Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Nov. 2007 - XII ZB 136/04

bei uns veröffentlicht am15.11.2007
vorgehend
Oberlandesgericht Stuttgart, 18 UF 30/03, 20.04.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 136/04
vom
15. November 2007
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGBGB Art. 224 § 2 Abs. 3; BGB § 1626 a Abs. 1 Nr. 1

a) Die Ersetzung der Sorgeerklärung nach Art. 224 § 2 Abs. 3 EGBGB, § 1626 a
Abs. 1 Nr. 1 BGB setzt die positive Feststellung voraus, dass die gemeinsame elterliche
Sorge dem Kindeswohl dient.

b) Durch die Ersetzung der Sorgeerklärung kann die gemeinsame elterliche Sorge
nur umfassend und nicht lediglich für bestimmte Teilbereiche begründet werden.
BGH, Beschluss vom 15. November 2007 - XII ZB 136/04 - OLG Stuttgart
AG Tübingen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. November 2007 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Dr. Ahlt und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 18. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 20. April 2004 wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Beschwerdewert: 3.000 €

Gründe:


I.

1
Der Beteiligte zu 1 begehrt die Ersetzung der Sorgeerklärung der Beteiligten zu 2 nach Art. 224 § 2 Abs. 3 EGBGB i.V.m. § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB.
2
Der Beteiligte zu 1 (Antragsteller, Vater) und die Beteiligte zu 2 (Antragsgegnerin , Mutter) sind die nicht miteinander verheirateten Eltern des am 2. April 1993 geborenen Kindes J., für das der Vater durch Standesamtsurkunde vom 8. April 1993 die Vaterschaft anerkannt hat. Nach der Geburt des Kindes lebten die Eltern in nichtehelicher Lebensgemeinschaft und betreuten das Kind zunächst gemeinsam. Seit der Trennung im Jahre 1996 lebt J. aufgrund einer Vereinbarung der Eltern von Montag bis Mittwoch bei dem Vater und von Mitt- woch abends bis Freitag bei der Mutter. Die Wochenenden verbringt er abwechselnd jeweils bei einem Elternteil. Der Vater strebt die gemeinsame elterliche Sorge an; er hat am 12. Februar 1999 vor dem Kreisjugendamt eine Sorgeerklärung nach § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB abgegeben. Die Mutter lehnt ein gemeinsames Sorgerecht ab, weil sie befürchtet, der Vater wolle sich in ihr Leben einmischen und strebe eventuell auf Dauer das alleinige Sorgerecht an.
3
Dem Antrag des Vaters, die elterliche Sorge für J., hilfsweise das Aufenthaltsbestimmungsrecht , die Wahl der Schullaufbahn und der beruflichen Ausbildung sowie grundlegende Entscheidungen im Bereich der medizinischen Vorsorge, "auf beide Eltern gemeinsam zu übertragen", hatte das Amtsgericht - Familiengericht - nicht stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Vaters hatte das Oberlandesgericht zurückgewiesen (FamRZ 2000, 632 f.). Die zugelassene weitere Beschwerde des Vaters war ohne Erfolg geblieben. Zur Begründung hatte der Senat ausgeführt, die gemeinsame elterlicher Sorge komme bereits aus Rechtsgründen nicht in Betracht, da die Eltern nicht miteinander verheiratet seien und die nach § 1626 a Nr. 1 BGB grundsätzlich erforderliche , gerichtlich nicht ersetzbare Zustimmung der Mutter fehle (Senatsbeschluss vom 4. April 2001 - XII ZB 3/00 - FamRZ 2001, 907 ff.).
4
Auf die Verfassungsbeschwerde des Vaters hat das Bundesverfassungsgericht den Senatsbeschluss vom 4. April 2001 sowie den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 2. Dezember 1999 aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Dabei hat es § 1626 a BGB insoweit für verfassungswidrig erklärt und eine gesetzliche Neuregelung gefordert, als eine Übergangsregelung für Eltern fehlt, die sich noch vor Inkrafttreten des Kindschaftsrechtsreformgesetzes am 1. Juli 1998 getrennt haben (BVerfGE 107, 150 ff. = FamRZ 2003, 285 ff.).
5
Das Oberlandesgericht hat das Verfahren entsprechend § 148 ZPO bis zur Einführung von Art. 224 § 2 Abs. 3 bis 5 EGBGB ausgesetzt. Nach Wiederaufnahme des Verfahrens hat es die Eltern, das Kind und dessen Verfahrenspfleger persönlich angehört. Durch Beschluss vom 20. April 2004 hat das Oberlandesgericht die Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts - Familiengericht - und die zuletzt gestellten Anträge des Vaters zurückgewiesen , die Sorgeerklärung der Mutter zu ersetzen bzw. hilfsweise die Sorgeerklärung insoweit zu ersetzen, als das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Wahl der Schullaufbahn sowie der beruflichen Ausbildung und grundlegende Entscheidungen im Bereich der medizinischen Versorgung betroffen sind. Dagegen wendet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Vaters.

II.

6
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
7
1. Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2004, 1397 ff. veröffentlicht ist, hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet : Die Voraussetzungen des Art. 224 § 2 Abs. 3 und 4 EGBGB, unter denen der Vater die von ihm angestrebte Beteiligung an der elterlichen Sorge für J. erlangen könne, lägen nicht vor. Zwar habe der Vater bereits eine wirksame Sorgeerklärung abgegeben, auch hätten die nicht verheirateten Eltern längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft die elterliche Verantwortung für ihr Kind gemeinsam getragen und sich vor dem 1. Juli 1998 getrennt. Die gerichtliche Ersetzung der Sorgeerklärung des anderen Elternteils sei allerdings nur dann vorzunehmen , wenn die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl diene. Die positive Feststellung der Kindeswohldienlichkeit sei Voraussetzung für den Übergang zur gemeinsamen Sorge. Die Feststellungslast für das Vorliegen dieser Voraussetzung liege bei dem antragstellenden Elternteil. Bei der Prüfung, ob die gemeinsame Sorge dem Wohl des Kindes diene, seien die aus anderen Verfahren betreffend die elterliche Sorge bekannten Kriterien, wie etwa die gewachsenen Bindungen des Kindes oder die Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft der Eltern, unter Berücksichtigung des Kindeswillens heranzuziehen. Abzustellen sei nicht auf den Zeitpunkt der Trennung der Eltern, sondern der gerichtlichen Entscheidung.
8
Aufgrund der persönlichen Anhörung beider Eltern und des Kindes, der Stellungnahme des Verfahrenspflegers und aufgrund der zur Akte gelangten Schreiben der Eltern und der Schriftsätze der Verfahrensbevollmächtigten sei nicht davon auszugehen, dass die gemeinsame Sorge dem Wohle des Kindes diene. Beiden Eltern fehle die zur Übernahme der gemeinsamen Sorge erforderliche Kooperationsbereitschaft und Kooperationsfähigkeit. Bei seiner Anhörung habe J. erklärt, oftmals führten bereits Alltagsfragen zu heftigen, gütlich nicht beizulegenden Streitereien zwischen den Eltern. Gegenüber dem Verfahrenspfleger habe J. geäußert, im Falle der Erweiterung der Rechte des Vaters bestünde die Gefahr, dass die Eltern dann nicht nur über belanglose Dinge stritten , sondern auch noch über wichtige. Dabei sei J. in der Lage, das Verhältnis der Eltern zueinander einzuschätzen und die Konsequenzen von deren Streitigkeiten für ihn persönlich zu begreifen. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Bewertung der Angaben des Kindes und deren Beachtlichkeit für die zu treffende Entscheidung sei nicht angezeigt, weil sämtliche Senatsmitglieder über langjährige Erfahrungen bei der Anhörung von Kindern und somit über eigene Sachkunde verfügten. Dass die Eltern selbst in den für J. wesentlichen Fragen nicht konsensfähig seien, zeige die Kontroverse um die Wahl einer weiterführenden Schule. Diese habe der Vater zum Anlass genommen, am 6. März 2003 eine einstweilige Anordnung auf Übertragung der gemeinsamen Sorge zu stellen, obgleich die rechtlichen Voraussetzungen zum damaligen Zeitpunkt noch gar nicht gegeben gewesen seien. Es sei nicht zu erwarten, dass sich das Verhältnis der Eltern, deren Kommunikation tiefgreifend gestört sei, bei einer antragsgemäßen Entscheidung in absehbarer Zeit verbessern und deshalb die gemeinsame Sorge dem Wohl des Kindes dienen würde, was derzeit nicht der Fall sei. Die Alleinsorge trage eher als die gemeinsame Sorge dazu bei, dem Wohl des Kindes dienende Entscheidungen in wesentlichen Angelegenheiten herbeizuführen.
9
Auch dem hilfsweise gestellten Antrag des Vaters, die Sorgeerklärung der Mutter teilweise zu ersetzen, sei nicht zu entsprechen. Eine Teil-Sorgeerklärung sehe das Gesetz in § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht vor. Die gerichtliche Ersetzung der Sorgeerklärung eines Elternteils dürfe aber nicht mit einem anderen Inhalt ergehen als sie für die Abgabe der Sorgeerklärung durch den Elternteil selbst zulässig wäre, ansonsten wäre sie nach § 1626 e BGB unwirksam.
10
Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand.
11
2. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist Art. 224 § 2 Abs. 3 bis 5 EGBGB nicht verfassungswidrig.
12
a) Es verstößt nicht gegen das Elternrecht des Vaters eines nichtehelichen Kindes, das Kind nach § 1626 a Abs. 2 BGB zunächst rechtlich allein der Mutter zuzuordnen und grundsätzlich ihr die Personensorge zu übertragen (BVerfGE 107, 150, 169 ff. = FamRZ 2003, 285, 287 ff). Denn das Kindeswohl verlangt, dass ab der Geburt eine Person vorhanden ist, die für das Kind rechtsverbindlich handeln kann. Zwar ist auch der Vater eines nichtehelichen Kindes Träger des Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 GG. Angesichts der Unter- schiedlichkeit der Lebensverhältnisse, in die nichteeheliche Kinder hineingeboren werden, ist es jedoch gerechtfertigt, das Kind bei seiner Geburt sorgerechtlich grundsätzlich der Mutter und nicht dem Vater oder beiden Elternteilen gemeinsam zuzuordnen. Dem Elternrecht des Vaters ist dadurch Rechnung getragen , dass § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB denjenigen Eltern, die für ihr nichteheliches Kind gemeinsam Sorge tragen wollen, die Möglichkeit einräumt, durch übereinstimmende Sorgeerklärungen schon bei der Geburt des Kindes auch rechtlich gemeinsam die Sorge zu tragen. Für die Fälle, in denen die Mutter trotz Zusammenlebens mit dem Vater und dem Kind keine Sorgeerklärung abgeben will, durfte der Gesetzgeber davon ausgehen, dass sie sich nur ausnahmsweise und nur dann einer gemeinsamen Sorge verweigert, wenn sie dafür schwerwiegende Gründe hat, die von der Wahrung des Kindeswohls getragen werden. Unter dieser Annahme ist es mit Art. 6 Abs. 2 GG vereinbar, dass der Gesetzgeber davon abgesehen hat, bei einem Nicht-Zustandekommen übereinstimmender Sorgeerklärungen eine gerichtliche Einzelfallprüfung zuzulassen. Dass hierdurch der Zugang des Vaters eines nichtehelichen Kindes zur elterlichen Sorge auch von der Zustimmungserklärung der Mutter und damit von deren Bereitschaft abhängt, mit ihm gemeinsam die Sorge zu tragen, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch die Mutter kann ohne Bereitschaft des Vaters nicht mit ihm die Sorge für das Kind teilen. Beide Eltern erhalten damit gleichermaßen Zugang zur gemeinsamen Sorge nur, wenn sie dies übereinstimmend wollen (BVerfGE 107, 150, 175 ff. = FamRZ 2003, 285, 289, unter C I 2 a cc; vgl. Senatsbeschluss vom 4. April 2001 - XII ZB 3/00 - FamRZ 2001, 907, 909 ff.).
13
b) Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings § 1626 a BGB insoweit für unvereinbar mit Art. 6 Abs. 2 und 5 GG erachtet, als eine Übergangsregelung für Eltern fehlt, die sich noch vor In-Kraft-Treten des Kindschaftsrechtsreformgesetzes am 1. Juli 1998 getrennt haben. Es verstoße gegen das Eltern- recht des Vaters eines nichtehelichen Kindes, wenn er nur deshalb keinen Zugang zur gemeinsamen Sorge für sein Kind erhalte, weil zum Zeitpunkt seines Zusammenlebens mit der Mutter und dem Kind keine Möglichkeit für ihn und die Mutter bestanden habe, eine gemeinsame Sorge zu begründen, und die Mutter nach der Trennung zur Abgabe einer Sorgeerklärung nicht (mehr) bereit ist, obwohl die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl entspreche. Für diese Fälle hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 31. Dezember 2003 eine Regelung zu schaffen, die einem Elternteil die Möglichkeit zur gerichtlichen Überprüfung einräumt, ob trotz entgegenstehenden Willens des anderen Elternteils unter Berücksichtigung des Kindeswohls eine gemeinsame elterliche Sorge begründet werden kann (so BVerfGE 107, 150, 180 = FamRZ 2003, 285, 291, unter C I 3).
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c) Der Gesetzgeber ist dem durch Einführung des Art. 224 § 2 Abs. 3 bis 5 EGBGB aufgrund des zum 31. Dezember 2003 in Kraft getretenen "Gesetzes zur Umsetzung familienrechtlicher Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts" vom 13. Dezember 2003 (BGBl. I 2547) nachgekommen. In Abs. 3 dieser Vorschrift ist geregelt, dass das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die Sorgeerklärung des anderen Elternteils nach § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB zu ersetzen hat, wenn die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl dient. Die nicht miteinander verheirateten Eltern müssen dabei längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft gemeinsam die elterliche Verantwortung für ihr Kind getragen und sich vor dem 1. Juli 1998 getrennt haben. Auch für die Ersetzung der Sorgeerklärung soll - ebenso wie für die Ausübung der elterlichen Sorge nach § 1626 BGB - das Kindeswohl entscheidend sein. Die Sorgeerklärung darf nicht schon dann ersetzt werden, wenn Gründe des Kindeswohls lediglich "nicht entgegenstehen". Die Ersetzung erfordert vielmehr den positiven Nachweis, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl dient (vgl. OLG Koblenz FamRZ 2006, 56; OLG Karlsruhe FamRZ 2005, 831; Prütting/Weinreich/We- gen/Ziegler BGB 2. Aufl. § 1626 a Rdn. 3). Der Prüfungsmaßstab soll damit den in der Praxis erprobten Wertungen der Kindeswohldienlichkeit (vgl. § 1672 Abs. 1 Satz 2, 1680 Abs. 2 Satz 2 BGB) angeglichen werden (vgl. BT-Drucks. 15/1552, 10). Kann deshalb das Gericht trotz bestehender Amtsermittlungspflicht (§ 12 FGG) keine Umstände dafür feststellen, dass die Begründung der gemeinsamen Sorge gegen den Willen eines Elternteils dem Kindeswohl dient, bleibt es beim Alleinsorgerecht der Mutter.
15
d) Das Erfordernis der positiven Feststellung der Kindeswohldienlichkeit in Art. 224 § 2 Abs. 3 EGBGB für die Ersetzung der Sorgeerklärung verletzt das verfassungsrechtlich geschützte Elternrecht des Vaters des nichtehelichen Kindes (Art. 6 Abs. 2 GG) nicht.
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Aus der Trennung der Eltern vor dem 1. Juli 1998 und der nach der Trennung erklärten Weigerung der Mutter, eine Sorgeerklärung abzugeben, kann nicht ohne weiteres darauf geschlossen werden, die Mutter hätte sich auch während des Zusammenlebens einer gemeinsamen Sorge verschlossen, wenn dies rechtlich möglich gewesen wäre. Ebenso lässt dieses Verhalten für sich betrachtet nicht bereits den Rückschluss zu, elterliche Konflikte entzögen einer gemeinsamen Sorge die erforderliche Basis und beeinträchtigten deshalb das Kindeswohl (BVerfGE 107, 150, 181 f. = FamRZ 2003, 285, 291, unter C I 3 b). Zu beachten ist, dass selbst bei getrennt lebenden Eltern - vorbehaltlich der Fälle einer mangelnden Kooperationsbereitschaft und eines hohen Konfliktpotentials - die gemeinsame Sorge besser als die Alleinsorge geeignet ist, die Kooperation und die Kommunikation der Eltern miteinander positiv zu beeinflussen sowie den Kontakt des Kindes zu beiden Elternteilen aufrechtzuerhalten und die Beeinträchtigung des Kindes durch die Trennung zu mindern (Senatsbeschluss vom 11. Februar 2004 - XII ZB 158/02 - FamRZ 2004, 802, 803; BVerfGE 107, 150, 155 = FamRZ 2003, 285, 286, unter A II 1; BVerfGE 84, 168, 182 = FamRZ 1991, 913, 916; BVerfGE 61, 358, 376 = FamRZ 1982, 1179, 1183).
17
Allerdings ist ein Mindestmaß an Konsens- bzw. Kooperationsfähigkeit der Eltern die entscheidende Voraussetzung für eine gemeinsame Ausübung des Sorgerechts. Der Gesetzgeber durfte deshalb für die Regelung, unter welchen Voraussetzungen auch nach einer Trennung der Eltern eine gemeinsame Sorge begründet werden kann, davon ausgehen, dass die gegen den Willen eines Elternteils erzwungene gemeinsame Sorge regelmäßig mit mehr Nachteilen als Vorteilen für das Kind verbunden ist und in diesen Fällen keine Vermutung für eine Kindeswohldienlichkeit besteht (vgl. BVerfGE 107, 150, 173 f. = FamRZ 2003, 285, 289, unter C I 2 a bb). Es unterliegt daher keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, die Begründung der gemeinsamen Sorge durch Ersetzung einer Sorgeerklärung von der positiven Feststellung der Kindeswohldienlichkeit im Rahmen einer gerichtlichen Einzelfallprüfung abhängig zu machen. Das den Eltern gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verfassungsrechtlich gegenüber dem Staat gewährleistete Recht auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder dient nämlich in erster Linie dem Kindeswohl, das zugleich oberste Richtschnur für die Ausübung der Elternverantwortung ist (BVerfGE 75, 201, 218 f. = FamRZ 1987, 786, 789; BVerfGE 61, 358, 371 f. = FamRZ 1982, 1179, 1182; BVerfG FamRZ 2004, 1015 f.). Außerdem will die Übergangsvorschrift Art. 224 § 2 Abs. 3 bis 5 EGBGB keinen erleichterten Zugang des Vaters zur gemeinsamen Sorge ermöglichen, sondern nur den Mangel ausgleichen, dass vor dem 1. Juli 1998 die Möglichkeit eines gemeinsamen Sorgerechts nach § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB noch nicht bestand (Prütting/Weinreich/Wegen/Ziegler aaO § 1626 a Rdn. 3). Wie § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB sieht Art. 224 § 2 Abs. 3 EGBGB deshalb die Alleinsorge als normativen Regelfall an.
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e) Die Regelung des Art. 224 § 2 Abs. 3 bis 5 EGBGB steht auch nicht im Widerspruch zu Artt. 8 und 14 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) vom 4. November 1950 in der Fassung vom 17. Mai 2002 (BGBl. 2002 II, 1.054). Zwar schützt die Menschenrechtskonvention das Familienleben unabhängig von einer Eheschließung der Eltern (vgl. Senatsbeschluss vom 4. April 2001 - XII ZB 3/00 - FamRZ 2001, 907, 911 m.N.). Ebenso wie in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG sind jedoch Eingriffe in das Elternrecht des Art. 8 Abs. 1 EMRK (i.V.m. Art. 14 EMRK) durch abweichende rechtliche Gestaltung der familiären Beziehungen eines Kindes, dessen Eltern nicht miteinander verheiratet sind, gegenüber Kindern von Ehepaaren statthaft, wenn dies gesetzlich vorgesehen und durch sachliche Gründe zur Wahrung des Kindeswohls erforderlich ist (Art. 8 Abs. 2 EMRK). Deshalb ist die durch objektive und vernünftige Gründe gerechtfertigte unterschiedliche Behandlung nichtehelicher Kinder gegenüber ehelichen Kindern ohne Verletzung des Art. 8 Abs. 1 EMRK (in Verbindung mit Art. 14 EMRK) möglich. Den jeweiligen Einzelstaaten steht dabei ein weiter Beurteilungsspielraum bei der Gestaltung der Rechte und der Pflichten der Eltern zu (Fahrenhorst Familienrecht und EMRK [1994] S. 455 f.). Insoweit sind die für Art. 6 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 5 GG vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Eingriffs- und Regelungskriterien geeignet, Eingriffe in Art. 8 Abs. 1 EMRK (in Verbindung mit Art. 14 EMRK) in Form einer unterschiedlichen Gestaltung der Rechtspositionen von Mutter und Vater zu rechtfertigen, wenn dies dem Kindeswohl dient (Senatsbeschluss vom 4. April 2001 - XII ZB 3/00 - FamRZ 2001, 907, 911). Hierzu kann auf die Ausführungen zur Verfassungsmäßigkeit des Art. 224 § 2 Abs. 3 bis 5 EGBGB verwiesen werden, dessen Maßstab für das gemeinsame Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern das Kindeswohl ist.
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f) Die Rechtsbeschwerde macht geltend, das Erfordernis der Kindeswohldienlichkeit in Art. 224 § 2 Abs. 3 EGBGB benachteilige den Vater eines nichtehelichen Kindes unangemessen gegenüber ehelichen Vätern. Dieser Einwand ist nicht gerechtfertigt. Bei verheirateten Eltern darf der Gesetzgeber davon ausgehen, dass der durch Eheschluss bekundete Wille zur gemeinsamen Sorge deren Kooperationsbereitschaft zeigt und eine dem Kindeswohl entsprechende gemeinsame Sorgerechtsausübung durch die Eltern gewährleistet (BVerfGE 107, 150, 174 = FamRZ 2003, 285, 289, unter C I 2 a bb <1>). Ein solcher Anknüpfungspunkt steht nicht zur Verfügung, wenn der Vater eines nichtehelichen Kindes gegen den Willen der Mutter die gemeinsame Sorge anstrebt. Der Vater eines nichtehelichen Kindes ist bei der Erlangung des gemeinsamen Sorgerechts auch nicht gegenüber dem Ehegatten eines allein sorgeberechtigten Elternteils unangemessen benachteiligt, der nicht Elternteil des Kindes ist. Auch dieser kann nach § 1687 b Abs. 1 BGB nur im Einvernehmen mit dem sorgeberechtigten Elternteil die Befugnis zur Mitentscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens des Kindes wahrnehmen.
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3. Bei seiner prognostischen und wertenden Abwägung nach Art. 224 § 2 Abs. 3 EGBGB, ob die Begründung der gemeinsamen Sorge nicht verheirateter Eltern dem Kindeswohl dient, kann das Gericht - unter Berücksichtung des Kindeswillens - auf anerkannte Sorgekriterien zurückgreifen, wie gewachsene Bindungen oder die Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft der Eltern (Höfelmann FamRZ 2004, 65, 68 f.; BT-Drucks. 15/1552, S. 10). Das Oberlandesgericht hat dabei in tatrichterlicher Verantwortung das Verhalten der Eltern, insbesondere seit der Zeit ihrer Trennung, mit seinen möglichen Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes in rechtlich nicht angreifbarer Weise - unter Anwendung geeigneter Beurteilungsmaßstäbe und rechtlich zutreffender Kriterien - dahin gewertet, dass die Ersetzung der Sorgeerklärung der Mutter und die Begründung des gemeinsamen Sorgerechts der Eltern dem Kindeswohl nicht dient.
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a) Die gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung setzt eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern voraus und erfordert ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen ihnen (BVerfGE 107, 150, 173 = FamRZ 2003, 285, 289, unter C I 2 a aa; 92, 158, 178 f. = FamRZ 1995, 789, 792). Für das Wohl des Kindes ist die Kooperationsbereitschaft der Eltern in Bezug auf das Kind von wesentlicher Bedeutung. Fehlt es hieran bzw. tragen die Eltern ihren Konflikt auf dem Rücken des Kindes aus, kann die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl zuwider laufen und seine Beziehungsfähigkeit und Entwicklung beeinträchtigen (vgl. BVerfGE 107, 150, 173 = FamRZ 2003, 285, 289, unter C I 2 a aa). In solchen Fällen ist der Alleinsorge eines Elternteils der Vorzug zu geben. Entscheidend ist, welche Auswirkungen die mangelnde Einigungsfähigkeit der Eltern bei einer Gesamtbeurteilung der Verhältnisse auf die Entwicklung und das Wohl des Kindes haben werden (vgl. Senatsbeschluss vom 29. September 1999 - XII ZB 3/99 - FamRZ 1999, 1646 f.).
22
b) Ohne Erfolg wendet die Rechtsbeschwerde ein, das Oberlandesgericht habe seine Annahme nicht tragfähig begründet, beiden Eltern fehle die zur Übernahme der gemeinsamen Sorge erforderliche Kooperationsbereitschaft bzw. -fähigkeit in den für J. wesentlichen Fragen. Deshalb stünden auch für die Prognoseentscheidung nach Art. 224 § 2 Abs. 3 EGBGB, das gemeinsame Sorgerecht diene nicht dem Kindeswohl, keine ausreichenden Feststellungen zur Verfügung.
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aa) Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts verwehren beide Elternteile seit mehr als einem Jahr dem jeweils anderen den Zutritt zu ihren Wohnungen, ihre Kommunikation beschränkt sich auf konfliktreich verlaufende Telefonate. Das Kind hat bei seiner Anhörung dem Beschwerdegericht gegenüber geäußert, bereits Alltagsfragen führten zu heftigen, gütlich nicht beizulegenden Streitereien zwischen den Eltern. Insbesondere gebe es "bei 100 % der Telefonate" Streit. Im Haushalt des Vaters werde in seiner Anwesenheit abwertend über die Mutter gesprochen und deren Erziehungsfähigkeit in Frage gestellt. In einem Zeitungsartikel hat sich der Vater zudem dahin geäußert, durch die "merkwürdige" Umgangsregelung habe die Mutter ein halbe Woche einen "Gratis-Babysitter", damit sie arbeiten und ihre neue Beziehung pflegen könne. Schließlich kam es im Jahr 2003 zu einer Auseinandersetzung um die Wahl einer weiterführenden Schule, die - neben anderen Gesichtspunkten - Gegenstand eines Antrags des Vaters auf Erlass einer einstweiligen Anordnung war. Es unterliegt keinen rechtlichen Bedenken, aus einer Gesamtbetrachtung dieser Umständen auf eine fehlende tragfähige Beziehung der Eltern zu schließen und von der Prognose auszugehen, dass eine Verständigung zwischen ihnen nicht nur über untergeordnete Belange des Kindes, sondern selbst über wichtige Sorgerechtsfragen nicht in einer Art und Weise möglich ist, die auch bei einem Dissens eine dem Kindeswohl dienliche Entscheidung gewährleisten würde. In diesem Fall kann das nach Art. 6 Abs. 2 GG zu berücksichtigende Elternrecht des Vaters kein Hindernis für die aus Gründen des Kindeswohls angezeigte Alleinsorge der Mutter darstellen.
24
Für die Begründung eines gemeinsamen Sorgerechts spricht auch nicht der Einwand der Rechtsbeschwerde, selbst eine fehlende Kommunikationsbereitschaft der Eltern entbinde diese nicht von der Pflicht, auf der "Elternebene" zum Wohle des Kindes zu kooperieren und einen Konsens zu suchen. Art. 224 § 2 Abs. 3 EGBGB enthält wie § 1671 Abs. 2 BGB keine gesetzliche Vermutung dafür, dass die gemeinsame Sorge im Zweifel die beste Form der Wahrnehmung elterlicher Verantwortung ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 11. Mai 2005 - XII ZB 33/04 - FamRZ 2005, 1167 und vom 29. September 1999 - XII ZB 3/99 - FamRZ 1999, 1646, 1647; BT-Drucks. 13/4899 S. 63). Einem solchen normativen Vorrang der gemeinsamen Sorge stünde bereits entgegen, dass sich elterliche Gemeinsamkeit in der Realität nicht verordnen lässt (vgl. Senats- beschluss vom 29. September 1999 - XII ZB 3/99 - FamRZ 1999, 1646, 1647). Sofern das Gericht davon überzeugt ist, dass die Eltern auch in absehbarer Zukunft keine gemeinsame Kommunikationsbasis für das Kind betreffende Fragen finden können, darf es vielmehr davon ausgehen, dass eine Begründung der gemeinsamen Sorge mehr Nachteile als Vorteile für das Kind mit sich bringen würde (vgl. BVerfGE 107, 150, 173 f. = FamRZ 2003, 285, 289). In diesem Fall hat es bei der Alleinsorge zu bleiben, auch wenn wichtige Sorgerechtsfragen im Sinne von § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB im Entscheidungszeitpunkt nicht anstehen. Bereits das Risiko, dass das Kind durch die Begründung der gemeinsamen Sorge verstärkt dem fortdauernden Konflikt der Eltern ausgesetzt wird, steht regelmäßig der Feststellung der Kindeswohldienlichkeit entgegen.
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bb) Die Rechtsbeschwerde rügt, das Beschwerdegericht habe den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt. Für die Bewertung der Angaben des Kindes und deren Beachtlichkeit für die zu treffende Entscheidung hätte es ein Sachverständigengutachten einholen müssen. Zudem hätte das Oberlandesgericht die Zeugen B. und H. für die vom Vater behauptete positive Kooperation der Eltern vernehmen müssen. Auch diesen Rügen bleibt der Erfolg versagt.
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§ 12 FGG überlässt es dem Gericht, "die geeignet erscheinenden Beweise aufzunehmen". Mit dieser Regelung wird die Frage nach der Notwendigkeit und dem Umfang einer Beweisaufnahme ebenso in das pflichtgemäße Ermessen des Tatrichters gestellt wie die Auswahl der Beweismittel (Senatsbeschluss vom 10. März 2005 - XII ZB 153/03 - FamRZ 2005, 889, 890). Das Verfahren muss jedoch in die elterliche Sorge betreffenden Angelegenheiten geeignet sein, eine möglichst zuverlässige Grundlage für eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung zu erlangen (BVerfGE 55, 171, 182 = FamRZ 1981, 124, 126; BVerfG FamRZ 1999, 1417, 1418).
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Von dem ihm eingeräumten Ermessen hat das Oberlandesgericht keinen rechtsfehlerhaften Gebrauch gemacht. Es hat seine Entscheidung nicht allein vom Kindeswillen abhängig gemacht, sondern den Schilderungen des elfjährigen J. über das Verhalten seiner Eltern im Umgang miteinander Glauben geschenkt und seine Einschätzung, das gemeinsame Sorgerecht entspreche nicht dem Kindswohl, daneben u.a. auf die Anhörung der Eltern und des Verfahrenspflegers gestützt. Einer sachverständigen Überprüfung der Angaben des Kindes und deren Beachtlichkeit für die zu treffende Sorgeentscheidung bedurfte es dabei nicht. Dass das Oberlandesgericht bei der Anhörung des elfjährigen Kindes aus eigener Sachkunde und ohne sachverständige Hilfe zu der Überzeugung gelangt ist, dieses sei auch unter Berücksichtigung einer vielleicht etwas stärkeren Bindung zu der Mutter in der Lage, das Verhältnis seiner Eltern zueinander einzuschätzen und die Konsequenzen von deren Streitigkeiten für sich persönlich zu begreifen, lässt angesichts des Alters des Kindes und in Ermangelung konkreter Anhaltspunkte für einen erheblichen, die Glaubwürdigkeit seiner Aussage beeinträchtigenden Loyalitätskonflikt Rechtsfehler nicht erkennen.
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Dabei liegt auch der von der Rechtsbeschwerde behauptete Verfahrensfehler nicht vor, das Oberlandesgericht habe die Anhörung der Eltern und des Kindes nicht ausreichend festgehalten, weshalb eine Überprüfung der angefochtenen Entscheidung durch das Rechtsbeschwerdegericht nicht möglich sei. Vielmehr entspricht die angefochtene Entscheidung den Anforderungen des Senats, wonach es ausreichend ist, dass der wesentliche Inhalt einer Anhörung im tatbestandlichen Teil des Beschlusses vollständig, im Zusammenhang und frei von Wertungen des Gerichts wiedergegeben ist (vgl. Senatsbeschluss vom 4. April 2001 - XII ZB 3/00 - FamRZ 2001, 907, 908 m.N.).
29
Dass das Beschwerdegericht die vom Vater benannten Zeuginnen B. und H. für die in der Vergangenheit angeblich positive Zusammenarbeit der El- tern nicht vernommen hat, lässt Ermessensfehler ebenfalls nicht erkennen. Bei seiner Beurteilung, ob die Begründung einer gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl dient, hat das Oberlandesgericht zu Recht auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgestellt. Es durfte deshalb aufgrund der Anhörung der Eltern, des Kindes und des Verfahrenspflegers sowie der zur Akte gelangten Schreiben der Eltern und ihrer Verfahrensbevollmächtigten zu der Überzeugung gelangen, die gemeinsame Sorge diene zumindest gegenwärtig nicht "mehr" dem Kindeswohl, auch wenn es in der Vergangenheit vereinzelt zu einer Zusammenarbeit der Eltern gekommen war und das seit 1996 geregelte Umgangsrecht im Wesentlichen funktioniert hat. Vorliegend überstiege gerade die mit der gemeinsamen Sorge verbundene Erweiterung der Kooperationspflicht die Konsensbereitschaft der Eltern.
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c) Für die Beurteilung, ob die Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl dient, spielt die Überlegung des Oberlandesgerichts keine Rolle, dem Antragsteller diene die gemeinsame Sorge möglicherweise nur als Zwischenschritt zur Erlangung der Alleinsorge nach § 1672 Abs. 1 BGB. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, stünde die fehlende Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft beider Eltern der Begründung des gemeinsamen Sorgerechts entgegen. Ebenso ist es ohne Belang, ob das Schreiben des Vaters vom 7. April 2004 mit dem Beschwerdegericht dahin zu verstehen ist, im Falle des Fortbestands der Alleinsorge wolle er die bisher bestehende Umgangsregelung beenden.
31
4. Das Oberlandesgericht hat es abgelehnt, unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten die Konsensfähigkeit der Eltern für jeden einzelnen Teilbereich der elterlichen Sorge zu überprüfen, um gegebenenfalls die Sorgeerklärung der Mutter entsprechend dem Hilfsantrag des Vaters teilweise zu ersetzen und das gemeinsame Sorgerecht der Eltern nur für bestimmte Teilbereiche zu begründen. Auch dagegen bestehen keine rechtlichen Bedenken.
32
Durch die Abgabe wirksamer Sorgeerklärungen nach § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB, durch die eine gemeinsame elterliche Sorge erstmals begründet werden soll, können die Eltern die gemeinsame Sorge nur umfassend übernehmen. Das Sorgerecht kann nicht aufgrund eingeschränkter Erklärungen der Eltern gegenständlich aufgeteilt werden in der gemeinsamen Sorge unterliegende Teilbereiche (z.B. der Vermögenssorge oder des Aufenthaltsbestimmungsrechts ) und nach § 1626 a Abs. 2 BGB bei der Mutter verbleibende Sorgebereiche (h.M., Palandt/Diederichsen BGB 66. Aufl. § 1626 a Rdn. 7; MünchKomm /Huber BGB 4. Aufl. § 1626 a Rdn. 6 ff.; Erman/Michalski BGB 11. Aufl. § 1626 a Rdn. 3; Schwab DNotZ 1998, 437, 450; Schwab/Motzer Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. Kap. III Rdn. 216; Sturm/Sturm StAZ 1998, 305, 307; Johannsen/Henrich/Jaeger Eherecht 4. Aufl. § 1626 a Rdn. 4; Lipp/Wagenitz Das neue Kindschaftsrecht § 1626 a Rdn. 8; Hoppenz/van Els Familiensachen 8. Aufl. § 1626 a Rdn. 3).
33
Dem wird entgegengehalten, ein gemeinsames Sorgerecht nur für Teilbereiche der elterlichen Sorge könne ohnehin auf Umwegen erreicht werden, indem nach Abgabe umfassender Sorgeerklärungen gemäß § 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB eine übereinstimmende Teil-Rückübertragung auf die Mutter erfolge oder indem nach einer Teilübertragung des Sorgerechts auf den Vater gemäß § 1672 Abs. 1 BGB für die nach § 1626 a Abs. 2 BGB verbleibende Muttersorge von den Eltern Sorgeerklärungen nach § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB abgegeben würden. Zu vermuten sei, dass viele Mütter, die eine beschränkte Mitsorge des Vaters akzeptieren würden, angesichts des Zwangs zur "Alles-oder-nichtsEntscheidung" , sich dann eher für die Gesamtablehnung entschieden. Eine restriktive Lesart des § 1626 a BGB sei deshalb wertungswidersprüchlich (Stau- dinger/Coester BGB [2002] § 1626 a Rdn. 59 f.; Zimmermann DNotZ 1998, 404, 418 f.). Auch die Alleinentscheidungsbefugnis eines Elternteils in Angelegenheiten des täglichen Lebens nach § 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB setze inzident voraus , dass sich die Eltern, die nicht nur vorübergehend getrennt lebten, über den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes und damit über einen Teil des Personensorgerechts einigten. Eine solche Möglichkeit müsse deshalb auch bereits bei Begründung der elterlichen Sorge möglich sein (Bambeger/Roth/Veit BGB § 1626 a Rdn. 6 für eine Änderung de lege ferenda; i.d.S. auch die Stellungnahme der Sorgerechtskommission des DFGT FamRZ 1997, 337, 338 und Lipp FamRZ 1998, 65, 72 f.).
34
Allerdings kann durch die Abgabe von Sorgeerklärungen nach § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB ein partielles gemeinsames Sorgerecht weder nach dem Wortlaut der Norm noch nach dem Willen des Gesetzgebers begründet werden (BT-Drucks. 13/4899, S. 93 f.). Die Regelung will nichtehelichen Kindern eine gleiche Sorgerechtslage ermöglichen wie ehelichen. Jedoch haben auch die Eltern ehelicher Kinder von deren Geburt an das in § 1626 Abs. 1 BGB definierte Sorgerecht vollumfänglich gemeinsam inne, ohne dass dies ihrer Disposition unterläge (Johannsen/Henrich/Jaeger aaO § 1626 a Rdn. 4). Nach der Konzeption des Gesetzes bleibt die Teilung des Sorgerechts auf Antrag eines Elternteils durch Entzug bzw. Übertragung bei nicht nur vorübergehendem Getrenntleben den in §§ 1671, 1672 BGB besonders geregelten Ausnahmefällen vorbehalten (vgl. Schwab aaO S. 450; Lipp/Wagenitz aaO § 1626 a Rdn. 8; MünchKomm /Huber aaO § 1626 a Rdn. 8), die eine gerichtliche Entscheidung erfordern. Bei Bestehen eines gemeinsamen Sorgerechts bleibt es unter den Voraussetzungen des § 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB im Übrigen in Angelegenheiten des täglichen Lebens bei der Alleinentscheidungsbefugnis desjenigen Elternteils , bei dem sich das Kind gewöhnlich aufhält bzw. im Einzelfall bei der Entscheidungsmöglichkeit des Familiengerichts nach § 1628 BGB. Das Bestreben des Gesetzgebers, bei der Begründung der gemeinsamen Sorge nach §§ 1626, 1626 a BGB ein partielles gemeinsames Sorgerecht zu vermeiden und dies einer richterlichen Entscheidung im Einzelfall vorzubehalten, liegt im Rahmen seiner Befugnis zur Ausgestaltung des Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 GG und begegnet auch unter Berücksichtigung der Kindesinteressen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Hahne Sprick Weber-Monecke Ahlt Dose

Vorinstanzen:
AG Tübingen, Entscheidung vom 19.05.1999 - 6 F 60/99 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 20.04.2004 - 18 UF 30/03 -

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


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Können sich die Eltern in einer einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten der elterlichen Sorge, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, nicht einigen, so kann das Familiengericht auf Antrag eines Elt

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(1) Leben Eltern, denen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht, nicht nur vorübergehend getrennt, so ist bei Entscheidungen in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, ihr gegenseitiges Einvernehmen erforderlich. De

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Tenor I. Die Beschwerde des Kindesvaters und Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Gelsenkirchen-Buer vom 17. Juni 2015 (Az.: 18 F 246/13) wird zurückgewiesen. II. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden n

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(1) Die Eltern haben die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge). Die elterliche Sorge umfasst die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge).

(2) Bei der Pflege und Erziehung berücksichtigen die Eltern die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln. Sie besprechen mit dem Kind, soweit es nach dessen Entwicklungsstand angezeigt ist, Fragen der elterlichen Sorge und streben Einvernehmen an.

(3) Zum Wohl des Kindes gehört in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen. Gleiches gilt für den Umgang mit anderen Personen, zu denen das Kind Bindungen besitzt, wenn ihre Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist.

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Die Eltern haben die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge). Die elterliche Sorge umfasst die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge).

(2) Bei der Pflege und Erziehung berücksichtigen die Eltern die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln. Sie besprechen mit dem Kind, soweit es nach dessen Entwicklungsstand angezeigt ist, Fragen der elterlichen Sorge und streben Einvernehmen an.

(3) Zum Wohl des Kindes gehört in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen. Gleiches gilt für den Umgang mit anderen Personen, zu denen das Kind Bindungen besitzt, wenn ihre Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 158/02
vom
11. Februar 2004
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB §§ 1626 a Abs. 1 Nr. 1, 1626 b Abs. 1 und 2, 1626 e, 1599 Abs. 2

a) Eine noch bestehende Ehe der Kindesmutter steht der Abgabe einer Sorgeerklärung
durch den leiblichen Vater nach § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht entgegen,
wenn das Kind bei Anhängigkeit des Scheidungsantrags noch nicht geboren war
und der leibliche Vater nach § 1599 Abs. 2 BGB auch die Vaterschaft anerkannt
hat.

b) Die Sorgeerklärung ist dann - wie die Anerkennung der Vaterschaft - zunächst
schwebend unwirksam und wird mit der Rechtskraft des dem Scheidungsantrag
stattgebenden Urteils wirksam.
BGH, Beschluß vom 11. Februar 2004 - XII ZB 158/02 - OLG Frankfurt Familiensenat in Kassel
AG Kirchhain
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Februar 2004 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Dr. Ahlt und Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Einzelrichters des 2. Familiensenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 19. August 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Streitwert: 3.000

Gründe:


I.

Die Parteien streiten um das Sorgerecht für die am 11. Dezember 1998 geborene gemeinsame Tochter Jessica. Die Antragsgegnerin (Beteiligte zu 2) war während der Schwangerschaft noch mit einem anderen Mann verheiratet; der Scheidungsantrag ist kurz vor der Geburt des Kindes am 27. November 1998 zugestellt worden. Am 22. Dezember 1998 erkannte der Antragsteller (Beteiligter zu 1) gegenüber der Urkundsperson des Jugend- und Sozialamtes des Rheingau-Taunus-Kreises (UR
.../1998) die Vaterschaft für die Tochter Jessica an. Die Antragsgegnerin stimmte der Anerkennung in der gleichen Urkunde zu. Am 13. August 1999 stimmte auch der Ehemann der Antragsgegnerin, Klaus Josef P., der Anerkennung der Vaterschaft durch den Antragsteller zu (UrK.-Reg.Nr. .../1999 des Jugendamtes des Landkreises Waldeck-Frankenberg). Am 16. September 1999 gaben die Beteiligten zu 1 und 2 eine gemeinsame Sorgeerklärung für die Tochter Jessica gegenüber dem Jugend- und Sozialamt des Rheingau-TaunusKreises ab (UR .../1999). Durch Urteil des Amtsgerichts Bad Schwalbach vom 7. Februar 2001 - rechtskräftig seit dem 27. März 2001 - (1 F .../99) wurde die Ehe der Antragsgegnerin mit Herrn Klaus Josef P. geschieden. Die Beteiligten zu 1 und 2, die von August 1998 bis Juni 2000 zusammenlebten und sich dann getrennt haben, begehrten in erster Instanz wechselseitig das alleinige Sorgerecht für Jessica. Das Amtsgericht hat nach Anhörung der Beteiligten und Einholung eines Sachverständigengutachtens das Aufenthaltsbestimmungsrecht für Jessica auf den Antragsteller übertragen und es im übrigen bei der gemeinsamen elterlichen Sorge belassen. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin hat der Einzelrichter am Oberlandesgericht den Beschluß aufgehoben und festgestellt, daß die alleinige elterliche Sorge der Antragsgegnerin für Jessica fortbesteht. Hiergegen richtet sich die - zugelassene - Rechtsbeschwerde des Antragstellers.

II.

Die statthafte (§§ 574 Abs. 1 Nr. 2, 621 e Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
1. Allerdings führt die durch den Einzelrichter wegen Grundsätzlichkeit zugelassene Rechtsbeschwerde nicht schon wegen Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Anders als bei Beschlüssen im Beschwerdeverfahren, in denen der originäre Einzelrichter die Rechtsbeschwerde wegen Grundsätzlichkeit zugelassen hat (vgl. BGH, Beschluß vom 13. März 2003 - IX ZB 134/02 - FamRZ 2003, 669; Senatsbeschluß vom 11. September 2003 - XII ZB 188/02 - FamRZ 2003, 1922), war hier der Einzelrichter gesetzlich zuständig. Während der Einzelrichter im Beschwerdeverfahren nach § 568 Satz 1 ZPO als sogenannter originärer Einzelrichter tätig wird und dem Kollegium das Verfahren bei grundsätzlicher Bedeutung der Sache gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO zur Entscheidung zu übertragen hat, ist der Einzelrichter im Verfahren der befristeten Beschwerde nach § 621 e Abs. 3 Satz 2 ZPO i.V. mit § 526 Abs. 1 ZPO erst zur Entscheidung berufen, wenn das Kollegium den Rechtsstreit auf ihn übertragen hat. Hält das Berufungsgericht eine grundsätzliche Bedeutung der Sache für gegeben, hat es von der Übertragung an den Einzelrichter abzusehen (§ 526 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Der Einzelrichter im Verfahren der befristeten Beschwerde darf - und muß - die Sache, wenn er ihr grundsätzliche Bedeutung beimißt, nur dann nach § 526 Abs. 2 Nr. 1 ZPO dem Kollegium zur Entscheidung über eine Übernahme vorlegen, wenn sich die grundsätzliche Bedeutung aus einer "wesentlichen Änderung der Prozeßlage" ergibt, also nicht schon dann, wenn er sie anders als das Kollegium von vornherein als grundsätzlich ansieht. Diese Vorschriften lassen erkennen , daß der Einzelrichter nach dem Willen des Gesetzgebers durch den Übertragungsbeschluß des Kollegiums zur Entscheidung über die Beschwerde befugt ist, auch wenn das Kollegium die grundsätzliche Bedeutung der Sache anders als er verneint hat (vgl. BGH vom 16. Juli 2003 - VIII ZR 286/02 - NJW 2003, 2900).
2. Das Oberlandesgericht hat den Sorgerechtsantrag des Antragstellers zurückgewiesen, weil die elterliche Sorge allein der Antragsgegnerin zustehe und eine vollständige oder teilweise Übertragung des Sorgerechts nach der allenfalls anwendbaren Vorschrift des § 1666 BGB nicht in Betracht komme. Eine Sorgeerklärung könne nicht vor einer rechtskräftigen Scheidung der Ehe der Kindesmutter abgegeben werden, weil sie bedingungsfeindlich und die Vorschrift des § 1599 Abs. 2 BGB weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar sei. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde mit Erfolg.
a) Allerdings geht das Oberlandesgericht zunächst zutreffend davon aus, dass der Antragsteller die Vaterschaft für die Tochter Jessica wirksam anerkannt hat. Ist ein Antrag auf Scheidung der Ehe der Kindesmutter vor der Geburt des Kindes anhängig, kann der leibliche Vater seine Vaterschaft schon vor Rechtskraft des Scheidungsurteils anerkennen. Die gesetzliche Vermutung für eine Vaterschaft des Ehemannes (§ 1592 Nr. 1 BGB) greift dann zunächst nicht und steht einem Anerkenntnis durch den leiblichen Vater deswegen nicht entgegen (§ 1599 Abs. 2 Satz 1 1. und 2. Halbs. BGB). Allerdings wird die Anerkennung frühestens mit Rechtskraft des dem Scheidungsantrag stattgebenden Urteils wirksam (§ 1599 Abs. 2 Satz 3 BGB); bis zu diesem Zeitpunkt ist sie schwebend unwirksam (BT-Drucks. 13/4899 S. 84). Obwohl die Anerkennung der Vaterschaft nach § 1594 Abs. 3 BGB grundsätzlich bedingungsfeindlich ist, steht die - noch abzuwartende - Rechtskraft der Ehescheidung nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung als reine Rechtsbedingung der Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung also nicht entgegen (vgl. insoweit Palandt/Heinrichs BGB 63. Aufl. vor § 158 Rdn. 5). Da der Antragsteller die Anerkennung der Vaterschaft nicht gemäß § 1597 Abs. 3 BGB widerrufen hat, ist sie mit Rechtskraft der Ehescheidung am 27. März 2001 wirksam geworden.

b) Die weiteren Überlegungen des Oberlandesgerichts halten indes rechtlicher Überprüfung aus verschiedenen Gründen nicht stand. Nach § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB steht auch den nicht miteinander verheirateten Eltern des Kindes die elterliche Sorge gemeinsam zu, wenn sie erklären , daß sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärung). Eine solche Sorgeerklärung hat der Antragsteller gemeinsam mit der Antragsgegnerin am 16. September 1999, noch vor der rechtskräftigen Ehescheidung der Antragsgegnerin, gegenüber der Urkundsperson des Rheingau-TaunusKreises abgegeben. Die Frage, ob eine Sorgeerklärung schon vor der rechtskräftigen Ehescheidung der Mutter, also in einem Zeitpunkt, in dem auch die leibliche Vaterschaft noch nicht endgültig feststeht, wirksam abgegeben werden kann, wird in der Literatur nicht einheitlich beantwortet. Huber (MünchKomm/Huber BGB 4. Aufl. § 1626 a Rdn. 14; § 1626 b Rdn. 15) und Jaeger (Johannsen/Henrich/Jaeger Eherecht 4. Aufl. § 1626 b Rdn. 3) verlangen, daß schon im Zeitpunkt der Sorgeerklärung die Abstammung des Kindes von den Eltern feststehe. Ist die Mutter mit einem anderen Mann verheiratet, könne der leibliche Vater die Sorgeerklärung "erst dann wirksam abgeben, wenn die Vaterschaft des Ehemannes erfolgreich angefochten wurde und er selbst die Vaterschaft anerkannt hat". Wegen der Bedingungsfeindlichkeit der Sorgeerklärung könne der leibliche Vater diese nicht im voraus für den Fall des Feststehens der eigenen Vaterschaft wirksam abgeben. Coester (Staudinger/Coester BGB 13. Bearb. § 1626 b Rdn. 4 und 11) weist hingegen darauf hin, daß nach allgemeinen Grundsätzen bloße Rechtsbedingungen nicht zur Unwirksamkeit der Sorgeerklärung führen. Hierzu gehöre auch die Bedingung, daß eine anderweitig bestehende Vaterschaft durch Anfechtung erst beseitigt werde. Eine solche Rechtsbedingung sei trotz der grundsätzlichen Bedingungsfeindlichkeit im Rahmen der Vaterschaftsanerkennung zulässig
(§§ 1594 Abs. 3, 1599 Abs. 2 Satz 1 1. und 2. Halbs. BGB). Entsprechendes müsse dann auch für eine darauf aufbauende bedingte Sorgeerklärung gelten. Sowohl die Anerkennung der Vaterschaft als auch eine Sorgeerklärung sei deswegen unter der Rechtsbedingung möglich, daß die Vaterschaft des Ehemannes durch Anfechtung beseitigt wird. Bis zu diesem Zeitpunkt seien beide Erklärungen des biologischen Vaters schwebend unwirksam. Auch Diederichsen (Palandt/Diederichsen BGB 63. Aufl. § 1626 b Rdn. 1; § 1599 Rdn. 10 a.E.) hält eine Sorgeerklärung während des vor der Geburt anhängig gewordenen und noch nicht abgeschlossenen Scheidungsverfahrens in analoger Anwendung des § 1599 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbs. BGB für zulässig. Der Senat schließt sich der von Coester und Diederichsen vertretenen Auffassung an, wonach eine bis zum rechtskräftigen Abschluß des vor der Geburt des Kindes anhängig gewordenen Scheidungsverfahrens abgegebene Sorgeerklärung schwebend unwirksam, aber nicht nichtig ist. aa) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts steht der Wortlaut der §§ 1626 a, 1626 b BGB dieser Auslegung nicht entgegen. Zwar können Sorgeerklärungen danach nur von den "Eltern" des Kindes abgegeben werden. Dabei stellt das Gesetz aber auf die künftigen Eltern ab, wie sich aus § 1626 b Abs. 2 BGB ergibt. Denn eine Sorgeerklärung kann danach schon vor der Geburt des Kindes abgegeben werden, obwohl die Vaterschaft nach § 1592 BGB erst mit dessen Geburt beginnt. Entsprechend steht den Eltern einer ungeborenen Leibesfrucht nach § 1912 Abs. 2 BGB auch noch keine elterliche Sorge, sondern nur die Fürsorge in dem Umfang zu, als ihnen die elterliche Sorge zustünde , wenn das Kind bereits geboren wäre. Der Wortlaut des § 1626 a BGB steht deswegen nur einer endgültigen Wirksamkeit der Sorgeerklärung entgegen , solange auch die (künftige) Vaterschaft noch nicht endgültig feststeht (Johannsen /Henrich/Jaeger aaO § 1626 a Rdn. 8).
bb) Die Systematik des Gesetzes spricht dafür, daß eine vor der rechtskräftigen Ehescheidung der Kindesmutter abgegebene Sorgeerklärung zunächst nur schwebend unwirksam ist und später mit Rechtskraft der Scheidung wirksam werden kann. Das ergibt sich insbesondere aus dem Zusammenspiel der Vorschriften über die Anerkennung der Vaterschaft und die Sorgeerklärung, die sich in weitem Umfang entsprechen und inhaltlich aufeinander aufbauen. Allerdings gilt der Ehemann der Kindesmutter nach § 1592 Nr. 1 BGB bis zum rechtskräftigen Scheidungsausspruch in dem vor der Geburt des Kindes anhängig gewordenen Scheidungsverfahren zunächst noch als Vater. Denn die Anerkennung der Vaterschaft durch den leiblichen Vater wird nach § 1599 Abs. 2 Satz 3 BGB erst mit Rechtskraft der Scheidung wirksam und das Kind kann bis zu diesem Zeitpunkt nicht ohne Vater sein (BT-Drucks. 13/4899 S. 53, Veit FamRZ 1999, 902, 903 ff.). Entsprechend erklärt § 1599 Abs. 2 BGB für diese Fälle neben § 1592 Nr. 1 BGB auch § 1594 Abs. 2 BGB, wonach die Vaterschaft eines anderen Mannes dem Anerkenntnis entgegensteht, für unanwendbar. Mit Rechtskraft der Ehescheidung wird die zunächst schwebend unwirksame Anerkennung der Vaterschaft nach allgemeinen Grundsätzen rückwirkend wirksam (vgl. BGHZ 137, 267, 280 m.w.N.). Mit dieser Wirksamkeit entfällt rückwirkend auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes auch die Vaterschaft des Ehemannes der Kindesmutter (Veit aaO 903), die einer Wirksamkeit der Sorgeerklärung zunächst entgegensteht. Zwar fehlt für die Sorgeerklärung eine dem § 1599 Abs. 2 BGB entsprechende Vorschrift, nach der auch diese schon vor rechtskräftiger Scheidung der Ehe der Kindesmutter abgegeben werden kann. Allerdings ist die gesetzliche Regelung im Abstammungsrecht deswegen zwingend erforderlich, weil sonst nach § 1594 Abs. 2 BGB die Vaterschaft nicht wirksam anerkannt werden könnte, solange nach § 1592 Nr. 1 BGB die Vaterschaft des mit der Mutter bei
der Geburt verheirateten Mannes vermutet wird. Eine dem § 1594 Abs. 2 BGB vergleichbare Vorschrift, die eine Sorgeerklärung bei noch schwebend unwirksamem Vaterschaftsanerkenntnis verbietet, findet sich im Gesetz aber nicht. Nach § 1626 e BGB ist eine Sorgeerklärung vielmehr nur dann unwirksam, wenn sie den vorstehenden gesetzlichen Vorschriften nicht genügt. Die - zudem mit der Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung rückwirkend entfallende - Vaterschaft des Ehemannes der Kindesmutter steht der Abgabe einer ebenfalls zunächst schwebend unwirksamen Sorgeerklärung deswegen nicht entgegen. Wie die Anerkennung der Vaterschaft nach § 1594 Abs. 3 BGB ist auch die Sorgeerklärung nach § 1626 b Abs. 1 BGB bedingungs- und befristungsfeindlich. Auch deswegen liegt es nahe, die vor einer rechtskräftigen Ehescheidung abgegebene Sorgeerklärung wie die zuvor abgegebene Anerkennung der Vaterschaft nach § 1599 Abs. 2 Satz 3 BGB bis zum Eintritt der Rechtsbedingung als schwebend unwirksam anzusehen (BT-Drucks. 13/4899 S. 84). Wenn die gesetzliche Regelung dieses ausdrücklich für die ebenfalls bedingungsfeindliche Anerkennung der Vaterschaft vorsieht, spricht nichts dagegen, diese Rechtswirkung auch der Sorgerechtserklärung trotz ihrer grundsätzlichen Bedingungsfeindlichkeit zuzuerkennen. cc) Auch der in der Stellungnahme des Rechtsausschusses (BT-Drucks. 13/8511, S. 65 f.) zur Reform des Kindschaftsrechts deutlich gewordene Wille des Gesetzgebers, nämlich die gemeinsame elterliche Sorge zu fördern, spricht im Interesse des Kindes dafür, neben der Vaterschaft auch die elterliche Sorge alsbald, gegebenenfalls schon mit der Geburt des Kindes (§ 1594 Abs. 4, § 1626 b Abs. 3 BGB), zu klären. Aus kinderpsychiatrischer und kinderpsychologischer Sicht ist das im Interesse des Kindeswohls geboten, weil Kinder sehr bald nach der Geburt enge Bindungen zu den mit ihnen zusammenlebenden Eltern entwickeln (vgl. BT-Drucks. 13/4899 S. 59). Neuere sozialwissenschaftli-
che Untersuchungen bestätigen, daß die gemeinsame elterliche Sorge grundsätzlich den Bedürfnissen des Kindes nach Beziehungen zu beiden Elternteilen entspricht und ihm verdeutlicht, daß beide Eltern gleichermaßen bereit sind, für das Kind Verantwortung zu tragen. Selbst bei getrennt lebenden Eltern ist - vorbehaltlich der Fälle einer mangelnden Kooperationsbereitschaft und eines hohen Konfliktpotentials zwischen den Eltern - die gemeinsame Sorge besser als die Alleinsorge geeignet, die Kommunikation und die Kooperation der Eltern miteinander positiv zu beeinflussen, den Kontakt des Kindes zu beiden Elternteilen aufrechtzuerhalten und die Beeinträchtigungen des Kindes durch die Trennung zu mindern (BVerfG, Urteil vom 29. Januar 2003, FamRZ 2003, 285, 286).
c) Die Beteiligten zu 1 und 2 haben ihre Sorgeerklärung auch nicht widerrufen , bevor sie mit Rechtskraft der Ehescheidung wirksam geworden ist. Wegen der im Interesse des Kindeswohls bedingten Formstrenge wäre ein Widerruf - wie der zeitlich begrenzte Widerruf der Vaterschaftsanerkennung nach § 1597 Abs. 3 Satz 2 BGB - ohnehin nur in der Form möglich gewesen, die für die Sorgeerklärung selbst gilt. Eine solche Erklärung haben die Beteiligten zu 1 und 2 aber nicht abgegeben.
3. Der angefochtene Beschluß kann deswegen keinen Bestand haben. Die Sache ist an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen zu den Voraussetzungen des § 1671 BGB nachholen kann.
Hahne Sprick Weber-Monecke Ahlt Dose

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 33/04
vom
11. Mai 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage, inwieweit die Uneinigkeit der Eltern über die religiöse Erziehung des
Kindes die Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Elternteil allein rechtfertigt.
BGH, Beschluß vom 11. Mai 2005 - XII ZB 33/04 - OLG Bamberg
AG Forchheim
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Mai 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des 2. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Bamberg vom 14. Januar 2004 aufgehoben. Die Sache wird zu erneuter Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Wert: 3.000 €

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die elterliche Sorge für ihren gemeinsamen Sohn Mani Sandro Habib H. , geboren am 12. April 2002. Die Mutter (Antragstellerin) ist deutsche Staatsangehörige und katholisch ; der Vater (Antragsgegner) ist pakistanischer Staatsangehöriger und dem Islam zugehörig. Das Amtsgericht hat durch Verbundurteil vom 17. Juli 2003 die Ehe der Parteien geschieden (insoweit rechtskräftig) und die elterliche Sorge für das Kind der Mutter übertragen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das
Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Vater sein Begehren, es bei der gemeinsamen Sorge für das Kind zu belassen, weiter.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht. 1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts entspricht die Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf die Mutter dem Wohl des Kindes am besten. Das Oberlandesgericht stützt sich dabei auf die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts, die unverändert fortgelten würden. Die Parteien seien heftig zerstritten; eine Kommunikation finde zwischen ihnen nicht mehr statt. Insbesondere seien die Parteien über die religiöse Erziehung des Kindes uneins. Während die Mutter das Kind taufen lassen und im christlich-katholischen Glauben erziehen möchte, wolle der Vater diese Entscheidung zu einem späteren Zeitpunkt dem Kind vorbehalten. Solange könne indes nicht zugewartet werden; denn die Vermittlung einer glaubensmäßigen Grundeinstellung sei eine der grundlegenden Erziehungsaufgaben der Eltern. Ethische Wertvorstellungen trügen wesentlich zur charakterlichen Entwicklung eines Kindes, insbesondere zu seinem Sozialverhalten, bei. Schon dies mache es notwendig, daß das Kind in diesem Bereich eine feste Orientierung erhalte. Deshalb sei es erforderlich, der Mutter das alleinige Sorgerecht zu übertragen, damit sie über die Religionszugehörigkeit des Kindes abschließend entscheiden könne. Insoweit sei zu beachten , daß das Kind Mani in einem christlich geprägten Umfeld aufwachse und auch das Kind aus erster Ehe der Mutter, zu dem Mani aufgrund eines von der
Mutter an den Wochenenden ausgeübten Umgangsrechts Kontakt habe, katholisch erzogen werde. 2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
a) Leben die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern, wie hier, nicht nur vorübergehend getrennt, ist gemäß § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB einem Elternteil auf seinen Antrag - auch ohne Zustimmung des anderen Elternteils - die elterliche Sorge allein zu übertragen, wenn dies dem Kindeswohl am besten entspricht. Diese Regelung bedeutet nicht, daß dem Fortbestand der gemeinsamen Sorge ein Vorrang vor der Alleinsorge eines Elternteils eingeräumt wird. Ebensowenig besteht eine gesetzliche Vermutung dafür, daß die gemeinsame Sorge im Zweifel die beste Form der Wahrnehmung der elterlichen Verantwortung ist. Einer solchen Regelung stünde, wie der Senat dargelegt hat, bereits entgegen, daß sich elterliche Gemeinsamkeit in der Realität nicht verordnen läßt (Senatsbeschluß vom 29. September 1999 - XII ZB 3/99 - FamRZ 1999, 1646, 1647). Wenn sich die Eltern bei Fortbestehen der gemeinsamen Sorge fortwährend über die das Kind betreffenden Angelegenheiten streiten, kann dies zu Belastungen führen, die mit dem Wohl des Kindes nicht vereinbar sind. In solchen Fällen, in denen die gemeinsame elterliche Sorge praktisch nicht "funktioniert" und es den Eltern nicht gelingt, zu Entscheidungen im Interesse des Kindes zu gelangen, ist, wie der Senat (aaO) weiter ausgeführt hat, der Alleinsorge eines Elternteils gegenüber dem Fortbestand der gemeinsamen Sorge der Vorzug zu geben. Die Übertragung der Alleinsorge setzt allerdings konkrete tatrichterliche Feststellungen voraus, aus denen sich ergibt, daß diese Voraussetzung vorliegt und die Übertragung der Alleinsorge auf einen Elternteil erfordert. Formelhafte Wendungen, nach denen den Eltern die Kontakt- und Kooperationsbereitschaft fehlt, können das Ergebnis solcher Feststellungen zwar zusammenfassen; sie können aber solche Feststellungen nicht ersetzen. Ebenso wenig entheben sie
den Tatrichter der gebotenen Prüfung, ob dem Wohl des Kindes nicht in gleicher oder vergleichbarer Weise auch durch Maßnahmen Rechnung getragen werden kann, die weniger in das Elternrecht einschneiden als der mit der Übertragung der Alleinsorge auf den einen Elternteil einhergehende Entzug des Sorgerechts des anderen Elternteils.
b) Das Oberlandsgericht hat keine konkreten Tatsachen festgestellt, aus denen sich ergibt, daß die Übertragung der Alleinsorge auf die Mutter im vorliegenden Fall geboten ist. Der vom Amtsgericht angeführte Umstand, daß die Parteien "tief zerstritten" seien, besagt noch nichts über deren Unfähigkeit, in Angelegenheiten ihres gemeinsamen Kindes zu gemeinsamen kindeswohlverträglichen Lösungen zu gelangen. Die Annahme des Oberlandesgerichts, eine Kommunikation finde zwischen den Parteien (schlechthin) nicht mehr statt, wird durch die vom Oberlandesgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Amtsgerichts nicht getragen und auch sonst durch keine konkreten Tatsachen belegt. Auch die Meinungsverschiedenheit der Eltern über die religiöse Erziehung des Kindes ist - jedenfalls für sich genommen - nicht angetan, die Alleinsorge der Mutter als die für das Kindeswohl beste Lösung erscheinen zu lassen. Zwar ist es eine wichtige Aufgabe der Eltern, ihrem Kind ethische Wertvorstellungen zu vermitteln und es zu einem angemessenen Sozialverhalten zu erziehen. Dies kann, muß aber nicht notwendig durch eine frühzeitige und feste Orientierung in einem bestimmten Glauben oder an einer bestimmten Konfession erfolgen. Zudem könnte dem Anliegen, das Kind - etwa im Hinblick auf seine vom Oberlandesgericht betonte christlich-katholische Umgebung - bereits taufen zu lassen, durch eine Entscheidung nach § 1628 BGB Rechnung getragen werden. Daß der Vater sich darüber hinaus der Integration des Kindes in seine
christliche Umgebung widersetzt, ist nicht festgestellt. Das amtsgerichtliche Urteil gibt insoweit nur bestrittene Behauptungen der Mutter wieder. Das gilt auch für das angebliche Verbot des Genusses von Schweinefleisch, das in der angefochtenen Entscheidung als unstreitig behandelt, in dem darin ausdrücklich in Bezug genommenen amtsgerichtlichen Urteil aber als streitig dargestellt wird (vgl. insoweit BGH Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 381/03 - zur Veröffentlichung bestimmt). Im übrigen könnten auch solche weitergehenden ("Alltags-") Probleme, die in der unterschiedlichen religiösen Ausrichtung der Eltern begründet sind, durch eine Teilübertragung des Sorgerechts gelöst werden. Einer generellen Übertragung der Alleinsorge auf die Mutter bedarf es dazu nicht. Der Umstand, daß das Kind der Mutter aus erster Ehe, mit dem die Mutter am Wochenende Umgang hat und das deshalb auch zum Kind Mani Kontakte unterhält , katholisch erzogen wird, rechtfertigt kein anderes Ergebnis.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

(1) Leben Eltern, denen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht, nicht nur vorübergehend getrennt, so ist bei Entscheidungen in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, ihr gegenseitiges Einvernehmen erforderlich. Der Elternteil, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung gewöhnlich aufhält, hat die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens. Entscheidungen in Angelegenheiten des täglichen Lebens sind in der Regel solche, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben. Solange sich das Kind mit Einwilligung dieses Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung bei dem anderen Elternteil aufhält, hat dieser die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung. § 1629 Abs. 1 Satz 4 und § 1684 Abs. 2 Satz 1 gelten entsprechend.

(2) Das Familiengericht kann die Befugnisse nach Absatz 1 Satz 2 und 4 einschränken oder ausschließen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 153/03
vom
10. März 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Einwilligung eines Elternteils in die Einbenennung seines Kindes kann vom
Beschwerdegericht auch dann nur unter den Voraussetzungen des § 1618
Satz 4 BGB ersetzt werden, wenn der andere Elternteil aufgrund einer die Einwilligung
ersetzenden, aber nicht rechtskräftigen Entscheidung des Familiengerichts
bereits eine Namensänderung des Kindes bewirkt hat.
BGH, Beschluß vom 10. März 2005 - XII ZB 153/03 - OLG Dresden
AG Borna
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. März 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof.
Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 22. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Dresden vom 17. Juni 2003 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen. Beschwerdewert: 4.000 €

Gründe:

I.

Die Ehe der Antragstellerin und des Antragsgegners, in der beide den Ehenamen "L. " führten und aus der der am 24. Oktober 1991 geborene Sohn Richard hervorgegangen ist, wurde am 12. Dezember 1996 rechtskräftig geschieden; das Sorgerecht für Richard wurde der Antragstellerin übertragen. Die Antragstellerin ist seit dem 1. März 2002 wieder verheiratet. Sie führt in ihrer neuen Ehe den Ehenamen "S. ", den auch die beiden aus dieser Verbindung hervorgegangenen Söhne tragen. Am 8. April 2002 hat die Antragstellerin beantragt, die Einwilligung des Antraggegners in die Änderung des Familiennamens des ge meinsamen Sohnes Richard in "S. -L. " zu ersetzen. Der Antragsgegner ist diesem Antrag entgegengetreten.
Am 18. Juli 2002 haben die Antragstellerin und ihr Ehemann gegenüber dem Standesbeamten erklärt, Richard ihren Ehenamen "S. " zu erteilen. Das Kind hat in die Namenserteilung eingewilligt; die Antragsstellerin hat als gesetzliche Vertreterin der Einwilligung des Kindes zugestimmt. Die vom Standesbeamten über diese Erklärungen errichtete Urkunde hat die Antragstellerin dem Familiengericht vorgelegt. Das Familiengericht hat daraufhin mit Beschluß vom 22. Juli 2002 - ohne erneute Anhörung des Antragsgegners - dessen Einwilligung , dem Kind den Namen "S. " als Familiennamen zu erteilen, ersetzt. Die Antragstellerin hat aufgrund dieses Beschlusses eine Umschreibung des Geburtseintrags und die Ausstellung eines Kinderausweises auf den Namen "Richard S. " erwirkt und mitgeteilt, daß Richard seit dem 22. Juli 2002 den Familiennamen "S. " führe. Auf die befristete Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht den Beschluß des Amtsgericht aufgehoben und den Antrag, die Einwilligung des Antragsgegners in die Einbenennung des Kindes Richard zu ersetzten , zurückgewiesen, nachdem der Antragsgegner seine Einwilligung in eine Erteilung des Namens "S. -L. " erteilt, die Antragsstellerin und ihr Ehemann aber nunmehr eine solche "additive" Einbenennung abgelehnt hatten. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. 1. Das Oberlandesgericht meint, das Familiengericht habe die Einwilligung des Antragsgegners in die Erteilung des Familiennamens "S. " nicht
ersetzen dürfen, ohne den Antragsgegner zu diesem geänderten Begehren der Antragstellerin zu hören. Die Frage kann hier dahinstehen. Denn das Oberlandesgericht hat die Anhörung des Antragsgegners zu dem geänderten Begehren nachgeholt. Außerdem hat das Oberlandesgericht die Ersetzungsentscheidung des Familiengerichts nicht wegen dieses Verfahrensfehlers aufgehoben; es hat vielmehr den Antrag auf Ersetzung der Einwilligung des Antragsgegners zurückgewiesen , weil die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für diese Ersetzung nicht vorgelegen hätten. 2. Das Oberlandesgericht geht davon aus, daß eine Namenserteilung nur dann - wie von § 1618 Satz 4 BGB vorausgesetzt - zum Wohl des Kindes erforderlich ist, wenn das Kindesinteresse das mit ihm grundsätzlich gleichrangige Elterninteresse überwiege. Das sei hier nicht der Fall. Zwar brächte die Einbenennung für Richard den Vorteil, daß seine Eingliederung in den neuen Familieverband nach außen dokumentiert würde und auch die Namensverschiedenheit zu seinen beiden Halbbrüdern nicht länger fortbestünde. Das Interesse des Antragsgegners an der Aufrechterhaltung des Namensbandes zu seinem Kind müsse jedoch hinter diesem Nutzen nicht zurücktreten. Richard sei bereits jetzt in die neue Familie der Antragstellerin vollständig integriert. Eine unterschiedliche Namensführung in derselben Familie sei zudem heutzutage nicht unüblich und berühre den normalen Alltag von Kindern in Richards Alter nicht nachhaltig. Daß Richard selbst den Wunsch äußere, den Namen der neuen Familie zu tragen, rechtfertige nicht den Schluß, daß die Namenserteilung im Interesse des Kindeswohls erforderlich sei. Letzteres ergebe sich auch nicht daraus, daß Richard - aufgrund der von der Antragstellerin vor Rechtskraft der amtsgerichtlichen Entscheidung bewirkten Namensumschreibung - inzwischen tatsächlich den Familiennamen "S. führe. " Insoweit sei es Aufgabe der Antragsstellerin, bei eventuell entstehenden Schwierig-
keiten ausgleichend und aufklärend zu wirken und Richard die Gründe für die Namensverschiedenheit und die in der Namensführung zum Ausdruck kommende Verbundenheit mit seinem leiblichen Vater zu erklären und nahezubringen sowie diese Verbundenheit angemessen zu fördern. Die von Richard in seiner Anhörung vor dem Oberlandesgericht gezeigten heftigen emotionalen Reaktionen wiesen darauf hin, daß er noch deutliche Bindung an den Antragsgegner verspüre, so daß der hieraus deutlich werdende Konflikt zwischen seinem eigenen - vielleicht unbewußten - Wunsch und demjenigen der Antragstellerin und ihres Ehemannes eine massive Gefährdung des Kindeswohls befürchten lasse; dieser Gefahr könnte nicht dadurch begegnet werden, daß das Gericht die Einwilligung des Antragsgegners in die von der Antragstellerin gewünschte Einbenennung ersetze. Der Umstand, daß die Antragstellerin - anders als der Antragsgegner - vor dem Oberlandesgericht ihr Einverständnis, Richard einen Doppelnamen ("S. -L. ") zu erteilen, verweigert habe, zeige letztlich, daß es ihr in erster Linie darum gehe, das Namensband zwischen Richard und seinem Vater zu zerschneiden und daß ihr an einer weniger einschneidenden Regelung, die dieses Namensband teilweise erhalten würde, nicht gelegen sei. Diese Ausführung halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Die Rechtsbeschwerde rügt, das Oberlandesgericht habe zu Unrecht die Zulässigkeit einer Ersetzung der Einwilligung des Antragsgegners anhand der von § 1618 Satz 4 BGB aufgestellten Anforderungen beurteilt. Da die Änderung von Richards Familiennamen aufgrund der Entscheidung des Familiengerichtes bereits seit längerem vollzogen sei, liege in einer Korrektur dieser Entscheidung eine erneute Namensänderung. Diese sei - abweichend von § 1618 Satz 4 BGB - allenfalls dann zuzulassen, wenn dem Familiengericht bei seiner Abwägung gravierende Fehler unterlaufen seien oder ein erhebliches Überwie-
gen des Interesses des Antragsgegners gegenüber dem Kindeswohl festzustellen sei. Mit diesem Angriff dringt die Rechtsbeschwerde nicht durch. Die Frage, ob die Einwilligung des anderen Elternteils in die von einem Elternteil und seinem Ehegatten erklärte Namenserteilung ersetzt werden kann, bestimmt sich nach § 1618 Satz 4 BGB, und zwar unabhängig davon, ob das Familiengericht diese Entscheidung erstmals zu treffen oder das Beschwerdegericht die Richtigkeit der familiengerichtlichen - schon vollzogenen - Entscheidung zu überprüfen hat. In beiden Fällen kann die Einwilligung des anderen Elternteils erst dann ersetzt werden, wenn konkrete Umstände vorliegen, die das Kindeswohl gefährden, und wenn die Einbenennung daher unerläßlich ist, um Schäden von dem Kind abzuwenden. Eine Ersetzung der Einwilligung setzt, wie der Senat wiederholt dargelegt hat, eine umfassende Abwägung der - grundsätzlich gleichrangigen - Kindes- und Elterninteressen voraus. Auch wenn es im Regelfall dem Wohl des Kindes entspricht, denselben Namen zu tragen wie die neue Familie, in der es jetzt lebt, so darf doch nicht übersehen werden, daß diese Bewertung des Kindeswohls regelmäßig ihrerseits auf einer Abwägung einander widerstreitender Interessen des Kindes beruht (Senatsbeschlüsse vom 24. Oktober 2001 - XII ZB 88/99 - FamRZ 2002, 94, 95 und vom 30. Januar 2002 - XII ZB 94/00 - FamRZ 2002, 1331, 1332). So ist zwar einerseits die Integration in die "Stief"-Familie ein wichtiger Kindesbelang, andererseits aber auch die Kontinuität der Namensführung, deren Bedeutung weit über das Kindesalter hinausreicht und daher nicht allein aus der Perspektive der aktuellen familiären Situation beurteilt werden darf. Zugleich ist die Beibehaltung des mit dem anderen Elternteil gemeinsamen Namens ein äußeres Zeichen der für das Wohl des Kindes gleichfalls wichtigen Aufrechterhaltung seiner Beziehung zu diesem Elternteil. Dies gilt auch und insbesondere dann, wenn der Kontakt zu diesem Elternteil bereits eingeschränkt oder gar gefährdet ist und
durch die Einbenennung als einer nach außen sichtbaren endgültigen Ablösung von ihm verfestigt würde (Senatsbeschlüsse aaO). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - das Familiengericht die Einwilligung des anderen Elternteils ersetzt und der namenserteilende Elternteil diese noch nicht rechtskräftige Entscheidung genutzt hat, um Umschreibungen von Personalpapieren zu bewirken oder in sonstiger Weise für die Einbenennung des Kindes "vollendete Tatsachen zu schaffen". Auch in einem solchen Fall ist nicht nur das Kindeswohl gegen die Belange des anderen Elternteils abzuwägen; vielmehr sind auch hier die unter dem Begriff "Kindeswohl" einander widerstreitenden Interessen des Kindes gegeneinander zu gewichten. Das Oberlandesgericht hat die danach maßgebenden Gesichtspunkte rechtsfehlerfrei gegeneinander abgewogen. Es hat berücksichtigt, daß Richard bereits vollständig in die Stieffamilie integriert ist, daß er aber andererseits noch deutliche Bindungen zum Antragsgegner verspürt. Es hat in seine Überlegungen einbezogen, daß Richards psychische Probleme letztlich nicht in seiner Namensführung, sondern in dem Konflikt der Eltern begründet sind, daß diesem Konflikt aber letztlich nicht durch den von der Antragstellerin begehrten Austausch seines bisherigen Namens gegen den neuen Ehenamen der Antragstellerin abgeholfen werden könne. Diese Erwägungen sind - auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen und Eindrücke - rechtsbedenkenfrei. Insbesondere der Hinweis des Oberlandesgerichts, daß die Antragstellerin durch ihr Handeln vor Rechtskraft der familiengerichtlichen Entscheidung die eingetretene Situation maßgebend mit zu verantworten habe, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Antragstellerin hat mit ihrem voreiligen Verhalten eine vollständige namensmäßige Vereinnahmung Richards - losgelöst von dessen fortbestehenden emotionalen Bindungen und wohlverstandenen Bedürfnissen - durchzuset-
zen versucht und sich zudem der Empfehlung des Oberlandesgerichts widersetzt , mit einer "additiven Einbenennung" als der hier dem Kindeswohl eher zuträglichen Lösung einverstanden zu sein. Die vom Oberlandesgericht aus diesem Gesamtverhalten gezogene Folgerung, der Antragstellerin gehe es in erster Linie darum, das Namensband zwischen Richard und seinem Vater zu zerschneiden , ist naheliegend und kann deshalb als ihrem Ersetzungsverlangen unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohls entgegenstehend angenommen werden (vgl. Senatsbeschluß vom 9. Januar 2002 - XII ZB 166/99 - FamRZ 2002, 1330, 1331).
b) Die Rechtsbeschwerde rügt, das Oberlandesgericht habe den von der Antragstellerin für ihre Behauptung, eine "Rückbenennung" werde bei Richard zu einer starken seelischen Belastung mit Krankheitswert führen, angebotenen Sachverständigenbeweis nicht erhoben. Die Feststellung des Oberlandesgerichts , die bei Richard bestehenden depressiven Symptome seien allein auf die fortbestehenden Spannungen zwischen seinen Eltern zurückzuführen, widerspreche zudem einer von der Antragstellerin vorgelegten fachärztlichen Bescheinigung und hätte nicht ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens getroffen werden dürfen. Auch diesen Rügen bleibt der Erfolg versagt. § 12 FGG überläßt es dem Gericht, "die geeignet erscheinenden Beweise aufzunehmen". Mit dieser Regelung wird die Frage nach der Notwendigkeit und dem Umfang einer Beweisaufnahme ebenso in das pflichtgemäße Ermessen des Tatrichters gestellt wie die Auswahl der Beweismittel. Von diesem ihm eingeräumten Ermessen hat das Oberlandesgericht keinen rechtsfehlerhaften Gebrauch gemacht. Es hat seine Einschätzung der möglichen Folgen, die eine die Ersetzung der Einwilligung ablehnende Entscheidung auf Richards Befindlichkeit haben kann, auf den Eindruck gestützt, den es von Richard in dessen persönlicher Anhörung gewonnen hat. Zugleich hat es aus dem Verhalten der
Antragstellerin Schlußfolgerungen auf die Motive für ihr Ersetzungsverlangen gezogen und an ihre Elternverantwortung appelliert, Richard die Gründe für die Namensverschiedenheit und die in der Namensführung zum Ausdruck kommende Verbundenheit zu seinem leiblichen Vater nahezubringen und bei etwaigen Schwierigkeiten ausgleichend zu wirken. Einer sachverständigen Überprüfung der von der Antragstellerin lediglich behaupteten, aber durch keinerlei Anhaltspunkte näher belegten Gefahr, eine abweisende Entscheidung werde zu einer "seelischen Belastung" des Kindes "mit Krankheitswert" führen, bedurfte es danach nicht. Dasselbe gilt für die Feststellung des Oberlandesgerichts, die bei Richard beobachteten depressiven Symptome seien auf die Spannungen zwischen seinen Eltern zurückzuführen. Auch diese tatrichterliche Feststellung ist ersichtlich auf den aus der persönlichen Anhörung gewonnenen Eindruck von Richard gestützt; sie ist nach der Lebenserfahrung naheliegend und jedenfalls einer gutachterlichen Bestätigung nicht bedürftig. Die von der Antragstellerin vorgelegte nervenfachärztliche Bescheinigung, in der sogar ausdrücklich auf die zwischen den Eltern bestehenden Disharmonien hingewiesen wird, trägt eine gegenteilige Schlußfolgerung nicht, zumal Richards psychiatrische Behandlung danach bereits im Februar 2002 begonnen haben soll, also deutlich vor dem mit der Wiederverheiratung einhergehenden Namenswechsel der Mutter. Sie läßt insbesondere die Einholung einer die nervenfachärztliche Bescheinigung ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme nicht als geboten erscheinen.
c) Schließlich beanstandet die Rechtsbeschwerde, daß das Oberlandesgericht den Antrag, die Einwilligung des Antragsgegners in die Umbenennung des Kindes (vom bisherigen Familiennamen "L. " in den Namen "S. ") zu ersetzen, schlechthin abgelehnt habe. Da das Oberlandesgericht eine "additive" Einbenennung befürwortet habe, hätte es dem Ersetzungsantrag zumindest teilweise - im Sinne einer Ersetzung der Einwilligung des Antragsgegners
in eine solche "additive" Einbenennung (von "L. " in "S. -L. ") - entsprechen müssen. Auch mit diesem Angriff hat die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg. Wie der Senat bereits dargelegt hat, ist die Ersetzung der Einwilligung in eine "additive" Einbenennung gegenüber der von der Antragstellerin erstrebten Einwilligung in eine den bisherigen Familiennamen ersetzende Umbenennung des Kindes kein Weniger, sondern ein aliud (Senatsbeschluß vom 9. Januar 2002 aaO 1330). Ein auf dieses aliud gerichtetes Begehren war nicht mehr Verfahrensgegenstand , nachdem die Antragstellerin ihren ursprünglichen Antrag umgestellt, die Umbenennung des Kindes in "S. " verlangt und vor dem Oberlandesgericht ein Einverständnis mit einer nur "additiven" Einbenennung Richards ausdrücklich verweigert hatte. Folglich konnte die Einwilligung des Antragsgegners in eine "additive" Einbenennung auch nicht von Amts wegen ersetzt werden. Dies gilt um so mehr, als der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren seine Zustimmung zu einer "additiven" Einbenennung des Kindes
bereits erklärt hatte und schon deshalb für eine diese Zustimmung ersetzende Entscheidung des Beschwerdegerichts kein Raum war.
Hahne Sprick Bundesrichterin Weber-Monecke ist urlaubsbedingt an der Unterschrift verhindert. Hahne Wagenitz Dose

(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.

(1) Leben Eltern, denen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht, nicht nur vorübergehend getrennt, so ist bei Entscheidungen in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, ihr gegenseitiges Einvernehmen erforderlich. Der Elternteil, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung gewöhnlich aufhält, hat die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens. Entscheidungen in Angelegenheiten des täglichen Lebens sind in der Regel solche, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben. Solange sich das Kind mit Einwilligung dieses Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung bei dem anderen Elternteil aufhält, hat dieser die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung. § 1629 Abs. 1 Satz 4 und § 1684 Abs. 2 Satz 1 gelten entsprechend.

(2) Das Familiengericht kann die Befugnisse nach Absatz 1 Satz 2 und 4 einschränken oder ausschließen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist.

(1) Die Eltern haben die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge). Die elterliche Sorge umfasst die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge).

(2) Bei der Pflege und Erziehung berücksichtigen die Eltern die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln. Sie besprechen mit dem Kind, soweit es nach dessen Entwicklungsstand angezeigt ist, Fragen der elterlichen Sorge und streben Einvernehmen an.

(3) Zum Wohl des Kindes gehört in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen. Gleiches gilt für den Umgang mit anderen Personen, zu denen das Kind Bindungen besitzt, wenn ihre Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist.

(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.

(1) Leben Eltern, denen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht, nicht nur vorübergehend getrennt, so ist bei Entscheidungen in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, ihr gegenseitiges Einvernehmen erforderlich. Der Elternteil, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung gewöhnlich aufhält, hat die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens. Entscheidungen in Angelegenheiten des täglichen Lebens sind in der Regel solche, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben. Solange sich das Kind mit Einwilligung dieses Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung bei dem anderen Elternteil aufhält, hat dieser die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung. § 1629 Abs. 1 Satz 4 und § 1684 Abs. 2 Satz 1 gelten entsprechend.

(2) Das Familiengericht kann die Befugnisse nach Absatz 1 Satz 2 und 4 einschränken oder ausschließen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist.

Können sich die Eltern in einer einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten der elterlichen Sorge, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, nicht einigen, so kann das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung einem Elternteil übertragen. Die Übertragung kann mit Beschränkungen oder mit Auflagen verbunden werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.