Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Nov. 2018 - X ZA 1/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. November 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning, Dr. Grabinski und Hoffmann sowie die Richterin Dr. Kober-Dehm
beschlossen:
Gründe:
- 1
- I. Der Kläger begehrt die Herstellung der vermögensrechtlichen Lage , die sich aus der Erfüllung von in einem Schenkungsvertrag zwischen der im Jahre 2011 verstorbenen Mutter der Parteien und der Beklagten vom 7. März 1980 zu seinen Gunsten schenkweise getroffenen Auflagen in Bezug auf in diesem Vertrag näher bezeichneten Grundbesitz ergäbe. Die Beklagte verweigert die Erfüllung, da die Mutter mit notariellem Vertrag vom 28. April 1982 ihr gegenüber und im Einvernehmen mit ihr den Rücktritt vom Schenkungsvertrag vom 7. März 1980 erklärt und die Schenkung gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 27. April 1982 unter Berufung auf groben Undank widerrufen habe.
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- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und das Oberlandesgericht die dagegen gerichtete Berufung des Klägers durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Diesen Beschluss möchte der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde anfechten und begehrt hierfür Prozesskostenhilfe.
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- II. Der Antrag ist abzulehnen, weil die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht vorliegen.
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- 1. Prozesskostenhilfe erhält eine Partei, die die Kosten der Prozessführung nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann (§ 114 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbs. ZPO).
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- Wird Prozesskostenhilfe von Personen beantragt, die, wie der Kläger, nach ihren Angaben keine Sozialhilfe beziehen, muss dargelegt und glaubhaft gemacht werden, wie der Lebensunterhalt finanziert wird. Auch freiwillige Zuwendungen Dritter sind nach der umfassenden Definition des § 115 ZPO grundsätzlich dem Einkommen hinzuzurechnen, wenn sie regelmäßig und in nennenswertem Umfang gewährt werden. Bei freiwilligen Leistungen Dritter müssen etwa eidesstattliche Versicherungen der Dritten über Umfang und Grund der Hilfeleistung vorgelegt werden (BGH, Beschluss vom 16. November 2017 - IX ZA 21/17, NJW-RR 2018, 190 Rn. 7). Diese Grundsätze gelten gleichermaßen, wenn im Prozesskostenhilfeverfahren geltend gemacht wird, für den Lebensunterhalt Zuwendungen von wechselnden Personen in unterschiedlicher Höhe zu erhalten. Auch dabei handelt es sich um Einkünfte in Geld i. S. v. § 115 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Hinzu kommt, dass, wenn die von einem Antragsteller im Prozesskostenhilfeverfahren beziffert angegebenen Einkünfte auch für einen noch so bescheidenen Lebensunterhalt nicht ausreichen, die Vermutung gerechtfertigt ist, dass bestimmte Einkünfte nicht angegeben sind. Diese Vermutung muss der Antragsteller ausräumen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 2. April 2008 - XII ZB 184/05, NJW-RR 2008, 953 Rn. 8, zur Darlegung des Ver- bleibs früher vorhandener erheblicher Geldbeträge). Andernfalls ist sein Begehren nach staatlicher Prozessfinanzierung rechtsmissbräuchlich (BGH, NJW-RR 2008, 953 Rn. 8).
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- Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht und insbesondere auch eine Versicherung an Eides statt vorlegt. Hat der Antragsteller innerhalb einer vom Gericht gesetzten Frist bestimmte Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet , lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab (§ 118 Abs. 2 Satz 1 und 4 ZPO).
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- 2. Bei Zugrundelegung der sich hieraus ergebenden Maßstäbe ist dem Kläger Prozesskostenhilfe zu versagen, weil er auch nach mehrmals vom Gericht für ergänzende Angaben und zur Auflösung von Widersprüchen gesetz- ten Fristen keine die Gewährung von Prozesskostenhilfe erlaubenden, hinreichend zuverlässigen und widerspruchsfreien Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht hat.
Meier-Beck Gröning
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 21.10.2016 - 25 O 7241/15 -
OLG München, Entscheidung vom 03.04.2017 - 20 U 4591/16 -
Annotations
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen:
- 1.
- a)
die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge; - b)
bei Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen, ein Betrag in Höhe von 50 vom Hundert des Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
- 2.
- a)
für die Partei und ihren Ehegatten oder ihren Lebenspartner jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist; - b)
bei weiteren Unterhaltsleistungen auf Grund gesetzlicher Unterhaltspflicht für jede unterhaltsberechtigte Person jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für eine Person ihres Alters vom Bund gemäß den Regelbedarfsstufen 3 bis 6 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
- 3.
die Kosten der Unterkunft und Heizung, soweit sie nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu den Lebensverhältnissen der Partei stehen; - 4.
Mehrbedarfe nach § 21 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und nach § 30 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch; - 5.
weitere Beträge, soweit dies mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen ist; § 1610a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.
(2) Von dem nach den Abzügen verbleibenden Teil des monatlichen Einkommens (einzusetzendes Einkommen) sind Monatsraten in Höhe der Hälfte des einzusetzenden Einkommens festzusetzen; die Monatsraten sind auf volle Euro abzurunden. Beträgt die Höhe einer Monatsrate weniger als 10 Euro, ist von der Festsetzung von Monatsraten abzusehen. Bei einem einzusetzenden Einkommen von mehr als 600 Euro beträgt die Monatsrate 300 Euro zuzüglich des Teils des einzusetzenden Einkommens, der 600 Euro übersteigt. Unabhängig von der Zahl der Rechtszüge sind höchstens 48 Monatsraten aufzubringen.
(3) Die Partei hat ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. § 90 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.
(4) Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung der Partei vier Monatsraten und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen.
(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen. Dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet. Die durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen nach Absatz 2 Satz 3 entstandenen Auslagen sind als Gerichtskosten von der Partei zu tragen, der die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sind.
(2) Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht, es kann insbesondere auch die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern. Es kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nicht vernommen, es sei denn, dass auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; eine Beeidigung findet nicht statt. Hat der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab.
(3) Die in Absatz 1, 2 bezeichneten Maßnahmen werden von dem Vorsitzenden oder einem von ihm beauftragten Mitglied des Gerichts durchgeführt.