Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Jan. 2016 - XII ZB 102/13

bei uns veröffentlicht am13.01.2016
vorgehend
Amtsgericht Altenburg, XVII 242/11, 14.12.2011
Landgericht Gera, 5 T 555/12, 16.01.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 102/13
vom
13. Januar 2016
in der Betreuungssache
ECLI:DE:BGH:2016:130116BXIIZB102.13.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Januar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter Dr. Klinkhammer, Dr. Botur und Guhling
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Gera vom 16. Januar 2013 - 5 T 555/12 - aufgehoben. Die Beschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Altenburg vom 14. Dezember 2011 wird zurückgewiesen. Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei. Die außergerichtlichen Kosten des weiteren Beteiligten hat die Betroffene zu tragen. Beschwerdewert: 867 €

Gründe:

I.

1
Die Beteiligten streiten um Betreuervergütung.
2
Für die Betroffene wurde mit Beschluss vom 30. Juni 2011 im Wege der einstweiligen Anordnung wegen einer medikamenteninduzierten floriden manischen Psychose eine vorläufige Betreuung eingerichtet. Diese war bis zum 30. Dezember 2011 befristet. Der weitere Beteiligte (im Folgenden: Betreuer) wurde zum Betreuer mit den Aufgabenkreisen Gesundheitssorge sowie Aufent- haltsbestimmung einschließlich Unterbringung bestellt. Mit Beschluss vom selben Tag genehmigte das Betreuungsgericht die Unterbringung der Betroffenen in einer geschlossenen Einrichtung. Am 18. Juli 2011 teilte der behandelnde Stationsarzt dem Betreuungsgericht mit, dass Betreuung und Unterbringung aufgehoben werden könnten, da der psychotische Zustand abgeklungen sei. Die zuständige Betreuungsrichterin telefonierte daraufhin mit dem Betreuer und vermerkte in der Akte, dieser werde nach Prüfung seinerseits "den erforderlichen Antrag" stellen, erst dann könne das Gericht tätig werden. Am 19. Juli 2011 stimmte der Betreuer der Aufhebung der Unterbringungsgenehmigung zu. Das Betreuungsgericht hob diese am 21. Juli 2011 auf. Am 1. Dezember 2011 teilte der Betreuer mit, dass eine Weiterführung der Betreuung über den 30. Dezember 2011 hinaus nicht erforderlich sei. Die Betroffene habe sich trotz entsprechender Aufforderung nicht mit ihm in Verbindung gesetzt.
3
Das Amtsgericht hat die Vergütung des Betreuers für den Zeitraum vom 1. Juli 2011 bis zum 30. September 2011 antragsgemäß zur Zahlung aus dem Vermögen der Betroffenen festgesetzt. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen hat das Landgericht den amtsgerichtlichen Beschluss abgeändert und den Vergütungsfestsetzungsantrag des Betreuers für die Zeit ab 22. Juli 2011 zurückgewiesen. Mit seiner zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Betreuer die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Beschlusses.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
5
1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Der Betreuer habe zwar Anspruch auf Vergütung für seine Amtsführung. Dieser Anspruch ende erst durch die ausdrückliche gerichtliche Entscheidung gemäß § 1908 d Abs. 1 BGB. Auch seien im Vergütungsfestsetzungsverfahren Gegenansprüche der Betroffenen wegen mangelhafter Amtsführung des Betreuers nicht zu prüfen. Die Geltendmachung der Betreuervergütung stelle vorliegend aber eine unzulässige Rechtsausübung gemäß § 242 BGB dar, weshalb ein Vergütungsanspruch nur bis zum Zeitpunkt der Aufhebung des Beschlusses betreffend die Unterbringung in Betracht komme. Den Betreuer treffe aus § 1901 Abs. 5 BGB die Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass die Betreuung nicht unnötig lange bestehe. Angesichts des ärztlichen Schreibens vom 18. Juli 2011, dessentwegen die Betreuung schnellstmöglich habe aufgehoben werden müssen , hätten sowohl das Betreuungsgericht als auch der Betreuer von Amts wegen tätig werden müssen. Der Betreuer habe jedoch - obwohl mit der Wahrnehmung der Interessen der Betroffenen betraut - keinen Anlass gesehen, das Gericht auf seinen Rechtsirrtum hinzuweisen, wonach es zur Aufhebung der Betreuung eines Antrags des Betreuers bedürfe. Bei derartig eklatantem Fehlverhalten sowohl des Gerichts als auch des Betreuers sei es nicht hinnehmbar, dass der Betreuer eine Vergütung für den gesamten Zeitraum seiner Bestellung beanspruche. Dies könne auch vom Rechtspfleger im Vergütungsfestsetzungsverfahren berücksichtigt werden.
6
2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
7
a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht allerdings davon ausgegangen, dass der Vergütungsanspruch in dem durch § 5 VBVG pauschal festgelegten Umfang für den gesamten Zeitraum der Betreuung besteht. Eine im Wege der einstweiligen Anordnung erfolgte vorläufige Betreuerbestellung wie die vorliegende tritt gemäß § 302 Satz 1 FamFG mit dem im Beschluss bezeichneten Zeitpunkt, spätestens aber nach sechs Monaten außer Kraft, wenn sie nicht nach § 302 Satz 2 FamFG verlängert wurde. Vor diesem Außerkrafttreten endet die vorläufige Betreuung nur durch eine ausdrückliche gerichtliche Entscheidung gemäß § 1908 d BGB. Die letztgenannte Regelung dient der Klarheit der Rechtsverhältnisse. Denn es ist vielfach zweifelhaft und erst durch gerichtliche Ermittlungen zu klären, ob die Voraussetzungen für eine Betreuung nicht mehr vorliegen (Senatsbeschluss vom 28. Juli 2015 - XII ZB 508/14 - FamRZ 2015, 1709 Rn. 9 mwN). Auch wenn die Betreuung zu Unrecht angeordnet ist, berührt dies den Vergütungsanspruch nicht (Senatsbeschluss vom 20. August 2014 - XII ZB 479/12 - FamRZ 2014, 1778 Rn. 11; MünchKommBGB/Wagenitz 6. Aufl. § 1836 Rn. 3 mwN). Dem Rechtspfleger ist im Vergütungsfestsetzungsverfahren grundsätzlich lediglich die Prüfung übertragen, ob und wann die gemäß § 1908 d Abs. 1 BGB iVm § 23 c Abs. 2 GVG, § 19 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 RPflG dem Richter vorbehaltene Aufhebung der Betreuung erfolgt ist, nicht aber, ob die Aufhebung früher hätte erfolgen können (vgl. Senatsbeschluss vom 11. April 2012 - XII ZB 459/10 - FamRZ 2012, 1051 Rn. 25).
8
b) Im Ausgangspunkt zu Recht hat das Beschwerdegericht weiterhin angenommen , dass der sich aus § 242 BGB ergebende Einwand der unzulässigen Rechtsausübung im Vergütungsfestsetzungsverfahren vom Rechtspfleger zu berücksichtigen ist. Insoweit kann der Grundsatz, dass ein Betreuer nach §§ 1836 Abs. 1, 1908 i Abs. 1 Satz 1 BGB, 1 Abs. 2 Satz 1 VBVG eine Vergütung verlangen kann, wenn er wirksam bestellt ist, im Einzelfall eine Modifikation erfahren. Dies bedeutet zwar nicht, dass der Rechtspfleger im Vergütungsfestsetzungsverfahren verpflichtet ist, eigene Ermittlungen anzustellen, ob ein treuwidriges Verhalten vorliegt. Wenn allerdings die tatsächlichen Umstände, die Anknüpfungspunkte für die Annahme treuwidrigen Verhaltens sind, feststehen , muss der Rechtspfleger § 242 BGB im Vergütungsfestsetzungsverfahren zur Anwendung bringen (Senatsbeschlüsse vom 28. Juli 2015 - XII ZB 508/14 - FamRZ 2015, 1709 Rn. 15 und vom 5. November 2014 - XII ZB 186/13 - FamRZ 2015, 248 Rn. 20).
9
c) Das Beschwerdegericht hat allerdings rechtsfehlerhaft angenommen, dass § 242 BGB der beantragten Festsetzung der Betreuervergütung über den Zeitpunkt der Aufhebung des die Unterbringung genehmigenden Beschlusses des Betreuungsgerichts hinaus entgegenstehe, weil eine unzulässige Rechtsausübung vorliege.
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Beruft sich ein Berechtigter auf eine formale Rechtsposition, die er durch ein gesetz-, sitten- oder vertragswidriges Verhalten erlangt hat, kann ihm der Verpflichtete nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenhalten (Senatsbeschluss vom 20. März 2013 - XII ZB 81/11 - FamRZ 2013, 1022 Rn. 18 mwN).
11
aa) Dem Betreuer kann eine in diesem Sinne unzulässige Rechtsausübung nicht unter dem Gesichtspunkt vorgeworfen werden, er sei nach § 1901 Abs. 5 BGB verpflichtet gewesen, dafür Sorge zu tragen, dass die Betreuung nicht unnötig lange aufrechterhalten bleibt. Eine solche Pflicht kann § 1901 Abs. 5 BGB nicht entnommen werden. Nach § 1901 Abs. 5 Satz 1 BGB hat der Betreuer, dem Umstände bekannt werden, die eine Aufhebung der Betreuung ermöglichen, diese dem Betreuungsgericht mitzuteilen. Damit wird lediglich eine nach ihrem Inhalt klar umrissene Mitteilungspflicht des Betreuers gegenüber dem Betreuungsgericht normiert, nicht jedoch eine allgemeine Pflicht des vom Beschwerdegericht angenommenen Inhalts. Eine Mitteilung nach § 1901 Abs. 5 Satz 1 BGB durch den Betreuer war, worauf auch die Rechtsbeschwerde zutreffend hinweist, vorliegend jedoch nicht veranlasst, da das Betreuungsgericht bereits durch das ärztliche Schreiben vom 18. Juli 2011 hinreichend darüber informiert war, dass die Umstände, deretwegen die Betreuung angeordnet worden war, weggefallen waren.
12
bb) Der Einwand unzulässiger Rechtsausübung kann dem Betreuer auch nicht deshalb entgegengehalten werden, weil er verpflichtet gewesen wäre, das Betreuungsgericht auf dessen fehlerhafte Rechtsauffassung hinzuweisen, dass es zur Aufhebung der Betreuung eines Antrags des Betreuers bedürfe. Insoweit hat das Beschwerdegericht bereits nicht festgestellt, dass der Betreuer von dieser Rechtsauffassung überhaupt Kenntnis hatte bzw. davon, dass diese fehlerhafte Rechtsauffassung des Betreuungsgerichts der Grund für die Aufrechterhaltung der Betreuung war. Aus dem Vermerk der zuständigen Betreuungsrichterin lässt sich dies jedenfalls nicht zweifelsfrei entnehmen. Aber auch unabhängig davon liegt der Schwerpunkt des Fehlverhaltens, an das für § 242 BGB angeknüpft werden könnte, insoweit beim Betreuungsgericht, so dass bereits deshalb nicht davon ausgegangen werden kann, der Betreuer habe mit seinem Vergütungsfestsetzungsantrag seine formale Rechtsstellung in unzulässiger Weise ausgenutzt.
13
cc) Eine unzulässige Rechtsausübung kommt schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt in Betracht, dass der Vermerk der zuständigen Betreuungsrichterin möglicherweise dahingehend verstanden werden kann, der Betreuer habe dem Betreuungsgericht eine Prüfung zugesagt, ob die Voraussetzungen der Betreuung weggefallen waren, die er sodann abredewidrig nicht durchgeführt hat. Abgesehen davon, dass der Betreuer geltend gemacht hat, er habe die Betroffene nach der Aufhebung der Unterbringungsgenehmigung - allerdings erfolglos - kontaktiert, hätte dem Betreuungsgericht auf der Grundlage des ärztlichen Schreibens vom 18. Juli 2011 klar sein müssen, dass die Gründe, deretwegen die Betreuung angeordnet worden war, sämtlich weggefallen waren, so dass es bereits deshalb keinen Grund für eine weitere Prüfung durch den Betreuer und damit auch keinen Anlass zu weiterem Zuwarten des Betreuungsgerichts gab.
Dose Weber-Monecke Klinkhammer Botur Guhling
Vorinstanzen:
AG Altenburg, Entscheidung vom 14.12.2011 - XVII 242/11 -
LG Gera, Entscheidung vom 16.01.2013 - 5 T 555/12 -

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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern


Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG

Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG | § 5 Fallpauschalen


(1) Die Höhe der Fallpauschalen nach § 4 Absatz 1 richtet sich nach 1. der Dauer der Betreuung,2. dem gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betreuten und3. dem Vermögensstatus des Betreuten. (2) Hinsichtlich der Dauer der Betreuung wird bei der Berechn

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 302 Dauer der einstweiligen Anordnung


Eine einstweilige Anordnung tritt, sofern das Gericht keinen früheren Zeitpunkt bestimmt, nach sechs Monaten außer Kraft. Sie kann jeweils nach Anhörung eines Sachverständigen durch weitere einstweilige Anordnungen bis zu einer Gesamtdauer von einem

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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die Höhe der Fallpauschalen nach § 4 Absatz 1 richtet sich nach

1.
der Dauer der Betreuung,
2.
dem gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betreuten und
3.
dem Vermögensstatus des Betreuten.

(2) Hinsichtlich der Dauer der Betreuung wird bei der Berechnung der Fallpauschalen zwischen den Zeiträumen in den ersten drei Monaten der Betreuung, im vierten bis sechsten Monat, im siebten bis zwölften Monat, im 13. bis 24. Monat und ab dem 25. Monat unterschieden. Für die Berechnung der Monate gelten § 187 Absatz 1 und § 188 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend. Ändern sich Umstände, die sich auf die Vergütung auswirken, vor Ablauf eines vollen Monats, so ist die Fallpauschale zeitanteilig nach Tagen zu berechnen; § 187 Absatz 1, § 188 Absatz 1 und § 191 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten entsprechend.

(3) Hinsichtlich des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Betreuten ist zwischen stationären Einrichtungen und diesen nach Satz 3 gleichgestellten ambulant betreuten Wohnformen einerseits und anderen Wohnformen andererseits zu unterscheiden. Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
stationäre Einrichtungen:Einrichtungen, die dem Zweck dienen, Volljährige aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen sowie tatsächliche Betreuung oder Pflege zur Verfügung zu stellen oder vorzuhalten, und die in ihrem Bestand von Wechsel und Zahl der Bewohner unabhängig sind und entgeltlich betrieben werden;
2.
ambulant betreute Wohnformen:entgeltliche Angebote, die dem Zweck dienen, Volljährigen das Leben in einem gemeinsamen Haushalt oder einer Wohnung bei gleichzeitiger Inanspruchnahme extern angebotener entgeltlicher Leistungen tatsächlicher Betreuung oder Pflege zu ermöglichen.
Ambulant betreute Wohnformen sind stationären Einrichtungen gleichgestellt, wenn die in der ambulant betreuten Wohnform extern angebotenen Leistungen tatsächlicher Betreuung oder Pflege als Rund-um-die-Uhr-Versorgung durch professionelle Betreuungs- oder Pflegekräfte zur Verfügung gestellt oder vorgehalten werden und der Anbieter der extern angebotenen Betreuungs- und Pflegeleistungen nicht frei wählbar ist.

(4) Hinsichtlich der Bestimmung des Vermögensstatus des Betreuten ist entscheidend, ob am Ende des Abrechnungsmonats Mittellosigkeit nach § 1836d des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegt.

(5) Die Fallpauschalen gelten auch Ansprüche auf Ersatz anlässlich der Betreuung entstandener Aufwendungen ab. Die gesonderte Geltendmachung von Aufwendungen im Sinne des § 1835 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bleibt unberührt.

Eine einstweilige Anordnung tritt, sofern das Gericht keinen früheren Zeitpunkt bestimmt, nach sechs Monaten außer Kraft. Sie kann jeweils nach Anhörung eines Sachverständigen durch weitere einstweilige Anordnungen bis zu einer Gesamtdauer von einem Jahr verlängert werden.

11
Aufgrund wirksamer Bestellung ist der Betreuer berechtigt und verpflichtet , die Interessen des Betroffenen wahrzunehmen (BayObLG FamRZ 1997, 701, 702) und in dem ihm zugewiesenen Aufgabenbereich tätig zu werden. Grundlage für den Vergütungsanspruch des Betreuers ist - im durch § 5 VBVG pauschalierten Umfang - allein dieses Tätigwerden. Diese Grundlage wird weder durch formell-rechtliche oder materiell-rechtliche Mängel bei der Bestellung des Betreuers noch durch die nachträgliche Aufhebung der Bestellung wegen solcher Mängel beseitigt (OLG München FamRZ 2008, 2216, 2218; BayObLG FamRZ 1997, 701, 702). Wie das Beschwerdegericht zutreffend erkannt hat, wird die Vergütungsfestsetzung daher nicht durch die fehlerhafte Anordnung einer Betreuung gehindert. Ob die rechtlichen Voraussetzungen für eine Betreuerbestellung vorgelegen haben, ist für den Vergütungsanspruch des Betreuers mithin ohne Belang und aus diesem Grund im Festsetzungsverfahren auch nicht zu prüfen.
25
Dem Rechtspfleger ist im Vergütungsfestsetzungsverfahren lediglich die Prüfung übertragen, ob und wann die gemäß § 1908 d Abs. 1 BGB i.V.m. § 23 c Abs. 2 GVG, § 19 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 RPflG dem Richter vorbehaltene Aufhebung der Betreuung erfolgt ist, nicht aber, ob die Aufhebung früher hätte erfolgen können.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

15
Für das Verfahren auf Festsetzung der Betreuervergütung ist gemäß § 3 Nr. 2 lit. b RPflG i.V.m. §§ 292 Abs. 1, 168 FamFG der Rechtspfleger funktionell zuständig. Seine Kompetenz umfasst die Entscheidung über Grund und Höhe des Vergütungsanspruchs, nicht jedoch die Entscheidung über Gegenansprüche wegen mangelhafter Amtsführung. Er ist deshalb nur zur Entscheidung über Einwendungen berufen, die im Vergütungsrecht ihren Grund haben, nicht aber über solche, die auf mangelhafte Amtsführung (Senatsbeschluss vom 5. November 2014 - XII ZB 186/13 - FamRZ 2015, 248 Rn. 18) oder auf eine bereits früher mögliche Aufhebung der Betreuung gestützt werden (Senatsbeschluss vom 11. April 2012 - XII ZB 459/10 - FamRZ 2012, 1051 Rn. 25). Im Festsetzungsverfahren ist dagegen etwa über die Einrede der Verjährung oder die Frage, ob der Einrede § 242 BGB entgegensteht, zu entscheiden (Senatsbeschluss vom 5. November 2014 - XII ZB 186/13 - FamRZ 2015, 248 Rn. 20).
20
(2) Allerdings gehört zu der Prüfung, ob der Anspruch verjährt ist, ebenfalls die Frage, ob sich der Schuldner überhaupt auf die Einrede der Verjährung berufen kann. Deshalb muss die Prüfungskompetenz des Rechtspflegers sowohl das "ob" als auch das "wie" einer möglichen Verjährung umfassen. Demgemäß muss er alle damit einhergehenden Vorfragen, hier also die Frage, ob der Einrede § 242 BGB entgegensteht, beantworten können. Zutreffend verweist die Rechtsbeschwerde darauf, dass es wenig praktikabel ist, über die Berechtigung der Verjährungseinrede nur teilweise zu entscheiden und eine weitere Prüfung einem neuen Verfahren vorzubehalten. In diesem Fall wäre die Staatskasse zudem gezwungen, ihre Regressansprüche, soweit sie der Verjährungseinrede anheimgefallen sind, im Erkenntnisverfahren anhängig zu machen (vgl. zum Einwand der Verwirkung BayObLG Beschluss vom 18. Februar 2004 - 3Z BR 251/03 - juris Rn. 12).

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

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(1) Beruft sich ein Berechtigter auf eine formale Rechtsposition, die er durch ein gesetz-, sitten- oder vertragswidriges Verhalten erlangt hat, kann ihm der Verpflichtete nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenhalten (vgl. BGHZ 57, 108 = NJW 1971, 2226). Deshalb kann die Geltendmachung vertraglicher Rechte unzulässig sein, wenn der Vertragsschluss durch unredliches Verhalten herbeigeführt worden ist (Bamberger/Roth/Sutschet BGB 3. Aufl. § 242 Rn. 60; MünchKommBGB/Roth/Schubert 6. Aufl. § 242 Rn. 244). Gleiches gilt für die Inanspruchnahme des Verpflichteten aus einer Sicherheit, die für die durch ein rechtlich zu missbilligendes Verhalten entstandene Forderung bestellt worden ist. Beruhen der Vertragsschluss und die Bestellung der Sicherheit allerdings wie im vorliegenden Fall auf der rechtskräftigen Verurteilung des Verpflichteten zur Abgabe der entsprechenden Willenserklärungen, muss der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung auf besonders schwerwiegende, eng begrenzte Ausnahmefälle beschränkt bleiben, weil jede Ausdehnung das Institut der Rechtskraft aushöhlen, die Rechtssicherheit beeinträchtigen und den Eintritt des Rechtsfriedens in untragbarer Weise in Frage stellen würde (vgl. BGHZ 101, 380 = NJW 1987, 3256, 3257 zu § 826 BGB; vgl. auch Senatsurteil vom 19. Februar 1986 - IVb ZR 71/84 - NJW 1986, 1751, 1753). Die Rechtskraft eines materiell unrichtigen Titels muss aber dann zurücktreten, wenn es mit dem Gerechtigkeitsgedanken schlechthin unvereinbar wäre, dass der Titelgläubiger seine formelle Rechtsstellung unter Missachtung der materiellen Rechtslage zu Lasten des Schuldners ausnutzt.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.