vorgehend
Landgericht Verden (Aller), 4 O 77/09, 11.03.2010
Oberlandesgericht Celle, 5 U 57/10, 03.02.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 88/11
vom
11. Oktober 2011
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Oktober 2011 durch den
Richter Dr. Frellesen als Vorsitzenden, die Richterin Dr. Milger, die Richter
Dr. Achilles und Dr. Schneider sowie die Richterin Dr. Fetzer

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 3. Februar 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Der Streitwert für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf 24.109,20 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin verlangt nach einer mit Schreiben vom 24. Januar 2006 wegen Zahlungsverzugs erklärten fristlosen Kündigung restliche Zahlung aus einem Leasingvertrag über eine Parkettfertigungsstraße. Das Landgericht hat den Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von 24.109,20 € nebst Zinsen verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage insgesamt abgewiesen.
2
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht ausgeführt , dass der Klägerin ein Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Sicherstellungskosten nicht zustehe, weil sie nicht im Einzelnen dargelegt habe, wofür diese angefallen seien. Auch im Übrigen stehe der Klägerin ein Anspruch aus dem Leasingvertrag nicht zu, weil die vom Beklagten erklärte Aufrechnung durchgreife. Die Klägerin habe gegen ihre vertragliche Nebenpflicht, sich um den bestmöglichen Verkauf der Maschinen zu bemühen, verstoßen und sei deshalb dem Beklagten zum Schadensersatz verpflichtet. Die Maschinen seien weit mehr wert gewesen als der zwischen den Parteien noch streitige Betrag von rund 25.000 €; ein Erlös in mindestens dieser Höhe hätte durch einen Ver- kauf an den Zeugen R. auch erzielt werden können.

II.

3
Der Nichtzulassungsbeschwerde ist stattzugeben, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO, § 544 Abs. 6 und 7 ZPO). Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Dies führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
4
Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Geht das Gericht in seinen Entscheidungsgründen auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage nicht ein, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, so lässt das auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (BVerfGE 86, 133, 145 f.; BGH, Beschluss vom 6. April 2009 - II ZR 117/08, NJW 2009, 2139 Rn. 2, 5 f.). Ein solcher Verstoß fällt dem Berufungsgericht hier zur Last.
5
1. Das Berufungsgericht hat aufgrund der Aussage des - erstmals in der Berufungsinstanz vernommenen Zeugen R. - einen Schadensersatzanspruch des Beklagten wegen unsachgemäßer Verwertung der Leasingsache bejaht, ohne sich mit den Aussagen der von der Klägerin benannten und in der ersten Instanz vernommenen Zeugen M. und S. und dem Vortrag der Klägerin zum Schreiben der S. GmbH vom 17. November 2006 auseinanderzusetzen.
6
a) Die mit der Sicherstellung der Leasingsache beauftragte S. GmbH berichtet in dem genannten Schreiben vom 17. November 2006, dass es sich bei dem Leasinggut um gebrauchte Maschinen (Baujahr 1985) handele; von den zu der Fertigungsstraße gehörenden Maschinen seien vier (näher bezeichnete ) Maschinen gar nicht mehr vorhanden, die übrigen Maschinen stünden seit einem Jahr in einer feuchten und unzureichend beheizten Halle und befänden sich in einem schlechten Zustand. Ein Verkauf in Westeuropa sei ausgeschlossen, weil die Maschinen zu viel Energie benötigten, zu langsam in der Produktion seien und überdies Ausbau- und Transportkosten anfielen; es sei deshalb eine Veräußerung zum Schrottwert angezeigt. Die Vorstellungen des Leasingnehmers über einen Verkauf nach Rumänien zu einem Kaufpreis von 165.000 €- der zudem im Wege der Lieferung von Parkett entrichtet werden solle - seien völlig unrealistisch; die Anlage habe nur noch einen Wert von schätzungsweise 2.000 €.
7
Das Berufungsgericht führt zu diesem Scheiben lediglich aus, dass es den an ein Sachverständigengutachten zu stellenden Anforderungen nicht ge- nüge, weil es die einzelnen Maschinen und die vorhandenen Mängel nicht konkret beschreibe. Im Übrigen meint das Berufungsgericht, dass das Schreiben der S. GmbH die Klägerin wegen der darin erwähnten Bemühungen des Beklagten um einen Verkauf zum Preis von 165.000 € hätte veranlassen müssen, Möglichkeiten zur Erzielung eines höheren Erlöses nachzugehen.
8
Dabei hat das Berufungsgericht verkannt, dass die S. GmbH, die ausweislich ihres Briefkopfs als Sachverständige für Maschinenbewertung tätig ist, einen derartigen Erlös für die Fertigungsstraße aus nachvollziehbar dargelegten Gründen (Alter, schlechter Zustand, Fehlen mehrerer Maschinen) als völlig unrealistisch bezeichnet und eine Verwertung der noch vorhandenen Teile zum Schrottwert von ca. 2.000 € angeraten hat. Hinzu kommt, dass bei dem vom Beklagten ins Auge gefassten Verkauf nach Rumänien der Kaufpreis durch Lieferung von Waren beglichen werden sollte, die vom Käufer mit Hilfe der Fertigungsstraße nach deren Lieferung erst noch hätten produziert werden müssen. Damit hat das Berufungsgericht bezüglich des Schreibens der S. GmbH den Kern des Sachvortrags der Klägerin verkannt.
9
b) Auf die Aussagen der in erster Instanz vernommenen Zeugen M. und S. geht das Berufungsgericht nicht ein, obwohl das Landgericht es aufgrund der Aussage des Zeugen M. als bewiesen erachtet hat, dass die Klägerin beziehungsweise das von ihr beauftragte Unternehmen die vom Zeugen geschilderten umfangreichen Verkaufsbemühungen (etwa: Anschreiben von 400 Holz verarbeitenden Betrieben) unternommen und ihre Pflicht zur angemessenen Verwertung der Leasingsache nicht verletzt habe. Da eine Partei sich regelmäßig ein für sie günstiges Beweisergebnis zu Eigen macht, verletzt das Übergehen eines solchen Beweisergebnisses den Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör, sofern es entscheidungserheblich ist (BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - VI ZR 325/08, NJW-RR 2010, 495 Rn. 6; Beschluss vom 7. Dezember 2010 - VIII ZR 96/10, NJW-RR 2011, 704 Rn.13). Dies ist hier der Fall, denn eine Vertragsverletzung bei der Verwertung des Leasinggutes fällt der Klägerin nicht zur Last, wenn dieses schon zwei Jahre vor der späteren Verwertung nur noch einen Schrottwert von etwa 2.000 € hat- te.
10
Davon abgesehen hätte das Berufungsgericht der Aussage des erstmals in der Berufungsinstanz vernommenen Zeugen R. nicht folgen dürfen, ohne die von der Klägerin benannten und bereits in der ersten Instanz vernommenen Zeugen erneut zu hören. Denn das Landgericht hatte die Angaben des Zeugen M. , die von der Fertigungsstraße beim Beklagten noch vorhandenen Teile hätten bereits Ende 2007 nur noch einen Schrottwert von etwa 2.000 € gehabt, für glaubhaft erachtet und hierauf entscheidend abgestellt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss das Berufungsgericht einen vom erstinstanzlichen Gericht vernommenen Zeugen gemäß § 398 Abs. 1 ZPO selbst erneut vernehmen, wenn es dessen Aussage anders würdigen will als das erstinstanzliche Gericht; auch ein Verstoß hiergegen ist als Verletzung des rechtlichen Gehörs der davon nachteilig betroffenen Partei zu werten (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291 Rn. 4 mwN).
11
2. Auch die Verneinung eines Anspruchs der Klägerin auf Ersatz der vom Landgericht zugesprochenen "Sicherstellungskosten" in Höhe von insgesamt 1.147,44 € durch das Berufungsgericht beruht auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs der Klägerin. Denn die Klägerin hatte zur Notwendigkeit dieser Auslagen eingehend in den Schriftsätzen vom 22. April 2009 und vom 29. Oktober 2009 vorgetragen. Die erste Fahrt nach D. ist von der Klägerin damit erklärt worden, dass die S. GmbH telefonisch niemanden habe erreichen können. Diesen Vortrag hat das Berufungsgericht übergangen, indem es die Fahrtkosten mit der Begründung abgelehnt hat, der Standort der Maschinen hätte auch telefonisch in Erfahrung gebracht werden können. Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Fetzer
Vorinstanzen:
LG Verden, Entscheidung vom 11.03.2010 - 4 O 77/09 -
OLG Celle, Entscheidung vom 03.02.2011 - 5 U 57/10 -

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 398 Wiederholte und nachträgliche Vernehmung


(1) Das Prozessgericht kann nach seinem Ermessen die wiederholte Vernehmung eines Zeugen anordnen. (2) Hat ein beauftragter oder ersuchter Richter bei der Vernehmung die Stellung der von einer Partei angeregten Frage verweigert, so kann das Proze

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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

6
Dafür, dass der Beklagte sich dieses für ihn günstige Beweisergebnis nicht wenigstens hilfsweise zu eigen gemacht hat, ist nichts ersichtlich. Das Berufungsgericht durfte dieses Beweisergebnis bei seiner Entscheidungsfindung deshalb nicht als unerheblich bewerten. Die Nichtberücksichtigung des für den Beklagten günstigen Beweisergebnisses bedeutet, dass das Berufungsgericht erhebliches Vorbringen des Beklagten übergangen und damit dessen verfas- sungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 96/10
vom
7. Dezember 2010
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Hat das Berufungsgericht einen anderen Sachverständigen als das erstinstanzliche
Gericht eingeschaltet und beurteilt dieser die Beweisfrage anders als der frühere
Gutachter, hat es zumindest dem Antrag einer Partei auf Ladung dieses (neuen)
Sachverständigen zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens zu entsprechen.
Dies gilt auch dann, wenn es das zuletzt eingeholte Gutachten für überzeugend hält
und selbst keinen weiteren Erläuterungsbedarf sieht. Ein Verstoß gegen diese Pflicht
verletzt den Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör und führt im Rahmen des
§ 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits
an das Berufungsgericht (im Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 22. Mai
2007 - VI ZR 233/06, NJW-RR 2007, 1294, und vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 295/08,
NJW-RR 2009, 1361).
BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2010 - VIII ZR 96/10 - OLG Düsseldorf
LG Duisburg
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Dezember 2010 durch
den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Frellesen, die Richterinnen
Dr. Milger und Dr. Fetzer sowie den Richter Dr. Bünger

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 11. März 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird auf 20.478,22 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Fahrzeugkaufs. Am 23. April 2005 kaufte der Kläger bei der beklagten Vertragshändlerin ein fabrikneues Fahrzeug der Marke M. zum Preis von 26.900 €. Die Auslieferung des Personenkraftwagens erfolgte am 26. April 2005. Der Kläger gab sein Altfahrzeug , einen S. T. , in Zahlung. Den verbleibenden Kaufpreis finanzierte er in Höhe von 21.000 € und entrichtete den Restbetrag in bar.
2
Am 20. August 2006 erlitt das Fahrzeug bei einer Fahrleistung von 55.000 Kilometern einen Motorschaden. Die Beklagte, zu deren Werkstatt der Wagen geschleppt worden war, teilte dem Kläger mit, der - nach ihrer Ansicht aufgrund einer unzureichenden Ölversorgung defekt gewordene - Motor müsse ausgetauscht werden; die hierfür anfallenden und vom Kläger zu tragenden Reparaturkosten beliefen sich voraussichtlich auf etwa 8.500 €. Der Kläger ließ daraufhin das Fahrzeug in einer unabhängigen Werkstatt instand setzen.
3
Kurze Zeit später, am 10. Oktober 2006, trat bei einem Tachostand von 58.000 km erneut ein Motorschaden am Fahrzeug auf. Auch dieser Schaden wurde in der schon im August 2006 eingeschalteten Werkstatt behoben. Für beide Reparaturen stellte die Werkstatt dem Kläger Kosten in Höhe von 5.474 € in Rechnung. Im März 2007 blieb das Fahrzeug erneut, dieses Mal bei einem Kilometerstand von 66.000, liegen. Seit diesem Zeitpunkt befindet sich das Fahrzeug in unrepariertem Zustand auf dem Gelände der genannten Werkstatt.
4
Hierauf hat der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag mit der Begründung erklärt, das Fahrzeug weise erhebliche Mängel auf; insbesondere seien die eingebauten Kolben untauglich für ein solches Fahrzeug. Im Hinblick auf den erklärten Rücktritt hat der Kläger unter Berücksichtigung einer anzurechnenden Nutzungsvergütung für gefahrene Kilometer die Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 15.004,24 € (nebst Zinsen) Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs verlangt. Daneben hat er die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten und Ersatz der von ihm verauslagten Reparaturkosten in Höhe von 5.474 € (nebst Zinsen) begehrt.
5
Das Landgericht hat der Klage nach Anhörung von Zeugen und nach Erhebung eines Sachverständigenbeweises stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht nach Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens das Urteil der ersten Instanz abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt, das Berufungsgericht habe es unter Missachtung des Anspruchs des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) unterlassen, dem Antrag des Klägers auf Ladung der in erster und in zweiter Instanz bestellten Sachverständigen zu entsprechen.

II.

6
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig, insbesondere ist der Beschwerdewert nach § 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO erreicht. Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die angefochtene Entscheidung verletzt in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).
7
1. Mit Erfolg macht die Nichtzulassungsbeschwerde geltend, dass das Berufungsgericht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat, weil es entgegen den Anträgen des Klägers den im Berufungsverfahren tätig gewordenen Sachverständigen verfahrensfehlerhaft nicht zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens mündlich angehört hat.
8
a) Die beiden Sachverständigen haben die technische Eignung des untersuchten Kolbens für den vorhandenen Dieselmotor unterschiedlich beurteilt. Während der in erster Instanz beauftragte Gutachter den Kolben in aufbautechnischer und struktureller Hinsicht als unzureichend bewertet und den aufgetretenen Kolbenschaden hierauf zurückgeführt hat, ist der im Berufungsverfahren bestellte Sachverständige zu der Einschätzung gelangt, der beschädigte Kolben weise weder einen Konstruktions- noch einen Materialfehler auf; die festgestell- http://www.juris.de/jportal/portal/t/jvc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE046602301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/jvc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE047202301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/jvc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310439700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/jvc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310439700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/jvc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310439700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/jvc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310732007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/jvc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310732007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/s9u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE048105301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/s9u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE004938051&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/s9u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE004938051&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/s9u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310439700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/s9u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310832002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/s9u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=JURE060090888&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 5 - ten Beschädigungen seien auf eine atypische Verbrennung verbunden mit einem hohen Druckanstieg und einer übermäßigen Wärmeeinleitung im Bereich des Bodens zurückzuführen. Schon angesichts dieser Sachlage hätte sich das Berufungsgericht der für den Kläger ungünstigen Auffassung des in zweiter Instanz bestellten Sachverständigen nur dann anschließen dürfen, wenn es zuvor die zwischen den beiden Gutachtern bestehenden Streitpunkte mit diesem erörtert hätte (vgl. für den Fall sich widersprechender Auffassungen von Privat- und Gerichtsgutachter BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 - VII ZR 97/08, BauR 2010, 931 Rn. 9 mwN). Zur Klärung der zwischen den beiden Gutachten bestehenden Widersprüche hätte es zumindest dem Antrag des Klägers auf Ladung des vom Berufungsgericht bestellten Sachverständigen entsprechen müssen.
9
aa) Die von einer Partei beantragte Ladung eines Sachverständigen ist grundsätzlich auch dann erforderlich, wenn das Gericht - wie hier - das schriftliche Gutachten für überzeugend hält und keinen weiteren Erläuterungsbedarf sieht. Zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs nach §§ 397, 402 ZPO hat die Partei einen Anspruch darauf, dass sie dem Sachverständigen die Fragen, die sie zur Aufklärung der Sache für erforderlich hält, zur mündlichen Beantwortung vorlegen kann (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 7. Oktober 1997 - VI ZR 252/96, NJW 1998, 162 unter II 2 a; Beschluss vom 22. Mai 2007 - VI ZR 233/06, NJW-RR 2007, 1294 Rn. 3; Senatsbeschluss vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 295/08, NJW-RR 2009, 1361 Rn. 10). Dieses Antragsrecht besteht unabhängig von der nach § 411 Abs. 3 ZPO im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts stehenden Möglichkeit, von Amts wegen das Erscheinen eines Sachverständigen zum Termin anzuordnen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 10. Juli 1952 - IV ZR 15/52, BGHZ 6, 398, 400, 401; vom 27. Februar 1957 - IV ZR 290/56, BGHZ 24, 9, 14; vom 7. Oktober 1997 - VI ZR 252/96, aaO; vom 29. Oktober 2002 - VI ZR 353/01, NJW-RR 2003, 208 unter II 1; Beschluss vom 5. September 2006 - VI ZR 176/05, WuM 2006, 634 Rn. 3; Senatsbe- http://www.juris.de/jportal/portal/t/jvc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310832002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/jvc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310832002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/jvc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310832002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/s9u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=JURE060090888&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/s9u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=PRRE005558044&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/s9u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=PRRE005558044&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 6 - schluss vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 295/08, aaO). Beschränkungen des Antragsrechts können sich allenfalls aus dem - hier nicht vorliegenden - Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs oder der Prozessverschleppung ergeben (BGH, Urteile vom 27. Februar 1957 - IV ZR 290/56, aaO; vom 29. Oktober 2002 - VI ZR 353/01, aaO; Beschluss vom 22. Mai 2007 - VI ZR 233/07, aaO; Senatsbeschluss vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 295/08, aaO).
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bb) Von der Partei, die einen Antrag auf Ladung eines Sachverständigen stellt, kann nicht verlangt werden, dass sie die Fragen, die sie an den Gutachter zu richten beabsichtigt, im Voraus konkret formuliert (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 5. September 2006 - VI ZR 176/05, aaO, und vom 22. Mai 2007 - VI ZR 233/06, aaO). Es ist auch nicht erforderlich, dass ein Erläuterungsbedarf von der Partei konkret dargetan wird. Vielmehr genügt es, wenn sie allgemein angibt , in welcher Richtung sie durch ihre Fragen eine weitere Aufklärung herbeizuführen wünscht (BGH, Urteil vom 27. Februar 1957 - IV ZR 290/56, aaO S. 15; Beschlüsse vom 5. September 2006 - VI ZR 176/05, aaO, und vom 22. Mai 2007 - VI ZR 233/06, aaO). Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn ein Sachverständiger nicht als Erstgutachter eingeschaltet wurde, sondern ein weiteres Gutachten erstattet hat (vgl. zum Fall eines Ergänzungsgutachtens BGH, Beschluss vom 22. Mai 2007 - VI ZR 233/06, aaO).
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cc) Das Berufungsgericht hätte daher dem im Anwaltsschriftsatz vom 25. Januar 2010 (rechtzeitig) gestellten Antrag des Klägers auf ergänzende mündliche Anhörung des im Berufungsverfahren tätig gewordenen Sachverständigen zu den dort aufgeworfenen Fragen ohne weiteres entsprechen müssen. Dabei hätte es insbesondere durch mündliche Befragung dieses Gutachters klären müssen, auf welche Anknüpfungstatsachen sich die unterschiedlichen Bewertungen der beiden Sachverständigen zur technischen Eignung des Kolbens stützen und ob deren Beurteilungen auf belastbaren Fakten beruhen.
Außerdem hätte es dem Kläger Gelegenheit geben müssen, ergänzende Stellungnahmen des im Berufungsverfahren bestellten Gutachters zu den weiter von der Klägerseite aufgeworfenen Fragen herbeizuführen, vor allem, ob weitere Untersuchungen (etwa Auslesung des noch vorhandenen Steuergerätes; Materialprüfung) verwertbare Erkenntnisse versprechen und auf welche Anknüpfungstatsachen sich die Einschätzung des Sachverständigen stützt, als mögliche Schadensursache komme auch ein so genanntes Chip-Tuning in Betracht. Dies wird das Berufungsgericht nachzuholen haben.
12
Unter Umständen kann zur Wahrung des rechtlichen Gehörs des Klägers (Art. 103 Abs. 1 GG) auch eine Anhörung des in erster Instanz bestellten Sachverständigen geboten sein (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 22. Mai 2007 - VI ZR 233/06, aaO Rn. 2 f.). Zwar erstreckt sich die Pflicht, auf Antrag der Prozessparteien den (gerichtlichen) Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens zu laden, nicht auf einen früheren Sachverständigen, dessen Gutachten der Tatrichter für ungenügend erachtet und deshalb zum Anlass genommen hat, gemäß § 412 Abs. 1 ZPO einen anderen Sachverständigen zu beauftragen (BGH, Urteil vom 4. November 2010 - III ZR 45/10, juris Rn. 36). Im vorliegenden Fall ist indessen schon nicht erkennbar, dass das Berufungsgericht die Beauftragung eines weiteren Sachverständigen auf die Vorschrift des § 412 Abs. 1 ZPO gestützt hat. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, ist der frühere Sachverständige zu laden, wenn und soweit dies zur weiteren Sachaufklärung, insbesondere zur Behebung von Lücken und Zweifeln, erforderlich ist (BGH, Urteil vom 4. November 2010 - III ZR 45/10, aaO Rn. 37).
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2. Ferner hat das Berufungsgericht das Grundrecht des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) dadurch missachtet, dass es sich mit den Angaben der in erster Instanz gehörten Zeugin L. zur Frage von Tuningmaßnahmen in der angefochtenen Entscheidung nicht auseinandergesetzt hat. Der verfassungsrechtlich verbürgte Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist verletzt, wenn sich aus den Umständen klar ergibt, dass das Gericht nicht seiner Pflicht nachgekommen ist, entscheidungserhebliches Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dies ist der Fall, wenn das Gericht zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, trotz entsprechenden Parteivortrags in den Entscheidungsgründen nicht Stellung nimmt (BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 - VII ZR 97/08, aaO Rn. 8 mwN). Da eine Partei sich regelmäßig ein für sie günstiges Beweisergebnis zu Eigen macht, verletzt das Übergehen eines solchen Beweisergebnisses regelmäßig den Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör, sofern es entscheidungserheblich ist (BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - VI ZR 325/08, NJW-RR 2010, 495 Rn. 6). Das Berufungsgericht hat die Ursache des Kolbenschadens in einer Verbrennungsstörung gesehen. Als Ursachen hierfür hat der im Berufungsverfahren bestellte Sachverständige mangelhafte Injektoren oder eine Leistungssteigerung in Form eines Chip-Tunings in Betracht gezogen. Dem hat sich das Berufungsgericht angeschlossen, ohne auf die Bekundungen der Zeugin L. , wonach in der Besitzzeit des Klägers keine Tuningmaßnahmen vorgenommen worden seien, einzugehen.
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3. Das angefochtene Urteil beruht auf den aufgezeigten Gehörsverletzungen. Denn es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht bei der gebotenen Klärung der Schadensursachen zu einer anderen Beurteilung des Falles gekommen wäre. Das Urteil ist daher aufzuheben, und die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Ball Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG Duisburg, Entscheidung vom 15.12.2008 - 1 O 160/07 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 11.03.2010 - I-3 U 78/08 -

(1) Das Prozessgericht kann nach seinem Ermessen die wiederholte Vernehmung eines Zeugen anordnen.

(2) Hat ein beauftragter oder ersuchter Richter bei der Vernehmung die Stellung der von einer Partei angeregten Frage verweigert, so kann das Prozessgericht die nachträgliche Vernehmung des Zeugen über diese Frage anordnen.

(3) Bei der wiederholten oder der nachträglichen Vernehmung kann der Richter statt der nochmaligen Beeidigung den Zeugen die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf den früher geleisteten Eid versichern lassen.

4
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 544 ZPO; § 26 Nr. 8 EGZPO). Sie ist auch begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat die erstinstanzlich vernommenen Zeugen entgegen § 529 Abs. 1 Nr. 1, § 398 Abs. 1 ZPO nicht erneut vernommen, obwohl es deren Aussagen anders gewürdigt hat als das Landgericht. Diese rechtsfehlerhafte Anwendung des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO verletzt den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, NJW 2005, 1487; BGH, Beschluss vom 5. April 2006 - IV ZR 253/05, FamRZ 2006, 946).