Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 180/12
vom
16. August 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 16. August
2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Hubert,
Dr. Schäfer,
Mayer
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Verden vom 17. August 2011 wird verworfen. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht Stade hatte den Angeklagten vom Vorwurf freigesprochen , am frühen Morgen des 23. August 1987 die damals 16 Jahre alte Schülerin A. ermordet zu haben. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hatte der Senat das landgerichtliche Urteil wegen einer durchgreifenden Beweisantragsrüge aufgehoben und die Sache an das Landgericht Verden zurückverwiesen (BGH, Urteil vom 29. April 2010 - 3 StR 63/10). Das Landgericht hat den Angeklagten erneut freigesprochen. Mit ihrer hiergegen gerichteten, auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft die Beweiswürdigung der Strafkammer. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel ist unbegründet.
2
Nach den Feststellungen war der Angeklagte zum Tatzeitpunkt mit der Zeugin B. befreundet. Die beiden besuchten am Abend des 22. August 1987 eine Diskothek in Be. . Dort konsumierte der Angeklagte ein Plättchen LSD und trank Alkohol. Danach traf er auf A. , mit der er in den Monaten zuvor zwei- oder dreimal geschlechtlich verkehrt hatte, und unterhielt sich mit ihr. Später übte er mit ihr auf dem Beifahrersitz seines Pkws den Geschlechtsverkehr aus. Danach fuhr er zu einer Tankstelle und schlief in seinem Auto ein. Nachdem er wieder erwacht war, kehrte er zu der Diskothek zurück , wo er um 1.45 Uhr auf die Zeugin B. traf. Mit dieser fuhr er zu deren Elternhaus und verbrachte dort die restliche Nacht mit ihr. A. unterhielt sich um 1.50 Uhr vor der Diskothek mit einem ihr bekannten Taxifahrer. Sie wurde um 2.00 Uhr und um 2.30 Uhr von weiteren Zeugen noch lebend gesehen. In den frühen Morgenstunden des 23. August 1987 wurde sie von einem unbekannten Täter getötet; ihre Leiche, die mindestens sechzig Stich- bzw. Schnittverletzungen aufwies, wurde nackt und gefesselt auf dem Seitenstreifen eines Weges bei E. zurückgelassen.
3
1. Die Strafkammer hat sich nicht von der Täterschaft des Angeklagten zu überzeugen vermocht. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, der Angeklagte verfüge aufgrund der glaubhaften Aussage der Zeugin B. für die Tatzeit über ein Alibi, welches durch das übrige Ergebnis der Beweisaufnahme nicht zu widerlegen sei. Insbesondere könnten die DNA-Spuren des Angeklagten auf dem Fesselungsmaterial und einer naheliegend als Knebel verwendeten Socke durch eine Sekundärübertragung verursacht worden sein. Auch die Einlassungen des Angeklagten im Ermittlungsverfahren sowie das sonstige Beweisergebnis, etwa die Spurenlage in dessen Fahrzeug, an der Leiche , am Tatort und einer Slipeinlage der Getöteten sowie das vor der Tat praktizierte Sexualverhalten des Angeklagten reichten nicht aus, um dessen Alibi zu widerlegen. Die Strafkammer sei deshalb davon überzeugt, dass ein bislang unbekannter Täter das Opfer getötet habe.
4
2. Die Beweiswürdigung durch das Landgericht hält sachlichrechtlicher Nachprüfung stand.
5
a) Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an dessen Täterschaft nicht überwinden kann, so ist dies vom Revisionsgericht regelmäßig hinzunehmen; denn die Würdigung der Beweise ist vom Gesetz dem Tatrichter übertragen (§ 261 StPO). Es obliegt allein ihm, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Das Revisionsgericht ist demgegenüber auf die Prüfung beschränkt, ob die Beweiswürdigung des Tatrichters mit Rechtsfehlern behaftet ist, etwa weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist, mit den Denkgesetzen oder gesichertem Erfahrungswissen nicht in Einklang steht oder an die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten überzogene Anforderungen stellt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 2005 - 3 StR 269/04, NJW 2005, 2322, 2326).
6
b) Ein durchgreifender Rechtsmangel in diesem Sinne liegt nicht vor.
7
aa) Die Strafkammer hat insbesondere mit ausführlicher Würdigung rechtsfehlerfrei die Aussage der an insgesamt drei Sitzungstagen vernommenen Zeugin B. als glaubhaft erachtet, sie habe den Angeklagten um 1.45 Uhr in der Diskothek wieder getroffen und sodann die Nacht mit ihm gemeinsam verbracht. Gleiches gilt für die Aussage des Zeugen Ba. , der als Taxifahrer vor der Diskothek auf Fahrgäste wartete und dabei mit dem ihm bekannten Opfer ein Gespräch führte. Die - ebenfalls sorgfältig begründete - zeitliche Einordnung dieser Unterhaltung auf 1.50 Uhr beruht vor allem auf einer detaillierten Auswertung der von dem Zeugen in dieser Nacht gefahrenen Touren und weist ebenfalls keinen Rechtsfehler auf. Vor diesem Hintergrund ist die Wertung der Strafkammer, dass die den Angeklagten belastenden Indizien nicht ausreichen, um einen Tatnachweis zu erbringen, nicht zu beanstanden.
8
bb) Die in diesem Zusammenhang erhobenen einzelnen Einwendungen der Revision geben Anlass zu folgenden Bemerkungen:
9
(1) Soweit die Revision rügt, das Landgericht habe bei der Bewertung jedes einzelnen, den Angeklagten potentiell belastenden Beweismittels gemäß dem Grundsatz "in dubio pro reo" denjenigen Schluss gezogen, der den Angeklagten entlaste, ist ihr zwar im Ansatz zuzugeben, dass der Zweifelsgrundsatz eine Entscheidungsregel ist, die grundsätzlich nicht auf die einzelnen Elemente der Beweiswürdigung anzuwenden ist, sondern erst nach deren Abschluss eingreift (Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 261 Rn. 26 mwN). Gegen diesen Grundsatz hat das Landgericht jedoch nicht verstoßen. Den ausführlichen Urteilsgründen ist vielmehr zu entnehmen, dass die Strafkammer die einzelnen den Angeklagten be- und entlastenden Umstände dargestellt und deren jeweiligen Beweiswert vor dem Hintergrund der für ein Alibi des Angeklagten sprechenden Beweise gewürdigt hat. Hiergegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
10
(2) Die von der Strafkammer in den Raum gestellte Möglichkeit, der Angeklagte habe bei dem in seinem Pkw mit dem späteren Opfer praktizierten Geschlechtsverkehr sein Glied aus dessen Scheide gezogen, bevor es zum Samenerguss kam, und das Ejakulat mit einem Taschentuch aufgefangen, beruht auf einer tragfähigen Beweisgrundlage. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang darauf abgestellt, dass die Geschädigte am Tag zuvor bei einem Geschlechtsverkehr mit dem Zeugen Z. in entsprechender Weise verhütet hatte und dem Angeklagten daran gelegen sein musste, dass keine Spuren in dem Fahrzeug zurückblieben, weil er mit diesem noch gemeinsam mit seiner Freundin nach Hause fahren wollte. Damit stellt die Folgerung des Landgerichts nicht lediglich eine reine Spekulation dar.
11
(3) Soweit das Landgericht den DNA-Spuren des Angeklagten auf dem Fesselungsmaterial sowie der Socke keinen maßgebenden Beweiswert zugemessen hat, weil sie durch eine Sekundärübertragung verursacht sein können, lässt dies keinen durchgreifenden Rechtsfehler erkennen. Die Strafkammer, die in diesem Zusammenhang mehrere Sachverständige gehört hat, hat bei ihrer Würdigung insbesondere auf die Witterungsverhältnisse in der Tatnacht sowie den Umstand abgestellt, dass zu der damaligen Zeit dem Stand der Wissenschaft entsprechend keine Sicherheitsmaßnahmen zur Vermeidung derartiger Sekundärübertragungen getroffen wurden. Die vom Landgericht mit Blick auf diese Umstände gezogenen Schlüsse sind möglich; darauf, ob sie naheliegend oder gar sicher sind, kommt es für die revisionsrechtliche Beurteilung nicht an. In diesem Zusammenhang ist auch nicht zu besorgen, dem Landgericht könne der Umstand aus dem Blick geraten sein, dass es an anderer Stelle davon ausgegangen ist, der Angeklagte habe bei dem festgestellten einvernehmlichen Geschlechtsverkehr nicht in die Scheide des Opfers ejakuliert. Der von der Revision in diesem Zusammenhang angenommene Verstoß gegen Denkgesetze ist deshalb nicht gegeben.
12
(4) Den Umstand, dass sich auch im Afterbereich des Opfers DNASpuren des Angeklagten befanden, obwohl dieser mit der später Getöteten lediglich vaginal verkehrte, hat das Landgericht nachvollziehbar damit erklärt, dass durch einen der dem Opfer zugefügten Stiche ein Kanal zwischen Scheiden - und Enddarmbereich eröffnet wurde.
13
(5) Die Urteilsgründe geben keinen begründeten Anlass zu der Besorgnis , das Landgericht habe zu hohe Anforderungen an die für eine Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt. Die Beweiswürdigung lässt vielmehr insgesamt deutlich erkennen, dass die Strafkammer sich des Maßes der für eine Verurteilung notwendigen richterlichen Überzeugung bewusst war. Dies gilt vor dem Hintergrund des rechtsfehlerfrei begründeten Alibis des Angeklagten auch mit Blick auf die vereinzelte - für sich genommen möglicherweise missverständliche - Formulierung, der Nachweis der DNA-Spuren des Angeklagten an dem Seil zwinge nicht zu dem Schluss, dass er dieses selbst angefasst habe.
14
(6) Die Strafkammer ist dem Sachverständigen Dr. K. folgend rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Tat aufgrund des Verletzungsbildes bei der Getöteten sexuell-sadistisch motiviert war. Sie hat sodann ebenfalls ohne Rechtsfehler ausgeführt, dass sich bei dem Angeklagten keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines sexuellen Sadismus ergeben haben, und dies zu seinen Gunsten in die Beweiswürdigung eingestellt.
15
(7) Mit Blick auf die vom Landgericht für glaubhaft erachtete Aussage der Zeugin B. , der Angeklagte sei nach seiner Rückkehr in die Diskothek nicht verhaltensauffällig gewesen und habe das Fahrzeug auf dem Heimweg sicher geführt, sowie das übrige Ergebnis der Beweisaufnahme war die Strafkammer nicht gehalten, ausdrücklich zu erörtern, ob der Angeklagte möglicherweise infolge eines Exzesses aufgrund des Konsums von LSD und Alkohol dem Opfer die zahlreichen Verletzungen zugefügt haben könnte. Dem steht im Übrigen nicht entgegen, dass das Landgericht auf dem Alkohol- und LSD-Konsum beruhende Erinnerungslücken des Angeklagten nicht hat ausschließen können.
16
(8) Den Widerspruch in den Angaben des Angeklagten anlässlich seiner polizeilichen Vernehmungen bezüglich seines Aufenthaltsorts, nachdem er mit seinem Fahrzeug von der Diskothek weggefahren war, hat das Landgericht mit dem Zeitablauf von fast 21 Jahren zwischen den beiden Vernehmungen erklärt.
Daneben hat es in seine Bewertung eingestellt, dass der Angeklagte in seiner ersten, tatzeitnahen Vernehmung leicht überprüfbare Umstände geschildert hatte, und die dortigen Angaben rechtsfehlerfrei zur Grundlage der Feststellungen gemacht.
17
(9) Soweit die Revision meint, die Beweiswürdigung sei unvollständig, weil sich das Landgericht nicht mit der Möglichkeit auseinandergesetzt habe, dass der Angeklagte im Laufe der Nacht unbemerkt das Zimmer der Zeugin B. habe verlassen und sodann die Tat begehen können, zeigt sie keine rechtlich relevante Lücke auf. Für diesen von der Revision als möglich erachteten Geschehensablauf bieten die Urteilsgründe keinen Anhaltspunkt; er war deshalb auch nicht ausdrücklich zu erörtern.
18
(10) Die erforderliche Gesamtwürdigung der erhobenen Beweise hat das Landgericht nicht nur formelhaft, sondern in ausreichendem Umfang vorgenommen. Das Landgericht hat die wesentlichen Gesichtspunkte erneut aufgeführt und einander gegenübergestellt. Mit Blick auf die jeweils ausführliche Bewertung des Beweiswerts der einzelnen Indizien war insbesondere eine erneute Aufzählung aller für deren Würdigung wesentlichen Umstände nicht erforderlich. Die Annahme, die Strafkammer habe sich "den Blick dadurch verstellt", dass sie davon ausgegangen sei, die Tat habe ein bislang unbekannter Dritter verübt, findet in den Urteilsgründen keine Stütze. Die Tatbegehung durch einen Dritten ist vielmehr das Ergebnis, zu dem das Landgericht aufgrund seiner Überzeugungsbildung gelangt ist.
19
(11) Im Übrigen erschöpft sich das Vorbringen der Revision im Wesentlichen darin, mit - jedenfalls teilweise - urteilsfremdem Vortrag die erhobenen Beweise selbst zu würdigen. Auch hiermit kann sie im Revisionsverfahren keinen Erfolg haben.
VRiBGH Becker ist wegen Pfister Hubert Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert. Pfister Schäfer Mayer

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Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

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gegen
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. April
2010, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Stade vom 7. August 2009 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Strafkammer des Landgerichts Verden zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf des Mordes aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Hiergegen richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, die die Zurückweisung eines Beweisantrags beanstandet und mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts die Beweiswürdigung des Landgerichts angreift. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat mit der Verfahrensrüge Erfolg.
2
Nach den Feststellungen und Wertungen des Landgerichts lernte das spätere Opfer, die zum Zeitpunkt der Tat im August 1987 16 Jahre alte Schülerin A. , den Angeklagten etwa Ende des Jahres 1986 kennen. Die beiden übten mehrfach den Geschlechtsverkehr aus. Im Gegensatz zu dem späteren Opfer war der Angeklagte nicht an einer dauerhaften Beziehung interessiert ; er hatte vielmehr ein intimes Verhältnis mit seiner damaligen Freundin B. begonnen und wollte dieses fortsetzen. Am Abend des 22. August 1987 besuchte A. eine Diskothek in Be. . Gegen 22:30 Uhr traf sie dort den Angeklagten. Dieser entfernte sich gegen 23:40 Uhr aus der Diskothek ; auch die Schülerin verließ das Lokal zu einem nicht sicher feststellbaren Zeitpunkt. Die Zeugin B. bemerkte gegen 0:20 Uhr, dass der PKW des Angeklagten sich nicht mehr dort befand, wo dieser ihn zuvor abgestellt hatte. Gegen 1:45 Uhr näherte sich der Angeklagte mit seinem Fahrzeug und erklärte der Zeugin, er habe sich mit dem Opfer in seinem Wagen unterhalten. Die Zeugin und der Angeklagte fuhren sodann nach Hause.
3
Am nächsten Morgen wurde die unbekleidete Leiche der Schülerin auf einem Feldweg gefunden. Die Hände waren am Rücken mit einem Hanfseil gefesselt , das sodann um die Unterschenkel geführt und verknotet war. Zum Zeitpunkt der Fesselung hatte das Opfer noch gelebt. Die Leiche wies mehr als 60 Stich- und Schnittverletzungen auf. Die Kleidungsstücke waren in der unmittelbaren Umgebung verstreut. Etwa viereinhalb Meter von der Leiche entfernt lag eine Socke, die nicht dem Opfer gehörte; in einer Entfernung von etwa 1,5 bis 3,2 Metern befanden sich weitere Gegenstände, darunter eine Damenbinde.
4
Noch im Jahre 1987 konnte an der Socke ein Blut-Speichelgemisch mit Merkmalen der Blutformel des Opfers festgestellt werden. Im Jahre 1999 wurden an der Socke DNA-Merkmale des Angeklagten sowie sein vollständiges DYS-Merkmalsmuster nachgewiesen. Im Jahre 2008 gelang an dem Fesselungsmaterial im Bereich der Hand- und Fußfesseln die Bestimmung von DNAMerkmalen des Angeklagten sowie seines vollständigen DYS-Musters. Dieses Muster wurde auch bei Spermatozoenköpfen nachgewiesen, die sich in Abstrichen aus Scheide und Enddarm des Opfers befanden. An der Slipeinlage waren keine Hinweise auf Sperma bzw. Zellen männlicher Herkunft festzustellen.
5
Der Angeklagte hat im Jahre 1987 bei der Polizei angegeben, er habe mit dem späteren Opfer gemeinsam die Diskothek verlassen und in seinem Auto einverständlich den Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss in die Scheide ausgeführt. Danach habe die Sechzehnjährige das Fahrzeug verlassen. Er habe sich schlecht gefühlt, weil er seine Freundin betrogen habe. Deshalb sei er mit dem Wagen herumgefahren. Später sei er zur Diskothek zurückgekehrt und mit seiner Freundin nach Hause gefahren.
6
Das Landgericht hat sich nicht davon zu überzeugen vermocht, dass der Angeklagte, der sich in der Hauptverhandlung nicht eingelassen hat, das Opfer getötet hat. Zur Begründung hat es im Wesentlichen darauf abgestellt, das DNA-Material des Angeklagten könne durch eine Sekundärübertragung an das Fesselungsmaterial und die Socke gelangt sein. Mehrere Zeugen hätten bekundet , das Opfer in der fraglichen Nacht nach 1:45 Uhr gesehen zu haben. Die Angaben des Angeklagten zu einem einvernehmlichen Geschlechtsverkehr mit dem Opfer seien nicht zu widerlegen. Dies gelte auch, wenn man in Betracht ziehe, dass weder an der in der Nähe der Leiche gefundenen Slipeinlage noch an dem sichergestellten Slip Sperma oder sonstige Zellen männlicher Herkunft nachgewiesen werden konnten. Dies sei zwar zu erwarten gewesen, wenn der Slip oder die Slipeinlage nach dem einvernehmlichen Geschlechtsverkehr getragen worden wäre. Feststellungen hierzu hätten indes nicht getroffen werden können. Es sei nicht auszuschließen, dass das Opfer die Slipeinlage nach dem Geschlechtsverkehr gewechselt habe.
7
I. Die Revision dringt mit der - entgegen der Auffassung der Verteidigung unter Wahrung der sich aus § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ergebenden Anforderungen in zulässiger Weise erhobenen - Rüge der Verletzung des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO durch; denn das Landgericht hat einen Beweisantrag der Staatsanwaltschaft rechtsfehlerhaft zurückgewiesen.
8
1. Der Beanstandung liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
9
Die Staatsanwaltschaft hat die Vernehmung mehrerer Polizeibeamten zum Beweis für den Inhalt der Einlassung des Angeklagten bei seiner polizeilichen Vernehmung am 6. Juli 2008 beantragt. Das Landgericht hat diesen Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, die Beweiserhebung sei "aus rechtlichen Gründen ohne Bedeutung". Es bestehe ein Beweisverwertungsverbot, weil der Angeklagte über seine Aussagefreiheit fehlerhaft belehrt worden sei. Der als Zeuge gehörte Vernehmungsbeamte S. habe bestätigt, den Angeklagten den Angaben in dem Vernehmungsprotokoll entsprechend wie folgt belehrt zu haben: "Wie auch schon vor dem Vorgespräch, belehre ich dich hier noch einmal formell. Ich teile dir mit, dass du hier des Mordes an der A. , begangen am 23.08.1987, beschuldigt wirst. Ich weise dich darauf hin, dass du hier als Beschuldigter vor der Polizei keine Angaben machen brauchst und jederzeit einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung deiner Interessen beauftragen kannst." Diese Belehrung lege den Schluss nahe, dass der Beschuldigte zwar vor der Polizei keine Angaben machen müsse, vor einer anderen Stelle, wie der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht aber doch. Die Strafkammer vermöge nicht auszuschließen, dass der Entschluss des Beschuldigten, bei der Polizei Angaben zu machen, von der Erwägung beeinflusst gewesen sei, dass er letztlich eben doch Angaben machen müsse.
10
2. Rechtsfehlerhaft ist bereits die Annahme des Landgerichts, ein Beweisverwertungsverbot führe dazu, dass die begehrte Beweiserhebung aus rechtlichen Gründen ohne Bedeutung und deshalb der Ablehnungsgrund nach § 244 Abs. 3 Satz 2 2. Alt. StPO gegeben sei. Eine Tatsache ist aus Rechtsgründen zunächst dann ohne Bedeutung, wenn sie weder allein noch in Verbindung mit weiteren Tatsachen geeignet ist, unmittelbar ein Tatbestandsmerkmal des dem Angeklagten vorgeworfenen Delikts auszufüllen oder für den Rechtsfol- genausspruch direkt Relevanz zu gewinnen (Fischer in KK 6. Aufl. § 244 Rdn. 142), oder darüber hinaus eine Verurteilung schon aus anderen - bereits erwiesenen - Gründen nicht möglich ist, etwa wegen Vorliegens von Prozesshindernissen, Strafausschließungs- oder Strafaufhebungsgründen (Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 244 Rdn. 55). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Ein Beweisverwertungsverbot führt vielmehr zur Unzulässigkeit der beantragten Beweiserhebung und damit zu dem zwingenden Ablehnungsgrund des § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO.
11
3. Die von der Staatsanwaltschaft begehrte Beweiserhebung war hier nicht unzulässig; denn ein Beweisverwertungsverbot bestand nicht. Zwar begründet eine unterbliebene Beschuldigtenbelehrung grundsätzlich ein Verwertungsverbot für Äußerungen, die der Beschuldigte in der ohne Belehrung durchgeführten Vernehmung gemacht hat (BGHSt 38, 214, 218 ff.); auch fehlerhafte Belehrungen können je nach Gestaltung des Einzelfalls dazu führen, dass die Einlassung unverwertbar ist. Jedoch wurde der Angeklagte hier vor seiner polizeilichen Aussage ordnungsgemäß über seine Aussagefreiheit belehrt.
12
a) Die Anforderungen an die der Polizei bei der Vernehmung des Beschuldigten nach § 163 a Abs. 4 Satz 2 StPO obliegende Belehrung über seine Aussagefreiheit entsprechen denjenigen an eine richterlichen Vernehmung nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO. Deshalb gilt:
13
Durch die Belehrung über seine Aussagefreiheit soll gegenüber dem Beschuldigten eindeutig klargestellt werden, dass es ihm freisteht, nicht auszusagen , obwohl ihn ein Richter, Staatsanwalt oder Polizeibeamter in amtlicher Eigenschaft befragt. Das Belehrungsgebot will sicherstellen, dass der Beschuldigte vor der irrtümlichen Annahme einer Aussagepflicht bewahrt wird, zu der er möglicherweise gerade durch die Konfrontation mit dem amtlichen Auskunftsverlangen veranlasst werden könnte (BGHSt 42, 139, 147). Für den Regelfall empfiehlt es sich zwar, die Belehrung in den Worten des § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO zu erteilen. Zwingend ist dies indes nicht. Es stellt vielmehr nicht ohne Weiteres einen Verfahrensfehler dar, wenn die Worte des Gesetzes nicht benutzt werden. Maßgebend ist, dass die Belehrung dem Beschuldigten Klarheit über seine Aussagefreiheit verschafft und eine diesbezügliche etwaige Fehlvorstellung ausschließt (BGH NJW 1966, 1718, 1719 zur Belehrung nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO aF; Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 136 Rdn. 8; Rogall in SK-StPO § 136 Rdn. 33).
14
b) Diesen Anforderungen ist hier Genüge getan. Die Auslegung der von dem Polizeibeamten verwendeten Belehrungsformel ergibt, dass Unklarheiten darüber, dass es dem Angeklagten freistand, in der anschließenden polizeilichen Vernehmung Angaben zu machen oder dies zu unterlassen, nicht auftreten konnten. Der Wortlaut ist insoweit eindeutig; dem entgegen stehende Umstände sind nicht ersichtlich. Für die Annahme des Landgerichts, wegen der - über den Gesetzeswortlaut hinausgehenden - Wendung "hier als Beschuldigter vor der Polizei" sei die Möglichkeit nicht auszuschließen, der Angeklagte habe dies dahin missverstehen können, in einer späteren Vernehmung durch einen Staatsanwalt oder Richter doch zur Aussage verpflichtet zu sein und aus diesem Grund bereits bei der Polizei Angaben gemacht, bestehen auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte. Der Wortlaut der Belehrung trägt diese Schlussfolgerung nicht. Weitere tatsächliche Umstände, die auf einen derartigen Gehalt der erteilten Belehrung hindeuten könnten, werden von der Strafkammer nicht aufgezeigt; sie sind auch ansonsten nicht ersichtlich. Unter diesen Umständen erweist sich die Erwägung der Strafkammer als reine Spekulation. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der Angeklagte in einer Art und Weise belehrt worden ist, die bei ihm einen Zweifel oder ein Missverständnis über Bedeutung und Umfang seiner Aussagefreiheit nicht aufkommen ließ.
15
4. Das Urteil beruht auf dem aufgezeigten Verfahrensfehler (§ 337 StPO). Ausweislich des in dem Beweisantrag angeführten Protokolls hat der Angeklagte in der Vernehmung vom 6. Juli 2008 unter anderem auf die Fragen, ob er A. getötet habe, geantwortet "Nein. Ich kann es mir nicht vorstellen." und "Ich kann mir das nicht vorstellen und ich glaube es auch nicht." Auf die Frage, ob er sicher sei, nach dem Genuss von Alkohol und LSD noch Herr seiner Sinne gewesen zu sein, hat der Angeklagte angegeben "Keine Ahnung." Die Frage, ob es sein könne, dass er das Opfer ermordet habe und sich wegen des Drogenkonsums jetzt nicht daran erinnere, hat er unter anderem wie folgt beantwortet "Es könnte sein, ich kann es nicht ausschließen, es passt nicht in meine zeitliche Reihenfolge." Danach ist es nicht ausgeschlossen, dass das Landgericht sich davon überzeugt hätte, der Angeklagte habe das Opfer getötet , wenn sich diese Angaben in der Beweisaufnahme bestätigt hätten und die Strafkammer sie in ihre Beweiswürdigung einbezogen hätte.
16
II. Danach kommt es auf die Begründetheit der Sachrüge nicht mehr an. Der Senat muss deshalb nicht entscheiden, ob die Beweiswürdigung des Landgerichts nach den Maßstäben revisionsgerichtlicher Überprüfung (BGH NJW 2005, 2322, 2326) durchgreifende Rechtsfehler enthält. Er weist jedoch darauf hin, dass die Beweiswürdigung in dem angefochtenen Urteil folgenden rechtlichen Bedenken unterliegt:
17
1. Das Landgericht hat sich mit dem schwerwiegenden Verdachtsmoment nicht auseinandergesetzt, dass Spermatozoenköpfe des Angeklagten nicht nur im Bereich der Scheide, sondern auch des Enddarms des Opfers gefunden wurden, obwohl der Angeklagte im Jahre 1987 bei seiner polizeilichen Vernehmung angegeben hat, mit dem späteren Opfer lediglich den vaginalen, nicht aber den analen Geschlechtsverkehr ausgeführt zu haben.
18
2. Die Strafkammer hat nicht erörtert, dass bei einer Untersuchung des Fahrzeuginneren mittels UV-Licht keine sichtbaren Anhaftungen von Sperma gefunden wurden, obwohl der Angeklagte nach seinen polizeilichen Angaben mit dem auf dem Beifahrersitz liegenden späteren Opfer ungeschützt den Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss ausgeführt haben will und für eine Reinigung des Fahrzeugs nach der Tatnacht sprechende Anzeichen nicht festgestellt wurden.
19
3. Das Tatgericht hat nicht in die Beweiswürdigung eingestellt, dass der Angeklagte mit dem Opfer intim bekannt war, zwei weiteren früheren Freundinnen einvernehmlich die Hände fesselte, bevor er mit ihnen sexuell verkehrte, und das Opfer lebend gefesselt wurde, ohne dass Abwehrspuren festzustellen waren.
20
4. Bei seinen Erwägungen zur Möglichkeit der Sekundärübertragung von DNA-Material des Angeklagten - insbesondere auf die viereinhalb Meter von der Leiche entfernt aufgefundene Socke, obwohl diese nach den Feststellungen bei der gerichtsmedizinischen Untersuchung von dem Obduzenten nicht berührt wurde - hat das Landgericht zu Gunsten des Angeklagten ohne ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte einen zwar theoretisch denkbaren, aber nicht lebensnahen Sachverhalt unterstellt (Meyer-Goßner aaO § 261 Rdn. 16, 38).
21
5. Die mehrdeutige Erwägung des Landgerichts, es sei nicht auszuschließen , dass das Opfer die Slipeinlage nach dem Geschlechtsverkehr gewechselt habe, entbehrt nach den bisherigen Feststellungen einer tragfähigen Grundlage. Sollte das Landgericht gemeint haben, die aufgefundene Slipeinlage sei von dem Opfer erst nach dem Geschlechtsverkehr getragen worden, hätten nach den Ausführungen des Sachverständigen, denen die Strafkammer folgt, an dieser Spermaspuren des Angeklagten vorhanden sein müssen. Sollten die Ausführungen des Landgerichts dahin zu verstehen sein, dass das Opfer die aufgefundene Slipeinlage vor dem Geschlechtsverkehr mit dem Angeklagten trug, hätte die Strafkammer in ihre Erwägungen einbeziehen müssen, dass sich an dem Fundort der Leiche nur diese Slipeinlage, nicht aber jene befand, welche das Opfer nach dem unterstellten Wechsel verwendete, und an dem aufgefundenen Slip ebenfalls keine Spermaspuren gefunden wurden.
22
6. Schließlich hat das Landgericht keine Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände vorgenommen, sondern sich darauf beschränkt, die einzelnen Beweistatsachen jeweils gesondert zu erörtern und auf ihren jeweiligen Beweiswert zu prüfen, obwohl zahlreiche gewichtige, für und gegen die Täterschaft des Angeklagten sprechende Beweisanzeichen vorlagen (BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung, unzureichende 1; BGH NStZ 2002, 48; Meyer-Goßner aaO § 267 Rdn. 33).
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III. Der Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. StPO Gebrauch und verweist die Sache an das Landgericht Verden zurück.
Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.