Bundesgerichtshof Urteil, 22. März 2018 - 5 StR 566/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:220318U5STR566.17.0
bei uns veröffentlicht am22.03.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Ein Notar nimmt mit der Erhebung von Gebühren nach § 17
Abs. 1 Satz 1 BNotO eine Diensthandlung im Sinne von
Wird er im Gegenzug für eine pflichtwidrige Gebührenunterschreitung
mit einer Beurkundung beauftragt, ohne dass er
hierauf einen Anspruch hat, stellt dies einen Vorteil im Sinn der
§§ 331 ff. StGB dar.
BGH, Urteil vom 22. März 2018 – 5 StR 566/17
LG Flensburg –
ECLI:DE:BGH:2018:220318U5STR566.17.0
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 5 StR 566/17
vom 22. März 2018 in der Strafsache gegen

1.



2.



wegen Verdachts der Bestechung u.a.

ECLI:DE:BGH:2018:220318U5STR566.17.0
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 22. März 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer als Vorsitzender, Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Sander, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Schneider, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Berger, Prof. Dr. Mosbacher als beisitzende Richter, Richter am Landgericht als Vertreter des Generalbundesanwalts, Rechtsanwalt B. , Rechtsanwalt A. als Verteidiger des Angeklagten D. , Rechtsanwalt G. , Rechtsanwalt V. als Verteidiger des Angeklagten S. , Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 11. Mai 2017 aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:


Das Landgericht hat die Angeklagten vom Vorwurf der Bestechung in
1
143 Fällen (Angeklagter D. ) bzw. Bestechlichkeit in 49 Fällen (Angeklagter S. ) aus Rechtsgründen freigesprochen. Die hiergegen mit der Sachrüge geführten Revisionen der Staatsanwaltschaft haben Erfolg.

I.


1. Nach der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage
2
der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Kiel vom 8. Juni 2012 liegt den Angeklagten Folgendes zur Last: Der Angeklagte D. habe als Immobilienkaufmann zahlreiche Ge3 schäfte durchgeführt, für die notarielle Beurkundungen angefallen seien. Im Jahr 2005 habe er dem inzwischen verstorbenen Notar Sc. und nach dessen Ausscheiden aus dem Notariat dessen Nachfolger, dem Angeklagten S. , in Aussicht gestellt, sie bevorzugt mit Beurkundungsvorgängen zu betrauen. Hierdurch sollte den Notaren die Möglichkeit eröffnet werden, über längere Zeiträume regelmäßige und sichere Mehreinnahmen zu erzielen. Zu einer solchen bevorzugten Beauftragung sei der Angeklagte D. aber nur bereit gewesen, wenn die Notare im Gegenzug von ihm nicht die vollen gesetzlichen Gebühren gefordert, sondern nur die Hälfte dieser Gebühren geltend gemacht hätten. Obwohl allen Beteiligten klar gewesen sei, dass die Notare hierdurch ihre Dienstpflichten verletzten, hätten sich die Notare damit einverstanden erklärt, weil sie auf diese Weise Mehreinnahmen hätten generieren können, die ihnen auf andere Weise nicht zugeflossen wären.
In Umsetzung dieser Abrede habe der Notar Sc. zwischen 2005
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und 2007 in 94 Fällen für den Angeklagten D. Beurkundungen vorgenommen , für die insgesamt gesetzliche Gebühren in Höhe von 264.826,85 Euro angefallen seien. Vereinbarungsgemäß habe der Angeklagte D. hingegen nur 112.804,76 Euro gezahlt. Zwischen 2005 und 2009 habe der Angeklagte S. die getroffene Abrede in ähnlicher Weise in 49 Fällen umgesetzt.
Anstelle der für seine Beurkundungen angefallenen gesetzlichen Gebühren in Höhe von insgesamt 69.193,05 Euro habe er nur 34.526,62 Euro vom Angeklagten D. erhalten.
2. Das Landgericht hat in der Hauptverhandlung nur die Identität der An5 geklagten festgestellt, keine Beweiserhebung durchgeführt und keinerlei Feststellungen getroffen, weil die Angeklagten aus Rechtsgründen von den Anklagevorwürfen freizusprechen seien. Diese als richtig unterstellt – weitergehende belastende Feststellungen seien auch nach einer Beweisaufnahme nicht zu erwarten – sei das Verhalten der Angeklagten straflos. Es fehle an einer Diensthandlung, die einer der Notare pflichtwidrig vorgenommen bzw. unterlas- sen habe. Zudem hätten die Notare keinen „Vorteil“ im Sinne der §§ 331 ff. StGB erhalten.

II.


Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
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1. Das Urteil des Landgerichts hält sachlich-rechtlicher Überprüfung
7
schon deshalb nicht stand, weil es keine Feststellungen enthält. Auch wenn ein Gericht den Angeklagten aus Rechtsgründen freispricht, muss es Feststellungen zur Sache treffen, um dem Revisionsgericht die Überprüfung zu ermöglichen , ob das Recht auf den festgestellten Sachverhalt richtig angewendet wurde (vgl. BGH, Urteil vom 5. August 1997 – 5 StR 210/97, NStZ-RR 1997, 374; MüKo-StPO/Wenske, § 267 Rn. 501 ff.; SSW-StPO/Güntge, 3. Aufl., § 267 Rn. 49). Eine Ausnahme hiervon hat der Bundesgerichtshof bislang lediglich anerkannt, wenn bei einer angeklagten Tatserie weitergehende Feststellungen zu angeklagten Einzeltaten unmöglich sind (vgl. BGH, Urteil vom 6. April2005 – 5 StR 441/04, NStZ-RR 2005, 211; vgl. auch Beschluss vom 2. August 1989 – 3StR 191/89). Ob von Feststellungen auch dann abgesehen werden kann, wenn ein dem Angeklagten vorgeworfenes Verhalten mit Sicherheit straflos ist (vgl. OLG Stuttgart, NStZ-RR 2013, 174; OLG Jena, Urteil vom 22. April 2015 – 162Ss 127/14 und 128/14; vgl. auch OLG Brandenburg, Urteil vom 9. November 2010 – [2] 53 Ss 67/10 [39/10]), kann dahinstehen. Denn dies ist nicht der Fall.
2. Ein Notar ist gemäß § 1 BNotO Amtsträger im Sinne von § 11 Abs. 1
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Nr. 2b StGB (vgl. Eser/Hecker in Schönke/Schröder, 29. Aufl., § 11 Rn. 19) und nimmt mit der Erhebung der gesetzlich vorgeschriebenen Gebühren nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BNotO eine Diensthandlung gemäß §§ 332, 334 StGB vor.

a) Eine Diensthandlung liegt jedenfalls vor, wenn das Handeln zu den
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dienstlichen Obliegenheiten des Amtsträgers gehört und von ihm in dienstlicher Eigenschaft vorgenommen wird (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 1983 – 4 StR 375/82, BGHSt 31, 264, 280; MüKo-StGB/Korte, 2. Aufl., § 331 Rn. 84). Dies ist bei der Gebührenerhebung durch einen Notar zu bejahen (vgl. Usinger/ Jung, wistra 2011, 452, 455; abweichend für einen Fall nachträglicher Rückgewähr von Gebührenteilen OLG Stuttgart NJW 1969, 943).
Der Notar ist – verfassungs- und europarechtskonform (vgl. nur BVerfG,
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NJW 2015, 2642 m. Anm. Terner; EuGH NJW 2011, 2941) – gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BNotO zur Erhebung der gesetzlichen Gebühr amtlich verpflichtet (BGH, Urteil vom 24. November 2014 – NotSt [Brfg] 1/14, DNotZ 2015, 461, 465). Durch diese Amtspflicht soll namentlich verhindert werden, dass es zu einem Verdrängungswettbewerb unter den Notaren kommt; die Vorschrift bezweckt die Sicherung einer funktionsfähigen Rechtspflege, indem leistungsfähige Notariate und die Versorgung der Bevölkerung mit notariellen Dienstleistungen gesichert werden (vgl. BVerfG, NJW-RR 2011, 855, 856).
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b) Das angeklagte Verhalten wäre auch pflichtwidrig. Unterschreitet der Notar die gesetzlichen Gebühren, verletzt er grundsätzlich seine Pflicht aus § 17 Abs. 1 Satz 1 BNotO (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2017 – NotSt [Brfg] 2/17 Rz. 24). Der Anspruch des Notars ist gemäß § 17 Abs. 1 BNotO öffentlich-rechtlicher Natur. Deswegen sind die Gebühren des Notars – von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen – jeglicher Vereinbarung entzogen, die sich auf ihre Höhe auswirkt (vgl. BGH, Urteil vom 24. November 2014 – NotSt[Brfg] 1/14, DNotZ 2015, 461, 466; OLG Celle, NJOZ 2012, 1071; vgl. § 125 GNotKG bzw. § 140 Satz 2 KostO aF). Gleichwohl getroffene Vereinbarungen sind nichtig und befreien den Notar nicht von der Pflicht zur Erhebung der gesetzlich vorgesehenen Gebühren (vgl. BGH aaO; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 26. November 2012 – 20 W 154/11 mwN). Diese Pflicht ist gleichermaßen verletzt, wenn der Notar Gebührenrechnungen nur zum Schein in voller Höhe ausstellt, dem Kostenschuldner aber von vornherein zusichert , nur einen Teil davon tatsächlich geltend zu machen.

c) Der Angeklagte S. und der inzwischen verstorbene Notar
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Sc. sollten – den Anklagevorwurf als zutreffend unterstellt – für ihre pflichtwidrigen Diensthandlungen auch Vorteile im Sinne von §§ 332, 334 StGB erhalten, nämlich die Erteilung von Beurkundungsaufträgen durch den Angeklagten D. im Gegenzug für die Ermäßigung der gesetzlichen Notargebühren.
Ein Vorteil im Sinne der Bestechungsdelikte ist jede Leistung, auf die der
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Amtsträger keinen Anspruch hat und die seine wirtschaftliche, rechtliche oder auch nur persönliche Lage objektiv verbessert (vgl. nur BGH, Urteile vom 10. März 1983 – 4 StR 375/82, BGHSt 31, 264, 279, und vom 14. Oktober 2008 – 1 StR 260/08, BGHSt 53, 6; MüKo-StGB/Korte, 2. Aufl., § 331 Rn. 60 mwN).
Er kann auch im Abschluss eines Vertrages mit dem Amtsträger bestehen, auf den dieser keinen Anspruch hat (vgl. BGH, Urteile vom 10. März 1983 – 4 StR 375/82, BGHSt 31,264, 279 f.; vom 21. Juni 2007 – 4 StR 99/07, NStZ 2008, 216 f., und vom 26. Mai 2011 – 3 StR 492/10, StV 2012, 19). Nach diesen Grundsätzen liegt ein Vorteil auch in der Erteilung eines Beurkundungsauftrags , auf die der Notar keinen Rechtsanspruch hat (vgl. LK-StGB/Sowada, 12. Aufl., § 331 Rn. 47). Dies war vorliegend nach der Anklage der Fall.
3. Die Sache bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entschei14 dung.
Mutzbauer Sander Schneider
Berger Mosbacher

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Bundesnotarordnung - BNotO | § 1 Stellung und Aufgaben des Notars


Als unabhängige Träger eines öffentlichen Amtes werden für die Beurkundung von Rechtsvorgängen und andere Aufgaben auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege in den Ländern Notare bestellt.

Bundesnotarordnung - BNotO | § 17 Gebühren


(1) Der Notar ist verpflichtet, für seine Tätigkeit die gesetzlich vorgeschriebenen Gebühren zu erheben. Soweit nicht gesetzliche Vorschriften eine Gebührenbefreiung, eine Gebührenermäßigung oder eine Nichterhebung von Kosten wegen unrichtiger Sachbe

Gerichts- und Notarkostengesetz - GNotKG | § 125 Verbot der Gebührenvereinbarung


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(1) Der Notar ist verpflichtet, für seine Tätigkeit die gesetzlich vorgeschriebenen Gebühren zu erheben. Soweit nicht gesetzliche Vorschriften eine Gebührenbefreiung, eine Gebührenermäßigung oder eine Nichterhebung von Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung vorsehen, sind ein Gebührenerlass oder eine Gebührenermäßigung nur zulässig, soweit die Gebührenerhebung aufgrund außergewöhnlicher Umstände des Falls unbillig wäre und die Notarkammer dem Gebührenerlass oder der Gebührenermäßigung zugestimmt hat. In den Tätigkeitsbereichen der Notarkasse und der Ländernotarkasse treten diese an die Stelle der Notarkammern. Das Versprechen und Gewähren von Vorteilen im Zusammenhang mit einem Amtsgeschäft sowie jede Beteiligung Dritter an den Gebühren ist unzulässig.

(2) Beteiligten, denen nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung die Prozeßkostenhilfe zu bewilligen wäre, hat der Notar seine Urkundstätigkeit in sinngemäßer Anwendung der Vorschriften der Zivilprozeßordnung vorläufig gebührenfrei oder gegen Zahlung der Gebühren in Monatsraten zu gewähren.

(1) Ein Amtsträger, ein Europäischer Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Der Versuch ist strafbar.

(2) Ein Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er sich dem anderen gegenüber bereit gezeigt hat,

1.
bei der Handlung seine Pflichten zu verletzen oder,
2.
soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen zu lassen.

(1) Wer einem Amtsträger, einem Europäischen Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.

(2) Wer einem Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine richterliche Handlung

1.
vorgenommen und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzt hat oder
2.
künftig vornehme und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzen würde,
wird in den Fällen der Nummer 1 mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in den Fällen der Nummer 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung anbietet, verspricht oder gewährt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er den anderen zu bestimmen versucht, daß dieser

1.
bei der Handlung seine Pflichten verletzt oder,
2.
soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei der Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen läßt.

5 StR 441/04

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 6. April 2005
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 6. April
2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt H ,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof S
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin T
als Verteidigerin,
Justizangestellte W ,
Justizangestellte R
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 1. April 2004 wird verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Betrugs zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt; im übrigen hat es den Angeklagten in 37 Fällen vom Vorwurf des Betrugs, der Urkundenfälschung und der Fälschung von Zahlungskarten freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer Revision, die der Generalbundesanwalt teilweise vertritt , gegen die Freisprüche in den Fällen 21 bis 37 der Anklageschrift. Die Revision hat keinen Erfolg.

I.


Mit der Anklage wurde dem Angeklagten zur Last gelegt, im September und Oktober 2002 in 38 Fällen eine gefälschte Kreditkarte in verschiedenen Geschäften im Online-Lastschriftverfahren vorgelegt, den entsprechenden Zahlungsbeleg mit einem unleserlichen Namenszug unterschrieben und somit Waren im Gesamtwert von beinahe 7.900 Euro erlangt zu haben.
Das Landgericht hat nur im Fall 38 sichere Feststellungen zur Täterschaft des Angeklagten treffen können, weil die Kreditkarte als Fälschung erkannt und der Angeklagte vorläufig festgenommen wurde; insoweit wurde er wegen versuchten Betruges verurteilt.
In 20 Fällen sah es das Landgericht für erwiesen an, daß der Angeklagte zum Zeitpunkt der Vorlage der Kreditkarte im September 2002 nicht in Berlin, sondern in München war; dies greift die Beschwerdeführerin auch nicht an. Im übrigen hat sich das Landgericht keine sichere Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten bilden können. Zwar sei er einmal von einer Verkäuferin wiedererkannt worden (Fall 36); in einem anderen Fall befinde sich ein Fingerabdruck von ihm auf dem entsprechenden Zahlungsbeleg (Fall 27). Insoweit könne ihm aber seine Einlassung nicht widerlegt werden, er habe an diesen Tagen nur einen Landsmann begleitet und bei dessen Einkäufen als Dolmetscher fungiert.

II.


Die Revision der Staatsanwaltschaft deckt keinen Rechtsfehler auf.
1. In den Fällen 27 und 36, in denen die Revision vom Generalbundesanwalt nicht vertreten wird, hält die Beweiswürdigung rechtlicher Nachprüfung stand. Zwar lagen hier besondere Anhaltspunkte für eine Täterschaft des Angeklagten vor. Indessen hält sich das Landgericht bei der Würdigung dieser Beweisanzeichen im Rahmen tatrichterlichen Ermessens. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin hat das Landgericht dabei auch nicht die Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung überspannt. Die Einlassung des Angeklagten widerspricht nicht der Aussage der Zeugin B , weil diese sich weder daran erinnern konnte, ob der Angeklagte in Begleitung war, noch konnte sie Angaben zu dem Bezahlvorgang an sich machen. Seinen Fingerabdruck auf dem Zahlungsbeleg durfte das Landgericht sich damit erklären, daß der Angeklagte seinem sprachunkundigen Begleiter den
Beleg, auf dem dieser unterschreiben sollte, erläutert hat. Darüber hinaus finden andererseits die Zweifel des Tatrichters eine weitere Stütze darin, daß nach den Feststellungen des insoweit sachverständig beratenen Landgerichts die Unterschriften auf den Kartenbelegen nicht mit den Vergleichsunterschriften des Angeklagten übereinstimmen. Wenn das Landgericht bei dieser Beweislage unter Bedacht auf den Zweifelssatz sich keine ausreichende Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten oder einer Teilnahme hat bilden können, so ist dies aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Es fehlt auch nicht an der gebotenen Gesamtschau. Dagegen spricht schon der Aufbau der Urteilsgründe, in denen jeweils die be- und entlastenden Gesichtspunkte gegenübergestellt werden. Dabei hat das Landgericht ersichtlich die Verbindung der belastenden Umstände gewürdigt, zu denen auch der Verurteilungsfall zählt.
2. Hinsichtlich der übrigen Fälle, zu denen das Landgericht keine näheren Feststellungen getroffen hat (Fälle 21 bis 26, 28 bis 35 und 37), hält das Urteil gleichfalls rechtlicher Überprüfung stand. Entgegen der Auffassung der Revision, die insoweit vom Generalbundesanwalt vertreten wird, bedurfte es hier keiner zusätzlichen Feststellungen zu den jeweiligen Einzeltaten. Zwar gilt der Grundsatz, daß das Landgericht bei freisprechenden Urteilen zunächst die Umstände feststellen muß, die es für erwiesen hält und dazu die Begründung so abzufassen hat, daß dem Revisionsgericht eine Überprüfung ermöglicht wird (BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 5). Diese Maßstäbe dürfen jedoch nicht schematisch angewandt werden. Dies gilt insbesondere , wenn weitere Feststellungen zum eigentlichen Tatgeschehen nicht möglich sind (BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 12).
So liegen die Dinge hier. Hinsichtlich der übrigen nicht im einzelnen dargestellten 15 Einkaufsfälle stützt sich die Staatsanwaltschaft allein auf den Umstand, daß dieselbe total gefälschte Karte in allen 38 Fällen verwandt
worden ist. Wenn sich eine Überzeugung des Landgerichts indes schon in den Fällen nicht hat bilden lassen, in denen weitere Umstände auf den Angeklagten als Täter hindeuteten, gilt das erst recht für die Taten, hinsichtlich derer solche Beweismittel fehlen. Das Landgericht stellt fest, daß „für die verbleibenden Oktoberfälle“ keine weiteren Beweismittel zur Verfügung standen (UA S. 13). Da die Staatsanwaltschaft diesbezüglich keine Verfahrensrüge erhoben hat, ist für die sachlichrechtliche Überprüfung hiervon auszugehen. Der Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe läßt eine ausreichende revisionsgerichtliche Nachprüfung zu. Diesem ist neben dem Fehlen belastender Indizien auch der den Angeklagten entlastende Umstand zu entnehmen , daß hinsichtlich der im September vorgenommenen Einkäufe mit derselben verfälschten Karte die damaligen Taten ohne Beteiligung des Angeklagten begangen worden sind, es mithin einen zweiten Verwender der Karte gegeben haben muß. Auf dieser Grundlage hat das Landgericht eine Überführung des Angeklagten auch hinsichtlich der ihm zusätzlich vorgeworfenen Taten ohne Rechtsverstoß für nicht möglich erachtet. Weitere Feststellungen zu Taten, bei denen keine tragfähige Verbindung zur Person des Angeklagten hergestellt werden kann, sind entbehrlich.
Harms Gerhardt Raum Brause Schaal

Als unabhängige Träger eines öffentlichen Amtes werden für die Beurkundung von Rechtsvorgängen und andere Aufgaben auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege in den Ländern Notare bestellt.

(1) Der Notar ist verpflichtet, für seine Tätigkeit die gesetzlich vorgeschriebenen Gebühren zu erheben. Soweit nicht gesetzliche Vorschriften eine Gebührenbefreiung, eine Gebührenermäßigung oder eine Nichterhebung von Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung vorsehen, sind ein Gebührenerlass oder eine Gebührenermäßigung nur zulässig, soweit die Gebührenerhebung aufgrund außergewöhnlicher Umstände des Falls unbillig wäre und die Notarkammer dem Gebührenerlass oder der Gebührenermäßigung zugestimmt hat. In den Tätigkeitsbereichen der Notarkasse und der Ländernotarkasse treten diese an die Stelle der Notarkammern. Das Versprechen und Gewähren von Vorteilen im Zusammenhang mit einem Amtsgeschäft sowie jede Beteiligung Dritter an den Gebühren ist unzulässig.

(2) Beteiligten, denen nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung die Prozeßkostenhilfe zu bewilligen wäre, hat der Notar seine Urkundstätigkeit in sinngemäßer Anwendung der Vorschriften der Zivilprozeßordnung vorläufig gebührenfrei oder gegen Zahlung der Gebühren in Monatsraten zu gewähren.

(1) Ein Amtsträger, ein Europäischer Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Der Versuch ist strafbar.

(2) Ein Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er sich dem anderen gegenüber bereit gezeigt hat,

1.
bei der Handlung seine Pflichten zu verletzen oder,
2.
soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen zu lassen.

(1) Wer einem Amtsträger, einem Europäischen Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.

(2) Wer einem Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine richterliche Handlung

1.
vorgenommen und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzt hat oder
2.
künftig vornehme und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzen würde,
wird in den Fällen der Nummer 1 mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in den Fällen der Nummer 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung anbietet, verspricht oder gewährt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er den anderen zu bestimmen versucht, daß dieser

1.
bei der Handlung seine Pflichten verletzt oder,
2.
soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei der Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen läßt.

(1) Der Notar ist verpflichtet, für seine Tätigkeit die gesetzlich vorgeschriebenen Gebühren zu erheben. Soweit nicht gesetzliche Vorschriften eine Gebührenbefreiung, eine Gebührenermäßigung oder eine Nichterhebung von Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung vorsehen, sind ein Gebührenerlass oder eine Gebührenermäßigung nur zulässig, soweit die Gebührenerhebung aufgrund außergewöhnlicher Umstände des Falls unbillig wäre und die Notarkammer dem Gebührenerlass oder der Gebührenermäßigung zugestimmt hat. In den Tätigkeitsbereichen der Notarkasse und der Ländernotarkasse treten diese an die Stelle der Notarkammern. Das Versprechen und Gewähren von Vorteilen im Zusammenhang mit einem Amtsgeschäft sowie jede Beteiligung Dritter an den Gebühren ist unzulässig.

(2) Beteiligten, denen nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung die Prozeßkostenhilfe zu bewilligen wäre, hat der Notar seine Urkundstätigkeit in sinngemäßer Anwendung der Vorschriften der Zivilprozeßordnung vorläufig gebührenfrei oder gegen Zahlung der Gebühren in Monatsraten zu gewähren.

Vereinbarungen über die Höhe der Kosten sind unwirksam, soweit sich aus der folgenden Vorschrift nichts anderes ergibt.

(1) Ein Amtsträger, ein Europäischer Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Der Versuch ist strafbar.

(2) Ein Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er sich dem anderen gegenüber bereit gezeigt hat,

1.
bei der Handlung seine Pflichten zu verletzen oder,
2.
soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen zu lassen.

(1) Wer einem Amtsträger, einem Europäischen Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.

(2) Wer einem Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine richterliche Handlung

1.
vorgenommen und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzt hat oder
2.
künftig vornehme und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzen würde,
wird in den Fällen der Nummer 1 mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in den Fällen der Nummer 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung anbietet, verspricht oder gewährt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er den anderen zu bestimmen versucht, daß dieser

1.
bei der Handlung seine Pflichten verletzt oder,
2.
soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei der Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen läßt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 260/08
vom
14. Oktober 2008
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
_______________________
1. Die für eine Vorteilsgewährung nach § 333 Abs. 1 StGB erforderliche (angestrebte
) Unrechtsvereinbarung setzt voraus, dass der Vorteilsgeber mit dem
Ziel handelt, auf die künftige Dienstausübung des Amtsträgers Einfluss zu
nehmen und/oder seine vergangene Dienstausübung zu honorieren, wobei
eine solche dienstliche Tätigkeit nach seinen Vorstellungen nicht - noch nicht
einmal in groben Umrissen - konkretisiert sein muss.
2. Ob in diesem Sinne eine Unrechtsvereinbarung vorliegt, ist Tatfrage und unterliegt
der wertenden Beurteilung des Tatgerichts, die regelmäßig im Wege
einer Ge-samtschau aller in Betracht kommenden Indizien zu erfolgen hat.
3. In die Würdigung fließen als mögliche Indizien neben der Plausibilität einer
anderen Zielsetzung namentlich ein: die Stellung des Amtsträgers und die
Beziehung des Vorteilsgebers zu dessen dienstlichen Aufgaben (dienstliche
Be-rührungspunkte), die Vorgehensweise bei dem Angebot, dem Versprechen
oder dem Gewähren von Vorteilen (Heimlichkeit oder Transparenz) sowie
die Art, der Wert und die Zahl solcher Vorteile.
BGH, Urt. vom 14. Oktober 2008 - 1 StR 260/08 - LG Karlsruhe
in der Strafsache
gegen
wegen Vorteilsgewährung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 14. Oktober
2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Kolz,
Hebenstreit,
Prof. Dr. Sander,
Bundesanwalt und
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 28. November 2007 wird verworfen. 2. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten von den Vorwürfen der Vorteilsgewährung in sieben Fällen freigesprochen. Der hiergegen gerichteten Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, bleibt der Erfolg versagt.

I.

2
1. Das Landgericht hat - für den Senat bindend - festgestellt:
3
Der Angeklagte war Vorstandsvorsitzender des Energiekonzerns Energie Baden-Württemberg AG (fortan: EnBW). Bereits vor Aufnahme seiner Tätigkeit hatte die EnBW im Februar 2002 von der Fédération Internationale de Football Association (fortan: FIFA) Sponsoren- bzw. Werberechte für die im Jahre 2006 in Deutschland stattfindende Fußballweltmeisterschaft erworben. Die EnBW war Hauptsponsor der FIFA-WM 2006 und der einzige nationale Sponsor aus Baden-Württemberg. Im Rahmen von gemeinsamen Initiativen von Staat und Wirtschaft, an denen auch die Bundesregierung beteiligt war, entwickelte sich eine enge Kooperation der EnBW vor allem mit dem Land Baden-Württemberg. Bei Gesprächen mit dem Referat "Landesmarketing" des Staatsministeriums wurde vereinbart, die jeweiligen Einladungslisten für die Fußballweltmeisterschaft miteinander abzugleichen, um Doppeleinladungen zu vermeiden.
4
Die Marketingabteilung der EnBW entwickelte ein Sponsoringkonzept. Hierzu gehörte ein Konzept zur Verteilung der ca. 14.000 Eintrittskarten, die der EnBW zur Verfügung standen. Dieses Einladungskonzept sah unter anderem vor, "einen kleinen Teil der Karten für Repräsentanten aus Wirtschaft, Gesellschaft , Kultur, Wissenschaft und Politik zu verwenden, um den Eingeladenen die Gelegenheit zu geben, ihre entsprechenden Institutionen zu präsentieren und repräsentieren, und zugleich durch das öffentliche Erscheinen angesehener und bekannter Persönlichkeiten die Rolle der EnBW als Hauptsponsor der Fußballweltmeisterschaft werbewirksam hervorzuheben" (UA S. 11). Geplant war, jedenfalls die hochrangigen Vertreter der Politik "zunächst" nicht in der Loge der EnBW, sondern "in erster Linie" im FIFA-Ehrenbereich unterzubringen, für den der EnBW ebenfalls Eintrittskarten zustanden. Zudem war vorgesehen, sämtliche Mitglieder der Bundesregierung und der Landesregierung BadenWürttemberg einschließlich der Staatssekretäre einzuladen.
5
Am 20. Dezember 2005 unterzeichnete der Angeklagte als Vorstandsvorsitzender in Anwesenheit seiner persönlichen Referentin und zweier Sekretärinnen ca. 700 Weihnachtsgrußkarten. Adressaten waren Personen, deren Daten in der bei EnBW gepflegten VIP-Datei des Angeklagten gespeichert waren. "Entscheidend für die Aufnahme (einer Person) in die VIP-Datei war die persönliche Bekanntschaft zum Vorstandsvorsitzenden sowie die protokollari- sche Wertigkeit des Kontakts, nicht aber eine eventuelle dienstliche Relation zum Unternehmen" (UA S. 13). Auf den vorformulierten Grußkarten fügte der Angeklagte handschriftlich den jeweiligen Namen mit Anrede sowie seine Unterschrift ein, in einigen Fällen auch einige persönliche Worte. Bei etwa der Hälfte der Karten machten die drei Mitarbeiterinnen einen Vorschlag für ein Präsent, mit dem der Adressat bedacht werden sollte. Der Vorschlag erfolgte auf der Grundlage einer Präsentliste, welche die Mitarbeiterinnen gemeinsam mit der Leiterin der Protokollabteilung der EnBW erstellt hatten. Unter den Präsenten befanden sich mit dem offiziellen WM-Sponsorenlogo der EnBW versehene Gutscheine für Logenplätze bei einem Fußballweltmeisterschaftsspiel in Stuttgart oder Berlin. Eine Versendung der Eintrittskarten selbst war aufgrund der vom Veranstalter festgelegten Bedingungen noch nicht möglich. Die Gutscheine waren - so das Landgericht - "personengebunden und nicht übertragbar" (UA S. 13, 15); vorgesehen war, dass die Koordinierung und Abwicklung der Kartenvergabe über die Leiterin der Protokollabteilung der EnBW erfolgen sollte. Der Angeklagte stimmte dem aufgrund der Präsentliste gemachten Vorschlag der Mitarbeiterinnen in allen Fällen zu.
6
Auf die beschriebene Art und Weise ließ der Angeklagte an 36 Personen mit den Weihnachtsgrußkarten WM-Gutscheine versenden, unter anderem - in den sieben verfahrensgegenständlichen Fällen - an den Ministerpräsidenten und fünf Minister des Landes Baden-Württemberg (für jeweils zwei Eintrittskarten ) sowie an den beamteten Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit M. (für eine Eintrittskarte). Fünf Gutscheine waren für den Spielort Stuttgart, zwei Gutscheine für den Spielort Berlin ausgestellt. Wie das Urteil im Einzelnen ausführt, waren die Landesminister und ihre Ministerien im Rahmen ihrer Ressortzuständigkeit mit Angelegenheiten befasst , die für die Geschäftspolitik und den wirtschaftlichen Erfolg der EnBW oder den Angeklagten persönlich von erheblicher Bedeutung waren; Gleiches galt für das Bundesumweltministerium. Diese "Beziehungen" waren dem Angeklagten - wenn auch nicht im Detail - bekannt. Die Grußkarte an die Landesumweltministerin G. war mit dem handschriftlichen Zusatz "Vielen Dank für die stets exzellente Zusammenarbeit" versehen. Zu dem Zeitpunkt, zu dem der Angeklagte diese Worte niederschrieb, wusste er allerdings - nach den Feststellungen des Landgerichts - noch nicht, ob der Umweltministerin ein Präsent und gegebenenfalls welches ihr zugedacht war.
7
Der Angeklagte handelte im Bewusstsein des - insofern noch offenen - Sponsoring- und Einladungskonzepts der EnBW, wobei ihm als Vorstandsvorsitzenden ein Gestaltungsspielraum zukam. Ihm war bekannt, dass die sieben verfahrensgegenständlichen Empfänger zu dem Personenkreis einzuladender hochrangiger Repräsentanten zählten.
8
Nachdem in der Presse über die Versendung der Gutscheine berichtet worden war und die Staatsanwaltschaft Karlsruhe Mitte Februar 2006 ein Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten eingeleitet hatte, lehnte der badenwürttembergische Ministerpräsident mit Schreiben vom 2. März 2006 die Einladungen namens der Regierungsmitglieder ab. Obwohl dies im Sponsoringkonzept vorgesehen war, kam es ebenso wenig - auf Anraten des Verteidigers des Angeklagten - zur Einladung der anderen Regierungsmitglieder durch die EnBW wie zum Abgleich der Einladungslisten zwischen dieser und dem Land. Gleichfalls am 2. März 2006 zog Staatssekretär M. seine zunächst erteilte Zusage zurück.
9
Sämtliche Mitglieder der Landesregierung hatten anderweitig freien Zugang mit Begleitung jedenfalls zu allen WM-Spielen in Stuttgart. Zur Verfügung standen ihnen Plätze sowohl in der Loge, die sich das Land mit dem Unternehmen Daimler-Chrysler teilte, als auch im FIFA-Ehrenbereich.
10
Bereits am 31. Mai 2005 hatten die Minister des Landes Baden-Württemberg im Ministerrat einen Beschluss zur Annahme von Geschenken durch Regierungsmitglieder gefasst. Unter Nr. 4 war Folgendes festgehalten worden: "Ehrenkarten für Veranstaltungen, deren Besuch zu den Repräsentationspflichten eines Regierungsmitglieds gehört, sind nicht als Geschenke zu bewerten und unterfallen daher nicht der Genehmigungspflicht."
11
2. Das Landgericht hat den Angeklagten "aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen" freigesprochen.
12
Aus rechtlichen Gründen ist der Freispruch erfolgt, weil das Landgericht die Eintrittskarten nicht als Vorteil im Sinne von § 333 Abs. 1 StGB gewertet hat. Was die sechs Taten zugunsten der Mitglieder der Landesregierung betrifft, so hat es darüber hinaus den zuvor im Ministerrat gefassten Beschluss als eine Genehmigung im Sinne von § 333 Abs. 3 StGB angesehen, die als Rechtfertigungsgrund zur Straflosigkeit führe. Auf tatsächlichen Gründen beruht der Freispruch dagegen insoweit, als sich das Landgericht nicht von einer "für die Tatbestandserfüllung (nach § 333 Abs. 1 StGB) erforderliche(n) Unrechtsvereinbarung" hat überzeugen können (UA S. 51).

II.

13
1. Die Verfahrensrügen dringen aus den vom Generalbundesanwalt in der Hauptverhandlung vorgebrachten Gründen nicht durch.
14
2. Der Freispruch von den Vorwürfen der Vorteilsgewährung in sieben Fällen hält sachlich-rechtlicher Überprüfung - noch - stand.
15
Die Strafkammer ist zwar zu Unrecht davon ausgegangen, es fehle schon an einem - vom Angeklagten angebotenen oder versprochenen - Vorteil im Sinne von § 333 Abs. 1 StGB (nachfolgend a). Rechtsfehlerhaft ist das Urteil auch insoweit, als sie den am 31. Mai 2005 im Ministerrat gefassten Beschluss als eine Genehmigung im Sinne von § 333 Abs. 3 StGB angesehen hat (unten b). Soweit die Kammer zu dem Schluss gekommen ist, dem Angeklagten sei eine "Unrechtsvereinbarung" nicht nachzuweisen gewesen, ist dies dagegen im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (unten c).
16
a) Die Eintrittskarten für Fußballweltmeisterschaftsspiele in Stuttgart und Berlin, die der Angeklagte nach den Feststellungen sechs Mitgliedern der Landesregierung und dem Staatssekretär im Bundesumweltministerium anbot oder versprach, stellen Vorteile im Sinne von § 333 Abs. 1 StGB dar.
17
Unter einem Vorteil ist jede Leistung zu verstehen, auf die der Amtsträger keinen Anspruch hat und die seine wirtschaftliche, rechtliche oder auch nur persönliche Lage objektiv verbessert (vgl. nur BGHSt 47, 295, 304; BGH NStZ 2008, 216, 217; NStZ-RR 2007, 309, 310). Besser gestellt wird der Amtsträger vor allem durch materielle Zuwendungen jeder Art. Hierzu zählen auch Eintrittskarten für regulär entgeltpflichtige Veranstaltungen, da solche Karten einen Vermögenswert haben (vgl. Korte in MüKo-StGB § 331 Rdn. 62).
18
aa) Dass die vom Angeklagten bedachten Mitglieder der Landesregierung nach den Feststellungen ohnehin freien Zugang "mit Begleitung jedenfalls" zu allen Weltmeisterschaftsspielen in Stuttgart hatten (UA S. 41), hat auf die Bewertung der für diesen Spielort vorgesehenen Eintrittskarten als Vorteil keinen Einfluss. Insoweit gilt: Wird dem Amtsträger oder Dritten ein geldwerter Vorteil angeboten, versprochen oder gewährt, so ist es von vornherein unbeachtlich , wenn der Begünstigte einen vergleichbaren Vorteil auch auf eine andere Art und Weise erlangen kann. Auf derartige hypothetische Erwägungen kommt es grundsätzlich nicht an (vgl. auch OLG Karlsruhe NJW 2001, 907, 908). Sie können allenfalls für die subjektive Wertschätzung durch den Begünstigten und damit für die (angestrebte) Unrechtsvereinbarung von Bedeutung sein. Identisch waren die Vorteile, die der Angeklagte anbot oder versprach, und diejenigen, die den Mitgliedern der Landesregierung ohnehin zustanden, hier nicht. Denn es handelte sich in jedem der Fälle um zweierlei Eintrittskarten für verschiedene Zuschauerplätze. Insbesondere was die "EnBW-Loge" einerseits und "Landesloge" andererseits betrifft, liegt dies auf der Hand, zumal der Aufenthalt in der "EnBW-Loge" die Bewirtung vorsah, während entsprechende Feststellungen für die "Landesloge" nicht getroffen sind.
19
All dies gilt entsprechend in Bezug auf den Staatssekretär M. . Auf seine - rein hypothetischen - Angaben als Zeuge, er hätte "Karten zu WM-Spielen bekommen, wenn er sich in seiner Eigenschaft als Staatssekretär darum bemüht hätte" (UA S. 42), kommt es erst recht nicht an.
20
bb) Der Senat teilt auch nicht die Auffassung der Kammer, es sei schon deswegen kein Vorteil gegeben, weil die Eintrittskarten den Begünstigten lediglich die Ausübung der dienstlichen Aufgabe ermöglichen sollten, das Land bzw. den Bund in der Öffentlichkeit zu repräsentieren (UA S. 50).
21
Zwar hat die Kammer die Wahrnehmung von Repräsentationsaufgaben zu Recht zu den Dienstpflichten von Regierungsmitgliedern, auch von Staatssekretären gezählt (vgl. UA S. 35 f.). Dies nimmt den in Aussicht gestellten Eintrittskarten jedoch nicht den Vorteilscharakter. Auf die im Schrifttum teilweise vertretene Meinung, ein Vorteil ergebe sich nicht schon daraus, dass dem Amtsträger lediglich die zur Dienstausübung erforderlichen Mittel zur Verfügung gestellt würden (so etwa Fischer, StGB 55. Aufl. § 331 Rdn. 12; Lackner/Kühl, StGB 26. Aufl. § 331 Rdn. 5, jew. unter Bezugnahme auf OLG Zweibrücken NStZ 1982, 204: kostenloses Benzin an Polizeibeamten für Ermittlungen in der Freizeit; a.A. etwa Heine in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 331 Rdn. 28 und Korte in MüKo-StGB § 331 Rdn. 94, denen zufolge dies ausschließlich im Rahmen der sog. Unrechtsvereinbarung zu berücksichtigen ist), kommt es dabei nicht an. Ob für den Vorteilsbegriff in § 333 Abs. 1 StGB überhaupt eine derartige Ausnahme zu machen ist, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn hier sollten die Eintrittskarten für die Mitglieder der Landesregierung und ihre Begleitpersonen sowie für den Staatssekretär M. nicht nur einen solchen dienstlichen Nutzen haben. Die beabsichtigten geldwerten Zuwendungen dienten vielmehr gerade der Befriedigung persönlicher Interessen, die mit dem unmittelbaren Erleben eines Weltmeisterschaftsspiels im Stadion verbunden sind. Dies sah auch der Angeklagte so, aus dessen Sicht es "Sinn der Präsentversendung (war), zu Weihnachten eine Freude zu machen, mit den Gutscheinen insbesondere die Vorfreude auf die Fußball-WM … zu wecken" (UA S. 23).
22
b) Soweit die Strafkammer den am 31. Mai 2005 im Ministerrat gefassten Beschluss als eine Genehmigung im Sinne von § 333 Abs. 3 StGB angesehen hat, tragen die insoweit unzureichenden Feststellungen die rechtliche Wertung nicht:
23
Es liegt schon nicht fern, dass mit dem in dem Beschluss verwendeten Begriff "Ehrenkarten" nur solche Karten gemeint sind, die von dem Veranstalter selbst - für seine "Ehrengäste" - zur Verfügung gestellt werden. Ferner könnte die nur auszugsweise wiedergegebene Regelung dahin zu verstehen sein, dass auf die dienstrechtliche Nichtgenehmigungsbedürftigkeit bestimmter als strafrechtlich unbedenklich angesehener Vorteile - hier "Ehrenkarten" - hingewiesen wird (vgl. dazu Korte aaO Rdn. 168); hierfür spricht der Wortlaut der Regelung ("unterfallen … nicht der Genehmigungspflicht" anstatt "werden generell genehmigt" ). Dann wäre die Vorfrage der Strafbarkeit losgelöst von dieser Regelung zu beurteilen. Im Übrigen versteht sich auch nicht von selbst, dass die Re- gelung besagt, die bedachten Regierungsmitglieder dürften solche "Ehrenkarten" in jedem Fall - unabhängig von den konkreten protokollarischen Pflichten - zudem für eine Begleitperson annehmen.
24
c) Die Auffassung des Landgerichts, "eine für die Tatbestandserfüllung (nach § 333 Abs. 1 StGB) erforderliche Unrechtsvereinbarung (sei) nicht nachzuweisen" , hält hingegen revisionsrechtlicher Prüfung stand. Dass das Landgericht sich nicht von der notwendigen inhaltlichen Verknüpfung zwischen dem angebotenen oder versprochenen Vorteil und der Dienstausübung zu überzeugen vermocht hat, also davon, dass der Angeklagte - so der Wortlaut des § 333 Abs. 1 StGB - jeweils den Vorteil "für die Dienstausübung" anbot oder versprach , ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
25
aa) Für die Frage, wie der Gesetzeswortlaut insoweit auszulegen ist, gibt die Gesetzgebungsgeschichte wichtige Hinweise. Das am 20. August 1997 in Kraft getretene Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13. August 1997 (BGBl I 2038) hat zwar die Anforderungen an die Unrechtsvereinbarung, die Kernstück aller Bestechungsdelikte ist, für die Vorteilsgewährung nach § 333 Abs. 1 StGB ebenso wie für die Vorteilsannahme nach § 331 Abs. 1 StGB herabgesetzt , aber nicht aufgegeben:
26
Nach seiner alten Fassung hatte der Tatbestand der Vorteilsgewährung vorausgesetzt, dass der Vorteil "Gegenleistung dafür (sein soll), daß er (der Amtsträger) eine in seinem Ermessen stehende Diensthandlung künftig vornehme" ; dementsprechend war Bezugspunkt der Unrechtsvereinbarung die einzelne - zumindest ihrem sachlichen Gehalt nach grob umrissene (vgl. BGH NStZ 1999, 561 m.w.N.) - Diensthandlung. Nunmehr genügt es, wenn ein Vorteil "für die (vergangene oder künftige) Dienstausübung" im Allgemeinen angeboten , versprochen oder gewährt wird. http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=NJW&B=2003&S=763 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=NJW&B=2003&S=763&I=765 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=BGHSt&B=48&S=44 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=BGHSt&B=49&S=275 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=BGHSt&B=49&S=275&I=281 - 13 -
27
Die Neufassung der Tatbestände der Vorteilsannahme und der Vorteilsgewährung führt dazu, dass der Anwendungsbereich dieser Strafnormen nun auch in größerem Umfang eröffnet ist, wenn Amtsträger höherer Ebenen mit breit gefächerten Entscheidungsspielräumen betroffen sind (vgl. BTDrucks. 16/4333 S. 2; Korte in MüKo-StGB § 331 Rdn. 99). Zuvor galt: Je weiter sich der Aufgabenbereich des Amtsträgers darstellte, umso schwieriger war die Zuordnung des Vorteils zu einer bestimmten oder zumindest bestimmbaren Diensthandlung (vgl. BGH NStZ 1999, 561). Anliegen der Erweiterung der Tatbestände war gerade auch, Beweisschwierigkeiten zu beseitigen, die mit dem Erfordernis der Bestimmbarkeit der Diensthandlung verbunden waren. Ferner sollte die Strafbarkeit wegen Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung auf von den Vorschriften in der bisherigen Fassung nicht erfasste Fälle (vgl. BGHSt 47, 295, 307; BGH NJW 2003, 763, 765 m.w.N. [insoweit in BGHSt 48, 44 nicht abgedr.
]) erstreckt werden, in denen durch einen Vorteil nur das generelle Wohlwollen und die Geneigtheit des Amtsträgers erkauft (vgl. BTDrucks. 13/8079 S. 15) bzw. "allgemeine Klimapflege" betrieben wird (BGHSt 49, 275, 281; BGH NStZ 2008, 216, 217; NStZ-RR 2007, 309, 310).
28
Andererseits hat der Gesetzgeber bei der Neufassung der §§ 331, 333 StGB prinzipiell an dem Erfordernis einer (angestrebten) Unrechtsvereinbarung bewusst festgehalten. Für die Auslegung der Tatbestände ist von Bedeutung, dass der weiter reichende Vorschlag im Bundesratsentwurf eines Korruptionsbekämpfungsgesetzes vom 18. Dezember 1995 (BTDrucks. 13/3353) nicht Gesetz wurde (vgl. BRDrucks. 483/97). Dieser hatte - beruhend auf einem Gesetzesantrag des Landes Berlin vom 24. Mai 1995 (BRDrucks. 298/95) - vorgesehen , auf die Unrechtsvereinbarung gleichsam zu verzichten und die Strafbarkeit wegen Vorteilsannahme und -gewährung davon abhängig zu machen, dass dem Amtsträger ein Vorteil "im Zusammenhang mit seinem Amt" zugewendet werden soll. Auch dies sollte gewährleisten, dass Handlungen - wie etwa das sog. "Anfüttern" - erfasst werden, die dazu dienen, das generelle Wohlwollen und die Geneigtheit des Amtsträgers zu sichern (vgl. BRDrucks. 298/95 S. 9; BTDrucks. 13/3353 S. 11). Ein die Strafbarkeit begründender Zusammenhang mit dem Amt sollte immer dann gegeben sein, "wenn die zuwendende Person sich davon leiten lässt, daß der Beamte ein bestimmtes Amt bekleidet oder bekleidet hat" (BTDrucks. aaO). Die Bundesregierung und der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages hatten gegen den Entwurf – neben Abgrenzungsschwierigkeiten – eingewandt, dass durch die vorgesehene Erweiterung der Tatbestände "ein breites Spektrum nicht strafwürdiger Handlungen grundsätzlich in die Strafbarkeit einbezogen würde" (BTDrucks. 13/6424 S. 13; 13/8079 S. 15). Dementsprechend hat die Bundesregierung in jüngerer Zeit nochmals klargestellt, dass "auch nach der heute gültigen Fassung der §§ 331 und 333 StGB feststehen (müsse), dass der Vorteil überhaupt für dienstliche Handlungen angenommen oder gewährt" worden sei (BTDrucks. 16/4333 S. 5 f.).
29
bb) Vor diesem Hintergrund sind für den Tatbestand der Vorteilsgewährung nach § 333 Abs. 1 StGB an die inhaltliche Verknüpfung von Vorteil und Dienstausübung folgende Anforderungen zu stellen:
30
Zwischen dem Vorteil und der Dienstausübung muss ein "Gegenseitigkeitsverhältnis" in dem Sinne bestehen, dass der Vorteil nach dem (angestrebten ) ausdrücklichen oder stillschweigenden Einverständnis der Beteiligten seinen Grund gerade in der Dienstausübung hat (vgl. BGH NJW 2005, 3011, 3012 m.w.N.). Dies erfordert, dass Ziel der Vorteilszuwendung ist, auf die künftige Dienstausübung Einfluss zu nehmen (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 309, 310 f.) und/oder die vergangene Dienstausübung zu honorieren (ähnlich Fischer, StGB 55. Aufl. § 331 Rdn. 23). In diesem allgemeinen Sinne muss der Vorteil somit nach wie vor Gegenleistungscharakter haben (vgl. Korte in MüKo-StGB § 331 Rdn. 94; ferner Dölling, Gutachten für den 61. Deutschen Juristentag [1996] C 64 f., an dessen Vorschlag die Neufassung der §§ 331, 333 StGB angeknüpft hat [vgl. BTDrucks. 13/8079 S. 15]). Unter Dienstausübung ist dabei grundsätzlich jede dienstliche Tätigkeit zu verstehen. Diese muss nach den Vorstellungen der Beteiligten nicht - noch nicht einmal in groben Umrissen - konkretisiert sein; daher genügt es, wenn der Wille des Vorteilsgebers auf ein generelles Wohlwollen bezogen auf künftige Fachentscheidungen gerichtet ist, das bei Gelegenheit aktiviert werden kann.
31
Ob der Vorteilsgeber ein solches von § 333 Abs. 1 StGB pönalisiertes oder ein anderes Ziel verfolgt, ist Tatfrage. Die Grenzbestimmung hat in wertender Beurteilung zu erfolgen, die mit oftmals schwierigen Beweisfragen einhergeht. Pauschale Bewertungen in Anlehnung an Begrifflichkeiten wie "allgemeine Klimapflege" oder "Anfüttern" verbieten sich dabei (vgl. Korte aaO Rdn. 100; ferner Dölling ZStW 112 [2000] 334, 344 mit differenzierenden Erwägungen zur korruptiven Erscheinungsform des "Anfütterns"). Vielmehr ist die Abgrenzung nach den fallbezogenen Umständen - insbesondere der gesamten Interessenlage der Beteiligten - vorzunehmen.
32
Als mögliche Indizien für oder gegen das Ziel, mit dem Vorteil auf die künftige Dienstausübung Einfluss zu nehmen oder die vergangene Dienstausübung zu honorieren, fließen neben der Plausibilität einer anderen - behaupteten oder sonst in Betracht kommenden - Zielsetzung in die wertende Beurteilung namentlich ein: die Stellung des Amtsträgers und die Beziehung des Vorteilsgebers zu dessen dienstlichen Aufgaben, die Vorgehensweise bei dem Angebot , dem Versprechen oder dem Gewähren von Vorteilen sowie die Art, der Wert und die Zahl solcher Vorteile. So können etwa dienstliche Berührungspunkte zwischen Vorteilsgeber und Amtsträger ebenso in Ausschlag gebender Weise für eine Unrechtsvereinbarung sprechen, wie die Heimlichkeit des Vorgehens (BGH NStZ 2008, 216, 218; NStZ-RR 2007, 309, 310 f.; im Hinblick auf dienstliche Berührungspunkte im Ergebnis auch BGH NStZ 2005, 334, 335; zur Heimlichkeit vgl. ferner BGHSt 48, 44, 51). Vorzunehmen ist jedoch regelmäßig eine Gesamtschau aller Indizien (vgl. BGH NStZ 2008 aaO; NStZ-RR aaO 311).
33
Das bedeutet auch, dass die Strafbestimmung der Vorteilsgewährung nicht schon dadurch unanwendbar wird, dass eine (angestrebte) Unrechtsvereinbarung in sozialadäquate Handlungen - wie die Durchführung eines für sich gesehen in strafrechtlicher Hinsicht gänzlich unverdächtigen Sponsoringkonzepts - eingebunden wird. Auch in diesem Fall ist maßgeblich, wie sich das Vorgehen aufgrund der gesamten Umstände, unter denen es geschieht, darstellt.
34
Der Senat ist sich bewusst, dass das Merkmal der Unrechtsvereinbarung nach der hier vorgenommenen Auslegung im Randbereich kaum trennscharfe Konturen aufweist; dies kann zu Beweisschwierigkeiten führen und räumt dem Tatrichter eine beträchtliche Entscheidungsmacht ein. Diese Auslegung trägt jedoch dem Willen des Gesetzgebers Rechnung. In ihr spiegelt sich der Kompromisscharakter der durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 reformierten Regelung wider, die über die alte Rechtslage hinausgeht , aber hinter dem weitergehenden Vorschlag des Bundesrats zurückbleibt, die Strafbarkeit allein an die Amtsbezogenheit der Vorteilszuwendung zu knüpfen (siehe oben aa). Inwieweit ein derartiger Vorschlag in Verbindung mit einer weitgehenden, Transparenz gewährleistenden Anzeige- oder Genehmigungslösung (vgl. den Vorschlag von T. Schäfer/Liesching ZRP 2008, 173, 175 f.) sachgerechter gewesen wäre, hat der Senat indessen nicht zu entscheiden.
35
cc) Gemessen an den aufgezeigten Maßstäben ist die Beweiswürdigung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
36
Das Landgericht ist von einem zutreffenden rechtlichen Ansatz ausgegangen. Zwar ist die Formulierung, eine Unrechtsvereinbarung sei nicht nach- zuweisen gewesen, missverständlich. § 333 Abs. 1 StGB setzt nämlich in der Tathandlungsvariante des Anbietens nicht voraus, dass es tatsächlich zu einer "Unrechtsvereinbarung" kommt; vielmehr reicht aus, dass das Angebot auf eine solche Übereinkunft gerichtet ist (vgl. BGH NStZ 2000, 439 f.; 2008, 33, 34; entsprechend für die Vorteilsannahme nach § 331 Abs. 1 StGB in der Tathandlungsalternative des Forderns eines Vorteils BGH NStZ 2006, 628, 629). Dass das Landgericht dies nicht verkannt hat, geht jedoch aus dem Urteil - trotz der missverständlichen Formulierung - eindeutig hervor. Denn die Beweiswürdigung befasst sich namentlich damit, welches Ziel der Angeklagte mit der Gutscheinversendung verfolgte.
37
Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, die Feststellung der (angestrebten ) Unrechtsvereinbarung setze den Nachweis voraus, dass "die Zuwendung der Gutscheine ihren Grund gerade in der Dienstausübung hatte bzw. die Dienstausübung als Gegenleistung (mit-)bestimmender Beweggrund" für die Zuwendung war. Dabei hat es zu Recht angenommen, dass unter Dienstausübung in diesem Zusammenhang allein die Fachentscheidungen der bedachten Amtsträger zu verstehen sind. Dagegen genügt es insoweit nicht, dass der Angeklagte Einfluss auf die dienstliche Aufgabe der Repräsentation nehmen wollte , da der Vorteil hierfür keinen Gegenleistungscharakter hat, sondern nur Mittel zur Erfüllung dieser Aufgabe sein sollte (vgl. Korte in MüKo-StGB § 331 Rdn. 94; ferner BGH NStZ-RR 2003, 171, 172).
38
Bei der "einzelfallbezogene(n) Betrachtung" hat das Landgericht "nach einer Gesamtschau sämtlicher Umstände die … Möglichkeit nicht ausgeschlossen …, dass die Zuwendung einen (sachlich gerechtfertigten) anderen Beweggrund als den der Beeinflussung der Dienstausübung hat". Einen solchen anderen Beweggrund hat das Landgericht darin gesehen, dass, indem den Empfängern der Gutscheine die Gelegenheit zur Repräsentation bei der Fußballwelt- meisterschaft gegeben werden sollte, ihr Erscheinen "zu Werbezwecken genutzt" werden sollte, um die Veranstaltung aufzuwerten und die Rolle der EnBW als Sponsor der Veranstaltung hervorzuheben (UA S. 52). Davon, dass der Angeklagte das Ziel verfolgte, die Empfänger - "gewissermaßen unter dem 'Deckmantel' Sponsoring/Repräsentation" - geneigt zu machen, bei der Dienstausübung zugunsten der EnBW zu handeln, hat sich das Landgericht hingegen nicht zu überzeugen vermocht.
39
Das Landgericht hat sich rechtsfehlerfrei mit den relevanten Indizien auseinandergesetzt und bei seiner Entscheidung insbesondere folgende Umstände berücksichtigt: – Zwischen den sieben Gutscheinempfängern - allesamt Personen mit weit reichenden Entscheidungskompetenzen - und der EnBW bestanden dienstliche Berührungspunkte. Das Landgericht hat aber auch festgestellt, dass der Angeklagte die Auswahl der Empfänger nicht gezielt nach diesem Kriterium vornahm : "Entscheidend für die Aufnahme (einer Person) in die VIP-Datei war die persönliche Bekanntschaft zum Vorstandsvorsitzenden sowie die protokollarische Wertigkeit des Kontakts , nicht aber eine eventuelle dienstliche Relation zum Unternehmen" (UA S. 13). Der Indizwert der dienstlichen Berührungspunkte wird zudem dadurch stark relativiert, dass der Angeklagte - so die Feststellungen des Landgerichts - im Bewusstsein des insofern noch offenen Sponsoring- und Einladungskonzepts der EnBW handelte (UA S. 42 f.). Das Konzept sah, wie der Angeklagte wusste, vor, sämtliche Mitglieder der Bundesregierung und der Landesregierung Baden-Württemberg einschließlich der Staatssekretäre einzuladen (UA S. 12, 35). Der Angeklagte handelte demnach - revisionsrechtlich nicht angreifbar - in der Vorstellung, dass die nicht mit den Weihnachtsgrußkarten bedachten Regierungsmitglieder später noch Eintrittskarten erhalten würden. Dass das Einladungskonzept nachher nicht weiter verfolgt wurde, war durch die Einlei- tung des Ermittlungsverfahrens Mitte Februar 2006 veranlasst, der entsprechende Presseberichte vorausgegangen waren (UA S. 24). – Hinsichtlich der Vorgehensweise hat das Landgericht im Fall der an die baden-württembergische Umweltministerin G. versandten Weihnachtsgrußkarte gesehen, dass der handschriftliche Zusatz "Vielen Dank für die stets exzellente Zusammenarbeit" Indizwert für eine angestrebte Unrechtsvereinbarung haben könnte. Diesbezüglich hat das Landgericht freilich insbesondere - für den Senat bindend - festgestellt, dass der Angeklagte zu dem Zeitpunkt, zu dem er diese Worte niederschrieb , noch nicht wusste, ob der Umweltministerin überhaupt ein Präsent und gegebenenfalls welches ihr zugedacht war (UA S. 28, 38 f., 47). – Im Übrigen war die Vorgehensweise des Angeklagten nach der Wertung des Landgerichts nicht durch Verschleierung bzw. Heimlichkeit geprägt: Die Gutscheine wurden an die dienstlichen Adressen der Empfänger versandt (UA S. 44) und waren mit dem offiziellen WM-Sponsorenlogo der EnBW versehen (UA S. 13). Die Einladungen wären im Rahmen des geplanten Abgleichs der Einladungslisten zwischen der EnBW und dem Land Baden-Württemberg offen zu legen gewesen; nicht zuletzt hätte das öffentliche Auftreten der Empfänger als Gast des WM-Sponsors EnBW insoweit "Transparenz" bewirkt (UA S. 44). – Zur Beschaffenheit der Vorteile hat das Landgericht zum einen festgestellt, dass die Gutscheine "personengebunden und nicht übertragbar" waren (UA S. 13, 15). Zum anderen war, jedenfalls was die WM-Spiele in Stuttgart betrifft, für die Mitglieder der Landesregierung Baden-Württemberg der Wert der Eintrittskarten - unbeschadet der im Einzelnen schwierigen Berechnung - subjektiv gemindert. Denn die Mitglieder der Landesregierung hatten ohnehin freien Zugang "mit Begleitung jedenfalls" zu allen WM-Spielen in Stuttgart (UA S. 41).
40
Bei alledem hat das Landgericht darüber hinaus erkennbar im Blick gehabt , dass es sich bei der Fußballweltmeisterschaft 2006 um ein einzigartiges sportliches Großereignis für die Bundesrepublik Deutschland handelte, das mit einer Kooperation zwischen "höchster" Politik und Wirtschaft einherging. Eine organisierte Zusammenarbeit wurde von der Bundesregierung offiziell gefördert und entspricht bei derartigen Ereignissen weltweiten Gepflogenheiten.
41
dd) Die gegen die Beurteilung durch das Landgericht gerichteten Beanstandungen der Revision greifen nicht durch.
42
(1) Soweit die Revision die Beweiswürdigung angreift, indem sie - im Kern ihrer Ausführungen - einzelne Feststellungen anzweifelt, zeigt sie keinen Rechtsfehler auf.
43
Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Trifft er aufgrund der in der Hauptverhandlung angefallenen Erkenntnisse Feststellungen oder kann er wegen verbleibender Zweifel keine Feststellungen treffen, so ist dies durch das Revisionsgericht regelmäßig hinzunehmen. Im Grundsatz gilt, dass allein das, was der Tatrichter festgestellt hat, bei der revisionsrechtlichen Überprüfung zugrunde zu legen ist. Es kommt nicht darauf an, ob das Revisionsgericht Erkenntnisse anders gewürdigt oder dem Tatrichter verbleibende Zweifel überwunden hätte. Daran ändert sich nicht einmal dann etwas, wenn dem Revisionsgericht vom Tatrichter getroffene Feststellungen "lebensfremd" erscheinen. Im Strafprozess gibt es keinen Beweis des ersten Anscheins, der nicht auf der Gewissheit des Tatrichters, sondern auf der Wahrscheinlichkeit eines Geschehensablaufs beruht (vgl. Senatsurt. vom 1. Juli 2008 - 1 StR 654/07 - Rdn. 18 m.w.N.).
44
Anderes gilt nur dann, wenn die Beweiswürdigung Rechtsfehler, etwa Lücken, Widersprüche, Unklarheiten oder Verstöße gegen die Gesetze der Lo- gik oder gesicherte Erfahrungssätze, aufweist. Solche Rechtsfehler sind hier nicht ersichtlich. Insbesondere beruhen die Feststellungen auch auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage, indem sie durch im Einzelnen benannte Beweismittel , namentlich durch die Angaben von Zeugen, belegt sind.
45
Näherer Betrachtung bedarf insoweit nur die festgestellte - von der Leiterin der Protokollabteilung der EnBW zeugenschaftlich bestätigte (UA S. 37) - Personengebundenheit und Nichtübertragbarkeit der Gutscheine:
46
Diese Feststellung wird nach dem oben Gesagten durch die in der Antragsschrift der Bundesanwaltschaft vom 17. Juni 2008 enthaltenen Erwägungen der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe nicht in Frage gestellt. Das gilt sowohl für die Erwägung, dass auf den Gutscheinen - Gegenteiliges ist nicht festgestellt - der jeweilige Empfänger nicht bezeichnet gewesen sein dürfte, als auch für diejenige, dass die Personengebundenheit und Nichtübertragbarkeit "sich nicht von selbst versteht", nach Auffassung des Senats sogar wenig lebensnah anmutet. Die Feststellung scheint zwar deswegen zu kurz zu greifen, weil, wie die Generalstaatsanwaltschaft weiter ausgeführt hat, die Identität der zweiten (Begleit-)Person offen war und augenscheinlich von den näheren Angaben des Gutscheinempfängers abhing. Deshalb ist in Betracht zu ziehen, dass die zweite Eintrittskarte einer Person hätte zugute kommen können, die über das Kartenkontingent des Landes Baden-Württemberg nicht hätte begünstigt werden können. Ob, wie die Verteidigung in ihrem Schriftsatz vom 12. August 2008 (S. 20) geltend gemacht hat, in einem protokollarischen Sinne mit Begleitperson nur der Ehe- oder Lebenspartner des hochrangigen Amtsträgers gemeint gewesen sein könnte, kann der Senat jedoch offen lassen. In Anbetracht der übrigen Umstände kann er jedenfalls ausschließen, dass - nach der Beurteilung des Landgerichts - derartige als eher nebensächlich einzu- stufende Erwägungen zur Begleitperson für das Handeln des Angeklagten (mit-)bestimmend waren.
47
(2) Der Senat teilt auch nicht die Auffassung der Beschwerdeführerin, das Landgericht habe die für die (angestrebte) Unrechtsvereinbarung sprechenden Indizien verkannt. Insbesondere hat es sich mit dem Beweiswert der dienstlichen Berührungspunkte auseinander gesetzt; des Weiteren hat es den Umstand berücksichtigt, dass die Gutscheinversendung nicht vorgesehener Teil des Sponsoring- und Einladungskonzepts war, sondern aufgrund einer autonomen Entscheidung des Angeklagten gleichsam im willkürlichen Vorgriff hierauf erfolgte und erst später mit diesem abgestimmt werden sollte. Schließlich hat das Landgericht - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - die Gutscheinversendung nicht als transparente Vorgehensweise bewertet; vielmehr hat es lediglich ein auf Verschleierung oder Heimlichkeit gerichtetes Vorgehen des Angeklagten verneint.
48
Die den Angeklagten erheblich belastenden Indizien mögen berechtigten Anlass dazu gegeben haben, gegen ihn Anklage zu erheben und sodann wegen der noch ungesicherten Rechtslage eine höchstrichterliche Entscheidung herbeizuführen. Dass sich das Landgericht trotz dieser belastenden Indizien nicht davon hat überzeugen können, dass der Angeklagte die Versendung der Gutscheine veranlasste, um etwaige dienstliche Tätigkeiten der bedachten Amtsträger zu honorieren oder zu beeinflussen, ist jedoch - gemäß dem oben Gesagten - nach revisionsrechtlichen Maßstäben hinzunehmen. Dass eine gegenteilige Überzeugung möglicherweise ebenso revisionsrechtlich unbeanstandet geblieben wäre, ändert hieran nichts. Nack Wahl Kolz Hebenstreit Sander

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 99/07
vom
21. Juni 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Vorteilsgewährung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 21. Juni 2007,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Prof. Dr. Kuckein,
Athing,
Dr. Ernemann
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 14. Dezember 2006 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten von dem Vorwurf der Vorteilsgewährung in 147 Fällen freigesprochen. Mit ihrer Revision, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird, rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.


2
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen Folgendes festgestellt:
3
a) Der Angeklagte war als Diplom-Ingenieur jahrelang in der saarländischen Straßenbauverwaltung auf dem Gebiet des Brückenbaus und der Brückenunterhaltung tätig. Nach seinem Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst im Jahre 1992 gründete er mit anderen die W. - - GmbH (W. -GmbH), der in der Folgezeit vom saarländischen Landesamt für Straßenwesen eine Vielzahl von Aufträgen im Bereich der Brückensanierung erteilt wurde. Die W. -GmbH erstellte für das Landesamt Ausschreibungsunterlagen zum Zwecke der Auftragsvergabe nach der VOB und übernahm die Überwachung der Baumaßnahmen. Ferner entwickelte die GmbH Software für die Prüfung von Brücken und die Erstellung von Ausschreibungen und übernahm die Pflege dieser Programme bei den Anwendern.
4
b) Der Zeuge Wo. war stellvertretender Leiter der Abteilung "Zentrale Dienste/Datenverarbeitung" des saarländischen Landesamtes für Straßenwesen. Der Zeuge war insbesondere für die EDV-Ausstattung des Landesamtes zuständig. Im Tatzeitraum oblag ihm ferner die Prüfung von Stundenabrechnungen der W. -GmbH für die Pflege der Bauwerksdatenbank "SIBSaarland" , die im Bereich der Straßenbauverwaltung eingesetzt wurde. Im Jahre 1992 bot der Angeklagte dem Zeugen Wo. die Mitarbeit bei der Entwicklung des Ausschreibungsprogrammes "W. -Astra" an. Dieser programmierte ab 1993 für die W. -GmbH die wesentlichen Komponenten des Ausschreibungsprogramms , danach wesentliche Teile der Bauwerksdatenbank "SIBSaarland". Eine Nebentätigkeitserlaubnis beantragte er nicht, weil er im Hinblick auf die engen Geschäftsverbindungen zwischen der W. -GmbH und dem saarländischen Landesamt für Straßenwesen von der Versagung einer solchen Genehmigung ausging. Der Zeuge Wo. erhielt für seine Tätigkeit für die W. - GmbH seit dem Februar 1993 monatliche Zahlungen, die bei der GmbH unter den Namen der Ehefrau des Angeklagten, seines Schwiegervaters und der Ehefrau des Zeugen Wo. verbucht wurden. Dieser erhielt in dem von der Anklage erfassten Zeitraum in den Monaten September bis Dezember 1997 jeweils 1.830 DM, im Jahre 1998 monatlich je 1.860 DM (mit Ausnahme von Oktober 1998: 1.240 DM) sowie in den Monaten Januar bis März 1999 jeweils 1.890 DM. Von April 1999 bis November 2001 bezog der Zeuge Wo. von der W. -GmbH monatliche Zahlungen in Höhe von jeweils 630 DM. Weil sich die Abrechnung in der bisherigen Form nicht mehr als durchführbar erwies, über- ließ der Angeklagte dem Zeugen Wo. in der Zeit vom 30. Juni 1999 bis zum 22. Juni 2002 einen von der W. -GmbH geleasten Mercedes Benz 220 CDI unentgeltlich zur privaten Nutzung, um den Zeugen weiterhin "adäquat" entlohnen zu können.
5
Der Angeklagte und der Zeuge Wo. erstatteten gemäß § 371 AO Selbstanzeige und zahlten die hinterzogenen Steuern nach. Der Zeuge Wo. wurde im Februar 2005 durch Strafbefehl wegen Vorteilsannahme in drei Fällen - rechtskräftig - zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
6
c) Der Zeuge H. war seit dem Jahre 1992 als Nachfolger des Angeklagten Leiter des Sachgebiets Brückenprüfung in der Abteilung IV des Landesamtes für Straßenwesen. Er war als Brückenprüfingenieur damit betraut, Brücken und andere Verkehrsbauwerke auf ihre Verkehrssicherheit zu kontrollieren. Ferner oblag ihm die Prüfung der Abrechnungen der W. -GmbH für die Pflege der SIB-Datenbank. In seiner Freizeit prüfte der Zeuge H. für die W. - GmbH in erheblichem Umfang Brücken, die in die straßenrechtliche Zuständigkeit verschiedener Kommunen fielen, von denen die GmbH mit der Durchführung dieser Prüfungen beauftragt worden war. Außerdem erstellte er für die W. -GmbH Verschlüsselungskombinationen für das Bauwerksprogramm "SIBBauwerke". Eine Nebentätigkeitserlaubnis hatte er nicht beantragt, weil er davon ausging, eine solche nicht erhalten zu können. Seine Vergütung wurde über ein im Jahre 1993 zu diesem Zwecke begründetes Scheinarbeitsverhältnis der W. -GmbH mit der Ehefrau des Zeugen monatlich abgerechnet. In dem von der Anklage erfassten Zeitraum von September 1997 bis Mai 2002 erhielt der Zeuge H. mit Ausnahme des Monats Dezember 2001 monatlich zunächst 500 DM und zuletzt 635,65 DM. Auf Veranlassung des Angeklagten erhielt er ferner im Februar 2003 eine Zahlung in Höhe von 17.230,56 Euro zum Ausgleich der nach einer entsprechenden Selbstanzeige gemäß § 371 AO nachzuentrichtenden Steuern.
7
Der Zeuge H. wurde durch Urteil der Strafkammer vom 1. Oktober 2004, dem eine Verständigung zu Grunde lag, wegen der Annahme der vorgenannten Zuwendungen der Vorteilsannahme in 57 Fällen schuldig gesprochen und wegen dieser Taten sowie wegen Bestechlichkeit in zehn besonders schweren Fällen und wegen Betruges - rechtskräftig - zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
8
2. Das Landgericht hat die Freisprüche maßgeblich auf den mangelnden Nachweis gestützt, dass die Verträge, die zu den Zahlungen an die Zeugen Wo. und H. führten, (auch) wegen deren Amtsträgerstellung geschlossen worden seien:
9
Der Angeklagte habe sich dahin eingelassen, die Zuwendungen an die Zeugen Wo. und H. seien ausschließlich als Entgelt für deren Arbeitsleistung erfolgt und nicht etwa zur "Klimapflege". Zu der Beschäftigung der Zeugen habe es keine personellen Alternativen gegeben. Sie sich gewogen zu machen, habe keinen Sinn gemacht, weil beide "keinerlei halbwegs relevanten Entscheidungsbefugnisse" im Saarländischen Landesamt für Straßenwesen innegehabt hätten. Diese Einlassung sei dem Angeklagten insbesondere deshalb nicht zu widerlegen, weil sie im Einklang mit den "nicht von vornherein“ unglaubhaften Bekundungen der Zeugen Wo. und H. stünden, sie hätten zu keinem Zeitpunkt im Sinne des Angeklagten in Entscheidungsprozesse im Saarländischen Landesamt für Straßenwesen eingegriffen und hätten Abrechnungen der Mitarbeiter der W. -GmbH nach bestem Wissen und Gewissen kontrolliert.

II.

10
Die Freisprüche haben keinen Bestand.
11
1. Auch soweit die vom Angeklagten veranlassten Zuwendungen der W. -GmbH an die Zeugen H. und Wo. eine angemessene Vergütung der von den Zeugen im Rahmen der von ihnen übernommenen Nebentätigkeiten erbrachten Leistungen darstellen, liegt ein Vorteil im Sinne des § 333 Abs. 1 StGB vor. Darunter ist jede Leistung zu verstehen, auf die der Amtsträger keinen Rechtsanspruch hat und die seine wirtschaftliche, rechtliche oder auch nur persönliche Lage objektiv verbessert (st. Rspr., vgl. BGHSt 31, 264, 279; BGH NJW 2003, 763, 764). Ein solcher Vorteil kann bereits im Abschluss eines Vertrages liegen, auf den der Amtsträger keinen Rechtsanspruch hat (vgl. BGHSt 31, 264, 279 f.; BGH wistra 2003, 303, 304; MünchKomm StGB-Korte § 331 Rdn. 72 ff.). So liegt es hier, denn die Zeugen H. und Wo. hatten keinen Rechtsanspruch darauf, dass ihnen von der W. -GmbH durch die Übertragung von Nebentätigkeiten die Möglichkeit eröffnet wurde, durch den Einsatz ihrer Arbeitskraft Einkünfte zu erzielen.
12
2. Das Landgericht hat bei der Prüfung, ob den Zeugen H. und Wo. diese Vorteile, wie gemäß § 333 Abs. 1 StGB erforderlich, "für die Dienstausübung" gewährt worden sind, die von den Zeugen ausgeführten Nebentätigkeiten zutreffend als Privathandlungen (vgl. dazu MünchKomm StGBKorte § 331 Rdn. 87, 89 m.N.) angesehen. Nebentätigkeiten sind auch dann keine Dienstausübung, sondern Privathandlungen, wenn der Amtsträger bei seiner Nebentätigkeit dienstlich erworbene Kenntnisse nutzt oder einsetzt (vgl. BGHSt 11, 125, 128; BGHSt 18, 263, 267; BGH wistra 2001, 388, 389). Sie sind Dienstausübung nur, soweit der Amtsträger bei der Ausführung der Nebentätigkeit - jedenfalls auch - im Rahmen seiner dienstlichen Obliegenheiten für den Vorteilsgeber tätig werden soll (vgl. BGHSt 31, 264, 280 f. zu § 331 StGB a.F.). Das ist nach den Feststellungen nicht der Fall, jedoch für die Tatbestandserfüllung auch nicht erforderlich.
13
Für die Frage, ob den entgeltlichen Nebentätigkeiten eine Unrechtsvereinbarung im Sinne des § 333 Abs. 1 StGB zugrunde lag, kommt es vielmehr entscheidend darauf an, ob der Angeklagte den in der Übertragung entgeltlicher Nebentätigkeiten liegenden Vorteil mit der Dienstausübung der Zeugen H. und Wo. im Rahmen ihrer jeweiligen dienstlichen Tätigkeiten für das Landesamt für Straßenwesen im Sinne eines Gegenseitigkeitsverhältnisses verknüpfen wollte. Dies setzt nach der Neufassung von § 331 Abs. 1 und § 333 Abs. 1 StGB durch das am 20. August 1997 in Kraft getretene Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 (BGBl I S. 2038) nicht mehr voraus, dass der Vorteil als Gegenleistung für eine bestimmte oder zumindest bestimmbare Diensthandlung des Amtsträgers gedacht ist. Ein Vorteil wird "für die Dienstausübung" vielmehr schon dann gewährt, wenn er von Vorteilsgeber und Vorteilsnehmer allgemein im Sinne eines Gegenseitigkeitsverhältnisses mit der Dienstausübung des Amtsträgers verknüpft wird (BGHSt 49, 275, 281; BGH NStZ 2005, 334). Mit dieser Erweiterung von § 331 Abs. 1 und § 333 Abs. 1 StGB sollten die Schwierigkeiten überwunden werden, die sich bei der Anwendung dieser Vorschriften daraus ergaben, dass vielfach die Bestimmung des Vorteils für eine bestimmbare Diensthandlung nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachweisbar war. Um dem Hervorrufen eines bösen Anscheins möglicher "Käuflichkeit" eines Amtsträgers zu begegnen (vgl. BGH NStZ 2005, 334; BGHR StGB § 331 Anwendungsbereich 2), sollte ferner die Strafbarkeit wegen Vorteilsannahme bzw. Vorteilsgewährung auf die von den Vorschriften in der bisherigen Fassung nicht erfassten Fälle (vgl. BGH NJW 2003, 763, 765 m.N., insoweit in BGHSt 48, 44 nicht abgedruckt) erstreckt werden, in denen durch die Vorteile nur das generelle Wohlwollen des Amtsträgers erkauft bzw. "allgemeine Klimapflege" betrieben wird (vgl. BGHSt 49, 275, 281).
14
Ausgehend von diesen Grundsätzen lässt allerdings, insoweit ist der Ausgangspunkt des Landgerichts zutreffend, nicht schon allein die private entgeltliche Nebentätigkeit eines Amtsträgers den Schluss auf eine Unrechtsvereinbarung im Sinne des § 333 Abs. 1 StGB zu. Maßgeblich ist vielmehr, welcher Art die Beziehungen des Vorteilsgebers zu der Dienststelle des Amtsträgers sind und ob die Interessen des Vorteilsgebers sich dem Aufgabenbereich des Amtsträgers zuordnen lassen (vgl. BGHSt 39, 45, 47 m.N.). Demgemäß kann das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung nur für solche privaten entgeltlichen Nebentätigkeiten ohne Weiteres verneint werden, die für einen Auftraggeber ausgeübt werden, mit dem der Amtsträger solche dienstlichen Berührungspunkte nicht hat und auch nicht haben kann (vgl. MünchKomm StGBKorte § 331 Rdn. 106). Unter diesen Umständen ist eine private Nebentätigkeit regelmäßig nicht geeignet, den bösen Anschein möglicher "Käuflichkeit" des Amtsträgers zu erwecken.
15
Anders verhält es sich jedoch, wenn - wie hier - zwischen Vorteilsgeber und Amtsträger dienstliche Berührungspunkte bestehen, die es nahe legen können, dass der mit der Ausübung einer entgeltlichen Nebentätigkeit verbundene Vorteil von Vorteilsgeber und Vorteilsnehmer - jedenfalls auch – allgemein im Sinne eines Gegenseitigkeitsverhältnisses mit der Dienstausübung des Amtsträgers verknüpft wird. In solchen Fällen bedarf es deshalb besonders sorgfältiger Prüfung, ob die Erteilung eines Auftrags für eine entgeltliche Nebentätigkeit ausschließlich wegen der besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten des Amtsträgers erfolgt oder ob sie auch erfolgt, um seine Dienstausübung zu beeinflussen (vgl. MünchKomm StGB-Korte aaO).
16
3. Diesen Anforderungen werden die Erwägungen des Landgerichts, mit denen es in Anwendung des Zweifelsgrundsatzes Unrechtsvereinbarungen im Sinne des § 333 Abs. 1 StGB verneint hat, nicht gerecht.
17
a) Die Beweiswürdigung des Landgerichts begegnet schon deshalb durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil die Urteilsausführungen besorgen lassen, dass das Landgericht, obwohl es an anderer Stelle auf die Gesetzesänderung hingewiesen hat, bei der Beurteilung der Umstände, aus denen auf eine Unrechtsvereinbarung geschlossen werden kann, von einem an der früheren Rechtslage orientierten zu engen Verständnis des Tatbestandsmerkmals "für die Dienstausübung" ausgegangen ist.
18
Das Landgericht hat die Verneinung einer Unrechtsvereinbarung maßgeblich darauf gestützt, dass nicht erwiesen sei, dass die Zeugen H. und Wo. ihre Rechnungsprüfungskompetenzen "im Sinne" der W. -GmbH ausgeübt hätten (UA 8, 10, 13) und dass sich auch sonst keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür ergeben hätten, dass die Zeugen sich "tatsächlich nennenswert" für die W. -GmbH eingesetzt hätten. Zwar ist die Vornahme einer Diensthandlung im Sinne des Vorteilsgebers ein gewichtiges Indiz für eine Unrechtsvereinbarung im Sinne des § 333 Abs. 1 StGB oder - bei pflichtwidrigem Handeln - der Bestechung (§ 334 Abs. 1 StGB). Ist die Vornahme einer solchen Diensthandlung nicht nachzuweisen, kann daraus aber nicht ohne Weiteres der Umkehrschluss gezogen werden; denn eine Unrechtsvereinbarung im Sinne des § 333 Abs. 1 StGB liegt schon dann vor, wenn der Vorteil allgemein im Sinne eines Gegenseitigkeitsverhältnisses mit der Dienstausübung des Amtsträgers verknüpft wird (BGHSt 49, 275, 281; BGH NStZ 2005, 334).
19
Auch der Erwägung, gegen eine Unrechtsvereinbarung spreche, dass die Zeugen H. und Wo. im Rahmen ihrer jeweiligen dienstlichen Tätigkeitsbereiche aus der Sicht des Angeklagten "keinerlei halbwegs relevanten Entscheidungsbefugnisse" hatten (UA 10), liegt ein zu enges Verständnis des Tatbestandsmerkmals „Dienstausübung“ zu Grunde. Zur Dienstausübung im Sinne des § 333 Abs. 1 StGB gehören nicht nur Handlungen eines Amtsträgers mit unmittelbarer Außenwirkung, sondern auch lediglich vorbereitende und unterstützende dienstliche Tätigkeiten, wie etwa die Beratung anderer Amtsträger und Vorschläge zur Vergabe von Aufträgen (vgl. MünchKomm StGB-Korte § 331 Rdn. 85 m.N.).
20
b) Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet die Beweiswürdigung des Landgerichts aber auch deshalb, weil es sich rechtsfehlerhaft darauf beschränkt hat, einzelne Indizien, die dafür sprechen können, dass die entgeltlichen Nebentätigkeiten den Zeugen H. und Wo. vom Angeklagten zumindest auch deshalb übertragen wurden, um deren Wohlwollen bei der Dienstausübung zu erkaufen, gesondert zu erörtern und lediglich darzulegen, warum sie jeweils für sich genommen "nicht ohne Weiteres" bzw. "nicht zwingend" für eine Unrechtsvereinbarung sprechen. Das Landgericht hätte sich vielmehr damit auseinandersetzen müssen, ob die hier vorliegenden zahlreichen Indizien jedenfalls in ihrer Gesamtheit die für eine Verurteilung notwendige Überzeugung hätten begründen können (vgl. BGH wistra 2004, 432 f.). Erst bei einer solchen abschließenden Gesamtwürdigung kann gegebenenfalls der Zweifelsgrundsatz zum Tragen kommen (vgl. BGH NStZ 2006, 650, 651 m.w.N.).
21
c) Auf den aufgezeigten Rechtsfehlern können die Freisprüche auch beruhen. Es liegt zumindest nicht fern, dass eine Gesamtschau aller Indizien die für eine Verurteilung erforderliche Überzeugung begründet hätte, dass der An- geklagte sich mit der Gewährung der Vorteile - zumindest auch - das Wohlwollen der Zeugen H. und Wo. bei der Dienstausübung erkaufen wollte. Dafür sprechen insbesondere folgende Umstände:
22
aa) Aus den bereits seit 1993 bestehenden "engen Geschäftsverbindungen" zwischen der W. -GmbH und dem Landesamt für Straßenwesen ergab sich eine Vielzahl dienstlicher Berührungspunkte zwischen dem Angeklagten und den Zeugen H. und Wo. nicht nur, soweit deren Rechnungsprüfungskompetenz betroffen war, sondern in dem gesamten Aufgabenbereich der Zeugen. Aufgrund dieser dienstlichen Berührungspunkte und der von den Zeugen bereits seit 1993 für die W. -GmbH ausgeübten entgeltlichen Nebentätigkeiten bestand ein besonders enges sachliches Näheverhältnis zwischen dem Angeklagten und den Zeugen. Je enger das Näheverhältnis zwischen Vorteilsgeber und Vorteilsnehmer ist, desto mehr drängt sich aber die Annahme einer Verknüpfung der gewährten Vorteile mit einer vom Vorteilsgeber erwünschten "Klimapflege" auf.
23
bb) Dem Straftatbestand der Vorteilsgewährung ist ein gewisses Maß an Heimlichkeit und Verdeckung der Vorteilsvereinbarung und des Vorteils gegenüber der Anstellungskörperschaft eigen (vgl. BGHSt 48, 44, 51; BGH wistra 2003, 303, 305; MünchKomm StGB-Korte § 331 Rdn. 106). Ein gewichtiges - wenn auch nicht allein maßgebliches - Indiz, das auf eine Unrechtsvereinbarung schließen lässt, ist deshalb die Verschleierung der Nebentätigkeit der Zeugen H. und Wo. durch die Abrechnung über Scheinarbeitsverhältnisse, vor allem aber durch die Nichteinholung einer Nebentätigkeitsgenehmigung.
24
Die beamtenrechtlichen Vorschriften über die Genehmigungspflicht von Nebentätigkeiten, die für Angestellte im öffentlichen Dienst sinngemäß Anwendung finden (§ 11 BAT), sollen es dem Dienstherrn nicht nur ermöglichen, durch Versagung einer Genehmigung eine übermäßige, der Erledigung der Dienstgeschäfte abträgliche Beanspruchung des Amtsträgers zu verhindern (vgl. § 42 Abs. 1 Nr. 1 BRRG; § 79 Abs. 2 Nr. 1 Saarländisches Beamtengesetz - SBG). Sie sollen vielmehr auch verhindern, dass durch die Übernahme der Nebentätigkeit die Integrität des Amtsträgers in Frage gestellt wird. Deshalb ist eine Nebentätigkeitsgenehmigung unter anderem dann zu versagen, wenn die Nebentätigkeit geeignet ist, die Unparteilichkeit oder Unbefangenheit des Beamten zu beeinflussen oder wenn sie dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich sein kann (§ 42 Abs. 2 Nr. 4, 6 BRRG; § 79 Abs. 2 Nr. 4, 6 SBG). Nach den Feststellungen haben die Zeugen H. und Wo. nicht allein wegen der beabsichtigten Steuerhinterziehung von der Beantragung abgesehen. Vielmehr ging der Zeuge Wo. davon aus, dass ihm eine solche Genehmigung wegen der engen Geschäftsbeziehungen zwischen der W. -GmbH und dem Landesamt für Straßenwesen nicht erteilt worden wäre. Dass sich auch der Angeklagte dessen bewusst war, liegt schon im Hinblick auf seine frühere langjährige Tätigkeit in der Saarländischen Straßenbauverwaltung auf der Hand.

III.

25
Der Senat weist für die neue Hauptverhandlung darauf hin, dass dann, wenn die Gewährung von Vorteilen in der Zeit von September 1997 bis April 1998 als rechtlich selbständige Taten aufzufassen sein sollten (zur Beurteilung der Konkurrenzen vgl. BGHSt 47, 22, 30; BGH wistra 2004, 29 m.w.N.), die Frage der Verjährung zu prüfen sein wird. Die Verjährung dürfte erstmals durch die Anordnung der Beschuldigtenvernehmung vom 28. April 2003 (Bl. 675 d.A.) unterbrochen worden sein, weil sich die Durchsuchungsbeschlüsse vom 6. Juni 2001 (Bl. 130 d.A.) und vom 28. Januar 2003 (Bl. 662 d.A.) nicht auf den Angeklagten bezogen (vgl. BGH StV 1995, 585).
Tepperwien Maatz Kuckein Athing Ernemann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 492/10
vom
26. Mai 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Bestechung
Nebenbeteiligte:
1. Gesellschaft für Schulfotografie
2. GSK Gesellschaft für Schul- und Kindergartenfotografie
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
19. Mai 2011 in der Sitzung am 26. Mai 2011, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Dr. Schäfer,
Mayer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Menges
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Professor Dr.
- nur in der Verhandlung -,
Rechtsanwalt Dr.
als Verteidiger des Angeklagten N. ,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 11. Mai 2010 mit den Feststellungen aufgehoben mit Ausnahme des Freispruchs der Angeklagten im Fall II. 4. a) der Urteilsgründe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die den Angeklagten sowie den Nebenbeteiligten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten vom Vorwurf der Bestechung in 15 Fällen freigesprochen. Zudem hat es den Antrag auf Festsetzung einer Geldbuße gegen die beiden als Nebenbeteiligte betroffenen Gesellschaften zurückgewiesen und die Landeskasse verpflichtet, die Nebenbeteiligten "für aus der Durchsuchung und Sicherstellung am 16.02.2005 erlittene Schäden zu entschädigen". Die Staatsanwaltschaft rügt mit ihrer auf den Freispruch in 14 Fällen beschränkten Revision die Verletzung sachlichen Rechts. Hiermit hat sie Erfolg.

I.

2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts handelten die beiden Angeklagten für die Nebenbeteiligten, die Gesellschaft für Schulfotografie (GES) und die GSK Gesellschaft für Schul- und Kindergartenfotografie (GSK), "nach dem Geschäftsmodell der Schulfotografie". Dieses bestand darin, zu einem über die Schulleitung vereinbarten Termin einen Fotografen zu schicken, der die Schüler klassenweise und auch einzeln in einem ihm zugewiesenen Raum fotografierte. Mit Hilfe der Lehrkräfte wurden sodann die Bilder an die Schüler und deren Eltern verteilt und zum Kauf angeboten. Eine Abnahmeverpflichtung bestand dabei nicht. Soweit Aufnahmen gekauft wurden, nahmen die Lehrer das dafür zu entrichtende Entgelt entgegen, in den anderen Fällen sammelten sie die Bilder wieder ein. Geld und Bilder wurden sodann dem Schulfotografen ausgehändigt. Im Zeitraum der angeklagten Taten war es "allgemein üblich", dass Schulfotografen Zuwendungen gewährten, die am Umsatz oder der Anzahl der fotografierten Schüler bemessen wurden. Diese kamen entweder den einzelnen Klassen in Form von Geld für die vom Klassenlehrer für gemeinsame Anschaffungen und Ausgaben geführte Klassenkasse oder der Schule in Form von Geld- oder Sachleistungen zu Gute. Die Zuwendungen wurden zum Teil als "Rabatt", "Sponsoring" oder "Aufwandsentschädigung" bezeichnet.
3
Die Angeklagten führten arbeitsteilig im Zeitraum vom 16. April 2002 bis zum 26. November 2004 in 14 Fällen Fotoaktionen durch, bei denen in der beschriebenen Weise Geldzuwendungen zwischen 96,07 € und 848,56 € oder Sachleistungen im Wert zwischen 346,84 € und 885,34 € gewährt wurden. Diese waren nach den Feststellungen des Landgerichts für die Auswahl des Schulfotografen nicht entscheidend. Maßgeblich waren vielmehr durchgängig die Qualität der Bilder, das Preis/Leistungsverhältnis und die räumliche Nähe der Schule zum Fotografen. Lediglich in einem Fall spielte daneben auch die Gewährung eines "Rabattes" eine Rolle. Die Zuwendungen wurden nicht durch "überhöhte Preise" refinanziert. 2. Das Landgericht hat die Angeklagten vom Vorwurf der Bestechung freigesprochen. Es hat sich dabei an dem Urteil des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 20. Oktober 2005 (I ZR 112/03, NJW 2006, 225) orientiert und die Auffassung vertreten, dass die Angeklagten keinen Vorteil im Sinne der §§ 331 ff. StGB angeboten, versprochen oder gewährt hätten. Vielmehr habe es sich bei ihren Zuwendungen an die Schulen um die vertraglich vereinbarten, angemessenen Gegenleistungen für den organisatorischen Aufwand gehandelt , den die Schulen im Zusammenhang mit den Fotoaktionen erbracht hätten und der der GES bzw. der GSK zugute gekommen sei. Überdies fehle es an einer (angestrebten) Unrechtsvereinbarung.
4
Die Staatsanwaltschaft hat von ihrer zulasten der Angeklagten eingelegten Revision den Freispruch hinsichtlich des Falles ausgenommen, in dem durch die Angeklagten keine Geld- oder Sachzuwendung geleistet wurde.

II.

5
Der Freispruch der Angeklagten hält, soweit er angefochten ist, rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen ermöglichen dem Senat nicht die Prüfung, ob die Angeklagten ohne Rechtsfeh- ler freigesprochen worden sind. Zudem setzt sich das Urteil mit einer Reihe von Indizien nicht auseinander, die gegen den von ihm festgestellten Sachverhalt sprechen könnten; insoweit ist die Beweiswürdigung lückenhaft.
6
1. Das Tatgericht ist gemäß § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO verpflichtet, all diejenigen Umstände festzustellen und darzulegen, die für die Beurteilung des Tatvorwurfs relevant und zur Überprüfung des Freispruchs durch das Revisionsgericht auf Rechtsfehler notwendig sind (BGH, Urteil vom 23. Juli 2008 - 2 StR 150/08, BGHSt 52, 314 f.; Urteil vom 13. November 2008 - 5 StR 384/08, NStZ-RR 2009, 70, 71). Dem genügt das angefochtene Urteil nicht.
7
Gemäß § 334 Abs. 3 Nr. 2 StGB macht sich wegen Bestechung bereits derjenige strafbar, der einen Vorteil für eine künftige, im Ermessen des Amtsträgers stehende (Dienst-)Handlung anbietet, verspricht oder gewährt, wenn er hierdurch den Amtsträger lediglich zu bestimmen versucht, sich durch den Vorteil bei der Ermessensausübung beeinflussen zu lassen. Dass die Angeklagten diese tatbestandlichen Merkmale nicht verwirklicht haben, lässt sich dem landgerichtlichen Urteil nicht entnehmen.
8
a) Die Entscheidung der Schulleitung über das Ob und das Wie einer Fotoaktion stand in deren dienstlichem Ermessen. Eine ausdrückliche gesetzliche oder untergesetzliche Regelung über die Durchführung einer Fotoaktion an niedersächsischen Schulen bestand im Tatzeitraum nicht. Daher ist auf die allgemeine Verwaltungs- und Vertretungskompetenz des Schulleiters nach § 43 Abs. 2 NSchG in der damals geltenden Fassung abzustellen. Entsprechend ergibt sich aus dem Erlass des Niedersächsischen Kultusministeriums vom 7. September 1994 (Nds. SVBl. 1994, 102), dass die Entscheidung über wirtschaftliche Aktivitäten in der Schule im Einzelfall dem Schulleiter obliegt (vgl. auch Brockmann in Brockmann/Littmann/Schippmann, NSchG, § 43, Ab- schnitt 5.7 [Stand: 06.2010]). Der frühere Erlass vom 31. Oktober 1961 in der Fassung des Erlasses vom 8. Januar 1970 (Nds. SVBl. 1961, 275; 1970, 26), nach dem "geschäftliche Unternehmungen aller Art wie Fotografen, Büchervertriebe usw. aus den Schulen fernzuhalten" waren, war bereits mit Wirkung vom 1. Januar 1993 außer Kraft getreten. Demnach gab es für die jeweilige Schulleitung im Tatzeitraum bei der Durchführung von Fotoaktionen - sofern diese eindeutig dem Bildungsauftrag der Schule zuzurechnen sind - mehrere rechtmäßige Entscheidungsvarianten, so dass eine Ermessensentscheidung im Sinne des § 334 Abs. 3 Nr. 2 StGB zu treffen war (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2006 - 5 StR 70/06, NStZ 2007, 211, 212; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 332 Rn. 9).
9
b) Da § 334 Abs. 3 Nr. 2 StGB bereits den Versuch unter Strafe stellt, durch das Anbieten, Versprechen oder Gewähren eines Vorteils auf eine derartige Ermessensentscheidung Einfluss zu nehmen, und es daher für die Strafbarkeit ohne Belang bleibt, ob die Diensthandlung tatsächlich vorgenommen und durch den (in Aussicht gestellten) Vorteil beeinflusst wird (BTDrucks. 7/550, 276; vgl. auch BGH, Urteil vom 23. Oktober 2002 - 1 StR 541/01, BGHSt 48, 44, 46; Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 334 Rn. 3), hängt die Frage, ob der Täter einen Vorteil zu gewähren beabsichtigt und den Abschluss einer Unrechtsvereinbarung erstrebt, maßgeblich von seiner Motivation ab (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 2008 - 1 StR 260/08, BGHSt 53, 6, 16 f. zu § 333 Abs. 1 StGB). Das angefochtene Urteil verhält sichindes nicht dazu, ob die beiden Angeklagten durch die von ihnen den Schulen angebotenen Zuwendungen tatsächlich den organisatorischen Aufwand bei der Durchführung der Fotoaktionen vergüten wollten oder ob sie nicht vielmehr - was zumindest nicht fern liegt - die Zuwendungen anboten, um die Schulleitung dahin zu beeinflussen , die GES oder die GSK mit der Fotoaktion zu betrauen; jedenfalls in der letztgenannten Alternative wären die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 334 Abs. 3 Nr. 2 StGB aber ohne weiteres erfüllt. Das Landgericht teilt weder mit, welchen Erklärungswert die Angeklagten ihrem Vorgehen beimaßen, noch, ob sie überhaupt den Abschluss des vom Landgericht angenommenen Vertrages anstrebten.
10
Lediglich ergänzend, da für die Entscheidung des Senats ohne Belang, ist darauf hinzuweisen, dass sich dem Urteil auch nicht entnehmen lässt, welche Vorstellungen sich die für die jeweilige Schule handelnden Personen machten. Insoweit werden lediglich die Gründe mitgeteilt, die diese dazu veranlassten , die GES oder die GSK mit den Fotoaktionen zu betrauen. Ob sie die getroffenen Abreden aber dahin verstanden, dass sie diesen Firmen gegenüber eine Verpflichtung des Lehrkörpers zur organisatorischen Mitwirkung an der Fotoaktion eingingen und im Gegenzug die Firmen ein Entgelt für diese Mitwirkung versprachen, wird nicht erkennbar. Damit fehlt sowohl der zivil- als auch der strafrechtlichen Bewertung des Sachverhalts durch das Landgericht die erforderliche tatsächliche Grundlage.
11
2. Unabhängig hiervon beruht die Überzeugung des Landgerichts vom Abschluss gegenseitiger zivilrechtlicher Verträge mit dem oben dargestellten Inhalt auf einer lückenhaften sowie teilweise widersprüchlichen und damit rechtsfehlerhaften Beweiswürdigung; denn das Landgericht hat sich nicht mit den nachfolgenden Indizien auseinander gesetzt, die gegen den Abschluss derartiger Verträge sprechen und auf eine beabsichtigte Einflussnahme der Angeklagten auf die Entscheidungen der Schulleitung durch die (angebotenen) Zuwendungen hindeuten können:
12
a) Die Kammer hat festgestellt, dass Zuwendungen durch Schulfotografen im Tatzeitraum "allgemein üblich" gewesen seien. Eine solche Üblichkeit wird allerdings dadurch in Frage gestellt, dass es nach den Urteilsfeststellungen im - von der Revision nicht angegriffenen - Fall 1 gerade keine Zuwendungen oder entsprechende Angebote gab. Dies erörtert die Kammer bei der Bewertung ebenso wenig wie die Feststellung, dass der Angeklagte im Fall 5 bereits rund zwanzig Jahre mit der F. Schule in G. zusammengearbeitet hatte, es dort "üblicherweise" keine Zuwendungen oder Rabatte gegeben hatte und der Angeklagte nur "wegen der langjährigen guten Zusammenarbeit der Schule etwas Gutes tun" wollte, als er die Zuwendung in Form eines Druckers anbot.
13
b) Im Fall 2 fügte die Angeklagte erst nach der Abstimmung des Fototermins einem Bestätigungsschreiben eine Angebotsübersicht mit dem Hinweis bei, dass die Schule zehn Prozent der Einnahmen erhalte. Dies deutet darauf hin, dass die Schulleitung die von ihr zu erbringenden "Leistungen" unabhängig von einer Gegenleistung der Angeklagten anbot und eine solche Gegenleistung mithin nicht Gegenstand eines gegenseitigen Vertrages wurde. Ähnliches ist im Fall 5 zu erwägen, bei dem offen geblieben ist, ob die Vereinbarung über den Drucker kurz vor oder nach dem Fototermin getroffen wurde.
14
c) Die GSK arbeitete seit Mitte der 1990er Jahre mit der He. schule in H. (Fall 7) zusammen und gewährte "bei den ersten Fototerminen noch keinen Preisnachlass zugunsten der Schule", sondern erst später. Wie und warum es zu dieser Änderung und weshalb es später zu Preisnachlässen kam, wird nicht mitgeteilt. Dies könnte aber von Bedeutung sein, um den Zweck der Zuwendungen zu ermitteln. Gerade im Hinblick auf die "reißerisch aufgemachten Werbeangebote der Konkurrenten" erscheint nicht fernliegend und mithin erörterungsbedürftig, dass die Angeklagten durch prozentuale Zahlungen erreichen wollten, auch weiterhin statt der Konkurrenten mit Schulfotoaktionen betraut zu werden. Dies gilt insbesondere für die Fälle, bei denen die Schulen mit wechselnden Fotografen zusammenarbeiteten und somit ein be- sonderer Anreiz für die Fotografen bestand, auf die Auswahlentscheidung der Schule durch angebotene Zuwendungen Einfluss zu nehmen.
15
d) Im Übrigen wecken die zur Bezeichnung der Zuwendungen genutzten Begriffe "Rabatt" und "Sponsoring" Bedenken dagegen, dass es sich dabei um Leistungen im Rahmen eines gegenseitigen vertraglichen Austauschverhältnisses handeln sollte. Vielmehr deuten die Begriffe im allgemeinen Sprachgebrauch eher auf einseitige Leistungen hin. Allein der zusätzlich genannte Begriff der "Aufwandsentschädigung" ließe sich ambivalent verstehen.
16
e) Schließlich sind in mehreren Fällen (Fälle 3, 4, 9, 14, 15) die Zuwendungen nicht an die Schule, sondern an Klassenkassen geflossen. Wenngleich auch bei einem gegenseitigen Vertrag die Leistung an einen Dritten vereinbart werden kann, bestärkt eine solche Leistung, die nicht dem (vermeintlichen) Vertragspartner zukommt, Zweifel daran, ob tatsächlich ein gegenseitiger Vertrag vorliegt.

III.

17
Die Sache muss daher insgesamt neu verhandelt werden. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
18
1. Sollte die nunmehr zur Entscheidung berufene Strafkammer wiederum zu der Überzeugung gelangen, dass es sich bei den von den Angeklagten erbrachten Zuwendungen in allen oder zumindest einzelnen noch verfahrensgegenständlichen Anklagepunkten um das vertraglich vereinbarte, angemessene Entgelt für den vom Lehrkörper der Schule im Zusammenhang mit der jeweiligen Fotoaktion geleisteten organisatorischen Aufwand handelte, so wird sie zu beachten haben, dass dies nicht von vornherein eine Strafbarkeit der Angeklag- ten nach den §§ 331 ff. StGB ausschließt. Denn selbst in diesem Fall kann in der Geld- oder Sachzuwendung ein Vorteil im Sinne dieser Vorschriften liegen, der durch eine Unrechtsvereinbarung in unlauterer Weise mit einer Diensthandlung oder -ausübung (Organisation der Fotoaktion) verknüpft ist.
19
a) Unter einem Vorteil im Sinne der §§ 331 ff. StGB ist grundsätzlich jede Leistung des Zuwendenden zu verstehen, welche den Amtsträger oder einen Dritten materiell oder immateriell in seiner wirtschaftlichen, rechtlichen oder persönlichen Lage objektiv besser stellt und auf die kein rechtlich begründeter Anspruch besteht (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 2007 - 4 StR 99/07, NStZ 2008, 216, 217; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 331 Rn. 11).
20
aa) Der etwaige Abschluss eines Vertrages über die Schulfotoaktion sowie die darin getroffene Vereinbarung einer angemessenen Zuwendung als Ausgleich für den seitens des Lehrkörpers bei der Aktion zu leistenden Organisationsaufwand stehen der Annahme eines derartigen Vorteils nicht notwendig entgegen. Zwar wird durch einen - wirksamen - Vertrag ein rechtlicher Anspruch auf die für die Diensthandlung versprochene Gegenleistung begründet. Dies schließt einen Vorteil im Sinne der Bestechungsdelikte aber dann nicht aus, wenn kein Anspruch auf den Abschluss eines gegenseitigen Vertrages über die Diensthandlung besteht und der Vorteil daher bereits in dem Vertragsschluss und die dadurch begründete Forderung liegt (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 1983 - 4 StR 375/82, BGHSt 31, 264, 279 f.; Urteil vom 21. Juni 2007 - 4 StR 99/07, NStZ 2008, 216 f.); denn andernfalls ließen sich die Bestechungstatbestände schlicht durch die Vereinbarung eines Vertragsverhältnisses umgehen - zumal letztlich auch eine Unrechtsvereinbarung ein "Vertragsverhältnis" im Sinne eines vereinbarten Austauschs von Leistungen darstellt. Beispielsweise könnte ein Amtsträger eine unentgeltlich zu erbringende Amtshandlung davon abhängig machen, dass der Antragsteller einen zivilrechtlichen Ver- trag über die Amtshandlung schließt und eine entsprechende Vergütung zahlt, oder ein Antragsteller könnte von sich aus den Abschluss eines Vertrages anbieten , etwa um bevorzugt behandelt zu werden. Ein solches Verhalten wäre in hohem Maße geeignet, die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes zu verletzen und das Vertrauen der Öffentlichkeit in diese Lauterkeit nachhaltig zu erschüttern (vgl. Deiters, ZJS 2008, 465, 468).
21
Demgegenüber ist jedoch auch zu beachten, dass ein Anspruch auf Abschluss eines Vertrages - abgesehen vom Ausnahmefall eines Kontrahierungszwanges - regelmäßig nicht besteht. Somit wäre nahezu jeder Vertragsschluss eines Amtsträgers in dienstlichen Angelegenheiten in Verbindung mit der dadurch begründeten Forderung sowie deren späteren Erfüllung ein Vorteil nach §§ 331 ff. StGB, und dies selbst dann, wenn es sich um einen im Rahmen der laufenden Dienstgeschäfte ordnungsgemäß geschlossenen Vertrag handelt. Ein solch weites Verständnis entspräche nicht mehr dem gesetzlichen Schutzzweck.
22
Es bedarf daher der Abgrenzung des unlauteren korruptiven Kaufs einer Diensthandlung im formellen Gewande eines gegenseitigen Vertrages von den vielfältigen Fällen, in denen die öffentliche Verwaltung zur Erfüllung ihrer Aufgaben rechtmäßig öffentlich-rechtliche oder - etwa im Rahmen des Verwaltungsprivatrechts oder der Bedarfsverwaltung - zivilrechtliche Verträge schließt. Als taugliches Abgrenzungskriterium kann hierbei die verwaltungsrechtliche Rechtmäßigkeit des Vertragsschlusses herangezogen und dabei insbesondere die Frage gestellt werden, ob die Diensthandlung in rechtlich zulässiger Weise von einer Vergütung abhängig gemacht werden darf (vgl. Rudolphi/Stein in SKStGB , § 331 Rn. 29 f. [Stand: September 2003]). Für einen solchen Beurteilungsmaßstab lässt sich der Gedanke der Einheit der Rechtsordnung heranziehen. Die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes ist dann nicht beeinträchtigt, wenn das im Rahmen der Dienstgeschäfte vereinbarte Austauschverhältnis der geltenden Rechtslage entspricht. Ähnlich hat der Bundesgerichtshof etwa bei der Beurteilung von Drittmitteleinwerbungen von Hochschulen einen "Wertungsgleichklang zwischen hochschulrechtlicher Aufgabenstellung und der Strafvorschrift" auf der Tatbestandsebene gesucht (BGH, Urteil vom 23. Mai 2002 - 1 StR 372/01, BGHSt 47, 295, 308 f.; vgl. auch zur "verwaltungsakzessorischen Auslegung" Rönnau, JuS 2003, 232, 237; Schreiber/Rosenau/Combé/ Wrackmeyer, GA 2005, 265, 270; LK-StGB/Sowada, 12. Aufl., § 331 Rn. 88). Die gegen eine solche Auslegung vorgebrachten Bedenken vermögen nicht zu überzeugen. Der Einwand, die verwaltungsrechtlichen Vorgaben und mithin die strafrechtliche Beurteilung vergleichbarer Sachverhalte könnten je nach Bundesland unterschiedlich ausfallen (vgl. Ambos/Ziehn, NStZ 2008, 498, 501 mwN), greift nicht durch. Es ist der bundesstaatlichen Ordnung immanent, dass rechtliche Vorfragen je nach der zu beachtenden Gesetzeslage - beispielsweise bei der Frage der Amtsträgereigenschaft - unterschiedlich zu beantworten sein können. Überdies ist die Möglichkeit einer solchen divergierenden Bewertung in § 331 Abs. 3, § 333 Abs. 3 StGB selbst bereits angelegt, da die rechtfertigende Genehmigung je nach Behörde oder landesgesetzlichen Vorgaben differieren kann.
23
bb) Dem Senat ist hier keine verwaltungsrechtliche Grundlage ersichtlich geworden, die es gestatten würde, von einem Fotografen für den organisatorischen Aufwand der Schule anlässlich einer Schulfotoaktion eine Vergütung zu beanspruchen.
24
Die erbrachten organisatorischen Leistungen der Lehrer sind Diensthandlungen. Da die Fototermine in der Schulzeit durchgeführt werden und die Lehrer nach § 62 Abs. 1 Satz 1 NSchG ihrer Aufsichtspflicht nachzukommen haben, liegt eine Tätigkeit in Ausübung hoheitlicher Befugnisse vor. Dies gilt auch für die späteren Hilfstätigkeiten wie das Einsammeln des Geldes; denn die Lehrer sind gemäß § 51 Abs. 1 Satz 4 NSchG verpflichtet, Aufgaben im Rahmen der Eigenverwaltung der Schule und andere schulische Aufgaben auch außerhalb des Unterrichts zu übernehmen (vgl. zu solchen Aufgaben "aus dem natürlichen Sachzusammenhang im Schulleben" Littmann in Brockmann /Littmann/Schippmann, NSchG, § 51, Abschnitt 3.2 [Stand: 06.2010]).
25
Für die Frage der Vergütungspflicht dieser Diensthandlungen sind daher die verwaltungskostenrechtlichen Normen in den Blick zu nehmen. Diese regeln indes keinen entsprechenden Anspruch. Dabei kann dahinstehen, ob die Lehrer bei ihrer organisatorischen Tätigkeit für das Land Niedersachsen (als Anstellungskörperschaft ) oder den jeweiligen Schulträger handeln (vgl. auch § 1 Abs. 3 Satz 2 NSchG, wonach die öffentlichen Schulen in Niedersachsen nichtrechtsfähige Anstalten ihres [kommunalen] Trägers und des Landes sind); denn weder nach den Vorschriften für die Landesverwaltung (vgl. etwa § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Satz 1 NVwKostG, Nr. 77 der Anlage zu § 1 Abs. 1 NAllGO) noch nach den kommunalen Vorschriften (vgl. § 83 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 NGO, § 2 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 NKAG) ist eine Rechtsgrundlage für eine Gebührenerhebung, etwa in Form von Gebührenordnungen oder Satzungen, erkennbar. Verschiedene Kommunen haben lediglich die Vergütung für die außerschulische Nutzung von Schulräumen geregelt (vgl. etwa Miet- und Benutzungsordnung für städtische Schulräume und Sportanlagen für außerschulische Zwecke der Stadt Springe vom 18. Dezember 2003; Benutzungs - und Entgeltordnung für die Überlassung von Schul-, Schulnebenräumen , der Sternwarte und von Schulhöfen der Stadt Peine für schulfremde Zwecke vom 31. Januar 2002; Benutzungsordnung für die Überlassung von Schulräumen und des Kurt-Hirschfeld-Forums in der Stadt Lehrte vom 22. März 2004; Ordnung für die Benutzung der Dorfgemeinschaftseinrichtungen der Ge- meinde Edemissen vom 28. Januar 2002 in der Fassung der Änderung vom 24. September 2002).
26
Auch der Erlass des niedersächsischen Kultusministeriums vom 7. September 1994 (Nds. SVBl. 1994, 102) stellt keine Grundlage für Zuwendungen dar; denn danach bleiben die allgemeinen rechtlichen Regelungen maßgeblich. Laut Erlass sind unter bestimmten Voraussetzungen wirtschaftliche Aktivitäten in der Schule - nicht: wirtschaftliche Aktivitäten der Schule - zulässig , wobei die jeweiligen rechtlichen Vorgaben zu beachten sind und die Entscheidung im Einzelfall dem Schulleiter obliegt.
27
Fehlt aber eine normative verwaltungsrechtliche Grundlage für die Vergütung der Tätigkeit des Lehrkörpers, so wird es rechtlich auch nicht als zulässig zu erachten sein, eine derartige Vergütung vertraglich zu vereinbaren; denn es ist der Grundsatz des Gesetzesvorbehalts zu berücksichtigen, dem zufolge Gebühren für Verwaltungstätigkeiten einer gesetzlichen Grundlage bedürfen und die Verwaltung kein "Gebührenfindungsrecht" hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. April 1990 - 3 B 18/90, NJW 1991, 2851). Daher beinhaltet eine vertragliche Regelung - welche die Verwaltung je nach Sachlage und Bedarf des "Vertragspartners" gegebenenfalls faktisch erzwingen könnte - naheliegend eine unzulässige Umgehung des Gesetzesvorbehalts durch ein Ausweichen in das Privatrecht (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs/Schmitz, VwVfG, 7. Aufl., § 1 Rn. 104; Würkner, NJW 1991, 2816, 2817), zumal in Niedersachsen der Gesetz- und Verordnungsgeber - trotz der langjährig bekannten Problematik der Schulfotografie (vgl. bereits den bis zum 1. Januar 1993 geltenden Erlass vom 31. Oktober 1961 in der Fassung des Erlasses vom 8. Januar 1970, Nds. SVBl. 1961, 275; 1970, 26) - augenscheinlich davon ausgeht, dass dabei zu erbringende Verwaltungsleistungen gebührenfrei sind.
28
b) Ist in Anwendung der dargelegten Grundsätze die von den Angeklagten an die jeweilige "Schule" geleistete Zuwendung als Vorteil im Sinne der Bestechungstatbestände zu werten, so stünde aus den nämlichen Gründen, die zur Annahme eines solchen Vorteils führen, auch das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung in objektiver Hinsicht nicht in Zweifel. Einer Vertiefung der Frage, ob beim Bestehen eines Anspruchs auf die Zuwendung der Vorteil nach §§ 331 ff. StGB oder die Unrechtsvereinbarung entfiele, bedarf es daher nicht.
29
c) Auch der rechtliche Gesichtspunkt der Sozialadäquanz würde nicht zur Straflosigkeit führen. Danach ist nur das Anbieten, Versprechen oder Gewähren in gewissem Umfang üblicher Vorteile von der Strafbarkeit auszunehmen , soweit es sich um gewohnheitsmäßig anerkannte, relativ geringwertige Aufmerksamkeiten aus gegebenen Anlässen handelt (BGH, Urteil vom 2. Februar 2005 - 5 StR 168/04, NStZ 2005, 334, 335). Gegen eine solche gewohnheitsmäßige Anerkennung spricht hier indes bereits, dass nach der Erlasslage des Niedersächsischen Kultusministeriums bis zum 1. Januar 1993 Fotografen ausdrücklich von Schulen fernzuhalten waren (Erlass vom 31. Oktober 1961 in der Fassung des Erlasses vom 8. Januar 1970, Nds. SVBl. 1961, 275; 1970, 26). Überdies handelt es sich bei Zuwendungen im Wert von mehreren hundert Euro nicht mehr um geringwertige Aufmerksamkeiten (vgl. auch OLG Celle, Beschluss vom 28. September 2007 - 2 Ws 261/07, NJW 2008, 164, 166; Mitteilung aus dem Niedersächsischen Kultusministerium, Nds. SVBl. 2006, 145, 149). Schließlich lässt sich eine Sozialadäquanz nicht allein aus einer etwaigen "Üblichkeit" herleiten, da dies bestehende Strukturen der Korruption verfestigen würde, denen durch die Strafrechtsbestimmungen gerade entgegengewirkt werden soll.
30
d) Letztlich bleibt es auch ohne Auswirkung auf die rechtliche Beurteilung , dass die Zuwendung in keinem Fall unmittelbar den tätig gewordenen Lehrkräften zugute gekommen sein dürfte. Den getroffenen Feststellungen lässt sich zwar nicht eindeutig entnehmen, wem die jeweilige Geld- oder Sachleistung rechtlich zugeflossen ist. Dennoch wird hinreichend deutlich, dass es sich jedenfalls um Drittvorteile im Sinne der §§ 331 ff. StGB handelte.
31
Dies gilt insbesondere auch, soweit die Leistungen rechtlich an die Anstellungskörperschaft der Lehrer oder den Schulträger gelangt sein sollten. Nach dem Gesetzeswortlaut kann "Dritter" jedes Rechtssubjekt sein, das nicht der Zuwendende oder der Amtsträger ist. Auch die Intention des Gesetzgebers, die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes zu schützen und das Vertrauen der Öffentlichkeit in diese Lauterkeit nicht nachhaltig zu erschüttern (vgl. BTDrucks. 13/5584, 16), spricht nicht für eine einschränkende Auslegung. Daher kommen als Dritte neben Privaten auch öffentlich-rechtliche Stellen, so beispielsweise die Anstellungskörperschaft, in Betracht (vgl. Fischer, StGB, 58. Aufl., § 331 Rn. 14; S/S-Heine, StGB, 28. Aufl., § 331 Rn. 20; LK/Sowada, StGB, 12. Aufl., § 331 Rn. 43; NK-StGB-Kuhlen, 3. Aufl., § 331 Rn. 44 ff.; MünchKommStGB/Korte, § 331 Rn. 75 ff.). Aus dem Urteil des Senats vom 11. Mai 2006 (3 StR 389/05, NStZ 2006, 628, 630) ergibt sich nichts Abweichendes ; denn dort bestand die Besonderheit, dass die Kommune, der der Vorteil zufließen sollte, Eigentümer aller Gesellschaftsanteile der Aktiengesellschaft war, die den Vorteil leisten sollte, sodass sie dieser gegenüber nicht als "Dritter" im Sinne der Bestechungstatbestände anzusehen war.
32
Ein Drittvorteil für die Anstellungskörperschaft der Lehrer oder die Schulträger wird indes - ebenso wie der unmittelbar dem Amtsträger zufließende Vorteil - nicht schon deswegen ausgeschlossen, weil es sich um eine vertraglich vereinbarte Gegenleistung für die Organisationsleistung der Lehrerschaft handelt (S/S-Heine, StGB, 28. Aufl., § 331 Rn. 20a; MünchKommStGB/Korte, § 331 Rn. 80; LK/Sowada, StGB, 12. Aufl., § 331 Rn. 45 ff.; Schlösser, StV 2011, 300, 304; s. aber auch Fischer aaO Rn. 15; vgl. auch NK-StGBKuhlen , 3. Aufl., § 331 Rn. 79d; Zieschang, StV 2008, 253, 254). Insoweit gelten die oben dargestellten Grundsätze entsprechend: Da auch mit Blick auf die Anstellungskörperschaft und die Schulträger erkennbar eine verwaltungsrechtliche Rechtsgrundlage fehlt, eine Vergütung für die Tätigkeit des Lehrkörpers verlangen zu dürfen, erlangen auch sie durch den Abschluss eines entsprechenden Vertrages und dessen Erfüllung einen unlauteren Vorteil.
33
2. Sollte im Ergebnis der neuen Hauptverhandlung eine Strafbarkeit der beiden Angeklagten in Betracht kommen, so wird deren konkrete Beteiligung an den verschiedenen Schulfotoaktionen genauer darzulegen sein. Allein aus der allgemeinen Angabe, die Angeklagten seien "insbesondere bei der schriftlichen und telefonischen Kundenbetreuung arbeitsteilig entweder für die GES oder die GSK" aufgetreten, ergeben sich keine konkreten, den Bestechungstatbeständen subsumierbare Handlungen der Angeklagten. Eine nähere Darlegung der einzelnen Tatbeiträge der Angeklagten ist auch im Hinblick auf eine möglicherweise nach § 30 Abs. 1 OWiG festzusetzende Geldbuße gegen die Nebenbeteiligten von Bedeutung. Hierbei ist im Einzelnen zu prüfen, ob hinsichtlich der einzelnen Nebenbeteiligten jeweils ein im Sinne des § 30 Abs. 1 OWiG tauglicher Täter die Bezugstaten begangen hat.
34
3. Durch die Aufhebung des freisprechenden Urteils ist die zugunsten der Nebenbeteiligten ergangene (Grund-) Entscheidung über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen gegenstandslos (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 1998 - 1 StR 727/97, NStZ-RR 1998, 204; Meyer, StrEG, 7. Aufl., § 8 Rn. 60). Darüber ist gegebenenfalls erneut zu befinden.

IV.

35
Einer Anfrage gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 GVG beim I. Zivilsenat, ob dieser an seiner im Urteil vom 20. Oktober 2005 (I ZR 112/03, NJW 2006, 225, 227) geäußerten Rechtsauffassung festhalte, bedurfte es nicht. Auf dessen Ausführungen zum Vorteilsbegriff im Sinne der strafrechtlichen Bestechungstatbestände kam es nicht entscheidend an, weil das dortige wettbewerbsrechtliche Begehren bereits im Hinblick auf den Klageantrag unbegründet war. Zudem muss hier das angefochtene Urteil bereits wegen des Fehlens ausreichender Feststellungen aufgehoben werden und ist für das weitere Verfahren die verwaltungsrechtliche Rechtslage im Bundesland Niedersachsen maßgebend. Becker Pfister Schäfer Mayer Menges