Bundesgerichtshof Urteil, 22. Juni 2011 - 2 StR 580/10

bei uns veröffentlicht am22.06.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 580/10
vom
22. Juni 2011
Nachschlagewerk: ja
BGHR: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
Unter die strafbewehrte Erlaubnispflicht nach § 1 Abs. 1 HeilprG fallen nur
solche Behandlungen, die gesundheitliche Schäden verursachen können. Bei dem
Straftatbestand des § 5 HeilprG handelt es sich um ein potentielles Gefährdungsdelikt
, bei dem nur eine generelle Gefährlichkeit der konkreten Tat, nicht aber der Eintritt
einer konkreten Gefahr zum Tatbestand gehört.
BGH, Urteil vom 22. Juni 2011 - 2 StR 580/10 - Landgericht Frankfurt am Main
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Ausübung der Heilkunde
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 22. Juni
2011, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Schmitt,
Dr. Berger,
Prof. Dr. Krehl,
Dr. Eschelbach,
Richterin am Amtsgericht
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 15. Juni 2010 wird als unbegründet verworfen. 2. Die Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen unerlaubter Ausübung der Heilkunde in elf Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt und in weiteren 20 Fällen freigesprochen. Die gegen ihre Verurteilung gerichtete , auf die Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten hat keinen Erfolg.
2
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts führte die Angeklagte in ihrer Wohnung Behandlungen nach der sog. Synergetik-Methode durch. Nach der dieser Methode zugrunde liegenden Lehre lassen sich bei den zu behandelnden Klienten in Tiefenentspannung innere Bilder bearbeiten. Hierdurch sollen unverarbeitete Erlebnisse und Konflikte aufgearbeitet werden und auf neuronaler Ebene eine Hintergrundauflösung von Krankheiten erfolgen. Um Kunden zu gewinnen, wandte sich die Angeklagte mit einer eigenen Internetseite und mit Flyern u.a. an Menschen mit Ängsten, Depressionen, Traumata und weiteren psychischen Problemen. In ihrem Informationsmaterial erläuterte die Angeklagte zur Methode der Synergetik, dass diese die wirkungsvollsten Aspekte anderer Therapieformen einbeziehe, und nannte beispielhaft neben an- deren auch die psychotherapeutische Methode des katathymen Bilderlebens. Bei ihren Therapiesitzungen gelangten die Klienten in einen Zustand hypnoid verminderten Bewusstseins, und sie erlebten Gedächtnisbilder, die sie der Angeklagten mit den damit verbundenen Gefühlen beschrieben. Während der mitunter von Affektzuständen begleiteten Behandlung wurden die Klienten teilweise mit belastenden Erinnerungen konfrontiert. Eine Besprechung zwischen der Angeklagten und ihren Klienten über das zuvor Erlebte fand im Einzelnen nicht statt. Für ihre Behandlungen, die sie auch zu Heilzwecken ausüben wollte , besaß die Angeklagte keine Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz. Sie wusste, dass die Ausübung von Heilkunde erlaubnispflichtig ist, und war darüber informiert, dass aufgrund mehrerer Verbotsentscheidungen verschiedener Gesundheitsämter auf verwaltungsgerichtlicher Ebene über die Einordnung der Synergetik-Therapie als Ausübung der Heilkunde gestritten wurde. Elf Klienten suchten die Angeklagte mit Krankheiten bzw. Leiden auf, deren Besserung sie sich erhofften. In neun dieser elf der Verurteilung zugrunde liegenden Behandlungsfälle hatten die behandelten Personen psychische Leiden; zwei der behandelten Personen litten unter körperlichen Krankheiten. Bei keiner dieser Personen wurden durch die Behandlung, die einer konfrontativen Psychotherapie entsprach, gesundheitliche Schäden verursacht. Allerdings hat das Landgericht in sämtlichen elf Fällen die Gefahr einer unmittelbaren Gesundheitsbeschädigung angenommen.
3
II. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch.
4
1. Gemäß § 5 Abs. 1 HeilprG ist strafbar, wer ohne zur Ausübung des ärztlichen Berufs berechtigt zu sein und ohne eine Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 HeilprG zu besitzen, die Heilkunde ausübt. Ausübung der Heilkunde ist nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 2 HeilprG jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krank- heiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen. Wegen der mit dem Erlaubniszwang verbundenen Beschränkung des Grundrechts der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine verfassungskonforme einschränkende Auslegung dieses Begriffs geboten; danach fallen nur solche Behandlungen unter die Erlaubnispflicht , die gesundheitliche Schäden verursachen können, wobei nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ein nur geringfügiges Gefahrenmoment nicht ausreicht (vgl. BVerwGE 23, 140, 146; 35, 308, 311; BVerwG, Urteil vom 26. August 2010 - 3 C 28/09, NVwZ-RR 2011, 23, zur Erlaubnispflicht der Synergetik-Therapie). Mit dieser Auslegung, nach der allein das Gefährdungspotential der in Rede stehenden Tätigkeit geeignet ist, die strafbewehrte Erlaubnispflicht nach dem Heilpraktikergesetz auszulösen (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 2. März 2004 - 1 BvR 784/03, NJW-RR 2004, 705 - "Geistheiler"; Beschluss vom 3. Juni 2004 - 2 BvR 1802/02, NJW 2004, 2890 - "Wunderheiler" ), soll deren Gesetzeszweck Rechnung getragen werden, der Bevölkerung einen ausreichenden Schutz gegenüber Gesundheitsgefährdungen durch Unberufene zu geben (vgl. zum Schutzzweck des Heilpraktikergesetzes auch BVerfG, Beschluss vom 10. Mai 1988 - 1 BvR 482/84, 1 BvR 1166/85, BVerfGE 78, 179, 194; BVerfG, Beschluss vom 3. Juni 2004 - 2 BvR 1802/02, aaO).
5
Die einschränkende Auslegung des von der primären öffentlichrechtlichen Verhaltensnorm in § 1 HeilprG verwendeten Begriffs "Ausübung der Heilkunde" ist auch für die akzessorische strafrechtliche Beurteilung von Heilbehandlungsfällen nach § 5 HeilprG maßgeblich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Juni 2004 - 2 BvR 1802/02, aaO) und wird seit längerem auch in der Rechtsprechung der Strafgerichte vertreten (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 1981 - 1 StR 220/81, NStZ 1981, 443; BayObLG, NStZ 1982, 474; NStZ-RR 2000, 381; OLG Koblenz, NStZ 1987, 468; noch offen gelassen von BGH, Urteil vom 13. September 1977 - 1 StR 389/77, NJW 1978, 599). Danach handelt es sich bei dem Straftatbestand des § 5 HeilprG im Hinblick auf das Erfordernis nen- nenswerter mittelbarer oder unmittelbarer Gesundheitsgefährdungen als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der Erlaubnispflicht nach § 1 Abs. 1 HeilprG um ein potentielles Gefährdungsdelikt. Bei dieser Untergruppe der abstrakten Gefährdungsdelikte gehört nur eine generelle Gefährlichkeit der konkreten Tat, nicht aber der Eintritt einer konkreten Gefahr zum Tatbestand (vgl. allgemein zum Typus des potentiellen Gefährdungsdelikts BGHSt 46, 212, 218; BGH, Urteil vom 25. März 1999 - 1 StR 493/98, NJW 1999, 2129; Fischer, StGB 58. Aufl., Vor § 13 Rn. 19 mwN; s. auch zur systematischen Einordnung der Gefährdungseignung einer das Leben gefährdenden Behandlung bei § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB, Fischer, aaO, § 224 Rn. 12). Der Tatrichter hat dabei zu prüfen , ob die jeweilige Handlung bei genereller Betrachtung der konkreten Tatumstände gefahrengeeignet ist.
6
Für den Schuldspruch war es in objektiver Hinsicht damit erforderlich und ausreichend, dass die von der Angeklagten angewandte Therapieform nach einer ex ante- Betrachtung in jedem einzelnen Fall geeignet war, die Gesundheit ihrer Patienten nennenswert zu schädigen. Ob sich diese potentielle Gesundheitsgefährdung in einzelnen Fällen konkretisiert oder gar realisiert hatte , war nur für den Strafausspruch bedeutsam.
7
2. Das Landgericht ist in den elf der Verurteilung zugrunde liegenden Fällen rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis erlangt, dass die von der Angeklagten bei diesen Patienten jeweils durchgeführte Behandlung als Ausübung der Heilkunde anzusehen ist, bei deren Anwendung eine hinlängliche Wahrscheinlichkeit unmittelbarer Gesundheitsgefahren bestanden hat.
8
a) Die sachverständig beratene Strafkammer hat die SynergetikTherapie als eine Art Psychotherapie beurteilt und dies tragfähig damit begründet , dass sie neben suggestiven Elementen, wie sie bei einer Hypnosetherapie oder beim autogenen Training eingesetzt würden, auch psychoanalytische Elemente aufweise, indem abgespaltene Persönlichkeitsanteile bewusst ge- macht und so wieder in die Persönlichkeit integriert würden. Wiederzufinden sei auch das psychoanalytische und psychotherapeutische Prinzip des Wiedererlebens traumatischer Erfahrungen. Die Synergetik-Therapie entspreche vor allem der anerkannten psychotherapeutischen Methode des katathymen Bilderlebens. Dabei nutze der Therapeut Schlummerbilder, wie sie spontan auch in der Einschlafphase auftauchen. Der entspannte Klient werde ermuntert, Bilder auftauchen zu lassen, um unbewusste Konflikte symbolisch aufzuarbeiten.
9
Weiterhin hat die Strafkammer Psychotherapie zutreffend als Ausübung der Heilkunde i.S.v. § 1 Abs. 2 HeilprG angesehen und sich dabei auf die hierzu grundlegende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 10. Februar 1983 - 3 C 21/82, BVerwGE 66, 367 = NJW 1984, 1414) gestützt (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 10. Mai 1988 - 1 BvR 482/84, 1 BvR 1166/85, BVerfGE 78, 179; BayObLG, NStZ 1982, 474). Der danach für psychotherapeutische Tätigkeiten bestehende Erlaubnisvorbehalt nach § 1 Abs. 1 HeilprG ist auch durch das Psychotherapeutengesetz vom 16. Juni 1998 nicht entfallen, sondern nur für den durch die Approbation als Psychologischer Psychotherapeut abgedeckten Bereich gegenstandslos geworden. Denn nach der Gesetzesbegründung sollte durch das Psychotherapeutengesetz das im Übrigen unberührt bleibende Heilpraktikergesetz insoweit erweitert werden, als neben Ärzten und Heilpraktikern auch den Angehörigen der neuen psychotherapeutischen Heilberufe eine eigenverantwortliche Ausübung von Heilkunde innerhalb des durch ihre Approbation abgedeckten Bereichs gestattet wurde (vgl. BT-Drucks. 13/8035, S. 15 Rn. 15). Ausdrücklich festgehalten wurde in den Gesetzesmaterialien, dass das Verbot der unerlaubten Ausübung der Heilkunde und die Strafvorschrift des § 5 HeilprG fortgelten soll, soweit es um heilkundliche Tätigkeiten außerhalb der durch das Psychotherapeutengesetzes geregelten Psychotherapie geht. Danach handelt auch nach Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes rechtswidrig und macht sich strafbar, wer ohne Approbation als Arzt oder als Psychotherapeut Psychotherapie betreibt, wenn er nicht im Besitz einer Heilpraktikererlaubnis ist (vgl. zur unveränderten Strafbarkeit eines unerlaubt psychotherapeutisch Tätigen auch BVerwG, Urteil vom 28. November 2002 - 3 C 44/01, DVBl. 2003, 677).
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b) Die Feststellung der Strafkammer, dass bei Anwendung der Synergetik -Therapie durch die Angeklagte die erforderliche hinlängliche Wahrscheinlichkeit unmittelbarer Gesundheitsgefährdung bestand (vgl. UA S. 9, 20, 28), ist im Ergebnis in sämtlichen der abgeurteilten Behandlungsfälle nicht zu beanstanden.
11
aa) Die Strafkammer hat auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens nachvollziehbar dargelegt, dass die Synergetik-Therapie eine konfrontative Psychotherapie-Methode darstelle, die sich für bestimmte psychisch kranke Menschen nicht eigne. Bei Personen, die sich bereits in einem veränderten Bewusstseinszustand mit verminderter Realitätskontrolle befänden, könne das katathyme Bilderleben, das mit einer solchen Therapie verbunden sei, zur Auslösung regressiver Prozesse und zum Auftreten von Dekompensationen führen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen waren in dessen langjähriger Berufspraxis solche Fälle mehrfach aufgetreten.
12
Zu dem Patientenkreis, bei dem eine Synergetik-Therapie kontraindiziert ist, zählen nach den Feststellungen des Landgerichts neben Personen, die zunächst Psychopharmaka benötigen, um therapiefähig zu werden, auch Menschen mit (latenten) Psychosen oder Borderlinestörungen. Ob ein Patient zu dem Kreis von Personen zählt, bei dem die Gefahr der Verursachung psychischer Dekompensationen besteht, lässt sich jedenfalls ohne entsprechende medizinische bzw. psychotherapeutische Kenntnisse nicht zuverlässig beurteilen. Es mag zwar sein, dass etwa auch eine Befragung des Patienten durch eine insoweit nicht ausgebildete Person, etwa zur Krankheitsvorgeschichte und zu eingenommenen Medikamenten, Aufschlüsse über gewisse Kontraindizierungen geben kann. Es liegt aber auf der Hand, dass dadurch allein nicht alle eine Behandlung ausschließenden Krankheitsbilder aufgespürt werden könnten , die wie (latente) Psychosen oder auch Borderlinestörungen für einen Laien nicht ohne Weiteres erkennbar sind. Insoweit stellt schon - unabhängig davon, ob es sich bei dem zu behandelnden Patienten um eine Person handelt, bei der tatsächlich ein solches Risiko besteht - die Gefahr des Nichterkennens einer das katathyme Bilderleben kontraindizierenden psychischen Krankheit und die daran anschließende unmittelbare Verursachung einer psychischen Dekompensation ein nennenswertes potentielles Risiko bei der Anwendung dieser oder einer damit vergleichbaren psychotherapeutischen Methode dar. Diese Gefahr lässt sich nur ausräumen, wenn die Behandlung durch einen Therapeuten durchgeführt wird, der über eine entsprechende ärztliche oder psychotherapeutische Qualifikation oder über eine Ausbildung nach dem Heilpraktikergesetz verfügt (s. dazu näher unten II. 3.). Nur dann ist entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes, der Bevölkerung einen ausreichenden Schutz vor Gesundheitsgefährdungen durch Unberufene zu geben, gewährleistet, dass die Therapie nur zur Anwendung kommt, wenn das Vorliegen relevanter psychischer Vorerkrankungen ausgeschlossen ist. Da die Angeklagte, die im Übrigen keine ausführlichen Vorgespräche mit ihren Patienten führte und insoweit nicht einmal bemüht war, deren Krankheitsvorgeschichte aufzuklären, über eine entsprechende Qualifikation nicht verfügte, war danach in sämtlichen Behandlungsfällen die erforderliche unmittelbare Gesundheitsgefährdung gegeben, ohne dass es auf das Vorliegen einschlägiger Krankheiten im Einzelfall noch ankäme.
13
bb) Soweit das Landgericht darüber hinaus bei der von der Angeklagten durchgeführten Behandlungsmethode einer sog. "Innenweltreise" die weitere Gefahr gesehen hat, dass der Patient tiefer in einen regressiven Zustand verfalle und dies nachteilige gesundheitliche Folgen habe, wenn die durch die Synergetik-Therapie ausgelösten regressiven Prozesse nicht in einem Gespräch verarbeitet würden (UA S. 22, 23), kommt es darauf für die Strafbarkeit der Angeklagten konstitutiv nicht mehr an. Auch insoweit wohnte allerdings ihrer Behandlung, an deren Ende keine nachbereitende Besprechung über das zuvor Erlebte stand, die Eignung inne, gesundheitliche Schädigungen hervorzurufen. Dabei besteht die Gefahr einer Vertiefung regressiver Prozesse nicht nur beim Wiedererleben traumatischer Erlebnisse (wie in den Fällen II. 5 und II. 6 der Urteilsgründe), sondern auch hinsichtlich des psychoanalytischen Elements der Konfrontation, die sich nach den Feststellungen des Landgerichts auf die Vorstellung innerer Bilder bezieht (UA S. 8, 20), mit denen abgespaltene Persönlichkeitsbilder bewusst gemacht werden sollen. Danach kann die Methode des Bildererlebens auch ohne das Wiedererleben eines Traumas regressive Prozesse auslösen, die in jedem Fall gesprächsweise verarbeitet werden müssen , um unmittelbare Gesundheitsgefahren zu vermeiden. Dabei liegt es im Übrigen - obwohl sich die Kammer dazu nicht verhält - nahe, dass ein solches Gespräch auch nur von einem Therapeuten durchgeführt werden kann, der über eine entsprechende Ausbildung verfügt.
14
3. Der Einwand der Revision, dass eine Erlaubnispflicht hier unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Heilbehandlung von Geist- bzw. Wunderheilern durch Handauflegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. März 2004 - 1 BvR 784/03, NJW-RR 2004, 705 - "Geistheiler" ; Beschluss vom 3. Juni 2004 - 2 BvR 1802/02, NJW 2004, 2890 - "Wunderheiler") unverhältnismäßig sei, da einer Gesundheitsgefahr auch durch gewerberechtliche Auflagen, die lediglich die Behandlung bestimmter, mit Gesundheitsgefahren verbundener Vorerkrankungen ausschließt, begegnet werden könne, verfängt nicht. Einerseits sind die in Rede stehenden Fälle des Handauflegens eines Wunderheilers, dessen spirituell wirkende und auf rituelle Heilung zielende Tätigkeit das Bundesverfassungsgericht lediglich unter dem Gesichtspunkt mittelbarer Gesundheitsgefährdung durch Verzögerung ärztlicher Hilfe zu prüfen hatte, nicht mit den hier zu beurteilenden Fällen einer psychotherapeutischen Behandlung vergleichbar; denn von der Behandlungsme- thode der Angeklagten gehen die beschriebenen unmittelbaren Gefahren aus und die ihr zugrunde liegende Lehre erhebt nach den Feststellungen des Landgerichts den Anspruch, eine alternative, naturwissenschaftlich begründete Therapieform neben schulmedizinischer Behandlung von Krankheiten zu sein. Zum anderen würde eine gewerberechtliche Untersagung von Behandlungen bestimmter Vorerkrankungen deren Erkennung voraussetzen, die entsprechende medizinische bzw. psychologische Kenntnisse erfordern würde. Die erforderlichen Grundkenntnisse, ob eine Heilmethode gefahrlos angewendet werden kann oder die Grenzen der Fähigkeiten des Anwenders überschritten sind, werden neben der nötigen charakterlichen Zuverlässigkeit gerade durch die Überprüfung vor Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis sichergestellt. Nach § 2 Abs. 1 Buchst. i der Ersten Durchführungsverordnung zum Heilpraktikergesetz (zuletzt geändert durch Verordnung vom 4. Dezember 2002, BGBl. I S. 4456) wird die Heilpraktikererlaubnis nicht erteilt, wenn sich aus einer Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Antragstellers durch das Gesundheitsamt ergibt, dass die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung bedeuten würde. Dabei sind Grundkenntnisse von psychischen Krankheiten, die für deren Diagnose und Therapie erforderlich sind, Gegenstand sowohl einer allgemeinen als auch einer auf das Gebiet der Psychotherapie beschränkten Überprüfung (vgl. etwa Ziff. 6, 7 und 8.2 der Richtlinien des Hess. Sozialministeriums zur Durchführung des HeilprG vom 11. Juli 2007, Hess. StAnz. 2007, S. 1495). Dementsprechend ist auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren über mehrere Untersagungsbescheide, mit denen u.a. dem Begründer der die selbständige Ausübung der SynergetikTherapie als unerlaubte Ausübung der Heilkunde untersagt worden war, diese Einordnung als verhältnismäßiger Eingriff in die Berufsfreiheit angesehen worden , da kein gleich geeignetes milderes Mittel ersichtlich sei (BVerwG, Urteil vom 26. August 2010 - 3 C 28/09, NVwZ-RR 2011, 23). Dass weitergehende Kenntnisse und Fähigkeiten durch eine erfolgreiche Ausbildung nach der Bundesärzteordnung oder dem Psychotherapeutengesetz erlangt werden können, macht die Erlaubnispflicht nach dem Heilpraktikergesetz nicht ungeeignet. Der strafbewehrte Erlaubnisvorbehalt ist jedenfalls geeignet, die vom Landgericht festgestellten von der Synergetik-Methode ausgehenden Gefahren zu verringern (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 26. August 2010, aaO).
15
4. Keinen durchgreifenden Bedenken begegnet schließlich die von der Revision gerügte Annahme des Landgerichts, dass die Angeklagte vorsätzlich gehandelt habe. Zwar hat die Strafkammer bei ihren diesbezüglichen Ausführungen nicht ausdrücklich festgestellt, dass sich der bedingte Vorsatz der Angeklagten , wie es die Einstufung des Straftatbestands des § 5 HeilprG als potentielles Gefährdungsdelikt erfordert, auch auf die Eignung der SynergetikTherapie bezog, bei Menschen mit psychischen Leiden gesundheitliche Schäden hervorzurufen. Die Angeklagte kannte nach den Feststellungen jedoch sämtliche tatsächlichen Umstände, aus denen sich die potentielle Gesundheitsgefährdung ihrer Patienten ergab. Die Gefährdungseignung, die mit der von ihr angewendeten Methode verbunden war, liegt hier auf der Hand. Es erscheint auch aus der Laiensphäre einsichtig, dass die bei ihrer Behandlung beabsichtigte "Innenweltreise" und die damit verbundene Konfrontation mit unverarbeiteten Erlebnissen und Konflikten auch wegen der hierdurch mitunter ausgelösten Affektzustände insbesondere für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen gefährlich sein können (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 26. August 2010, aaO), die entstehenden regressiven Prozesse aber auch schon bei Patienten mit sonstigen Leiden die Gesundheit gefährden können. Diese Einsicht lag für die Angeklagte umso näher, als ihr nach den Feststellungen des Landgerichts die Verbotsentscheidungen verschiedener Gesundheitsämter bekannt waren, sie sich als Mitglied des Berufsverbands der Synergetiker aktiv am Kampf gegen eine Untersagung der Synergetik-Therapie beteiligte und an Diskussionen um die Erforderlichkeit einer Heilpraktikererlaubnis teilnahm (UA S. 5, 7, 15). Einer näheren Erörterung, dass die Angeklagte das Gefähr- dungspotential ihrer Behandlungsmethode, das deren Erlaubnispflicht nach § 1 Abs. 1 HeilprG begründete, billigend in Kauf nahm, bedurfte es daher nicht.
Fischer Schmitt Berger Krehl Eschelbach

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Strafgesetzbuch - StGB | § 224 Gefährliche Körperverletzung


(1) Wer die Körperverletzung 1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,4. mit einem anderen Beteiligten gemeins

Heilpraktikergesetz - HeilprG | § 1


(1) Wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben will, bedarf dazu der Erlaubnis. (2) Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung vo

Heilpraktikergesetz - HeilprG | § 5


Wer, ohne zur Ausübung des ärztlichen Berufs berechtigt zu sein und ohne eine Erlaubnis nach § 1 zu besitzen, die Heilkunde ausübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

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(2) Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird.

(3) Wer die Heilkunde bisher berufsmäßig ausgeübt hat und weiterhin ausüben will, erhält die Erlaubnis nach Maßgabe der Durchführungsbestimmungen; er führt die Berufsbezeichnung "Heilpraktiker".

Wer, ohne zur Ausübung des ärztlichen Berufs berechtigt zu sein und ohne eine Erlaubnis nach § 1 zu besitzen, die Heilkunde ausübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben will, bedarf dazu der Erlaubnis.

(2) Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird.

(3) Wer die Heilkunde bisher berufsmäßig ausgeübt hat und weiterhin ausüben will, erhält die Erlaubnis nach Maßgabe der Durchführungsbestimmungen; er führt die Berufsbezeichnung "Heilpraktiker".

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte den Klägern zu Recht die Behandlung nach der Synergetik-Methode als unerlaubte Ausübung der Heilkunde untersagt hat.

2

Der Kläger versteht sich als Begründer dieser Methode. An seinem Wohnsitz in Hessen betreibt er seit den 1980er Jahren ein Synergetik-Institut, das Therapien und Ausbildungskurse anbietet. Nach Eigendarstellungen in Broschüren und im Internet beruht die Methode auf der mathematischen Beschreibung der Selbstorganisation makroskopischer Systeme durch den Physiker Hermann Haken. Dessen Erkenntnisse seien auf die Selbstorganisationsfähigkeit der Psyche in Tiefenentspannung übertragbar. Dem Klienten werde durch eine Veränderung der neuronalen Informationsstruktur ermöglicht, während einer Innenweltreise den Hintergrund von Krankheiten aufzulösen. Die Synergetik-Therapie sei Anleitung zur Selbstheilung bei nahezu allen seelischen und körperlichen Erkrankungen.

3

Die Therapie-Sitzungen verlaufen derart, dass dem Klienten die Augen verbunden werden und er sich auf eine gepolsterte Unterlage legt. Durch das Abspielen meditativer Musik, Vorlesen von Texten, Rückwärtszählen und der Suggestion absteigender Treppen soll ein Zustand der Tiefenentspannung herbeigeführt werden. Der Patient soll auf diese Weise, begleitet von dem Therapeuten, in seine Innenwelt hinabsteigen, um unverarbeitete Erlebnisse und Konflikte durch die innere Konfrontation neu zu gestalten. Durch den Einsatz von Geräuschen und Klängen sollen dramaturgische Effekte erzielt werden; ferner wird ein Plastikschlagstock eingesetzt, um auf innere Bilder einschlagen zu können.

4

Gemeinsam mit der Klägerin eröffnete der Kläger Anfang des Jahres 2004 in G. ein Informationscenter für ganzheitliche Therapie, in dem sie die Synergetik-Therapie und das sogenannte Synergetik-Profiling anboten. In einer Broschüre des Centers wird die Synergetik als neue Kraft im Gesundheitswesen bezeichnet, die zu einer Selbstheilung von Krankheiten anleite. Zu dem Synergetik-Profiling heißt es, dass der Kläger seine Erfahrungen mit Rasterfahndungsmethoden als Ingenieur beim Bundeskriminalamt erfolgreich in der Synergetik-Therapie untergebracht habe; für ihn sei es oft ein Leichtes, den Hintergrund von Krankheitsstrukturen mit einem synergetischen Profiling aufzudecken und aufzulösen.

5

Der Beklagte untersagte den Klägern mit Bescheiden vom 8. Januar 2004 jeweils unter Androhung eines Zwangsgeldes die selbständige Ausübung der Synergetik-Therapie und des Synergetik-Profilings und forderte sie auf, das Praxisschild zu entfernen sowie die Angebote im Internet zu löschen. Die Tätigkeit der Kläger sei eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Sinne des § 11 des Niedersächsischen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes; denn sie übten Heilkunde ohne die erforderliche Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz (HeilprG) aus. Für die Tiefenentspannung bestünden Kontraindikationen; es könne zu psychischen Veränderungen und Krisensituationen, ggf. auch zu Notfällen bei körperlichen Erkrankungen kommen. Da nach den eigenen Angaben der Kläger 17 % der Klienten körperlich und 26 % psychisch krank seien, bedürfe es zur Verhinderung von Gefahren vor und während der Therapie einer fachkundigen Ausschlusskontrolle, zu der die Kläger mangels Vorbildung außer Stande seien.

6

Auf die Widersprüche der Kläger hin hob die Bezirksregierung die Ausgangsbescheide insoweit auf, als den Klägern die Löschung ihrer Angebote im Internet aufgegeben worden war, und wies sie im Übrigen zurück. Die Synergetik-Methode sei als ein der Psychotherapie ähnliches Verfahren einzustufen, das fließende Übergänge zur hypnotischen Induktion enthalte. Es ähnele dem psychotherapeutischen Verfahren des katathymen Bilderlebens. Ohne fachkundige Begleitung könne es dabei zu Komplikationen bis hin zum Auftreten psychotischer Schübe kommen. Die Durchführung der Therapie verursache zudem mittelbare Gesundheitsgefahren, indem eine Hintergrundauflösung statt einer Bekämpfung der Krankheit durch Ärzte empfohlen werde.

7

Mit ihren Klagen haben die Kläger geltend gemacht, die Synergetik-Methode arbeite nicht mit Suggestionen und Hypnose. Das werde durch eine Stellungnahme des Psychologen Prof. Dr. R. bestätigt. Der Vorwurf, nur mit bestimmten Ärzten zusammenzuarbeiten, sei ebenso unzutreffend wie die Annahme, die Synergetik-Therapie sei darauf ausgerichtet, schulmedizinische Behandlungen zu verhindern. Sie teilten zwar den Ansatz, dass eine Krebserkrankung konfliktbedingt sei. Allerdings setze die Synergetik nicht auf natürliche Heilkräfte, sondern fordere den Klienten auf, selbst etwas gegen die Krankheit zu tun. Im Übrigen müsse berücksichtigt werden, dass sich die neue Synergetik-Therapie nicht mehr der Behandlung von Krankheiten widme. Um die Trennung von den Synergetik-Profilern zu verdeutlichen, sei ein eigener Berufsverband gegründet worden. Ergänzend haben die Kläger Stellungnahmen des Psychologischen Psychotherapeuten Dr. A. und des Juristen Prof. Dr. H. vorgelegt.

8

Das Verwaltungsgericht hat die Klagen mit Urteilen vom 23. November 2006 abgewiesen. Die Berufungen der Kläger hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteilen vom 18. Juni 2009 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Beklagte habe zu Recht nicht zwischen Synergetik-Therapie und Synergetik-Profiling unterschieden, weil im maßgeblichen Zeitpunkt der von den Klägern geltend gemachte Unterschied, wonach sich die Synergetik-Therapie nicht mehr mit der Behandlung von Krankheiten befasse, objektiv nicht bestanden habe; vielmehr sei die Therapie als Selbstheilungsmethode und Innovation im Gesundheitswesen dargestellt worden. Erst ab 2005 sei der Synergetik-Therapie eine andere Zielrichtung zugeschrieben worden. Dadurch würden die Untersagungsbescheide weder unbestimmt noch hätten sie sich erledigt; Gegenstand der Untersagungen sei vielmehr die bei Erlass der Bescheide ausgeübte Tätigkeit. Diese stelle eine Ausübung der Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes dar. Anders als bei Wunder- oder Geistheilern berufe sich die Synergetik-Methode auf naturwissenschaftliche Zusammenhänge, die sie auf die Heilung von Krankheiten übertrage. Ungeachtet der Bezeichnung als Selbstheilungsmethode würden die Kläger tätig, indem sie die Patienten während der Therapie anleiteten, um den behaupteten Selbstorganisationsprozess in Gang zu setzen. Von der Methode gingen unmittelbare Gefahren aus. Nach den vorliegenden fachwissenschaftlichen Stellungnahmen sei davon auszugehen, dass jedenfalls bei bestimmten psychischen Erkrankungen Kontraindikationen bestünden. Dabei gehe es nicht um eine bloß theoretische oder geringfügige Gefahr; denn die Kläger wendeten sich gerade auch an Personen mit psychischen Problemen. Dass es nach ihren Angaben trotz jahrelanger Anwendung der Methode bislang nicht zu Schäden gekommen sei, schließe eine unmittelbare Gefahr nicht aus. Die Behauptung sei objektiv nicht nachprüfbar und im Übrigen auch deshalb zweifelhaft, weil die Therapeuten mangels medizinischer Kenntnisse nicht in der Lage seien, die Folgen ihrer Tätigkeit zu erkennen. Die Behandlung sei ferner mittelbar gefährlich, weil sie diejenigen, die daran glaubten, von einem möglicherweise notwendigen Arztbesuch abhalten könne. Die Kläger verträten die Auffassung, dass eine wahre Heilung nicht durch schulmedizinische Behandlung erfolgen könne, sondern durch die von ihnen propagierte Hintergrundauflösung. Zwar behaupteten die Kläger, auf eine Zusammenarbeit mit allen Ärzten hinzuwirken; auch enthielten die Patienteninformationsblätter Hinweise auf die Notwendigkeit, gegebenenfalls ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Darin liege jedoch nur der Versuch, sich von einer heilkundlichen Tätigkeit abzugrenzen, ohne den Anspruch aufzugeben, Krankheiten besser als die Schulmedizin heilen zu können. Das Verbot sei ein verhältnismäßiges Mittel zum Schutz der Bevölkerung. Durch die Heilpraktikerprüfung könne sichergestellt werden, dass die Kläger keinen Fehlvorstellungen im medizinischen Bereich erlägen. Das Verbot sei schließlich ermessensfehlerfrei ergangen.

9

Mit ihren Revisionen rügen die Kläger, das Berufungsgericht habe einen unzutreffenden Beurteilungszeitpunkt zugrunde gelegt, indem es auf die letzte Behördenentscheidung abgestellt habe. Wegen der Ausstrahlungswirkung des Art. 12 GG hätte es die Entwicklung bis zur mündlichen Verhandlung berücksichtigen müssen. Dass für gewerberechtliche Untersagungen mittlerweile anderes gelte, beruhe allein auf dem Umstand, dass dort ein Wiedererteilungsverfahren eingeführt worden sei, in dem nachträgliche Umstände Berücksichtigung fänden. Das Berufungsgericht hätte deshalb einbeziehen müssen, dass sich die "neue" Synergie-Therapie nicht mehr der Behandlung kranker Menschen widme und deshalb keine Gefahr für die Volksgesundheit bedeute. Im Übrigen sei auch die Annahme unzutreffend, dass zum Zeitpunkt der Verbotsverfügung keine Unterschiede bestanden hätten. Bereits der Bescheid habe zwischen der Synergetik-Therapie und dem Profiling differenziert. Das Berufungsgericht habe einen anderen Sachverhalt als die Behörde zugrunde gelegt; das führe zu einer unzulässigen Wesensänderung des Bescheids und zu einer Verletzung des Bestimmtheitsgebots aus § 37 Abs. 1 VwVfG. Die Klägerin macht ergänzend geltend, nur die Synergetik-Therapie anzuwenden, die auch gesunden Menschen nutzen könne. Zur Frage der unmittelbaren Gefahr habe das Berufungsgericht in beiden Verfahren den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt. Es hätte klären müssen, ob die synergetische Behandlung mit ähnlich invasiven oder suggestiven Techniken arbeite wie die medizinische Hypnose oder das katathyme Bilderleben. Dazu sei in den Vorinstanzen umfangreich vorgetragen, es seien Privatgutachten vorgelegt und die Einholung weiterer Sachverständigengutachten gefordert worden. Indem das Berufungsgericht die Ausführungen der Gutachter nicht berücksichtigt und ohne Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens entschieden habe, verstoße es gegen § 86 VwGO. Auch bei der Annahme mittelbarer Gefahren habe es seine Sachaufklärungspflicht verletzt. Ohne Parteivernehmung hätte nicht auf ihre mangelnde Bereitschaft geschlossen werden dürfen, zur Einholung schulmedizinischer Behandlung zu raten. Das Berufungsgericht habe zugleich gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen. Ohne einen gerichtlichen Hinweis hätten sie nicht damit rechnen müssen, dass das Gericht die Gefährlichkeit der synergetischen Behandlungsmethode, mithin eine Fachfrage, ohne Einholung einer sachverständigen Bewertung entscheiden würde. Andernfalls hätten sie einen förmlichen Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gestellt. Die Notwendigkeit einer Heilpraktikererlaubnis sei zur Abwehr der angenommenen Gefahren zudem ungeeignet. Ebenso wie in den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu Geist- und Wunderheilern sei auch ihre Tätigkeit durch eine ausgeprägte Medizinferne gekennzeichnet. In einem solchen Fall werde die mittelbare Gefahr, einen Kranken von einem erforderlichen Arztbesuch abzuhalten, nicht etwa verringert, sondern vergrößert, wenn die Tätigkeit als staatlich genehmigter und geprüfter Heilpraktiker ausgeübt werde. Schließlich sei das Verbot nicht erforderlich. Es genüge, ihnen aufzugeben, Klienten nur nach Vorlage einer ärztlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung zu behandeln und die Klienten anzuhalten, medizinischen Rat in Anspruch zu nehmen. Ein solches Konsiliarverfahren sei für die psychotherapeutische Behandlung ausdrücklich vorgesehen. Die Kläger rügen außerdem, dass die Vollmacht der Vertreterin des Beklagten nicht bis zum Ende der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht vorgelegen habe. Das müsse zu einer Zurückverweisung der Sache führen.

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Der Beklagte verteidigt das Berufungsurteil.

Entscheidungsgründe

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Die Revisionen sind unbegründet. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen kein Bundesrecht im Sinne des § 137 Abs. 1 VwGO.

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1. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Klagen als Anfechtungsklagen statthaft sind. Der von den Klägern geltend gemachte Umstand, dass die "neue" Synergetik-Therapie nicht mehr der Behandlung von Krankheiten diene, führt nicht dazu, dass sich der Streit um die Aufhebung der Untersagungsverfügungen teilweise - hinsichtlich der untersagten Ausübung der Synergetik-Therapie - in der Hauptsache erledigt hätte. Den Klägern ist durch die angegriffenen Bescheide eine bestimmte Tätigkeit untersagt worden, nämlich die Ausübung der Synergetik-Therapie und des Synergetik-Profilings in der zum Zeitpunkt der Untersagung praktizierten Form. Die Rechtmäßigkeit der Untersagung dieser konkreten Tätigkeit bildet den Streitgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Dass die Kläger die Untersagungsverfügungen während des Verfahrens möglicherweise befolgen, indem sie die ihnen untersagte Tätigkeit vorerst einstellen und eine andere Tätigkeit aufnehmen, lässt die auf Dauer angelegte Rechtswirkung der Bescheide nicht entfallen. Die streitgegenständliche Anwendung der Synergetik-Methode, die die Kläger wiederaufnehmen könnten, bleibt ihnen weiterhin untersagt. Aus dem gleichen Grund ist eine Erledigung nicht durch die Schließung des Informationscenters in G. und die Entfernung des dortigen Praxisschildes eingetreten.

13

2. Das Berufungsgericht hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass die Untersagungsbescheide des Beklagten in Gestalt der Widerspruchsbescheide der Bezirksregierung rechtmäßig sind und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzen.

14

Die Bescheide stützen sich auf die gefahrenabwehrrechtliche Generalklausel des § 11 des Niedersächsischen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes. Danach können die Verwaltungsbehörden und die Polizei die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine Gefahr abzuwehren, soweit nicht weitere Vorschriften die Befugnisse der Verwaltungsbehörden und der Polizei besonders regeln. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen dieser Ermächtigungsnorm bejaht. Die Auslegung und Anwendung irrevisiblen Landesrechts ist grundsätzlich Sache der Landesgerichte. Das Revisionsgericht hat nur zu überprüfen, ob bei der Anwendung und Auslegung des Landesrechts das höherrangige Bundesrecht beachtet worden ist. Der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegt ferner eine bundesrechtliche Frage, die für die nach irrevisiblem Recht zu treffende Entscheidung vorgreiflich ist.

15

a) Hinsichtlich des Prüfungsgegenstandes hat das Berufungsgericht angenommen, dass die von den Klägern angeführte "neue" Synergetik-Methode, die nicht mehr der Behandlung von Krankheiten diene, für die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Bescheide nicht entscheidungserheblich sei. Dagegen ist auch im Lichte des Grundrechts der Kläger aus Art. 12 Abs. 1 GG nichts zu erinnern. Es ist zwar richtig, dass ein effektiver Schutz der Berufsfreiheit gebieten kann, im gerichtlichen Verfahren auch nachträglich eingetretene Umstände in Rechnung zu stellen, die zur Rechtswidrigkeit einer ursprünglich rechtmäßigen Untersagungsverfügung führen, soweit deren Berücksichtigung nicht einem gesonderten Wiedererteilungsverfahren vorbehalten ist. Das kann die tatsächlichen Voraussetzungen für die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit betreffen, etwa die zwischenzeitliche Wiedererlangung einer zunächst entfallenen persönlichen Eignung oder Zuverlässigkeit, oder die rechtlichen Voraussetzungen, etwa den zwischenzeitlichen Wegfall einer ursprünglich vorhandenen Rechtsgrundlage für die Untersagung infolge einer Gesetzesänderung (s. dazu das von den Klägern angeführte Urteil vom 5. August 1965 - BVerwG 1 C 69.62 - BVerwGE 22, 16). Um derartige Aspekte geht es hier jedoch nicht. Mit dem Einwand, die "neue" Synergetik-Therapie diene nicht mehr der Krankenbehandlung, machen die Kläger keine nachträglichen Umstände geltend, die die Beurteilung der ihnen durch die angegriffenen Bescheide untersagten Tätigkeit ändern könnten, sondern behaupten lediglich, statt der untersagten nunmehr eine andere Tätigkeit auszuüben. Das berührt nicht die hier zu entscheidende Frage, ob die den Klägern konkret untersagte Tätigkeit (weiterhin) eine unerlaubte Ausübung der Heilkunde darstellt.

16

Im Übrigen ergäbe sich selbst bei Mitberücksichtigung der von den Klägern geltend gemachten nachträglichen Umstände keine andere Bewertung. Ausweislich der zu den Akten gereichten Unterlagen über die vielfältigen Internetdarstellungen des Synergetik-Instituts und der Berufsverbände wird auch die Synergetik-Therapie weiterhin als therapeutische Maßnahme bei körperlichen oder seelischen Beeinträchtigungen dargestellt und keine klare Abgrenzung der vermeintlich unterschiedlichen Berufsbilder vorgenommen. Eine solche Abgrenzung wäre den Klägern in der Praxis auch gar nicht möglich, da sie nicht in der Lage sind, zwischen gesunden und kranken Klienten zu unterscheiden.

17

b) Die den Klägern untersagte Tätigkeit ist eine erlaubnispflichtige Ausübung der Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes - HeilprG - vom 17. Februar 1939 (RGBl I S. 251, BGBl III 2122-2), zuletzt geändert durch Artikel 15 des Gesetzes vom 23. Oktober 2001 (BGBl I S. 2702).

18

Ausübung der Heilkunde nach § 1 Abs. 2 HeilprG ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen. Wegen der mit dem Erlaubniszwang verbundenen Beschränkung der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG fallen darunter nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur solche Heilbehandlungen, die nach allgemeiner Auffassung ärztliche Fachkenntnisse erfordern und gesundheitliche Schäden verursachen können. Ärztliche Fachkenntnisse können erforderlich sein im Hinblick auf das Ziel, die Art oder die Methode der Tätigkeit oder auch schon im Hinblick auf die Feststellung, ob im Einzelfall mit der Behandlung begonnen werden darf, ohne dass der Patient durch die Verrichtung selbst unmittelbar Schaden nimmt. Auch Tätigkeiten, die für sich gesehen ärztliche Fachkenntnisse nicht voraussetzen, fallen unter die Erlaubnispflicht, wenn sie nennenswerte Gesundheitsgefährdungen zur Folge haben können. Dazu zählen auch mittelbare Gefährdungen, wenn durch die Behandlung ein frühzeitiges Erkennen ernster Leiden verzögert wird und die Wahrscheinlichkeit einer solchen Gefährdung nicht nur geringfügig ist. Eine solche Gefahr besteht dann, wenn die in Rede stehende Heilbehandlung als eine die ärztliche Berufsausübung ersetzende Tätigkeit erscheint (vgl. zu alledem Urteile vom 20. Januar 1966 - BVerwG 1 C 73.64 - BVerwGE 23, 140 <146 ff.>, vom 25. Juni 1970 - BVerwG 1 C 53.66 - BVerwGE 35, 308 <311> und vom 11. November 1993 - BVerwG 3 C 45.91 - BVerwGE 94, 269 <274>; Beschluss vom 25. Juni 2007 - BVerwG 3 B 82.06 - Buchholz 418.04 Heilpraktiker Nr. 23 Rn. 4; Urteil vom 26. August 2009 - BVerwG 3 C 19.08 - BVerwGE 134, 345 <346>; Beschluss vom 28. Oktober 2009 - BVerwG 3 B 39.09 - juris Rn. 3). Je weiter sich dabei das Erscheinungsbild des Heilers von der medizinischen Behandlung entfernt, desto geringer wird das Gefährdungspotential im Hinblick auf mittelbare Gefahren. Wenn Tätigkeiten nicht mehr den Eindruck erwecken, Ersatz für eine medizinische Behandlung sein zu können, weil sie nur auf eine spirituelle Wirkung angelegt sind, unterfallen sie nicht mehr dem Erlaubniszwang des Heilpraktikergesetzes (vgl. zu sog. Geist- oder Wunderheilern BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 2. März 2004 - 1 BvR 784/03 - NJW-RR 2004, 705 f. und vom 3. Juni 2004 - 2 BvR 1802/02 - NJW 2004, 2890 f.; s. hingegen zum Heilmittelwerbeverbot auch für Geistheiler BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. März 2007 - 1 BvR 1226/06 - NJW-RR 2007, 1048).

19

aa) Das Berufungsgericht hat seiner Prüfung diese Maßstäbe zugrunde gelegt und zutreffend angewandt. Die Synergetik-Methode, gleich ob als Therapie oder als sog. Profiling, soll Krankheiten heilen oder lindern. Die Methode präsentiert sich als etwas grundsätzlich Neues im Gesundheitswesen, als die "vierte Kraft" im Gesundheitswesen neben Ärzten, Heilpraktikern und Psychotherapeuten sowie als höchste Stufe der Heilung - auf unterster Stufe steht danach die Schulmedizin mit einer bloßen Symptombekämpfung oder -unterdrückung. Dem so vermittelten Eindruck einer Heiltätigkeit können die Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, sie gäben keine Heilversprechen ab. Die Präsentation der Methode ist vielmehr genau darauf gerichtet. Das zeigt sich beispielhaft an den Aussagen zur Behandlung von Brustkrebserkrankungen. So werden in einer sog. Brustkrebsstudie zahlreiche Beispiele einer Behandlung durch die Synergetik-Therapie vorgestellt, zum Teil mit Ultraschallaufnahmen, die das Verschwinden von Knoten in der Brust nach einigen Synergetik-Sitzungen belegen sollen.

20

Anders als sog. Wunder- oder Geistheiler setzt die Methode der Kläger auch nicht auf eine bloß spirituelle oder rituelle Heilung, die sich derart von dem Erscheinungsbild einer medizinischen Behandlung entfernt, dass sie nicht mehr den Eindruck erwecken kann, es handele sich um einen Ersatz für medizinische Betreuung. Vielmehr wird gerade dieser Eindruck erweckt. Das ergibt sich bereits aus dem äußeren Erscheinungsbild. Der Patient wird in Therapie-Sitzungen behandelt, die durchaus einer psychologischen oder psychotherapeutischen Behandlung ähneln. Es ergibt sich weiter aus der in Anspruch genommenen naturwissenschaftlichen Grundlage der Methode. Vor allem aber stellt sich die Methode als der Schulmedizin überlegen dar, die lediglich Symptome bekämpfe, während die Synergetik den Krankheitshintergrund auflöse. In den Eigendarstellungen wird die Methode der Behandlung durch Ärzte, Heilpraktiker und Psychotherapeuten als Alternative gegenübergestellt ("Heilung versus Selbstheilung"). Auch dies zeigt sich exemplarisch an den Aussagen über die Behandlung von Brustkrebserkrankungen. In den Broschüren wird die Wirksamkeit der schulmedizinischen Behandlung angezweifelt und als lebensgefährlich bezeichnet. Zudem wird die Ansicht vertreten, dass durch die vom Arzt gestellte Diagnose ein Schock ausgelöst werde, der häufig zusätzlich Lungenkrebs erzeuge. Dagegen setzen die Kläger ihre Methode der wahren Heilung, die auf der vermeintlichen Erkenntnis basiert, dass Krebs in der linken Brust in der Regel auf einem Versorgungskonflikt beruhe, in der rechten Brust hingegen auf einem Partnerschaftskonflikt, die jeweils durch die Synergetik-Therapie aufgelöst werden könnten.

21

Die Kläger können nicht mit Erfolg geltend machen, die Patienten heilten sich bei ihrer Reise in die Innenwelt selbst. Die Betonung der Selbstheilung, mit der die Kläger den Patienten die Verantwortung für Erfolg oder Misserfolg der Therapie zuweisen, kann nicht verdecken, dass die Methode ohne den Therapeuten nicht durchgeführt werden kann. Dessen Tätigkeit wird unter anderem in den vorgelegten Arbeitsanweisungen für Synergetik-Therapeuten im Einzelnen beschrieben. Der Kläger bietet zudem zahlreiche Kurse an, die gerade zur Ausübung dieser Tätigkeit befähigen sollen.

22

Da die Eigendarstellungen der Kläger auch die Synergetik-Therapie als Methode zur Behandlung von Krankheiten präsentiert haben, war für das Berufungsgericht eine ergebnisrelevante Unterscheidung zwischen der Therapie und dem sog. Profiling nicht veranlasst. Es hat wie der Beklagte beide "Therapie-Formen" in den Blick genommen und beide für eine erlaubnispflichtige Ausübung der Heilkunde gehalten. Eine "Wesensänderung" (gemeint ist offenbar eine eigenmächtige Änderung der in Rede stehenden Berufsbilder) oder ein von den Klägern wohl in diesem Zusammenhang gesehener Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz liegt darin nicht.

23

bb) Die Einordnung der Synergetik-Methode als erlaubnispflichtige Heiltätigkeit hängt somit von der Einschätzung der mit dieser Tätigkeit verbundenen Risiken ab. Dies betrifft die Ebene der Tatsachenfeststellung, die nach § 137 Abs. 2 VwGO den Tatsachengerichten vorbehalten ist. Das Berufungsgericht hat sowohl eine unmittelbare als auch eine mittelbare Gesundheitsgefährdung bejaht. Die dagegen erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.

24

Das Berufungsgericht hat seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung nach § 86 VwGO nicht dadurch verletzt, dass es zur Beurteilung der unmittelbaren Gesundheitsgefährdungen keinen (weiteren) Sachverständigen herangezogen hat. Mit dieser Rüge können die Kläger schon deshalb nicht durchdringen, weil sie einen förmlichen Beweisantrag in der Vorinstanz nicht gestellt haben. Ihr Einwand, durch einen unterbliebenen Hinweis des Gerichts darauf, dass es auf der Grundlage des bisherigen Prozessstoffes entscheiden wolle, von einem solchen Antrag abgehalten worden zu sein, ist unbegründet. Das Gericht muss nur auf solche Umstände hinweisen, mit denen auch ein erfahrener Prozessvertreter nicht zu rechnen braucht. Solche Umstände lagen hier nicht vor. Die Frage der Gesundheitsgefährdung hatte im Verfahren breiten Raum eingenommen; von den Beteiligten waren zudem schon verschiedene fachkundliche Stellungnahmen vorgelegt worden. Es war deshalb nicht überraschend, dass das Berufungsgericht auf der Grundlage dieses Prozessstoffes eine Sachentscheidung treffen würde. Überdies ist die Frage der unmittelbaren und mittelbaren Gefährdung ausweislich der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht mit den Beteiligten noch einmal näher erörtert worden. Aus dem Umstand, dass das Gericht nach dieser Erörterung die Anträge entgegengenommen und abschließend nur noch die Höhe des Streitwertes angesprochen hat, mussten die Kläger bzw. ihr Prozessbevollmächtigter notwendig folgern, dass es nicht die Absicht hat, von Amts wegen weitere Beweise zu erheben.

25

Die Notwendigkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens brauchte sich dem Berufungsgericht auch nicht aufzudrängen. Es ist insbesondere nicht so, dass das Gericht eine Fachfrage selbst beantwortet hat, ohne über die dazu nötige Sachkenntnis zu verfügen. Es hat sich vielmehr auf die bereits vorliegenden sachverständigen Einschätzungen von Prof. Dr. R. und des Psychologischen Sachverständigen der Gutachterstelle Nordrhein, Dr. A., gestützt, sich mit den weiteren von den Klägern vorgelegten Stellungnahmen von Prof. Dr. H. und Prof. Dr. R. auseinandergesetzt und die vom Beklagten vorgelegten fachwissenschaftlichen Informationen sowie die seiner Einschätzung nach überzeugenden amtsärztlichen Erwägungen einbezogen. Auf dieser Grundlage ist es zu der Feststellung gelangt, dass die Synergetik-Therapie jedenfalls bei psychischen Erkrankungen wie Psychosen und Borderline-Erkrankungen kontraindiziert ist und deshalb ihre Anwendung eingedenk der Angabe des Klägers, dass 26 % der Patienten psychisch krank sind, ein nicht unerhebliches Gefahrenmoment darstellt. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens hätte sich nur dann aufgedrängt, wenn sich aus den bereits vorliegenden fachlichen Einschätzungen kein plausibles Bild ergeben hätte. Es erscheint indes schon aus der Laiensphäre plausibel, dass das bei der Synergetik-Therapie beabsichtigte "Aufräumen in der Innenwelt" durch die Konfrontation mit unverarbeiteten Erlebnissen und Konflikten angesichts der hervorgerufenen emotionalen Reaktionen ("weinen, schreien, spüren, draufhauen") für Menschen mit bestimmten psychischen Erkrankungen abträglich oder gefährlich sein kann.

26

Die Kläger meinen demgegenüber, ein Sachverständigengutachten hätte sich deshalb aufdrängen müssen, weil die Frage ungeklärt geblieben sei, ob die Patienten bei der Synergetik-Therapie ebenso wie bei bestimmten Psychotherapieverfahren in eine Art Hypnose versetzt würden. Diese Frage war für das Berufungsgericht indes nicht entscheidungserheblich. Es hat unabhängig von der "richtigen" Beschreibung des Zustandes der Patienten zwischen Tiefenentspannung und Hypnose oder Trance maßgeblich darauf abgestellt, dass die Behandlung bei bestimmten psychischen Erkrankungen kontraindiziert ist.

27

Die von den Klägern erhobene Gehörsrüge greift ebenfalls nicht durch. Das Berufungsgericht hat ihren Sachvortrag und die von ihnen vorgelegten Unterlagen nicht übergangen, sondern lediglich in einem Sinne gewertet, den sie für unzutreffend halten. Damit lässt sich eine Verletzung rechtlichen Gehörs nicht begründen.

28

cc) Die unmittelbaren Gefahren begründen die Einordnung der Heiltätigkeit als erlaubnispflichtige Ausübung der Heilkunde, ohne dass es noch darauf ankäme, ob von der Tätigkeit auch nennenswerte mittelbare Gesundheitsgefährdungen ausgehen. Auch diese Gefahren hat das Berufungsgericht indes mit Recht bejaht. Nach der Eigendarstellung versteht sich die Synergetik-Therapie als eine Alternative zur üblichen Schulmedizin, welche unfähig zu einer wahren Heilung von Krankheiten sei. Patienten, die sich bereits in ärztlicher Behandlung befinden, wird der Rat erteilt, den Arzt zu wechseln, wenn dieser den Aspekt der Selbstheilung nicht nachvollziehen könne ("denn Sie bekommen ja auch nicht beim Metzger kompetente Antworten auf die Frage nach vegetarischer Ernährung"). Die Kläger stellen demgegenüber in Aussicht, mit der Synergetik-Therapie praktisch jede Art von Erkrankungen körperlicher oder seelischer Art bis hin zu Selbstmordgefährdung im Wege der aktiven Selbstheilung behandeln zu können. Daraus ergeben sich gerade für Patienten, die an ernsthaften Krankheiten leiden, mittelbare Gefahren, weil sie veranlasst werden könnten, allein auf die Wirksamkeit der von den Klägern propagierten Methode zu vertrauen, anstatt sich in ärztliche Behandlung zu begeben.

29

Diese Gefahr wird nicht dadurch beseitigt, dass die Kläger die Patienten in einem Informationsblatt darüber informieren, dass sie über keine medizinische Qualifikation verfügten, keine Diagnosen oder Therapien im medizinischen Sinne durchführten und keine Heilkunde ausübten, und auch nicht dadurch, dass ähnliche Aussagen in die sog. Ethik-Richtlinien des Berufsverbandes aufgenommen wurden. Diese Formulierungen dienen ersichtlich nur dem Versuch einer formalen Abgrenzung von einer erlaubnispflichtigen Ausübung der Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes. Sie erwecken auf den Patienten, soweit er sie überhaupt zur Kenntnis nimmt, eher den Eindruck eines typischen Absicherungsvermerks "im Kleingedruckten". Dem entspricht der weitere Hinweis in dem Informationsblatt, dass der Klient - und gerade nicht der Therapeut - die alleinige Verantwortung für die Entscheidung zu tragen habe, ob medizinische Versorgung in Anspruch genommen werde. Für den Patienten enthalten die Hinweise darauf, dass die Synergetik-Therapie keine schulmedizinische Behandlung sei, zudem keine weiterführenden Informationen, sondern wiederholen nur, was sich aus der Eigendarstellung der Synergetik-Therapie ohnehin ergibt. Der die mittelbare Gefahr begründende Anspruch, der schulmedizinischen Behandlung überlegen zu sein und sie ersetzen zu können, wird dadurch nicht aufgegeben. All das hat das Berufungsgericht auf der Grundlage seiner tatsächlichen Feststellungen zutreffend erkannt.

30

Die Rüge der Kläger, die Annahme einer mittelbaren Gefahr durch das Berufungsgericht leide an einer mangelnden Sachverhaltsaufklärung, weil keine Parteivernehmung zu ihrer inneren Bereitschaft durchgeführt worden sei, ihren Klienten die Einholung schulmedizinischer Beratung nahezulegen, geht fehl. Weder haben die Kläger solches beantragt noch musste es sich dem Berufungsgericht aufdrängen. Ob nennenswerte mittelbare Gesundheitsgefährdungen anzunehmen sind, kann nur auf Grund einer generalisierenden und typisierenden Betrachtung der in Rede stehenden Tätigkeit beurteilt werden. Maßgebliche Bedeutung haben in diesem Zusammenhang vor allem die Krankheiten, die behandelt werden sollen, und die Erwartungen der Patienten, die sich an die Behandlung knüpfen (Urteil vom 11. November 1993 a.a.O. S. 275). Es kommt deshalb nicht auf eine innere Bereitschaft der Kläger und auch nicht auf ihre Bekundungen im Verfahren an, sondern auf den äußeren Eindruck, der sich aus der Eigendarstellung der Therapie-Methode für die angesprochenen Personenkreise ergibt.

31

dd) Die Einordnung der Tätigkeit als erlaubnispflichtige Ausübung der Heilkunde stellt keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG dar. Das Ziel des Gesetzes, die Gesundheit der Bevölkerung durch einen Erlaubniszwang für Heilbehandler ohne Bestallung zu schützen, ist durch Art. 12 Abs. 1 GG gedeckt. Die Gesundheit der Bevölkerung ist ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut, zu dessen Schutz eine solche subjektive Berufszulassungsschranke nicht außer Verhältnis steht (BVerfG, Beschluss vom 10. Mai 1988 - 1 BvR 482/84 und 1166/85 - BVerfGE 78, 179 <192>). Der Erlaubnisvorbehalt ist auch im Falle der von den Klägern ausgeübten Tätigkeit geeignet, die festgestellten Gefahren zu verringern. Anders als bei Geist- oder Wunderheilern gehen von der Synergetik-Therapie unmittelbare Gefahren aus, die die Kläger erkennen bzw. vermeiden müssen. Da die Therapieform außerdem nicht bloß den Eindruck einer außerhalb der Heilkunde stehenden eher spirituellen Methode erweckt, sondern sich als wissenschaftlich begründete Alternative zur Schulmedizin versteht, lässt sich die Erwägung des Bundesverfassungsgerichts nicht übertragen, wonach eine Heilpraktikererlaubnis eher die Erwartung verstärke, sich in sachkundige Hände zu begeben, und deshalb für medizinferne Tätigkeiten zur Gefahrenabwehr ungeeignet sei.

32

Ein gleich geeignetes milderes Mittel ist nicht ersichtlich. Die Verpflichtung, sich zu Beginn einer Behandlung eine ärztliche Unbedenklichkeitsbescheinigung vorlegen zu lassen und jeden Patienten anzuhalten, ärztlichen Rat in Anspruch zu nehmen, ist kein gleich geeignetes Mittel. Die Kläger müssen, wenn sie Krankheiten behandeln wollen, selbst einschätzen können, ob ihre Methode gefahrlos angewandt werden kann oder ob die Grenzen ihrer Fähigkeiten überschritten sind und ein Arzt eingeschaltet werden muss. Das gilt für die Aufnahme einer Behandlung wie für deren Fortsetzung. Nicht nur zu Beginn einer Therapie, sondern auch im Verlauf der Behandlung können sich Komplikationen ergeben, die die Kläger erkennen und auf die sie gegebenenfalls reagieren müssen. Die dafür erforderlichen Grundkenntnisse und die nötige charakterliche Zuverlässigkeit werden durch die Überprüfung vor Erteilung der Heilpraktikererlaubnis sichergestellt. Der Hinweis der Kläger auf das Konsiliarverfahren im Rahmen der psychotherapeutischen Behandlung liegt neben der Sache. Anders als ein für sein Fachgebiet ausgebildeter und approbierter Psychotherapeut sind die Kläger auf keinem Gebiet medizinisch ausgebildet, nehmen aber für sich in Anspruch, praktisch alle körperlichen und seelischen Krankheiten behandeln zu können. Für ein "Konsiliarverfahren" ist unter diesen Umständen von vornherein kein Raum. Letztlich läuft auch dieser Ansatz der Kläger lediglich darauf hinaus, die Verantwortung für ihr Tun anderen zuzuweisen.

33

3. Die Sache ist nicht an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Rüge, der Beklagte sei in den Berufungsverfahren nicht vorschriftsmäßig vertreten gewesen, weil bis zum Erlass der Urteile keine Prozessvollmacht der Behördenvertreterin vorgelegt worden sei, bezeichnet keinen Verfahrensmangel. Lassen sich juristische Personen des öffentlichen Rechts durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten (§ 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO), bedarf es nicht der Vorlage einer Prozessvollmacht; diese Vertreter sind keine Prozessbevollmächtigten (Beschlüsse vom 16. März 1993 - BVerwG 4 B 253.92 - Buchholz 310 § 67 VwGO Nr. 80 und vom 26. März 1993 - BVerwG 4 NB 45.92 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 63; Schmidt in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 67 Rn. 14). Eine fehlende Terminsvollmacht führt allenfalls dazu, dass der Beklagte so zu behandeln ist, als wenn er die mündliche Verhandlung nicht wahrgenommen hätte. Das hindert das Gericht indes nicht an einer Sachentscheidung (§ 102 Abs. 2 VwGO).

(1) Wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben will, bedarf dazu der Erlaubnis.

(2) Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird.

(3) Wer die Heilkunde bisher berufsmäßig ausgeübt hat und weiterhin ausüben will, erhält die Erlaubnis nach Maßgabe der Durchführungsbestimmungen; er führt die Berufsbezeichnung "Heilpraktiker".

Wer, ohne zur Ausübung des ärztlichen Berufs berechtigt zu sein und ohne eine Erlaubnis nach § 1 zu besitzen, die Heilkunde ausübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben will, bedarf dazu der Erlaubnis.

(2) Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird.

(3) Wer die Heilkunde bisher berufsmäßig ausgeübt hat und weiterhin ausüben will, erhält die Erlaubnis nach Maßgabe der Durchführungsbestimmungen; er führt die Berufsbezeichnung "Heilpraktiker".

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben will, bedarf dazu der Erlaubnis.

(2) Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird.

(3) Wer die Heilkunde bisher berufsmäßig ausgeübt hat und weiterhin ausüben will, erhält die Erlaubnis nach Maßgabe der Durchführungsbestimmungen; er führt die Berufsbezeichnung "Heilpraktiker".

Wer, ohne zur Ausübung des ärztlichen Berufs berechtigt zu sein und ohne eine Erlaubnis nach § 1 zu besitzen, die Heilkunde ausübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte den Klägern zu Recht die Behandlung nach der Synergetik-Methode als unerlaubte Ausübung der Heilkunde untersagt hat.

2

Der Kläger versteht sich als Begründer dieser Methode. An seinem Wohnsitz in Hessen betreibt er seit den 1980er Jahren ein Synergetik-Institut, das Therapien und Ausbildungskurse anbietet. Nach Eigendarstellungen in Broschüren und im Internet beruht die Methode auf der mathematischen Beschreibung der Selbstorganisation makroskopischer Systeme durch den Physiker Hermann Haken. Dessen Erkenntnisse seien auf die Selbstorganisationsfähigkeit der Psyche in Tiefenentspannung übertragbar. Dem Klienten werde durch eine Veränderung der neuronalen Informationsstruktur ermöglicht, während einer Innenweltreise den Hintergrund von Krankheiten aufzulösen. Die Synergetik-Therapie sei Anleitung zur Selbstheilung bei nahezu allen seelischen und körperlichen Erkrankungen.

3

Die Therapie-Sitzungen verlaufen derart, dass dem Klienten die Augen verbunden werden und er sich auf eine gepolsterte Unterlage legt. Durch das Abspielen meditativer Musik, Vorlesen von Texten, Rückwärtszählen und der Suggestion absteigender Treppen soll ein Zustand der Tiefenentspannung herbeigeführt werden. Der Patient soll auf diese Weise, begleitet von dem Therapeuten, in seine Innenwelt hinabsteigen, um unverarbeitete Erlebnisse und Konflikte durch die innere Konfrontation neu zu gestalten. Durch den Einsatz von Geräuschen und Klängen sollen dramaturgische Effekte erzielt werden; ferner wird ein Plastikschlagstock eingesetzt, um auf innere Bilder einschlagen zu können.

4

Gemeinsam mit der Klägerin eröffnete der Kläger Anfang des Jahres 2004 in G. ein Informationscenter für ganzheitliche Therapie, in dem sie die Synergetik-Therapie und das sogenannte Synergetik-Profiling anboten. In einer Broschüre des Centers wird die Synergetik als neue Kraft im Gesundheitswesen bezeichnet, die zu einer Selbstheilung von Krankheiten anleite. Zu dem Synergetik-Profiling heißt es, dass der Kläger seine Erfahrungen mit Rasterfahndungsmethoden als Ingenieur beim Bundeskriminalamt erfolgreich in der Synergetik-Therapie untergebracht habe; für ihn sei es oft ein Leichtes, den Hintergrund von Krankheitsstrukturen mit einem synergetischen Profiling aufzudecken und aufzulösen.

5

Der Beklagte untersagte den Klägern mit Bescheiden vom 8. Januar 2004 jeweils unter Androhung eines Zwangsgeldes die selbständige Ausübung der Synergetik-Therapie und des Synergetik-Profilings und forderte sie auf, das Praxisschild zu entfernen sowie die Angebote im Internet zu löschen. Die Tätigkeit der Kläger sei eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Sinne des § 11 des Niedersächsischen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes; denn sie übten Heilkunde ohne die erforderliche Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz (HeilprG) aus. Für die Tiefenentspannung bestünden Kontraindikationen; es könne zu psychischen Veränderungen und Krisensituationen, ggf. auch zu Notfällen bei körperlichen Erkrankungen kommen. Da nach den eigenen Angaben der Kläger 17 % der Klienten körperlich und 26 % psychisch krank seien, bedürfe es zur Verhinderung von Gefahren vor und während der Therapie einer fachkundigen Ausschlusskontrolle, zu der die Kläger mangels Vorbildung außer Stande seien.

6

Auf die Widersprüche der Kläger hin hob die Bezirksregierung die Ausgangsbescheide insoweit auf, als den Klägern die Löschung ihrer Angebote im Internet aufgegeben worden war, und wies sie im Übrigen zurück. Die Synergetik-Methode sei als ein der Psychotherapie ähnliches Verfahren einzustufen, das fließende Übergänge zur hypnotischen Induktion enthalte. Es ähnele dem psychotherapeutischen Verfahren des katathymen Bilderlebens. Ohne fachkundige Begleitung könne es dabei zu Komplikationen bis hin zum Auftreten psychotischer Schübe kommen. Die Durchführung der Therapie verursache zudem mittelbare Gesundheitsgefahren, indem eine Hintergrundauflösung statt einer Bekämpfung der Krankheit durch Ärzte empfohlen werde.

7

Mit ihren Klagen haben die Kläger geltend gemacht, die Synergetik-Methode arbeite nicht mit Suggestionen und Hypnose. Das werde durch eine Stellungnahme des Psychologen Prof. Dr. R. bestätigt. Der Vorwurf, nur mit bestimmten Ärzten zusammenzuarbeiten, sei ebenso unzutreffend wie die Annahme, die Synergetik-Therapie sei darauf ausgerichtet, schulmedizinische Behandlungen zu verhindern. Sie teilten zwar den Ansatz, dass eine Krebserkrankung konfliktbedingt sei. Allerdings setze die Synergetik nicht auf natürliche Heilkräfte, sondern fordere den Klienten auf, selbst etwas gegen die Krankheit zu tun. Im Übrigen müsse berücksichtigt werden, dass sich die neue Synergetik-Therapie nicht mehr der Behandlung von Krankheiten widme. Um die Trennung von den Synergetik-Profilern zu verdeutlichen, sei ein eigener Berufsverband gegründet worden. Ergänzend haben die Kläger Stellungnahmen des Psychologischen Psychotherapeuten Dr. A. und des Juristen Prof. Dr. H. vorgelegt.

8

Das Verwaltungsgericht hat die Klagen mit Urteilen vom 23. November 2006 abgewiesen. Die Berufungen der Kläger hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteilen vom 18. Juni 2009 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Beklagte habe zu Recht nicht zwischen Synergetik-Therapie und Synergetik-Profiling unterschieden, weil im maßgeblichen Zeitpunkt der von den Klägern geltend gemachte Unterschied, wonach sich die Synergetik-Therapie nicht mehr mit der Behandlung von Krankheiten befasse, objektiv nicht bestanden habe; vielmehr sei die Therapie als Selbstheilungsmethode und Innovation im Gesundheitswesen dargestellt worden. Erst ab 2005 sei der Synergetik-Therapie eine andere Zielrichtung zugeschrieben worden. Dadurch würden die Untersagungsbescheide weder unbestimmt noch hätten sie sich erledigt; Gegenstand der Untersagungen sei vielmehr die bei Erlass der Bescheide ausgeübte Tätigkeit. Diese stelle eine Ausübung der Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes dar. Anders als bei Wunder- oder Geistheilern berufe sich die Synergetik-Methode auf naturwissenschaftliche Zusammenhänge, die sie auf die Heilung von Krankheiten übertrage. Ungeachtet der Bezeichnung als Selbstheilungsmethode würden die Kläger tätig, indem sie die Patienten während der Therapie anleiteten, um den behaupteten Selbstorganisationsprozess in Gang zu setzen. Von der Methode gingen unmittelbare Gefahren aus. Nach den vorliegenden fachwissenschaftlichen Stellungnahmen sei davon auszugehen, dass jedenfalls bei bestimmten psychischen Erkrankungen Kontraindikationen bestünden. Dabei gehe es nicht um eine bloß theoretische oder geringfügige Gefahr; denn die Kläger wendeten sich gerade auch an Personen mit psychischen Problemen. Dass es nach ihren Angaben trotz jahrelanger Anwendung der Methode bislang nicht zu Schäden gekommen sei, schließe eine unmittelbare Gefahr nicht aus. Die Behauptung sei objektiv nicht nachprüfbar und im Übrigen auch deshalb zweifelhaft, weil die Therapeuten mangels medizinischer Kenntnisse nicht in der Lage seien, die Folgen ihrer Tätigkeit zu erkennen. Die Behandlung sei ferner mittelbar gefährlich, weil sie diejenigen, die daran glaubten, von einem möglicherweise notwendigen Arztbesuch abhalten könne. Die Kläger verträten die Auffassung, dass eine wahre Heilung nicht durch schulmedizinische Behandlung erfolgen könne, sondern durch die von ihnen propagierte Hintergrundauflösung. Zwar behaupteten die Kläger, auf eine Zusammenarbeit mit allen Ärzten hinzuwirken; auch enthielten die Patienteninformationsblätter Hinweise auf die Notwendigkeit, gegebenenfalls ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Darin liege jedoch nur der Versuch, sich von einer heilkundlichen Tätigkeit abzugrenzen, ohne den Anspruch aufzugeben, Krankheiten besser als die Schulmedizin heilen zu können. Das Verbot sei ein verhältnismäßiges Mittel zum Schutz der Bevölkerung. Durch die Heilpraktikerprüfung könne sichergestellt werden, dass die Kläger keinen Fehlvorstellungen im medizinischen Bereich erlägen. Das Verbot sei schließlich ermessensfehlerfrei ergangen.

9

Mit ihren Revisionen rügen die Kläger, das Berufungsgericht habe einen unzutreffenden Beurteilungszeitpunkt zugrunde gelegt, indem es auf die letzte Behördenentscheidung abgestellt habe. Wegen der Ausstrahlungswirkung des Art. 12 GG hätte es die Entwicklung bis zur mündlichen Verhandlung berücksichtigen müssen. Dass für gewerberechtliche Untersagungen mittlerweile anderes gelte, beruhe allein auf dem Umstand, dass dort ein Wiedererteilungsverfahren eingeführt worden sei, in dem nachträgliche Umstände Berücksichtigung fänden. Das Berufungsgericht hätte deshalb einbeziehen müssen, dass sich die "neue" Synergie-Therapie nicht mehr der Behandlung kranker Menschen widme und deshalb keine Gefahr für die Volksgesundheit bedeute. Im Übrigen sei auch die Annahme unzutreffend, dass zum Zeitpunkt der Verbotsverfügung keine Unterschiede bestanden hätten. Bereits der Bescheid habe zwischen der Synergetik-Therapie und dem Profiling differenziert. Das Berufungsgericht habe einen anderen Sachverhalt als die Behörde zugrunde gelegt; das führe zu einer unzulässigen Wesensänderung des Bescheids und zu einer Verletzung des Bestimmtheitsgebots aus § 37 Abs. 1 VwVfG. Die Klägerin macht ergänzend geltend, nur die Synergetik-Therapie anzuwenden, die auch gesunden Menschen nutzen könne. Zur Frage der unmittelbaren Gefahr habe das Berufungsgericht in beiden Verfahren den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt. Es hätte klären müssen, ob die synergetische Behandlung mit ähnlich invasiven oder suggestiven Techniken arbeite wie die medizinische Hypnose oder das katathyme Bilderleben. Dazu sei in den Vorinstanzen umfangreich vorgetragen, es seien Privatgutachten vorgelegt und die Einholung weiterer Sachverständigengutachten gefordert worden. Indem das Berufungsgericht die Ausführungen der Gutachter nicht berücksichtigt und ohne Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens entschieden habe, verstoße es gegen § 86 VwGO. Auch bei der Annahme mittelbarer Gefahren habe es seine Sachaufklärungspflicht verletzt. Ohne Parteivernehmung hätte nicht auf ihre mangelnde Bereitschaft geschlossen werden dürfen, zur Einholung schulmedizinischer Behandlung zu raten. Das Berufungsgericht habe zugleich gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen. Ohne einen gerichtlichen Hinweis hätten sie nicht damit rechnen müssen, dass das Gericht die Gefährlichkeit der synergetischen Behandlungsmethode, mithin eine Fachfrage, ohne Einholung einer sachverständigen Bewertung entscheiden würde. Andernfalls hätten sie einen förmlichen Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gestellt. Die Notwendigkeit einer Heilpraktikererlaubnis sei zur Abwehr der angenommenen Gefahren zudem ungeeignet. Ebenso wie in den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu Geist- und Wunderheilern sei auch ihre Tätigkeit durch eine ausgeprägte Medizinferne gekennzeichnet. In einem solchen Fall werde die mittelbare Gefahr, einen Kranken von einem erforderlichen Arztbesuch abzuhalten, nicht etwa verringert, sondern vergrößert, wenn die Tätigkeit als staatlich genehmigter und geprüfter Heilpraktiker ausgeübt werde. Schließlich sei das Verbot nicht erforderlich. Es genüge, ihnen aufzugeben, Klienten nur nach Vorlage einer ärztlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung zu behandeln und die Klienten anzuhalten, medizinischen Rat in Anspruch zu nehmen. Ein solches Konsiliarverfahren sei für die psychotherapeutische Behandlung ausdrücklich vorgesehen. Die Kläger rügen außerdem, dass die Vollmacht der Vertreterin des Beklagten nicht bis zum Ende der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht vorgelegen habe. Das müsse zu einer Zurückverweisung der Sache führen.

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Der Beklagte verteidigt das Berufungsurteil.

Entscheidungsgründe

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Die Revisionen sind unbegründet. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen kein Bundesrecht im Sinne des § 137 Abs. 1 VwGO.

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1. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Klagen als Anfechtungsklagen statthaft sind. Der von den Klägern geltend gemachte Umstand, dass die "neue" Synergetik-Therapie nicht mehr der Behandlung von Krankheiten diene, führt nicht dazu, dass sich der Streit um die Aufhebung der Untersagungsverfügungen teilweise - hinsichtlich der untersagten Ausübung der Synergetik-Therapie - in der Hauptsache erledigt hätte. Den Klägern ist durch die angegriffenen Bescheide eine bestimmte Tätigkeit untersagt worden, nämlich die Ausübung der Synergetik-Therapie und des Synergetik-Profilings in der zum Zeitpunkt der Untersagung praktizierten Form. Die Rechtmäßigkeit der Untersagung dieser konkreten Tätigkeit bildet den Streitgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Dass die Kläger die Untersagungsverfügungen während des Verfahrens möglicherweise befolgen, indem sie die ihnen untersagte Tätigkeit vorerst einstellen und eine andere Tätigkeit aufnehmen, lässt die auf Dauer angelegte Rechtswirkung der Bescheide nicht entfallen. Die streitgegenständliche Anwendung der Synergetik-Methode, die die Kläger wiederaufnehmen könnten, bleibt ihnen weiterhin untersagt. Aus dem gleichen Grund ist eine Erledigung nicht durch die Schließung des Informationscenters in G. und die Entfernung des dortigen Praxisschildes eingetreten.

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2. Das Berufungsgericht hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass die Untersagungsbescheide des Beklagten in Gestalt der Widerspruchsbescheide der Bezirksregierung rechtmäßig sind und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzen.

14

Die Bescheide stützen sich auf die gefahrenabwehrrechtliche Generalklausel des § 11 des Niedersächsischen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes. Danach können die Verwaltungsbehörden und die Polizei die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine Gefahr abzuwehren, soweit nicht weitere Vorschriften die Befugnisse der Verwaltungsbehörden und der Polizei besonders regeln. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen dieser Ermächtigungsnorm bejaht. Die Auslegung und Anwendung irrevisiblen Landesrechts ist grundsätzlich Sache der Landesgerichte. Das Revisionsgericht hat nur zu überprüfen, ob bei der Anwendung und Auslegung des Landesrechts das höherrangige Bundesrecht beachtet worden ist. Der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegt ferner eine bundesrechtliche Frage, die für die nach irrevisiblem Recht zu treffende Entscheidung vorgreiflich ist.

15

a) Hinsichtlich des Prüfungsgegenstandes hat das Berufungsgericht angenommen, dass die von den Klägern angeführte "neue" Synergetik-Methode, die nicht mehr der Behandlung von Krankheiten diene, für die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Bescheide nicht entscheidungserheblich sei. Dagegen ist auch im Lichte des Grundrechts der Kläger aus Art. 12 Abs. 1 GG nichts zu erinnern. Es ist zwar richtig, dass ein effektiver Schutz der Berufsfreiheit gebieten kann, im gerichtlichen Verfahren auch nachträglich eingetretene Umstände in Rechnung zu stellen, die zur Rechtswidrigkeit einer ursprünglich rechtmäßigen Untersagungsverfügung führen, soweit deren Berücksichtigung nicht einem gesonderten Wiedererteilungsverfahren vorbehalten ist. Das kann die tatsächlichen Voraussetzungen für die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit betreffen, etwa die zwischenzeitliche Wiedererlangung einer zunächst entfallenen persönlichen Eignung oder Zuverlässigkeit, oder die rechtlichen Voraussetzungen, etwa den zwischenzeitlichen Wegfall einer ursprünglich vorhandenen Rechtsgrundlage für die Untersagung infolge einer Gesetzesänderung (s. dazu das von den Klägern angeführte Urteil vom 5. August 1965 - BVerwG 1 C 69.62 - BVerwGE 22, 16). Um derartige Aspekte geht es hier jedoch nicht. Mit dem Einwand, die "neue" Synergetik-Therapie diene nicht mehr der Krankenbehandlung, machen die Kläger keine nachträglichen Umstände geltend, die die Beurteilung der ihnen durch die angegriffenen Bescheide untersagten Tätigkeit ändern könnten, sondern behaupten lediglich, statt der untersagten nunmehr eine andere Tätigkeit auszuüben. Das berührt nicht die hier zu entscheidende Frage, ob die den Klägern konkret untersagte Tätigkeit (weiterhin) eine unerlaubte Ausübung der Heilkunde darstellt.

16

Im Übrigen ergäbe sich selbst bei Mitberücksichtigung der von den Klägern geltend gemachten nachträglichen Umstände keine andere Bewertung. Ausweislich der zu den Akten gereichten Unterlagen über die vielfältigen Internetdarstellungen des Synergetik-Instituts und der Berufsverbände wird auch die Synergetik-Therapie weiterhin als therapeutische Maßnahme bei körperlichen oder seelischen Beeinträchtigungen dargestellt und keine klare Abgrenzung der vermeintlich unterschiedlichen Berufsbilder vorgenommen. Eine solche Abgrenzung wäre den Klägern in der Praxis auch gar nicht möglich, da sie nicht in der Lage sind, zwischen gesunden und kranken Klienten zu unterscheiden.

17

b) Die den Klägern untersagte Tätigkeit ist eine erlaubnispflichtige Ausübung der Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes - HeilprG - vom 17. Februar 1939 (RGBl I S. 251, BGBl III 2122-2), zuletzt geändert durch Artikel 15 des Gesetzes vom 23. Oktober 2001 (BGBl I S. 2702).

18

Ausübung der Heilkunde nach § 1 Abs. 2 HeilprG ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen. Wegen der mit dem Erlaubniszwang verbundenen Beschränkung der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG fallen darunter nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur solche Heilbehandlungen, die nach allgemeiner Auffassung ärztliche Fachkenntnisse erfordern und gesundheitliche Schäden verursachen können. Ärztliche Fachkenntnisse können erforderlich sein im Hinblick auf das Ziel, die Art oder die Methode der Tätigkeit oder auch schon im Hinblick auf die Feststellung, ob im Einzelfall mit der Behandlung begonnen werden darf, ohne dass der Patient durch die Verrichtung selbst unmittelbar Schaden nimmt. Auch Tätigkeiten, die für sich gesehen ärztliche Fachkenntnisse nicht voraussetzen, fallen unter die Erlaubnispflicht, wenn sie nennenswerte Gesundheitsgefährdungen zur Folge haben können. Dazu zählen auch mittelbare Gefährdungen, wenn durch die Behandlung ein frühzeitiges Erkennen ernster Leiden verzögert wird und die Wahrscheinlichkeit einer solchen Gefährdung nicht nur geringfügig ist. Eine solche Gefahr besteht dann, wenn die in Rede stehende Heilbehandlung als eine die ärztliche Berufsausübung ersetzende Tätigkeit erscheint (vgl. zu alledem Urteile vom 20. Januar 1966 - BVerwG 1 C 73.64 - BVerwGE 23, 140 <146 ff.>, vom 25. Juni 1970 - BVerwG 1 C 53.66 - BVerwGE 35, 308 <311> und vom 11. November 1993 - BVerwG 3 C 45.91 - BVerwGE 94, 269 <274>; Beschluss vom 25. Juni 2007 - BVerwG 3 B 82.06 - Buchholz 418.04 Heilpraktiker Nr. 23 Rn. 4; Urteil vom 26. August 2009 - BVerwG 3 C 19.08 - BVerwGE 134, 345 <346>; Beschluss vom 28. Oktober 2009 - BVerwG 3 B 39.09 - juris Rn. 3). Je weiter sich dabei das Erscheinungsbild des Heilers von der medizinischen Behandlung entfernt, desto geringer wird das Gefährdungspotential im Hinblick auf mittelbare Gefahren. Wenn Tätigkeiten nicht mehr den Eindruck erwecken, Ersatz für eine medizinische Behandlung sein zu können, weil sie nur auf eine spirituelle Wirkung angelegt sind, unterfallen sie nicht mehr dem Erlaubniszwang des Heilpraktikergesetzes (vgl. zu sog. Geist- oder Wunderheilern BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 2. März 2004 - 1 BvR 784/03 - NJW-RR 2004, 705 f. und vom 3. Juni 2004 - 2 BvR 1802/02 - NJW 2004, 2890 f.; s. hingegen zum Heilmittelwerbeverbot auch für Geistheiler BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. März 2007 - 1 BvR 1226/06 - NJW-RR 2007, 1048).

19

aa) Das Berufungsgericht hat seiner Prüfung diese Maßstäbe zugrunde gelegt und zutreffend angewandt. Die Synergetik-Methode, gleich ob als Therapie oder als sog. Profiling, soll Krankheiten heilen oder lindern. Die Methode präsentiert sich als etwas grundsätzlich Neues im Gesundheitswesen, als die "vierte Kraft" im Gesundheitswesen neben Ärzten, Heilpraktikern und Psychotherapeuten sowie als höchste Stufe der Heilung - auf unterster Stufe steht danach die Schulmedizin mit einer bloßen Symptombekämpfung oder -unterdrückung. Dem so vermittelten Eindruck einer Heiltätigkeit können die Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, sie gäben keine Heilversprechen ab. Die Präsentation der Methode ist vielmehr genau darauf gerichtet. Das zeigt sich beispielhaft an den Aussagen zur Behandlung von Brustkrebserkrankungen. So werden in einer sog. Brustkrebsstudie zahlreiche Beispiele einer Behandlung durch die Synergetik-Therapie vorgestellt, zum Teil mit Ultraschallaufnahmen, die das Verschwinden von Knoten in der Brust nach einigen Synergetik-Sitzungen belegen sollen.

20

Anders als sog. Wunder- oder Geistheiler setzt die Methode der Kläger auch nicht auf eine bloß spirituelle oder rituelle Heilung, die sich derart von dem Erscheinungsbild einer medizinischen Behandlung entfernt, dass sie nicht mehr den Eindruck erwecken kann, es handele sich um einen Ersatz für medizinische Betreuung. Vielmehr wird gerade dieser Eindruck erweckt. Das ergibt sich bereits aus dem äußeren Erscheinungsbild. Der Patient wird in Therapie-Sitzungen behandelt, die durchaus einer psychologischen oder psychotherapeutischen Behandlung ähneln. Es ergibt sich weiter aus der in Anspruch genommenen naturwissenschaftlichen Grundlage der Methode. Vor allem aber stellt sich die Methode als der Schulmedizin überlegen dar, die lediglich Symptome bekämpfe, während die Synergetik den Krankheitshintergrund auflöse. In den Eigendarstellungen wird die Methode der Behandlung durch Ärzte, Heilpraktiker und Psychotherapeuten als Alternative gegenübergestellt ("Heilung versus Selbstheilung"). Auch dies zeigt sich exemplarisch an den Aussagen über die Behandlung von Brustkrebserkrankungen. In den Broschüren wird die Wirksamkeit der schulmedizinischen Behandlung angezweifelt und als lebensgefährlich bezeichnet. Zudem wird die Ansicht vertreten, dass durch die vom Arzt gestellte Diagnose ein Schock ausgelöst werde, der häufig zusätzlich Lungenkrebs erzeuge. Dagegen setzen die Kläger ihre Methode der wahren Heilung, die auf der vermeintlichen Erkenntnis basiert, dass Krebs in der linken Brust in der Regel auf einem Versorgungskonflikt beruhe, in der rechten Brust hingegen auf einem Partnerschaftskonflikt, die jeweils durch die Synergetik-Therapie aufgelöst werden könnten.

21

Die Kläger können nicht mit Erfolg geltend machen, die Patienten heilten sich bei ihrer Reise in die Innenwelt selbst. Die Betonung der Selbstheilung, mit der die Kläger den Patienten die Verantwortung für Erfolg oder Misserfolg der Therapie zuweisen, kann nicht verdecken, dass die Methode ohne den Therapeuten nicht durchgeführt werden kann. Dessen Tätigkeit wird unter anderem in den vorgelegten Arbeitsanweisungen für Synergetik-Therapeuten im Einzelnen beschrieben. Der Kläger bietet zudem zahlreiche Kurse an, die gerade zur Ausübung dieser Tätigkeit befähigen sollen.

22

Da die Eigendarstellungen der Kläger auch die Synergetik-Therapie als Methode zur Behandlung von Krankheiten präsentiert haben, war für das Berufungsgericht eine ergebnisrelevante Unterscheidung zwischen der Therapie und dem sog. Profiling nicht veranlasst. Es hat wie der Beklagte beide "Therapie-Formen" in den Blick genommen und beide für eine erlaubnispflichtige Ausübung der Heilkunde gehalten. Eine "Wesensänderung" (gemeint ist offenbar eine eigenmächtige Änderung der in Rede stehenden Berufsbilder) oder ein von den Klägern wohl in diesem Zusammenhang gesehener Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz liegt darin nicht.

23

bb) Die Einordnung der Synergetik-Methode als erlaubnispflichtige Heiltätigkeit hängt somit von der Einschätzung der mit dieser Tätigkeit verbundenen Risiken ab. Dies betrifft die Ebene der Tatsachenfeststellung, die nach § 137 Abs. 2 VwGO den Tatsachengerichten vorbehalten ist. Das Berufungsgericht hat sowohl eine unmittelbare als auch eine mittelbare Gesundheitsgefährdung bejaht. Die dagegen erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.

24

Das Berufungsgericht hat seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung nach § 86 VwGO nicht dadurch verletzt, dass es zur Beurteilung der unmittelbaren Gesundheitsgefährdungen keinen (weiteren) Sachverständigen herangezogen hat. Mit dieser Rüge können die Kläger schon deshalb nicht durchdringen, weil sie einen förmlichen Beweisantrag in der Vorinstanz nicht gestellt haben. Ihr Einwand, durch einen unterbliebenen Hinweis des Gerichts darauf, dass es auf der Grundlage des bisherigen Prozessstoffes entscheiden wolle, von einem solchen Antrag abgehalten worden zu sein, ist unbegründet. Das Gericht muss nur auf solche Umstände hinweisen, mit denen auch ein erfahrener Prozessvertreter nicht zu rechnen braucht. Solche Umstände lagen hier nicht vor. Die Frage der Gesundheitsgefährdung hatte im Verfahren breiten Raum eingenommen; von den Beteiligten waren zudem schon verschiedene fachkundliche Stellungnahmen vorgelegt worden. Es war deshalb nicht überraschend, dass das Berufungsgericht auf der Grundlage dieses Prozessstoffes eine Sachentscheidung treffen würde. Überdies ist die Frage der unmittelbaren und mittelbaren Gefährdung ausweislich der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht mit den Beteiligten noch einmal näher erörtert worden. Aus dem Umstand, dass das Gericht nach dieser Erörterung die Anträge entgegengenommen und abschließend nur noch die Höhe des Streitwertes angesprochen hat, mussten die Kläger bzw. ihr Prozessbevollmächtigter notwendig folgern, dass es nicht die Absicht hat, von Amts wegen weitere Beweise zu erheben.

25

Die Notwendigkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens brauchte sich dem Berufungsgericht auch nicht aufzudrängen. Es ist insbesondere nicht so, dass das Gericht eine Fachfrage selbst beantwortet hat, ohne über die dazu nötige Sachkenntnis zu verfügen. Es hat sich vielmehr auf die bereits vorliegenden sachverständigen Einschätzungen von Prof. Dr. R. und des Psychologischen Sachverständigen der Gutachterstelle Nordrhein, Dr. A., gestützt, sich mit den weiteren von den Klägern vorgelegten Stellungnahmen von Prof. Dr. H. und Prof. Dr. R. auseinandergesetzt und die vom Beklagten vorgelegten fachwissenschaftlichen Informationen sowie die seiner Einschätzung nach überzeugenden amtsärztlichen Erwägungen einbezogen. Auf dieser Grundlage ist es zu der Feststellung gelangt, dass die Synergetik-Therapie jedenfalls bei psychischen Erkrankungen wie Psychosen und Borderline-Erkrankungen kontraindiziert ist und deshalb ihre Anwendung eingedenk der Angabe des Klägers, dass 26 % der Patienten psychisch krank sind, ein nicht unerhebliches Gefahrenmoment darstellt. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens hätte sich nur dann aufgedrängt, wenn sich aus den bereits vorliegenden fachlichen Einschätzungen kein plausibles Bild ergeben hätte. Es erscheint indes schon aus der Laiensphäre plausibel, dass das bei der Synergetik-Therapie beabsichtigte "Aufräumen in der Innenwelt" durch die Konfrontation mit unverarbeiteten Erlebnissen und Konflikten angesichts der hervorgerufenen emotionalen Reaktionen ("weinen, schreien, spüren, draufhauen") für Menschen mit bestimmten psychischen Erkrankungen abträglich oder gefährlich sein kann.

26

Die Kläger meinen demgegenüber, ein Sachverständigengutachten hätte sich deshalb aufdrängen müssen, weil die Frage ungeklärt geblieben sei, ob die Patienten bei der Synergetik-Therapie ebenso wie bei bestimmten Psychotherapieverfahren in eine Art Hypnose versetzt würden. Diese Frage war für das Berufungsgericht indes nicht entscheidungserheblich. Es hat unabhängig von der "richtigen" Beschreibung des Zustandes der Patienten zwischen Tiefenentspannung und Hypnose oder Trance maßgeblich darauf abgestellt, dass die Behandlung bei bestimmten psychischen Erkrankungen kontraindiziert ist.

27

Die von den Klägern erhobene Gehörsrüge greift ebenfalls nicht durch. Das Berufungsgericht hat ihren Sachvortrag und die von ihnen vorgelegten Unterlagen nicht übergangen, sondern lediglich in einem Sinne gewertet, den sie für unzutreffend halten. Damit lässt sich eine Verletzung rechtlichen Gehörs nicht begründen.

28

cc) Die unmittelbaren Gefahren begründen die Einordnung der Heiltätigkeit als erlaubnispflichtige Ausübung der Heilkunde, ohne dass es noch darauf ankäme, ob von der Tätigkeit auch nennenswerte mittelbare Gesundheitsgefährdungen ausgehen. Auch diese Gefahren hat das Berufungsgericht indes mit Recht bejaht. Nach der Eigendarstellung versteht sich die Synergetik-Therapie als eine Alternative zur üblichen Schulmedizin, welche unfähig zu einer wahren Heilung von Krankheiten sei. Patienten, die sich bereits in ärztlicher Behandlung befinden, wird der Rat erteilt, den Arzt zu wechseln, wenn dieser den Aspekt der Selbstheilung nicht nachvollziehen könne ("denn Sie bekommen ja auch nicht beim Metzger kompetente Antworten auf die Frage nach vegetarischer Ernährung"). Die Kläger stellen demgegenüber in Aussicht, mit der Synergetik-Therapie praktisch jede Art von Erkrankungen körperlicher oder seelischer Art bis hin zu Selbstmordgefährdung im Wege der aktiven Selbstheilung behandeln zu können. Daraus ergeben sich gerade für Patienten, die an ernsthaften Krankheiten leiden, mittelbare Gefahren, weil sie veranlasst werden könnten, allein auf die Wirksamkeit der von den Klägern propagierten Methode zu vertrauen, anstatt sich in ärztliche Behandlung zu begeben.

29

Diese Gefahr wird nicht dadurch beseitigt, dass die Kläger die Patienten in einem Informationsblatt darüber informieren, dass sie über keine medizinische Qualifikation verfügten, keine Diagnosen oder Therapien im medizinischen Sinne durchführten und keine Heilkunde ausübten, und auch nicht dadurch, dass ähnliche Aussagen in die sog. Ethik-Richtlinien des Berufsverbandes aufgenommen wurden. Diese Formulierungen dienen ersichtlich nur dem Versuch einer formalen Abgrenzung von einer erlaubnispflichtigen Ausübung der Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes. Sie erwecken auf den Patienten, soweit er sie überhaupt zur Kenntnis nimmt, eher den Eindruck eines typischen Absicherungsvermerks "im Kleingedruckten". Dem entspricht der weitere Hinweis in dem Informationsblatt, dass der Klient - und gerade nicht der Therapeut - die alleinige Verantwortung für die Entscheidung zu tragen habe, ob medizinische Versorgung in Anspruch genommen werde. Für den Patienten enthalten die Hinweise darauf, dass die Synergetik-Therapie keine schulmedizinische Behandlung sei, zudem keine weiterführenden Informationen, sondern wiederholen nur, was sich aus der Eigendarstellung der Synergetik-Therapie ohnehin ergibt. Der die mittelbare Gefahr begründende Anspruch, der schulmedizinischen Behandlung überlegen zu sein und sie ersetzen zu können, wird dadurch nicht aufgegeben. All das hat das Berufungsgericht auf der Grundlage seiner tatsächlichen Feststellungen zutreffend erkannt.

30

Die Rüge der Kläger, die Annahme einer mittelbaren Gefahr durch das Berufungsgericht leide an einer mangelnden Sachverhaltsaufklärung, weil keine Parteivernehmung zu ihrer inneren Bereitschaft durchgeführt worden sei, ihren Klienten die Einholung schulmedizinischer Beratung nahezulegen, geht fehl. Weder haben die Kläger solches beantragt noch musste es sich dem Berufungsgericht aufdrängen. Ob nennenswerte mittelbare Gesundheitsgefährdungen anzunehmen sind, kann nur auf Grund einer generalisierenden und typisierenden Betrachtung der in Rede stehenden Tätigkeit beurteilt werden. Maßgebliche Bedeutung haben in diesem Zusammenhang vor allem die Krankheiten, die behandelt werden sollen, und die Erwartungen der Patienten, die sich an die Behandlung knüpfen (Urteil vom 11. November 1993 a.a.O. S. 275). Es kommt deshalb nicht auf eine innere Bereitschaft der Kläger und auch nicht auf ihre Bekundungen im Verfahren an, sondern auf den äußeren Eindruck, der sich aus der Eigendarstellung der Therapie-Methode für die angesprochenen Personenkreise ergibt.

31

dd) Die Einordnung der Tätigkeit als erlaubnispflichtige Ausübung der Heilkunde stellt keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG dar. Das Ziel des Gesetzes, die Gesundheit der Bevölkerung durch einen Erlaubniszwang für Heilbehandler ohne Bestallung zu schützen, ist durch Art. 12 Abs. 1 GG gedeckt. Die Gesundheit der Bevölkerung ist ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut, zu dessen Schutz eine solche subjektive Berufszulassungsschranke nicht außer Verhältnis steht (BVerfG, Beschluss vom 10. Mai 1988 - 1 BvR 482/84 und 1166/85 - BVerfGE 78, 179 <192>). Der Erlaubnisvorbehalt ist auch im Falle der von den Klägern ausgeübten Tätigkeit geeignet, die festgestellten Gefahren zu verringern. Anders als bei Geist- oder Wunderheilern gehen von der Synergetik-Therapie unmittelbare Gefahren aus, die die Kläger erkennen bzw. vermeiden müssen. Da die Therapieform außerdem nicht bloß den Eindruck einer außerhalb der Heilkunde stehenden eher spirituellen Methode erweckt, sondern sich als wissenschaftlich begründete Alternative zur Schulmedizin versteht, lässt sich die Erwägung des Bundesverfassungsgerichts nicht übertragen, wonach eine Heilpraktikererlaubnis eher die Erwartung verstärke, sich in sachkundige Hände zu begeben, und deshalb für medizinferne Tätigkeiten zur Gefahrenabwehr ungeeignet sei.

32

Ein gleich geeignetes milderes Mittel ist nicht ersichtlich. Die Verpflichtung, sich zu Beginn einer Behandlung eine ärztliche Unbedenklichkeitsbescheinigung vorlegen zu lassen und jeden Patienten anzuhalten, ärztlichen Rat in Anspruch zu nehmen, ist kein gleich geeignetes Mittel. Die Kläger müssen, wenn sie Krankheiten behandeln wollen, selbst einschätzen können, ob ihre Methode gefahrlos angewandt werden kann oder ob die Grenzen ihrer Fähigkeiten überschritten sind und ein Arzt eingeschaltet werden muss. Das gilt für die Aufnahme einer Behandlung wie für deren Fortsetzung. Nicht nur zu Beginn einer Therapie, sondern auch im Verlauf der Behandlung können sich Komplikationen ergeben, die die Kläger erkennen und auf die sie gegebenenfalls reagieren müssen. Die dafür erforderlichen Grundkenntnisse und die nötige charakterliche Zuverlässigkeit werden durch die Überprüfung vor Erteilung der Heilpraktikererlaubnis sichergestellt. Der Hinweis der Kläger auf das Konsiliarverfahren im Rahmen der psychotherapeutischen Behandlung liegt neben der Sache. Anders als ein für sein Fachgebiet ausgebildeter und approbierter Psychotherapeut sind die Kläger auf keinem Gebiet medizinisch ausgebildet, nehmen aber für sich in Anspruch, praktisch alle körperlichen und seelischen Krankheiten behandeln zu können. Für ein "Konsiliarverfahren" ist unter diesen Umständen von vornherein kein Raum. Letztlich läuft auch dieser Ansatz der Kläger lediglich darauf hinaus, die Verantwortung für ihr Tun anderen zuzuweisen.

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3. Die Sache ist nicht an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Rüge, der Beklagte sei in den Berufungsverfahren nicht vorschriftsmäßig vertreten gewesen, weil bis zum Erlass der Urteile keine Prozessvollmacht der Behördenvertreterin vorgelegt worden sei, bezeichnet keinen Verfahrensmangel. Lassen sich juristische Personen des öffentlichen Rechts durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten (§ 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO), bedarf es nicht der Vorlage einer Prozessvollmacht; diese Vertreter sind keine Prozessbevollmächtigten (Beschlüsse vom 16. März 1993 - BVerwG 4 B 253.92 - Buchholz 310 § 67 VwGO Nr. 80 und vom 26. März 1993 - BVerwG 4 NB 45.92 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 63; Schmidt in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 67 Rn. 14). Eine fehlende Terminsvollmacht führt allenfalls dazu, dass der Beklagte so zu behandeln ist, als wenn er die mündliche Verhandlung nicht wahrgenommen hätte. Das hindert das Gericht indes nicht an einer Sachentscheidung (§ 102 Abs. 2 VwGO).

Wer, ohne zur Ausübung des ärztlichen Berufs berechtigt zu sein und ohne eine Erlaubnis nach § 1 zu besitzen, die Heilkunde ausübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben will, bedarf dazu der Erlaubnis.

(2) Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird.

(3) Wer die Heilkunde bisher berufsmäßig ausgeübt hat und weiterhin ausüben will, erhält die Erlaubnis nach Maßgabe der Durchführungsbestimmungen; er führt die Berufsbezeichnung "Heilpraktiker".