Bundesgerichtshof Urteil, 27. Juni 2018 - 1 StR 282/17

bei uns veröffentlicht am27.06.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 282/17
vom
27. Juni 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
ECLI:DE:BGH:2018:270618U1STR282.17.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund derHauptverhandlung vom 26. Juni 2018 in der Sitzung vom 27. Juni 2018, an denen teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Jäger, Bellay und die Richterinnen am Bundesgerichtshof Dr. Fischer, Dr. Hohoff,
Staatsanwältin als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung vom 26. Juni 2018 – als Verteidiger,
Justizobersekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 21. Februar 2017 wird
a) der Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte der Steuerhinterziehung schuldig ist,
b) der gesamte Strafausspruch aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird das Verfahren zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einer anderweitigen Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die in der anderweitigen Verurteilung angeordnete Maßregel der Entziehung der Fahrerlaubnis hat es aufrechterhalten. Mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision hat der Angeklagte in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.

I.


2
Nach den Feststellungen des Landgerichts organisierte der Angeklagte im Oktober 2013 von Deutschland aus die Einfuhr von insgesamt 45.000 Stangen unverzollter und unversteuerter Zigaretten in die Europäische Union im Hafen Rotterdam und deren anschließenden Weitertransport mittels Lkw durch die Niederlande in die Bundesrepublik Deutschland. Die aus den Vereinigten Arabischen Emiraten stammenden Zigaretten waren zuvor von nicht näher ermittelten Tatbeteiligten – versteckt hinter einer Tarnladung getrockneter Datteln – in einem Container in den Hafen Rotterdam verschifft worden.
3
Hinsichtlich der Verzollung und Zollkontrolle in Rotterdam sowie der Beauftragung einer Spedition ließ sich der Angeklagte von dem Mitangeklagten I. beraten. Mit der Durchführung der Einfuhr und dem Transport des Containers nach Deutschland betraute der Angeklagte sodann unter Angabe falscher Personalien eine niederländische Speditionsfirma. Er beauftragte sie hierbei, Zollpapiere für die angeblich ausschließlich aus 2.250 Kartons Datteln bestehende Ladung zu erstellen und den Transport des Containers durch die Niederlande und weiter nach Deutschland zu einer Lagerhalle in B. vorzunehmen. Diese hatte er zuvor unter einem Aliasnamen angemietet.
4
Die über den Inhalt des Containers getäuschte Transportfirma stellte die Zolldokumente und den Lieferschein entsprechend den Angaben des Angeklagten aus. Anschließend ließ sie einen Fahrer den Container mit einem Sattelzug aus dem Hafen Rotterdam durch die Niederlande in die Bundesrepublik Deutschland bringen. Wie vom Angeklagten beabsichtigt, unterblieb auch eine „steuerrechtliche Gestellung“ der Zigaretten gegenüber deutschen Behörden.
Kurz nach der niederländisch-deutschen Grenze wurden die Zigaretten bei einer Kontrolle in dem Container hinter der Tarnladung Datteln aufgefunden.
5
Der Angeklagte kannte die Menge der geschmuggelten Zigaretten. Er gehörte jedoch nicht zur „Chefetage“ der Zigarettenschmuggler und sollte für seine Bemühungen im Fall einer erfolgreichen Schmuggelfahrt einen Festbetrag von 20.000 Euro erhalten. Durch das vorschriftswidrige Verbringen der Zigaretten zunächst in das Zollgebiet der Europäischen Union und dann in die Bundesrepublik Deutschland verkürzte der Angeklagte für die Zigaretten einerseits Zoll und niederländische Einfuhrumsatzsteuer als Einfuhrabgaben und andererseits die beim Verbringen nach Deutschland entstehende deutsche Tabaksteuer.

II.


6
Die Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge zu einer Schuldspruchänderung und zur Aufhebung des Strafausspruchs. Im Übrigen hat das Rechtsmittel des Angeklagten keinen Erfolg.
7
1. Die Verfahrensrüge dringt aus den vom Generalbundesanwalt bereits in seiner Zuschrift vom 1. August 2017 dargelegten Gründen nicht durch.
8
2. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in mittelbarer Täterschaft durch Verkürzung sowohl von Zoll und niederländischer Einfuhrumsatzsteuer als auch deutscher Tabaksteuer hält rechtlicher Nachprüfung stand. Lediglich das vom Landgericht angenommene Konkurrenzverhältnis von zwei in Tatmehrheit (§ 53 StGB) stehenden Steuerhinterziehungen des Angeklagten wird von den Feststellungen nicht getragen. In Übereinstimmung mit den diesbezüglichen Ausführungen der Verteidigung ändert der Senat den Schuldspruch auf eine einheitliche Steuerhinterziehung in mittelbarer Täterschaft ab.
9
a) Der Angeklagte hat sich wegen Steuerhinterziehung in mittelbarer Täterschaft durch Verkürzung der Einfuhrabgaben bei Einfuhr der Zigaretten in Rotterdam in das Zollgebiet der Europäischen Union strafbar gemacht (§ 370 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 6 AO, § 25 Abs. 1 Var. 2 StGB).
10
Indem die von dem Angeklagten mit der Erstellung der Zollpapiere beauftragte Spedition in Rotterdam bei den niederländischen Zollbehörden in der Zollanmeldung lediglich die Tarnware von 2.250 Kartons getrockneter Datteln anmeldete und die Zigaretten verschwieg, machte sie unrichtige Angaben über den Inhalt des zum freien Verkehr abzufertigenden Containers im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO (vgl. EuGH, Urteil vom 3. März 2005 – Rechtssache Papismedov, C-195/03, Rn. 31, ZfZ 2005, 192; Tully in Graf/Jäger/Wittig, Steuerstrafrecht , 2. Aufl., § 373 AO Rn. 40). Infolge der unrichtigen Anmeldung wurde die für die Zigaretten gemäß Art. 202 der Verordnung Nr. 2913/92 des Rates zur Feststellung des Zollkodex der Gemeinschaft (ZK) entstandene Einfuhrzollschuld nicht buchmäßig erfasst (vgl. Art. 217 ZK) und dadurch verkürzt. Für die Einfuhrumsatzsteuer gilt das Nämliche (vgl. Art. 274 f. der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem vom 28. November 2006, Abl. Nr. L 347 S. 1).
11
Der Angeklagte ist mittelbarer Täter dieser Steuerhinterziehung (§ 25 Abs. 1 Var. 2 StGB), weil er sich zur Tatbegehung der von ihm über den wahren Containerinhalt getäuschten Mitarbeiter der Spedition als vorsatzlose Werkzeuge bediente (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2007 – 5 StR 461/06, Abschnitt II.2.b, wistra 2007, 262, 265; vgl. auch BGH, Beschluss vom 27. November 2002 – 5 StR 127/02, BGHSt 48, 108, Rn. 8). Aufgrund seiner Täuschung erreichte er, dass die Zolldokumente und der Lieferschein mit unrichtigem Inhalt ausgestellt und den Zollbehörden bei der Zollanmeldung vorgelegt wurden. Der Umstand, dass der Angeklagte „nur“ mit der Organisa- tion des Schmuggels beauftragt worden war und selbst nicht zur „Chefetage“ der Zigarettenschmuggler gehörte (UA S. 8), führt nicht dazu, dass er lediglich als Gehilfe (§ 27 StGB) strafbar wäre. Nach den Feststellungen organisierte der Angeklagte die Abwicklung der Zollformalitäten bei der Einfuhr der Zigaretten in das Zollgebiet der Europäischen Union und den Transport der Zigaretten nach Deutschland eigenständig. Er erhielt insoweit keine Vorgaben von seinen Auftraggebern, sondern ließ sich von dem Mitangeklagten I. beraten.
12
b) Zudem hat sich der Angeklagte wegen Hinterziehung deutscher Tabaksteuer in mittelbarer Täterschaft strafbar gemacht (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 23 TabStG, § 25 Abs. 1 Var. 2 StGB).
13
Mit der Beauftragung der Spedition und deren Täuschung über den Containerinhalt erreichte der Angeklagte, dass die dann mit Grenzübertritt nach Deutschland für die Zigaretten entstandene deutsche Tabaksteuer mangels Erklärung gegenüber den Zollbehörden nicht (rechtzeitig) festgesetzt und damit verkürzt wurde (vgl. § 370 Abs. 4 Satz 1 AO). Er hat sich hierbei einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO strafbar gemacht, wobei er sich zur Tatbegehung des Fahrers des Sattelzugs als vorsatzloses Werkzeug bedient hat.
14
Den Angeklagten traf auch die für eine Täterschaft durch Unterlassen im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO erforderliche Offenbarungspflicht (vgl. BGH, Urteil vom 9. April 2013 – 1 StR 586/12, BGHSt 58, 218, Rn. 52, 64 und Beschluss vom 14. Oktober 2015 – 1 StR 521/14, Rn. 13, wistra 2016, 74). Denn der Angeklagte ist angesichts der vom Landgericht festgestellten Umstände als derjenige anzusehen, der im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 2 TabStG die Lieferung vornahm und deshalb gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 TabStG auch selbst verpflichtet war, über die Zigaretten eine Steuererklärung abzugeben. Er erteilte den Auftrag für den Transport des Containers, gab eine Lagerhalle, die er zuvor selbst angemietet hatte, als Lieferort vor und hatte dadurch, dass er im Gegensatz zu Spedition und Fahrer Kenntnis vom wahren Inhalt des Containers hatte, Herrschaft über die transportierten Tabakwaren beim Verbringen nach Deutschland. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats zu § 19 Satz 1 TabStG a.F. als Vorgängernorm des § 23 Abs. 1 TabStG, dessen Regelungsgehalt im Wesentlichen unverändert geblieben ist (vgl. BT-Drucks. 16/12257, S. 79 f.; Middendorp, ZfZ 2011, 197, 201). Nach dieser Rechtsprechung wird als Verbringer auch angesehen, wer kraft seiner Weisungsbefugnis beherrschenden Einfluss auf das Transportfahrzeug hat, indem er die Entscheidung zur Durchführung des Transports trifft oder die Einzelheiten der Fahrt (z.B. Route, Ort, Zeitabfolge) bestimmt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. März 2017 – 1 StR 451/16, NStZ 2018, 544 und vom 14. Oktober 2015 – 1 StR 521/14, wistra 2016, 74 jeweils mwN; vgl. auch BGH, Urteil vom 14. März 2007 – 5 StR 461/06, wistra 2007, 262, 264). Zwar gab der Angeklagte nicht die konkrete Fahrtroute vor. Der Angeklagte hatte aber dadurch das erforderliche Maß an Herrschaft über die Vornahme der Zigarettenlieferung, dass er einen von ihm veranlassten Transport, bei dem er sowohl Start- als auch Zielpunkt vorgab, zum heimlichen Mitbefördern von Ware ausnutzte, von der allein er Kenntnis hatte. Die Zugriffsmöglichkeit am Zielort hatte er dadurch abgesichert, dass er zuvor selbst eine Lagerhalle, in die der Container transportiert werden sollte, angemietet hatte. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 TabStG war der Angeklagte daher verpflichtet, über die mit dem Verbringen der Zigaretten in das Steuergebiet der Bundesrepublik Deutschland entstandene deutsche Tabaksteuer unverzüglich eine Steuererklärung abzugeben.
15
c) Entgegen der Auffassung des Landgerichts hat sich der Angeklagte nur wegen einer Steuerhinterziehung und nicht wegen zweier in Tatmehrheit stehender Taten der Steuerhinterziehung strafbar gemacht.
16
Die Frage des Vorliegens einer oder mehrerer Handlungen im Sinne der §§ 52, 53 StGB ist für jeden Tatbeteiligten gesondert nach den seinen eigenen Tatbeitrag betreffenden individuellen Gegebenheiten zu beurteilen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juli 1994 – 5 StR 98/94, BGHSt 40, 218, 238 und Beschluss vom 18. Oktober 2011 – 4 StR 346/11, wistra 2012, 67; Eschelbach in SSW-StGB, 3. Aufl., § 52 Rn. 32 mwN). Deshalb richtet sich die Beurteilung der Konkurrenzen auch für den mittelbaren Täter nach dessen Tatbeitrag, unabhängig von der konkurrenzrechtlichen Beurteilung der Handlungen, die ihm zuzurechnen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 30. März 2004 – 1 StR 99/04, wistra 2004, 264). Hat daher ein mittelbarer Täter, der an der unmittelbaren Ausführung der Taten nicht beteiligt ist, einen alle Einzeldelikte fördernden Tatbeitrag bereits im Vorfeld erbracht, werden ihm die jeweiligen Taten der Tatmittler als tateinheitlich begangen zugerechnet, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ob bei den Tatmittlern hinsichtlich der von ihnen vorgenommenen Handlungen Tatmehrheit vorläge, ist demgegenüber ohne Belang (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Mai 2003 – 3 StR 128/03, wistra 2003, 426 und vom 10. Mai 2001 – 3 StR 52/01, wistra 2001, 336, 337 jeweils mwN). Eine durch eine einheitliche Handlung geleisteter Tatbeitrag führt also auch dann zur Tateinheit (§ 52 StGB), wenn mehrere zurechenbare Handlungen des Werkzeugs bei diesem ein Verhältnis der Tatmehrheit begründen würden (vgl. Murmann in SSW-StGB, 3. Aufl., § 26 Rn. 49).
17
Da hier die Verkürzung sämtlicher Abgaben auf ein und derselben Beauftragung der Spedition mit falschen Angaben zum Containerinhalt – mithin auf einer einheitlichen Handlung des Angeklagten – beruht, bleibt für die Annahme von Tatmehrheit im Sinne von § 53 StGB kein Raum. Der Schwerpunkt des für die konkurrenzrechtliche Einordnung maßgeblichen Handelns des Angeklagten ist in der Einwirkung auf den Tatmittler zu sehen, mit der er sowohl das Ziel der Hinterziehung von Zoll und niederländischer Einfuhrumsatzsteuer aufgrund falscher Angaben als auch dasjenige der Verkürzung deutscher Tabaksteuer durch Verbringen der Zigaretten nach Deutschland ohne Abgabe einer Steuererklärung gegenüber den deutschen Zollbehörden erreichte. Mit der Täuschung der Mitarbeiter der Spedition über den Inhalt des Containers begann der Angeklagte auch bereits mit der Ausführung seines Entschlusses, die deutschen Zollbehörden über das Verbringen steuerpflichtiger Tabakwaren nach Deutschland in Unkenntnis zu lassen. Dem steht nicht entgegen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei Einreichung mehrerer Steuererklärungen die Abgabe jeder einzelnen unrichtigen Steuererklärung (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) grundsätzlich als selbständige Tat i.S.v. § 53 StGB zu werten ist (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 22. Januar 2018 – 1 StR 535/17, Rn. 16 ff., DStR 2018, 2380 mwN). Die Annahme von Tateinheit ergibt sich hier vielmehr aus den für die Beurteilung der Konkurrenzen bei mittelbarer Täterschaft geltenden Grundsätzen für den Fall des – verhaltenseinheitlichen – Zusammentreffens eines Unterlassungsdelikts mit einem Begehungsdelikt (vgl. dazu LK-StGB/Rissing van Saan, 12. Aufl., § 52 Rn. 14 f.; von Heintschel-Heinegg in MüKo-StGB, 3. Aufl., § 52 Rn. 72 f.; Freund in MüKo-StGB, 3. Aufl., § 13 Rn. 290 ff. jeweils mwN; vgl. auch BGH, Beschluss vom 15. Juli 1986 – 4 StR 301/86, NJW 1987, 199).
18
d) Die danach vorzunehmende Abänderung des Schuldspruchs zieht die Aufhebung des gesamten Strafausspruchs nach sich. Demgegenüber sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen von der abweichenden konkurrenzrechtlichen Beurteilung nicht betroffen und haben daher Bestand (§ 353 Abs. 2 StPO). Das neue Tatgericht kann weitere, mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehende Feststellungen treffen.
19
e) Hinsichtlich der gemäß § 55 StGB erforderlichen nachträglichen Gesamtstrafenbildung wird das neue Tatgericht zu beachten haben, dass diese nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der ersten Entscheidung vorzunehmen ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2011 – 3 StR 374/11, NStZ-RR 2012, 106).
RiBGH Prof. Dr. Graf ist in Jäger Bellay den Ruhestand getreten und deshalb an der Unterschriftsleistung gehindert. Jäger
Fischer Hohoff

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(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

5 StR 461/06

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 14. März 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen gewerbs- und bandenmäßigen Schmuggels u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
14. März 2007, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Jäger
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof ,
Richterin
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt L.
alsVerteidigerdesAngeklagtenY. C. ,
Rechtsanwalt A.
alsVerteidigerdesAngeklagten C. C. ,
Rechtsanwalt B.
alsVerteidigerdes Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt Se.
alsVerteidigerdesA ngeklagten G. ,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 18. Mai 2006 werden verworfen. Jedoch werden die Schuldsprüche teilweise geändert und wie folgt neu gefasst :
a) Der Angeklagte Y. C. ist schuldig der Steuerhinterziehung in vier Fällen sowie des gewerbs- und bandenmäßigen Schmuggels in zehn Fällen.

b) Der Angeklagte C. C. ist schuldig der Steuerhinterziehung in drei Fällen sowie des gewerbs- und bandenmäßigen Schmuggels in zehn Fällen.

c) Der Angeklagte S. ist schuldig des gewerbs- und bandenmäßigen Schmuggels in sechs Fällen.

d) Der Angeklagte G. ist schuldig der Beihilfe zum bandenmäßigen Schmuggel.
2. Jeder Angeklagte hat die Kosten seines Rechtmittels zu tragen. Die Staatskasse trägt die Kosten der Revisionen der Staatsanwaltschaft sowie die den Angeklagten durch diese Rechtsmittel entstandenen notwendigen Auslagen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
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Das Landgericht hat den Angeklagten Y. C. wegen gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Schmuggels in drei Fällen, gemeinschaftlichen banden- und gewerbsmäßigen Schmuggels in neun Fällen sowie versuchten gemeinschaftlichen banden- und gewerbsmäßigen Schmuggels in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten verurteilt , den Angeklagten C. C. wegen gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Schmuggels in zwei Fällen, gemeinschaftlichen banden- und gewerbsmäßigen Schmuggels in neun Fällen sowie versuchten gemeinschaftlichen banden- und gewerbsmäßigen Schmuggels in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren. Gegen den Angeklagten S. hat es wegen gemeinschaftlichen banden- und gewerbsmäßigen Schmuggels in vier Fällen sowie versuchten gemeinschaftlichen banden- und gewerbsmäßigen Schmuggels in zwei Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verhängt, gegen den Angeklagten G. wegen Beihilfe zum gemeinschaftlichen bandenmäßigen Schmuggel in neun tateinheitlichen Fällen, hiervon zum versuchten gemeinschaftlichen bandenmäßigen Schmuggel in zwei tateinheitlichen Fällen, eine Freiheitsstrafe von drei Jahren.
2
Gegen das Urteil wenden sich, jeweils mit dem Rechtsmittel der Revision , sowohl die Angeklagten als auch zu deren Ungunsten die Staatsanwaltschaft. Alle Angeklagten rügen die Verletzung materiellen Rechts. Von den Angeklagten Y. C. und C. C. wird zudem das Verfahren beanstandet. Die Staatsanwaltschaft hat die von ihr ausschließlich erhobene Sachrüge auf einzelne Beschwerdepunkte beschränkt. Infolge der Herausnahme der gewerbs- oder bandenmäßigen Steuerhinterziehung (§ 370a AO) aus den von der Verfolgung erfassten Gesetzesverletzungen (vgl. zu den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Vorschrift des § 370a AO BGH wistra 2005, 30, 31 f.; NJW 2004, 2990, 2991 f.) durch Beschluss gemäß § 154a Abs. 2 StPO erstrecken sich die Revisionen der Staatsanwalt- schaft – außer hinsichtlich des Angeklagten G. – nur noch auf die Strafaussprüche.
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Sämtliche Rechtsmittel bleiben im Ergebnis ohne Erfolg. Lediglich die Schuldsprüche sind, wie aus dem Tenor ersichtlich, teilweise abzuändern und neu zu fassen.
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I. Urteil des Landgerichts
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1. Das Landgericht hat im Wesentlichen Folgendes festgestellt:
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Der Angeklagte Y. C. beschloss im Jahr 2003 nach Absprache mit unbekannt gebliebenen Hinterleuten, wiederholt unter Tarnladungen versteckte unverzollte und unversteuerte Zigaretten über Deutschland nach Großbritannien zu transportieren. Der Einkauf der Zigaretten und deren Verkauf in England wurden von den Hinterleuten organisiert. Diese übernahmen auch die Einfuhr der aus der Türkei stammenden Zigaretten auf dem Landweg in das Zollgebiet der Europäischen Gemeinschaft und gestellten die Zigaretten plangemäß nicht. Insgesamt wurden bis März 2004 in vier Fällen (Fälle 1 bis 4 der Urteilsgründe) Ladungen von 256.000, 437.400, 600.000 und 2,4 Mio. unverzollter Zigaretten in die Europäische Gemeinschaft eingeführt.
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Nachdem der Angeklagte Y. C. von dem Eintreffen der jeweiligen Lieferung informiert worden war, ließ er die Zigarettenladungen in Belgien (Fall 1) bzw. Österreich (Fall 2) übernehmen und mit Lkw in ein Lager in Kranzberg (Bayern) befördern. Dort ließ er die Zigaretten umverpacken und auf anderen Lkw – unter Nudeln oder anderen Lebensmitteln als Tarnware versteckt – nach England bringen. In den Fällen 3 und 4 der Urteilsgründe wurden die Zigaretten von den Hinterleuten in das Steuergebiet der Bundesrepublik Deutschland gebracht und dort von dem Angeklagten Y.
C. übernommen. Weder beim Grenzübertritt nach Deutschland noch zu einem späteren Zeitpunkt wurden für die Zigaretten, die nicht mit einem deutschen Tabaksteuerzeichen (Banderole) versehen waren, Steuererklärungen abgegeben. Hierdurch wurde deutsche Tabaksteuer in Höhe von insgesamt rund 400.000 Euro hinterzogen.
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Ab Fall 2 der Urteilsgründe wurde Y. C. von seinem Bruder, dem Angeklagten C. C. , unterstützt, der die Zigarettentransporte zum Teil selbst begleitete, die Zollformalitäten hinsichtlich der Tarnware erledigte und am Umpacken der Ware beteiligt war. Spätestens unmittelbar vor dem Ende März 2004 durchgeführten vierten Zigarettentransport schloss sich der anderweitig verfolgte G. Se. mit den Angeklagten Y. und C. C. mit dem Ziel zusammen, in der Zukunft gemeinsam arbeitsteilig Zigarettenschmuggel in der beschriebenen Weise zu betreiben. Y. C. übernahm die Stellung des „Chefs“, dessen Anweisungen die anderen Folge zu leisten hatten. Er hielt die Kontakte zu den Lieferanten und den Abnehmern der Zigaretten und handelte die Konditionen zur Durchführung der Transporte, insbesondere die Bezahlung, aus. Später stießen zu unterschiedlichen Zeitpunkten die anderweitig Verfolgten D. A. und O. Se. sowie die Angeklagten G. (zwischen Ostern und Juni 2004) und S. (Oktober 2004) zu der Gruppe hinzu und wirkten entsprechend ihrer beim Beitritt getroffenen Absprache, zukünftig gemeinsam Zigaretten zu schmuggeln, an den Transporten mit. C. C. übernahm die konkrete Organisation der Transporte von Deutschland nach England, beispielsweise die Beauftragung von Speditionsunternehmen. Auch er war gegenüber G. und O. Se. weisungsbefugt, die das Abladen, Lagern, Umpacken und Aufladen der Ware übernahmen. Y. und C. C. entschieden gemeinsam, wieviel Geld jedes Bandenmitglied erhielt. Bis auf den Angeklagten G. handelten alle Beteiligten in der Absicht, sich selbst aus den Taten auf Dauer eine nicht unerhebliche Einnahmequelle zu verschaffen.
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Mitte des Jahres 2004 vereinbarte der Angeklagte Y. C. mit den Hinterleuten, künftig die Lieferungen nicht mehr über den Landweg aus der Türkei durchzuführen, sondern die Zigaretten in Seecontainern aus Asien per Schiff über die Freihäfen Hamburg und Bremerhaven in die Bundesrepublik Deutschland einzuschmuggeln. Gemäß dem Tatplan wurden im Zeitraum von Juli 2004 bis März 2005 acht aus China und Malaysia stammende Lieferungen von jeweils 3,8 Mio. (Fälle 5 bis 7 und 9 bis 12 der Urteilsgründe), einmal von 7,6 Mio. Zigaretten (Fall 8 der Urteilsgründe) – versteckt unter Tarnware – über den Freihafen Hamburg abgewickelt. Mit der Zollanmeldung wurden jeweils gutgläubige Spediteure beauftragt, die – getäuscht über den wahren Inhalt der Container – gegenüber den Zollbehörden nur die Tarnware (Schnellkochnudeln, Pilze bzw. Kabelschächte) gestellten und anmeldeten. Die Zigaretten wurden anschließend in den Lagern der Gruppierung umgepackt und unter Tarnwaren mittels Lkw nach England weitertransportiert. Insgesamt wurden Einfuhrabgaben (Zoll, deutsche Tabaksteuer und deutsche Einfuhrumsatzsteuer) in Höhe von 4,67 Mio. Euro verkürzt.
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Nach am 5. Oktober 2004 bei den Angeklagten Y. und C. C. durchgeführten Durchsuchungen vereinbarten die Gruppenmitglieder, dass diese beiden Angeklagten bei der Abwicklung der Transporte nach außen nicht mehr in Erscheinung treten sollten. Deshalb weihte der Angeklagte C. C. noch im Oktober 2004 den Angeklagten S. in den gesamten Organisationsablauf ein und bat ihn, künftig seine Stellung innerhalb der Gruppierung, insbesondere die Organisation der Zollabfertigung, der Transporte von Hamburg in ein Lager in Freising sowie der Weitertransporte nach England zu übernehmen. Der Angeklagte S. , der für jeden transportierten Container 10.000 Euro erhalten sollte, erklärte sich aufgrund seiner schwierigen finanziellen Lage dazu bereit. Tatsächlich wurden ihm insgesamt lediglich 8.000 Euro ausgezahlt. Die von Deutschland aus agierende Gruppierung bestand nun aus Y. und C. C. , S. , G. , O. und G. Se. sowie D. A. .
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Im Mai 2005 führte die Gruppierung in derselben Weise noch zwei weitere, aus Malaysia stammende Zigarettentransporte (Fälle 13 und 14 der Urteilsgründe) durch, bei denen unter Nudeln bzw. Kabelschächten als Tarnwaren in Schiffscontainern versteckte Zigaretten auf dem Seeweg über den Freihafen Bremerhaven in die Europäische Gemeinschaft eingeschmuggelt wurden. Die Zollanmeldungen enthielten keine Angaben zu den eingeführten Zigaretten. Infolgedessen wurden bei der Zollabfertigung lediglich die Einfuhrabgaben für die Tarnwaren festgesetzt. Aufgrund einer jeweils nach Erledigung der Zollformalitäten vom Hauptzollamt Bremen angeordneten Zollbeschau wurden die Zigaretten jedoch in beiden Fällen noch entdeckt und beschlagnahmt, bevor sie von den Angeklagten abtransportiert werden konnten.
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Der Angeklagte G. , der im Unterschied zu den anderen Angeklagten nicht an den Verkaufserlösen beteiligt werden sollte, unterstützte die Tätigkeit der Gruppe ab Juli 2004 mit verschiedenen Tatbeiträgen. So sagte er den Angeklagten Y. und C. C. zu, ihnen beim Absatz der als Tarnware verwendeten Pilze und Nudeln zu helfen. Im August 2004 reiste G. mit Y. C. nach China, um dort Kontakt mit den Lieferanten der Zigaretten und der Tarnwaren aufzunehmen. Danach übersetzte er mehrere gemeinsam mit dem Angeklagten Y. C. an dessen Computer verfasste E-Mails, die Zigarettentransporte betrafen, in die englische Sprache und stellte seine Mobiltelefonnummer für Rückfragen zur Verfügung. Im November 2004 holte der Angeklagte G. über 20.000 englische Pfund von einem Abnehmer der Zigaretten in England ab und übergab das Geld in Deutschland nach Abzug der ihm für die Chinareise entstandenen Auslagen dem Angeklagten Y. C. . Im Februar und März 2005 versuchte er bei Problemen mit dem Absatz der Zigaretten mehrfach telefonisch , mit Abnehmern in London in Kontakt zu treten, da weder Y. noch C. C. englische Sprachkenntnisse hatten. Anschließend wirkte er in London an der Erkundung und Anmietung einer geeigneten Lagerhalle mit, die das Aufgriffsrisiko bei den Transporten verringern sollte. In diesem Zu- sammenhang übergab der Angeklagte G. dem anderweitig verfolgten D. A. 3.500 britische Pfund sowie Unterlagen für die Anmietung des Lagers und reichte weitere 16.500 Pfund an den Angeklagten C. C. weiter, die er in London im Zusammenhang mit diesen Geschäften in einer Plastiktüte erhalten hatte. Er nahm hierbei billigend in Kauf, dass diese Beträge aus dem Verkauf von geschmuggelten Zigaretten stammten.
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2. Das Landgericht hat seine Überzeugung vom festgestellten Sachverhalt im Wesentlichen auf weitgehende Teilgeständnisse der Angeklagten Y. und C. C. sowie S. und auf die Angaben von als Zeugen vernommenen weiteren Tatbeteiligten gestützt. Vom Vorsatz des Angeklagten G. , der den objektiven Sachverhalt eingeräumt hatte, hat sich das Landgericht aufgrund einer Gesamtwürdigung der festgestellten Umstände einschließlich der vom Angeklagten G. verfassten E-Mails und des Inhalts der von ihm geführten Telefonate überzeugt.
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3. Das Landgericht hat die Angeklagten Y. und C. C. sowie S. für jeden Zigarettentransport, an dem sie beteiligt waren, wegen einer selbständigen Tat (§ 53 StGB) des gewerbsmäßigen Schmuggels (§ 373 Abs. 1 AO), ab Fall 4 der Urteilsgründe des gewerbs- und bandenmäßigen Schmuggels (§ 373 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 AO) verurteilt. In den Fällen, in denen die Zigaretten über einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften nach Deutschland verbracht wurden (Fälle 1 bis 4 der Urteilsgründe ), hat die Strafkammer als Steuerschaden lediglich die deutsche Tabaksteuer berücksichtigt. Soweit die eingeführten Zigaretten nach Durchführung einer vom Hauptzollamt Bremen angeordneten Gesamtbeschau beschlagnahmt wurden (Fälle 13 und 14 der Urteilsgründe), hat das Landgericht – ungeachtet der unrichtigen Festsetzung der Einfuhrabgaben vor der Beschlagnahme – lediglich eine versuchte Tatbegehung angenommen.
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Die einzelnen Tatbeiträge des Angeklagten G. konnte die Strafkammer bestimmten Haupttaten nicht zuzuordnen; sie hat ihn deshalb wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Schmuggel in neun tateinheitlichen Fällen – davon zwei nur versuchte Taten –, verurteilt.
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II. Revision des Angeklagten Y. C.
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Die Revision des Angeklagten Y. C. führt lediglich zu der aus dem Tenor ersichtlichen Schuldspruchänderung in den Fällen 1 bis 4 der Urteilsgründe.
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1. Mit den erhobenen Verfahrensrügen zeigt der Beschwerdeführer keinen Rechtsfehler auf. Ergänzend zu den zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift bemerkt der Senat:
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a) Die Rüge, das Landgericht habe zu Unrecht Erkenntnisse aus rechtswidrig angeordneten Telekommunikationsüberwachungen als Beweismittel verwertet, hat keinen Erfolg.
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aa) Der Angeklagte Y. C. macht geltend, das Landgericht habe gegen seinen ausdrücklichen Widerspruch die Erkenntnisse aus Telefonüberwachungsmaßnahmen im Urteil verwertet, obwohl bei deren Anordnung der Verdacht einer Katalogtat des § 100a StPO nicht vorgelegen habe, insbesondere nicht der vom Ermittlungsrichter angenommene Tatverdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung (§ 129 StGB).
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bb) Die Verfahrensbeanstandung entspricht nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO und ist deshalb bereits unzulässig.
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Zur Begründung einer Verfahrensrüge ist der Beschwerdeführer verpflichtet , „die den Mangel enthaltenden Tatsachen“ anzugeben. Diese Angaben haben mit Bestimmtheit und so genau und vollständig zu geschehen, dass das Revisionsgericht allein auf Grund der Revisionsrechtfertigungs- schrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorläge, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen wären (vgl. BVerfG NJW 2005, 1999, 2001; BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Aufklärungsrüge 7). Daran fehlt es hier, denn der Beschwerdeführer hat den Inhalt des Zwischenberichts des Zollfahndungsamts München vom 22. Juli 2004 nicht mitgeteilt. Diese Mitteilung wäre schon deswegen erforderlich gewesen, weil die regelmäßig schwierige Abgrenzung zwischen einer (bloß) bandenmäßigen Begehung (§ 373 Abs. 2 Nr. 3 AO) und dem Tätigwerden einer kriminellen Vereinigung (§ 129 StGB) nur anhand der Besonderheiten des Einzelfalls getroffen werden kann (vgl. dazu BGH wistra 2006, 462). Angesichts des Umfangs und der Vielzahl sowie der professionellen Durchführung der verfahrensgegenständlichen Schmuggeltransporte hätte es insbesondere auch der Mitteilung der in diesem Fahndungsbericht enthaltenen Erkenntnisse zwingend bedurft. Ohne sie kann der Senat nicht prüfen, ob der Tatrichter bei der Wertung, bei Anordnung der Maßnahmen zur Telekommunikationsüberwachung habe der Verdacht des Tätigwerdens einer kriminellen Vereinigung bestanden, den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum verlassen hat; nur dann käme ein Beweisverwertungsverbot in Betracht (vgl. BGHSt 41, 30, 32 ff.; 47, 362, 365 ff.). Da die der Telefonüberwachung zugrunde liegenden Beschlüsse des Amtsgerichts Landshut im vorliegenden Verfahren erlassen wurden und ihre Grundlagen daher aktenkundig sind, war der Beschwerdeführer von der Verpflichtung zu entsprechendem Sachvortrag nicht entbunden (vgl. BGH NStZ 2007, 117).
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cc) In der Sache könnte die Verfahrensrüge ebenfalls keinen Erfolg haben. Es kann dahinstehen, ob – was bereits nach dem Sachvortrag der Revision und den Beschlussbegründungen des Amtsgerichts Landshut eher fern liegt – der Ermittlungsstand die Überwachungsanordnungen nicht gerechtfertigt hat. Jedenfalls könnte das Urteil hier nicht auf einem etwaigen Verstoß gegen die Vorschrift des § 100a StPO beruhen.
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Das Landgericht hat seine Überzeugung von der Täterschaft der Angeklagten Y. und C. C. und den von diesen begangenen Taten – anders als hinsichtlich der Tatbeteiligung des Angeklagten G. (UA S. 81 ff.), der das Verfahren nicht beanstandet – nicht auf die Erkenntnisse aus Telefonüberwachungsmaßnahmen gestützt (UA S. 60 ff.). Vielmehr hat es seiner Überzeugungsbildung in erster Linie die weitgehenden, hinsichtlich einiger Taten sogar vollumfänglichen, erst in der Hauptverhandlung abgegebenen Geständnisse der Angeklagten Y. und C. C. sowie die übereinstimmenden Geständnisse des Angeklagten S. und weiterer Tatbeteiligter zugrundegelegt. Soweit die Einlassungen der Angeklagten Y. und C. C. in einzelnen Punkten von den Feststellungen abweichen, hat das Landgericht diese Angaben mit rechtsfehlerfrei als glaubhaft eingestuften Aussagen der übrigen Angeklagten und von Zeugen sowie mit den Erkenntnissen aus den in den Fällen 13 und 14 der Urteilsgründe sichergestellten Zigarettenmengen, nicht aber unter Verwertung der Protokolle über die Telefonüberwachung, widerlegt. Den in die Hauptverhandlung eingeführten Tonbandaufzeichnungen kam somit – selbst im Fall 9 der Urteilsgründe (UA S. 72) – für die Überführung der Angeklagten Y. und C. C. keine Bedeutung zu.
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b) Die Rüge des Beschwerdeführers, das Landgericht habe in den Fällen 1 bis 4 der Urteilsgründe gegen die sich aus § 265 Abs. 1 StPO ergebende Hinweispflicht verstoßen, dringt ebenfalls nicht durch. Der Generalbundesanwalt hat im Ergebnis zutreffend ausgeführt, dass sich der Angeklagte Y. C. in diesen Fällen – in Übereinstimmung mit der Anklage – der Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO schuldig gemacht hat; damit liegt eine Veränderung des rechtlichen Gesichtspunkts nicht vor. Allerdings ergibt sich diese rechtliche Würdigung für die insoweit allein noch verfahrensgegenständliche Verkürzung deutscher Tabaksteuer bereits aus der gebotenen Anwendung des § 19 TabStG.
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2. Auf die Sachrüge des Angeklagten Y. C. ändert der Senat den diesen Angeklagten betreffenden Schuldspruch in den Fällen 1 bis 4 der Urteilsgründe auf Steuerhinterziehung ab; die Liste der angewendeten Vorschriften (§ 260 Abs. 5 StPO) ist um § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO zu ergänzen (vgl. BGH NJW 1986, 1116, 1117; Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl. § 260 Rdn. 62).
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a) Die Verurteilung wegen gewerbs- und bandenmäßigen Schmuggels (§ 373 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 AO) für die im Zeitraum von 2003 bis März 2004 begangenen Taten (Fälle 1 bis 4 der Urteilsgründe) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Gleichwohl führt dieser Rechtsfehler nur zu einer Schuldspruchänderung ; er lässt die verhängten Einzelstrafen unberührt.
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aa) Verfahrensgegenstand ist in diesen Fällen ausschließlich der Tatvorwurf der Verkürzung der beim Verbringen der Zigaretten nach Deutschland entstandenen deutschen Tabaksteuer, weil die Staatsanwaltschaft bei Anklageerhebung die Strafverfolgung hierauf beschränkt hat (Anklageschrift Abschnitt V.2.k). Der Umstand, dass sie die Beschränkung gemäß § 154 Abs. 1 StPO und nicht gemäß § 154a StPO vorgenommen hat, steht deren Wirksamkeit nicht entgegen.
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bb) Die in den Fällen 1 bis 4 der Urteilsgründe festgestellte Hinterziehung deutscher Tabaksteuer stellt keinen Schmuggel (§ 373 AO) dar. § 373 AO erfasst diese Verbrauchsteuer als Einfuhrabgabe nur dann, wenn die Zigaretten unmittelbar aus einem Nicht-Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften in die Bundesrepublik Deutschland verbracht werden (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Februar 2007 – 5 StR 372/06, zur Veröffentlichung bestimmt). Dies ist bei den Transporten aus der Türkei über den Landweg nach Deutschland nicht der Fall.
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cc) Die rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen belegen indes , dass sich der Angeklagte Y. C. hinsichtlich der bei dem Verbringen der Zigaretten nach Deutschland entstandenen Tabaksteuer der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO i.V.m. § 19 TabStG) schuldig gemacht hat.
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(1) Gemäß § 19 TabStG entsteht die deutsche Tabaksteuer, wenn Tabakwaren unzulässigerweise entgegen § 12 Abs. 1 TabStG aus dem freien Verkehr anderer Mitgliedstaaten zu gewerblichen Zwecken in das Steuergebiet der Bundesrepublik Deutschland verbracht werden.
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Die in den Fällen 1 bis 4 der Urteilsgründe vorschriftswidrig (vgl. Art. 40 ZK) in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften eingeführten Zigaretten befanden sich dort im steuerrechtlich freien Verkehr. Das Überführen dieser auf dem Schwarzmarkt zu veräußernden Zigaretten nach Deutschland ohne Inanspruchnahme des innergemeinschaftlichen Steuerversandverfahrens (§ 16 Abs. 1 Satz 1 TabStG) ist ein gewerbliches unversteuertes Verbringen. Für die Zigaretten war deshalb unverzüglich nach dem Verbringen in das Steuergebiet der Bundesrepublik Deutschland eine Steuererklärung abzugeben (§ 19 Satz 3 TabStG). Mit der Missachtung dieser Pflicht wurde die deutsche Tabaksteuer gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 1 AO verkürzt (vgl. zum Ganzen BGH aaO m.w.N.).
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(2) Der Angeklagte Y. C. war als Verbringer (Fälle 1 und 2) bzw. als Empfänger der Zigaretten (Fälle 3 und 4) Schuldner der entstandenen Tabaksteuer und damit Erklärungspflichtiger.
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Steuerschuldner ist gemäß § 19 Satz 2 TabStG derjenige, der verbringt oder versendet, und der Empfänger, sobald er Besitz an den Tabakwaren erlangt hat. Bei der Auslegung dieser Tatbestandsmerkmale ist die Richtlinie Nr. 92/12 (EWG) des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (ABl. EG Nr. L 76/1 – „Systemrichtlinie“) zu beachten, denn das deutsche Tabaksteuergesetz beruht auf dieser Richtlinie. Nach Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie wird die Verbrauchsteuer je nach Fallgestaltung u. a. von der Person geschuldet, die eine Lieferung vornimmt oder die die zur Lieferung bestimmten Waren besitzt (vgl. ferner Art. 9 Abs. 1 der Systemrichtlinie). Steuerschuldner ist damit beim Verbringen einer verbrauchsteuerpflichtigen Ware in das inländische Steuergebiet zu gewerblichen Zwecken jedenfalls derjenige, der beim Verbringen der Ware oder als Empfänger einer Lieferung Herrschaft über die Ware hat.
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Diese Auslegung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften im Urteil vom 4. März 2004 in den Rechtssachen C-238/02 [V. ] und C-246/02 [J. ] zum Begriff des „Verbringens“ in Art. 40, 38 i.V.m. Art. 202 ZK. Art. 202 Abs. 3 ZK knüpft für die Bestimmung des Zollschuldners alternativ an die Beteiligung am Verbringen und an den Besitz an der in das Zollgebiet verbrachten Ware an. Als Verbringer sieht der Gerichtshof bei einer Einfuhr mit einem Kraftfahrzeug denjenigen an, der bei der Einfuhr die Herrschaft über das Transportfahrzeug hat (EuGH wistra 2004, 376, 378; vgl. hierzu BGH aaO). Wegen der Ähnlichkeit der Sachverhalte und der inneren Verzahnung der Regelungssysteme des Zollrechts und des Verbrauchsteuerrechts im europäischen Gemeinschaftsrecht (vgl. § 21 TabStG; Art. 5 Systemrichtlinie), die gemeinsam der Verwirklichung des Europäischen Binnenmarkts dienen (vgl. Art. 14 EGV), liegt es nahe, in dem durch die System-, Struktur- und Steuersatzrichtlinien weitgehend harmonisierten Verbrauchsteuerrecht dieselben Maßstäbe anzulegen (vgl. BGHSt 48, 52, 63).
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Die Feststellungen belegen, dass der Angeklagte Y. C. ein ausreichendes Maß an Sachherrschaft an den Tabakwaren bei ihrem Verbringen nach Deutschland hatte (Fälle 1 und 2 der Urteilsgründe) und im Übrigen als Empfänger den Besitz über die Zigaretten ausübte (Fälle 3 und 4 der Urteilsgründe).
37
dd) Der Senat schließt aus, dass sich der weitgehend geständige Angeklagte Y. C. bei einem Hinweis auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunkts (§ 265 Abs. 1 StPO) – Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO (Grundtatbestand) statt Schmuggel gemäß § 373 AO (unselbständige Qualifikation) – anders als geschehen hätte verteidigen können.
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ee) Ob sich der Angeklagte Y. C. bei Verbringen der Zigaretten über den Landweg in die Europäische Gemeinschaft auch wegen Hinterziehung der in dem Mitgliedstaat der Einfuhr entstandenen Einfuhrabgaben (Zollschuld, nationale Tabak- und Einfuhrumsatzsteuern) strafbar gemacht hat (vgl. § 370 Abs. 1, Abs. 6 Satz 1, Abs. 7 AO i.V.m. Art. 202 Abs. 1 Buchstabe a, Abs. 2, Art. 40, 38 ZK), hat im Hinblick auf die vorgenommene Verfahrensbeschränkung dahinzustehen.
39
Solches liegt hier freilich nahe, denn für eine Tatbeteiligung als Mittäter reicht ein auf der Grundlage gemeinsamen Wollens die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag aus, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränken kann (BGH NStZ 1995, 120; 1999, 609). Hierfür genügt auch ein Tatbeitrag, der erst im Zeitraum zwischen Vollendung und Beendigung erbracht wird (BGH NStZ 1999, 609; vgl. auch BGHSt 48, 52, 56). Hier hat das Landgericht festgestellt, dass die Hinterleute sowohl den Einkauf der Zigaretten als auch deren Verkauf in England organisiert haben. Dies deutet darauf hin, dass die von den Angeklagten Y. und C. C. geführte deutsche Gruppierung Teil einer international agierenden Schmuggelorganisation war und der Angeklagte Y. C. aufgrund seiner Beteiligung gemäß dem Tatplan auch in diesen Fällen als Mittäter die in dem anderen Mitgliedstaat entstandenen Einfuhrabgaben hinterzogen hat.
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Eine solche Tat kann, wenn sie beim Verbringen der Zigaretten in das Steuergebiet der Bundesrepublik Deutschland noch nicht beendet war, mit der Hinterziehung der deutschen Tabaksteuer tateinheitlich zusammentreffen. Denn die „Schmuggeltat“ ist erst dann beendet, wenn das geschmuggelte Gut in Sicherheit gebracht und „zur Ruhe gekommen“ ist (BGH wistra 2000, 425; BGHSt 3, 40, 44). Wann dies der Fall ist, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich für die Beendigung des Schmuggels ist, ob die Schmuggelware die gefährliche Phase des Grenzübertritts passiert und der Schmuggler sein Unternehmen insgesamt erfolgreich abgeschlossen hat (BGHSt 3, 40, 44 f.). In der Regel wird der Schmuggel erst dann beendet sein, wenn das Schmuggelgut seinen Bestimmungsort erreicht hat (vgl. zu den Einzelheiten BGH, Beschluss vom 1. Februar 2007 – 5 StR 372/06 und BGH wistra 2000, 425).
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ff) Trotz des geänderten Schuldspruchs und bei der Anwendung des § 370 Abs. 1 AO gegenüber § 373 AO nach unten erweiterten Strafrahmens haben die vom Landgericht insoweit verhängten Einzelstrafen Bestand. Da diese Änderung den Umfang der verkürzten Steuern und auch die übrigen Strafzumessungserwägungen unberührt lässt, schließt der Senat aus, dass sich die fehlerhafte rechtliche Einordnung des Tatgeschehens durch das Landgericht auf den Strafausspruch ausgewirkt hat.
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b) Die Überprüfung des Urteils im Übrigen hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten Y. C. ergeben. Ergänzend zu den zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts, auf die insbesondere hinsichtlich der Angriffe des Beschwerdeführers gegen die Beweiswürdigung und die Strafzumessung des Tatgerichts Bezug genommen wird, bemerkt der Senat:
43
aa) Das Landgericht hat die Fälle 5 bis 14 der Urteilsgründe, in denen die aus Asien stammenden Zigaretten per Schiff nach Deutschland transportiert und über die Freihäfen Hamburg und Bremerhaven eingeführt wurden, rechtsfehlerfrei als gewerbs- und bandenmäßigen Schmuggel (§ 373 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) gewertet. Der Angeklagte Y. C. hat als mittelbarer Täter bewirkt, dass durch die mit der Erledigung der Zollformalitäten beauftragten gutgläubigen Spediteure unvollständige Zollanmeldungen abgegeben und infolgedessen für die eingeführten Zigaret- ten keine Einfuhrabgaben festgesetzt wurden (§§ 373, 370 Abs. 4 Satz 1 AO i.V.m. § 25 Abs. 1 zweite Variante StGB). Soweit das Landgericht in den Fällen 13 und 14 der Urteilsgründe lediglich eine Strafbarkeit wegen versuchten Schmuggels angenommen hat, beschwert dies den Angeklagten nicht.
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Die Zollschuld entstand in diesen zehn Fällen aufgrund des vorschriftswidrigen Verbringens der Zigaretten in das Zollgebiet der Europäischen Gemeinschaft gemäß Art. 202 Abs. 1 Buchstabe a, Art. 40, Art. 4 Nr. 19 ZK; dasselbe gilt angesichts der Verweisungsnormen § 21 Abs. 2 UStG und § 21 Satz 1 TabStG für die Einfuhrumsatzsteuer und die Tabaksteuer. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften bewirkt auch eine im Zusammenhang mit der Gestellung abgegebene unrichtige oder unvollständige Zollanmeldung, dass die nicht angemeldeten Schmuggelwaren von der Gestellung nicht erfasst und damit vorschriftswidrig verbracht sind (EuGH ZfZ 2005, 192, 194, Ziffer 31). Infolge der unvollständigen Gestellung und Zollanmeldung wurden die Einfuhrabgaben auf die Zigaretten, die bei steuerehrlichem Verhalten zu einem Zollverfahren (Art. 4 Nr. 16 ZK) hätten angemeldet werden müssen, nicht festgesetzt (Art. 217 ff., 221 ZK) und damit verkürzt (§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO).
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bb) Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers lässt auch die Berechnungsdarstellung der hinterzogenen Einfuhrabgaben keinen Rechtsfehler erkennen. Sie genügt den vom Senat aufgestellten Grundsätzen (vgl. BGHR AO § 370 Abs. 1 Berechnungsdarstellung 10; Jäger StraFo 2006, 477, 479 ff. m.N.). Insbesondere enthalten die Urteilsgründe neben der Angabe der angewandten Vorschriften des Zoll- und Steuerrechts die erforderlichen Angaben zu der – zum Teil durch Schätzung – ermittelten Anzahl der eingeführten Zigaretten sowie zum Zollwert und zum Kleinverkaufspreis.
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cc) Ohne Erfolg rügt der Beschwerdeführer, in den Fällen 13 und 14 der Urteilsgründe (Schmuggel von Zigaretten über den Freihafen Bremerhaven ) habe keine tatbestandsmäßige Handlung vorgelegen. Das Landgericht ist zutreffend von mittelbarer Täterschaft durch den Angeklagten ausgegangen. Indem er vorsatzlos handelnde Spediteure bei den Zollbehörden unvollständige Zollanmeldungen einreichen ließ, überschritt er die Schwelle zum Versuch des Schmuggels (vgl. BGHR AO § 373 Versuch 1).
47
Vielmehr rechtfertigen die vom Landgericht getroffenen Feststellungen sogar auch in diesen Fällen die Verurteilung wegen vollendeten gewerbsund bandenmäßigen Schmuggels. Denn das Festsetzungsverfahren war nach den insoweit nicht beanstandeten Urteilsfeststellungen bereits abgeschlossen. Infolge der unvollständigen Zollanmeldungen waren die Einfuhrabgaben nur auf die Tarnware, aber nicht auf die Zigaretten festgesetzt und damit verkürzt (§ 370 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Satz 1 AO, § 25 Abs. 1 zweite Variante StGB i.V.m. Art. 217 ff., 221 ZK). Erst nach der Festsetzung wurden bei Durchführung einer Gesamtbeschau der angemeldeten Waren (vgl. Art. 68 f. ZK) die Zigaretten entdeckt und beschlagnahmt. Der Senat ändert daher den Schuldspruch entsprechend ab. Dem steht das in § 358 Abs. 2 StPO enthaltene Verbot der Schlechterstellung nicht entgegen (vgl. MeyerGoßner aaO § 331 Rdn. 8 m.w.N.).
48
c) Zur Vereinfachung der Urteilsformel lässt der Senat die entbehrliche Kennzeichnung der Taten als „gemeinschaftlich begangen“ entfallen (vgl. BGHSt 27, 287, 289; BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2006 – 5 StR 315/06).
49
III. Revision des Angeklagten C. C.
50
Die mit dem Rechtsmittel des Angeklagten Y. C. inhaltlich weitestgehend übereinstimmende Revision des Angeklagten C. C. führt ebenfalls lediglich zur Schuldspruchänderung in den Fällen 2 bis 4 der Urteilsgründe. Die Ausführungen zu oben II. gelten entsprechend.
51
IV. Revisionen der Angeklagten S. und G.
52
Die mit näher ausgeführten Sachrügen begründeten Revisionen der Angeklagten S. und G. haben keinen Erfolg. Sie sind aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Ergänzend bemerkt der Senat:
53
Angesichts des Aufgabengebietes des Angeklagten S. bei der Organisation der Schmuggeltransporte und dessen Beteiligung an den Verkaufserlösen bedurfte es im Rahmen der Strafzumessung keiner ausdrücklichen Erörterung der Haftung für verkürzte Steuern nach § 71 AO als steuerrechtlicher Folge jeder Steuerstraftat (vgl. BGHSt 48, 52, 76). Eine sich aus der Haftung ergebende besondere Härte oder etwa Bemühungen des Angeklagten um Schadenswiedergutmachung hat das Landgericht nicht festgestellt. Auch etwaige den Angeklagten S. treffende ausländerrechtliche Folgen waren keine Umstände, die das Tatgericht bei der Strafzumessung zwingend hätte erörtern müssen (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Ausländer 6 und BGH NStZ-RR 2004, 11).
54
V. Revisionen der Staatsanwaltschaft
55
1. Revisionen betreffend die Angeklagten Y. und C. C. sowie S.
56
Die zu Ungunsten der Angeklagten mit Sachrügen geführten Revisionen der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt nicht vertreten werden, sind unbegründet.
57
a) Dass die Strafkammer die Angeklagten in den Fällen 13 und 14 der Urteilsgründe rechtsfehlerhaft lediglich wegen versuchten gewerbs- und ban- denmäßigen Schmuggels verurteilt hat, wird mit der Strafmaßrevision der Staatsanwaltschaft nicht beanstandet.
58
b) Rechtsfehlerhaft ist, dass das Landgericht in diesen beiden Fällen der Strafzumessung als Steuerschaden lediglich die hinterzogene Tabaksteuer , nicht aber die ebenfalls verkürzten (vgl. § 370 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Satz 1 AO, § 25 Abs. 1 zweite Variante StGB i.V.m. Art. 217 ff., 221 ZK) Zollund Einfuhrumsatzsteuerschulden zugrundegelegt hat. Zwar erlischt die Zollschuld gemäß Art. 233 Satz 1 Buchstabe d ZK – und hieran anknüpfend nach § 21 Satz 1 TabStG die Einfuhrumsatzsteuer –, wenn Waren, für die gemäß Art. 202 ZK die Zollschuld entstanden ist, bei dem vorschriftswidrigen Verbringen beschlagnahmt und gleichzeitig oder später eingezogen werden. Diese – bereits vor dem Erlöschen hinterzogenen – Abgaben gelten jedoch gemäß Art. 233 Satz 2 ZK für das Strafverfahren als nicht erloschen. Der Senat kann angesichts der vom Landgericht in den Fällen 5 bis 12 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen ausschließen, dass sich dieser Rechtsfehler auf den Strafausspruch ausgewirkt hat. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass – anders als in jenen Fällen – die Zigaretten in den Fällen 13 und 14 beim Verbringen in das Zollgebiet der Europäischen Gemeinschaft beschlagnahmt wurden und nicht in den freien Verkehr gelangten.
59
c) Auch die im Rahmen der Strafzumessung rechtsfehlerhaft zugunsten der Angeklagten angeführte Erwägung des Landgerichts, „dass bei ordnungsgemäßer Gestellung der nach England weitergelieferten Zigaretten im Transitweg ein Schaden nicht entstanden wäre“ (UA S. 113 u. a.), gefährdet hier den Bestand der Strafaussprüche im Ergebnis nicht. Mit dieser Formulierung meint das Landgericht offensichtlich, dass dem deutschen Fiskus nur „aus formalen Gründen“ ein Schaden entstanden sei, der „eigentliche“ Schaden aber beim englischen Fiskus liege, da die Zigaretten erst in England an die Endverbraucher verkauft werden sollten. Dies ist jedoch kein strafmildernder Gesichtspunkt, wenn die aus Drittländern eingeführte Tabakwaren – anders als bei der Ausfuhr in Staaten außerhalb der Europäischen Ge- meinschaft (vgl. dazu BGHSt 48, 52, 75 f.; 48, 108, 118 f.) – im Zollgebiet der Europäischen Gemeinschaft in den zollrechtlich freien Verkehr überführt werden sollen, ohne dass die hierfür erforderlichen Einfuhrabgaben entrichtet werden.
60
Ohnehin ist es die Europäische Gemeinschaft, die hinsichtlich des hinterzogenen Zolls und des ihr zustehenden Einfuhrumsatzsteueranteils materiell geschädigt wird, und nicht die Bundesrepublik Deutschland oder das Königreich Großbritannien (vgl. BGH wistra 2005, 461, 463). Dieser Teil der Einfuhrabgaben wird nämlich von den Mitgliedstaaten lediglich verwaltet, bevor er dem Gemeinschaftshaushalt zufließt. Liegt die Verwaltung dieser Abgaben bei der Bundesrepublik Deutschland, so ist deren Hinterziehung nach § 370 Abs. 1 AO strafbewehrt (vgl. § 3 Abs. 3 AO i.V.m. Art. 4 Nr. 10 ZK für den Zoll und § 3 Abs. 1 AO i.V.m. § 21 UStG für die Einfuhrumsatzsteuer). Beim Schmuggel aus dem Drittlandsgebiet wollen die Täter überhaupt keine Abgaben entrichten, und zwar unabhängig davon, welcher Mitgliedstaat im Einzelfall die Abgaben zu verwalten hat. Damit den Tätern der Absatz der Tabakwaren auf dem Schwarzmarkt gelingt, werden sie diese regelmäßig gegenüber jedem Mitgliedstaat, den die Ware bis zum Erreichen des Bestimmungsorts passiert, verschweigen.
61
Aber auch hinsichtlich der deutschen Tabaksteuer als nationaler Verbrauchsteuer, die anlässlich der Einfuhr erhoben wird, handelt es sich nicht um eine Steuerverkürzung „aus formalen Gründen“. Denn ausschlaggebend für das Entstehen dieser Steuer ist nicht der Verkauf an den Endverbraucher , sondern die Überführung in den freien Verkehr im deutschen Steuergebiet. Ein Fall, in dem die deutsche Tabaksteuer wegen des Verbringens nach England wieder zu erstatten wäre, liegt schon deshalb nicht vor, weil auch die dort entstandenen Verbrauchsteuern nicht entrichtet wurden (vgl. Art. 22 Abs. 3 der Systemrichtlinie).
62
Die Einfuhrabgaben wären sogar dann entstanden und von den Angeklagten zu entrichten gewesen, wenn die Zigaretten erst nach Abschluss eines Steueraussetzungsverfahrens in England in den freien Verkehr überführt worden wären. Selbst wenn die Angeklagten erst zu diesem Zeitpunkt die dort entstandenen Einfuhrabgaben hinterzogen hätten, wäre dies in Deutschland strafbewehrt gewesen. Denn von § 370 Abs. 6 Satz 1 AO werden Einfuhrabgaben auch dann als den deutschen Steueransprüchen gleichwertige Forderungen erfasst, wenn sie nicht von der Bundesrepublik Deutschland, sondern von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften verwaltet werden.
63
Allerdings schließt der Senat – insbesondere im Hinblick auf die gewichtigen gegen die Angeklagten Y. und C. C. verhängten Gesamtfreiheitsstrafen von sechs Jahren und zehn Monaten bzw. sechs Jahren – aus, dass das Landgericht ohne seine rechtsfehlerhafte Erwägung zu noch höheren Gesamtfreiheitsstrafen hätte gelangen können.
64
d) Weitere Rechtsfehler zum Vor- oder Nachteil (§ 301 StPO) der Angeklagten zeigen die Revisionen nicht auf. Insbesondere hält es rechtlicher Nachprüfung noch stand, dass das Landgericht die Einzelstrafen nicht dem erhöhten Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AO entnommen hat. Die auf eine Gesamtwürdigung der Tatumstände gestützte Wertung der Strafkammer, es liege noch kein Handeln aus grobem Eigennutz im Sinne von § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO vor, ist angesichts des Umstandes, dass ein Großteil des Erlöses aus den Taten den Hinterleuten in der Türkei zugeflossen ist, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Auch mit der Verneinung unbenannter besonders schwerer Fälle im Sinne von § 370 Abs. 3 Satz 1 AO verlässt das Landgericht hier trotz des „hohen und professionellen Organisationsgrads“ und der hohen Steuerschäden noch nicht den dem Tatrichter zustehenden Beurteilungsspielraum, zumal da der Qualifikationstatbestand des § 373 AO ohnehin im Vergleich zum Grundtatbestand der Steuerhinterziehung ein erhöhtes Mindeststrafmaß vorsieht. Die Entscheidung des Landgerichts ist da- her zu respektieren, auch wenn hier eine andere Beurteilung möglich gewesen wäre und sogar näher gelegen hätte.
65
2. Revision betreffend den Angeklagten G.
66
Auch die den Angeklagten G. betreffende Revision der Staatsanwaltschaft ist unbegründet. Ergänzend zu den zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift bemerkt der Senat :
67
a) Die vom Landgericht in wertender Betrachtung der maßgeblichen Umstände (vgl. BGHSt 37, 289, 291 m.w.N.) vorgenommene Würdigung des Verhaltens des Angeklagten G. als Beihilfe und nicht als Mittäterschaft hält sich noch im Rahmen des tatrichterlichen Beurteilungsspielraums (vgl. BGH wistra 2005, 380, 381).
68
b) Auch die Würdigung der Unterstützungsaktivitäten des Angeklagten G. als eine einheitliche Beihilfe gemäß § 27 StGB ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Zwar liegt Tatmehrheit vor, wenn durch mehrere selbständige Hilfeleistungen mehrere selbständige Haupttaten gefördert werden (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 27 Rdn. 13). Die fortlaufende Förderung der Schmuggeltaten durch den Angeklagten Greschner stellt sich hier jedoch in einer Gesamtschau als nur eine – dauerhafte – Beihilfehandlung des Angeklagten zu neun Haupttaten dar (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2006 – 1 StR 556/06; BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 9).

69
In Fällen wie dem hier vorliegenden ist es nicht erforderlich, die Anzahl der Haupttaten, zu denen der Angeklagte Beihilfe geleistet hat, in den Tenor aufzunehmen. Zur Vereinfachung der Urteilsformel ändert daher der Senat den Schuldspruch entsprechend ab (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2006 – 1 StR 556/06).
Basdorf Häger Gerhardt Raum Jäger
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
AO § 373 Abs. 1; § 370 Abs. 1;
Zollkodex Art. 203 Abs. 1
1. Der Begriff des Entziehens aus zollamtlicher Überwachung im
Sinne von Art. 203 Abs. 1 Zollkodex ist so zu verstehen, daß er
jede Handlung oder Unterlassung erfaßt, die dazu führt, daß die
zuständige Zollbehörde auch nur zeitweise am Zugang zu einer
unter zollamtlicher Überwachung stehenden Ware und an der
Durchführung der vom gemeinschaftlichen Zollrecht vorgesehenen
Prüfungen gehindert wird (Anschluß an EuGH, Urteil vom
1. Februar 2001 - C-66/99, Slg. 2001 I - 911 und EuGH, Urteil
vom 11. Juli 2002 - C-371/99, ZfZ 2002, 338).
2. Nichtgemeinschaftsware wird auch dadurch aus der zollamtlichen
Überwachung entzogen, daß sie unter anderen für ein Zollverfahren
angemeldeten Waren versteckt und in einem zur Durchfuhr
durch das Zollgebiet der Europäischen Union abgefertigten und
versiegelten Container vom Amtsplatz abtransportiert wird. Dies
gilt auch dann, wenn die versteckte Ware in diesem Container
wieder ausgeführt wird.
BGH, Beschl. v. 27. November 2002 – 5 StR 127/02
LG Bremen –

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 27. November 2002
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßigen Schmuggels
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. November 2002

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bremen vom 13. Juni 2001 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben; die Feststellungen zur äußeren Tatseite bleiben aufrechterhalten.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hinterziehung von Eingangsabgaben (richtig: wegen gewerbsmäßigen Schmuggels ) in 16 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge zum Schuldspruch und zum Strafausspruch Erfolg; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.


Nach den Feststellungen ließ der Angeklagte in 16 Fällen unversteuerte und unverzollte Zigaretten in Containern von Zypern über die Bundesrepublik Deutschland nach Tschechien befördern, ohne sie für den Transport
durch das Gebiet der Europäischen Union zu einem Zollverfahren anzumelden oder Einfuhrabgaben abzuführen. Hierzu ließ der Angeklagte jeweils in Zypern Zigaretten, die er dort zuvor zum Export angemeldet hatte, mit anderen , ebenfalls zur Ausfuhr angemeldeten Waren wie Bekleidung oder Schuhen unter Aufsicht des zypriotischen Zolls in Container verpacken. Der Zoll bestätigte in allen diesen Fällen nach Versiegelung der Container das Verstauen der angemeldeten Waren und erteilte die zur Verschiffung nach Deutschland erforderlichen Verladungsgenehmigungen; damit wurde die in den Transport eingeschaltete Reederei ermächtigt, die Container mit den genannten Waren an Bord zu nehmen. In das für die Verschiffung und den Transport auf dem Seewege erforderliche Konnossement („Bill of Lading“) und die Cargo-Zollerklärung ließ der Angeklagte in der Folge jeweils nur noch die zugeladenen sonstigen Waren (Bekleidung etc.), nicht aber die Zigaretten aufnehmen. Er nutzte hierbei aus, daß der zypriotische Zoll die Zollerklärungen bei der Verladung nicht mit den Verladungsgenehmigungen abglich , in denen die Zigaretten noch aufgeführt waren (UA S. 18). Nach Umladung im Hafen von Antwerpen wurden die Container entweder im Freihafen Bremerhaven oder im Freihafen Hamburg gelöscht. Wie vom Angeklagten beabsichtigt, erhielten die von ihm beauftragten Fahrer, welche die Container von dort mit Lkw nach Tschechien befördern sollten, von der jeweiligen Hafenbetriebsgesellschaft auf Vorlage der inhaltlich unrichtigen Konnossemente Freistellungsbescheinigungen für die darin bezeichneten Waren. Vom Angeklagten eingeschaltete Speditionen erstellten aufgrund dieser Dokumente – und damit wiederum ohne Berücksichtigung der Zigaretten – Versandanmeldungen T1 zur Beförderung der Waren im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren (im folgenden: T1-Versandverfahren) nach Tschechien. Die mit dem Transport beauftragten Fahrer führten jeweils die Container auf Veranlassung des Angeklagten bei den Abgangszollstellen vor und reichten die vorbereiteten Versandanmeldungen zusammen mit den Freistellungsbescheinigungen zur Eröffnung von T1-Versandverfahren ein. Der Zoll brachte in allen Fällen als Nämlichkeitssicherung ein Zollsiegel an und fertigte die Container für das T1-Versandverfahren nach Tschechien ab. Nach der Be-
förderung durch Deutschland wurden die Container – und damit auch sämtliche Zigaretten – nach Tschechien ausgeführt. Dabei wurden von der jeweiligen Ausgangszollstelle lediglich die Unversehrtheit der Nämlichkeitssicherung überprüft, die Ausfuhr des Containers bescheinigt und der Rückschein der Versandpapiere zum Abschluß des T1-Versandverfahrens an die Abgangszollstelle zurückgesandt. Eine Überprüfung des Containerinhalts durch die Zollbehörden fand in keinem der Fälle statt – weder beim Abgangs- noch beim Ausgangszollamt. Auf den in den Containern transportierten Zigaretten lasteten je Transport Einfuhrabgaben zwischen 1,4 und 1,7 Mio. DM, insgesamt mehr als 26 Mio. DM.

II.


Die Verurteilung des Angeklagten kann allein deshalb keinen Bestand haben, weil das Urteil keine Feststellungen zur inneren Tatseite enthält.
1. Allerdings tragen die Feststellungen die Subsumtion des Landgerichts , daß das Verhalten des Angeklagten den objektiven Tatbestand des gewerbsmäßigen Schmuggels (§ 373 Abs. 1 AO) erfüllt.

a) Die erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Soweit sie den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügen, sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

b) Auch mit der Sachrüge deckt die Revision zum objektiven Tatbestand keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Durch sein Verhalten verkürzte der Angeklagte die Einfuhrabgaben für die durch Deutschland beförderten Zigaretten im Sinne von § 370 Abs. 4 Satz 1 AO.
aa) Die Wertung des Landgerichts, daß der Angeklagte in mittelbarer Täterschaft (§ 25 Abs. 1 2. Alt. StGB) handelte, ist frei von Rechtsfehlern.
Mittelbarer Täter ist, wer eine Straftat durch einen anderen begeht, also die Tatbestandsmerkmale nicht selbst verwirklicht, sondern sich dazu eines „Werkzeugs“, des sogenannten Tatmittlers, bedient. Voraussetzung ist zum einen ein „Defizit“ des Vordermanns, zum anderen eine überlegene, die Handlung des Tatmittlers steuernde Stellung des Hintermanns (vgl. Tröndle /Fischer, StGB 50. Aufl. § 25 Rdn. 3).
Hier ließ der Angeklagte die angelieferten Container von beauftragten Lkw-Fahrern bei den Zollbehörden vorführen und unrichtige Versandanmeldungen abgeben. Die Wertung des Landgerichts, daß der Angeklagte Tatherrschaft hatte, weil er den Fahrern, die von dem wahren Inhalt der Container im Gegensatz zu ihm keine positive Kenntnis hatten, zur Zollanmeldung inhaltlich unrichtige Frachtpapiere und Versandanmeldungen zukommen ließ, ist damit aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
bb) Der Angeklagte hat nach den Feststellungen jedenfalls den objektiven Tatbestand des § 370 Abs. 1 AO verwirklicht, ohne daß es für seine Strafbarkeit darauf ankommt, ob dies schon durch eine pflichtwidrige Nichtgestellung der Zigaretten oder erst durch die Abgabe einer unrichtigen Versandanmeldung erfolgt ist. Dabei wurden neben dem Zoll jeweils auch die Tabak- und die Einfuhrumsatzsteuer verkürzt, für die bei der Einfuhr generell die Regeln über die Zölle entsprechend gelten (§ 21 TabStG, § 13 Abs. 2 [n. F.], § 21 Abs. 2 UStG).
(1) Der Angeklagte verstieß möglicherweise bereits gegen Art. 40, Art. 4 Nr. 19 Zollkodex (ZK), wonach der Verbringer (im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) verpflichtet ist, in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbrachte Waren bei der Grenzzollstelle zu gestellen (vgl. hierzu Bender, Das Zoll- und Verbrauchsteuerstrafrecht, Abschnitt C IV TZ 73 sub 1 lit. a).
Ob vorliegend die Zigaretten bei den Grenzzollstellen gestellt worden sind, ist allerdings gemeinschaftsrechtlich zweifelhaft.
Zur Gestellung ist nach Art. 4 Nr. 19 ZK die Mitteilung an die Zollbe- hörden in der vorgeschriebenen Form erforderlich, daß sich die Waren bei der Zollstelle oder an einem anderen von den Zollbehörden bezeichneten oder zugelassenen Ort befinden. Bei Waren, die aus einem Freihafen in das Zollgebiet der Gemeinschaft gebracht werden, ergibt sich die Gestellungspflicht aus Art. 38 Abs. 1 lit. a ZK. Hier wurden die Container mit den in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbrachten Waren von den Fahrern den Grenzzollstellen mit inhaltlich unrichtigen Frachtpapieren vorgeführt, ohne daß auf die neben den Tarnladungen in den Containern befindlichen Zigaretten , die nicht in den Frachtpapieren genannt waren, ausdrücklich hingewiesen wurde. Es ist jedoch zweifelhaft, ob zur Gestellung in jedem Fall die Mitteilung ausreicht, daß sich die in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbrachten Waren an dem bestimmten Ort befinden, oder ob darüber hinaus auf versteckte oder verheimlichte Waren ausdrücklich hinzuweisen ist (vgl. den Beschluß des Bundesfinanzhofs zur Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften [EuGH] zu dieser Rechtsfrage, ZfZ 2002, 309).
Der Senat teilt die im Vorlegungsbeschluß dargelegte Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH aaO S. 310), daß eine allgemeine Mitteilung über das Vorhandensein von Waren die Gestellung versteckter oder verheimlichter Waren nicht umfaßt, sondern daß auf diese ausdrücklich hingewiesen werden muß, um die Mitteilungspflicht zu erfüllen. Für den Fall, daß der EuGH diese Auffassung für zutreffend erachtete, wären im vorliegenden Fall durch Nichtgestellung der in den Containern versteckten Zigaretten, auf die nicht ausdrücklich hingewiesen wurde, wegen deren vorschriftswidrigem Verbringen nach Art. 202 Abs. 1 ZK Einfuhrabgaben entstanden. Diese wären verkürzt worden (§ 370 Abs. 4 AO), weil sie wegen der unterlassenen Gestellung nicht buchmäßig erfaßt werden hätten können (vgl. Art. 217 ZK).
(2) Aber auch wenn die Gestellung der Container die Zigaretten mit umfaßt haben sollte, hätte der Angeklagte dennoch wegen der Abgabe der
falschen Versandanmeldungen den objektiven Tatbestand des § 370 Abs. 1 AO erfüllt.
(a) Der Angeklagte machte als mittelbarer Täter durch die Fahrer unrichtige Angaben über die Waren, die in das T1-Versandverfahren übergeführt werden sollten, und verstieß damit gegen Art. 59 Abs. 1 ZK.
Nach Art. 59 Abs. 1, Art. 4 Nr. 17 ZK i.V.m. Art. 199 ZK-DVO sind alle Waren, die in ein Zollverfahren überführt werden sollen, zu dem betreffenden Verfahren anzumelden. Gegenstand einer Zollanmeldung im Versandverfahren (vgl. Art. 4 Nr. 16 lit. b ZK; Art. 62 ZK) sind dabei nur die Waren, deren Beschaffenheit mindestens im Kern richtig bezeichnet ist (vgl. BFH ZfZ 1990, 380, 381). Dieser zu § 57 ZG aufgestellte Grundsatz hat auch nach Einführung des Zollkodex weiterhin Geltung.
Nach den Feststellungen ließ der Angeklagte die Fahrer, welche die in den Freihäfen Bremerhaven und Hamburg angelieferten Container in seinem Auftrag nach Tschechien bringen sollten, Versandanmeldungen bei den Zollbehörden einreichen, in die nur die Tarnwaren (Textilien, Schuhe etc.) aufgenommen waren. Die Zollanmeldungen waren damit unrichtig im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO (vgl. hierzu Bender aaO Abschnitt C IV TZ 75 sub 2 lit. a).
(b) Wenn das Gestellen auch die in den Containern befindlichen Zigaretten erfaßt haben sollte, wären gemäß Art. 203 Abs. 1 und 2 ZK die Einfuhrabgaben für die Zigaretten mit dem Abtransport der Container vom Amtsplatz entstanden; diese wären zugleich aufgrund der unrichtigen Zollanmeldung verkürzt worden.
Gemäß Art. 203 Abs. 1 ZK, § 21 TabStG, § 13 Abs. 2 [n. F.], § 21 Abs. 2 UStG entstehen die Einfuhrabgaben, wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen wird.
(aa) Der Begriff des Entziehens aus der zollamtlichen Überwachung ist im Gemeinschaftsrecht nicht definiert. In Art. 865 ZK-DVO sind zwar einige Fälle beschrieben, die ein Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung darstellen. Über diese Fälle geht aber der in Art. 203 Abs. 1 ZK verwendete Begriff deutlich hinaus. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist der Begriff des Entziehens aus der zollamtlichen Überwachung im Sinne von Art. 203 Abs. 1 ZK so zu verstehen, „daß er jede Handlung oder Unterlassung umfaßt , die dazu führt, daß die zuständige Zollbehörde auch nur zeitweise am Zugang zu einer unter zollamtlicher Überwachung stehenden Ware und an der Durchführung der in Art. 37 Abs. 1 ZK vorgesehenen Prüfungen gehindert wird“ (Urteil des EuGH in der Rechtssache C-66/99 – D. Wandel, Slg. 2001, I-911, 933 (Tz. 47); vgl. auch Urteil des EuGH in der Rechtssache C-371/99 – Liberexim BV, ZfZ 2002, 338, 341 und BGH, Urt. vom 24. Oktober 2002 – 5 StR 600/01, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt). Dabei ist es für das Entziehen einer Ware aus der zollamtlichen Überwachung im Sinne von Art. 203 Abs. 1 ZK nicht erforderlich, daß ein subjektives Element vorliegt; es müssen nur die objektiven Voraussetzungen, wie insbesondere das körperliche Fehlen der Ware am zugelassenen Verwahrungsort erfüllt sein (vgl. EuGH Slg. 2001, I-911, 933 [Tz. 48]; EuGH ZfZ 2002, 338, 341 [Tz. 60]).
Der Abtransport der Container vom Amtsplatz durch die vom Angeklagten beauftragten Fahrer stellt eine solche Handlung dar, mit der die nach Art. 37 Abs. 1 Satz 2 ZK vorgesehenen Prüfungen unmöglich gemacht wurden.
(bb) Art. 202 Abs. 1 ZK als gegenüber Art. 203 Abs. 1 ZK grundsätzlich vorrangige Vorschrift (vgl. BFH ZfZ 2002, 309, 311) stünde hier einer Entstehung der Einfuhrabgaben nach Art. 203 Abs. 1 ZK nicht entgegen, weil die Zigaretten – wenn ein ausdrücklicher Hinweis auf sie beim Verbringen der Container in das Zollgebiet der Gemeinschaft nicht erforderlich wäre –
ordnungsgemäß gestellt und damit nicht vorschriftswidrig im Sinne von Art. 202 ZK in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden wären.
(cc) Die Zigaretten unterlagen mit dem Zeitpunkt, in dem jeweils die Container vom Freihafen in das Zollgebiet der Gemeinschaft gebracht wurden , gemäß Art. 37 ZK der zollamtlichen Überwachung. Bis zum Erhalt einer zollrechtlichen Bestimmung hatten sie – im Falle ordnungsgemäßer Gestellung – die Rechtsstellung von Waren in vorübergehender Verwahrung (vgl. Art. 50 ZK). Vorübergehend verwahrte Waren dürfen ausschließlich an von den Zollbehörden zugelassenen Orten und unter den von den Zollbehörden festgelegten Bedingungen gelagert werden (Art. 51 Abs. 1 ZK) und müssen jederzeit zollamtlich geprüft werden können (Art. 37 Abs. 1 Satz 2 ZK). Diese Prüfungsmöglichkeit für die Zollbehörden auf dem Amtsplatz, von dem die Zigaretten nicht ohne ihre Zustimmung entfernt werden durften (vgl. Art. 47 ZK), wurde durch den Abtransport der Container zum Zwecke der Durchfuhr durch Deutschland unmöglich gemacht (vgl. BFH ZfZ 2002, 309, 311; Bender aaO TZ 75 sub 2 lit. a). Eine spätere Erfassung der in den abgefertigten Containern befindlichen Zigaretten war nach der Versiegelung dieser Container nahezu ausgeschlossen, weil die Zollbehörden von den Zigaretten keine Kenntnis und damit für eine Überprüfung auch keinen Anlaß hatten. Damit wären die Zigaretten mit der Entfernung vom Amtsplatz der zollamtlichen Überwachung entzogen.
(dd) Die Zigaretten waren auch nicht nach Art. 73 Abs. 1 Satz 1 ZK von den Zollbehörden den Anmeldern überlassen worden, denn die Überlassung erstreckte sich nur auf die angemeldeten Waren. Durch die unrichtige Anmeldung hatte der Angeklagte bewirkt, daß das externe gemeinschaftliche Versandverfahren zur Durchfuhr von Nichtgemeinschaftswaren in die Tschechische Republik (vgl. Art. 91 Abs. 1 lit. a ZK) nur für die Tarnware und nicht auch für die ebenfalls in den Containern befindlichen Zigaretten eröffnet worden war. Die nicht angemeldeten Zigaretten hätten damit weiter unter vorü-
bergehender Verwahrung im Sinne von Art. 50 ZK gestanden, als sie vom Amtsplatz der Zollbehörden abtransportiert wurden.
(ee) Einem Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung steht nicht entgegen, daß die Zigaretten sich beim Transport durch das Zollgebiet in mit Zollsiegeln versehenen Containern befanden, die zum externen gemeinschaftlichen Versandverfahren für Nichtgemeinschaftswaren abgefertigt worden waren (vgl. Art. 91 Abs. 1 lit. a ZK; Art. 72 ZK).
Zwar stand die ebenfalls in den Containern transportierte Tarnware unter zollamtlicher Überwachung, bis sie aus dem Zollgebiet der Europäischen Gemeinschaft verbracht wurde (vgl. Art. 37 Abs. 2 ZK). Diese zollamtliche Überwachung erstreckte sich aber nur auf die angemeldeten Waren. Auch die Tatsache, daß der gesamte Container von den Zollbehörden versiegelt worden war und die Zigaretten damit während des Transports zumindest räumlich von dem Zollsiegel erfaßt wurden, führt nicht dazu, daß die Zigaretten ebenfalls als unter zollamtlicher Überwachung stehend angesehen werden konnten. Bei einem solchen Siegel handelt es sich ausschließlich um eine Nämlichkeitssicherung im Sinne von Art. 72 ZK und nicht um eine Wegnahmesicherung. Ein Zollsiegel hätte in keiner Weise verhindern können, daß die Zigaretten während des Transports durch Deutschland von dem Angeklagten oder von Dritten aus den Containern hätten entnommen werden können. Wären die Zigaretten während des Transports durch Deutschland mit oder ohne Verletzung des Zollsiegels aus den Containern entfernt worden , so hätten die Zollbehörden keinerlei Möglichkeit gehabt, für die in den freien Verkehr gelangten Zigaretten die entstandenen Einfuhrabgaben zu erheben, weil sie von der Existenz der Zigaretten in den Containern keine Kenntnis gehabt hätten. Auch war für die verheimlichten Zigaretten keine Sicherheit im Sinne von Art. 94 ZK geleistet worden, um die Erfüllung der Zollschuld und der sonstigen Einfuhrabgaben sicherzustellen. Gerade diese Sicherheitsleistung für möglicherweise entstehende Einfuhrabgaben rechtfertigt aber die Überlassung der Waren an den Anmelder im Sinne von
Art. 73 Abs. 1 Satz 1 ZK zum eigenständigen, nicht ständig tatsächlich kon- trollierten Transport durch das Zollgebiet der Gemeinschaft im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren nach Art. 91 ZK.
(ff) Der Einwand, eine Verkürzung von Einfuhrabgaben könne dann nicht gegeben sein, wenn der Nachweis erbracht sei, daß die Ware tatsächlich ausgeführt worden sei, greift ebenfalls nicht durch.
Entgegen der Ansicht der Revision steht die Tatsache der späteren Wiederausfuhr der Zigaretten ihrer vorher erfolgten Entziehung aus zollamtlicher Überwachung nicht entgegen (vgl. zu der insoweit parallelen Problematik beim verbrauchsteuerlichen Steueraussetzungsverfahren BGH, Urt. vom 24. Oktober 2002 – 5 StR 600/01). Versandverfahren sind formelle Verfahren , die auf eine hinreichende Kontrollmöglichkeit der in diesen Verfahren transportierten Waren angewiesen sind. Besteht diese Kontrollmöglichkeit nicht, weil die Zollbehörden keine Kenntnis von bestimmten Waren haben, sind diese Waren als im freien Verkehr befindlich anzusehen; die Einfuhrabgaben sind damit entstanden. Werden die Waren letztlich doch ausgeführt, kann dies zollrechtlich allenfalls – damit die Erhebung der Einfuhrabgaben nicht einer ungewollten Sanktion gleichkommt (vgl. BFH DStRE 2002, 54, 56) – für die Frage eines möglichen Erlasses der entstandenen Abgaben (vgl. Art. 239 ZK) und strafrechtlich nur für die Frage der Strafzumessung von Bedeutung sein (vgl. auch BGH aaO).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 859 Nr. 6 ZK-DVO. Nach dieser Vorschrift gilt für eine Ware in vorübergehender Verwahrung das Verbringen dieser Ware aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft ohne Erfüllung der vorgeschriebenen Zollformalitäten als Verfehlung im Sinne des Art. 204 Abs. 1 ZK, die sich „auf die ordnungsgemäße Abwicklung der vorübergehenden Verwahrung nicht wirklich ausgewirkt“ hat, so daß das Entstehen einer Einfuhrzollschuld nach Art. 204 ZK ausgeschlossen ist.
Ein solcher geringfügiger Verstoß liegt hier indes nicht vor, weil die weiteren Voraussetzungen des Art. 859 ZK-DVO für die Annahme eines geringfügigen Verstoßes nicht gegeben sind. Zum einen liegt im Hinblick auf die zielgerichtete Abgabe einer unrichtigen Zollanmeldung nicht nur einfache Fahrlässigkeit vor. Zum anderen sind in keinem der Fälle nachträglich alle notwendigen Förmlichkeiten erfüllt worden, um die Situation der Waren zu bereinigen, wie etwa die Anmeldung der Zigaretten an der Grenzzollstelle vor dem Verlassen des Zollgebiets der Gemeinschaft nach Tschechien. Im Gegensatz zu der dem Verfahren des Bundesfinanzhofs VII R 99/00 zugrundeliegenden Fallkonstellation (vgl. BFH DStRE 2002, 54) bestehen vorliegend insoweit keine vernünftigen Zweifel hinsichtlich der Auslegung des Gemeinschaftsrechts , so daß eine Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH nach Art. 234 EG nicht geboten ist (vgl. hierzu EuGH NJW 1983, 1257).
2. Auch die Beweiswürdigung zur äußeren Tatseite hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis noch stand.
Es ist grundsätzlich Sache des Tatrichters, die Beweise zu würdigen. Das Revisionsgericht kann die tatrichterliche Beweiswürdigung auf die Sachbeschwerde nur unter dem Gesichtspunkt überprüfen, ob sie Rechtsfehler enthält. Dies ist dann der Fall, wenn die im Urteil mitgeteilten Erwägungen des Tatrichters in sich widersprüchlich, lückenhaft oder unklar sind oder sie gegen Denkgesetze oder anerkannte Erfahrungssätze verstoßen. Ein Sachmangel kann dabei auch vorliegen, wenn sich das Urteil im Rahmen der Beweiswürdigung nicht mit allen festgestellten Umständen auseinandersetzt, die den Angeklagten be- oder entlasten (vgl. BGHSt 29, 18, 20; BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2 m. w. N.).

a) Zwar muß sich der Tatrichter mit anderen naheliegenden Möglichkeiten des Tathergangs auseinandersetzen (vgl. BGH StPO § 261 Beweiswürdigung , unzureichende 13). Für die von der Revision angeführte – bei der gegebenen Beweissituation fernliegende – Annahme, daß der
Mehrheitsgesellschafter der Firma M , P , statt des Angeklagten der Täter gewesen sein könnte, fehlen indes jegliche tatsächliche Anhaltspunkte.

b) Entgegen der Auffassung der Revision enthält die Beweiswürdigung auch keine Widersprüche. Soweit die Aussagen der Zeugen N und V , auf die das Landgericht maßgeblich seine Überzeugung von der Tatherrschaft des Angeklagten stützt, sich in einzelnen Punkten nicht vollständig decken, ist dieser Umstand von der Strafkammer ausreichend erörtert worden. Wenn das Landgericht diese Abweichungen mit Erinnerungslükken des 77jährigen Zeugen N und mit unpräzisen Fragestellungen bei seiner im Wege der Rechtshilfe auf Zypern vorgenommenen Vernehmung erklärt, begegnet dies angesichts der Vielzahl der gegen den Angeklagten sprechenden Beweisanzeichen im Rahmen der Gesamtschau keinen durchgreifenden Bedenken.

c) Im übrigen geht das Vorbringen der Revision im Ergebnis nur dahin, daß das Landgericht andere als von ihr für zutreffend erachtete Schlußfolgerungen gezogen hat. Damit deckt sie keinen Rechtsfehler auf. Die vom Tatrichter aufgrund einer Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände gezogenen Schlußfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt, daß sie möglich sind und der Tatrichter von ihrer Richtigkeit überzeugt ist (vgl. BGHSt 36, 1, 14).
3. Der festgestellte Schuldumfang weist ebenfalls keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
Allerdings hat das Landgericht den Umfang der hinterzogenen Einfuhrabgaben nicht ordnungsgemäß ermittelt.
Die Anwendung steuerlicher Vorschriften auf den festgestellten Sachverhalt ist Rechtsanwendung; dies gilt auch für die daraus folgende Berech-
nung der verkürzten Steuern. Diese Rechtsanwendung obliegt dem Strafrichter , nicht den als Zeugen gehörten Ermittlungsbeamten oder Beamten der Finanzverwaltung (vgl. BGH NStZ-RR 2001, 307). Auch die Ermittlung und Darlegung der Besteuerungsgrundlagen obliegt dem Tatrichter. Die Verweisung auf Betriebsprüfungsberichte oder die Übernahme der Ermittlungsergebnisse in das Urteil ist ebenso unzureichend wie die Wiedergabe von Aussagen, die Finanzbeamte als Zeugen in der Hauptverhandlung zur Behandlung steuerlicher Fragen gemacht haben (vgl. BGH wistra 2001, 308, 309; zur Stellung des Finanzbeamten im Steuerstrafverfahren vgl. Harms in Gedächtnisschrift für Ellen Schlüchter [2002] S. 451 ff.).
Hier stellte das Landgericht zur Berechnung des Zollwertes der Zigaretten fest (UA S. 210): Der Zollwert „wurde nach den Angaben des Zeugen M von der Zollverwaltung nach Artikel 31 ZK ermittelt und wird nach einem Erlaß des Bundesministeriums für Finanzen vom 12.08.1994 bei Großschmuggeln von Zigaretten der Berechnung einheitlich zugrunde gelegt.“ Diese Ausführungen lassen eine revisionsgerichtliche Überprüfung der verkürzten Einfuhrabgaben nicht zu und sind daher rechtsfehlerhaft. Sie lassen besorgen, daß das Landgericht die Besteuerungsgrundlagen nicht selbst ermittelt hat, sondern lediglich den von der Zollverwaltung errechneten Zollwert zugrundegelegt hat. Zudem nimmt das Landgericht hinsichtlich der Zollwertermittlung auf einen Erlaß des Bundesfinanzministeriums Bezug, nach dem in Fällen des Großschmuggels von Zigaretten der Zollwert auf 2 Pfennig pro Stück festgesetzt werden kann (BMF-Schreiben vom 12. August 1994 – III B 4 – Z 5302 – 2/94). Solche Wertansätze, wie auch die nach dem BMF-Schreiben vom 12. Februar 2001 (III B 5 – Z 5302 – 1/02), nach dem abgestuft nach der Menge der eingeführten Zigaretten bestimmte feste Zollwerte zugrundegelegt werden sollen, wenn der tatsächlich für die Zigaretten gezahlte Preis nicht nachgewiesen werden kann, dürfen indes in das Steuerstrafverfahren nicht ungeprüft übernommen werden. Sofern die Besteuerungsgrundlagen nicht ermittelt werden können, sind sie unter Beachtung der vom Besteuerungsverfahren abweichenden strafrechtlichen Verfah-
rensgrundsätze (§ 261 StPO) vom Tatrichter selbst zu schätzen. Auch die Übernahme einer Schätzung der Finanzbehörden im Einzelfall kommt nur in Betracht, wenn der Tatrichter diese eigenverantwortlich nachgeprüft hat und von ihrer Richtigkeit auch bei Zugrundelegung der strafrechtlichen Verfahrensgrundsätze überzeugt ist (st. Rspr., vgl. nur BGH wistra 2001, 308, 309 m. w. N.).
Auf diesem Fehler beruht das Urteil hingegen nicht. Der Senat schließt aus, daß das Landgericht bei Beachtung dieser Grundsätze zu einem niedrigeren als dem angenommenen Zollwert von 2 Pfennigen pro Zigarette gelangt wäre.
4. Mit Recht beanstandet die Revision allerdings, daß die innere Tatseite im angefochtenen Urteil nicht ausdrücklich erörtert worden ist; dies stellt hier einen durchgreifenden Rechtsfehler dar.
Nach § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO müssen die Urteilsgründe „die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden“. Dazu gehören grundsätzlich auch die Feststellungen zur inneren Tatseite, insbesondere zum Tatvorsatz (vgl. BGHSt 5, 143, 144 ff.; BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 4). Der Tatrichter darf sich nicht darauf beschränken, Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen zu treffen (BGH, Urt. vom 12. April 1989 – 3 StR 472/88), wenn sich die Merkmale der inneren Tatseite nicht von selbst aus der Sachverhaltsschilderung ergeben (vgl. Engelhardt in KK 4. Aufl. § 267 Rdn. 10).
Der Eintritt einer Steuerverkürzung ist Tatbestandsmerkmal des § 370 AO. Damit setzt auch die innere Tatseite der Steuerhinterziehung voraus, daß der Täter den angegriffenen Steueranspruch dem Grunde nach kennt und dessen Höhe zumindest für möglich hält (BGH wistra 1989, 263; 1990, 193, 194; 1998, 225, 226; BGH, Urt. vom 24. Oktober 2002 – 5 StR 600/01).
Einer genauen Kenntnis der steuerlichen Vorschriften bedarf es insoweit freilich nicht (BGH wistra 1998, 225, 226).
Im vorliegenden Fall ergibt sich der Vorsatz des Angeklagten, Steuern zu verkürzen, nicht von selbst aus der Schilderung des äußeren Tatablaufes. In allen 16 abgeurteilten Fällen wurden die jeweils von einem deutschen Abgangszollamt versiegelten Container mit den dort versteckten Zigaretten über das Ausgangszollamt in die Tschechische Republik ausgeführt, ohne daß zuvor Zollsiegel entfernt oder Zigaretten aus den Containern entnommen worden wären. Dies legt nahe, daß der Angeklagte trotz der Abgabe inhaltlich unrichtiger Versandanmeldungen in keinem der Fälle vorhatte, die Zigaretten in Deutschland in den freien Verkehr zu bringen, sondern sie vielmehr an den tschechischen Zollbehörden vorbei nach Tschechien schmuggeln und auf dem dortigen Schwarzmarkt veräußern wollte. Für ein Einschmuggeln nach Tschechien war das Verstecken der Zigaretten in Containern mit Tarnladung , die im T1-Versandverfahren abgefertigt worden waren, taugliche Vorbereitungshandlung, weil bei offizieller Anmeldung der Zigaretten zur Durchfuhr durch Deutschland mit einer Unterrichtung der tschechischen Zollbehörden durch die deutschen Zollämter zu rechnen gewesen wäre. Es hätte daher im angefochtenen Urteil bei den Besonderheiten des vorliegenden Sachverhalts der ausdrücklichen Erörterung bedurft, ob der Angeklagte die Verkürzung auch deutscher Einfuhrabgaben zumindest billigend in Kauf genommen hatte. Zwar deuten der lückenlos durchorganisierte Tatablauf und der ständige berufliche Umgang des Angeklagten mit Zigaretten im Exportgeschäft auf gute Kenntnisse des Angeklagten von den Zollvorschriften in der Europäischen Union hin. Ausführungen zur inneren Tatseite waren indes insbesondere vor dem Hintergrund nicht entbehrlich, daß sich die Zigaretten bei ihrem Transport durch das Gebiet der Europäischen Union ununterbrochen in einem zollamtlich versiegelten Container befanden und daß eine Durchfuhr von Nichtgemeinschaftswaren durch das Zollgebiet der Europäischen Gemeinschaft im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren (Art. 91 Abs. 1 lit. a ZK) grundsätzlich einfuhrabgabenbefreit ist.
5. Die Feststellungen zur äußeren Tatseite sind von diesem Erörterungsmangel nicht betroffen; sie enthalten keinen durchgreifenden Rechtsfehler und sind daher aufrechtzuerhalten (vgl. hierzu Kleinknecht/MeyerGoßner , StPO 45. Aufl. § 353 Rdn. 15).

III.


Die Aufhebung des Schuldspruchs zieht die Aufhebung der Kostenentscheidung als Annex der Sachentscheidung nach sich (vgl. BGHSt 25, 77, 79). Damit ist die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen die Kostenentscheidung vom 15. Juni 2001 gegenstandslos.

IV.


Für das weitere Verfahren bemerkt der Senat vorsorglich:
Es begegnet grundsätzlich keinen Bedenken, bei Fällen der vorliegenden Art die Höhe der jeweils hinterzogenen Abgaben strafschärfend zu berücksichtigen. Durch die objektiv feststehenden Taten des Angeklagten sind trotz der erfolgten Wiederausfuhr tatsächlich und nicht nur theoretisch Einfuhrabgaben verkürzt worden. Sind aber verkürzte Steuerforderungen des deutschen Steuerfiskus nur aus formalen Gründen entstanden, ist dies bei der Strafzumessung im Hinblick auf die verschuldeten Auswirkungen der Tat (§ 46 Abs. 2 Satz 2 StGB) in gesamtwirtschaftlicher Betrachtung zu berücksichtigen (vgl. BGH StV 2000, 497 und Urteil vom 24. Oktober 2002 – 5 StR 600/01). Im Zollgebiet der Europäischen Gemeinschaft sollen Einfuhrabgaben grundsätzlich nur für solche Waren erhoben werden, die in den Warenkreislauf der Gemeinschaft gelangen; die Durchfuhr im Wege des externen gemeinschaftlichen Versandverfahrens ist daher grundsätzlich abgabenbefreit (vgl. Art. 91 Abs. 1 lit. a ZK). Somit wäre hier zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, daß keine Einfuhrabgaben angefallen wären, wenn die Zigaretten den Zollbehörden nicht verheimlicht worden wären, son-
dern ordnungsgemäß gestellt bzw. zu dem dafür vorgesehenen externen gemeinschaftlichen Versandverfahren angemeldet worden wären (vgl. BGH, Urt. vom 24. Oktober 2002 – 5 StR 600/01). Die Erhebung von Einfuhrabgaben kommt in einem solchen Fall an sich einer systemwidrigen Sanktion gleich, weil die Waren nicht in den Wirtschaftskreislauf des Zollgebiets der Gemeinschaft eingegangen sind (vgl. BGH aaO; BFH DStRE 2002, 54, 56).
Der neue Tatrichter wird deshalb im Falle einer erneuten Verurteilung zugunsten des Angeklagten zu bedenken haben, daß die Zigaretten nicht im Zollgebiet der Gemeinschaft in den Warenkreislauf gelangt sind und daß nach dem erkennbaren Tatplan die Waren von Anfang an in die Tschechische Republik gebracht werden und durch die Europäische Union nur durchgeführt werden sollten. Dem Aspekt der abstrakten Gefahr, daß die Zigaretten letztlich doch in den Wirtschaftskreislauf der Gemeinschaft hätten eingehen können, ist in einem solchen Fall kein wesentliches Gewicht beizumessen.
Harms Häger Gerhardt Raum Brause

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

52
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann Täter - auch Mittäter - einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen nur derjenige sein, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1979 - 3 StR 488/78, BGHSt 28, 371, 375 ff.; BGH, Urteil vom 12. November 1986 - 3 StR 405/86, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 1; BGH, Beschluss vom 14. Februar 1990 - 3 StR 317/89, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 2 Eingangsabgaben 1; BGH, Beschluss vom 20. November 1990 - 3 StR 259/90, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 2 Mittäter 2; BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - 5 StR 600/01, BGHSt 48, 52, 58; BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - 5 StR 520/02, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Täter 4 = wistra 2003, 344; BGH, Beschluss vom 22. Juli 2004 - 5 StR 85/04, wistra 2004, 393; BGH, Beschluss vom 7. November 2006 - 5 StR 164/06, wistra 2007, 112; BGH, Beschluss vom 14. April 2010 - 1 StR 105/10). Dabei können sich Offenbarungspflichten sowohl aus den gesetzlich besonders festgelegten steuerlichen Erklärungspflichten wie auch aus allgemeinen Garantenpflichten ergeben, die allerdings eine untergeordnete Rolle spielen (vgl. Joecks in Franzen/Gast/ Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 370 Rn. 161 ff.).
13
a) Täter - auch Mittäter - einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO kann nur derjenige sein, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 9. April 2013 - 1 StR 586/12, BGHSt 58, 218 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 451/16
vom
23. März 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
ECLI:DE:BGH:2017:230317B1STR451.16.1

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. März 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 15. März 2016 mit den Feststellungen zu den Tatbeiträgen des Angeklagten K. aufgehoben, soweit es diesen Angeklagten betrifft. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen Steuerhinterziehung in 40 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Es hat angeordnet, dass hiervon drei Monate als vollstreckt gelten.
2
Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf Verfahrensbeanstandungen und die ausgeführte Sachrüge gestützten Revision, die in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg hat.

I.

3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
Der Angeklagte K. schloss sich mit dem Mitangeklagten J. und drei weiteren Personen zusammen, um unversteuerte Zigaretten versteckt unter Tarnladungen von Polen nach Deutschland zu transportieren und hier auf dem Schwarzmarkt gewinnbringend zu verkaufen. Im Zeitraum vom 16. Oktober 2006 bis 17. März 2008 wurden durch die Mitglieder der Bande in insgesamt 44 Fällen Verbrauchssteuern in Form von Tabaksteuern hinterzogen. Der Angeklagte K. war an 40 der 44 Taten beteiligt (Taten 2 bis 41) und hinterzog hierdurch Tabaksteuer in Höhe von gut 3,27 Mio. Euro.
5
Während der Mitangeklagte J. die Fahrten jeweils maßgeblich organisierte, ließen sich die Tatbeiträge des Angeklagten K. „nicht für jede einzelne Tathandlung konkret“ feststellen. So war er beim Beladen der Fahrzeuge in Polen „überwiegend“ bzw. „regelmäßig“ anwesend, wusste in welchen Paletten sich jeweils Zigaretten befanden und war einer derjenigen, der die Fahrer anwies, welche Paletten am Entladeort abzuladen waren. Zu- dem übernahm er „in einer Vielzahl“ von Fällen die Pilotierung der Lkw, die „entweder“ vom Angeklagten K. , dem Mitangeklagten J. oder dem gesondert Verfolgten W. durchgeführt wurde. Ohne die Mitwirkung des Angeklagten wären die Tathandlungen nicht realisierbar bzw. deren Umsetzung wesentlich erschwert gewesen.

II.

6
1. Ein Verfahrenshindernis besteht nicht.
7
Verfolgungsverjährung ist für die verfahrensgegenständlichen Taten der Hinterziehung von Tabaksteuer durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 19 TabStG in der bis 31. März 2010 gültigen Fassung vom 12. Juli 1996) nicht eingetreten.
8
Die zunächst fünfjährige Verjährungsfrist (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB) wurde durch die richterliche Durchsuchungsanordnung vom 20. September 2010 gemäß § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB und die Erhebung der öffentlichen Klage am 2. August 2013 gemäß § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StGB wirksam unterbrochen.
9
Die Verjährungsfrist verlängerte sich zudem vor ihrem Ablauf mit dem Inkrafttreten des § 376 Abs. 1 AO am 25. Dezember 2008 auf zehn Jahre (Art. 97 § 23 EGAO), weil die Taten die Voraussetzungen des Regelbeispiels eines besonders schweren Falles der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO erfüllen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Dezember 2016 - 1 StR 389/16, NStZ-RR 2016, 82; vom 5. März 2013 - 1 StR 73/13, BGHR AO § 376 Abs. 1 Verjährungsfrist 1 und vom 13. Juni 2013 - 1 StR 226/13, wistra 2013,

471).

10
2. Während die Verfahrensbeanstandungen des Revisionsführers aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts dargelegten Gründen keinen Erfolg haben, führt die Sachrüge zur Aufhebung des Schuldspruchs, soweit dieser Angeklagte betroffen ist. Der Schuldspruch gegen den Angeklagten wegen in Mittäterschaft begangener Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 25 Abs. 2 StGB kann keinen Bestand haben, da eine Täterschaft des Angeklagten nicht ausreichend belegt ist.
11
a) Täter - auch Mittäter - einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO kann nur derjenige sein, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 9. April 2013 - 1 StR 586/12, BGHSt 58, 218 mwN; BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2015 - 1 StR 521/14, wistra 2016, 74).
12
Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen für die dem Angeklagten vorgeworfenen 40 Fälle der Steuerhinterziehung (Taten 2 bis 41) belegen nicht, dass sich der Angeklagte in 2007 als Steuerschuldner hinsichtlich der bei dem Verbringen der Zigaretten nach Deutschland entstandenen Tabaksteuer der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO i.V.m. § 19 TabStG in der bis 31. März 2010 gültigen Fassung vom 12. Juli 1996 im Folgenden § 19 TabStG a.F.; dessen Regelungsgehalt in § 23 TabStG in der ab dem 1. April 2010 gültigen Fassung aufgegangen ist) schuldig gemacht hat.
13
Gemäß § 19 TabStG aF entsteht die deutsche Tabaksteuer, wenn Tabakwaren unzulässiger Weise entgegen § 12 Abs. 1 TabStG aF aus dem freien Verkehr anderer Mitgliedstaaten zu gewerblichen Zwecken in das Steuergebiet der Bundesrepublik Deutschland verbracht werden. Das Überführen der Zigaretten aus Polen, die sich dort im freien Verkehr befanden, nach Deutschland ohne Inanspruchnahme des innergemeinschaftlichen Steuerversandverfahrens (§ 16 Abs. 1 Satz 1 TabStG aF) ist ein gewerbliches unversteuertes Verbringen. Für die Zigaretten war deshalb unverzüglich nach dem Verbringen in das Steuergebiet der Bundesrepublik Deutschland eine Steuererklärung abzugeben (§ 19 Satz 3 TabStG aF). Mit der Missachtung dieser Pflicht wurde die deutsche Tabaksteuer gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 1 AO hinterzogen (BGH, Beschluss vom 1. Februar 2007 - 5 StR 372/06, wistra 2007, 224 - 228).
14
Steuerschuldner ist, wer Tabakwaren verbringt oder versendet und der Empfänger, sobald er Besitz an den Tabakwaren erlangt hat (§ 19 Satz 1 TabStG aF). Dafür ist zwar nicht entscheidend, dass der Steuerschuldner die Zigaretten selbst aus einem anderen Mitgliedstaat nach Deutschland transpor- tiert, allerdings ist ein gewisses Maß an Herrschaft über die Tabakwaren beim Verbringen nach Deutschland erforderlich. So wird als Verbringer auch angesehen , wer kraft seiner Weisungsbefugnis beherrschenden Einfluss auf das Transportfahrzeug hat, indem er die Entscheidung zur Durchführung des Transports trifft oder die Einzelheiten der Fahrt (z.B. Route, Ort, Zeitabfolge) bestimmt (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Februar 2007 - 5 StR 372/06, NStZ 2007, 590; BGH, Urteil vom 14. März 2007 - 5 StR 461/06, NStZ 2007, 592; BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2015 - 1 StR 521/14, wistra 2016, 74).
15
b) Die Feststellungen belegen einen derartigen beherrschenden Einfluss des Angeklagten K. nicht für jede der Taten. Vielmehr bleibt ungewiss, ob der Angeklagte K. an der einen oder anderen Tat gar nicht oder jedenfalls nicht als Täter teilgenommen hat.
16
Die vom Landgericht getroffene Wertung, der Angeklagte habe Tatherrschaft - gerade über die Durchführung der Transporte und über den jeweiligen Einfuhrvorgang (etwa die Weiterfahrt der Fahrzeuge) - gehabt, wird von den Feststellungen nicht getragen.
17
aa) Auf der Grundlage der Feststellungen ist zwar rechtsfehlerfrei belegt, dass der Angeklagte K. Mitglied der Bande um den Mitangeklagten J. war, nicht aber, dass er an jeder der ihm als Täter angelasteten Taten als Mittäter beteiligt war. Die Feststellung der Mitgliedschaft in einer Bande ersetzt nicht das Erfordernis des Tatbeitrags des jeweiligen Bandenmitglieds.
18
Schließen sich mehrere Täter zu einer Bande zusammen, so hat dies nicht zur Folge, dass jede von einem Bandenmitglied begangene Tat einem anderen Bandenmitglied ohne weiteres als gemeinschaftlich begangene Tat im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden kann. Die Frage, ob die Be- teiligung als Mittäterschaft oder Beihilfe zu werten ist, beurteilt sich vielmehr nach den allgemeinen Grundsätzen (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012 - 2 StR 590/11, NStZ 2012, 517). Danach ist Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB, wer einen eigenen Tatbeitrag leistet und diesen so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Zwar kann für die Einordnung als Mittäterschaft ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag ausreichen, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich die objektiv aus einem wesentlichen Tatbeitrag bestehende Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen (BGH, Urteile vom 30. Juni 2005 - 5 StR 12/05, NStZ 2006, 44 und vom 9. April 2013 - 1 StR 586/12, BGHSt 58, 218; Beschlüsse vom 14. Juli 2016 - 3 StR 129/16, StraFo 2016, 392 und vom 20. Oktober 2016 - 3 StR 321/16).
19
bb) Hieran gemessen ergeben die Feststellungen nicht, dass sich der Angeklagte K. für jede der ihm täterschaftlich zugerechneten Taten als Mittäter oder auch nur als Gehilfe an einer Steuerhinterziehung beteiligt hat. Denn danach hat er nur „regelmäßig“ bzw. „in einer Vielzahl der Fälle“, aber eben nicht immer einen Tatbeitrag geleistet, weshalb er nicht stets als Steuerschuldner und mithin als Täter in Betracht kommt. Anders als für den Mitangeklagten J. für den bei jeder der einzelnen Taten festgestellt wird, dass er beispielsweise die Fahrzeuge pilotiert, telefonisch die Routen bestimmt und die zu transportierenden Zigarettenmengen sowie den Preis bestimmt hat, fehlen beim Angeklagten K. derartige Feststellungen. Seine Tatbeiträge wer- den wesentlich daran festgemacht, dass er „vollwertiges Bandenmitglied“ war und seit „jeher in die Bandenstruktur“ um den Mitangeklagten J. einge- bunden war.
20
Auch aus den beweiswürdigenden Erwägungen lässt sich kein konkreter täterschaftlicher Tatbeitrag des Angeklagten K. bei jeder der Taten herleiten. Das Landgericht hat sich hier maßgeblich auf die zeugenschaftlichen Angaben der jeweiligen Fahrer der Transporte gestützt. Danach war der Mitangeklagte J. Leiter der Gruppe; er organisierte die Transporte und beschaffte die Zigaretten, lud die ganze Ware und besorgte den Absatz in Deutschland. Der Angeklagte K. half ihm dabei, machte jedoch nicht so sehr die „organisatorischen Sachen“. Beim Beladen waren „häufig“ derMitan- geklagte J. und „noch häufiger“ der Angeklagte K. , aber auch der gesondert verfolgte W. vor Ort. „Entweder“ J. „oder“ K. erklärte den Fahrern, in welchen Paletten die Zigaretten versteckt waren. Die Fahrten wurden pilotiert, und zwar „entweder“ von dem Mitangeklagten J. , dem Angeklagten K. „oder“ dem gesonderten verfolgten W. , manchmal auch von mehreren gemeinsam.
21
Auch soweit das Landgericht für die Annahme der Tatherrschaft darauf abstellt, dass der Angeklagte nicht hinter dem Tatbeitrag für die für ihn bereits gesondert ausgeurteilte Tat vom 16. Oktober 2006 (Tat 1 des Mitangeklagten J. ) zurückgefallen sei, ist dies keine ausreichende Grundlage, um auf eine konkrete täterschaftliche Tatbeteiligung in allen 40 Fällen zu schließen. Hinzu kommt, dass der Angeklagte K. bei dieser Tat als Fahrer fungierte , diese Art der Beteiligung aber für keine der ihm nunmehr vorgeworfenen Taten angenommen wird.
22
3. Da der Senat nicht beurteilen kann, auf wie viele Fälle sich die dargestellten Tatbeiträge des Angeklagten K. beziehen, hebt er den Schuldspruch insgesamt auf. Die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen, mit Ausnahme der Tatbeiträge des Angeklagten K. , können aber bestehen bleiben, da sie vom aufgezeigten Rechtsfehler nicht betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO). Damit sind die Feststellungen zu den einzelnen Transporten (u.a. beteiligte Personen, Anzahl der Transporte, Zeitpunkte, Routen, Menge und Wert der Zigaretten, Schätzung des Steuerschadens) bestandskräftig geworden. Das neue Tatgericht wird zusätzliche Feststellungen zur Frage des jeweiligen Tatbeitrags des Angeklagten K. zu treffen haben, die mit den bisher getroffenen Feststellungen nicht in Widerspruch stehen. Raum Bellay Cirener Fischer Bär
13
a) Täter - auch Mittäter - einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO kann nur derjenige sein, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 9. April 2013 - 1 StR 586/12, BGHSt 58, 218 mwN).
5 StR 461/06

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 14. März 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen gewerbs- und bandenmäßigen Schmuggels u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
14. März 2007, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Jäger
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof ,
Richterin
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt L.
alsVerteidigerdesAngeklagtenY. C. ,
Rechtsanwalt A.
alsVerteidigerdesAngeklagten C. C. ,
Rechtsanwalt B.
alsVerteidigerdes Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt Se.
alsVerteidigerdesA ngeklagten G. ,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 18. Mai 2006 werden verworfen. Jedoch werden die Schuldsprüche teilweise geändert und wie folgt neu gefasst :
a) Der Angeklagte Y. C. ist schuldig der Steuerhinterziehung in vier Fällen sowie des gewerbs- und bandenmäßigen Schmuggels in zehn Fällen.

b) Der Angeklagte C. C. ist schuldig der Steuerhinterziehung in drei Fällen sowie des gewerbs- und bandenmäßigen Schmuggels in zehn Fällen.

c) Der Angeklagte S. ist schuldig des gewerbs- und bandenmäßigen Schmuggels in sechs Fällen.

d) Der Angeklagte G. ist schuldig der Beihilfe zum bandenmäßigen Schmuggel.
2. Jeder Angeklagte hat die Kosten seines Rechtmittels zu tragen. Die Staatskasse trägt die Kosten der Revisionen der Staatsanwaltschaft sowie die den Angeklagten durch diese Rechtsmittel entstandenen notwendigen Auslagen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten Y. C. wegen gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Schmuggels in drei Fällen, gemeinschaftlichen banden- und gewerbsmäßigen Schmuggels in neun Fällen sowie versuchten gemeinschaftlichen banden- und gewerbsmäßigen Schmuggels in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten verurteilt , den Angeklagten C. C. wegen gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Schmuggels in zwei Fällen, gemeinschaftlichen banden- und gewerbsmäßigen Schmuggels in neun Fällen sowie versuchten gemeinschaftlichen banden- und gewerbsmäßigen Schmuggels in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren. Gegen den Angeklagten S. hat es wegen gemeinschaftlichen banden- und gewerbsmäßigen Schmuggels in vier Fällen sowie versuchten gemeinschaftlichen banden- und gewerbsmäßigen Schmuggels in zwei Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verhängt, gegen den Angeklagten G. wegen Beihilfe zum gemeinschaftlichen bandenmäßigen Schmuggel in neun tateinheitlichen Fällen, hiervon zum versuchten gemeinschaftlichen bandenmäßigen Schmuggel in zwei tateinheitlichen Fällen, eine Freiheitsstrafe von drei Jahren.
2
Gegen das Urteil wenden sich, jeweils mit dem Rechtsmittel der Revision , sowohl die Angeklagten als auch zu deren Ungunsten die Staatsanwaltschaft. Alle Angeklagten rügen die Verletzung materiellen Rechts. Von den Angeklagten Y. C. und C. C. wird zudem das Verfahren beanstandet. Die Staatsanwaltschaft hat die von ihr ausschließlich erhobene Sachrüge auf einzelne Beschwerdepunkte beschränkt. Infolge der Herausnahme der gewerbs- oder bandenmäßigen Steuerhinterziehung (§ 370a AO) aus den von der Verfolgung erfassten Gesetzesverletzungen (vgl. zu den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Vorschrift des § 370a AO BGH wistra 2005, 30, 31 f.; NJW 2004, 2990, 2991 f.) durch Beschluss gemäß § 154a Abs. 2 StPO erstrecken sich die Revisionen der Staatsanwalt- schaft – außer hinsichtlich des Angeklagten G. – nur noch auf die Strafaussprüche.
3
Sämtliche Rechtsmittel bleiben im Ergebnis ohne Erfolg. Lediglich die Schuldsprüche sind, wie aus dem Tenor ersichtlich, teilweise abzuändern und neu zu fassen.
4
I. Urteil des Landgerichts
5
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen Folgendes festgestellt:
6
Der Angeklagte Y. C. beschloss im Jahr 2003 nach Absprache mit unbekannt gebliebenen Hinterleuten, wiederholt unter Tarnladungen versteckte unverzollte und unversteuerte Zigaretten über Deutschland nach Großbritannien zu transportieren. Der Einkauf der Zigaretten und deren Verkauf in England wurden von den Hinterleuten organisiert. Diese übernahmen auch die Einfuhr der aus der Türkei stammenden Zigaretten auf dem Landweg in das Zollgebiet der Europäischen Gemeinschaft und gestellten die Zigaretten plangemäß nicht. Insgesamt wurden bis März 2004 in vier Fällen (Fälle 1 bis 4 der Urteilsgründe) Ladungen von 256.000, 437.400, 600.000 und 2,4 Mio. unverzollter Zigaretten in die Europäische Gemeinschaft eingeführt.
7
Nachdem der Angeklagte Y. C. von dem Eintreffen der jeweiligen Lieferung informiert worden war, ließ er die Zigarettenladungen in Belgien (Fall 1) bzw. Österreich (Fall 2) übernehmen und mit Lkw in ein Lager in Kranzberg (Bayern) befördern. Dort ließ er die Zigaretten umverpacken und auf anderen Lkw – unter Nudeln oder anderen Lebensmitteln als Tarnware versteckt – nach England bringen. In den Fällen 3 und 4 der Urteilsgründe wurden die Zigaretten von den Hinterleuten in das Steuergebiet der Bundesrepublik Deutschland gebracht und dort von dem Angeklagten Y.
C. übernommen. Weder beim Grenzübertritt nach Deutschland noch zu einem späteren Zeitpunkt wurden für die Zigaretten, die nicht mit einem deutschen Tabaksteuerzeichen (Banderole) versehen waren, Steuererklärungen abgegeben. Hierdurch wurde deutsche Tabaksteuer in Höhe von insgesamt rund 400.000 Euro hinterzogen.
8
Ab Fall 2 der Urteilsgründe wurde Y. C. von seinem Bruder, dem Angeklagten C. C. , unterstützt, der die Zigarettentransporte zum Teil selbst begleitete, die Zollformalitäten hinsichtlich der Tarnware erledigte und am Umpacken der Ware beteiligt war. Spätestens unmittelbar vor dem Ende März 2004 durchgeführten vierten Zigarettentransport schloss sich der anderweitig verfolgte G. Se. mit den Angeklagten Y. und C. C. mit dem Ziel zusammen, in der Zukunft gemeinsam arbeitsteilig Zigarettenschmuggel in der beschriebenen Weise zu betreiben. Y. C. übernahm die Stellung des „Chefs“, dessen Anweisungen die anderen Folge zu leisten hatten. Er hielt die Kontakte zu den Lieferanten und den Abnehmern der Zigaretten und handelte die Konditionen zur Durchführung der Transporte, insbesondere die Bezahlung, aus. Später stießen zu unterschiedlichen Zeitpunkten die anderweitig Verfolgten D. A. und O. Se. sowie die Angeklagten G. (zwischen Ostern und Juni 2004) und S. (Oktober 2004) zu der Gruppe hinzu und wirkten entsprechend ihrer beim Beitritt getroffenen Absprache, zukünftig gemeinsam Zigaretten zu schmuggeln, an den Transporten mit. C. C. übernahm die konkrete Organisation der Transporte von Deutschland nach England, beispielsweise die Beauftragung von Speditionsunternehmen. Auch er war gegenüber G. und O. Se. weisungsbefugt, die das Abladen, Lagern, Umpacken und Aufladen der Ware übernahmen. Y. und C. C. entschieden gemeinsam, wieviel Geld jedes Bandenmitglied erhielt. Bis auf den Angeklagten G. handelten alle Beteiligten in der Absicht, sich selbst aus den Taten auf Dauer eine nicht unerhebliche Einnahmequelle zu verschaffen.
9
Mitte des Jahres 2004 vereinbarte der Angeklagte Y. C. mit den Hinterleuten, künftig die Lieferungen nicht mehr über den Landweg aus der Türkei durchzuführen, sondern die Zigaretten in Seecontainern aus Asien per Schiff über die Freihäfen Hamburg und Bremerhaven in die Bundesrepublik Deutschland einzuschmuggeln. Gemäß dem Tatplan wurden im Zeitraum von Juli 2004 bis März 2005 acht aus China und Malaysia stammende Lieferungen von jeweils 3,8 Mio. (Fälle 5 bis 7 und 9 bis 12 der Urteilsgründe), einmal von 7,6 Mio. Zigaretten (Fall 8 der Urteilsgründe) – versteckt unter Tarnware – über den Freihafen Hamburg abgewickelt. Mit der Zollanmeldung wurden jeweils gutgläubige Spediteure beauftragt, die – getäuscht über den wahren Inhalt der Container – gegenüber den Zollbehörden nur die Tarnware (Schnellkochnudeln, Pilze bzw. Kabelschächte) gestellten und anmeldeten. Die Zigaretten wurden anschließend in den Lagern der Gruppierung umgepackt und unter Tarnwaren mittels Lkw nach England weitertransportiert. Insgesamt wurden Einfuhrabgaben (Zoll, deutsche Tabaksteuer und deutsche Einfuhrumsatzsteuer) in Höhe von 4,67 Mio. Euro verkürzt.
10
Nach am 5. Oktober 2004 bei den Angeklagten Y. und C. C. durchgeführten Durchsuchungen vereinbarten die Gruppenmitglieder, dass diese beiden Angeklagten bei der Abwicklung der Transporte nach außen nicht mehr in Erscheinung treten sollten. Deshalb weihte der Angeklagte C. C. noch im Oktober 2004 den Angeklagten S. in den gesamten Organisationsablauf ein und bat ihn, künftig seine Stellung innerhalb der Gruppierung, insbesondere die Organisation der Zollabfertigung, der Transporte von Hamburg in ein Lager in Freising sowie der Weitertransporte nach England zu übernehmen. Der Angeklagte S. , der für jeden transportierten Container 10.000 Euro erhalten sollte, erklärte sich aufgrund seiner schwierigen finanziellen Lage dazu bereit. Tatsächlich wurden ihm insgesamt lediglich 8.000 Euro ausgezahlt. Die von Deutschland aus agierende Gruppierung bestand nun aus Y. und C. C. , S. , G. , O. und G. Se. sowie D. A. .
11
Im Mai 2005 führte die Gruppierung in derselben Weise noch zwei weitere, aus Malaysia stammende Zigarettentransporte (Fälle 13 und 14 der Urteilsgründe) durch, bei denen unter Nudeln bzw. Kabelschächten als Tarnwaren in Schiffscontainern versteckte Zigaretten auf dem Seeweg über den Freihafen Bremerhaven in die Europäische Gemeinschaft eingeschmuggelt wurden. Die Zollanmeldungen enthielten keine Angaben zu den eingeführten Zigaretten. Infolgedessen wurden bei der Zollabfertigung lediglich die Einfuhrabgaben für die Tarnwaren festgesetzt. Aufgrund einer jeweils nach Erledigung der Zollformalitäten vom Hauptzollamt Bremen angeordneten Zollbeschau wurden die Zigaretten jedoch in beiden Fällen noch entdeckt und beschlagnahmt, bevor sie von den Angeklagten abtransportiert werden konnten.
12
Der Angeklagte G. , der im Unterschied zu den anderen Angeklagten nicht an den Verkaufserlösen beteiligt werden sollte, unterstützte die Tätigkeit der Gruppe ab Juli 2004 mit verschiedenen Tatbeiträgen. So sagte er den Angeklagten Y. und C. C. zu, ihnen beim Absatz der als Tarnware verwendeten Pilze und Nudeln zu helfen. Im August 2004 reiste G. mit Y. C. nach China, um dort Kontakt mit den Lieferanten der Zigaretten und der Tarnwaren aufzunehmen. Danach übersetzte er mehrere gemeinsam mit dem Angeklagten Y. C. an dessen Computer verfasste E-Mails, die Zigarettentransporte betrafen, in die englische Sprache und stellte seine Mobiltelefonnummer für Rückfragen zur Verfügung. Im November 2004 holte der Angeklagte G. über 20.000 englische Pfund von einem Abnehmer der Zigaretten in England ab und übergab das Geld in Deutschland nach Abzug der ihm für die Chinareise entstandenen Auslagen dem Angeklagten Y. C. . Im Februar und März 2005 versuchte er bei Problemen mit dem Absatz der Zigaretten mehrfach telefonisch , mit Abnehmern in London in Kontakt zu treten, da weder Y. noch C. C. englische Sprachkenntnisse hatten. Anschließend wirkte er in London an der Erkundung und Anmietung einer geeigneten Lagerhalle mit, die das Aufgriffsrisiko bei den Transporten verringern sollte. In diesem Zu- sammenhang übergab der Angeklagte G. dem anderweitig verfolgten D. A. 3.500 britische Pfund sowie Unterlagen für die Anmietung des Lagers und reichte weitere 16.500 Pfund an den Angeklagten C. C. weiter, die er in London im Zusammenhang mit diesen Geschäften in einer Plastiktüte erhalten hatte. Er nahm hierbei billigend in Kauf, dass diese Beträge aus dem Verkauf von geschmuggelten Zigaretten stammten.
13
2. Das Landgericht hat seine Überzeugung vom festgestellten Sachverhalt im Wesentlichen auf weitgehende Teilgeständnisse der Angeklagten Y. und C. C. sowie S. und auf die Angaben von als Zeugen vernommenen weiteren Tatbeteiligten gestützt. Vom Vorsatz des Angeklagten G. , der den objektiven Sachverhalt eingeräumt hatte, hat sich das Landgericht aufgrund einer Gesamtwürdigung der festgestellten Umstände einschließlich der vom Angeklagten G. verfassten E-Mails und des Inhalts der von ihm geführten Telefonate überzeugt.
14
3. Das Landgericht hat die Angeklagten Y. und C. C. sowie S. für jeden Zigarettentransport, an dem sie beteiligt waren, wegen einer selbständigen Tat (§ 53 StGB) des gewerbsmäßigen Schmuggels (§ 373 Abs. 1 AO), ab Fall 4 der Urteilsgründe des gewerbs- und bandenmäßigen Schmuggels (§ 373 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 AO) verurteilt. In den Fällen, in denen die Zigaretten über einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften nach Deutschland verbracht wurden (Fälle 1 bis 4 der Urteilsgründe ), hat die Strafkammer als Steuerschaden lediglich die deutsche Tabaksteuer berücksichtigt. Soweit die eingeführten Zigaretten nach Durchführung einer vom Hauptzollamt Bremen angeordneten Gesamtbeschau beschlagnahmt wurden (Fälle 13 und 14 der Urteilsgründe), hat das Landgericht – ungeachtet der unrichtigen Festsetzung der Einfuhrabgaben vor der Beschlagnahme – lediglich eine versuchte Tatbegehung angenommen.
15
Die einzelnen Tatbeiträge des Angeklagten G. konnte die Strafkammer bestimmten Haupttaten nicht zuzuordnen; sie hat ihn deshalb wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Schmuggel in neun tateinheitlichen Fällen – davon zwei nur versuchte Taten –, verurteilt.
16
II. Revision des Angeklagten Y. C.
17
Die Revision des Angeklagten Y. C. führt lediglich zu der aus dem Tenor ersichtlichen Schuldspruchänderung in den Fällen 1 bis 4 der Urteilsgründe.
18
1. Mit den erhobenen Verfahrensrügen zeigt der Beschwerdeführer keinen Rechtsfehler auf. Ergänzend zu den zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift bemerkt der Senat:
19
a) Die Rüge, das Landgericht habe zu Unrecht Erkenntnisse aus rechtswidrig angeordneten Telekommunikationsüberwachungen als Beweismittel verwertet, hat keinen Erfolg.
20
aa) Der Angeklagte Y. C. macht geltend, das Landgericht habe gegen seinen ausdrücklichen Widerspruch die Erkenntnisse aus Telefonüberwachungsmaßnahmen im Urteil verwertet, obwohl bei deren Anordnung der Verdacht einer Katalogtat des § 100a StPO nicht vorgelegen habe, insbesondere nicht der vom Ermittlungsrichter angenommene Tatverdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung (§ 129 StGB).
21
bb) Die Verfahrensbeanstandung entspricht nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO und ist deshalb bereits unzulässig.
22
Zur Begründung einer Verfahrensrüge ist der Beschwerdeführer verpflichtet , „die den Mangel enthaltenden Tatsachen“ anzugeben. Diese Angaben haben mit Bestimmtheit und so genau und vollständig zu geschehen, dass das Revisionsgericht allein auf Grund der Revisionsrechtfertigungs- schrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorläge, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen wären (vgl. BVerfG NJW 2005, 1999, 2001; BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Aufklärungsrüge 7). Daran fehlt es hier, denn der Beschwerdeführer hat den Inhalt des Zwischenberichts des Zollfahndungsamts München vom 22. Juli 2004 nicht mitgeteilt. Diese Mitteilung wäre schon deswegen erforderlich gewesen, weil die regelmäßig schwierige Abgrenzung zwischen einer (bloß) bandenmäßigen Begehung (§ 373 Abs. 2 Nr. 3 AO) und dem Tätigwerden einer kriminellen Vereinigung (§ 129 StGB) nur anhand der Besonderheiten des Einzelfalls getroffen werden kann (vgl. dazu BGH wistra 2006, 462). Angesichts des Umfangs und der Vielzahl sowie der professionellen Durchführung der verfahrensgegenständlichen Schmuggeltransporte hätte es insbesondere auch der Mitteilung der in diesem Fahndungsbericht enthaltenen Erkenntnisse zwingend bedurft. Ohne sie kann der Senat nicht prüfen, ob der Tatrichter bei der Wertung, bei Anordnung der Maßnahmen zur Telekommunikationsüberwachung habe der Verdacht des Tätigwerdens einer kriminellen Vereinigung bestanden, den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum verlassen hat; nur dann käme ein Beweisverwertungsverbot in Betracht (vgl. BGHSt 41, 30, 32 ff.; 47, 362, 365 ff.). Da die der Telefonüberwachung zugrunde liegenden Beschlüsse des Amtsgerichts Landshut im vorliegenden Verfahren erlassen wurden und ihre Grundlagen daher aktenkundig sind, war der Beschwerdeführer von der Verpflichtung zu entsprechendem Sachvortrag nicht entbunden (vgl. BGH NStZ 2007, 117).
23
cc) In der Sache könnte die Verfahrensrüge ebenfalls keinen Erfolg haben. Es kann dahinstehen, ob – was bereits nach dem Sachvortrag der Revision und den Beschlussbegründungen des Amtsgerichts Landshut eher fern liegt – der Ermittlungsstand die Überwachungsanordnungen nicht gerechtfertigt hat. Jedenfalls könnte das Urteil hier nicht auf einem etwaigen Verstoß gegen die Vorschrift des § 100a StPO beruhen.
24
Das Landgericht hat seine Überzeugung von der Täterschaft der Angeklagten Y. und C. C. und den von diesen begangenen Taten – anders als hinsichtlich der Tatbeteiligung des Angeklagten G. (UA S. 81 ff.), der das Verfahren nicht beanstandet – nicht auf die Erkenntnisse aus Telefonüberwachungsmaßnahmen gestützt (UA S. 60 ff.). Vielmehr hat es seiner Überzeugungsbildung in erster Linie die weitgehenden, hinsichtlich einiger Taten sogar vollumfänglichen, erst in der Hauptverhandlung abgegebenen Geständnisse der Angeklagten Y. und C. C. sowie die übereinstimmenden Geständnisse des Angeklagten S. und weiterer Tatbeteiligter zugrundegelegt. Soweit die Einlassungen der Angeklagten Y. und C. C. in einzelnen Punkten von den Feststellungen abweichen, hat das Landgericht diese Angaben mit rechtsfehlerfrei als glaubhaft eingestuften Aussagen der übrigen Angeklagten und von Zeugen sowie mit den Erkenntnissen aus den in den Fällen 13 und 14 der Urteilsgründe sichergestellten Zigarettenmengen, nicht aber unter Verwertung der Protokolle über die Telefonüberwachung, widerlegt. Den in die Hauptverhandlung eingeführten Tonbandaufzeichnungen kam somit – selbst im Fall 9 der Urteilsgründe (UA S. 72) – für die Überführung der Angeklagten Y. und C. C. keine Bedeutung zu.
25
b) Die Rüge des Beschwerdeführers, das Landgericht habe in den Fällen 1 bis 4 der Urteilsgründe gegen die sich aus § 265 Abs. 1 StPO ergebende Hinweispflicht verstoßen, dringt ebenfalls nicht durch. Der Generalbundesanwalt hat im Ergebnis zutreffend ausgeführt, dass sich der Angeklagte Y. C. in diesen Fällen – in Übereinstimmung mit der Anklage – der Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO schuldig gemacht hat; damit liegt eine Veränderung des rechtlichen Gesichtspunkts nicht vor. Allerdings ergibt sich diese rechtliche Würdigung für die insoweit allein noch verfahrensgegenständliche Verkürzung deutscher Tabaksteuer bereits aus der gebotenen Anwendung des § 19 TabStG.
26
2. Auf die Sachrüge des Angeklagten Y. C. ändert der Senat den diesen Angeklagten betreffenden Schuldspruch in den Fällen 1 bis 4 der Urteilsgründe auf Steuerhinterziehung ab; die Liste der angewendeten Vorschriften (§ 260 Abs. 5 StPO) ist um § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO zu ergänzen (vgl. BGH NJW 1986, 1116, 1117; Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl. § 260 Rdn. 62).
27
a) Die Verurteilung wegen gewerbs- und bandenmäßigen Schmuggels (§ 373 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 AO) für die im Zeitraum von 2003 bis März 2004 begangenen Taten (Fälle 1 bis 4 der Urteilsgründe) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Gleichwohl führt dieser Rechtsfehler nur zu einer Schuldspruchänderung ; er lässt die verhängten Einzelstrafen unberührt.
28
aa) Verfahrensgegenstand ist in diesen Fällen ausschließlich der Tatvorwurf der Verkürzung der beim Verbringen der Zigaretten nach Deutschland entstandenen deutschen Tabaksteuer, weil die Staatsanwaltschaft bei Anklageerhebung die Strafverfolgung hierauf beschränkt hat (Anklageschrift Abschnitt V.2.k). Der Umstand, dass sie die Beschränkung gemäß § 154 Abs. 1 StPO und nicht gemäß § 154a StPO vorgenommen hat, steht deren Wirksamkeit nicht entgegen.
29
bb) Die in den Fällen 1 bis 4 der Urteilsgründe festgestellte Hinterziehung deutscher Tabaksteuer stellt keinen Schmuggel (§ 373 AO) dar. § 373 AO erfasst diese Verbrauchsteuer als Einfuhrabgabe nur dann, wenn die Zigaretten unmittelbar aus einem Nicht-Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften in die Bundesrepublik Deutschland verbracht werden (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Februar 2007 – 5 StR 372/06, zur Veröffentlichung bestimmt). Dies ist bei den Transporten aus der Türkei über den Landweg nach Deutschland nicht der Fall.
30
cc) Die rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen belegen indes , dass sich der Angeklagte Y. C. hinsichtlich der bei dem Verbringen der Zigaretten nach Deutschland entstandenen Tabaksteuer der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO i.V.m. § 19 TabStG) schuldig gemacht hat.
31
(1) Gemäß § 19 TabStG entsteht die deutsche Tabaksteuer, wenn Tabakwaren unzulässigerweise entgegen § 12 Abs. 1 TabStG aus dem freien Verkehr anderer Mitgliedstaaten zu gewerblichen Zwecken in das Steuergebiet der Bundesrepublik Deutschland verbracht werden.
32
Die in den Fällen 1 bis 4 der Urteilsgründe vorschriftswidrig (vgl. Art. 40 ZK) in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften eingeführten Zigaretten befanden sich dort im steuerrechtlich freien Verkehr. Das Überführen dieser auf dem Schwarzmarkt zu veräußernden Zigaretten nach Deutschland ohne Inanspruchnahme des innergemeinschaftlichen Steuerversandverfahrens (§ 16 Abs. 1 Satz 1 TabStG) ist ein gewerbliches unversteuertes Verbringen. Für die Zigaretten war deshalb unverzüglich nach dem Verbringen in das Steuergebiet der Bundesrepublik Deutschland eine Steuererklärung abzugeben (§ 19 Satz 3 TabStG). Mit der Missachtung dieser Pflicht wurde die deutsche Tabaksteuer gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 1 AO verkürzt (vgl. zum Ganzen BGH aaO m.w.N.).
33
(2) Der Angeklagte Y. C. war als Verbringer (Fälle 1 und 2) bzw. als Empfänger der Zigaretten (Fälle 3 und 4) Schuldner der entstandenen Tabaksteuer und damit Erklärungspflichtiger.
34
Steuerschuldner ist gemäß § 19 Satz 2 TabStG derjenige, der verbringt oder versendet, und der Empfänger, sobald er Besitz an den Tabakwaren erlangt hat. Bei der Auslegung dieser Tatbestandsmerkmale ist die Richtlinie Nr. 92/12 (EWG) des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (ABl. EG Nr. L 76/1 – „Systemrichtlinie“) zu beachten, denn das deutsche Tabaksteuergesetz beruht auf dieser Richtlinie. Nach Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie wird die Verbrauchsteuer je nach Fallgestaltung u. a. von der Person geschuldet, die eine Lieferung vornimmt oder die die zur Lieferung bestimmten Waren besitzt (vgl. ferner Art. 9 Abs. 1 der Systemrichtlinie). Steuerschuldner ist damit beim Verbringen einer verbrauchsteuerpflichtigen Ware in das inländische Steuergebiet zu gewerblichen Zwecken jedenfalls derjenige, der beim Verbringen der Ware oder als Empfänger einer Lieferung Herrschaft über die Ware hat.
35
Diese Auslegung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften im Urteil vom 4. März 2004 in den Rechtssachen C-238/02 [V. ] und C-246/02 [J. ] zum Begriff des „Verbringens“ in Art. 40, 38 i.V.m. Art. 202 ZK. Art. 202 Abs. 3 ZK knüpft für die Bestimmung des Zollschuldners alternativ an die Beteiligung am Verbringen und an den Besitz an der in das Zollgebiet verbrachten Ware an. Als Verbringer sieht der Gerichtshof bei einer Einfuhr mit einem Kraftfahrzeug denjenigen an, der bei der Einfuhr die Herrschaft über das Transportfahrzeug hat (EuGH wistra 2004, 376, 378; vgl. hierzu BGH aaO). Wegen der Ähnlichkeit der Sachverhalte und der inneren Verzahnung der Regelungssysteme des Zollrechts und des Verbrauchsteuerrechts im europäischen Gemeinschaftsrecht (vgl. § 21 TabStG; Art. 5 Systemrichtlinie), die gemeinsam der Verwirklichung des Europäischen Binnenmarkts dienen (vgl. Art. 14 EGV), liegt es nahe, in dem durch die System-, Struktur- und Steuersatzrichtlinien weitgehend harmonisierten Verbrauchsteuerrecht dieselben Maßstäbe anzulegen (vgl. BGHSt 48, 52, 63).
36
Die Feststellungen belegen, dass der Angeklagte Y. C. ein ausreichendes Maß an Sachherrschaft an den Tabakwaren bei ihrem Verbringen nach Deutschland hatte (Fälle 1 und 2 der Urteilsgründe) und im Übrigen als Empfänger den Besitz über die Zigaretten ausübte (Fälle 3 und 4 der Urteilsgründe).
37
dd) Der Senat schließt aus, dass sich der weitgehend geständige Angeklagte Y. C. bei einem Hinweis auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunkts (§ 265 Abs. 1 StPO) – Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO (Grundtatbestand) statt Schmuggel gemäß § 373 AO (unselbständige Qualifikation) – anders als geschehen hätte verteidigen können.
38
ee) Ob sich der Angeklagte Y. C. bei Verbringen der Zigaretten über den Landweg in die Europäische Gemeinschaft auch wegen Hinterziehung der in dem Mitgliedstaat der Einfuhr entstandenen Einfuhrabgaben (Zollschuld, nationale Tabak- und Einfuhrumsatzsteuern) strafbar gemacht hat (vgl. § 370 Abs. 1, Abs. 6 Satz 1, Abs. 7 AO i.V.m. Art. 202 Abs. 1 Buchstabe a, Abs. 2, Art. 40, 38 ZK), hat im Hinblick auf die vorgenommene Verfahrensbeschränkung dahinzustehen.
39
Solches liegt hier freilich nahe, denn für eine Tatbeteiligung als Mittäter reicht ein auf der Grundlage gemeinsamen Wollens die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag aus, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränken kann (BGH NStZ 1995, 120; 1999, 609). Hierfür genügt auch ein Tatbeitrag, der erst im Zeitraum zwischen Vollendung und Beendigung erbracht wird (BGH NStZ 1999, 609; vgl. auch BGHSt 48, 52, 56). Hier hat das Landgericht festgestellt, dass die Hinterleute sowohl den Einkauf der Zigaretten als auch deren Verkauf in England organisiert haben. Dies deutet darauf hin, dass die von den Angeklagten Y. und C. C. geführte deutsche Gruppierung Teil einer international agierenden Schmuggelorganisation war und der Angeklagte Y. C. aufgrund seiner Beteiligung gemäß dem Tatplan auch in diesen Fällen als Mittäter die in dem anderen Mitgliedstaat entstandenen Einfuhrabgaben hinterzogen hat.
40
Eine solche Tat kann, wenn sie beim Verbringen der Zigaretten in das Steuergebiet der Bundesrepublik Deutschland noch nicht beendet war, mit der Hinterziehung der deutschen Tabaksteuer tateinheitlich zusammentreffen. Denn die „Schmuggeltat“ ist erst dann beendet, wenn das geschmuggelte Gut in Sicherheit gebracht und „zur Ruhe gekommen“ ist (BGH wistra 2000, 425; BGHSt 3, 40, 44). Wann dies der Fall ist, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich für die Beendigung des Schmuggels ist, ob die Schmuggelware die gefährliche Phase des Grenzübertritts passiert und der Schmuggler sein Unternehmen insgesamt erfolgreich abgeschlossen hat (BGHSt 3, 40, 44 f.). In der Regel wird der Schmuggel erst dann beendet sein, wenn das Schmuggelgut seinen Bestimmungsort erreicht hat (vgl. zu den Einzelheiten BGH, Beschluss vom 1. Februar 2007 – 5 StR 372/06 und BGH wistra 2000, 425).
41
ff) Trotz des geänderten Schuldspruchs und bei der Anwendung des § 370 Abs. 1 AO gegenüber § 373 AO nach unten erweiterten Strafrahmens haben die vom Landgericht insoweit verhängten Einzelstrafen Bestand. Da diese Änderung den Umfang der verkürzten Steuern und auch die übrigen Strafzumessungserwägungen unberührt lässt, schließt der Senat aus, dass sich die fehlerhafte rechtliche Einordnung des Tatgeschehens durch das Landgericht auf den Strafausspruch ausgewirkt hat.
42
b) Die Überprüfung des Urteils im Übrigen hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten Y. C. ergeben. Ergänzend zu den zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts, auf die insbesondere hinsichtlich der Angriffe des Beschwerdeführers gegen die Beweiswürdigung und die Strafzumessung des Tatgerichts Bezug genommen wird, bemerkt der Senat:
43
aa) Das Landgericht hat die Fälle 5 bis 14 der Urteilsgründe, in denen die aus Asien stammenden Zigaretten per Schiff nach Deutschland transportiert und über die Freihäfen Hamburg und Bremerhaven eingeführt wurden, rechtsfehlerfrei als gewerbs- und bandenmäßigen Schmuggel (§ 373 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) gewertet. Der Angeklagte Y. C. hat als mittelbarer Täter bewirkt, dass durch die mit der Erledigung der Zollformalitäten beauftragten gutgläubigen Spediteure unvollständige Zollanmeldungen abgegeben und infolgedessen für die eingeführten Zigaret- ten keine Einfuhrabgaben festgesetzt wurden (§§ 373, 370 Abs. 4 Satz 1 AO i.V.m. § 25 Abs. 1 zweite Variante StGB). Soweit das Landgericht in den Fällen 13 und 14 der Urteilsgründe lediglich eine Strafbarkeit wegen versuchten Schmuggels angenommen hat, beschwert dies den Angeklagten nicht.
44
Die Zollschuld entstand in diesen zehn Fällen aufgrund des vorschriftswidrigen Verbringens der Zigaretten in das Zollgebiet der Europäischen Gemeinschaft gemäß Art. 202 Abs. 1 Buchstabe a, Art. 40, Art. 4 Nr. 19 ZK; dasselbe gilt angesichts der Verweisungsnormen § 21 Abs. 2 UStG und § 21 Satz 1 TabStG für die Einfuhrumsatzsteuer und die Tabaksteuer. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften bewirkt auch eine im Zusammenhang mit der Gestellung abgegebene unrichtige oder unvollständige Zollanmeldung, dass die nicht angemeldeten Schmuggelwaren von der Gestellung nicht erfasst und damit vorschriftswidrig verbracht sind (EuGH ZfZ 2005, 192, 194, Ziffer 31). Infolge der unvollständigen Gestellung und Zollanmeldung wurden die Einfuhrabgaben auf die Zigaretten, die bei steuerehrlichem Verhalten zu einem Zollverfahren (Art. 4 Nr. 16 ZK) hätten angemeldet werden müssen, nicht festgesetzt (Art. 217 ff., 221 ZK) und damit verkürzt (§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO).
45
bb) Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers lässt auch die Berechnungsdarstellung der hinterzogenen Einfuhrabgaben keinen Rechtsfehler erkennen. Sie genügt den vom Senat aufgestellten Grundsätzen (vgl. BGHR AO § 370 Abs. 1 Berechnungsdarstellung 10; Jäger StraFo 2006, 477, 479 ff. m.N.). Insbesondere enthalten die Urteilsgründe neben der Angabe der angewandten Vorschriften des Zoll- und Steuerrechts die erforderlichen Angaben zu der – zum Teil durch Schätzung – ermittelten Anzahl der eingeführten Zigaretten sowie zum Zollwert und zum Kleinverkaufspreis.
46
cc) Ohne Erfolg rügt der Beschwerdeführer, in den Fällen 13 und 14 der Urteilsgründe (Schmuggel von Zigaretten über den Freihafen Bremerhaven ) habe keine tatbestandsmäßige Handlung vorgelegen. Das Landgericht ist zutreffend von mittelbarer Täterschaft durch den Angeklagten ausgegangen. Indem er vorsatzlos handelnde Spediteure bei den Zollbehörden unvollständige Zollanmeldungen einreichen ließ, überschritt er die Schwelle zum Versuch des Schmuggels (vgl. BGHR AO § 373 Versuch 1).
47
Vielmehr rechtfertigen die vom Landgericht getroffenen Feststellungen sogar auch in diesen Fällen die Verurteilung wegen vollendeten gewerbsund bandenmäßigen Schmuggels. Denn das Festsetzungsverfahren war nach den insoweit nicht beanstandeten Urteilsfeststellungen bereits abgeschlossen. Infolge der unvollständigen Zollanmeldungen waren die Einfuhrabgaben nur auf die Tarnware, aber nicht auf die Zigaretten festgesetzt und damit verkürzt (§ 370 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Satz 1 AO, § 25 Abs. 1 zweite Variante StGB i.V.m. Art. 217 ff., 221 ZK). Erst nach der Festsetzung wurden bei Durchführung einer Gesamtbeschau der angemeldeten Waren (vgl. Art. 68 f. ZK) die Zigaretten entdeckt und beschlagnahmt. Der Senat ändert daher den Schuldspruch entsprechend ab. Dem steht das in § 358 Abs. 2 StPO enthaltene Verbot der Schlechterstellung nicht entgegen (vgl. MeyerGoßner aaO § 331 Rdn. 8 m.w.N.).
48
c) Zur Vereinfachung der Urteilsformel lässt der Senat die entbehrliche Kennzeichnung der Taten als „gemeinschaftlich begangen“ entfallen (vgl. BGHSt 27, 287, 289; BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2006 – 5 StR 315/06).
49
III. Revision des Angeklagten C. C.
50
Die mit dem Rechtsmittel des Angeklagten Y. C. inhaltlich weitestgehend übereinstimmende Revision des Angeklagten C. C. führt ebenfalls lediglich zur Schuldspruchänderung in den Fällen 2 bis 4 der Urteilsgründe. Die Ausführungen zu oben II. gelten entsprechend.
51
IV. Revisionen der Angeklagten S. und G.
52
Die mit näher ausgeführten Sachrügen begründeten Revisionen der Angeklagten S. und G. haben keinen Erfolg. Sie sind aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Ergänzend bemerkt der Senat:
53
Angesichts des Aufgabengebietes des Angeklagten S. bei der Organisation der Schmuggeltransporte und dessen Beteiligung an den Verkaufserlösen bedurfte es im Rahmen der Strafzumessung keiner ausdrücklichen Erörterung der Haftung für verkürzte Steuern nach § 71 AO als steuerrechtlicher Folge jeder Steuerstraftat (vgl. BGHSt 48, 52, 76). Eine sich aus der Haftung ergebende besondere Härte oder etwa Bemühungen des Angeklagten um Schadenswiedergutmachung hat das Landgericht nicht festgestellt. Auch etwaige den Angeklagten S. treffende ausländerrechtliche Folgen waren keine Umstände, die das Tatgericht bei der Strafzumessung zwingend hätte erörtern müssen (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Ausländer 6 und BGH NStZ-RR 2004, 11).
54
V. Revisionen der Staatsanwaltschaft
55
1. Revisionen betreffend die Angeklagten Y. und C. C. sowie S.
56
Die zu Ungunsten der Angeklagten mit Sachrügen geführten Revisionen der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt nicht vertreten werden, sind unbegründet.
57
a) Dass die Strafkammer die Angeklagten in den Fällen 13 und 14 der Urteilsgründe rechtsfehlerhaft lediglich wegen versuchten gewerbs- und ban- denmäßigen Schmuggels verurteilt hat, wird mit der Strafmaßrevision der Staatsanwaltschaft nicht beanstandet.
58
b) Rechtsfehlerhaft ist, dass das Landgericht in diesen beiden Fällen der Strafzumessung als Steuerschaden lediglich die hinterzogene Tabaksteuer , nicht aber die ebenfalls verkürzten (vgl. § 370 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Satz 1 AO, § 25 Abs. 1 zweite Variante StGB i.V.m. Art. 217 ff., 221 ZK) Zollund Einfuhrumsatzsteuerschulden zugrundegelegt hat. Zwar erlischt die Zollschuld gemäß Art. 233 Satz 1 Buchstabe d ZK – und hieran anknüpfend nach § 21 Satz 1 TabStG die Einfuhrumsatzsteuer –, wenn Waren, für die gemäß Art. 202 ZK die Zollschuld entstanden ist, bei dem vorschriftswidrigen Verbringen beschlagnahmt und gleichzeitig oder später eingezogen werden. Diese – bereits vor dem Erlöschen hinterzogenen – Abgaben gelten jedoch gemäß Art. 233 Satz 2 ZK für das Strafverfahren als nicht erloschen. Der Senat kann angesichts der vom Landgericht in den Fällen 5 bis 12 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen ausschließen, dass sich dieser Rechtsfehler auf den Strafausspruch ausgewirkt hat. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass – anders als in jenen Fällen – die Zigaretten in den Fällen 13 und 14 beim Verbringen in das Zollgebiet der Europäischen Gemeinschaft beschlagnahmt wurden und nicht in den freien Verkehr gelangten.
59
c) Auch die im Rahmen der Strafzumessung rechtsfehlerhaft zugunsten der Angeklagten angeführte Erwägung des Landgerichts, „dass bei ordnungsgemäßer Gestellung der nach England weitergelieferten Zigaretten im Transitweg ein Schaden nicht entstanden wäre“ (UA S. 113 u. a.), gefährdet hier den Bestand der Strafaussprüche im Ergebnis nicht. Mit dieser Formulierung meint das Landgericht offensichtlich, dass dem deutschen Fiskus nur „aus formalen Gründen“ ein Schaden entstanden sei, der „eigentliche“ Schaden aber beim englischen Fiskus liege, da die Zigaretten erst in England an die Endverbraucher verkauft werden sollten. Dies ist jedoch kein strafmildernder Gesichtspunkt, wenn die aus Drittländern eingeführte Tabakwaren – anders als bei der Ausfuhr in Staaten außerhalb der Europäischen Ge- meinschaft (vgl. dazu BGHSt 48, 52, 75 f.; 48, 108, 118 f.) – im Zollgebiet der Europäischen Gemeinschaft in den zollrechtlich freien Verkehr überführt werden sollen, ohne dass die hierfür erforderlichen Einfuhrabgaben entrichtet werden.
60
Ohnehin ist es die Europäische Gemeinschaft, die hinsichtlich des hinterzogenen Zolls und des ihr zustehenden Einfuhrumsatzsteueranteils materiell geschädigt wird, und nicht die Bundesrepublik Deutschland oder das Königreich Großbritannien (vgl. BGH wistra 2005, 461, 463). Dieser Teil der Einfuhrabgaben wird nämlich von den Mitgliedstaaten lediglich verwaltet, bevor er dem Gemeinschaftshaushalt zufließt. Liegt die Verwaltung dieser Abgaben bei der Bundesrepublik Deutschland, so ist deren Hinterziehung nach § 370 Abs. 1 AO strafbewehrt (vgl. § 3 Abs. 3 AO i.V.m. Art. 4 Nr. 10 ZK für den Zoll und § 3 Abs. 1 AO i.V.m. § 21 UStG für die Einfuhrumsatzsteuer). Beim Schmuggel aus dem Drittlandsgebiet wollen die Täter überhaupt keine Abgaben entrichten, und zwar unabhängig davon, welcher Mitgliedstaat im Einzelfall die Abgaben zu verwalten hat. Damit den Tätern der Absatz der Tabakwaren auf dem Schwarzmarkt gelingt, werden sie diese regelmäßig gegenüber jedem Mitgliedstaat, den die Ware bis zum Erreichen des Bestimmungsorts passiert, verschweigen.
61
Aber auch hinsichtlich der deutschen Tabaksteuer als nationaler Verbrauchsteuer, die anlässlich der Einfuhr erhoben wird, handelt es sich nicht um eine Steuerverkürzung „aus formalen Gründen“. Denn ausschlaggebend für das Entstehen dieser Steuer ist nicht der Verkauf an den Endverbraucher , sondern die Überführung in den freien Verkehr im deutschen Steuergebiet. Ein Fall, in dem die deutsche Tabaksteuer wegen des Verbringens nach England wieder zu erstatten wäre, liegt schon deshalb nicht vor, weil auch die dort entstandenen Verbrauchsteuern nicht entrichtet wurden (vgl. Art. 22 Abs. 3 der Systemrichtlinie).
62
Die Einfuhrabgaben wären sogar dann entstanden und von den Angeklagten zu entrichten gewesen, wenn die Zigaretten erst nach Abschluss eines Steueraussetzungsverfahrens in England in den freien Verkehr überführt worden wären. Selbst wenn die Angeklagten erst zu diesem Zeitpunkt die dort entstandenen Einfuhrabgaben hinterzogen hätten, wäre dies in Deutschland strafbewehrt gewesen. Denn von § 370 Abs. 6 Satz 1 AO werden Einfuhrabgaben auch dann als den deutschen Steueransprüchen gleichwertige Forderungen erfasst, wenn sie nicht von der Bundesrepublik Deutschland, sondern von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften verwaltet werden.
63
Allerdings schließt der Senat – insbesondere im Hinblick auf die gewichtigen gegen die Angeklagten Y. und C. C. verhängten Gesamtfreiheitsstrafen von sechs Jahren und zehn Monaten bzw. sechs Jahren – aus, dass das Landgericht ohne seine rechtsfehlerhafte Erwägung zu noch höheren Gesamtfreiheitsstrafen hätte gelangen können.
64
d) Weitere Rechtsfehler zum Vor- oder Nachteil (§ 301 StPO) der Angeklagten zeigen die Revisionen nicht auf. Insbesondere hält es rechtlicher Nachprüfung noch stand, dass das Landgericht die Einzelstrafen nicht dem erhöhten Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AO entnommen hat. Die auf eine Gesamtwürdigung der Tatumstände gestützte Wertung der Strafkammer, es liege noch kein Handeln aus grobem Eigennutz im Sinne von § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO vor, ist angesichts des Umstandes, dass ein Großteil des Erlöses aus den Taten den Hinterleuten in der Türkei zugeflossen ist, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Auch mit der Verneinung unbenannter besonders schwerer Fälle im Sinne von § 370 Abs. 3 Satz 1 AO verlässt das Landgericht hier trotz des „hohen und professionellen Organisationsgrads“ und der hohen Steuerschäden noch nicht den dem Tatrichter zustehenden Beurteilungsspielraum, zumal da der Qualifikationstatbestand des § 373 AO ohnehin im Vergleich zum Grundtatbestand der Steuerhinterziehung ein erhöhtes Mindeststrafmaß vorsieht. Die Entscheidung des Landgerichts ist da- her zu respektieren, auch wenn hier eine andere Beurteilung möglich gewesen wäre und sogar näher gelegen hätte.
65
2. Revision betreffend den Angeklagten G.
66
Auch die den Angeklagten G. betreffende Revision der Staatsanwaltschaft ist unbegründet. Ergänzend zu den zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift bemerkt der Senat :
67
a) Die vom Landgericht in wertender Betrachtung der maßgeblichen Umstände (vgl. BGHSt 37, 289, 291 m.w.N.) vorgenommene Würdigung des Verhaltens des Angeklagten G. als Beihilfe und nicht als Mittäterschaft hält sich noch im Rahmen des tatrichterlichen Beurteilungsspielraums (vgl. BGH wistra 2005, 380, 381).
68
b) Auch die Würdigung der Unterstützungsaktivitäten des Angeklagten G. als eine einheitliche Beihilfe gemäß § 27 StGB ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Zwar liegt Tatmehrheit vor, wenn durch mehrere selbständige Hilfeleistungen mehrere selbständige Haupttaten gefördert werden (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 27 Rdn. 13). Die fortlaufende Förderung der Schmuggeltaten durch den Angeklagten Greschner stellt sich hier jedoch in einer Gesamtschau als nur eine – dauerhafte – Beihilfehandlung des Angeklagten zu neun Haupttaten dar (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2006 – 1 StR 556/06; BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 9).

69
In Fällen wie dem hier vorliegenden ist es nicht erforderlich, die Anzahl der Haupttaten, zu denen der Angeklagte Beihilfe geleistet hat, in den Tenor aufzunehmen. Zur Vereinfachung der Urteilsformel ändert daher der Senat den Schuldspruch entsprechend ab (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2006 – 1 StR 556/06).
Basdorf Häger Gerhardt Raum Jäger

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 346/11
vom
18. Oktober 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 18. Oktober 2011 gemäß § 349
Abs. 2 und 4, § 357 Satz 1 StPO beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten M. wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 17. Februar 2011 1. hinsichtlich dieses Angeklagten in den Fällen III.2.6, III.2.13 – 20, III.2.22 – 28 der Urteilsgründe
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte insoweit des Betruges in 16 tateinheitlichen Fällen schuldig ist,
b) aufgehoben in den Aussprüchen über die Einzelstrafen; 2. hinsichtlich des Angeklagten M. und des früheren Mitangeklagten H. mit den Feststellungen aufgehoben in den Aussprüchen über
a) die Einzelstrafen in den Fällen III.2.8 – 12 der Urteilsgründe,
b) die Gesamtstrafen. II. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. III. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten M. wegen Betruges in 28 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der nicht revidierende Mitangeklagte H. ist des Betruges in 58 Fällen schuldig gesprochen und zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten M. hat, teilweise auch hinsichtlich des früheren Mitangeklagten H. , in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Das Landgericht hat in den Fällen III.2.6, III.2.13 – 20, III.2.22 – 28 der Urteilsgründe das Konkurrenzverhältnis der dem Angeklagten M. rechtsfehlerfrei als Mittäter zugerechneten betrügerischen Einzelakte unzutreffend beurteilt. Insofern liegt statt Tatmehrheit Tateinheit vor.
3
a) Sind, wie hier, an einer Deliktsserie mehrere Personen als Mittäter, mittelbare Täter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt, ist die Frage, ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für jeden der Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei, ob er hinsichtlich der einzelnen Taten der Serie jeweils einen individuellen, (nur) diese fördernden Tatbeitrag geleistet hat. In solchen Fällen sind ihm diese Taten als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen; die (zusätzliche) organisatorische Einbindung des Täters in das betrügerische Geschäftsunternehmen vermag dann diese Einzeltaten der Deliktsserie rechtlich nicht zu einer Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen. Fehlt es jedoch an einer solchen individuellen Tatförderung, er- bringt der Täter aber im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktsserie Tatbeiträge , durch die alle oder je mehrere Einzeltaten seiner Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden, so sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben (st. Rspr. vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, NJW 2004, 2840, 2841; Beschluss vom 7. Dezember 2010 – 3 StR 434/10 jeweils mwN).
4
b) Hieran gemessen belegen die Feststellungen lediglich in den Fällen III.2.1 – 5, III.2.7 – 12 und III.2.21 jeweils einen individuellen, nur diese Taten fördernden Beitrag des Angeklagten. In den übrigen 16 Fällen (Taten III.2.6, III.2.13 – 20 und III.2.22 - 28) erschöpfen sich die rechtsfehlerfrei festgestellten Tatbeiträge des Angeklagten auf seine Mitwirkung bei der Einrichtung und Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes der Fa. U. GmbH. Daher sind diese Fälle zu einer Betrugstat in 16 rechtlich zusammentreffenden Fällen zusammenzufassen (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2009 – 3 StR 373/09).
5
c) Der Senat schließt – insbesondere im Hinblick auf die Ausführungen in der Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils zur Aufgabenverteilung innerhalb der Fa. U. GmbH (UA S. 39) – aus, dass hierzu in einer neuen Hauptverhandlung weitere Feststellungen getroffen werden können. Er ändert deshalb den Schuldspruch selbst in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der Angeklagte gegen den Vorwurf einer teilweise tateinheitlichen Begehung nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
6
Die Änderung des Schuldspruchs zieht die Aufhebung der für diese Fälle verhängten Einzelstrafen nach sich. Der neue Tatrichter wird daher für die Fälle III.2.6, III.2.13 – 20 und III.2.22 – 28 unter Beachtung des Verschlechterungsverbots des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO eine Einzelstrafe festzusetzen haben (zu § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO: vgl. BGH, Beschluss vom 19. November 2002 – 1StR 313/02, BGHR StPO § 358 Abs. 2 Nachteil 12). Einer Aufhebung der insoweit getroffenen Feststellungen bedarf es dagegen nicht, da lediglich ein Wertungsfehler vorliegt. Ergänzende Feststellungen sind möglich, soweit sie den bisher getroffenen Feststellungen nicht widersprechen.
7
2. In den Fällen III.2.8 – 12 der Urteilsgründe, in denen das Landgericht den Angeklagten M. und den Mitangeklagten H. wegen Betruges in fünf Fällen verurteilt hat, können die Strafaussprüche ebenfalls nicht bestehen bleiben.
8
a) Nach den von der Strafkammer hierzu getroffenen Feststellungen schloss die u.a. aus dem Angeklagten M. und dem Mitangeklagten H. bestehende Tätergruppe im Zeitraum vom 19. November 2009 bis zum 14. Januar 2010 im Namen der Fa. U. GmbH mit verschiedenen Leasinggesellschaften fünf Leasingverträge über Pkws mit Laufzeiten zwischen 36 und 60 Monaten ab, wobei sie von Anfang an beabsichtigte, allenfalls in geringem Umfang ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, jedoch die Pkws solange wie möglich zu nutzen und sie „irgendwann später an die jeweiligen Leasinggeber zurückgelangen zu lassen“ (UA S. 30). Entsprechend ging sie vor.
9
b) Bei dieser Sachlage nimmt das Landgericht zutreffend jeweils einen vollendeten Betrug gegenüber den Leasinggesellschaften an, da aufgrund der getroffenen Feststellungen außer Frage steht, dass diesen jeweils ein Betrugs- schaden entstanden ist. Jedoch lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen, wie die Strafkammer die Höhe der von ihr bei den Leasinggesellschaften festgestellten Schäden ermittelt hat. Zwar sind „Werte“ der Pkws sowie – bei erfolgter Rückerlangung – die dann von den Leasinggesellschaften erzielten Verkaufserlöse , die Höhe der Leasingraten sowie etwaige von der Tätergruppe erbrachte Zahlungen angegeben. Hieraus lassen sich jedoch die als Schaden festgestellten Einzelbeträge nicht errechnen.
10
c) Der Mangel führt – auch bezüglich des früheren MitangeklagtenH. (§ 357 Satz 1 StPO) – zur Aufhebung der Einzelstrafaussprüche in jedem der fünf Betrugsfälle, da das Landgericht bei deren Bemessung die Höhe der durch die Taten verursachten Schäden straferschwerend berücksichtigt hat. Dies hat bei beiden Angeklagten – beim Angeklagten M. auch aufgrund der Änderung des Konkurrenzverhältnisses (oben 1.) – die Aufhebung der Aussprüche über die Gesamtstrafen zur Folge.
11
d) Für die neue Verhandlung weist der Senat darauf hin, dass sich der vom Angeklagten für sich oder Dritte erstrebte Vermögensvorteil – da die Pkws an die Leasinggeber „zurückgelangen“ sollten – auf die von seinem Vorsatz erfasste Nutzung beschränkt, dass ein etwaiger höherer Schaden des Leasinggebers dem Angeklagten aber strafschärfend angelastet werden kann, soweit es sich dabei um vorhersehbare verschuldete Auswirkungen der Tat gehandelt hat. Auf den bei einem von Anfang an beabsichtigten Verschieben oder Weiterverkauf der Fahrzeuge maßgeblichen Wert der Pkws bei Übergabe (vgl. BGH, Urteil vom 6. September 2006 – 5 StR 156/06, wistra 2007, 18, 21; Beschluss vom 27. September 2007 – 5 StR 414/07, wistra 2007, 457) darf dagegen – wegen der geplanten „Rückerlangung“ des Leasinggegenstandes – nicht abgestellt werden; auch der Wert der Pkws im Zeitpunkt der jedenfalls in den Fällen 8 und 12 in Betracht kommenden Unterschlagungen (in diesen Fällen sinddie Fahrzeuge nicht an die Leasinggeber zurückgelangt) ist nicht maßgeblich, zumal es sich hierbei sowohl materiell als auch prozessual um eine weitere (verfolgbare ) Tat handelt.
Ernemann Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 99/04
vom
30. März 2004
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. März 2004 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten H. wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 24. Oktober 2003, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte des Betrugs schuldig ist,
b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


Die Annahme von Tatmehrheit begegnet rechtlichen Bedenken. Nach den Feststellungen trat der Angeklagte gegenüber den potentiellen Anlegern nicht in Erscheinung. Er übertrug dem Mitangeklagten so- T.
wohl die Vorstellung des von ihm entwickelten Finanzierungsmodells als auch die weiteren Verhandlungen über die zu investierenden Beträge. T. nahm auch die in bar zu leistenden Beträge von einmal 500.000 Euro und von 1 Million Euro von den Anlegern entgegen. Zwar ist der Angeklagte als mittelbarer Täter rechtlich auch so zu behandeln, als habe er die Taten eigenhändig verwirklicht (§ 25 Abs. 1 StGB). Für die Frage des Vorliegens einer oder mehrerer Handlungen im Sinne der §§ 52, 53 StGB wird er nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedoch nach seinem Tatbeitrag beurteilt, der hier lediglich in einer Tathandlung, nämlich der der Führung des T. bei der Anwerbung und Betreuung der Anleger, bestand (BGH StV 2000, 196 st. Rspr.). Der Senat kann den Schuldspruch, der im übrigen keinen Rechtsfehler aufweist, selbst ändern. § 265 StPO steht nicht entgegen, da der Angeklagte sich gegen die Annahme von Tateinheit statt Mehrheit nicht anders hätte verteidigen können.
Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des Str afausspruchs. Die beiden Einzelstrafen und die Gesamtstrafe haben keinen Bestand und müssen vom Landgericht neu festgesetzt werden, da der Senat das dem Tatrichter vorbehaltene Ermessen nicht ausüben kann. Nack Wahl Boetticher Kolz Hebenstreit

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 52/01
vom
10. Mai 2001
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betruges
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwaltes, zu Ziffer 2. auf dessen Antrag, am
10. Mai 2001 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 2. Oktober 2000
a) in den Schuldsprüchen dahingehend geändert, daß der Angeklagte H. des Betruges in acht Fällen, davon in einem Fall in 26 rechtlich zusammentreffenden Fällen, und der Angeklagte T. des Betruges in vier Fällen , davon in einem Fall in 30 rechtlich zusammentreffenden Fällen, schuldig ist;
b) in den Strafaussprüchen unter Aufrechterhaltung der insoweit getroffenen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen 2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils des Betruges in 32 Fällen schuldig gesprochen und den Angeklagten H. unter Einbeziehung der Ein-
zelgeldstrafen aus zwei früheren Verurteilungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren, den Angeklagten T. unter Einbeziehung der Einzelgeldstrafen aus einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen wenden sich die Revisionen der Angeklagten. Der Angeklagte H. rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts, der Angeklagte T. erhebt die Sachrüge in allgemeiner Form. Die Rechtsmittel führen zu der aus der Beschlußformel ersichtlichen Abänderung des jeweiligen Schuldspruchs und zur Aufhebung der Strafaussprüche; im übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Das Landgericht hat das Konkurrenzverhältnis der den Angeklagten zuzurechnenden betrügerischen Einzelakte rechtlich unzutreffend beurteilt. Nach den Feststellungen haben die Angeklagten nach Gründung der allein zu betrügerischen Zwecken errichteten B. GmbH nicht alle den Verurteilungen zugrunde liegenden Warenbestellungen persönlich getätigt, deren Bezahlung sie von vorneherein nicht beabsichtigten. Vielmehr hat der Angeklagte H. lediglich sieben und der Angeklagte T. nur drei Bestellungen persönlich abgegeben oder an ihrer Abgabe mitgewirkt. Die übrigen Bestellungen stammten zum einen entweder jeweils von dem anderen Angeklagten oder von dem Mittäter D. und waren von diesen entweder alleine oder unter Mitwirkung der in die betrügerischen Absichten nicht eingeweihten formellen Geschäftsführerin der B. GmbH, Frau Q. , oder im Zusammenwirken mit einem ebenfalls arglosen Angestellten der Gesellschaft getätigt worden. Zum anderen waren die Bestellungen allein von Angestellten der Gesellschaft vorgenommen worden, denen die Angeklagten die allgemeine Weisung erteilt hatten, bei jeder Gelegenheit so viele Waren wie möglich zu ordern (Fälle II. 8. (3.), (4.), (15.), (16.) und (20.) der Urteilsgründe), oder von "einem Berechtig-
ten" der B. GmbH (Fälle II. 8. (22.) bis (32.) der Urteilsgründe). Danach kann den Angeklagten aber nicht jede der Bestellungen als rechtlich selbständige Straftat (§ 53 Abs. 1 StGB) angelastet werden.
Sind an einer Deliktsserie mehrere Personen als Mittäter, mittelbare Täter , Anstifter oder Gehilfen beteiligt, ist die Frage, ob die mehreren Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für jeden der Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei der Umfang des Tatbeitrages jedes Tatbeteiligten (vgl. Rissing-van Saan in LK 11. Aufl. § 52 Rdn. 16 mit umfangreichen Nachw.; a. A. für Mittäterschaft und mittelbare Täterschaft: Stree in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 52 Rdn. 21). Hat daher ein Mittäter, der sich an der unmittelbaren Ausführung der Taten nicht mehr beteiligt, einen alle Einzeldelikte fördernden Tatbeitrag bereits im Vorfeld erbracht, so werden ihm die jeweiligen Taten des oder der anderen Mittäter als tateinheitlich begangen zugerechnet, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ob der oder die Mittäter die ihnen zurechenbaren Taten gegebenenfalls tatmehrheitlich begingen , ist demgegenüber ohne Belang (s. etwa BGH NStZ 1996, 296 f.; 1997, 121; BGHR StGB § 52 Handlung, dieselbe 29). Gleiches gilt im Falle der mittelbaren Täterschaft. Bewirkt der mittelbare Täter durch lediglich eine Einflußnahme auf den oder die Tatmittler, daß diese mehrere für sich genommen selbständige Taten begehen, werden diese in der Person des mittelbaren Täters zur Tateinheit verbunden, da sie letztlich allein auf dessen einmaliger Einwirkung auf den oder die Tatmittler beruhen (s. etwa BGHSt 40, 218, 238; BGH
NStZ 1994, 35; BGH wistra 1996, 303; 1997, 181, 182; 1998, 262; 1999, 23,

24).


Nach diesen Grundsätzen können den Angeklagten als tatmehrheitlich begangene Betrugstaten nur die Warenbestellungen zugerechnet werden, die sie im Rahmen der von ihnen aufgebauten Betriebsorganisation der B. GmbH in eigener Person allein oder im Zusammenwirken mit einem Mittäter bzw. mit der gutgläubigen GeschäftsführerinQ. oder mit einem gutgläubigen Mitarbeiter der GmbH unmittelbar gegenüber einem Handelsvertreter der geschädigten Lieferfirmen abgaben oder auf deren Abgabe sie direkt Einfluß nahmen. Dies sind beim Angeklagten H. die Bestellungen der Fälle II. 8. (1.), (5.), (7.), (8.), (13.), (14.) und (18.) der Urteilsgründe und beim Angeklagten T. die Bestellungen der Fälle II. 8. (9.), (13.) und (18.) der Urteilsgründe. Im Fall II. 8. (19.) der Urteilsgründe ist zugunsten der beiden Angeklagten davon auszugehen, daß der jeweils andere oder der Mittäter D. die Bestellung aufgab.
Einer anderen Beurteilung unterliegen dagegen die Fälle, für die sich der Tatbeitrag der Angeklagten darin erschöpfte, daß sie an dem Aufbau und Betrieb der von ihnen allein zu betrügerischen Zwecken errichteten B. GmbH mitwirkten bzw. die hiervon nach dem Zusammenhang der Urteilsgründe nicht zu trennende allgemeine Weisung an das gutgläubige Firmenpersonal erteilten, bei den Handelsvertretern der Lieferanten bei jeder Gelegenheit so viele Waren wie möglich zu bestellen (UA S. 46), während die einzelnen Bestellungen ohne Mitwirkung des jeweiligen Angeklagten von einem oder zwei Mittätern, von einem Mittäter im Zusammenwirken mit der gutgläubigen Geschäftsführerin Q. oder einem gutgläubigen Angestellten, oder eigenstän-
dig von einem der Angestellten aufgegeben wurde. Zu den letztgenannten, den Angeklagten als mittelbaren Tätern zuzurechnenden Betrugstaten zählen nicht nur die Fälle II. 8. (3.), (4.), (15.), (16.) und (20.) der Urteilsgründe, für die ausdrücklich festgestellt ist, daß sie von Angestellten der GmbH stammten. Einzubeziehen sind vielmehr auch die Fälle II. 8. (22.) bis (32.) der Urteilsgründe. Bei diesen konnte das Landgericht lediglich feststellen, daß sie von "einem Berechtigten" der B. GmbH vorgenommen wurden, so daß nicht ausgeschlossen werden kann, daß sie von einer der genannten gutgläubigen Personen herrührten.
Da sich der jeweilige Tatbeitrag der Angeklagten für diese weiteren Betrugsdelikte auf die allgemeine Mitwirkung am Aufbau, am Betrieb und an der Regelung der Betriebsabläufe der B. GmbH beschränkte, sind diese Einzeltaten nach den oben dargestellten Maßstäben jeweils zu einer weiteren selbständigen Betrugstat in 26 (Angeklagter H. ) bzw. 30 (Angeklagter T. ) rechtlich zusammentreffenden Fällen zusammenzufassen. Diese tritt jeweils zu den von den Angeklagten durch persönliche Warenbestellungen verwirklichten Betrugstaten tatmehrheitlich hinzu. Hierbei ergibt sich in Abweichung von der Zählweise des Landgerichts für jeden der Angeklagten eine Summe von insgesamt 33 abgeurteilten Betrugsdelikten. Dies beruht darauf, daß das Landgericht fehlerhaft im Fall II. 8. (13.) der Urteilsgründe von nur einer Betrugstat zum Nachteil der Firma S. GmbH ausgegangen ist, obwohl es insoweit rechtsfehlerfrei je eine gesonderte Bestellung des Angeklagten H. und des Angeklagten T. festgestellt hat. Die Bestellung des jeweils anderen ist beiden Angeklagten als weiterer mittäterschaftlich begangener betrügerischer Einzelakt im Rahmen der zu Tateinheit zusammenzufassenden Taten zuzurechnen.

Der Senat ändert daher die Schuldsprüche wie aus der Beschlußformel ersichtlich ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich die Angeklagten insoweit nicht anders als geschehen hätten verteidigen können. Auch ist der Senat durch das Verschlechterungsgebot (§ 358 Abs. 2 StPO) nicht gehindert, nunmehr beide Angeklagten wegen insgesamt 33 Einzelakten des Betruges schuldig zu sprechen (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. § 331 Rdn. 8 m.w.Nachw.).
Die Abänderung der Schuldsprüche führt bei beiden Angeklagten zum Wegfall sämtlicher Einzelstrafen und der Gesamtstrafe. Denn auch die Einzelstrafen , die das Landgericht für die selbständig tatmehrheitlich bestehenbleibenden betrügerischen Einzeltaten festgesetzt hat, können keinen Bestand haben, da nicht ausgeschlossen werden kann, daß deren Bemessung durch die Einzelstrafen der nunmehr zu Tateinheit zusammengefaßten Fälle beeinflußt wurde. Im Fall II. 8. (13.) der Urteilsgründe ergibt sich das Erfordernis neuer Einzelstrafenfestsetzung darüber hinaus schon aus der oben näher dargelegten Aufspaltung in zwei betrügerische Einzelakte.
Die Strafaussprüche sind daher insgesamt aufzuheben. Dies gilt jedoch nicht für die diesbezüglichen bisherigen Feststellungen. Diese wurden rechtsfehlerfrei getroffen und können daher bestehen bleiben. Dies schließt nicht aus, daß die nunmehr zur Entscheidung berufene Strafkammer insoweit ergänzende Feststellungen trifft, soweit sie zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
Kutzer Miebach Pfister RiBGH von Lienen ist durch Urlaub Becker verhindert zu unterschreiben. Kutzer

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

16
a) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt im Hinblick auf die Konkurrenz das Folgende:

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 374/11
vom
20. Dezember 2011
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer Vergewaltigung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
20. Dezember 2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 21. Juni 2011 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit
a) die Bildung einer Gesamtstrafe unterblieben ist,
b) im Maßregelausspruch. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine Strafkammer des Landgerichts Hildesheim zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hatte gegen den Angeklagten am 23. April 2010 wegen besonders schwerer Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung auf eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren erkannt und ihn unter Einbeziehung der durch Urteil des Landgerichts Hannover vom 16. Juni 2006 verhängten Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hatte es bestimmt, dass wegen der überlangen Verfahrensdauer sechs Monate Freiheitsstrafe als vollstreckt gelten. Von der Anordnung einer Maßregel nach § 64 oder § 66 StGB hatte es abgesehen. Auf die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hob der Senat dieses Urteil im Strafausspruch und soweit die Strafkammer von der Anordnung einer Maßregel abgesehen hatte auf (Senatsbeschluss vom 25. November 2010 - 3 StR 382/10, NStZ-RR 2011, 78). Das Landgericht hat den Angeklagten nunmehr wegen der verfahrensgegenständlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt und die Sicherungsverwahrung angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision.
2
Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen weitgehenden Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Die Begründung, mit welcher das Landgericht von der Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe gemäß § 55 StGB abgesehen hat, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
4
Das Landgericht hat für die am 7. Mai 2003 begangene verfahrensgegenständliche Tat eine Freiheitsstrafe von acht Jahren für tat- und schuldangemessen erachtet. An einer Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten aus dem Urteil des Landgerichts Hannover vom 16. Juni 2006 hat es sich mit der Begründung, gehindert gesehen, diese Strafe sei seit dem 10. Mai 2010 vollständig vollstreckt und deshalb erledigt. Es hat sodann im Wege eines Härteausgleichs von der aus seiner Sicht schuldangemessen Freiheitsstrafe von acht Jahren einen Abschlag von zwei Jahren und drei Monaten vorgenommen und auf eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten erkannt.
5
Die Strafkammer hat dabei verkannt, dass bei Aufhebung einer Gesamtstrafe durch das Revisionsgericht und Zurückverweisung der Sache an das Tatgericht in der neuen Verhandlung die Gesamtstrafe nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der ersten tatrichterlichen Verhandlung vorzunehmen ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 3. November 2009 - 3 StR 427/09 mwN; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 55 Rn. 37). Danach hätte das Landgericht seiner Prüfung die Vollstreckungssituation am 23. April 2010 zugrunde legen müssen. Zu diesem Zeitpunkt war die Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Hannover vom 16. Juni 2006 aber noch nicht vollständig erledigt und deshalb gemäß § 55 StGB gesamtstrafenfähig.
6
Der Rechtsfehler hat sich zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt. Das Landgericht hat ersichtlich übersehen, dass der Senat den Strafausspruch des Urteils vom 23. April 2010 gemäß § 301 StPO ausschließlich zugunsten des Angeklagten aufgehoben hat. Wegen des Verschlechterungsverbots (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) war das Landgericht deshalb gehindert, die Höhe der Rechtsfolgen der Tat zum Nachteil des Angeklagten zu ändern (Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 358 Rn. 11). Dies ist hier jedoch trotz des vorgenommenen Härteausgleichs geschehen. Denn die für die verfahrensgegenständliche Tat festgesetzte Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten und die gesamtstrafenfähige Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten aus dem Urteil vom 16. Juni 2006 übersteigen zusammengenommen die Höhe der im ersten Durchgang verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten.
7
Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da sich die Grundlagen für die Bemessung der neuen Gesamtstrafe geändert haben. Der neue Tatrichter wird der Gesamtstrafenbildung neben der Strafe aus dem Urteil vom 16. Juni 2006 die für die verfahrensgegenständliche Tat nunmehr verhängte Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten zugrunde zu legen haben. Zwar ist die Berücksichtigung eines Härteausgleichs bei Bemessung dieser Strafe rechtsfehlerhaft vorgenommen worden. Dieser Rechtsfehler hat sich aber ausschließlich zugunsten des Angeklagten ausgewirkt und ist daher auf seine Revision nicht zu beanstanden. Es kommt deshalb nicht darauf an, dass aus den oben genannten Gründen auch die vom Landgericht als schuld- und tatangemessen angesehene Freiheitsstrafe von acht Jahren gegen das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO verstieße, da im ersten Durchgang für die verfahrensgegenständliche Tat lediglich eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren festgesetzt worden war.
8
Bei Bildung der Gesamtstrafe wird der neue Tatrichter als Obergrenze die im Urteil vom 23. April 2011 gebildete Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten zu beachten haben.
9
2. Die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 3 Satz 1 und 2 StGB hat ebenfalls keinen Bestand.
10
a) Das Landgericht hat bei der vorrangig anzustellenden Prüfung, ob der Gefährlichkeit des Angeklagten nicht allein durch eine andere Maßregel begegnet werden kann (§ 72 Abs. 1 StGB), dessen Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB mit rechtlich unzureichender Begründung abgelehnt.
11
Die Delinquenz des mittlerweile 66-jährigen, seit 1972 u.a. mehrfach wegen Sexual- und Gewaltdelikten vorbestraften Angeklagten ging nach den Feststellungen des Landgerichts in den hier relevanten Fällen stets mit Alkoholkonsum bzw. Alkoholmissbrauch einher. Auch bei der verfahrensgegenständlichen Tat stand er unter erheblichem Alkoholeinfluss.
12
Das sachverständig beratene Landgericht hat rechtsfehlerfrei eine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit des Angeklagten im Sinne des § 21 StGB infolge eines Zusammenwirkens der Alkoholbeeinflussung bei Tatbegehung und einer diagnostizierten dissozialen Persönlichkeitsstörung auszuschließen vermocht. Die Voraussetzungen des § 64 StGB hat es abgelehnt. Es ist, dem Sachverständigen folgend, zu dem Ergebnis gelangt, dass der Alkoholmissbrauch des Angeklagten nicht den Grad einer manifesten psychischen oder gar körperlichen Abhängigkeit erreicht habe, da der Angeklagte in den letzten eineinhalb Jahren vor seiner letzten Inhaftierung während seines Zusammenlebens mit seiner Verlobten in der Lage gewesen sei, seinen Alkoholkonsum zu kontrollieren und es in jener Zeit zu keinem schwerwiegenden Alkoholmissbrauch gekommen sei. Allein unter Hinweis auf diesen Umstand hat das Landgericht auch eine intensive Neigung des Angeklagten, immer wieder Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen, ausgeschlossen.
13
Diese Begründung trägt die Ablehnung eines Hanges im Sinne des § 64 StGB nicht. Das Landgericht hat zwar seinen Ausführungen zu den Anforderungen an einen Hang im Ansatz einen zutreffenden Maßstab zugrunde gelegt. Es ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Feststellung eines Hangs im Sinne des § 64 StGB nicht das Vorliegen eines manifesten Abhängigkeitssyndroms erfordert, sondern hierfür bereits eine intensive Neigung, Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen, ausreichend ist (Fischer aaO, § 64 Rn. 7 mwN). Die Strafkammer hat sich jedoch nicht dazu verhalten, weshalb der vorübergehend kontrollierte Alkoholkonsum des Angeklagten in der Zeit vor seiner Inhaftierung nicht nur den Ausschluss eines Abhängigkeitssyndroms rechtfertigt, sondern auch gegen eine intensive Neigung des Angeklagten, Alkohol im Übermaß zu sich zu nehmen, spricht. Eine Auseinandersetzung mit dieser Frage war geboten, weil der Sachverständige, dem die Strafkammer im Übrigen uneingeschränkt gefolgt ist, die kontrollierte Alkoholaufnahme des Angeklagten in der Zeit des Zusammenlebens mit seiner Verlobten lediglich als ausreichendes Indiz für eine fehlende körperliche oder psychische Abhängigkeit angese- hen hat. Nach den Urteilsgründen hat sich der Sachverständige hingegen nicht zu der Intensität eines missbräuchlichen Alkoholkonsums des Angeklagten unterhalb der Schwelle einer Abhängigkeit geäußert. Hinzu kommt, dass im angefochtenen Urteil mehrfach auf den vom Angeklagten betriebenen "Alkoholmissbrauch" bzw. auf dessen "Alkoholproblematik", deren Bearbeitung angezeigt sei, abgestellt wird. Vor diesem Hintergrund erschließt sich ohne weitere Begründung die Annahme der Strafkammer nicht, beim Angeklagten liege auch keine "intensive Neigung" zum übermäßigen Alkoholkonsum vor.
14
b) Erweist sich danach die Ablehnung einer Maßregelanordnung nach § 64 StGB als rechtsfehlerhaft, so ist damit zugleich der Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung die Grundlage entzogen (§ 72 Abs. 1 StGB). Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Strafkammer, wäre sie vom Vorliegen eines Hanges im Sinne des § 64 StGB ausgegangen und hätte sie der Anlasstat Symptomwert für den Hang zugeschrieben, nicht nur die Gefährlichkeitsprognose , sondern auch eine hinreichend konkrete Aussicht auf eine erfolgreiche Suchtbehandlung und eine damit einhergehende deutliche Verringerung der Tätergefährlichkeit bejaht hätte.
15
c) Danach muss die Frage der Maßregelanordnung nach § 66 und § 64 StGB ebenfalls neu verhandelt und entschieden werden. Der neue Tatrichter wird dabei zum einen zu beachten haben, dass Unsicherheiten über den Erfolg allein der milderen Maßnahme zur kumulativen Anordnung von Maßregeln führen (BGH, Beschluss vom 19. Mai 2009 - 3 StR 191/09, NStZ 2010, 83). Zum anderen wird er der Prüfung einer Maßregelanordnung nach § 66 StGB den vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Urteil vom 4. Mai 2011 - 2 BvR 2365/09 u.a., NJW 2011, 1931) geforderten strengen Maßstab einer "strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung" zugrunde zu legen haben. Dabei wird er insbesondere die Frage der Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer schwerer Gewalt- oder Sexualtaten eingehender als bisher geschehen zu erörtern (Senatsbeschlüsse vom 2. August 2011 - 3 StR 208/11 und vom 4. August 2011 - 3 StR 175/11, StV 2011, 672) und sich hierbei vor allem auch mit dem fortgeschrittenen Alter des Angeklagten und einer etwa damit einhergehenden geringeren Gefährlichkeit auseinanderzusetzen haben.
16
3. Der Senat hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Sache an ein anderes Landgericht zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO).
Becker Pfister Sost-Scheible Hubert Mayer