Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Feb. 2016 - VIII ZR 321/14

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:230216BVIIIZR321.14.0
bei uns veröffentlicht am23.02.2016
vorgehend
Amtsgericht Siegburg, 106 C 7/14, 24.07.2014
Landgericht Bonn, 6 S 154/14, 06.11.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 321/14
vom
23. Februar 2016
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2016:230216BVIIIZR321.14.0

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Februar 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Achilles, Dr. Schneider und Kosziol einstimmig beschlossen:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 6. November 2014 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen. Gebührenstreitwert: 8.820 €

Gründe:


1
Die Revision der Klägerin ist gemäß § 552a Satz 1 ZPO zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision auch keine Aussicht auf Erfolg hat. Zur Begründung seiner Entscheidung nimmt der Senat zunächst auf seinen Beschluss vom 6. Oktober 2015 Bezug.
2
Nachdem die Klägerin die Revision bezüglich der fristlosen Kündigung zurückgenommen hat, ist nur noch über das auf die ordentliche Kündigung bezogene Rechtsmittel zu entscheiden, wobei die Klägerin insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt hat, nachdem die Beklagten das Mietverhältnis ihrerseits beendet und die Wohnung der Klägerin zurückgegeben haben.
3
In der Sache bleibt es indes dabei, dass die Voraussetzungen des § 552a Satz 1 ZPO vorliegen und die Revision unbegründet ist, da das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen hat. Die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 13. Januar 2016 erhobenen Einwendungen rechtfertigen keine abweichende Beurteilung.
4
1. Allerdings beanstandet die Revision zu Recht, dass das Berufungsgericht die allgemeine Regel aufstellen will, dass eine ordentliche Kündigung immer dann rechtsmissbräuchlich sei, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete oder der fälligen Entschädigung befriedigt werde, keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass es künftig zu erneuten Zahlungsrückständen kommen werde und der Mieter auch im Übrigen keine mietvertraglichen Pflichten verletzt habe. Denn dies liefe, wie bereits im Hinweisbeschluss des Senats vom 6. Oktober 2015 ausgeführt, letztlich auf eine unzulässige analoge Anwendung der nur für die fristlose Kündigung geltenden Schonfristregelung (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB) hinaus.
5
2. Gleichwohl stellt sich die Entscheidung des Berufungsgerichts im konkreten Fall als richtig dar, weil sich seine Beurteilung, dass der Klägerin die Durchsetzung des auf die ordentliche Kündigung gestützten Räumungsanspruchs mit Rücksicht auf Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt sei, angesichts der hier festgestellten besonderen Umstände im Rahmen zulässiger tatrichterlicher Würdigung hält, wie der Senat bereits in dem genannten Hinweisbeschluss ausgeführt hat.
6
Soweit die Revision darauf abstellt, dass die Beklagten die Mietrückstände lediglich mit Hilfe einer Darlehensgewährung des Jobcenters beglichen hät- ten und geltend macht, das Berufungsgericht habe deshalb zu Unrecht keine Anhaltspunkte für künftige Vertragsverletzungen der Beklagten in Form erneuter Mietrückstände gesehen, setzt sie lediglich ihre eigene Wertung an die Stelle der tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts, zeigt aber einen Rechtsfehler nicht auf. Das Gleiche gilt, soweit die Revision das Verschulden der Beklagten stärker gewichten will als das Berufungsgericht und die Auffassung vertritt, das Berufungsgericht hätte eine Anwendung von § 242 BGB im vorliegenden Fall nur in Betracht ziehen dürfen, wenn mit Gewissheit feststünde , dass es zukünftig zu keinen weiteren Mietrückständen kommen werde. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider Kosziol
Vorinstanzen:
AG Siegburg, Entscheidung vom 24.07.2014 - 106 C 7/14 -
LG Bonn, Entscheidung vom 06.11.2014 - 6 S 154/14 -

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 552a Zurückweisungsbeschluss


Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 569 Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund


(1) Ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 liegt für den Mieter auch vor, wenn der gemietete Wohnraum so beschaffen ist, dass seine Benutzung mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit verbunden ist. Dies gilt auch, wenn der Mieter die Ge

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Landgericht Hamburg Urteil, 02. Dez. 2016 - 311 S 53/16

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Tenor 1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 28.07.2016, Az. 40a C 36/16, wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. 3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. D

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Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) Ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 liegt für den Mieter auch vor, wenn der gemietete Wohnraum so beschaffen ist, dass seine Benutzung mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit verbunden ist. Dies gilt auch, wenn der Mieter die Gefahr bringende Beschaffenheit bei Vertragsschluss gekannt oder darauf verzichtet hat, die ihm wegen dieser Beschaffenheit zustehenden Rechte geltend zu machen.

(2) Ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 liegt ferner vor, wenn eine Vertragspartei den Hausfrieden nachhaltig stört, so dass dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2a) Ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Absatz 1 liegt ferner vor, wenn der Mieter mit einer Sicherheitsleistung nach § 551 in Höhe eines Betrages im Verzug ist, der der zweifachen Monatsmiete entspricht. Die als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesenen Betriebskosten sind bei der Berechnung der Monatsmiete nach Satz 1 nicht zu berücksichtigen. Einer Abhilfefrist oder einer Abmahnung nach § 543 Absatz 3 Satz 1 bedarf es nicht. Absatz 3 Nummer 2 Satz 1 sowie § 543 Absatz 2 Satz 2 sind entsprechend anzuwenden.

(3) Ergänzend zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 gilt:

1.
Im Falle des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe a ist der rückständige Teil der Miete nur dann als nicht unerheblich anzusehen, wenn er die Miete für einen Monat übersteigt. Dies gilt nicht, wenn der Wohnraum nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet ist.
2.
Die Kündigung wird auch dann unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Kündigung vor nicht länger als zwei Jahren bereits eine nach Satz 1 unwirksam gewordene Kündigung vorausgegangen ist.
3.
Ist der Mieter rechtskräftig zur Zahlung einer erhöhten Miete nach den §§ 558 bis 560 verurteilt worden, so kann der Vermieter das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs des Mieters nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach rechtskräftiger Verurteilung kündigen, wenn nicht die Voraussetzungen der außerordentlichen fristlosen Kündigung schon wegen der bisher geschuldeten Miete erfüllt sind.

(4) Der zur Kündigung führende wichtige Grund ist in dem Kündigungsschreiben anzugeben.

(5) Eine Vereinbarung, die zum Nachteil des Mieters von den Absätzen 1 bis 3 dieser Vorschrift oder von § 543 abweicht, ist unwirksam. Ferner ist eine Vereinbarung unwirksam, nach der der Vermieter berechtigt sein soll, aus anderen als den im Gesetz zugelassenen Gründen außerordentlich fristlos zu kündigen.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.