Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 39/11
vom
30. Juni 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 30. Juni
2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Dr. Schäfer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Menges
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof - in der Verhandlung - ,
Staatsanwalt (GL) - bei der Verkündung -
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung,
Rechtsanwalt - bei der Verkündung -
als Verteidiger des Angeklagten,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 8. Oktober 2010, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Freiheitsstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit einer Verfahrensbeschwerde und der allgemeinen Sachrüge. Das Rechtsmittel hat teilweise Erfolg.
2
Der Schuldspruch sowie die Festsetzung einer zweijährigen Freiheitsstrafe halten rechtlicher Nachprüfung stand. Die Entscheidung, diese Freiheitsstrafe nicht zur Bewährung auszusetzen, kann hingegen nicht bestehen bleiben. Insoweit greift die Verfahrensrüge durch.
3
1. Ihr liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Am 3. Hauptverhandlungstag kam es - nachdem sich der Angeklagte bereits geständig eingelassen hatte - in Unterbrechung der Sitzung zu einer Erörterung über die Möglichkeiten einer Verständigung. An ihr nahmen die gesamte Strafkammer (einschließlich der Schöffen), der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft sowie sämtliche Verteidiger der insgesamt vier Angeklagten teil. Der Vorsitzende wies dabei den Verteidiger des Angeklagten sowie die Verteidigerin des Mitangeklagten M. darauf hin, dass eine Verständigung nur die beiden anderen Angeklagten betreffe. Die Angeklagten R. und M. bräuchten kein Verständigung , sie bekämen ja "sowieso Bewährung". Ohne einen Hinweis darauf zu geben, dass in Abweichung von dieser Aussage eine Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe beabsichtigt sei, verkündete die Strafkammer später das Urteil.
4
2. Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund des eindeutigen Vortrags der Verteidigung, der durch Erklärungen zweier anderer Verteidiger gestützt wird und dem die an dem Termin beteiligten Richter sowie der Staatsanwalt nicht entscheidend entgegengetreten sind. Der gegenteiligen Ansicht des Generalbundesanwalts vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Der Strafkammervorsitzende hat erklärt, eine solche Zusicherung nicht abgegeben zu haben, aber nicht ausschließen zu können, dass durch seine Erklärung, an deren genauen Wortlaut er sich nicht mehr erinnere, bei den Verteidigern ein entsprechender Eindruck entstanden sei. Die beisitzenden Richter haben erklärt, eine genaue Erinnerung an den Wortlaut nicht zu haben. Einer von ihnen konnte nicht vollständig ausschließen, dass bei den Erörterungen der Begriff "Bewährung" gefallen ist. Der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft hat ebenfalls dargelegt, er könne sich an eine solche Äußerung des Vorsitzenden nicht erin- nern. Wäre sie gefallen, dann hätte er diese nicht unkommentiert gelassen, woraus er wiederum schließe, eine solche Erörterung habe nicht stattgefunden.
5
3. Vor diesem Hintergrund macht die Revision mit Recht geltend, dass das Landgericht den Angeklagten nicht zu einer Strafe ohne Strafaussetzung zur Bewährung hätte verurteilen dürfen, ohne diesen zuvor davon zu unterrichten , dass es entgegen der Ankündigung des Vorsitzenden beabsichtige, eine solche Strafe zu verhängen.
6
a) Allerdings begründet nicht jede Äußerung des Gerichts oder eines seiner Mitglieder, die im Laufe des Strafverfahrens abgegeben wird, ein berechtigtes Vertrauen des Angeklagten oder eines anderen Verfahrensbeteiligten dahin, dass von der darin zutage getretenen Einschätzung einer materiell- oder verfahrensrechtlich relevanten Frage nicht abgewichen wird, solange kein entsprechender Hinweis erteilt worden ist. Äußert sich etwa der Vorsitzende eines Spruchkörpers in einem Gespräch, das er im Lauf des Zwischenverfahrens mit dem Verteidiger des Angeklagten führt, zu einem denkbaren Ergebnis der Hauptverhandlung, so ist für den Angeklagten und seinen Verteidiger unschwer erkennbar, dass es sich hierbei um eine vorläufige, mit den übrigen Mitgliedern des Spruchkörpers nicht abgestimmte Beurteilung handelt, der schon für sich keinerlei Festlegung zukommt und der durch den Gang der Hauptverhandlung ohne weiteres die Grundlage entzogen werden kann. Ein Hinweis darauf, dass an der ursprünglichen Bewertung nicht mehr festgehalten wird, ist daher nicht erforderlich.
7
Anders liegt es hingegen dann, wenn die Äußerung geeignet ist oder gar darauf abzielt, die Verfahrensführung oder das Verteidigungsverhalten des Angeklagten zu beeinflussen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie bei fortge- schrittener Hauptverhandlung auf der Grundlage eines bereits weitgehend gesicherten Beweisergebnisses in (scheinbarer) Abstimmung mit den weiteren Gerichtspersonen abgegeben wird. Hier bedarf es in der Regel eines vorherigen Hinweises, wenn von dem Inhalt der Äußerung abgewichen werden soll.
8
Eine solche, dem Rechtsgedanken des § 265 StPO folgende, der prozessualen Fürsorgepflicht und Verfahrensfairness entsprechende Verpflichtung ist etwa im Bereich des Beweisantragsrechts anerkannt. Hat beispielsweise der Vorsitzende dem Angeklagten auf einen vor der Verhandlung angebrachten Beweisantrag mitgeteilt, die Entscheidung über den Antrag werde in der Verhandlung ergehen, so ist er entweder verpflichtet, dafür zu sorgen, dass diese Zusicherung eingehalten wird, sich das erkennende Gericht also mit dem Antrag befasst, oder er muss darauf hinweisen, dass der Antrag in der Hauptverhandlung zu wiederholen ist. Sofern nicht der Wille des Angeklagten, von dem Antrag ohnehin Abstand zu nehmen, zweifelsfrei erkennbar wird, kann eine Verletzung dieser Pflicht die Revision begründen. Nichts anderes gilt, wenn das Verhalten des Vorsitzenden in sonstiger Weise in einem Verteidiger den irrigen Glauben hervorruft, dass ein von diesem vor der Verhandlung eingereichter Antrag eine Sachlage geschaffen habe, die eine Wiederholung des Antrags nicht erforderlich mache. Erklärt der Vorsitzende etwa im Hinblick auf den vor der Hauptverhandlung angebrachten Beweisantrag, die dort aufgestellte Behauptung könne als wahr angenommen werden, so braucht der rechtskundige Verteidiger ohne entsprechenden Hinweis mit einer abweichenden Auffassung des erkennenden Gerichts nicht ohne weiteres zu rechnen (siehe insgesamt LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 123 mwN).
9
b) Nach diesen Maßstäben durfte das Landgericht den Angeklagten nicht zu einer zu vollstreckenden Freiheitsstrafe verurteilen, ohne zuvor auf diese Möglichkeit hinzuweisen.
10
Die Besonderheit des Falles liegt darin, dass nach zweitägiger Hauptverhandlung in Unterbrechung der Sitzung ein Gespräch aller Verfahrensbeteiligten zur Klärung der Frage stattgefunden hat, ob eine verfahrensbeschleunigende Absprache in Betracht kommt. Wenn in dieser Situation der Vorsitzende in Anwesenheit aller Beteiligten und ohne Widerspruch der übrigen Mitglieder des Spruchkörpers darauf verweist, es bedürfe für einen bestimmten Angeklagten keiner Verständigung, weil dieser "sowieso Bewährung" bekomme, erzeugt dies - zumal vor dem Hintergrund, dass der Angeklagte seine Tatbeteiligung bereits vorher in der Hauptverhandlung eingeräumt hatte - einen erhöhten Grad an Vertrauen. Denn damit wird der Anschein gesetzt, die Strafkammer habe sich insoweit schon eine Überzeugung gebildet, weshalb es nicht mehr notwendig sei, weitere Argumente für die Annahme einer günstigen Sozialprognose und besonderer Umstände im Sinne von § 56 Abs. 1 und 2 StGB vorzubringen oder entsprechende Tatsachen unter Beweis zu stellen.
11
c) Die Ergänzungen der Strafprozessordnung durch das Verständigungsgesetz stehen diesem Ergebnis nicht entgegen.
12
Aus § 257c Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 4, Abs. 4 Satz 1 und 2, § 273 Abs. 1a Satz 1 StPO lässt sich nicht etwa ableiten, dass sich der Angeklagte nur noch auf solche Aussagen des Gerichts in materiell- oder verfahrensrechtlicher Hinsicht verlassen darf, die zum Inhalt einer förmlich zustande gekommenen Verständigung und damit für das Gericht grundsätzlich bindend geworden sind. Diese Vorschriften regeln allein die formalen Bedingungen des Zustande- kommens einer Verständigung, die sich aus einer solchen Verständigung ergebende Bindung des Gerichts sowie die Voraussetzungen, unter denen das Gericht von dieser Bindung frei wird. Sie schließen es indes nicht aus, dass durch sonstige Äußerungen des Gerichts außerhalb des förmlichen Verständigungsverfahrens ein berechtigtes Vertrauen des Angeklagten in eine bestimmte Verfahrensweise des Gerichts oder ein bestimmtes Verfahrensergebnis begründet wird. Der Unterschied liegt in Folgendem: Während die vom Gericht im Rahmen einer Verständigung gegebenen Zusagen grundsätzlich bindend sind, kommt eine solche Bindungswirkung sonstigen Erklärungen selbst dann nicht zu, wenn diese ein berechtigtes Vertrauen des Angeklagten begründen. Sie verpflichten das Gericht lediglich, den Angeklagten darauf hinzuweisen, dass an der geäußerten Auffassung nicht mehr festgehalten wird, damit dieser sein Prozessverhalten auf die geänderte Ansicht des Gerichts einstellen kann. Schon aus diesem Grund geht der Hinweis des Generalbundesanwalts auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 25. Oktober 2006 - 1 StR 487/06, bei Cierniak NStZ-RR 2009, 1 fehl. Es geht hier nicht um die Frage, ob das Landgericht aufgrund der Äußerung des Vorsitzenden nach dem fair-trial-Grundsatz gebunden war, eine Bewährungsstrafe zu verhängen, sondern allein um die Verpflichtung des Gerichts, den Angeklagten darauf hinzuweisen, dass es an der geäußerten Bewertung der Bewährungsfrage durch den Vorsitzenden nicht mehr festhalten wolle.
13
4. Auf dem aufgezeigten Rechtsfehler beruht die Entscheidung über die Nichtaussetzung der Strafe zur Bewährung. Die Revision hat unter Benennung von fünf Zeugen und konkreten Beweisbehauptungen im Einzelnen vorgetragen , was der Angeklagte im Falle eines entsprechenden Hinweises hätte unter Beweis stellen können, um das Gericht von einer positiven Sozialprognose und vom Vorliegen besonderer Umstände (§ 56 Abs. 2 StGB) zu überzeugen. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht aufgrund einer entsprechenden Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt wäre, trotz der Vielzahl von Vorstrafen des Angeklagten seien die Voraussetzungen für eine Strafaussetzung zur Bewährung gegeben. Die Sache muss deshalb in diesem Umfang erneut verhandelt und entschieden werden.
14
5. Das Urteil gibt Anlass zu dem Hinweis, dass die detailgetreue Wiedergabe des Bundeszentralregisterauszugs bei den Feststellungen zum Lebenslauf des Angeklagten untunlich ist. Die Urteilsgründe werden dadurch aufgebläht , ohne dass damit ein substantieller Erkenntniszuwachs verbunden ist. Es empfiehlt sich im Interesse der Konzentration auf das Wesentliche (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Februar 2009 - 1 StR 687/08, NStZ-RR 2009, 183 und vom 4. März 2009 - 1 StR 27/09), die Vorstrafen gestrafft und zusammengefasst darzulegen. Einer Mitteilung von genauen Tatzeiten bzw. den Zeitpunkten der Rechtskraft der Entscheidungen bedarf es nur in wenigen Ausnahmefällen, so z.B. wenn es um Fragen der Gesamtstrafenbildung oder der sog. Rückfallverjährung bei der Prüfung von Sicherungsverwahrung geht.
Becker Pfister von Lienen Schäfer Menges

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 30. Juni 2011 - 3 StR 39/11

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 30. Juni 2011 - 3 StR 39/11

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 30. Juni 2011 - 3 StR 39/11 zitiert 5 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

Strafgesetzbuch - StGB | § 56 Strafaussetzung


(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig au

Strafprozeßordnung - StPO | § 257c Verständigung zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten


(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt. (2) Gegenstand dieser Verstä

Strafprozeßordnung - StPO | § 273 Beurkundung der Hauptverhandlung


(1) Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Urkunden oder derjenigen, von deren Verlesu

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 30. Juni 2011 - 3 StR 39/11 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 30. Juni 2011 - 3 StR 39/11 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. März 2009 - 1 StR 27/09

bei uns veröffentlicht am 04.03.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 27/09 vom 4. März 2009 in der Strafsache gegen wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. März 2009 beschlossen: Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil de

Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Feb. 2009 - 1 StR 687/08

bei uns veröffentlicht am 03.02.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 687/08 vom 3. Februar 2009 in der Strafsache gegen wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Februar 2009 beschlossen: Die Revision des Angeklagten gegen das U

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Okt. 2006 - 1 StR 487/06

bei uns veröffentlicht am 25.10.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 487/06 vom 25. Oktober 2006 in der Strafsache gegen wegen schwerer Vergewaltigung u. a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Oktober 2006 beschlossen: Die Revision des Angeklagten gegen das Urtei
4 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 30. Juni 2011 - 3 StR 39/11.

Bundesgerichtshof Urteil, 23. Mai 2013 - 4 StR 70/13

bei uns veröffentlicht am 23.05.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 70/13 vom 23. Mai 2013 in der Strafsache gegen wegen Wohnungseinbruchdiebstahls u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 23. Mai 2013, an der teilgenommen haben: Rich

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Dez. 2011 - 3 StR 426/11

bei uns veröffentlicht am 20.12.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 426/11 vom 20. Dezember 2011 in der Strafsache gegen wegen Diebstahls Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 20. Dezember 2011 e

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Feb. 2018 - 1 StR 606/17

bei uns veröffentlicht am 06.02.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 606/17 vom 6. Februar 2018 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u.a. ECLI:DE:BGH:2018:060218B1STR606.17.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhöru

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Juli 2017 - 5 StR 176/17

bei uns veröffentlicht am 25.07.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 5 StR 176/17 vom 25. Juli 2017 in der Strafsache gegen wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2017:250717U5STR176.17.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs

Referenzen

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.

(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.

(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.

(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

(1) Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Urkunden oder derjenigen, von deren Verlesung nach § 249 Abs. 2 abgesehen worden ist, sowie die im Laufe der Verhandlung gestellten Anträge, die ergangenen Entscheidungen und die Urteilsformel enthalten. In das Protokoll muss auch der wesentliche Ablauf und Inhalt einer Erörterung nach § 257b aufgenommen werden.

(1a) Das Protokoll muss auch den wesentlichen Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis einer Verständigung nach § 257c wiedergeben. Gleiches gilt für die Beachtung der in § 243 Absatz 4, § 257c Absatz 4 Satz 4 und Absatz 5 vorgeschriebenen Mitteilungen und Belehrungen. Hat eine Verständigung nicht stattgefunden, ist auch dies im Protokoll zu vermerken.

(2) Aus der Hauptverhandlung vor dem Strafrichter und dem Schöffengericht sind außerdem die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen in das Protokoll aufzunehmen; dies gilt nicht, wenn alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel verzichten oder innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt wird. Der Vorsitzende kann anordnen, dass anstelle der Aufnahme der wesentlichen Vernehmungsergebnisse in das Protokoll einzelne Vernehmungen im Zusammenhang als Tonaufzeichnung zur Akte genommen werden. § 58a Abs. 2 Satz 1 und 3 bis 6 gilt entsprechend.

(3) Kommt es auf die Feststellung eines Vorgangs in der Hauptverhandlung oder des Wortlauts einer Aussage oder einer Äußerung an, so hat der Vorsitzende von Amts wegen oder auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person die vollständige Protokollierung und Verlesung anzuordnen. Lehnt der Vorsitzende die Anordnung ab, so entscheidet auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person das Gericht. In dem Protokoll ist zu vermerken, daß die Verlesung geschehen und die Genehmigung erfolgt ist oder welche Einwendungen erhoben worden sind.

(4) Bevor das Protokoll fertiggestellt ist, darf das Urteil nicht zugestellt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 487/06
vom
25. Oktober 2006
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer Vergewaltigung u. a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Oktober 2006 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 20. Juni 2006 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat zur Rüge eines Verstoßes gegen den Fair-Trial-Grundsatz: Wie die Revision selbst mitteilt, hatte der Angeklagte nach dem Erstgespräch der Verteidigerin mit dem Vorsitzenden bis zum Beginn der Hauptverhandlung mindestens zweimal gegen Auflagen des Haftverschonungsbeschlusses verstoßen, sodass bereits der erneute Vollzug der Untersuchungshaft drohte und damit auch eine andere Einschätzung der Person des Angeklagten sich aufdrängte.
Im Übrigen kann, was dem verteidigten Angeklagten bewusst sein musste, sich allein aus einem formlosen Gespräch nur mit dem Vorsitzenden der Strafkammer keine verbindliche Zusage über eine Strafhöhe ergeben. Dies gilt in gleicher Weise für ein Gespräch mit der gesamten Strafkammer und der Staatsanwältin, wenn insoweit - wie vorliegend - klar ersichtlich ist, dass die Strafkammer hierüber noch nicht beraten hat und zudem auch für alle erkennbar eine Absprache dabei gerade nicht zustande gekommen ist.
Solange es aber an einer verbindlichen Absprache der Prozessbeteiligten fehlt, verstößt das Gericht nicht gegen den Fair-TrialGrundsatz , wenn es die Strafe nicht nach den Vorstellungen des verteidigten Angeklagten bemisst, auch wenn dieser zuvor ein Geständnis abgelegt hat.
Herr RiBGH Dr. Kolz befindet sich in Urlaub und ist deshalb an der Unterschrift verhindert. Nack Wahl Nack Elf Graf

(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.

(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.

(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.

(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 687/08
vom
3. Februar 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Februar 2009 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 16. Juni 2008 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen. Ergänzend zu der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 5. Januar 2009 gibt die Fassung der 182 Seiten umfassenden Urteilsgründe dem Senat Anlass zu folgendem Hinweis: Die schriftlichen Urteilsgründe dienen dazu, das Ergebnis der Hauptverhandlung wiederzugeben und die rechtliche Nachprüfung der getroffenen Entscheidung zu ermöglichen. Es ist dabei die Aufgabe des Richters, Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden und die Begründung seiner Entscheidung so zu fassen, dass der Leser die wesentlichen, die Entscheidung tragenden tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Erwägungen ohne aufwändige eigene Bemühungen erkennen kann. Das Abfassen unangemessen breiter Urteilsgründe ist weder durch § 267 StPO noch sachlich-rechtlich geboten, da es, unabhängig von der vermeidbaren Bindung personeller Ressourcen beim Tatgericht, dazu geeignet sein kann, den Blick auf das Wesentliche zu verstellen und den Bestand des Urteils damit zu gefährden (vgl. BGH, NStZ 2007, 720; NStZ-RR 1998, 277 m.w.N.). Nack Wahl Hebenstreit Elf Sander

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 27/09
vom
4. März 2009
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. März 2009 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 1. August 2008 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Ergänzend zu den zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 30. Januar 2009 verweist der Senat zur Fassung der Urteilsgründe und im Hinblick auf das Geschehen, das der bereits unzulässigen Befangenheitsrüge gemäß § 338 Nr. 3 StPO betreffend das Ablehnungsgesuch des Mitangeklagten S. vom 23. Oktober 2007 zugrunde liegt, auf den auf die Revision des Mitangeklagten ergangenen Beschluss vom heutigen Tag. Nack Wahl Elf Jäger Sander