, eine in Österreich ansässige Gesellschaft, vertreibt im Wege des Parallelimports von der Klägerin hergestellte und nach Österreich exportierte Sanitärprodukte für medizinische Zwecke und Verbandmaterial in Deutschland.
3
Am 25. Mai 2012 erwarb die Klägerin in einer Apotheke in Düsseldorf ein Paket des von der Beklagten zuvor aus Österreich importierten Produkts "Debrisoft zum Debridement, STERILE, 10 x 10 cm, 5 Stück". Auf der Faltschachtel des Produkts hatte die Beklagte vor der Veräußerung an die Apotheke einen (nachfolgend aus der Wiedergabe im Klageantrag ersichtlichen) Aufkleber angebracht, der folgende Angaben enthielt: Import BRD: E. GmbH Postfach , Tel.: ... Wiedergabe eines Strichcodes PZN-9678442
4
Der Aufkleber war auf einem unbedruckten Teil der Faltschachtel in ordentlicher Weise aufgebracht und verdeckte die Marke der Klägerin nicht. Die Angabe "PZN" kürzt den Begriff "Pharmazentralnummer" ab. Diese dient dazu, den Warenverkehr mit Apotheken zu organisieren und die vereinfachte Abrechnung der Apotheken mit den Krankenkassen zu ermöglichen.
5
Die Beklagte hatte die Klägerin nicht über den Re-Import des Produkts "Debrisoft zum Debridement, STERILE, 10 x 10 cm, 5 Stück" vorab informiert und ihr auch keine durch den Aufkleber veränderte Produktpackung zur Verfügung gestellt. Die Klägerin sieht in dem Verhalten der Beklagten eine Verletzung ihrer Marke. Eine Erschöpfung ihres Markenrechts sei nicht eingetreten, weil die Beklagte sie über den Re-Import nicht vorab informiert und ihr auch kein Muster der veränderten Packung überlassen habe.
6
Die Klägerin hat beantragt, es der Beklagten bei Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr ohne Zustimmung der Klägerin die Marke "DEBRISOFT" zur Kennzeichnung von Sanitätsprodukten, nämlich Verbandsmaterial zum Debridement, zu benutzen, insbesondere zu bewerben, anzubieten und/oder zu vertreiben und/oder zu den vorgenannten Zwecken zu besitzen, wenn sie nicht die Markeninhaberin vorab vom Freihalten gemeint: Feilhalten der wie hier ersichtlichen an relevanter Stelle vergrößert: veränderten Verbandsmaterialien, nämlich Verbandsmaterial zum Debridement, unterrichtet hat und ihr auf Verlangen ein Muster der veränderten Ware zur Verfügung gestellt hat (Klageantrag zu I).
7
Die Klägerin hat die Beklagte ferner auf Auskunftserteilung, Herausgabe von Belegen im Umfang der zu erteilenden Auskunft (Klageantrag zu III) sowie auf Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 4.015,42 € (Klageantrag zu IV) in Anspruch genommen. Außerdem hat sie die Feststellung der Schadensersatzpflicht begehrt (Klageantrag zu II). Ferner hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die gemäß Antrag zu I gekennzeichneten, nicht vorab angezeigten und auf Verlangen als Muster vorgelegten Waren zurückzurufen, sie endgültig aus den Vertriebswegen zu entfernen sowie solche in ihrem Besitz oder Eigentum stehenden Waren zu vernichten (Klageantrag zu V).
8
Das Landgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben (LG Düsseldorf , Urteil vom 4. Juni 2014 - 34 O 117/13, juris). Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass sich die Unterlassungsverpflichtung und die Folgeansprüche lediglich auf Deutschland beziehen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. Juli 2015 - I-20 U 95/14, juris). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
9
Der Senat hat mit Beschluss vom 6. Oktober 2016 (GRUR 2017, 71 = WRP 2017, 189 - Debrisoft I) dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Frage zur Auslegung des Art. 13 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78 vom 26. Februar 2009; im weiteren auch GMV) zur Vorabentscheidung vorgelegt: Ist Art. 13 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 dahin auszulegen, dass der Inhaber der Marke sich dem weiteren Vertrieb eines aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführten Medizinprodukts in seiner inneren und äußeren Originalverpackung , die vom Importeur mit einem zusätzlichen äußeren Aufkleber versehen wurde, widersetzen kann, es sei denn - es ist erwiesen, dass die Geltendmachung einer Marke durch den Markeninhaber zu dem Zweck, sich dem Vertrieb der mit einem neuen Aufkleber versehenen Ware unter der Marke zu widersetzen, zu einer künstlichen Abschottung der Märkte zwischen Mitgliedstaaten beitragen würde; - es ist dargetan, dass die Neuetikettierung den Originalzustand der in der Verpackung enthaltenen Ware nicht beeinträchtigen kann; - auf der Verpackung ist klar angegeben, von wem der neue Aufkleber auf der Ware angebracht worden ist und wer deren Hersteller ist; - das mit diesem neuen Aufkleber versehene Erzeugnis ist nicht so aufgemacht , dass dadurch der Ruf der Marke und ihres Inhabers geschädigt werden kann; der Aufkleber darf folglich nicht schadhaft, von schlechter Qualität oder unordentlich sein, und - der Importeur unterrichtet den Markeninhaber vor dem Inverkehrbringen des mit einem neuen Aufkleber versehenen Erzeugnisses und liefert ihm auf Verlangen ein Muster dieser Ware.
10
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat hierüber durch Urteil vom 17. Mai 2018 (C-642/16, GRUR 2018, 736 = WRP 2018, 929 - Junek Europ Vertrieb/Lohmann & Rauscher International) wie folgt entschieden: Art. 13 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 ist dahin auszulegen, dass sich der Inhaber einer Marke dem weiteren Vertrieb eines Medizinprodukts in seiner inneren und äußeren Originalverpackung durch einen Parallelimporteur nicht widersetzen kann, wenn vom Importeur ein zusätzlicher Aufkleber wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehende angebracht wurde, der aufgrund seines Inhalts, seiner Funktion, seiner Größe, seiner Aufmachung und seiner Platzierung keine Gefahr für die Herkunftsgarantie des mit der Marke versehenen Medizinprodukts darstellt.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe mit dem be11 anstandeten Verhalten die Gemeinschaftsmarke der Klägerin gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV verletzt. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Der Annahme einer Markenverletzung stehe nicht entgegen, dass die Klä12 gerin das streitgegenständliche Produkt ursprünglich in der Europäischen Union in Verkehr gebracht habe. Eine Erschöpfung des Markenrechts der Klägerin sei dadurch nicht eingetreten. Sie könne sich dem weiteren Vertrieb der Ware durch die Beklagte aus berechtigten Gründen widersetzen. Im Streitfall liege in der Aufbringung des Aufklebers durch die Beklagte eine Neuetikettierung im Sinne der vom Gerichtshof der Europäischen Union aufgestellten Grundsätze
zur markenrechtlichen Behandlung von umgepackten und neuetikettierten parallelimportierten Arzneimitteln. Diese Grundsätze seien vorliegend ebenfalls anzuwenden. Die Zulässigkeit des Parallelimports hänge somit davon ab, dass der Parallelimporteur den Markeninhaber vor dem Inverkehrbringen der Produkte über die Neuetikettierung informiere und diesem auf Verlangen ein Muster der Ware liefere. Dass der Gerichtshof der Europäischen Union seine Grundsätze zur Produktgruppe der Arzneimittel aufgestellt habe, während es vorliegend um ein Medizinprodukt gehe, ändere daran wegen der vergleichbaren Bedeutung der mit der Marke verbundenen Herkunftsgarantie für Hersteller und Verbraucher nichts.
13
II. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hat Erfolg. Eine Verletzung der Marke der Klägerin liegt nicht vor, weil sich die Beklagte mit Erfolg auf die Erschöpfung des Markenrechts der Klägerin gemäß Art. 13 Abs. 1 GMV berufen kann. Die von der Klägerin erhobenen Ansprüche sind daher nicht begründet.
14
1. Im vorliegenden Rechtsstreit findet im Hinblick auf den für die Beurteilung des Sachverhalts maßgeblichen Zeitraum, der vor dem Inkrafttreten der Verordnung (EU) 2015/2424 vom 16. Dezember 2015 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates über die Gemeinschaftsmarke und der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2869/95 der Kommission über die an das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) zu entrichtenden Gebühren liegt, die Gemeinschaftsmarken-Verordnung Anwendung (BGH, GRUR 2017, 71 Rn. 12 - Debrisoft I).
2. Die Beklagte hat ein mit der Gemeinschaftsmarke der Klägerin identi15 sches Zeichen für Waren benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für die die
Gemeinschaftsmarke eingetragen ist, und hat damit den Tatbestand einer Markenverletzung unter dem Gesichtspunkt der Doppelidentität im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV verwirklicht (BGH, GRUR 2017, 71 Rn. 12 - Debrisoft I). Das Markenrecht der Klägerin ist jedoch gemäß Art. 13 Abs. 1 GMV erschöpft.
16
a) Nach Art. 13 Abs. 1 GMV gewährt die Gemeinschaftsmarke ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten, die Marke für Waren zu benutzen , die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung in der Gemeinschaft in den Verkehr gebracht worden sind. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin hatte das von ihr am 25. Mai 2012 in einer Apotheke in Düsseldorf erworbene Produkt "Debrisoft zum Debridement, STERILE, 10 x 10 cm, 5 Stück" in Österreich in den Verkehr gebracht.
17
b) Der Annahme einer Erschöpfung des Markenrechts steht im Streitfall nicht der in Art. 13 Abs. 2 GMV geregelte Ausnahmetatbestand entgegen.
18
aa) Gemäß Art. 13 Abs. 2 GMV kann sich ein Dritter nicht auf die Erschöpfung des Rechts des Markeninhabers berufen, wenn berechtigte Gründe es rechtfertigen, dass der Inhaber sich dem weiteren Vertrieb der Waren widersetzt , insbesondere wenn der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
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bb) Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , eine Erschöpfung des Markenrechts der Klägerin sei nach den auch auf Medizinprodukte anzuwendenden Grundsätzen abzulehnen, die der Gerichtshof der Europäischen Union für den Parallelimport von Arzneimitteln entwickelt hat und nach denen die im Streitfall fehlende Vorabinformation des Markeninhabers und das hier ebenfalls fehlende Zurverfügungstellen eines Packungsmusters auf Verlangen des Markeninhabers Voraussetzungen der Erschöpfung darstellen.
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(1) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann sich der Inhaber einer Marke dem weiteren Vertrieb eines aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführten Arzneimittels in einem Mitgliedstaat widersetzen , wenn der Importeur es umgepackt und die Marke wieder darauf angebracht hat, es sei denn, es liegen die nachfolgend wiedergegebenen fünf Voraussetzungen vor (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juli 1996 - C-427/93, C-429/93 und C-436/93, Slg. 1996, I-3545 = GRUR Int. 1996, 1144 Rn. 79 - Bristol-Myers Squibb/Paranova; Urteil vom 26. April 2007 - C-348/04, Slg. 2007, I-3391 = GRUR 2007, 586 Rn. 21 - Boehringer Ingelheim/Swingward II): - Es ist erwiesen, dass die Geltendmachung einer Marke durch den Markeninhaber zu dem Zweck, sich dem Vertrieb der umgepackten Waren unter der Marke zu widersetzen, zu einer künstlichen Abschottung der Märkte zwischen Mitgliedstaaten beitragen würde. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Markeninhaber das gleiche Arzneimittel in unterschiedlichen Packungen in verschiedenen Mitgliedstaaten in den Verkehr gebracht hat und das Umpacken durch den Importeur erforderlich ist, um das Arzneimittel im Einfuhrmitgliedstaat vertreiben zu können. - Es ist dargetan, dass das Umpacken den Originalzustand der in der Verpackung enthaltenen Ware nicht beeinträchtigen kann. - Auf der neuen Verpackung ist klar angegeben, von wem das Arzneimittel umgepackt worden ist und wer deren Hersteller ist. - Das umgepackte Erzeugnis ist nicht so aufgemacht, dass dadurch der Ruf der Marke und ihres Inhabers geschädigt werden kann.
Die Verpackung darf folglich nicht schadhaft, von schlechter Qualität oder unordentlich sein. - Der Importeur unterrichtet den Markeninhaber vor dem Inverkehrbringen des umgepackten Erzeugnisses und liefert ihm auf Verlangen ein Muster der umgepackten Ware.
Diese Grundsätze finden somit nur Anwendung, wenn der Importeur die
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Ware umgepackt hat, wobei der Begriff des Umpackens nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auch die Neuetikettierung von mit der Marke versehenen Arzneimitteln umfasst (GRUR 2007, 586 Rn. 28 - Boehringer Ingelheim/Swingward II).
(2) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat auf das Vorabentschei22 dungsersuchen des Senats im vorliegenden Rechtsstreit ausgesprochen, dass es sich bei dem hier in Rede stehenden Anbringen eines Aufklebers auf der Originalverpackung eines Medizinprodukts nicht um ein Umpacken im Sinne seiner Rechtsprechung handele, weil - anders als in den bislang von ihm beurteilten Fällen - die Verpackung nicht verändert und die ursprüngliche Aufmachung der Verpackung nicht anders beeinträchtigt worden sei als durch Anbringen eines kleinen Aufklebers auf einem unbedruckten Teil der ungeöffneten Verpackung, der die Marke nicht verdecke und den Parallelimporteur unter Angabe seiner Kontaktdaten, eines Strichcodes und einer Pharmazentralnummer als Verantwortlichen für das Inverkehrbringen ausweise (vgl. EuGH, GRUR 2018, 736 Rn. 31 bis 35 - Junek Europ Vertrieb/Lohmann & Rauscher International ). Das Anbringen eines solchen Aufklebers beeinträchtige nicht die Herkunftsfunktion der Marke und sei für den Markeninhaber kein berechtigter Grund im Sinne von Art. 13 Abs. 2 GMV, sich dem weiteren Vertrieb des Medizinprodukts zu widersetzen. Bei einer solchen Fallgestaltung sei das Marken-
recht gemäß Art. 13 Abs. 1 GMV erschöpft (EuGH, GRUR 2018, 736 Rn. 36 bis 38 - Junek Europ Vertrieb/Lohmann & Rauscher International).
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(3) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, der Gerichtshof der Europäischen Union habe nicht berücksichtigt, dass nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts die Angaben des Importeurs auf dem von ihm auf der Verpackung aufgebrachten Aufkleber unzutreffend und daher geeignet gewesen seien, die Herkunftsgarantie der Marke zu beeinträchtigen. Die Klägerin habe vorgetragen, die Firmenbezeichnung der Beklagten sei auf dem Aufkleber unvollständig und daher unrichtig wiedergegeben.
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Der Gerichtshof der Europäischen Union hat bei seiner Entscheidung den Inhalt des hier in Rede stehenden Aufklebers berücksichtigt; er hat angenommen , aufgrund seines Inhalts stelle der Aufkleber keine Gefahr für die Herkunftsgarantie des mit der Marke versehenen Medizinprodukts dar (EuGH, GRUR 2018, 736 Rn. 34 bis 36 und 39 - Junek Europ Vertrieb/Lohmann & Rauscher International). Der Umstand, dass der Aufkleber unvollständige oder unrichtige Angaben enthalten mag, rechtfertigt es nicht, dass der Markeninhaber sich dem weiteren Vertrieb der Waren widersetzt. Eine der Erschöpfung entgegenstehende Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke setzt voraus , dass der angesprochene Verkehr die unzutreffenden Angaben auf dem Aufkleber zur Firmenbezeichnung des Parallelimporteurs der Klägerin als Markeninhaberin zurechnet (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2012 - I ZR 72/11, GRUR 2013, 739 Rn. 43 und 49 = WRP 2013, 902 - Barilla; BGH, GRUR 2017, 71 Rn. 21 - Debrisoft I; Thiering in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 24 Rn. 94). Dies ist im Streitfall weder festgestellt noch ersichtlich.
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III. Eine erneute Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 - C.I.L.F.I.T.; Urteil vom 1. Oktober 2015 - C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 Rn. 43 - Doc Generici, mwN). Im Streitfall stellen sich über die bereits durch das vorliegend durchge- führte Vorabentscheidungsverfahren geklärten Fragen hinaus keine weiteren entscheidungserheblichen Fragen zur Auslegung des Unionsrechts.
IV. Danach ist auf die Revision der Beklagten das Berufungsurteil aufzu26 heben, auf die Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Koch Schaffert Kirchhoff
Löffler Schwonke
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 04.06.2014 - 34 O 117/13 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.07.2015 - I-20 U 95/14 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

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Bundesgerichtshof Urteil, 22. Nov. 2012 - I ZR 72/11

bei uns veröffentlicht am 22.11.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 72/11 Verkündet am: 22. November 2012 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B

Landgericht Düsseldorf Urteil, 04. Juni 2014 - 34 O 117/13

bei uns veröffentlicht am 04.06.2014

Tenor I.               Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bi

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Tenor

I.               Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr ohne Zustimmung der Klägerin die Marke “A“ zur Kennzeichnung von Sanitätsprodukten, nämlich Verbandsmaterial zum F zu benutzen, insbesondere zu bewerben, anzubieten und/oder zu vertreiben und/oder zu den vorgenannten Zwecken zu besitzen, wenn sie nicht die Markeninhaberin vorab vom Freihalten der wie hier ersichtlich

an relevanter Stelle vergrößert:

              veränderten Verbandsmaterialen, nämlich Verbandsmaterial zum F unterrichtet hat und ihr auf Verlangen ein Muster der veränderten Ware zur Verfügung gestellt hat.

II.              Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle Schäden zu erstatten, die dieser aus Handlungen gemäß Ziffer I in der Vergangenheit entstanden sind und/oder künftig entstehen werden.

III.              Die Beklagte wird verurteilt,

  • 1. der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die in Ziffer I bezeichneten Handlungen begangen hat durch Vorlage eines verbindlich unterzeichneten Verzeichnisses, das Angaben zu enthalten hat über

a.)              die Herkunft und den Vertriebsweg der gemäß vorstehend unter I. gekennzeichneten Sanitärprodukte für medizinische Zwecke und/oder Verbandmaterial unter Angabe der Namen und der Anschriften der Lieferanten und anderer Vorbesitzer

b.)              Liefermengen, Lieferzeiten, Lieferpreise und gewerbliche Abnehmer, sowie den erzielten Umsatz;

c.)              Angebotsmengen, Angebotszeiten, Angebotspreise und Angebotsempfänger;

d.)              die betriebene Werbung, insbesondere unter Angabe der Werbemedien, der Auflagenhöhe von Werbeprospekten und der für die Werbung aufgewandten Kosten;

  • 2. im Umfang der vorstehenden Auskünfte gemäß Ziffer III. 1. Belege herauszugeben (insbesondere die jeweiligen Verkaufsbelege sowie Rechnungen und Lieferscheine, wobei Angaben über sonstige Verkäufe sowie sonstige Preise auf den Belegen geschwärzt werden können).

IV.              Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 4.015,42 nebst Zinsen hieraus i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

V.              Die Beklagte wird verurteilt, die gemäß Ziffer I gekennzeichneten, nicht vorab angezeigten und auf Verlangen als Muster vorgelegten Waren zurückzurufen, sie endgültig aus den Vertriebswegen zu entfernen sowie solche in ihrem Besitz oder Eigentum stehenden Waren zu vernichten.

VI.               Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

VII.              Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 135.000,-- € vorläufig vollstreckbar.

Streitwert:

  • I. Unterlassungsanspruch:              100.000,-- €

  • II. Feststellungsanspruch:              5.000,-- €

  • III. Auskunftsanspruch:                            25.000,-- €

  • IV. –

  • V. Vernichtungsanspruch:              5.000,-- €


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64
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aa) Das Berufungsgericht ist entgegen der Auffassung der Revision allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass das Anbringen von Aufklebern mit einem Zutatenverzeichnis und einem Hinweis auf das Mindesthaltbarkeitsdatum der Sache nach geeignet ist, Gefahren für die Herkunftsgarantie der Marke zu begründen. Das liegt auf der Hand, wenn die Aufkleber so angebracht sind, dass die Marke der Klägerin ganz oder teilweise verdeckt wird. Es gilt vorliegend aber auch im Übrigen, weil die gesetzlich vorgeschriebenen Informationen auf den Aufklebern der Klägerin zugerechnet werden (dazu nachstehend Rn. 49).

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.