Bundesgerichtshof Beschluss, 20. März 2017 - KZR 75/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:200317BKZR75.15.0
bei uns veröffentlicht am20.03.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 15. September 2015 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf 44.655,79 € festgesetzt.

Gründe

1

I. Der Kläger ist freier Journalist. Er verlangt von den Beklagten Nachvergütung gemäß § 32 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 UrhG für Artikel und Photographien, die in den Jahren 2010 bis 2013 in der Tageszeitung "R.        " und in deren Online-Archiv veröffentlicht worden sind. Das Berufungsgericht hat dem Kläger einen Nachvergütungsanspruch gegenüber der Beklagten zu 1 in Höhe von 41.396,57 € und gegenüber der Beklagten zu 2 in Höhe von 3.671,80 €, jeweils zuzüglich näher bestimmter Zinsen, zugesprochen. Es hat dabei angenommen, die bisher gezahlte Vergütung sei unangemessen, weil sie die in den gemeinsamen Vergütungsregeln für freie hauptberufliche Journalisten an Tageszeitungen vom 29. Januar 2010 (GVR Tageszeitungen) festgesetzte Vergütung unterschritten habe.

2

Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen wenden sich die Beklagten mit der Nichtzulassungsbeschwerde, der der Kläger entgegentritt.

3

II. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung aufweist noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 543 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZPO).

4

Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergibt sich nicht im Hinblick auf die von der Beschwerde aufgezeigten kartellrechtlichen Bedenken gegen die Wirksamkeit der GVR. Die Beklagten haben den kartellrechtlichen Einwand erstmals in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Vor dem Berufungsgericht haben sie weder einen Verstoß der GVR gegen Kartellrecht geltend gemacht noch Vortrag gehalten, aus dem sich ein Kartellrechtsverstoß schlüssig ergibt.

5

Auf der Grundlage seiner Feststellungen hatte das Berufungsgericht keinen Anlass, die Frage der kartellrechtlichen Wirksamkeit der GVR zu erörtern. Die GVR sind vom Kartellverbot des § 1 GWB ausgenommen (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern, BT-Drucks. 14/6433, S. 12). In Betracht käme daher allein ein Verstoß gegen Art. 101 AEUV. Insoweit fehlt es indes an Vortrag der Beklagten und Feststellungen des Berufungsgerichts zum Tatbestandsmerkmal der spürbaren Handelsbeeinträchtigung. Zwar können vertikale Vereinbarungen über Preise, die das Gesamtgebiet eines Mitgliedstaats erfassen, im Hinblick auf ihren Abschottungseffekt gegenüber Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten dieses Tatbestandsmerkmal erfüllen (vgl. Kommission, Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Art. 81 und 82 des Vertrags, ABl. 2004 - C 101/81 Rn. 86, 88). Ob die GVR geeignet sind, eine spürbare Handelsbeeinträchtigung herbeizuführen, bedarf aber näherer Prüfung (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Dezember 2014 - C-413/13, WuW/E DE-R 3251 Rn. 17 - FNV Kunsten). Aufgrund des Vortrags der Parteien und der von ihm getroffenen Feststellungen hatte das Berufungsgericht keinen Anlass, diese Frage aufzuklären.

6

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO).

7

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Limperg     

      

Meier-Beck     

      

Kirchhoff

      

Bacher     

      

Deichfuß     

      

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 20. März 2017 - KZR 75/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 20. März 2017 - KZR 75/15

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. März 2017 - KZR 75/15 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 1 Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen


Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.

Urheberrechtsgesetz - UrhG | § 32 Angemessene Vergütung


(1) Der Urheber hat für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, gilt die angemessene Vergütung als vereinbart. Soweit die vere

Referenzen

(1) Der Urheber hat für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, gilt die angemessene Vergütung als vereinbart. Soweit die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist, kann der Urheber von seinem Vertragspartner die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, durch die dem Urheber die angemessene Vergütung gewährt wird.

(2) Eine nach einer gemeinsamen Vergütungsregel (§ 36) ermittelte Vergütung ist angemessen. Im Übrigen ist die Vergütung angemessen, wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem entspricht, was im Geschäftsverkehr nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit, insbesondere nach Dauer, Häufigkeit, Ausmaß und Zeitpunkt der Nutzung, unter Berücksichtigung aller Umstände üblicher- und redlicherweise zu leisten ist. Eine pauschale Vergütung muss eine angemessene Beteiligung des Urhebers am voraussichtlichen Gesamtertrag der Nutzung gewährleisten und durch die Besonderheiten der Branche gerechtfertigt sein.

(2a) Eine gemeinsame Vergütungsregel kann zur Ermittlung der angemessenen Vergütung auch bei Verträgen herangezogen werden, die vor ihrem zeitlichen Anwendungsbereich abgeschlossen wurden.

(3) Auf eine Vereinbarung, die zum Nachteil des Urhebers von den Absätzen 1 bis 2a abweicht, kann der Vertragspartner sich nicht berufen. Die in Satz 1 bezeichneten Vorschriften finden auch Anwendung, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden. Der Urheber kann aber unentgeltlich ein einfaches Nutzungsrecht für jedermann einräumen.

(4) Der Urheber hat keinen Anspruch nach Absatz 1 Satz 3, soweit die Vergütung für die Nutzung seiner Werke tarifvertraglich bestimmt ist.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)