Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 247/18
vom
19. Dezember 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
Zu 1: wegen versuchten Totschlags u.a.
Zu 2: wegen Bildung bewaffneter Gruppen u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:191218B2STR247.18.1

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 19. Dezember 2018 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 1. Juni 2017 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat: Die Verfahrensrügen, mit denen die Angeklagten die Verwertung der durch die Polizei sichergestellten Videoaufzeichnungen beanstanden, sind nicht in zulässiger Weise erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), weil es dem Senat auf der Grundlage des insoweit unvollständigen Revisionsvortrags nicht möglich ist, die erforderliche eigene umfassende Überprüfung des Verfahrens im Hinblick auf die behaupteten Rechtsfehler vorzunehmen.
1. Gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO muss jeder Beschwerdeführer im Rahmen einer Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenden Tatsachen grundsätzlich so vollständig und genau darlegen, dass das Revisionsgericht allein anhand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, über den geltend gemachten Mangel endgültig zu entscheiden. Für den Revisionsvortrag wesentliche Schriftstücke oder Aktenstellen sind im Einzelnen zu bezeichnen und zum Bestandteil der Revisionsbegründung zu machen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 8. August 2018 - 2 StR 131/18, Rn. 8; vom 10. Juli 2014 - 3 StR 140/14, NStZ-RR 2014, 318, 319; Beschluss vom 5. Juni 2007 - 5 StR 383/06, NJW 2007, 3010, 3011, jeweils mwN; vgl. auch LR-StPO/Becker, 26. Aufl., § 244 Rn. 372; SSW-StPO/ Sättele, 4. Aufl., § 244 Rn. 249; KK-StPO/Krehl, 7. Aufl., § 244 Rn. 224). Diese Anforderungen gelten auch dann, wenn, wie hier, ein Beschwerdeführer rügt, das Gericht habe zu Unrecht das Vorliegen eines Verwertungsverbotes für ein Beweismittel verneint, das auf Grund einer Durchsuchung erlangt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 2018 - 4 StR 135/18, Rn. 16; vom 8. August 2018 - 2 StR 131/18, Rn. 9). Zwar kann das Revisionsgericht die für das Vorliegen eines Verwertungsverbotes in tatsächlicher Hinsicht entscheidungserheblichen Fragen gegebenenfalls im Wege des Freibeweises überprüfen; dies kann jedoch wie auch sonst bei behaupteten Verletzungen von Verfahrensvorschriften nur auf der Grundlage eines entsprechenden zulässigen Revisionsvortrags erfolgen (BGH, Urteil vom 27. September 2018 - 4 StR 135/18, Rn. 16 mwN). Wird das Beweisverwertungsverbot darauf gestützt , dass das Beweismittel in rechtswidriger Weise ohne ermittlungsrichterliche Anordnung erlangt worden sei, wird also die Rechtmäßigkeit der Beweisgewinnung konkret in Zweifel gezogen, sind nicht nur die in der Hauptverhandlung hierzu gestellten Anträge und Beschlüsse vollständig und zutreffend mitzuteilen, sondern es ist regelmäßig auch die Verdachts- und Beweislage, die im Zeitpunkt der beanstandeten Beweisgewinnung gegeben war, anhand der Aktenlage zu rekonstruieren und mitzuteilen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2018 - 3 StR 400/17, Rn. 17; Urteil vom 10. Juli 2014 - 3 StR 140/14, aaO). Denn erst auf dieser Grundlage kann das Revisionsgericht das Vorliegen eines Beweisverwertungsverbots umfassend beurteilen. Dies erfordert zunächst, die Rechtmäßigkeit der Beweismittelgewinnung zu prüfen, ob also eine richterliche Anordnung der Ermittlungsmaßnahme entbehrlich gewesen sein könnte, weil eine richterliche Anordnung nicht eingeholt werden konnte, ohne dass der Zweck der Maßnahme gefährdet wurde, etwa weil der Verlust der Beweismittel drohte (§ 105 Abs. 1 StPO; vgl. BGH, Beschluss vom 11. August 2005 - 5 StR 200/05, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 6). War die Beweisgewinnung rechtswidrig, ist sodann zu prüfen, ob hieraus im konkreten Fall ein Beweisverwertungsverbot folgt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. November 2010 - 2 BvR 2101/09, NStZ 2011, 103, 104; BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - 3 StR 140/14).
2. Diesen Anforderungen genügen die Revisionen nicht. Sie teilen, wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift zutreffend ausführt, schon den für die Verfahrensbeanstandung bedeutsamen Gang der Hauptverhandlung unvollständig mit; die Revision des Angeklagten M. beschränkt sich überdies auf die Mitteilung von Verfahrenstatsachen aus der Hauptverhandlung. Weitergehende Ausführungen zur beanstandeten Beweisgewinnung waren hier auch nicht deswegen entbehrlich, weil sich die mitgeteilten Anträge und Beschlüsse zu Umständen der Beweisgewinnung verhalten. Grundlage für die umfassende Überprüfung durch das Revisionsgericht können nicht allein die in Anträgen behaupteten oder vom Tatrichter für bedeutend erachtenden Verfahrenstatsachen sein, maßgeblich ist vielmehr das gesamte tatsächliche Geschehen im Zusammenhang mit der Beweisgewinnung und -verwertung. Dies gilt zumal, wenn, wie hier, die Revision auch geltend macht, die Strafkammer hätte den in Verwertungswidersprüchen behaupteten Tatsachen einer rechtswidrigen Beweisgewinnung jedenfalls freibeweislich näher nachgehen müssen und deshalb unklar bleibt, welches tatsächliche Geschehen der Prüfung des Beweisverwertungsverbots vom Revisionsgericht zugrunde zu legen ist.
Franke Zeng Meyberg RiBGH Schmidt ist urlaubsbedingt verhindert zu unterschreiben. Grube Franke

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Dez. 2018 - 2 StR 247/18

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Dez. 2018 - 2 StR 247/18

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Dez. 2018 - 2 StR 247/18 zitiert 4 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 105 Verfahren bei der Durchsuchung


(1) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. Durchsuchungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 ordnet der Richter

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Dez. 2018 - 2 StR 247/18 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Dez. 2018 - 2 StR 247/18 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Aug. 2005 - 5 StR 200/05

bei uns veröffentlicht am 11.08.2005

5 StR 200/05 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 11. August 2005 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. August 2005 bes

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juni 2007 - 5 StR 383/06

bei uns veröffentlicht am 05.06.2007

Nachschlagewerk: ja BGHSt : nein Veröffentlichung : ja GG Art. 1; Art. 20 Abs. 3; MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1; BerlLBG § 27 Abs. 3 Zur Abwägung der im Widerstreit stehenden verfassungsrechtlichen Rechtsgüter bei der Beschränkung des Rechts auf u

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Aug. 2018 - 2 StR 131/18

bei uns veröffentlicht am 08.08.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 131/18 vom 8. August 2018 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ECLI:DE:BGH:2018:080818U2STR131.18.0 Der 2. Strafsenat

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Sept. 2018 - 4 StR 135/18

bei uns veröffentlicht am 27.09.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 135/18 vom 27. September 2018 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. 4. wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a. ECLI:DE:BGH:2018:270918U4STR135.18.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgeri

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Feb. 2018 - 3 StR 400/17

bei uns veröffentlicht am 08.02.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 400/17 vom 8. Februar 2018 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja –––––––––––––––––––––––––– StPO § 100i Abs. 1 Nr. 2 Rechtsgrundlage für das Versenden sogenannter "stiller SMS" durch die Erm

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Juli 2014 - 3 StR 140/14

bei uns veröffentlicht am 10.07.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 S t R 1 4 0 / 1 4 vom 10. Juli 2014 in der Strafsache gegen wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Juli 2014, an der teilgenommen

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

8
a) Danach sind im Rahmen einer Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenen Tatsachen grundsätzlich so vollständig und genau darzulegen, dass das Revisionsgericht allein anhand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, über den geltend gemachten Mangel endgültig zu entscheiden. Für den Revisionsvortrag wesentliche Schriftstücke oder Aktenstellen sind im Einzelnen zu bezeichnen und – in der Regel durch wörtliche Zitate beziehungsweise eingefügte Abschriften oder Ablichtungen – zum Bestandteil der Revisionsbegründung zu machen (BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 – 3 StR 140/14, NStZ-RR 2014, 318 ff.; Beschluss vom 24. Januar 2012 – 4 StR 493/11, juris; KK-StPO/Gericke, 7. Aufl., § 344 Rn. 38 ff. mwN; ebenso Nr. 156 Abs. 3 RiStBV).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 1 4 0 / 1 4
vom
10. Juli 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Juli 2014,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer,
Mayer,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 28. Oktober 2013 wird verworfen. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln in dreizehn Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 30 € verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit einer Verfahrensrüge gegen den Teilfreispruch. Daneben beanstandet sie mit der Sachrüge die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts. Das vom Generalbundesanwalt bezüglich des Angriffs gegen den Teilfreispruch vertretene Rechtsmittel bleibt insgesamt ohne Erfolg.
2
Nach den Feststellungen kaufte der Angeklagte von Januar bis März 2013 bei dem früheren Mitangeklagten J. in insgesamt dreizehn Fällen zwischen zwei und fünfzehn Gramm Marihuana überwiegend zum Eigenkonsum.
3
Mit der Anklage war ihm darüber hinaus zur Last gelegt worden, dem J. zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln Beihilfe geleistet zu haben, indem er diesem die von ihm selbst angemietete Wohnung im Hause F. straße in M. als Drogenbunker zur Verfügung gestellt habe. Von diesem Vorwurf hat das Landgericht den Angeklagten freigesprochen und zur Begründung ausgeführt, zu den in der genannten Wohnung sichergestellten Betäubungsmitteln und sonstigen Gegenständen hätten keine Feststellungen getroffen werden können. Insoweit bestehe ein Beweisverwertungsverbot , das auch die polizeilichen Einlassungen des Angeklagten und J. s umfasse.
4
I. Die Staatsanwaltschaft wendet sich gegen den freisprechenden Teil des Urteils mit der Beanstandung, das Landgericht habe mehrere Beweisanträge zu Unrecht zurückgewiesen (§ 244 Abs. 3 StPO). Die Rüge dringt nicht durch, denn sie ist nicht in zulässiger Weise erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
5
1. Folgendes Verfahrensgeschehen liegt zugrunde:
6
Die Staatsanwaltschaft hat die Vernehmung mehrerer Polizeibeamter, welche die Wohnung des Angeklagten durchsucht und danach den Angeklagten sowie J. vernommen haben, und die Verlesung eines Wirkstoffgutachtens des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen zum Beweis dessen beantragt , was bei der Durchsuchung sichergestellt und in den anschließenden Vernehmungen angegeben wurde. Das Landgericht hat diese Anträge durch Beschluss mit der Begründung abgelehnt, die begehrte Beweiserhebung sei unzulässig (§ 244 Abs. 3 Satz 1 StPO).
7
2. Die Beschwerdeführerin hat mit ihrer Revisionsbegründung lediglich die Beweisanträge und den diese zurückweisenden Beschluss des Landgerichts mitgeteilt. Dies genügt hier den sich aus § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ergebenden Anforderungen nicht.
8
a) Die Fehlerhaftigkeit des die Beweisanträge zurückweisenden Beschlusses ergibt sich nicht bereits allein aus dessen Begründung, so dass die Vorlage weiteren Verfahrensstoffes durch den Revisionsführer nicht bereits aus diesem Grunde entbehrlich ist.
9
aa) Das Landgericht hat ein Beweisverwertungsverbot angenommen und auf dieser Grundlage zutreffend die beantragte Beweiserhebung als unzulässig im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO bewertet (BGH, Urteil vom 29. April 2010 - 3 StR 63/10 juris Rn. 10).
10
bb) Der Umfang der Beschlussbegründung ist nicht zu beanstanden.
11
Die Begründung des Beschlusses, mit dem ein Beweisantrag zurückgewiesen wird, soll zum einen den Antragsteller davon unterrichten, wie das Gericht das Begehren beurteilt, damit er in der Lage ist, sich auf die Verfahrenslage einzustellen, die durch die Antragsablehnung entstanden ist. Zum anderen soll dem Revisionsgericht die rechtliche Überprüfung der Ablehnung ermöglicht werden (st. Rspr.; vgl. etwa Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 244 Rn. 41a mwN). Dies gilt auch im Rahmen des § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO (aA möglicherweise noch Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozess, 5. Aufl., S. 760, wonach ein "kurzer Hinweis" genüge; vgl. hierzu LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 201).
12
Dem wird der Beschluss des Landgerichts gerecht. Die Strafkammer hat ausgeführt, die Beweismittel beruhten auf dem Ergebnis der ohne die erforderliche richterliche Anordnung durchgeführten Wohnungsdurchsuchung. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe kein Grund zu der Annahme bestanden , es liege Gefahr im Verzug vor. Aufgrund der willkürlichen, bewussten und groben Missachtung des Richtervorbehalts bestehe hinsichtlich der gewonnenen Beweismittel ein Verwertungsverbot. Dieses betreffe sowohl die bei der Durchsuchung gewonnenen Beweismittel als auch die auf Vorhalt der Durchsuchungsergebnisse ohne "qualifizierte" Belehrung gegenüber den Vernehmungsbeamten gemachten Angaben. Damit war für die Verfahrensbeteiligten ausreichend erkennbar, aus welchen Gründen das Tatgericht die begehrte Beweiserhebung für unzulässig hielt. Sie konnten ihr weiteres Prozessverhalten darauf einstellen und insbesondere auch erwägen, weitere (Beweis-)Anträge zu den Umständen der Wohnungsdurchsuchung zu stellen. Zur angemessenen Wahrung ihrer Rechte war es insbesondere nicht erforderlich, dass das Landgericht die nach seiner Auffassung zur Annahme eines Beweisverwertungsverbotes führende Würdigung des Verfahrensstoffes im Einzelnen darlegte. Dies war auch nicht nötig, um eine revisionsrechtliche Überprüfung zu ermöglichen, denn das Revisionsgericht hat zu der Frage, ob ein Beweisverwertungsverbot vorliegt, - anders als bei der revisionsrechtlichen Überprüfung der im Wege des Strengbeweises gewonnenen Umstände, auf deren Grundlage das Tatgericht über den Schuldspruch und die daran anknüpfenden Rechtsfolgen zu entscheiden hat - nicht lediglich diese Würdigung auf Rechtsfehler zu überprüfen, sondern selbst im Wege des Freibeweises festzustellen, ob der behauptete Verfahrensfehler vorliegt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 1978 - 2 StR 334/77, NJW 1978, 1390; aA LR/Becker, aaO, § 244 Rn. 32).
13
b) Gemäß den danach geltenden allgemeinen Grundsätzen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO muss der Beschwerdeführer im Rahmen einer Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenden Tatsachen grundsätzlich so vollständig und genau darlegen, dass das Revisionsgericht allein an Hand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, über den geltend gemachten Mangel endgültig zu entscheiden. Für den Revisionsvortrag wesentliche Schriftstücke oder Aktenstellen sind im Einzelnen zu bezeichnen und - in der Regel durch wörtliche Zitate oder eingefügte Abschriften oder Ablichtungen - zum Bestandteil der Revisionsbegründung zu machen. Rügt der Beschwerdeführer die rechtsfehlerhafte Ablehnung von Beweisanträgen, so muss er, sofern sich die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses nicht schon aus dessen Begründung ergibt, neben der Mitteilung von Antragswortlaut und Ablehnungsbegründung diejenigen weiteren Tatsachen darlegen, aus denen die Fehlerhaftigkeit des Ablehnungsbeschlusses folgt. Zum notwendigen vollständigen Rügevortrag kann es deshalb erforderlich sein, Einzelheiten des Verfahrensablaufs mitzuteilen (st. Rspr.; vgl. etwa LR/Becker, aaO, § 244 Rn. 372 ff.; KK-Gericke, 7. Aufl., § 344 Rn. 38 ff., jeweils m. zahlr. w. N.).
14
Diesen Vorgaben ist die Beschwerdeführerin mit der Vorlage allein der Beweisanträge und des diese zurückweisenden Gerichtsbeschlusses nicht nachgekommen. Dem Senat ist es nicht möglich, auf dieser Grundlage die erforderliche eigene umfassende Überprüfung des Verfahrens im Hinblick auf den behaupteten Rechtsfehler vorzunehmen. Dies beruht auf folgenden Erwägungen :
15
Der beanstandete Beschluss ist dann rechtsfehlerfrei, wenn die Ergebnisse der Wohnungsdurchsuchung sowie die Angaben des Angeklagten und des J. einem Beweisverwertungsverbot unterlagen. Deshalb ist zunächst zu beurteilen, ob die Beweisgewinnung rechtsfehlerhaft war. Dies erfordert hier die Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Annahme von Gefahr im Verzug vorlagen mit der Folge, dass eine richterliche Anordnung der Ermittlungsmaßnahme entbehrlich war (§ 105 Abs. 1 StPO). Das setzt voraus, dass die richterliche Anordnung nicht eingeholt werden konnte, ohne dass der Zweck der Maßnahme gefährdet wurde, etwa weil der Verlust der Beweismittel drohte (BGH, Beschluss vom 11. August 2005 - 5 StR 200/05, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 6; Beschluss vom 19. Januar 2010 - 3 StR 530/09, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Gefahr im Verzug 1). War die Beweisgewinnung rechtswidrig, ist sodann zu prüfen, ob hieraus im konkreten Fall ein Beweisverwertungsverbot folgt. Dies ist nach den Umständen des Einzelfalles unter Abwägung aller maßgeblichen Gesichtspunkte und der widerstreitenden Interessen zu entscheiden. Bedeutsam ist dabei vor allem das Gewicht des in Rede stehenden Verfahrensverstoßes (vgl. im Einzelnen BVerfG, Beschluss vom 9. November 2010 - 2 BvR 2101/09, NStZ 2011, 103, 104 Rn. 42 ff.; BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 87; Urteil vom 20. Dezember 2012 - 3 StR 117/12, BGHSt 58, 84, 96; für den Fall einer rechtsfehlerhaften Durchsuchung vgl. BGH, Beschluss vom 18. November 2003 - 1 StR 455/03, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 4; Urteil vom 18. April 2007 - 5 StR 546/06, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 7; Beschluss vom 30. August 2011 - 3 StR 210/11, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 8). Schließlich ist gegebenenfalls zu entscheiden, wie weit das möglicherweise vorliegende Beweisverwertungsverbot reicht. Dafür könnte hier etwa von Bedeutung sein, ob die Durchsuchungsergebnisse dem Angeklagten und dem J. bei deren polizeilichen Vernehmung vorgehalten wordensind und dieser Vorhalt im Zusammenhang mit ihren Einlassungen steht, diese mithin von der rechtswidrigen Maßnahme unmittelbar beeinflusst worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 6. August 1987 - 4 StR 333/87, BGHSt 35, 32, 34). In diesem Fall würde der Annahme eines Verwertungsverbots bezüglich der polizeilichen Einlassung der Beschluss des Senats vom 16. Oktober 2007 (3 StR 413/07) nicht entgegen stehen; denn dieser betraf die Verwertbarkeit einer geständigen Einlassung, die der Angeklagte in der Hauptverhandlung abgegeben hatte und damit einen sich von der hiesigen Fallgestaltung wesentlich unterscheidenden Sachverhalt.
16
All diese Gesichtspunkte können vom Senat ohne Kenntnis des die durchgeführte Durchsuchung und die anschließenden Vernehmungen betreffenden Akteninhalts nicht bewertet werden. So ist etwa der Inhalt der anlässlich der Durchsuchung gefertigten polizeilichen Vermerke sowohl für die Annahme von Gefahr im Verzug als auch für die Beurteilung des Gewichts eines eventuellen Verfahrensverstoßes von wesentlicher Bedeutung.
17
c) Der Vortrag des maßgebenden Verfahrensstoffs durch die Revisionsführerin war auch nicht deshalb entbehrlich, weil sie auch die Sachrüge erhoben und das Landgericht im Rahmen seiner schriftlichen Urteilsgründe nähere Ausführungen zu dem nach seiner Ansicht bestehenden Beweisverwertungsverbot gemacht hat (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 1999 - 4 StR 189/99, BGHSt 45, 203, 204 f.; KK-Gericke, aaO, § 344 Rn. 39 mwN). Denn den vorliegenden Urteilsgründen können die maßgebenden Verfahrensvorgänge jedenfalls nicht mit der erforderlichen Klarheit entnommen werden. Das Landgericht hat lediglich die von ihm für wesentlich erachteten Beweisergebnisse dargestellt und in erster Linie unter deren Würdigung seine Auffassung begründet, es liege ein Beweisverwertungsverbot vor. Der Senat hat indes - wie dargelegt - als Revisionsgericht eine eigene freibeweisliche Würdigung vorzunehmen. Hierzu ist im vorliegenden Fall aus den dargelegten Gründen die Kenntnisnahme des maßgebenden Akteninhalts durch ihn selbst unerlässlich; diese kann nicht durch die Darstellung vom Landgericht ausgewählter Teile ersetzt werden. Auch der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift auf bestimmte, die Vernehmungen betreffende tatsächliche Umstände abgestellt, die dem Senat weder im Revisionsverfahren zur Kenntnis gebracht worden sind noch sich aus den schriftlichen Urteilsgründen ergeben (s. etwa Antragsschrift S. 8).
18
II. Bezüglich der Sachrüge, mit der die Revision die Strafzumessung angreift und dabei eine Verletzung des § 46 StGB geltend macht, ist das Rechtsmittel aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts zutreffend ausgeführten Erwägungen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Becker Schäfer Mayer RiBGH Gericke befindet sich Spaniol im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung : ja
GG Art. 1; Art. 20 Abs. 3; MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1;
BerlLBG § 27 Abs. 3
Zur Abwägung der im Widerstreit stehenden verfassungsrechtlichen
Rechtsgüter bei der Beschränkung des Rechts auf umfassende
Verteidigung aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften.
BGH, Beschluss vom 5. Juni 2007 – 5 StR 383/06
LG Berlin –

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 5. Juni 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Juni 2007

beschlossen:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 13. Januar 2006 werden nach § 349 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten der Revisionen der Staatsanwaltschaft und die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen. Jeder Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat das Verfahren gegen die Angeklagten wegen eines Verfahrenshindernisses durch Urteil gemäß § 260 Abs. 3 StPO eingestellt. Die hiergegen gerichteten Revisionen der Staatsanwaltschaft, die – vertreten vom Generalbundesanwalt – die Aufhebung des Einstellungsurteils und Fortführung des Verfahrens erstrebt, sowie der Angeklagten, die ihre Freisprechung erreichen wollen, sind unzulässig.

I.


2
Mit unverändert zur Hauptverhandlung zugelassener Anklage wurde den Angeklagten eine größere Zahl von Straftaten zur Last gelegt, die sie im Zeitraum von Juni 2001 bis zum 30. Juli 2004 im Zusammenhang mit ihrer bis Sommer 2003 andauernden Tätigkeit als Polizeibeamte bei der Berliner Polizei im Bereich der Fahndung, Aufklärung und Observation, insbesondere im Umgang mit Informanten bzw. bei der Führung von Vertrauenspersonen, begangen haben sollen.
3
Im Einzelnen handelt es sich um Tatvorwürfe der Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in einer Vielzahl von Fällen (alle Angeklagte), der versuchten Strafvereitelung im Amt (Angeklagter N. ), der Vorteilsannahme und der uneidlichen Falschaussage (Angeklagte N. und H. ) sowie des Meineides und der Anstiftung zur Fälschung beweiserheblicher Daten (Angeklagter H.

).


II.


4
Nach den Feststellungen des Landgerichts wurde der Angeklagte N. seit September 1999 in der Direktion 5 (FAO) der Berliner Polizei als Teamführer im Bereich der Führung von Vertrauenspersonen und Informanten eingesetzt. Seine Aufgabenstellung war die „Strukturerhellung“ von ethnischen Gruppen, insbesondere arabischen Großfamilien, im Bereich der Schwerstkriminalität. Der Angeklagte Hö. war seit 1999 im Team des Angeklagten N. mit der Führung von Informanten und Vertrauenspersonen betraut. Zur Tätigkeit des Angeklagten H. , der sich weder zu seinen persönlichen Verhältnissen noch zur Sache eingelassen hat, sind keine Feststellungen getroffen. Alle Angeklagten sind seit Sommer 2003 mit einem Verbot der Amtsausübung belegt.

III.


5
Der Verfahrenseinstellung ging nach den Feststellungen des Landgerichts folgendes Prozessgeschehen voraus:
6
1. Die Angeklagten N. und Hö. haben die gegen sie erhobenen Tatvorwürfe bestritten und durch ihre Verteidiger erklären lassen, sie sähen sich als Polizeibeamte wegen ihrer Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit daran gehindert, sich gegen die nicht zutreffenden und willkürlich aus dem Zusammenhang gerissenen Anklagevorwürfe substantiiert zu verteidigen. Auch verbiete ihnen diese Pflicht, die Sach- und Rechtslage mit ihren Verteidigern zu erörtern. Insbesondere um Gesamtzusammenhänge und mögliche Interessen Dritter an ihrer Diskreditierung zu dokumentieren, seien Angaben zu Sachverhalten unabdingbar, die grundsätzlich der Geheimhaltung unterlägen. Dazu gehörten Kriminaltaktik – auch und gerade im Hinblick auf Einzelfälle –, Polizeiinterna wie der Aufbau der VP- und Informantenführung bei der Direktion 5 (FAO) und die spätere zentrale Organisation der VPFührung bei dem LKA 15 einschließlich der damit einhergehenden Kompetenzstreitigkeiten sowie nach dem 11. September 2001 geltende polizeiinterne Anweisungen und geheime dienstliche Vorschriften zur Führung von Quellen arabischer Herkunft.
7
2. Der Angeklagte N. hat beantragt, ihm eine „erweiterte“ Aussagegenehmigung zu erteilen, hilfsweise erst nach vorherigem Ausschluss der Öffentlichkeit und Verpflichtung der Prozessbeteiligten zur Verschwiegenheit. Auf diesen Antrag hin hat das Landgericht für die Dauer der von dem Angeklagten N. beabsichtigten Sacheinlassung und einer sich gegebenenfalls daran anschließenden Vernehmung zur Sache gemäß § 172 Nr. 1 GVG die Öffentlichkeit ausgeschlossen, die Anfertigung von Mitschriften durch den Prozessbeobachter des Polizeipräsidenten untersagt (§ 175 Abs. 2 Satz 1 GVG) und alle nach Ausschluss der Öffentlichkeit anwesenden Personen zur Verschwiegenheit verpflichtet (§ 174 Abs. 3 Satz 1 GVG).
8
3. Gleichwohl haben auf Anfragen von Verteidigern, Ersuchen des Strafkammervorsitzenden und schließlich eine Gegenvorstellung der Strafkammer , die den Hinweis auf ein andernfalls drohendes Prozesshindernis enthielt, der Polizeipräsident in Berlin und sodann auch die Senatsverwaltung für Inneres des Landes Berlin die Erteilung einer umfassenden Aussagegenehmigung an die Angeklagten für Angaben gegenüber dem Gericht und gegenüber ihren Verteidigern abgelehnt. Die Angeklagten könnten sich aufgrund ihnen erteilter eingeschränkter Aussagegenehmigungen zu allen Punkten der Anklage gegenüber dem Gericht und ihren Verteidigern äußern, soweit nicht bislang unbekannte Vertrauenspersonen oder Informanten oder geheimhaltungsbedürftige polizeiinterne Regelungen zu Kriminaltaktik und zur Führung von Vertrauenspersonen und Informanten betroffen seien. Die erteilten Aussagegenehmigungen umfassten sämtliche rechtlichen Grundlagen der Inanspruchnahme von Informanten und des Einsatzes von Vertrauenspersonen mit Ausnahme als Verschlusssache eingestufter polizeiinterner Geschäftsanweisungen. Für den Fall, dass sich bestimmte Regelungen hierin doch als verteidigungsrelevant erweisen sollten, bestehe die Möglichkeit, zu konkreten Fragen eine erweiterte Aussagegenehmigung zu erhalten. Auch könne ein als sachverständiger Zeuge benannter Mitarbeiter der Polizei zu diesen Angelegenheiten befragt werden. Da das vorliegende Verfahren wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln untrennbar mit der organisierten Betäubungsmittelszene der Region verbunden sei, komme indes eine umfassende Aussagegenehmigung nicht in Betracht. Die Belange der umfassenden gerichtlichen Wahrheitsfindung müssten in einem solchen Deliktsfeld zurückstehen, soweit dies der Einsatz der besonderen Ermittlungsmethoden des Einsatzes von Vertrauenspersonen und Informanten unbedingt erfordere. Denn diese Ermittlungsmethoden seien unverzichtbar und dürften nicht auf Dauer vereitelt werden.

IV.


9
Das Landgericht hat das Strafverfahren durch Urteil gemäß § 260 Abs. 3 StPO mit der Begründung eingestellt, dass das Grundrecht der Angeklagten auf umfassende Verteidigung der Fortführung des Verfahrens entgegenstehe. Denn der verfassungsrechtlich garantierte Anspruch der Angeklagten aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG sowie Art. 6 MRK auf ein faires , rechtsstaatliches Verfahren sei durch die Versagung der unbeschränkten Aussagegenehmigungen durch die Senatsverwaltung für Inneres im Kernbe- reich tangiert. Dem könne hier nur durch die Annahme eines Verfahrenshindernisses von Verfassungs wegen Rechnung getragen werden.
10
1. Zwar dürfe das Recht auf Verteidigung, dem Verfassungsrang zukomme , dann eingeschränkt werden, wenn es nur in seinem Randbereich betroffen werde. Eine Beschränkung der Aussagegenehmigung, die das Recht auf Verteidigung in seinem Wesensgehalt antaste, könne dagegen nicht hingenommen werden. Der Inhalt und die Auslegung polizeiinterner Regelwerke beträfen hier den Schuldvorwurf gegen die Angeklagten im Kern und ließen allein die Beantwortung zentraler Fragestellungen zu. Den angeklagten Amtsträgern sei nicht zuzumuten, ihre Einlassung Satz für Satz danach abzutasten, ob sie im Einzelnen fremde Rechte verletzen könnte; sie müssten ihren Vortrag frei und im Zusammenhang halten und relevante Tatsachen mitteilen können. Ihnen sei auch nicht zuzumuten, das Risiko disziplinar - und strafrechtlicher Vorwürfe auf sich zu nehmen, wenn sie ohne eine umfassend erteilte Aussagegenehmigung Sachverhalte offenbarten, die der Amtsverschwiegenheit unterliegen. Zudem sei es in Ansehung des verfassungsrechtlichen Stellenwerts des Äußerungsrechts der Angeklagten nicht hinzunehmen, dass diese vor der Beratung mit ihren Verteidigern mit der Senatsverwaltung für Inneres oder mit der Polizei Rücksprache zu nehmen hätten. Dies stelle eine externe Steuerung des Strafprozesses durch die Exekutive dar, die dem Rechtsstaat fremd sei. Auch würden den Angeklagten schwere Straftaten vorgeworfen, so dass ihnen Freiheitsstrafen sowie der Verlust ihres Amtes und ihrer beruflichen Reputation drohten.
11
2. Zwar würden die durch eine verweigerte Aussagegenehmigung eingeschränkten Verteidigungsmöglichkeiten regelmäßig ein ausreichendes Regulativ durch den Grundsatz der freien Beweiswürdigung gemäß § 261 StPO und das Prinzip „im Zweifel für den Angeklagten“ erfahren. Dies gelte jedoch nur dann, wenn sich das Strafverfahren trotz der Verkürzung der Beweisgrundlage in seiner Gesamtheit als rechtsstaatlich und fair erweise. Das sei hier jedoch nicht mehr der Fall.

V.


12
Die gegen die Verfahrenseinstellung durch Urteil gerichteten Revisionen der Staatsanwaltschaft sind als unzulässig zu verwerfen, weil die allein erhobene Verfahrensrüge nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt.
13
1. Zur Begründung der Verfahrensrüge ist der Beschwerdeführer verpflichtet , „die den Mangel enthaltenden Tatsachen“ anzugeben. Diese Angaben haben mit Bestimmtheit und so genau und vollständig zu geschehen, dass das Revisionsgericht allein auf Grund der Revisionsrechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorläge, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen wären (vgl. BVerfG NJW 2005, 1999, 2001; BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Aufklärungsrüge 7). Daran fehlt es hier.
14
a) Die Staatsanwaltschaft beanstandet allein, das Landgericht habe einen Beweisantrag auf Vernehmung von drei Polizeibeamten als Zeugen mit Unrecht als aus rechtlichen Gründen ohne Bedeutung (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO) abgelehnt. Sie ist der Auffassung, die Strafkammer hätte die beantragte Beweiserhebung vornehmen müssen, da sich hieraus ergeben hätte, dass das vom Landgericht angenommene Prozesshindernis nicht bestanden habe.
15
b) Der Senat kann hier nicht allein aufgrund der Revisionsrechtfertigungsschrift prüfen, ob ein Verfahrensfehler vorläge, wenn die behaupteten Tatsachen wahr wären. Denn die Staatsanwaltschaft hat an mehreren Stellen zur Darlegung des von ihr geltend gemachten Verfahrensfehlers auf bei den Akten befindliche Schriftstücke Bezug genommen, ohne diese in ihrem Wortlaut oder ihrem wesentlichen Inhalt nach in der Revisionsrechtfertigungsschrift mitzuteilen (vgl. BGHSt 40, 3, 5; BGH NStZ-RR 2006, 48, 49; BGH, Beschluss vom 30. September 2003 – 4 StR 315/03 – und vom 1. Juni 2006 – 4 StR 75/06, insoweit in NStZ-RR 2007, 107 nicht abgedruckt). Der Umstand, dass die Bezugnahme unter Benennung der Blattzahlen in den Strafakten erfolgt ist, ändert hieran nichts (vgl. BGH NStZ-RR 2006, 48, 49).
16
Zwar steht eine Bezugnahme auf Aktenteile der Zulässigkeit einer Verfahrensrüge dann nicht entgegen, wenn die Bezugnahme ohne Bedeutung für den geltend gemachten Verfahrensverstoß ist (vgl. BGHSt 40, 3, 5). So verhält es sich hier indes nicht. Vielmehr hat die Staatsanwaltschaft erkennbar deswegen mehrfach auf die in den Strafakten befindliche, in der Revisionsrechtfertigungsschrift aber nicht mitgeteilte schriftliche Einlassung des Angeklagten N. Bezug genommen, um die nach ihrer Ansicht bestehende tatsächliche oder rechtliche Bedeutsamkeit bestimmter Umstände für die Frage zu untermauern, ob – entgegen der Annahme des Landgerichts bei Ablehnung des Beweisantrags – die Voraussetzungen für ein Verfahrenshindernis durch die begehrte Beweisaufnahme zu widerlegen sind. Insgesamt will die Staatsanwaltschaft mit ihren Bezugnahmen die Richtigkeit ihrer Auffassung belegen, „dass der Zusammenhang zwischen den in Rede stehenden Straftaten und den internen Regelungen über die Arbeit mit Quellen fehl(e)“ (Revisionsbegründungsschrift S. 30). Dafür war die vollständige Mitteilung der in Bezug genommenen Aktenstellen unverzichtbar.
17
2. Die Sachrüge ist nicht erhoben worden. Zwar genügt es, wenn sich aus den Einzelausführungen die den Inhalt der Sachrüge ausmachende schlüssige Behauptung ergibt, dass auf den im Urteil festgestellten Sachverhalt materielles Recht falsch angewendet worden sei (BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 1 Revisionsbegründung 2). Dies ist hier indes nicht der Fall. Vielmehr rügt die Staatsanwaltschaft ausdrücklich nur die Verletzung formellen Rechts und macht lediglich geltend, das Landgericht wäre auf der Grundlage des von ihr gestellten Beweisantrags zu anderen Feststellungen gelangt , die die Annahme eines Verfahrenshindernisses nicht gerechtfertigt hätten. Hätte die Staatsanwaltschaft neben ihrer Verfahrensbeanstandung auch die Sachrüge erheben wollen, hätte sie diese Angriffsrichtung eindeutig zum Ausdruck bringen müssen (vgl. BGH NStE Nr. 9 zu § 344 StPO; vgl. auch zu unklarem Anfechtungsziel BGH NJW 2003, 839 und BGH, Beschluss vom 21. Mai 2003 – 5 StR 69/03).
18
3. Die Unzulässigkeit der Verfahrensrüge führt bei Fehlen der Sachrüge zur Unzulässigkeit der Revision insgesamt (BGH NJW 1995, 2047; BGH, Beschluss vom 22. November 2005 – 1 StR 432/05 – und vom 17. Oktober 2000 – 1 StR 413/00). Die Revisionen der Staatsanwaltschaft sind daher gemäß § 349 Abs. 1 StPO als unzulässig zu verwerfen. Der Senat ist somit an der Prüfung gehindert, ob die Strafkammer zu Recht von einem Verfahrenshindernis ausgegangen ist.

VI.


19
Auch die Revisionen der Angeklagten sind, wie insoweit vom Generalbundesanwalt zutreffend beantragt, unzulässig (§ 349 Abs. 1 StPO). Die Angeklagten sind durch die Einstellung des Verfahrens durch Prozessurteil gemäß § 260 Abs. 3 StPO nicht beschwert. Eine Beschwer wird durch ein das Verfahren einstellendes Urteil regelmäßig nicht bewirkt (vgl. BGHSt 23, 257, 259; vgl. auch BGHR StPO § 333 Beschwer 2 betreffend Nebenentscheidungen

).


20
Wollte man aus einer verminderten Rechtskraftwirkung – Verfahrenseinstellung durch Prozessurteil wegen eines behebbaren Verfahrenshindernisses (vgl. Meyer-Goßner StPO 49. Aufl. § 260 Rdn. 48) – eine Beschwer der Angeklagten herleiten, wären die Revisionen aus den vom Generalbundesanwalt für die Unzulässigkeit angeführten Gründen – nach einstimmiger Auffassung des Senats – offensichtlich unbegründet. Ein Fall, in dem der Freispruch Vorrang vor der Einstellung des Verfahrens hat, liegt nicht vor. Der Sachverhalt ist infolge des angenommenen Verfahrenshindernisses gerade nicht abschließend im Sinne eines Freispruchs geklärt worden (vgl. Meyer-Goßner aaO Rdn. 44 m.w.N.).

VII.


21
Der Senat weist auf Folgendes hin:
22
1. Ungeachtet nicht eingetretenen Strafklageverbrauchs bewirkt die materielle Rechtskraft der Verfahrenseinstellung, dass die Angeklagten nicht verfolgt werden dürfen, solange sich die Umstände, die nach Auffassung des Landgerichts zur Annahme des Verfahrenshindernisses geführt haben, nicht verändert haben (vgl. dazu Meyer-Goßner aaO Einl. Rdn. 142 ff., 172).
23
Hierfür bedürfte es der Erteilung noch weitergehender Aussagegenehmigungen für die Angeklagten gegenüber ihren Verteidigern und gegenüber dem Gericht. Für diesen Fall müsste das Gericht dann gegebenenfalls zur Wahrung staatlicher Geheimhaltungsinteressen die in der bisherigen Hauptverhandlung vorgesehenen Maßnahmen treffen (vgl. zum strafrechtlichen Schutz § 353d StGB). Die Verteidiger wären an einer Offenbarung des ihnen von ihren Mandanten Anvertrauten durch ihre berufliche Verschwiegenheitspflicht gehindert (vgl. zum strafrechtlichen Schutz § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB), von der die Angeklagten, soweit deren amtliche Verschwiegenheitspflicht reicht, sie nicht entbinden dürften (vgl. auch § 353b StGB).
24
2. Für die Beurteilung von Fällen der hier vorliegenden Art gilt allgemein Folgendes:
25
a) Die Einschränkung der einem Angeklagten erteilten Aussagegenehmigung aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften kann das Recht auf umfassende Verteidigung mehr oder weniger beeinträchtigen. Wie der Grundsatz, dass niemand gezwungen werden darf, durch eigene Aussagen die Voraussetzungen für seine strafrechtliche Verurteilung zu liefern, hat dieses Recht Verfassungsrang (vgl. BVerfGE 56, 37, 49). Es gehört zu den fundamentalen Attributen menschlicher Würde und zu den grundlegenden Prinzipien des Rechtsstaats. Eine Beschränkung der Aussagegenehmigung, die das Recht auf Verteidigung in seinem Wesensgehalt antastet, kann als Verstoß gegen die Grundnorm des Art. 1 Abs. 1 GG von Verfassungs wegen nicht hingenommen werden. Sie träfe einen obersten in seiner Substanz nicht zur Disposition stehenden Wert (vgl. BGHSt 36, 44, 48 m.w.N.). Daraus folgt, dass ein Strafverfahren nicht durchgeführt werden darf, wenn staatliche Geheimhaltungsinteressen von großem Gewicht nicht anders als durch die Beschneidung wesentlicher Verteidigungsmöglichkeiten gewahrt werden können. Die aufgrund dieser Alternative vom Tatgericht geforderte prospektive Betrachtung wird sich vor allem an dem bestehenden oder fehlenden argumentativen Zusammenhang zwischen der von der Aussagebeschränkung betroffenen Thematik und dem historischen Geschehen, das Gegenstand der Kognition ist, orientieren müssen (BGH aaO).
26
Dort, wo das Recht auf Verteidigung nur in seinem Randbereich betroffen wird, darf es indes eingeschränkt werden, wenn seine uneingeschränkte Ausübung die Wahrnehmung sehr gewichtiger, verfassungsmäßig legitimierter Aufgaben, die zu ihrer Erfüllung der Geheimhaltung bedürfen, unmöglich machen oder erschweren könnte (vgl. BGHSt 36, 44, 48 f.). Hierzu gehört auch der Einsatz von Vertrauenspersonen zur Aufklärung von Bandenstrukturen im Bereich des Handels mit Betäubungsmitteln (vgl. BVerfGE 57, 250, 284). Erforderlich ist aber stets eine sorgfältige Abwägung der im Widerstreit stehenden verfassungsrechtlichen Rechtsgüter unter Berücksichtigung des gesamten konkreten Sachverhalts (vgl. BVerwGE 66, 39, 44). Denn das Staatswohl und die Wahrung der öffentlichen Belange erfordern es, sowohl die Grundrechte Einzelner zu schützen und niemanden einer ungerechtfertigten Verurteilung auszuliefern als auch den Strafanspruch des Staates durchzusetzen (BVerfG aaO). Dabei darf nicht aus dem Blick geraten , dass die wirksame Aufklärung gerade schwerer Straftaten ein wesentlicher Auftrag des rechtsstaatlichen Gemeinwesens ist (vgl. BVerfGE 109, 279, 336; 107, 299, 316; 100, 313, 389; 80, 367, 375; 77, 65, 76).
27
Die Pflicht zur Abwägung trifft auch und in erster Linie die Behörde, deren Erklärung oder Entscheidung zu einer Einschränkung des Rechts des Angeklagten auf umfassende Verteidigung führt. Sie hat nicht nur die von ihr wahrzunehmenden Aufgaben zu beachten, die zu ihrer Erfüllung der Geheimhaltung bedürfen, sondern muss auch dem hohen Rang des Verteidigungsinteresses Rechnung tragen (vgl. BVerfGE 57, 250, 283 f.). Diesen Anforderungen genügt § 27 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes (Berlin), der die Versagung der Aussagegenehmigung für beschuldigte Beamte nur in ganz engen Grenzen zulässt. Danach darf einem Beschuldigten die Genehmigung, in einem gerichtlichen Verfahren auszusagen, nur dann versagt werden, wenn die Aussage dem Wohle des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten oder die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ernstlich gefährden oder erheblich erschweren würde und wenn die dienstlichen Rücksichten dies unabweisbar erfordern. Aus diesem Grund müssen Staatsanwaltschaft und Tatgericht durch entsprechende Anträge an den Dienstherrn der Angeklagten und vorgesetzte Behörden sowie gegebenenfalls mit Gegenvorstellungen darauf hinwirken, dass die für eine umfassende Verteidigung erforderlichen Aussagegenehmigungen erteilt werden.
28
Bleibt solches erfolglos, kommt eine Klage des Angeklagten gegen den Dienstherrn im Verwaltungsrechtsweg auf Erteilung der Aussagegenehmigung in Betracht, wenn der Dienstherr auch auf die Gegenvorstellung des Gerichts hin die beantragte Aussagegenehmigung nicht erteilt. Um dem zur Klage bereiten Angeklagten hierzu Gelegenheit zu geben, kann im Einzelfall auch die Aussetzung des Strafverfahrens in Betracht kommen (vgl. dazu Senge in KK-StPO 5. Aufl. § 54 Rdn. 20 f.). Ob gegebenenfalls in solchen Fällen die Justizorgane als klagebefugt anzusehen wären (abl. Beulke, Strafprozessrecht 9. Aufl. Rdn. 190 sowie Pfeiffer, StPO 5. Aufl. § 96 Rdn. 4 und HK-Lemke, StPO 3. Aufl. § 96 Rdn. 16; abw. Ellbogen NStZ 2007, 310), ob sogar ein verteidigungs- und einlassungswilliger Angeklagter zu einer solchen Klage zu veranlassen wäre, erscheint höchst problematisch.
29
Jedenfalls gilt, dass eine Verweigerung der Aussagegenehmigung, wenn der Kernbereich der Verteidigung betroffen ist, angesichts auch strafrechtlicher Absicherungsmöglichkeiten gegen unbefugte Offenbarungen nur bei überragend wichtigen Gemeinschaftsgütern in Betracht käme, so bei einer erheblichen Lebens- oder Gesundheitsgefährdung von Personen, etwa auch Vertrauensleuten der Ermittlungsbehörden. Halten Gericht und Staatsanwaltschaft die Versagung der Aussagegenehmigung für rechtswidrig, haben sie nach Ausschöpfung aller sonstigen Möglichkeiten zur Herbeiführung einer abweichenden Entscheidung die oberste Justizbehörde mit dem Ziel einzuschalten, an die oberste Innenbehörde eine Gegenvorstellung zu richten. Die oberste Justizbehörde wird nach dem Grundsatz, dass über Sperrungen , die eine ordnungsgemäße Durchführung von Strafverfahren gefährden , an höchster Stelle zu entscheiden ist (vgl. BVerfGE 57, 250, 289), bei fortdauernder Weigerung der Innenbehörde eine Entscheidung der Landesregierung durch Kabinettsbeschluss herbeizuführen haben.
30
Eine Einstellung des Strafverfahrens kommt jedenfalls vor Ausschöpfung dieser Möglichkeiten nicht in Betracht. Der Senat braucht nicht zu entscheiden , ob für den Fall, dass tatsächlich einmal überragend wichtige Gemeinschaftsgüter der skizzierten Qualität im Widerstreit zur unerlässlich gebotenen Durchführung eines Strafverfahrens stehen sollten, der Angeklagte eine schwer wiegende Einschränkung seiner Verteidigungsmöglichkeiten hinnehmen müsste und ihm als Schutz nur das Gebot zu außerordentlich zurückhaltender belastender Beweiswürdigung verbliebe (vgl. BGHSt 49, 112). Von einer derartigen Extremsituation ist das vorliegende Verfahren sowohl nach der Bedeutung der Tatvorwürfe als auch nach den in Frage stehenden Geheimhaltungsbelangen weit entfernt.
31
b) Zunächst hat der Tatrichter, wenn einem Angeklagten – wie auch im vorliegenden Fall – mehrere Straftaten zur Last liegen, die sich in Art und Schwere oder hinsichtlich der Beweislage unterscheiden, regelmäßig für jeden Tatvorwurf gesondert zu prüfen, ob die Versagung der Aussagegeneh- migung den Kernbereich oder lediglich den Randbereich des Rechts auf umfassende Verteidigung betrifft. Dasselbe gilt – wenn lediglich der Randbereich betroffen ist – für die gebotene Abwägung der im Widerstreit stehenden verfassungsrechtlichen Rechtsgüter.
32
Vorliegend erscheint der pauschale Ansatz des Landgerichts, der nicht nach einzelnen Tatvorwürfen differenziert, zweifelhaft, weil es für die einzelnen Straftaten den bestehenden oder fehlenden argumentativen Zusammenhang zwischen der von der Aussagebeschränkung betroffenen Thematik und dem Tatvorwurf (vgl. BGHSt 36, 44, 48) nicht näher in den Blick nimmt. Besonders schwer nachvollziehbar ist, aus welchem Grund hier polizeiinterne Richtlinien für die Verteidigung gegen den Tatvorwurf der Anstiftung zur Manipulation eines privaten Premiere-Decoders von Bedeutung sein sollen. Jenseits davon liegt es zwar fern, dass polizeiinterne Dienstanweisungen einen Verstoß gegen die Strafgesetze und die Strafprozessordnung erlauben könnten. Gleichwohl erscheint es bei den übrigen gegen die Angeklagten erhobenen Vorwürfen jedenfalls im Ansatz nicht ausgeschlossen, dass der Kernbereich der Verteidigung betroffen sein könnte. Im Bereich von Betäubungsmitteldelikten – wie auch bei Strafvereitelung – ist zum wirkungsvollen Einsatz von Vertrauensleuten die Annahme eines weiten Handlungsspielraumes nicht undenkbar, wonach ein unmittelbar deliktisch anmutendes Verhalten in Ermangelung der tatbestandlich verlangten Zielsetzung – u. a. Betäubungsmittelumsatz – als nicht strafbar bewertet werden könnte. Bei Aus- sagedelikten kämen problematische Kollisionen zwischen der Verpflichtung zu vollständiger Aussage und Verschwiegenheitspflichten, bei Amtsdelikten relevante dienstliche Genehmigungen in Betracht.
Basdorf Raum Brause Schaal Jäger
16
Diese Anforderungen gelten auch dann, wenn, wie im vorliegenden Fall, die Beschwerdeführerin rügt, das Gericht habe zu Unrecht das Vorliegen eines Verwertungsverbotes für ein Beweismittel angenommen, das auf Grund einer Wohnungsdurchsuchung erlangt wurde (BGH, Urteil vom 8. August 2018 – 2 StR 131/18, Rn. 9). Zwar kann das Revisionsgericht die für das Vorliegen eines Verwertungsverbotes in tatsächlicher Hinsicht entscheidungserheblichen Fragen gegebenenfalls im Wege des Freibeweises überprüfen; dies kann jedoch wie auch sonst bei behaupteten Verletzungen von Verfahrensvorschriften nur auf der Grundlage eines entsprechenden zulässigen Revisionsvortrags erfolgen (BGH, Beschluss vom 29. April 2015 – 1 StR 235/14, juris Rn. 46; Urteil vom 25. März 1998 – 3 StR 686/97, NJW 1998, 2229). Ist die Annahme eines Beweisverwertungsverbots – wie hier – tragender Grund für die Ablehnung eines Beweisantrags (zu den Darlegungsanforderungen bei einer insoweit erhobenen Aufklärungsrüge vgl. BGH, Urteil vom 8. August 2018 aaO), sind regelmäßig Beweisantrag und Ablehnungsbeschluss im Wortlaut mitzuteilen, da sich die Fehlerhaftigkeit der Annahme eines Beweisverwertungsverbots als Grundlage für die Zurückweisung des Beweisantrags bereits allein aus dessen Begründung ergeben kann (BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 – 3 StR 140/14 aaO).
8
a) Danach sind im Rahmen einer Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenen Tatsachen grundsätzlich so vollständig und genau darzulegen, dass das Revisionsgericht allein anhand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, über den geltend gemachten Mangel endgültig zu entscheiden. Für den Revisionsvortrag wesentliche Schriftstücke oder Aktenstellen sind im Einzelnen zu bezeichnen und – in der Regel durch wörtliche Zitate beziehungsweise eingefügte Abschriften oder Ablichtungen – zum Bestandteil der Revisionsbegründung zu machen (BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 – 3 StR 140/14, NStZ-RR 2014, 318 ff.; Beschluss vom 24. Januar 2012 – 4 StR 493/11, juris; KK-StPO/Gericke, 7. Aufl., § 344 Rn. 38 ff. mwN; ebenso Nr. 156 Abs. 3 RiStBV).
16
Diese Anforderungen gelten auch dann, wenn, wie im vorliegenden Fall, die Beschwerdeführerin rügt, das Gericht habe zu Unrecht das Vorliegen eines Verwertungsverbotes für ein Beweismittel angenommen, das auf Grund einer Wohnungsdurchsuchung erlangt wurde (BGH, Urteil vom 8. August 2018 – 2 StR 131/18, Rn. 9). Zwar kann das Revisionsgericht die für das Vorliegen eines Verwertungsverbotes in tatsächlicher Hinsicht entscheidungserheblichen Fragen gegebenenfalls im Wege des Freibeweises überprüfen; dies kann jedoch wie auch sonst bei behaupteten Verletzungen von Verfahrensvorschriften nur auf der Grundlage eines entsprechenden zulässigen Revisionsvortrags erfolgen (BGH, Beschluss vom 29. April 2015 – 1 StR 235/14, juris Rn. 46; Urteil vom 25. März 1998 – 3 StR 686/97, NJW 1998, 2229). Ist die Annahme eines Beweisverwertungsverbots – wie hier – tragender Grund für die Ablehnung eines Beweisantrags (zu den Darlegungsanforderungen bei einer insoweit erhobenen Aufklärungsrüge vgl. BGH, Urteil vom 8. August 2018 aaO), sind regelmäßig Beweisantrag und Ablehnungsbeschluss im Wortlaut mitzuteilen, da sich die Fehlerhaftigkeit der Annahme eines Beweisverwertungsverbots als Grundlage für die Zurückweisung des Beweisantrags bereits allein aus dessen Begründung ergeben kann (BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 – 3 StR 140/14 aaO).
17
In Bezug auf die Überprüfung der Verwertbarkeit von Erkenntnissen aus Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen gilt, dass dem eine solche Maßnahme anordnenden Richter bei der Prüfung nach § 100a StPO, ob ein auf bestimmte Tatsachen gestützter Tatverdacht gegeben ist und der Subsidiaritätsgrundsatz nicht entgegensteht, ein Beurteilungsspielraum zusteht. Die Nachprüfung durch den Tatrichter - und durch das Revisionsgericht -, ob die Anordnung rechtmäßig war und die Ergebnisse der Überwachung verwertbar sind, ist daher auf den Maßstab der Vertretbarkeit beschränkt (BGH, Urteil vom 16. Februar 1995 - 4 StR 729/94, BGHSt 41, 30, 33 f.). Ist die Darstellung der Verdachts- und Beweislage im ermittlungsrichterlichen Beschluss plausibel, kann sich der erkennende Richter in der Regel hierauf verlassen. Fehlt es jedoch an einer ausreichenden Begründung oder wird die Rechtmäßigkeit der Maßnahme konkret in Zweifel gezogen, hat der erkennende Richter die Verdachts - und Beweislage, die im Zeitpunkt der Anordnung gegeben war, anhand der Akten zu rekonstruieren und auf dieser Grundlage die Verwertbarkeit zu untersuchen. War die Überwachung der Telekommunikation in einem anderen Verfahren angeordnet worden, hat er hierzu in der Regel die Akten dieses Verfahrens beizuziehen (BGH, Beschluss vom 1. August 2002 - 3 StR 122/02, BGHSt 47, 362, 367). Um dem Senat die Prüfung zu ermöglichen, ob die jeweiligen Anordnungen der Überwachungsmaßnahmen ausreichend und plausibel begründet waren und das Kammergericht sich mangels konkreter Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnungsbeschlüsse auf deren Begründungen verlassen durfte, hätte der Revisionsführer jedenfalls alle in den hiesigen Verfahrensakten enthaltenen ermittlungsrichterlichen Beschlüsse mitteilen müssen. Daran fehlt es hier, weil die gegen den gesondert Verfolgten A. erlassenen Beschlüsse 6 BGs 83/14 vom 8. April 2014 (Sbd. TKÜ Haftbefehl Bl. 113), 6 BGs 260/14 vom 30. Dezember 2014 (Sbd. TKÜ Haftbefehl Bl. 122), 6 BGs 80/14 vom 8. April 2014 (Sbd. TKÜ Haftbefehl Bl. 124), 6 BGs 141/14 vom 7. Juli 2014 (Sbd. TKÜ Haftbefehl Bl. 127), 6 BGs 202/14 vom 7. Oktober 2014 (Sbd. TKÜ Haftbefehl Bl. 130) und 6 BGs 259/14 vom 30. Dezember 2014 (Sbd. TKÜ Haftbefehl Bl. 133) nicht vorgelegt werden. Auch der ermittlungsrichterliche Beschluss vom 16. Juli 2015 - 6 BGs 251/15 - aus dem gegen K. geführten Verfahren ist Bestandteil der hiesigen Verfahrensakten (Sbd. Kontakte D. - K. Bl. 83), wird jedoch von der Revision nicht mitgeteilt. Und schließlich legt der Beschwerdeführer nicht dar, welche Teile aus verfahrensfremden Akten Bestandteil der hiesigen Verfahrensakten geworden sind. Damit ist dem Senat die Prüfung verwehrt, ob das Kammergericht bereits aufgrund der entsprechenden Akteninhalte die Rechtmäßigkeit der verfahrensfremden ermittlungsrichterlichen Anordnungen kontrollieren konnte oder ob es darüber hinaus die vollständigen Akten hätte beiziehen müssen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 1 4 0 / 1 4
vom
10. Juli 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Juli 2014,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer,
Mayer,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 28. Oktober 2013 wird verworfen. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln in dreizehn Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 30 € verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit einer Verfahrensrüge gegen den Teilfreispruch. Daneben beanstandet sie mit der Sachrüge die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts. Das vom Generalbundesanwalt bezüglich des Angriffs gegen den Teilfreispruch vertretene Rechtsmittel bleibt insgesamt ohne Erfolg.
2
Nach den Feststellungen kaufte der Angeklagte von Januar bis März 2013 bei dem früheren Mitangeklagten J. in insgesamt dreizehn Fällen zwischen zwei und fünfzehn Gramm Marihuana überwiegend zum Eigenkonsum.
3
Mit der Anklage war ihm darüber hinaus zur Last gelegt worden, dem J. zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln Beihilfe geleistet zu haben, indem er diesem die von ihm selbst angemietete Wohnung im Hause F. straße in M. als Drogenbunker zur Verfügung gestellt habe. Von diesem Vorwurf hat das Landgericht den Angeklagten freigesprochen und zur Begründung ausgeführt, zu den in der genannten Wohnung sichergestellten Betäubungsmitteln und sonstigen Gegenständen hätten keine Feststellungen getroffen werden können. Insoweit bestehe ein Beweisverwertungsverbot , das auch die polizeilichen Einlassungen des Angeklagten und J. s umfasse.
4
I. Die Staatsanwaltschaft wendet sich gegen den freisprechenden Teil des Urteils mit der Beanstandung, das Landgericht habe mehrere Beweisanträge zu Unrecht zurückgewiesen (§ 244 Abs. 3 StPO). Die Rüge dringt nicht durch, denn sie ist nicht in zulässiger Weise erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
5
1. Folgendes Verfahrensgeschehen liegt zugrunde:
6
Die Staatsanwaltschaft hat die Vernehmung mehrerer Polizeibeamter, welche die Wohnung des Angeklagten durchsucht und danach den Angeklagten sowie J. vernommen haben, und die Verlesung eines Wirkstoffgutachtens des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen zum Beweis dessen beantragt , was bei der Durchsuchung sichergestellt und in den anschließenden Vernehmungen angegeben wurde. Das Landgericht hat diese Anträge durch Beschluss mit der Begründung abgelehnt, die begehrte Beweiserhebung sei unzulässig (§ 244 Abs. 3 Satz 1 StPO).
7
2. Die Beschwerdeführerin hat mit ihrer Revisionsbegründung lediglich die Beweisanträge und den diese zurückweisenden Beschluss des Landgerichts mitgeteilt. Dies genügt hier den sich aus § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ergebenden Anforderungen nicht.
8
a) Die Fehlerhaftigkeit des die Beweisanträge zurückweisenden Beschlusses ergibt sich nicht bereits allein aus dessen Begründung, so dass die Vorlage weiteren Verfahrensstoffes durch den Revisionsführer nicht bereits aus diesem Grunde entbehrlich ist.
9
aa) Das Landgericht hat ein Beweisverwertungsverbot angenommen und auf dieser Grundlage zutreffend die beantragte Beweiserhebung als unzulässig im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO bewertet (BGH, Urteil vom 29. April 2010 - 3 StR 63/10 juris Rn. 10).
10
bb) Der Umfang der Beschlussbegründung ist nicht zu beanstanden.
11
Die Begründung des Beschlusses, mit dem ein Beweisantrag zurückgewiesen wird, soll zum einen den Antragsteller davon unterrichten, wie das Gericht das Begehren beurteilt, damit er in der Lage ist, sich auf die Verfahrenslage einzustellen, die durch die Antragsablehnung entstanden ist. Zum anderen soll dem Revisionsgericht die rechtliche Überprüfung der Ablehnung ermöglicht werden (st. Rspr.; vgl. etwa Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 244 Rn. 41a mwN). Dies gilt auch im Rahmen des § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO (aA möglicherweise noch Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozess, 5. Aufl., S. 760, wonach ein "kurzer Hinweis" genüge; vgl. hierzu LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 201).
12
Dem wird der Beschluss des Landgerichts gerecht. Die Strafkammer hat ausgeführt, die Beweismittel beruhten auf dem Ergebnis der ohne die erforderliche richterliche Anordnung durchgeführten Wohnungsdurchsuchung. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe kein Grund zu der Annahme bestanden , es liege Gefahr im Verzug vor. Aufgrund der willkürlichen, bewussten und groben Missachtung des Richtervorbehalts bestehe hinsichtlich der gewonnenen Beweismittel ein Verwertungsverbot. Dieses betreffe sowohl die bei der Durchsuchung gewonnenen Beweismittel als auch die auf Vorhalt der Durchsuchungsergebnisse ohne "qualifizierte" Belehrung gegenüber den Vernehmungsbeamten gemachten Angaben. Damit war für die Verfahrensbeteiligten ausreichend erkennbar, aus welchen Gründen das Tatgericht die begehrte Beweiserhebung für unzulässig hielt. Sie konnten ihr weiteres Prozessverhalten darauf einstellen und insbesondere auch erwägen, weitere (Beweis-)Anträge zu den Umständen der Wohnungsdurchsuchung zu stellen. Zur angemessenen Wahrung ihrer Rechte war es insbesondere nicht erforderlich, dass das Landgericht die nach seiner Auffassung zur Annahme eines Beweisverwertungsverbotes führende Würdigung des Verfahrensstoffes im Einzelnen darlegte. Dies war auch nicht nötig, um eine revisionsrechtliche Überprüfung zu ermöglichen, denn das Revisionsgericht hat zu der Frage, ob ein Beweisverwertungsverbot vorliegt, - anders als bei der revisionsrechtlichen Überprüfung der im Wege des Strengbeweises gewonnenen Umstände, auf deren Grundlage das Tatgericht über den Schuldspruch und die daran anknüpfenden Rechtsfolgen zu entscheiden hat - nicht lediglich diese Würdigung auf Rechtsfehler zu überprüfen, sondern selbst im Wege des Freibeweises festzustellen, ob der behauptete Verfahrensfehler vorliegt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 1978 - 2 StR 334/77, NJW 1978, 1390; aA LR/Becker, aaO, § 244 Rn. 32).
13
b) Gemäß den danach geltenden allgemeinen Grundsätzen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO muss der Beschwerdeführer im Rahmen einer Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenden Tatsachen grundsätzlich so vollständig und genau darlegen, dass das Revisionsgericht allein an Hand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, über den geltend gemachten Mangel endgültig zu entscheiden. Für den Revisionsvortrag wesentliche Schriftstücke oder Aktenstellen sind im Einzelnen zu bezeichnen und - in der Regel durch wörtliche Zitate oder eingefügte Abschriften oder Ablichtungen - zum Bestandteil der Revisionsbegründung zu machen. Rügt der Beschwerdeführer die rechtsfehlerhafte Ablehnung von Beweisanträgen, so muss er, sofern sich die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses nicht schon aus dessen Begründung ergibt, neben der Mitteilung von Antragswortlaut und Ablehnungsbegründung diejenigen weiteren Tatsachen darlegen, aus denen die Fehlerhaftigkeit des Ablehnungsbeschlusses folgt. Zum notwendigen vollständigen Rügevortrag kann es deshalb erforderlich sein, Einzelheiten des Verfahrensablaufs mitzuteilen (st. Rspr.; vgl. etwa LR/Becker, aaO, § 244 Rn. 372 ff.; KK-Gericke, 7. Aufl., § 344 Rn. 38 ff., jeweils m. zahlr. w. N.).
14
Diesen Vorgaben ist die Beschwerdeführerin mit der Vorlage allein der Beweisanträge und des diese zurückweisenden Gerichtsbeschlusses nicht nachgekommen. Dem Senat ist es nicht möglich, auf dieser Grundlage die erforderliche eigene umfassende Überprüfung des Verfahrens im Hinblick auf den behaupteten Rechtsfehler vorzunehmen. Dies beruht auf folgenden Erwägungen :
15
Der beanstandete Beschluss ist dann rechtsfehlerfrei, wenn die Ergebnisse der Wohnungsdurchsuchung sowie die Angaben des Angeklagten und des J. einem Beweisverwertungsverbot unterlagen. Deshalb ist zunächst zu beurteilen, ob die Beweisgewinnung rechtsfehlerhaft war. Dies erfordert hier die Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Annahme von Gefahr im Verzug vorlagen mit der Folge, dass eine richterliche Anordnung der Ermittlungsmaßnahme entbehrlich war (§ 105 Abs. 1 StPO). Das setzt voraus, dass die richterliche Anordnung nicht eingeholt werden konnte, ohne dass der Zweck der Maßnahme gefährdet wurde, etwa weil der Verlust der Beweismittel drohte (BGH, Beschluss vom 11. August 2005 - 5 StR 200/05, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 6; Beschluss vom 19. Januar 2010 - 3 StR 530/09, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Gefahr im Verzug 1). War die Beweisgewinnung rechtswidrig, ist sodann zu prüfen, ob hieraus im konkreten Fall ein Beweisverwertungsverbot folgt. Dies ist nach den Umständen des Einzelfalles unter Abwägung aller maßgeblichen Gesichtspunkte und der widerstreitenden Interessen zu entscheiden. Bedeutsam ist dabei vor allem das Gewicht des in Rede stehenden Verfahrensverstoßes (vgl. im Einzelnen BVerfG, Beschluss vom 9. November 2010 - 2 BvR 2101/09, NStZ 2011, 103, 104 Rn. 42 ff.; BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 87; Urteil vom 20. Dezember 2012 - 3 StR 117/12, BGHSt 58, 84, 96; für den Fall einer rechtsfehlerhaften Durchsuchung vgl. BGH, Beschluss vom 18. November 2003 - 1 StR 455/03, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 4; Urteil vom 18. April 2007 - 5 StR 546/06, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 7; Beschluss vom 30. August 2011 - 3 StR 210/11, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 8). Schließlich ist gegebenenfalls zu entscheiden, wie weit das möglicherweise vorliegende Beweisverwertungsverbot reicht. Dafür könnte hier etwa von Bedeutung sein, ob die Durchsuchungsergebnisse dem Angeklagten und dem J. bei deren polizeilichen Vernehmung vorgehalten wordensind und dieser Vorhalt im Zusammenhang mit ihren Einlassungen steht, diese mithin von der rechtswidrigen Maßnahme unmittelbar beeinflusst worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 6. August 1987 - 4 StR 333/87, BGHSt 35, 32, 34). In diesem Fall würde der Annahme eines Verwertungsverbots bezüglich der polizeilichen Einlassung der Beschluss des Senats vom 16. Oktober 2007 (3 StR 413/07) nicht entgegen stehen; denn dieser betraf die Verwertbarkeit einer geständigen Einlassung, die der Angeklagte in der Hauptverhandlung abgegeben hatte und damit einen sich von der hiesigen Fallgestaltung wesentlich unterscheidenden Sachverhalt.
16
All diese Gesichtspunkte können vom Senat ohne Kenntnis des die durchgeführte Durchsuchung und die anschließenden Vernehmungen betreffenden Akteninhalts nicht bewertet werden. So ist etwa der Inhalt der anlässlich der Durchsuchung gefertigten polizeilichen Vermerke sowohl für die Annahme von Gefahr im Verzug als auch für die Beurteilung des Gewichts eines eventuellen Verfahrensverstoßes von wesentlicher Bedeutung.
17
c) Der Vortrag des maßgebenden Verfahrensstoffs durch die Revisionsführerin war auch nicht deshalb entbehrlich, weil sie auch die Sachrüge erhoben und das Landgericht im Rahmen seiner schriftlichen Urteilsgründe nähere Ausführungen zu dem nach seiner Ansicht bestehenden Beweisverwertungsverbot gemacht hat (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 1999 - 4 StR 189/99, BGHSt 45, 203, 204 f.; KK-Gericke, aaO, § 344 Rn. 39 mwN). Denn den vorliegenden Urteilsgründen können die maßgebenden Verfahrensvorgänge jedenfalls nicht mit der erforderlichen Klarheit entnommen werden. Das Landgericht hat lediglich die von ihm für wesentlich erachteten Beweisergebnisse dargestellt und in erster Linie unter deren Würdigung seine Auffassung begründet, es liege ein Beweisverwertungsverbot vor. Der Senat hat indes - wie dargelegt - als Revisionsgericht eine eigene freibeweisliche Würdigung vorzunehmen. Hierzu ist im vorliegenden Fall aus den dargelegten Gründen die Kenntnisnahme des maßgebenden Akteninhalts durch ihn selbst unerlässlich; diese kann nicht durch die Darstellung vom Landgericht ausgewählter Teile ersetzt werden. Auch der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift auf bestimmte, die Vernehmungen betreffende tatsächliche Umstände abgestellt, die dem Senat weder im Revisionsverfahren zur Kenntnis gebracht worden sind noch sich aus den schriftlichen Urteilsgründen ergeben (s. etwa Antragsschrift S. 8).
18
II. Bezüglich der Sachrüge, mit der die Revision die Strafzumessung angreift und dabei eine Verletzung des § 46 StGB geltend macht, ist das Rechtsmittel aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts zutreffend ausgeführten Erwägungen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Becker Schäfer Mayer RiBGH Gericke befindet sich Spaniol im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

(1) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. Durchsuchungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 ordnet der Richter an; die Staatsanwaltschaft ist hierzu befugt, wenn Gefahr im Verzug ist.

(2) Wenn eine Durchsuchung der Wohnung, der Geschäftsräume oder des befriedeten Besitztums ohne Beisein des Richters oder des Staatsanwalts stattfindet, so sind, wenn möglich, ein Gemeindebeamter oder zwei Mitglieder der Gemeinde, in deren Bezirk die Durchsuchung erfolgt, zuzuziehen. Die als Gemeindemitglieder zugezogenen Personen dürfen nicht Polizeibeamte oder Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft sein.

(3) Wird eine Durchsuchung in einem Dienstgebäude oder einer nicht allgemein zugänglichen Einrichtung oder Anlage der Bundeswehr erforderlich, so wird die vorgesetzte Dienststelle der Bundeswehr um ihre Durchführung ersucht. Die ersuchende Stelle ist zur Mitwirkung berechtigt. Des Ersuchens bedarf es nicht, wenn die Durchsuchung von Räumen vorzunehmen ist, die ausschließlich von anderen Personen als Soldaten bewohnt werden.

5 StR 200/05

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 11. August 2005
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. August 2005

beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 8. Dezember 2004 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben, soweit die Angeklagten verurteilt worden sind.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionen , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten F wegen un erlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten und die Angeklagte K als dessen Gehilfin zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Hinsichtlich dreier Fälle hat das Landgericht die Angeklagten ausweislich des verkündeten Urteilstenors und der Urteilsgründe (UA S. 18) freigesprochen. Die Urteilsurkunde enthält diesen Teil des verkündeten Tenors zwar nicht; maßgebend ist aber der aus dem Protokoll ersichtliche verkündete Urteilstenor (vgl. Meyer-Goßner, StPO 48. Aufl. § 268 Rdn. 18). Die Revisionen der Angeklagten haben mit der Sachrüge Erfolg. Auf die Verfahrensrügen kommt es demnach nicht mehr an.
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Festste llungen getroffen : Der Angeklagte F kaufte – in Anwesenheit der Z eugin S – von Februar bis April 2004 in Dresden an fünf verschiedenen Orten je 120 bis 125 g Heroin von einem „M “ für jeweils 3.000 Euro und nach einer Zugfahrt nach Berlin dort – an einem unbekannten Platz – weitere 125 g. Der Angeklagte F und die Zeugin S verpackten nach den ersten drei Ankäufen einen Teil des erworbenen Rauschgifts als Kügelchen zu je 0,2 g in Plastikfolie. Die Reste aus den ersten drei Ankäufen und die übrigen Gesamtmengen verpackte der Angeklagte F mit Unterstützung seiner Lebensgefährtin , der Angeklagten K , in deren Wohnung auf die gleiche Weise. F und andere Personen, darunter auch die Zeugin S , verkauften das Rauschgift mit Gewinn im Stadtgebiet Dresdens.
Das Landgericht stützt seine Beweisführung ganz wesentlich auf die als glaubhaft erachtete Aussage der Zeugin S . Durch diese seien Angaben der Angeklagten K im Ermittlungsverfahren – sie und der Angeklagte F seien nur Verpacker des von S und deren Lebensgefährten A angelieferten und später wieder verkauften Rauschgifts gewesen – widerlegt. Obwohl das Landgericht auf Grund weiterer Zeugenaussagen fehlerfrei davon ausgehen konnte, F sei als „John vom Postplatz“ ein bekannter Drogenkleinverkäufer in Dresden gewesen, reicht dies als Stütze der belastenden Aussagen der Zeugin S für sechs Ankäufe erheblicher Drogenmengen und deren Weiterverkauf in alleiniger Regie des Angeklagten F im Blick auf die Besonderheiten der Beweislage nicht aus.
2. Die beweiswürdigenden Ausführungen des Landgerichts sind zum Teil widersprüchlich. Sie entbehren ferner der Darlegung der Entstehungsgeschichte der belastenden Aussagen der Zeugin S und setzen sich nicht mit einer nahe liegenden Falschbelastungshypothese auseinander. Solches war vorliegend aber geboten, weil widersprüchliche Aussagen von in ein Geflecht illegalen Rauschgifthandels verstrickter Personen zu würdigen waren, deren Motivation möglicherweise auf eigene Vorteile oder auf die Ab- wehr weiterer Beschuldigungen ausgerichtet war (vgl. BGH, Beschluss vom 4. August 2004 – 5 StR 267/04; BGH StV 2005, 253, 254; jeweils m.w.N.).

a) Die Feststellungen des Landgerichts (UA S. 6), die Zeugin S sei bei den sechs Ankäufen des F von „M “ anwesend gewesen, wird von der in der Beweiswürdigung wiedergegebenen Aussage dieser Zeugin nicht gedeckt. Danach hatte sie nämlich ausgesagt, sie hätte „M selbst “ nur zwei- bis dreimal gesehen, „ansonsten habe dieser sich nur mit dem Angeklagten F getroffen“ (UA S. 9). Die Zeugin S hatte ferner unmittelbar nach ihrem Aufgriff am 12. Mai 2004 gegenüber Polizeibeamten geäußert, dass „M “ größere Mengen Drogen an F – auch in die Wohnung der Angeklagten K – geliefert hätte (UA S. 13). Die daraufhin erfolgte Durchsuchung brachte aber nur vier Heroinbömbchen zutage.

b) Ebenfalls am 12. Mai 2004 hatte der Zeuge T bei einer Polizeikontrolle angegeben, er hätte Heroin bei der Zeugin S und deren Freund A gekauft (UA S. 12). Diese Aussage hätte aber im Blick auf den zeitlichen Zusammenhang die Erörterung der Frage nahe gelegt, ob die Zeugin S nicht in Kenntnis des gegen sie und ihren Lebensgefährten gerichteten Tatverdachts – zudem in einer Situation möglicher Aufklärungshilfe –, um ihren Freund zu schonen, den ihr als Drogenhändler bekannten Angeklagten F als den Lieferanten einer größeren Menge Heroin zu Unrecht benannt haben könnte. Eine solche Falschbelastungshypothese hätte möglicherweise zwar widerlegt werden können, weil die Zeugin S in einer späteren Aussage, deren Zeitpunkt und nähere Umstände das Landgericht aber nicht mitteilt, auch A belastet hatte, der ab Ende Mai bis zu seinem Verschwinden Mitte August 2004 ebenfalls von „M “ alle zwei Wochen Heroin gekauft hätte (UA S. 9). Dieser Zusammenhang wird freilich vom Landgericht nicht beweiswürdigend erwogen. Offen bleibt daneben auch der Widerspruch zwischen der Aussage des Zeugen T , A sei schon am 12. Mai 2004, vor der Verhaftung des F , als Rauschgifthändler aufgetre- ten, und der Aussage der Zeugin S , die bekundet hatte, erst Ende Mai habe sie mit A zusammen den Rauschgifthandel aufgenommen.
Bedenken begegnet es auch, soweit das Landgericht zur Stützung der Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin S darauf abgestellt hat, dass sie bei ihrer polizeilichen Vernehmung den Eindruck vermittelt habe, sie hätte „aussteigen“ wollen. Nach den weiteren Feststellungen war sie nämlich bis zu ihrer Entgiftung im August 2004 drogenabhängig und als Drogenhändlerin tätig.
3. Somit kann der Schuldspruch zum Nachteil des Angeklag ten F nicht bestehen bleiben. Die Sache bedarf neuer tatrichterlicher Aufklärung und Bewertung. Dies gilt auch, soweit die Angeklagte K verurteilt worden ist. Der Senat hat zwar erwogen, ob die auf UA S. 7 wiedergegebene Beschuldigtenaussage dieser Angeklagten als Grundlage des Schuldspruchs ausreicht. Dies kann aber nicht angenommen werden, weil das Landgericht die Verurteilung der Angeklagten K nicht allein auf ihr – auch nur als wenig substantiiert mitgeteiltes – polizeiliches Geständnis gestützt hat, sondern auch Aussagen der Zeugin S ohne weitere Würdigung zur Überzeugungsbildung mit herangezogen hat (UA S. 9). Demnach ist nicht auszuschließen , dass auch die Verurteilung der Angeklagten K auf der unzureichenden Beweiswürdigung der Aussage der Zeugin S beruht.
4. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat dar auf hin, dass die mit den Verfahrensrügen geltend gemachten Umstände eine rechtswidrige Erlangung von Beweismitteln nicht begründen. Beweisverwertungsverbote scheiden damit von vornherein aus (vgl. dazu BVerfG NJW 2005, 1917, 1923; BGH NJW 2005, 1060; BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 4).

a) Die ermittelnde Staatsanwältin wurde am Tag der vorläufigen Festnahme der Zeugin S gegen 16.15 Uhr von deren polizeilicher Aussage unterrichtet, dass sich ca. 50 g Heroin des „J “ in der Wohnung der Angeklagten K befinden müssten, da diese Menge gegen 19.00 Uhr von einem „Jo “ abgeholt werden sollte. „Bei sofortiger Rücksprache mit der Ermittlungsrichterin erklärte diese, dass sie ohne Akte keinen Durchsuchungsbeschluss erlassen kann. Vor dem Hintergrund, dass der Zugriff in Kürze erfolgen musste, wurde Durchsuchung wegen Gefahr in Verzug angeordnet.“ Davon ausgehend war die Anordnung gemäß § 105 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 StPO rechtmäßig. Die rechtmäßige Inanspruchnahme der Eilkompetenz der Staatsanwaltschaft setzt voraus, dass die richterliche Anordnung nicht eingeholt werden kann, ohne dass der Zweck der Maßnahme gefährdet wird (vgl. BGH JZ 1962, 609, 610; Meyer-Goßner, StPO 48. Aufl. § 98 Rdn. 6). Solches liegt auch vor, wenn – wie hier – die Ermittlungsrichterin meint, ohne Aktenkenntnis nicht, auch nicht mündlich (vgl. BGH NJW 2005, 1060) entscheiden zu können, und der Verlust der Betäubungsmittel als Beweismittel zeitnah droht (vgl. Hofmann NStZ 2003, 230, 232; Schulz NStZ 2003, 635, 636; Schäfer in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 105 Rdn. 24; Meyer-Goßner aaO § 105 Rdn. 2). Bei dieser Sachlage fehlt es an einer eigenverantwortlichen Prüfung und Entscheidung durch die Ermittlungsrichterin , was es der Staatsanwaltschaft verwehren würde, anstelle des Gerichts die Durchsuchung anzuordnen (vgl. BGH NStZ 2001, 604, 606). Einer Verhinderung von Beweismittelverlusten durch Wahrnehmung der Eilkompetenz stehen verfassungsrechtliche Einwände nicht entgegen. Ein solches Vorgehen entspricht der verfassungsrechtlichen Gewährleistung einer rechtsstaatlich geordneten Rechtspflege, die sich, bei nachhaltiger Sicherung der Rechte des Beschuldigten, auch auf eine wirksame Strafverfolgung erstreckt. Daher müssen die Strafverfolgungsbehörden die Entscheidung, ob auf Grund der konkreten Umstände des Einzelfalls von der Gefahr eines Beweismittelverlusts auszugehen ist, so rechtzeitig treffen können, dass dieser Gefahr wirksam begegnet werden kann (BVerfGE 103, 142, 154 f.). Der Senat entnimmt dem Ergebnis dieser Abwägung die Zulässigkeit der Inan- spruchnahme der Eilkompetenz auch in dem Fall einer unzutreffenden richterlichen Kompetenzausübung.
Etwas anderes könnte sich allerdings dann ergeben, falls die Ermittlungsrichterin , was die Revisionen behaupten, von der Staatsanwältin unvollständig unterrichtet worden ist, um eine Ablehnung eines richterlichen Beschlusses zu provozieren und dadurch für sich die Eilkompetenz zu begründen. Dafür bestehen aber keine Anhaltspunkte.

b) Die – keine Drogen konsumierende – Angeklagte K hat als Beschuldigte nach Eröffnung des Tatvorwurfes bekundet, sie werde einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragen. Sie war nach weiterer Belehrung über die Voraussetzungen des § 31 BtMG am Abend des 12. Mai 2004 zu Äußerungen über den Tatvorwu rf bereit. Sie wünschte aber zunächst eine Besprechung mit Rechtsanwalt V aus Berlin. Die zu diesem Zweck über den deutschen Rechtsanwaltzentralruf sodann ermittelte Mobiltelefonnummer dieses Rechtsanwalts erwies sich aber als „nicht vergeben“. Die Beschuldigte erklärte daraufhin, sie verzichte auf einen Anwalt und möchte trotzdem zum Sachverhalt aussagen.
Die danach erfolgte Beschuldigtenvernehmung ist verwert bar. Der vernehmende Polizeibeamte war nicht verpflichtet, die Beschuldigte nach Scheitern der Kontaktaufnahme mit Rechtsanwalt V in Erfüllung der Pflicht zur Belehrung über das Recht der Verteidigerkonsultation nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO – wie die Revisionen meinen – auf den Dresdner Anwaltsnotdienst hinzuweisen (vgl. BGHSt 47, 233, 234 f.).
Indes hat der Senat eine derartige Hilfestellung für den Fall erwogen, dass ein Beschuldigter zunächst nach einem Verteidiger verlangt hatte und die Vernehmung ohne vorangegangene Konsultation eines Verteidigers fortgesetzt wurde (vgl. BGHSt 42, 15, 19 f.; anders BGHSt 42, 170, 173). Vorliegend hat die Beschuldigte zunächst auch allgemein ihre Absicht bekundet, einen Rechtsanwalt beauftragen zu wollen, was nach der Entscheidung des Senats eine Pflicht zur Hilfestellung hätte auslösen können.
Indes war die gebotene Hilfe nach Benennung eines bestimmten Rechtsanwalts auf eine Ermöglichung der Kontaktaufnahme mit diesem beschränkt. Die dafür erforderliche Hilfe hat der vernehmende Polizeibeamte geleistet. Nach Scheitern der Verbindung mit Rechtsanwalt V hat die Beschuldigte nicht etwa zu erkennen gegeben, sie wolle einen anderen Rechtsanwalt wählen. Sie hat damit ihr Recht auf Verteidigerkonsultation letztlich nicht anders ausgeübt, als wenn sie von vornherein zu erkennen gegeben hätte, dass sie keinen Verteidiger konsultieren wolle (vgl. BGHSt 47, 233, 234).
5. Für die neue Beweiswürdigung weist der Senat fern er darauf hin, dass erneut festzustellende Qualitätsmängel der Aussage der Belastungszeugin S einer genaueren Darstellung und Bewertung der die Mängel begründeten Umstände und einer Betrachtung der Entwicklung der verschiedenen Aussagen in einer Gesamtwürdigung bedürfen (vgl. BGH NJW 2003, 2250 m.w.N.).
Basdorf Häger Gerhardt Brause Schaal

(1) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. Durchsuchungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 ordnet der Richter an; die Staatsanwaltschaft ist hierzu befugt, wenn Gefahr im Verzug ist.

(2) Wenn eine Durchsuchung der Wohnung, der Geschäftsräume oder des befriedeten Besitztums ohne Beisein des Richters oder des Staatsanwalts stattfindet, so sind, wenn möglich, ein Gemeindebeamter oder zwei Mitglieder der Gemeinde, in deren Bezirk die Durchsuchung erfolgt, zuzuziehen. Die als Gemeindemitglieder zugezogenen Personen dürfen nicht Polizeibeamte oder Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft sein.

(3) Wird eine Durchsuchung in einem Dienstgebäude oder einer nicht allgemein zugänglichen Einrichtung oder Anlage der Bundeswehr erforderlich, so wird die vorgesetzte Dienststelle der Bundeswehr um ihre Durchführung ersucht. Die ersuchende Stelle ist zur Mitwirkung berechtigt. Des Ersuchens bedarf es nicht, wenn die Durchsuchung von Räumen vorzunehmen ist, die ausschließlich von anderen Personen als Soldaten bewohnt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 1 4 0 / 1 4
vom
10. Juli 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Juli 2014,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer,
Mayer,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 28. Oktober 2013 wird verworfen. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln in dreizehn Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 30 € verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit einer Verfahrensrüge gegen den Teilfreispruch. Daneben beanstandet sie mit der Sachrüge die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts. Das vom Generalbundesanwalt bezüglich des Angriffs gegen den Teilfreispruch vertretene Rechtsmittel bleibt insgesamt ohne Erfolg.
2
Nach den Feststellungen kaufte der Angeklagte von Januar bis März 2013 bei dem früheren Mitangeklagten J. in insgesamt dreizehn Fällen zwischen zwei und fünfzehn Gramm Marihuana überwiegend zum Eigenkonsum.
3
Mit der Anklage war ihm darüber hinaus zur Last gelegt worden, dem J. zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln Beihilfe geleistet zu haben, indem er diesem die von ihm selbst angemietete Wohnung im Hause F. straße in M. als Drogenbunker zur Verfügung gestellt habe. Von diesem Vorwurf hat das Landgericht den Angeklagten freigesprochen und zur Begründung ausgeführt, zu den in der genannten Wohnung sichergestellten Betäubungsmitteln und sonstigen Gegenständen hätten keine Feststellungen getroffen werden können. Insoweit bestehe ein Beweisverwertungsverbot , das auch die polizeilichen Einlassungen des Angeklagten und J. s umfasse.
4
I. Die Staatsanwaltschaft wendet sich gegen den freisprechenden Teil des Urteils mit der Beanstandung, das Landgericht habe mehrere Beweisanträge zu Unrecht zurückgewiesen (§ 244 Abs. 3 StPO). Die Rüge dringt nicht durch, denn sie ist nicht in zulässiger Weise erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
5
1. Folgendes Verfahrensgeschehen liegt zugrunde:
6
Die Staatsanwaltschaft hat die Vernehmung mehrerer Polizeibeamter, welche die Wohnung des Angeklagten durchsucht und danach den Angeklagten sowie J. vernommen haben, und die Verlesung eines Wirkstoffgutachtens des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen zum Beweis dessen beantragt , was bei der Durchsuchung sichergestellt und in den anschließenden Vernehmungen angegeben wurde. Das Landgericht hat diese Anträge durch Beschluss mit der Begründung abgelehnt, die begehrte Beweiserhebung sei unzulässig (§ 244 Abs. 3 Satz 1 StPO).
7
2. Die Beschwerdeführerin hat mit ihrer Revisionsbegründung lediglich die Beweisanträge und den diese zurückweisenden Beschluss des Landgerichts mitgeteilt. Dies genügt hier den sich aus § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ergebenden Anforderungen nicht.
8
a) Die Fehlerhaftigkeit des die Beweisanträge zurückweisenden Beschlusses ergibt sich nicht bereits allein aus dessen Begründung, so dass die Vorlage weiteren Verfahrensstoffes durch den Revisionsführer nicht bereits aus diesem Grunde entbehrlich ist.
9
aa) Das Landgericht hat ein Beweisverwertungsverbot angenommen und auf dieser Grundlage zutreffend die beantragte Beweiserhebung als unzulässig im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO bewertet (BGH, Urteil vom 29. April 2010 - 3 StR 63/10 juris Rn. 10).
10
bb) Der Umfang der Beschlussbegründung ist nicht zu beanstanden.
11
Die Begründung des Beschlusses, mit dem ein Beweisantrag zurückgewiesen wird, soll zum einen den Antragsteller davon unterrichten, wie das Gericht das Begehren beurteilt, damit er in der Lage ist, sich auf die Verfahrenslage einzustellen, die durch die Antragsablehnung entstanden ist. Zum anderen soll dem Revisionsgericht die rechtliche Überprüfung der Ablehnung ermöglicht werden (st. Rspr.; vgl. etwa Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 244 Rn. 41a mwN). Dies gilt auch im Rahmen des § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO (aA möglicherweise noch Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozess, 5. Aufl., S. 760, wonach ein "kurzer Hinweis" genüge; vgl. hierzu LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 201).
12
Dem wird der Beschluss des Landgerichts gerecht. Die Strafkammer hat ausgeführt, die Beweismittel beruhten auf dem Ergebnis der ohne die erforderliche richterliche Anordnung durchgeführten Wohnungsdurchsuchung. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe kein Grund zu der Annahme bestanden , es liege Gefahr im Verzug vor. Aufgrund der willkürlichen, bewussten und groben Missachtung des Richtervorbehalts bestehe hinsichtlich der gewonnenen Beweismittel ein Verwertungsverbot. Dieses betreffe sowohl die bei der Durchsuchung gewonnenen Beweismittel als auch die auf Vorhalt der Durchsuchungsergebnisse ohne "qualifizierte" Belehrung gegenüber den Vernehmungsbeamten gemachten Angaben. Damit war für die Verfahrensbeteiligten ausreichend erkennbar, aus welchen Gründen das Tatgericht die begehrte Beweiserhebung für unzulässig hielt. Sie konnten ihr weiteres Prozessverhalten darauf einstellen und insbesondere auch erwägen, weitere (Beweis-)Anträge zu den Umständen der Wohnungsdurchsuchung zu stellen. Zur angemessenen Wahrung ihrer Rechte war es insbesondere nicht erforderlich, dass das Landgericht die nach seiner Auffassung zur Annahme eines Beweisverwertungsverbotes führende Würdigung des Verfahrensstoffes im Einzelnen darlegte. Dies war auch nicht nötig, um eine revisionsrechtliche Überprüfung zu ermöglichen, denn das Revisionsgericht hat zu der Frage, ob ein Beweisverwertungsverbot vorliegt, - anders als bei der revisionsrechtlichen Überprüfung der im Wege des Strengbeweises gewonnenen Umstände, auf deren Grundlage das Tatgericht über den Schuldspruch und die daran anknüpfenden Rechtsfolgen zu entscheiden hat - nicht lediglich diese Würdigung auf Rechtsfehler zu überprüfen, sondern selbst im Wege des Freibeweises festzustellen, ob der behauptete Verfahrensfehler vorliegt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 1978 - 2 StR 334/77, NJW 1978, 1390; aA LR/Becker, aaO, § 244 Rn. 32).
13
b) Gemäß den danach geltenden allgemeinen Grundsätzen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO muss der Beschwerdeführer im Rahmen einer Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenden Tatsachen grundsätzlich so vollständig und genau darlegen, dass das Revisionsgericht allein an Hand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, über den geltend gemachten Mangel endgültig zu entscheiden. Für den Revisionsvortrag wesentliche Schriftstücke oder Aktenstellen sind im Einzelnen zu bezeichnen und - in der Regel durch wörtliche Zitate oder eingefügte Abschriften oder Ablichtungen - zum Bestandteil der Revisionsbegründung zu machen. Rügt der Beschwerdeführer die rechtsfehlerhafte Ablehnung von Beweisanträgen, so muss er, sofern sich die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses nicht schon aus dessen Begründung ergibt, neben der Mitteilung von Antragswortlaut und Ablehnungsbegründung diejenigen weiteren Tatsachen darlegen, aus denen die Fehlerhaftigkeit des Ablehnungsbeschlusses folgt. Zum notwendigen vollständigen Rügevortrag kann es deshalb erforderlich sein, Einzelheiten des Verfahrensablaufs mitzuteilen (st. Rspr.; vgl. etwa LR/Becker, aaO, § 244 Rn. 372 ff.; KK-Gericke, 7. Aufl., § 344 Rn. 38 ff., jeweils m. zahlr. w. N.).
14
Diesen Vorgaben ist die Beschwerdeführerin mit der Vorlage allein der Beweisanträge und des diese zurückweisenden Gerichtsbeschlusses nicht nachgekommen. Dem Senat ist es nicht möglich, auf dieser Grundlage die erforderliche eigene umfassende Überprüfung des Verfahrens im Hinblick auf den behaupteten Rechtsfehler vorzunehmen. Dies beruht auf folgenden Erwägungen :
15
Der beanstandete Beschluss ist dann rechtsfehlerfrei, wenn die Ergebnisse der Wohnungsdurchsuchung sowie die Angaben des Angeklagten und des J. einem Beweisverwertungsverbot unterlagen. Deshalb ist zunächst zu beurteilen, ob die Beweisgewinnung rechtsfehlerhaft war. Dies erfordert hier die Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Annahme von Gefahr im Verzug vorlagen mit der Folge, dass eine richterliche Anordnung der Ermittlungsmaßnahme entbehrlich war (§ 105 Abs. 1 StPO). Das setzt voraus, dass die richterliche Anordnung nicht eingeholt werden konnte, ohne dass der Zweck der Maßnahme gefährdet wurde, etwa weil der Verlust der Beweismittel drohte (BGH, Beschluss vom 11. August 2005 - 5 StR 200/05, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 6; Beschluss vom 19. Januar 2010 - 3 StR 530/09, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Gefahr im Verzug 1). War die Beweisgewinnung rechtswidrig, ist sodann zu prüfen, ob hieraus im konkreten Fall ein Beweisverwertungsverbot folgt. Dies ist nach den Umständen des Einzelfalles unter Abwägung aller maßgeblichen Gesichtspunkte und der widerstreitenden Interessen zu entscheiden. Bedeutsam ist dabei vor allem das Gewicht des in Rede stehenden Verfahrensverstoßes (vgl. im Einzelnen BVerfG, Beschluss vom 9. November 2010 - 2 BvR 2101/09, NStZ 2011, 103, 104 Rn. 42 ff.; BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 87; Urteil vom 20. Dezember 2012 - 3 StR 117/12, BGHSt 58, 84, 96; für den Fall einer rechtsfehlerhaften Durchsuchung vgl. BGH, Beschluss vom 18. November 2003 - 1 StR 455/03, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 4; Urteil vom 18. April 2007 - 5 StR 546/06, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 7; Beschluss vom 30. August 2011 - 3 StR 210/11, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 8). Schließlich ist gegebenenfalls zu entscheiden, wie weit das möglicherweise vorliegende Beweisverwertungsverbot reicht. Dafür könnte hier etwa von Bedeutung sein, ob die Durchsuchungsergebnisse dem Angeklagten und dem J. bei deren polizeilichen Vernehmung vorgehalten wordensind und dieser Vorhalt im Zusammenhang mit ihren Einlassungen steht, diese mithin von der rechtswidrigen Maßnahme unmittelbar beeinflusst worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 6. August 1987 - 4 StR 333/87, BGHSt 35, 32, 34). In diesem Fall würde der Annahme eines Verwertungsverbots bezüglich der polizeilichen Einlassung der Beschluss des Senats vom 16. Oktober 2007 (3 StR 413/07) nicht entgegen stehen; denn dieser betraf die Verwertbarkeit einer geständigen Einlassung, die der Angeklagte in der Hauptverhandlung abgegeben hatte und damit einen sich von der hiesigen Fallgestaltung wesentlich unterscheidenden Sachverhalt.
16
All diese Gesichtspunkte können vom Senat ohne Kenntnis des die durchgeführte Durchsuchung und die anschließenden Vernehmungen betreffenden Akteninhalts nicht bewertet werden. So ist etwa der Inhalt der anlässlich der Durchsuchung gefertigten polizeilichen Vermerke sowohl für die Annahme von Gefahr im Verzug als auch für die Beurteilung des Gewichts eines eventuellen Verfahrensverstoßes von wesentlicher Bedeutung.
17
c) Der Vortrag des maßgebenden Verfahrensstoffs durch die Revisionsführerin war auch nicht deshalb entbehrlich, weil sie auch die Sachrüge erhoben und das Landgericht im Rahmen seiner schriftlichen Urteilsgründe nähere Ausführungen zu dem nach seiner Ansicht bestehenden Beweisverwertungsverbot gemacht hat (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 1999 - 4 StR 189/99, BGHSt 45, 203, 204 f.; KK-Gericke, aaO, § 344 Rn. 39 mwN). Denn den vorliegenden Urteilsgründen können die maßgebenden Verfahrensvorgänge jedenfalls nicht mit der erforderlichen Klarheit entnommen werden. Das Landgericht hat lediglich die von ihm für wesentlich erachteten Beweisergebnisse dargestellt und in erster Linie unter deren Würdigung seine Auffassung begründet, es liege ein Beweisverwertungsverbot vor. Der Senat hat indes - wie dargelegt - als Revisionsgericht eine eigene freibeweisliche Würdigung vorzunehmen. Hierzu ist im vorliegenden Fall aus den dargelegten Gründen die Kenntnisnahme des maßgebenden Akteninhalts durch ihn selbst unerlässlich; diese kann nicht durch die Darstellung vom Landgericht ausgewählter Teile ersetzt werden. Auch der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift auf bestimmte, die Vernehmungen betreffende tatsächliche Umstände abgestellt, die dem Senat weder im Revisionsverfahren zur Kenntnis gebracht worden sind noch sich aus den schriftlichen Urteilsgründen ergeben (s. etwa Antragsschrift S. 8).
18
II. Bezüglich der Sachrüge, mit der die Revision die Strafzumessung angreift und dabei eine Verletzung des § 46 StGB geltend macht, ist das Rechtsmittel aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts zutreffend ausgeführten Erwägungen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Becker Schäfer Mayer RiBGH Gericke befindet sich Spaniol im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker