Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Jan. 2014 - XII ZB 95/13

bei uns veröffentlicht am16.01.2014
vorgehend
Amtsgericht Darmstadt, 54 F 1243/10 VM, 14.04.2011
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 6 UF 200/11, 12.02.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 95/13
vom
16. Januar 2014
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Januar 2014 durch
den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Guhling

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Staatskasse wird der Beschluss des 6. Senats für Familiensachen in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 12. Februar 2013 teilweise aufgehoben und insgesamt neu gefasst.
Auf die Beschwerde der Staatskasse wird der Beschluss des Amtsgerichts Darmstadt vom 14. April 2011 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst: Die dem weiteren Beteiligten zu 1 aus der Staatskasse zu erstattenden Ansprüche für seine Tätigkeit als berufsmäßiger Ergänzungspfleger werden unter Zurückweisung seines darüber hinausgehenden Vergütungsantrags vom 6. April 2011 auf 139,82 € festgesetzt. Die weitergehende Beschwerde der Staatskasse wird zurückgewiesen.
Die Rechtsmittelverfahren sind gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Beschwerdewert: 289 €

Gründe:

I.

1
Das Verfahren betrifft die Vergütung des Ergänzungspflegers für einen unbegleitet eingereisten minderjährigen Flüchtling.
2
Das Amtsgericht bestellte Ende 2009 das Jugendamt zum Vormund des mittellosen Minderjährigen und den Beteiligten zu 1, einen Rechtsanwalt, zum berufsmäßigen Ergänzungspfleger mit dem Aufgabenkreis der Vertretung des Minderjährigen in asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten. Der Ergänzungspfleger führte in Anwesenheit eines Dolmetschers ein Gespräch mit dem Minderjährigen und reichte einen Asylantrag für ihn ein. Ferner begleitete er ihn zur Anhörung im Asylverfahren. Er erstattete sodann seinen Bericht gegenüber dem Amtsgericht und beantragte, seine Kosten und Auslagen in Höhe von 428,64 € festzusetzen. Hierbei berechnete er bei einem Gegenstandswert von 3.000 € eine 1,8-Gebühr nach §§ 13, 14 RVG sowie nach § 2 Abs. 2 RVG i.V.m. Nr. 2300 VV RVG nebst Auslagen und Umsatzsteuer.
3
Das Amtsgericht hat die dem Ergänzungspfleger aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütungsansprüche in beantragter Höhe festgesetzt. Das Oberlandesgericht hat die zugelassene Beschwerde der Beteiligten zu 2 (im Folgenden : Staatskasse), mit der diese eine Herabsetzung der Vergütung auf Beratungshilfesätze und damit auf 99,96 € erstrebt hat, zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Staatskasse, die dem Ergänzungspfleger für den Teil seiner Tätigkeit, der seinem "beruflichen Dienst" zuzuordnen sei, zuzuerkennende Vergütung auf die Sätze der Beratungshilfe zu begrenzen. Außerdem sei ihm für die auf eine Stunde zu schätzende Erstellung des Berichts ein Betrag von 33,50 € zu vergüten. Mit Auslagen und Umsatzsteuer ergebe sich daher eine Vergütung von 139,82 €.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Dem Ergänzungspfleger stehen jedenfalls keine über 139,82 € hinausgehenden Ansprüche gegen die Staatskasse zu.
5
1. Die für vorliegendes Verfahren maßgeblichen Rechtsfragen hat der Senat - nach Erlass der angegriffenen Entscheidung - mit Beschluss vom 4. Dezember 2013 (XII ZB 57/13 - zur Veröffentlichung bestimmt), auf den in vollem Umfang Bezug genommen wird, entschieden.
6
a) Danach war die Bestellung eines Ergänzungspflegers für den unbegleiteten minderjährigen Flüchtling zwar nicht zulässig, was ihrer Wirksamkeit aber nicht entgegensteht. Sie bindet daher die Gerichte im Vergütungsfestsetzungsverfahren.
7
b) Der als Ergänzungspfleger bestellte Rechtsanwalt kann eine Pflegschaftstätigkeit gemäß §§ 1915 Abs. 1, 1835 Abs. 3 BGB nach anwaltlichem Gebührenrecht abrechnen, wenn und soweit sich die zu bewältigende Aufgabe als eine für den Beruf des Rechtsanwalts spezifische Tätigkeit darstellt. Denn der Pflegling - und bei wie hier mittellosen Betroffenen die Staatskasse - soll keinen Vorteil daraus ziehen, dass sein Pfleger zufällig aufgrund einer besonderen beruflichen Qualifikation etwas verrichten kann, wozu ein anderer Pfleger berechtigterweise die entgeltlichen Dienste eines Dritten in Anspruch nehmen würde. Daraus folgt jedoch nicht, dass jedwede Tätigkeit des anwaltlichen Ergänzungspflegers , die er im Rahmen der Pflegschaft erbringt (also auch eine solche, die ein nichtanwaltlicher Ergänzungspfleger ohne Hinzuziehung eines Rechtsanwalts geleistet hätte), einen Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 1835 Abs. 3 BGB begründet.
8
c) Das Oberlandesgericht hat nicht geprüft, ob bzw. inwieweit die vorliegend vom Ergänzungspfleger im Rahmen seiner Amtsführung geleisteten Dienste spezifische anwaltliche Tätigkeiten darstellen, die allein eine Abrechnung gemäß § 1835 Abs. 3 BGB in Verbindung mit dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz begründen können. Die Rechtsbeschwerde stellt das Bestehen eines solchen Aufwendungsersatzanspruchs dem Grunde nach aber nicht in Frage.
9
Mit Erfolg macht sie jedoch geltend, dass dem Ergänzungspfleger insoweit jedenfalls kein die Beratungshilfesätze übersteigender Anspruch zusteht (Senatsbeschluss vom 4. Dezember 2013 - XII ZB 57/13 - zur Veröffentlichung bestimmt). Entgegen der Annahme des Beschwerdegerichts geht die Tätigkeit des anwaltlichen Ergänzungspflegers für den Minderjährigen im verwaltungsrechtlichen Asylverfahren nicht über die Leistungen hinaus, die ein Rechtsanwalt im Rahmen der Beratungshilfe schuldet.
10
d) Einen Anspruch auf eine nach Stunden berechnete Vergütung gemäß §§ 1915 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 letzter Halbsatz, 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB, § 3 Abs. 1 VBVG für nicht anwaltsspezifische Tätigkeiten hat der Beteiligte zu 1 nicht geltend gemacht. Soweit die Rechtsbeschwerde gleichwohl eine Stunde als gemäß § 3 Abs. 1 VBVG vergütungsfähig zugesteht, ist dies der Nachprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren entzogen.
11
2. Mithin kann der Beteiligte zu 1 jedenfalls nicht mehr als die 139,82 € für seine Tätigkeit als Ergänzungspfleger mit Erfolg geltend machen. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus der Gebühr nach Nr. 2503 VV RVG (in der hier maßgeblichen, vor dem 1. August 2013 geltenden Fassung) nebst Pauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG, jeweils gemäß Nr. 7008 VV RVG zuzüglich Umsatzsteuer, sowie dem Betrag von 33,50 € nebst Umsatzsteuer (eine Stunde gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG), bezüglich dessen die Rechtsbeschwerde nicht geführt wird.
Dose Weber-Monecke Schilling Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
AG Darmstadt, Entscheidung vom 14.04.2011 - 54 F 1243/10 VM -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 12.02.2013 - 6 UF 200/11 -

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Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 14 Rahmengebühren


(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermöge

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 2 Höhe der Vergütung


(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert). (2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 13 Wertgebühren


(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem Gegen- standswert bis ... Eurofür jeden angefangenen Betrag von weiteren ... Euroum ... E

Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG | § 3 Stundensatz des Vormunds


(1) Die dem Vormund nach § 1 Abs. 2 zu bewilligende Vergütung beträgt für jede Stunde der für die Führung der Vormundschaft aufgewandten und erforderlichen Zeit 23 Euro. Verfügt der Vormund über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Vormundsc

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Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Dez. 2013 - XII ZB 57/13

bei uns veröffentlicht am 04.12.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 57/13 vom 4. Dezember 2013 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §§ 1915, 1835 Abs. 3; BeratHiG §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 a) Der als Ergänzungspfleger bestellte Rechtsa

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(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem

Gegen-
standswert
bis ... Euro
für jeden
angefangenen
Betrag von
weiteren ... Euro
um
... Euro
2 00050039
10 0001 00056
25 0003 00052
50 0005 00081
200 00015 00094
500 00030 000132
über
500 000

50 000

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Eine Gebührentabelle für Gegenstandswerte bis 500 000 Euro ist diesem Gesetz als Anlage 2 beigefügt.

(2) Bei der Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft (Absatz 2 der Anmerkung zu Nummer 2300 des Vergütungsverzeichnisses), beträgt bei einem Gegenstandswert bis 50 Euro die Gebühr abweichend von Absatz 1 Satz 1 30 Euro.

(3) Der Mindestbetrag einer Gebühr ist 15 Euro.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).

(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 57/13
vom
4. Dezember 2013
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der als Ergänzungspfleger bestellte Rechtsanwalt kann gemäß § 1835
Abs. 3 BGB eine Pflegschaftstätigkeit nach anwaltlichem Gebührenrecht abrechnen
, wenn und soweit sich die zu bewältigende Aufgabe als eine für den
Beruf des Rechtsanwalts spezifische Tätigkeit darstellt.

b) Der Aufwendungsersatzanspruch des anwaltlichen Ergänzungspflegers
eines mittellosen Pfleglings ist im Rahmen der Abrechnung nach dem
Rechtsanwaltsvergütungsgesetz auf die Gebührensätze der Beratungshilfe
beschränkt.
BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2013 - XII ZB 57/13 - OLG Frankfurt am Main
AG Darmstadt
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Dezember 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Dr. Günter,
Dr. Botur und Guhling

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des 6. Senats für Familiensachen in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 29. Januar 2013 aufgehoben. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Darmstadt vom 7. November 2011 wird auf Kosten des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Beschwerdewert: 329 €

Gründe:

I.

1
Das Verfahren betrifft die Vergütung des Ergänzungspflegers für einen unbegleitet eingereisten minderjährigen Flüchtling.
2
Das Amtsgericht bestellte das Jugendamt zum Vormund des Minderjährigen und den Beteiligten zu 1, einen Rechtsanwalt, zum Ergänzungspfleger mit dem Wirkungskreis "ausländer- und asylrechtliche Betreuung". Der Ergänzungspfleger führte in Anwesenheit eines Dolmetschers ein Gespräch mit dem Minderjährigen und reichte einen Asylantrag für ihn ein. Ferner begleitete er ihn zur Anhörung im Asylverfahren. Er erstattete sodann seinen Bericht gegenüber dem Amtsgericht und beantragte, seine Kosten und Auslagen "gemäß §§ 1835, 1836 BGB" in Höhe von 498,85 € festzusetzen. Hierbei berechnete er bei einem Gegenstandswert von 3.000 € eine 1,8-Gebühr nach §§ 2, 13, 14 RVG sowie Nr. 2300 VV RVG nebst Auslagen.
3
Das Amtsgericht hat auf Basis der Gebührensätze der Beratungshilfe eine Vergütung in Höhe von 170,17 € festgesetzt. Die hiergegen gerichtete Erinnerung hat das Amtsgericht zurückgewiesen und die Beschwerde zugelassen. Das Oberlandesgericht hat die Beschlüsse des Amtsgerichts abgeändert und dem Vergütungsantrag des Ergänzungspflegers in vollem Umfang stattgegeben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Beteiligte zu 2 (im Folgenden: Staatskasse) die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Beschlusses.

II.

4
Die zulässige, insbesondere aufgrund der Zulassung durch das Beschwerdegericht gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthafte Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg.
5
1. Das Oberlandesgericht hat seine in FamRZ 2013, 1160 veröffentlichte Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
6
Ein anwaltlicher Ergänzungspfleger, der für einen minderjährigen Pflegling Dienste erbringe, für die ein anderer Pfleger wegen fehlender fachspezifischer Kenntnisse einen Rechtsanwalt hinzuziehen müsse, könne wählen, ob er wegen der von ihm geleisteten Dienste, die zu seinem Beruf gehörten, Aufwendungsersatz nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz oder eine Vergütung seiner Tätigkeit gemäß § 3 VBVG beanspruche. Entscheide er sich für die Geltendmachung von Aufwendungsersatz, könne er nach anwaltlichem Gebührenrecht abrechnen, denn der Betroffene solle keinen Vorteil daraus ziehen, dass der Pfleger aufgrund seiner Qualifikation Dienste erbringen könne, für die ein anderer Pfleger einen Rechtsanwalt gegen Entgelt beauftragen würde.
7
Dabei sei der Ergänzungspfleger nicht auf die Gebührensätze der Beratungshilfe zu verweisen, weil sich sein Einsatz für den unbegleiteten minderjährigen Flüchtling im Asylverfahren nicht auf die "typischen Tätigkeiten der Beratungshilfe" wie die rechtliche Beratung und das Anfertigen der erforderlichen Schriftsätze beschränkt habe, so dass seine Tätigkeit über das hinausgegangen sei, was er als separat beauftragter Anwalt im Rahmen der Beratungshilfe geleistet hätte. Zudem treffe den Ergänzungspfleger gegenüber einem nur aufgrund Beratungshilfe tätigen Anwalt eine höhere Verpflichtung. Der Ergänzungspfleger könne daher ohne Begrenzung durch die Gebührensätze der Beratungshilfe eine Vergütung nach §§ 1915 Abs. 1, 1835 Abs. 3 BGB i.V.m. dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz beanspruchen. Anderenfalls würde er ohne adäquate Vergütung von der staatlichen Gewalt in die Pflicht genommen und es stünde ihm allenfalls bei mehreren gleichzeitigen Pflegschaften ein Ablehnungsrecht zu. Dies hätte zur Folge, dass die für diese Aufgaben qualifiziertesten Anwälte in Fällen dringend nötiger anwaltlicher Hilfe für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge vielfach nicht mehr bestellt werden könnten. Andernfalls würde ein berufsmäßig tätiger Ergänzungspfleger, der, ohne Rechtsanwalt zu sein, den Pflegling selbst vertrete, mit einem ihm nicht zu versagenden Vergütungsanspruch nach § 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB besser gestellt.
8
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
9
a) Dem Anspruch des Ergänzungspflegers steht allerdings nicht entgegen, dass - wie der Senat zwischenzeitlich entschieden hat (Senatsbeschluss vom 29. Mai 2013 - XII ZB 530/11 - FamRZ 2013, 1206) - in Fällen wie dem vorliegenden die Bestellung eines Ergänzungspflegers für einen unbegleiteten minderjährigen Flüchtling unzulässig ist. Daran hält der Senat auch mit Blick auf Art. 6 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, sowie auf Art. 25 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes und auf Art. 24 der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, fest (aA AG Gießen Beschluss vom 21. August 2013 - 249 F 1635/13 VM - juris Rn. 11 ff.; Hocks JAmt 2013, 429). Die darin vorgesehene sachkundige Vertretung des unbegleiteten Minderjährigen wird grundsätzlich durch das Jugendamt als Vormund gewährleistet. Bereits aus dem Wortlaut von Art. 25 Abs. 1 Buchst. b Satz 2 RL 2013/32/EU ergibt sich im Übrigen, dass der dem Minderjährigen zu bestellende Vertreter gerade nicht Rechtsanwalt sein muss; denn gemäß dieser Bestimmung ist sicherzustellen, dass bei der Anhörung "ein Ver- treter und/oder ein Rechtsanwalt…" anwesend ist.
10
Dass die Ergänzungspflegschaft fehlerhaft angeordnet wurde, steht der Wirksamkeit der Bestellung jedoch nicht entgegen, so dass die Gerichte im Vergütungsfestsetzungsverfahren hieran gebunden sind (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 2011, 141, 142 mwN).
11
b) Zutreffend ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass der als Ergänzungspfleger bestellte Rechtsanwalt eine Pflegschaftstätigkeit gemäß §§ 1915 Abs. 1, 1835 Abs. 3 BGB nach anwaltlichem Gebührenrecht abrech- nen kann, wenn und soweit sich die zu bewältigende Aufgabe als eine für den Beruf des Rechtsanwalts spezifische Tätigkeit darstellt. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz, dass der Pflegling - und bei mittellosen Betroffenen die Staatskasse - keinen Vorteil daraus ziehen soll, dass sein Pfleger zufällig aufgrund einer besonderen beruflichen Qualifikation etwas verrichten kann, wozu ein anderer Pfleger berechtigterweise die entgeltlichen Dienste eines Dritten in Anspruch nehmen würde (vgl. Senatsbeschlüsse vom 17. November 2010 - XII ZB 244/10 - FamRZ 2011, 203 Rn. 13 f. und vom 20. Dezember 2006 - XII ZB 118/03 - FamRZ 2007, 381, 382 f.). Daraus folgt jedoch nicht, dass jedwede Tätigkeit des anwaltlichen Ergänzungspflegers, die er im Rahmen der Pflegschaft erbringt (also auch eine solche, die ein nichtanwaltlicher Ergänzungspfleger ohne Hinzuziehung eines Rechtsanwalts geleistet hätte), einen Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 1835 Abs. 3 BGB begründet (vgl. hierzu z.B. KG FamRZ 2012, 63; MünchKommBGB/Wagenitz 6. Aufl. § 1835 Rn. 40 ff.; Staudinger/Bienwald BGB [2004] § 1835 Rn. 30 ff.; Erman/Saar BGB 13. Aufl. § 1835 Rn. 6 f.; Pammler-Klein/Pammler in jurisPK-BGB 6. Aufl. § 1835 Rn. 86 ff.; HUK-BUR/Bauer/Deinert [Stand: Juli 2008] § 1835 BGB Rn. 54 ff.; Knittel Betreuungsrecht [Stand: 1. März 2013] § 1835 BGB Rn. 67 ff.; Damrau /Zimmermann Betreuungsrecht 4. Aufl. § 1835 BGB Rn. 57 ff., 63 ff.; Bienwald in Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann Betreuungsrecht 5. Aufl. § 1835 BGB Rn. 34 ff.; BeckOK/Bettin BGB [Stand: 1. August 2013] § 1835 Rn. 7; Palandt/ Götz BGB 73. Aufl. § 1835 Rn. 13; Jürgens Betreuungsrecht 4. Aufl. § 1835 Rn. 15).
12
c) Ob bzw. inwieweit die vorliegend vom Ergänzungspfleger im Rahmen seiner Amtsführung geleisteten Dienste spezifische anwaltliche Tätigkeiten in diesem Sinne darstellen, hat das Oberlandesgericht nicht geprüft. Es hat vielmehr unter Verweis darauf, dass dem anwaltlichen Ergänzungspfleger ein Wahlrecht zwischen Aufwendungsersatz und Vergütung auf Stundenbasis zustehe , einen Aufwendungsersatzanspruch dem Grunde nach bejaht.
13
Diese Erwägung trägt jedenfalls im zu entscheidenden Fall bereits deswegen nicht, weil es an der für den Vergütungsanspruch gemäß § 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB konstitutiven Feststellung fehlt, dass die Ergänzungspflegschaft berufsmäßig geführt wird (vgl. Senatsbeschluss vom 9. November 2005 - XII ZB 49/01 - FamRZ 2006, 111, 114), und mithin eine Abrechnung auf Stundenbasis nicht in Betracht kam.
14
d) Das kann hier jedoch dahinstehen. Denn die Rechtsbeschwerde, die das Bestehen eines Aufwendungsersatzanspruchs dem Grunde nach nicht in Frage stellt, hat schon deshalb Erfolg, weil dem Ergänzungspfleger jedenfalls kein die Beratungshilfesätze übersteigender Anspruch zusteht.
15
aa) Den anwaltlichen Ergänzungspfleger trifft ebenso wie den Anwaltsbetreuer die Pflicht zur kostensparenden Amtsführung. Er muss daher für eine gerichtliche Vertretung eines mittellosen Betroffenen Prozesskostenhilfe beantragen und kann auch bei deren Versagung als Aufwendungsersatz gemäß § 1835 Abs. 3 und 4 BGB gegenüber der Staatskasse jedenfalls keine höheren Gebühren geltend machen als diejenigen, die ein beigeordneter Rechtsanwalt gemäß § 49 RVG erhält. In gleicher Weise ist der anwaltliche Ergänzungspfleger verpflichtet, für die außergerichtliche Beratung und Vertretung seines Pfleglings Beratungshilfe in Anspruch zu nehmen (vgl. zum Ganzen Senatsbeschluss vom 20. Dezember 2006 - XII ZB 118/03 - FamRZ 2007, 381, 383 f.). Übernimmt er diese Beratung und Vertretung selbst, ist er im Rahmen seines Aufwendungsersatzanspruchs auf die Beratungshilfesätze beschränkt. Denn das Pflegschaftsverhältnis rechtfertigt keine Besserstellung des mittellosen Pfleglings gegenüber einem anderen unbemittelten Mandanten.
16
bb) Etwas anderes gilt auch nicht hinsichtlich der Tätigkeit des anwaltlichen Ergänzungspflegers für den Minderjährigen im verwaltungsrechtlichen Asylverfahren. Diese geht - entgegen der Annahme des Beschwerdegerichts - nicht über die Leistungen hinaus, die ein Rechtsanwalt im Rahmen der Beratungshilfe schuldet.
17
Beratungshilfe wird gemäß § 1 Abs. 1 BerHG außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens und damit auch im verwaltungsrechtlichen Asylverfahren gewährt (vgl. Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck Prozess- und Verfahrenskostenhilfe , Beratungshilfe 6. Aufl. Rn. 621). Nach § 2 Abs. 1 BerHG besteht sie in der Beratung und, soweit erforderlich, in der Vertretung. Beratung ist hierbei die Erteilung eines mündlichen oder schriftlichen Rates oder einer Auskunft. Sie kann auch umfangreiche Besprechungen und abschließende Formulierungshilfe - wie beispielsweise bei einem Vertragsentwurf - zum Gegenstand haben (vgl. Mayer/Kroiß/Pukall RVG 6. Aufl. § 44 Rn. 22; Schoreit/Groß BerH/PKH/VKH 11. Aufl. § 2 BerHG Rn. 5 f.; Hartung/Römermann/Schons RVG 2. Aufl. § 44 Rn. 20 f.; Baumgärtel/Hergenröder/Houben RVG 15. Aufl. § 44 Rn. 2; Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck Prozess- und Verfahrenskostenhilfe , Beratungshilfe 6. Aufl. Rn. 967). Eine Vertretung ist erforderlich, wenn der Rechtsuchende nach der Beratung angesichts des Umfangs, der Schwierigkeit oder der Bedeutung der Rechtsangelegenheit für ihn seine Rechte nicht selbst wahrnehmen kann. Sie kann sich auf die Anfertigung von Schriftsätzen, das Führen von Telefonaten und auf mündliches Verhandeln für den Rechtsuchenden , etwa mit dem gegnerischen Anwalt, erstrecken (vgl. Mayer/Kroiß/Pukall RVG 6. Aufl. § 44 Rn. 23; Schoreit/Groß BerH/PKH/VKH 11. Aufl. § 2 BerHG Rn. 8 ff.; Poller/Teubel/Köpf Gesamtes Kostenhilferecht § 2 BerHG Rn. 21; Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe 6. Aufl. Rn. 967). Die Geschäftsgebühr der Nr. 2503 VV RVG deckt dabei alle in Nrn. 2300 ff. VV RVG genannten anwaltlichen Tätigkeiten ab, also sowohl den Geschäftsverkehr als auch die Besprechung mit Gegner oder Dritten (vgl. Rehberg in Göttlich /Mümmler RVG 5. Aufl. "Beratungshilfe" Anm. 7.7).
18
Unter den Begriff der Vertretung fällt damit sowohl die Fertigung des Asylantrags als auch die Vertretung des Minderjährigen bei der Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.
19
cc) Dem Beschwerdegericht kann auch nicht darin gefolgt werden, dass diese Sichtweise zu einer gegenüber einem anwaltlichen Berufsbetreuer unterschiedlichen Vergütungsregelung führen würde. Denn für beide wird in § 1908 i Abs. 1 BGB bzw. § 1915 Abs. 1 BGB gleichermaßen auf § 1835 Abs. 3 BGB verwiesen.
20
dd) Keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung gibt schließlich die Erwägung des Beschwerdegerichts, ein Ergänzungspfleger würde, soweit er nur die Gebührensätze der Beratungshilfe erhielte, ohne adäquate Vergütung von der staatlichen Gewalt in die Pflicht genommen mit der Folge, dass die qualifiziertesten Anwälte für diese Aufgabe nicht mehr gewonnen werden könnten. Denn ein Rechtsanwalt, der berufsmäßig als Ergänzungspfleger tätig wird und bei dem diese berufsmäßige Amtsführung gemäß § 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB festgestellt ist, kann eine Vergütung seiner Tätigkeit nach Stunden gemäß §§ 1915 Abs. 1, 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB i. V. m. § 3 VBVG beanspruchen. Dass diese vom Gesetz vorgesehene pauschalierte Vergütung - zumal in Anbetracht der zusätzlichen Abrechnungsmöglichkeit des § 1835 Abs. 3 BGB bei spezifisch anwaltlichen Tätigkeiten - generell unzureichend wäre, ist nicht ersichtlich.
21
e) Dem Ergänzungspfleger steht daher kein höherer Aufwendungsersatzanspruch als die vom Amtsgericht zuerkannten 170,17 € zu, so dass der Rechtsbeschwerde der Staatskasse in vollem Umfang stattzugeben ist. Dose Klinkhammer Günter Botur Guhling
Vorinstanzen:
AG Darmstadt, Entscheidung vom 07.11.2011 - 51 F 1340/10 PF -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 29.01.2013 - 6 UF 344/11 -

(1) Die dem Vormund nach § 1 Abs. 2 zu bewilligende Vergütung beträgt für jede Stunde der für die Führung der Vormundschaft aufgewandten und erforderlichen Zeit 23 Euro. Verfügt der Vormund über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Vormundschaft nutzbar sind, so erhöht sich der Stundensatz

1.
auf 29,50 Euro, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind;
2.
auf 39 Euro, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind.
Eine auf die Vergütung anfallende Umsatzsteuer wird, soweit sie nicht nach § 19 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes unerhoben bleibt, zusätzlich ersetzt.

(2) Bestellt das Familiengericht einen Vormund, der über besondere Kenntnisse verfügt, die für die Führung der Vormundschaft allgemein nutzbar und durch eine Ausbildung im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 erworben sind, so wird vermutet, dass diese Kenntnisse auch für die Führung der dem Vormund übertragenen Vormundschaft nutzbar sind. Dies gilt nicht, wenn das Familiengericht aus besonderen Gründen bei der Bestellung des Vormunds etwas anderes bestimmt.

(3) Soweit die besondere Schwierigkeit der vormundschaftlichen Geschäfte dies ausnahmsweise rechtfertigt, kann das Familiengericht einen höheren als den in Absatz 1 vorgesehenen Stundensatz der Vergütung bewilligen. Dies gilt nicht, wenn der Mündel mittellos ist.

(4) Der Vormund kann Abschlagszahlungen verlangen.