Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Mai 2012 - VIII ZB 79/11

bei uns veröffentlicht am15.05.2012
vorgehend
Landgericht Karlsruhe, 15 O 132/10, 28.06.2011
Oberlandesgericht Karlsruhe, 15 W 67/11, 15.08.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 79/11
vom
15. Mai 2012
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Das Kostenfestsetzungsverfahren wird auch dann durch die Insolvenz eines Verfahrensbeteiligten
unterbrochen, wenn zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung die Kostengrundentscheidung
bereits rechtskräftig ist (Fortführung von BGH, Beschluss vom
29. Juni 2005 - XII ZB 195/04, NZI 2006, 128).
BGH, Beschluss vom 15. Mai 2012 - VIII ZB 79/11 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Mai 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Frellesen, die Richterinnen Dr. Milger
und Dr. Fetzer sowie den Richter Dr. Bünger

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerinnen gegen den Beschluss des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 15. August 2011 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf bis zu 900 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Parteien haben zur Beilegung von zwei ursprünglich getrennt geführten Verfahren einen Vergleich geschlossen, dessen Zustandekommen mit Beschluss des Landgerichts vom 11. März 2011 festgestellt worden ist. Danach trägt die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten des Vergleichs und des Mehrvergleichs, welche die Parteien jeweils selbst tragen. Am 31. März 2011 haben die Klägerinnen beantragt, die ihnen entstandenen Kosten gegen die Beklagte festzusetzen. Nachdem am 16. Juni 2011 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten eröffnet worden war, hat das Landgericht mit Beschluss vom 28. Juni 2011 die Unterbrechung des Kostenfestsetzungsverfahrens festgestellt. Die gegen diesen Beschluss gerichtete sofortige Beschwerde hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

2
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde (§ 575 ZPO) ist unbegründet.
3
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Das Kostenfestsetzungsverfahren sei durch die Insolvenz der Beklagten gemäß § 240 ZPO unterbrochen worden. Denn das Kostenfestsetzungsverfahren gemäß §§ 103, 104 ZPO stelle ein selbständiges Verfahren dar, auf welches § 240 ZPO unabhängig davon anwendbar sei, ob der zugrundeliegende Rechtsstreit noch anhängig oder - wie hier - rechtskräftig abgeschlossen sei. Auch der Sinn und Zweck des § 240 ZPO, dem Insolvenzverwalter und den Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zu geben, sich auf die durch die Insolvenzeröffnung eingetretene Veränderung der Sachlage einzustellen, spreche in Übereinstimmung mit der ganz überwiegenden Auffassung in der neueren Rechtsprechung und Literatur für die Unterbrechungswirkung. Gegen eine Unterbrechung des Kostenfestsetzungsverfahrens gemäß § 240 ZPO spreche, anders als die Beschwerde meine, auch nicht etwa, dass die Kostenfestsetzung "lediglich die Rechnung der Kosten" darstellen würde. Vielmehr handele es sich bei dem Kostenfestsetzungsverfahren um ein vielfach kontrovers geführtes Verfahren , das über eine bloße Berechnung feststehender Positionen auf der Grundlage einer Kostengrundentscheidung weit hinausgehe.
4
2. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Das Beschwerdegericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Insolvenz der Beklagten gemäß §§ 240, 249 ZPO zur Unterbrechung des Kostenfestsetzungsverfahrens geführt hat.
5
Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass ein Kostenfestsetzungsverfahren für die Kosten der Vorinstanzen auch dann unterbrochen ist, wenn die Unterbrechungswirkung erst in einem späteren Rechtszug eintritt und die Kostengrundentscheidung somit nicht rechtskräftig wird (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2005 - XII ZB 195/04, NZI 2006, 128 unter II 2). Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde wird das Kostenfestsetzungsverfahren indes auch dann durch die Insolvenz eines Verfahrensbeteiligten unterbrochen, wenn zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung die Kostengrundentscheidung bereits rechtskräftig ist.
6
Denn durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über (§ 80 InsO). Dies hat zur Folge, dass der Schuldner auch die Prozessführungsbefugnis verliert, soweit die Insolvenzmasse betroffen ist (BAGE 120, 27, 29; BAG, NJW 2009, 3529, 3530; Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 13. Aufl., § 80 Rn. 9; vgl. RGZ 29, 29, 32 ff.), so dass ein Rechtsstreit nicht ohne Beteiligung des Insolvenzverwalters fortgeführt werden kann. Dies gilt auch für das Kostenfestsetzungsverfahren (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2005 - XII ZB 195/04, aaO; OLG Brandenburg, OLGR 2007, 424 f.; ZInsO 2011, 398 f.; KG Berlin, FamRZ 2008, 1203 f.; OLG Hamm, OLGR 2005, 95 f.). Denn das Kostenfestsetzungsverfahren ist ein selbständiges , an das Verfahren des ersten Rechtszuges angegliedertes (§ 103 Abs. 2 ZPO) Verfahren (BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2007 - I ZB 16/07, NJW 2008, 2040 Rn. 6; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 103 Rn. 2).
7
Auch der Sinn und Zweck der §§ 240, 249 ZPO gebietet entgegen der von der Rechtsbeschwerde vertretenen Auffassung eine Unterbrechung des Kostenfestsetzungsverfahrens (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2005 - XII ZB 195/04, aaO). Mit der Unterbrechung soll den Beteiligten des Verfahrens und dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit gegeben werden, sich auf die durch die Insolvenz einer Partei eingetretene Veränderung der Sachlage einzustellen. Zwar ist der Kostenerstattungsanspruch bei Vorliegen eines Titels - wie hier der Fall - bereits dem Grunde nach gegeben; die Höhe dieses Anspruchs steht jedoch erst aufgrund des - gegebenenfalls streitig zu führenden - Kostenfestsetzungsverfahrens fest. Es ist daher geboten, auch insoweit dem Verwalter Gelegenheit zu geben, sich hinsichtlich des Verfahrens sachkundig zu machen und die Aufnahme des Verfahrens zu prüfen (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2005 - XII ZB 195/04, aaO; KG Berlin, aaO).

III.

8
Bei der Festsetzung des Streitwertes hat der Senat 10 % der geltend gemachten Kostenausgleichsforderung zugrunde gelegt, da eine höhere Verteilungsquote im Insolvenzverfahren weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist (vgl. § 182 InsO; BGH, Beschluss vom 29. Juni 2005 - XII ZB 195/04, aaO unter III mwN). Ball Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 28.06.2011 - 15 O 132/10 KfH -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 15.08.2011 - 15 W 67/11 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Mai 2012 - VIII ZB 79/11

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Mai 2012 - VIII ZB 79/11

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Mai 2012 - VIII ZB 79/11 zitiert 10 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 575 Frist, Form und Begründung der Rechtsbeschwerde


(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der E

Insolvenzordnung - InsO | § 80 Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts


(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. (2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsve

Zivilprozessordnung - ZPO | § 104 Kostenfestsetzungsverfahren


(1) Über den Festsetzungsantrag entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Auf Antrag ist auszusprechen, dass die festgesetzten Kosten vom Eingang des Festsetzungsantrags, im Falle des § 105 Abs. 3 von der Verkündung des Urteils ab mit fünf Proz

Zivilprozessordnung - ZPO | § 240 Unterbrechung durch Insolvenzverfahren


Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfa

Zivilprozessordnung - ZPO | § 249 Wirkung von Unterbrechung und Aussetzung


(1) Die Unterbrechung und Aussetzung des Verfahrens hat die Wirkung, dass der Lauf einer jeden Frist aufhört und nach Beendigung der Unterbrechung oder Aussetzung die volle Frist von neuem zu laufen beginnt. (2) Die während der Unterbrechung oder

Zivilprozessordnung - ZPO | § 103 Kostenfestsetzungsgrundlage; Kostenfestsetzungsantrag


(1) Der Anspruch auf Erstattung der Prozesskosten kann nur auf Grund eines zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titels geltend gemacht werden. (2) Der Antrag auf Festsetzung des zu erstattenden Betrages ist bei dem Gericht des ersten Rechtszuges an

Insolvenzordnung - InsO | § 182 Streitwert


Der Wert des Streitgegenstands einer Klage auf Feststellung einer Forderung, deren Bestand vom Insolvenzverwalter oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten worden ist, bestimmt sich nach dem Betrag, der bei der Verteilung der Insolvenzmasse für di

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Mai 2012 - VIII ZB 79/11 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Mai 2012 - VIII ZB 79/11 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Juni 2005 - XII ZB 195/04

bei uns veröffentlicht am 29.06.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 195/04 vom 29. Juni 2005 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 240, 104 Ein Kostenfestsetzungsverfahren für die Kosten der Vorinstanzen ist auch dann unterbrochen, wenn die.

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Dez. 2007 - I ZB 16/07

bei uns veröffentlicht am 06.12.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZB 16/07 vom 6. Dezember 2007 in der Rechtsbeschwerdesache Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR : ja Kosten eines Abwehrschreibens ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1 Die dem Beklagten durch ein vorgerichtliches Abwehrs
4 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Mai 2012 - VIII ZB 79/11.

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Juni 2017 - I ZB 90/15

bei uns veröffentlicht am 29.06.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZB 90/15 vom 29. Juni 2017 in der Rechtsbeschwerdesache ECLI:DE:BGH:2017:290617BIZB90.15.0 Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Juni 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Rich

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Mai 2013 - IX ZR 332/12

bei uns veröffentlicht am 16.05.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL IX ZR 332/12 Verkündet am: 16. Mai 2013 Kluckow Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 240

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juli 2013 - IX ZR 311/12

bei uns veröffentlicht am 18.07.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 311/12 Verkündet am: 18. Juli 2013 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 86 Abs. 1 Nr. 2

Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 07. Sept. 2016 - 12 W 1819/16

bei uns veröffentlicht am 07.09.2016

Tenor 1. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 20.06.2016, Az. 2 HK O 292/15, aufgehoben und die Sache an das Landgericht Nürnberg-Fürth zur erneuten Entscheidung über den Ko

Referenzen

(1) Über den Festsetzungsantrag entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Auf Antrag ist auszusprechen, dass die festgesetzten Kosten vom Eingang des Festsetzungsantrags, im Falle des § 105 Abs. 3 von der Verkündung des Urteils ab mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen sind. Die Entscheidung ist, sofern dem Antrag ganz oder teilweise entsprochen wird, dem Gegner des Antragstellers unter Beifügung einer Abschrift der Kostenrechnung von Amts wegen zuzustellen. Dem Antragsteller ist die Entscheidung nur dann von Amts wegen zuzustellen, wenn der Antrag ganz oder teilweise zurückgewiesen wird; im Übrigen ergeht die Mitteilung formlos.

(2) Zur Berücksichtigung eines Ansatzes genügt, dass er glaubhaft gemacht ist. Hinsichtlich der einem Rechtsanwalt erwachsenden Auslagen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen genügt die Versicherung des Rechtsanwalts, dass diese Auslagen entstanden sind. Zur Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen genügt die Erklärung des Antragstellers, dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann.

(3) Gegen die Entscheidung findet sofortige Beschwerde statt. Das Beschwerdegericht kann das Verfahren aussetzen, bis die Entscheidung, auf die der Festsetzungsantrag gestützt wird, rechtskräftig ist.

Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2,
3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.

(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.

Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

(1) Der Anspruch auf Erstattung der Prozesskosten kann nur auf Grund eines zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titels geltend gemacht werden.

(2) Der Antrag auf Festsetzung des zu erstattenden Betrages ist bei dem Gericht des ersten Rechtszuges anzubringen. Die Kostenberechnung, ihre zur Mitteilung an den Gegner bestimmte Abschrift und die zur Rechtfertigung der einzelnen Ansätze dienenden Belege sind beizufügen.

(1) Über den Festsetzungsantrag entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Auf Antrag ist auszusprechen, dass die festgesetzten Kosten vom Eingang des Festsetzungsantrags, im Falle des § 105 Abs. 3 von der Verkündung des Urteils ab mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen sind. Die Entscheidung ist, sofern dem Antrag ganz oder teilweise entsprochen wird, dem Gegner des Antragstellers unter Beifügung einer Abschrift der Kostenrechnung von Amts wegen zuzustellen. Dem Antragsteller ist die Entscheidung nur dann von Amts wegen zuzustellen, wenn der Antrag ganz oder teilweise zurückgewiesen wird; im Übrigen ergeht die Mitteilung formlos.

(2) Zur Berücksichtigung eines Ansatzes genügt, dass er glaubhaft gemacht ist. Hinsichtlich der einem Rechtsanwalt erwachsenden Auslagen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen genügt die Versicherung des Rechtsanwalts, dass diese Auslagen entstanden sind. Zur Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen genügt die Erklärung des Antragstellers, dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann.

(3) Gegen die Entscheidung findet sofortige Beschwerde statt. Das Beschwerdegericht kann das Verfahren aussetzen, bis die Entscheidung, auf die der Festsetzungsantrag gestützt wird, rechtskräftig ist.

Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

(1) Die Unterbrechung und Aussetzung des Verfahrens hat die Wirkung, dass der Lauf einer jeden Frist aufhört und nach Beendigung der Unterbrechung oder Aussetzung die volle Frist von neuem zu laufen beginnt.

(2) Die während der Unterbrechung oder Aussetzung von einer Partei in Ansehung der Hauptsache vorgenommenen Prozesshandlungen sind der anderen Partei gegenüber ohne rechtliche Wirkung.

(3) Durch die nach dem Schluss einer mündlichen Verhandlung eintretende Unterbrechung wird die Verkündung der auf Grund dieser Verhandlung zu erlassenden Entscheidung nicht gehindert.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 195/04
vom
29. Juni 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Kostenfestsetzungsverfahren für die Kosten der Vorinstanzen ist auch dann
unterbrochen, wenn die Unterbrechungswirkung erst in einem späteren Rechtszug
eintritt.
BGH, Beschluß vom 29. Juni 2005 - XII ZB 195/04 - KG Berlin
LG Berlin
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29.Juni 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Fuchs, Dr. Ahlt, die Richterin
Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des 6. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 12. August 2004 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Streitwert: bis 2.000 €

Gründe:


I.

Die Klägerin wehrt sich mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde gegen die Aufhebung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Landgerichts vom 18. Mai 2004. Mit diesem Beschluß wurden die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 19.075,47 € nebst Zinsen festgesetzt. Kostengrundentscheidung des Kostenfestsetzungs- und -ausgleichsverfahrens ist das Berufungsurteil vom 19. Mai 2003 in der Fassung der Berichtigungsbeschlüsse vom 26. Mai 2003, 16. Juni 2003 und 28. Oktober 2003. Das Berufungsgericht hat unter teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.996.083,50 € nebst Zinsen zu zahlen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat die Klägerin Beschwerde eingelegt. Das Verfahren ist unter dem Aktenzeichen - XII ZR 141/03 - beim Bundesgerichtshofs anhängig. Insoweit ist der Rechtsstreit durch das am 1. August 2003 eröffnete Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten unterbrochen. Trotz dieser Verfahrensunterbrechung hat das Landgericht am 18. Mai 2004 den streitbefangenen Kostenfestsetzungsbeschluß erlassen. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten hat das Beschwerdegericht den Kostenfestsetzungsbeschluß aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Dagegen wehrt sich die Klägerin mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet: 1. Zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, daß die Insolvenzschuldnerin trotz Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Unterbrechungswirkung gemäß §§ 240, 249 ZPO geltend machen kann. Die Unterbrechung soll den Verfahrensbeteiligten, insbesondere dem Insolvenzverwalter, Gelegenheit geben, sich über die durch Insolvenzeröffnung veränderte Sachlage zu informieren und daraus die rechtlichen Konsequenzen zu ziehen. Da die Insolvenzschuldnerin trotz Eröffnung des Insolvenzverfahrens existent bleibt und nicht auszuschließen ist, daß ein eröffnetes Insolvenzverfahren wieder aufgehoben wird, ohne daß es bei einer GmbH zur Löschung im Handelsregister kommt, muß ihr zugestanden werden, die Verfahrensunterbre-
chung geltend zu machen (BGH, Urteil vom 16. Januar 1997 - IX ZR 220/96 - NJW 1997, 1445 und Versäumnisurteil vom 21. Juni 1995 - VIII ZR 224/94 - NJW 1995, 2563 jeweils m.w.N.). 2. Das Beschwerdegericht hat auch in der Sache richtig entschieden. In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob ein Kostenfestsetzungsverfahren gemäß § 240 ZPO unterbrochen wird: Für eine solche Unterbrechung sprechen sich aus: OLG München ZIP 2003, 2318 und ZInsO 2002, 1037; OLG Brandenburg MDR 2001, 471; KG NJW-RR 2000, 731; OLG Stuttgart ZIP 1998, 2066 f.; OLG Thüringen FamRZ 1997, 765 f.; und OLG Düsseldorf ZIP 1996, 1621; Stein/Jonas/Borg 22. Aufl. ZPO § 103 Rdn. 2, vor § 239 Rdn. 3; MünchKomm/Feiber 2. Aufl. ZPO § 240 Rdn. 20; Musielak/Stadler 4. Aufl. ZPO § 240 Rdn. 6; Zöller/Herget ZPO 25. Aufl. § 104 Rdn. 21 Unterbrechung; Uhlenbruck 12. Aufl. InsO § 85 Rdn. 20; FK-InsO/App 3. Aufl. § 85 Rdn. 6 und MünchKomm/Schumacher InsO vor §§ 85 bis 87 Rdn. 44 jeweils m.w.N.. Demgegenüber vertreten die Oberlandesgerichte Koblenz (Rpfleger 1991, 335) und Hamburg (MDR 1990, 349 f.) die Auffassung, ein Kostenfestsetzungsverfahren für die schon abgeschlossene Instanz werde von der Unterbrechung nicht berührt, wenn die Unterbrechungswirkung nach § 240 ZPO erst im höheren Rechtszug eintritt. Der Senat entscheidet die für den vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserhebliche Rechtsfrage dahingehend, daß ein Kostenfestsetzungsverfahren für die Kosten der Vorinstanzen auch dann unterbrochen ist, wenn die Unterbrechungswirkung erst in einem späteren Rechtszug eintritt und die Kostengrundentscheidung somit nicht rechtskräftig wird.
Der Wortlaut des § 240 Satz 1 ZPO "wird das Verfahren … unterbrochen" ist nicht eindeutig. Es fehlt eine gesetzliche Definition des Begriffs "Verfahren" und eine Abgrenzung zu der synonym gebrauchten Bezeichnung "Prozeß" (vgl. insbesondere die Formulierung in § 261 Abs. 2 ZPO einerseits und andererseits in § 275 Abs. 2 ZPO). Aus der Gesetzesgeschichte ergeben sich keine Auslegungshinweise. Eine inhaltliche Änderung ist, nachdem die Gesetzesfassung vom 1. Januar 1964 bis 31. Dezember 1998 unverändert geblieben war, mit dem Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994 nur zur sprachlichen Anpassung an die Insolvenzordnung erfolgt. Die schon damals in der Kommentarliteratur beschriebenen unterschiedlichen obergerichtlichen Auffassungen hat der Gesetzgeber auch bei dem Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 nicht zum Anlaß genommen, den Gesetzeswortlaut zu präzisieren, während § 251 ZPO (Ruhen des Verfahrens) überarbeitet wurde (BT-Drucks. 14/4722 S. 80). In § 104 Abs. 3 Satz 2 ZPO ist geregelt, daß ein Beschwerdeverfahren gegen eine Kostenfestsetzungsentscheidung bis zur Rechtskraft der Kostengrundentscheidung ausgesetzt werden kann. Gesetzessystematisch spricht dies dafür, auch bei einer Verfahrensunterbrechung das Kostenfestsetzungsverfahren nicht isoliert zu Ende zu führen. Dies entspricht im Ergebnis auch dem Sinn und Zweck der Unterbrechung : Mit der Unterbrechung nach §§ 240, 249 ZPO wird den Beteiligten des Verfahrens und dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit gegeben, sich auf die durch Insolvenz einer Partei eingetretene Veränderung der Sachlage einzustellen (Uhlenbruck aaO).
Außerdem soll eine Entlastung der Gerichte herbeigeführt werden. Ein Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes mit zum Teil hoheitlichen Befugnissen kann in besonderem Maße eine außergerichtliche Beilegung von Rechtsstreitigkeiten erreichen. Im Passivprozeß muß der Gläubiger durch die Insolvenzsituation seines Schuldners das Prozesskostenrisiko noch stärker fürchten. Überlegungen dazu sind vor dem Hintergrund der Forderungsanmeldung gemäß § 174 ff. InsO von entscheidender Bedeutung. Der Passivprozeß kann nach § 86 InsO nur um die dort besonders genannten Gegenstände ausgetragen werden. Das vorliegend streitige Kostenfestsetzungsverfahren, das die Klägerin als Kostengläubigerin führt, entspricht einem Passivprozeß. Daher ist sie grundsätzlich gehalten, die im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemachten Forderungen beim Insolvenzverwalter zur Tabelle anzumelden. Daß dies vorliegend geschehen wäre, trägt die Rechtsbeschwerde nicht vor. Eine solche Anmeldung ist auch aus der Akte nicht ersichtlich. Der Senat muß vorliegend nicht entscheiden, ob das Kostenfestsetzungsverfahren entsprechend § 180 Abs. 2 InsO mit dem Ziel, den Kostenerstattungsanspruch der Höhe nach festzustellen (dazu OLG München ZIP 2003, 2318 f.), aufgenommen werden kann. Die gegen eine solche Feststellung im Kostenfestsetzungsverfahren geäußerten Bedenken wären erst dann entscheidungserheblich , wenn der Insolvenzverwalter eine entsprechende Anmeldung bestreiten würde.

III.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 97 Abs. 1 ZPO. Bei der Festsetzung des Streitwertes hat der Senat 10 % der geltend gemachten Kostenausgleichsforderung zugrunde gelegt, da eine höhere Verteilungsquote im Insolvenzverfahren weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist (vgl. § 182 InsO sowie Zöller/Herget ZPO 25. Aufl. § 3 Rdn. 16 Insolvenzverfahren).
Hahne Fuchs Ahlt Vézina Dose

(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.

(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 195/04
vom
29. Juni 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Kostenfestsetzungsverfahren für die Kosten der Vorinstanzen ist auch dann
unterbrochen, wenn die Unterbrechungswirkung erst in einem späteren Rechtszug
eintritt.
BGH, Beschluß vom 29. Juni 2005 - XII ZB 195/04 - KG Berlin
LG Berlin
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29.Juni 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Fuchs, Dr. Ahlt, die Richterin
Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des 6. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 12. August 2004 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Streitwert: bis 2.000 €

Gründe:


I.

Die Klägerin wehrt sich mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde gegen die Aufhebung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Landgerichts vom 18. Mai 2004. Mit diesem Beschluß wurden die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 19.075,47 € nebst Zinsen festgesetzt. Kostengrundentscheidung des Kostenfestsetzungs- und -ausgleichsverfahrens ist das Berufungsurteil vom 19. Mai 2003 in der Fassung der Berichtigungsbeschlüsse vom 26. Mai 2003, 16. Juni 2003 und 28. Oktober 2003. Das Berufungsgericht hat unter teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.996.083,50 € nebst Zinsen zu zahlen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat die Klägerin Beschwerde eingelegt. Das Verfahren ist unter dem Aktenzeichen - XII ZR 141/03 - beim Bundesgerichtshofs anhängig. Insoweit ist der Rechtsstreit durch das am 1. August 2003 eröffnete Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten unterbrochen. Trotz dieser Verfahrensunterbrechung hat das Landgericht am 18. Mai 2004 den streitbefangenen Kostenfestsetzungsbeschluß erlassen. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten hat das Beschwerdegericht den Kostenfestsetzungsbeschluß aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Dagegen wehrt sich die Klägerin mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet: 1. Zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, daß die Insolvenzschuldnerin trotz Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Unterbrechungswirkung gemäß §§ 240, 249 ZPO geltend machen kann. Die Unterbrechung soll den Verfahrensbeteiligten, insbesondere dem Insolvenzverwalter, Gelegenheit geben, sich über die durch Insolvenzeröffnung veränderte Sachlage zu informieren und daraus die rechtlichen Konsequenzen zu ziehen. Da die Insolvenzschuldnerin trotz Eröffnung des Insolvenzverfahrens existent bleibt und nicht auszuschließen ist, daß ein eröffnetes Insolvenzverfahren wieder aufgehoben wird, ohne daß es bei einer GmbH zur Löschung im Handelsregister kommt, muß ihr zugestanden werden, die Verfahrensunterbre-
chung geltend zu machen (BGH, Urteil vom 16. Januar 1997 - IX ZR 220/96 - NJW 1997, 1445 und Versäumnisurteil vom 21. Juni 1995 - VIII ZR 224/94 - NJW 1995, 2563 jeweils m.w.N.). 2. Das Beschwerdegericht hat auch in der Sache richtig entschieden. In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob ein Kostenfestsetzungsverfahren gemäß § 240 ZPO unterbrochen wird: Für eine solche Unterbrechung sprechen sich aus: OLG München ZIP 2003, 2318 und ZInsO 2002, 1037; OLG Brandenburg MDR 2001, 471; KG NJW-RR 2000, 731; OLG Stuttgart ZIP 1998, 2066 f.; OLG Thüringen FamRZ 1997, 765 f.; und OLG Düsseldorf ZIP 1996, 1621; Stein/Jonas/Borg 22. Aufl. ZPO § 103 Rdn. 2, vor § 239 Rdn. 3; MünchKomm/Feiber 2. Aufl. ZPO § 240 Rdn. 20; Musielak/Stadler 4. Aufl. ZPO § 240 Rdn. 6; Zöller/Herget ZPO 25. Aufl. § 104 Rdn. 21 Unterbrechung; Uhlenbruck 12. Aufl. InsO § 85 Rdn. 20; FK-InsO/App 3. Aufl. § 85 Rdn. 6 und MünchKomm/Schumacher InsO vor §§ 85 bis 87 Rdn. 44 jeweils m.w.N.. Demgegenüber vertreten die Oberlandesgerichte Koblenz (Rpfleger 1991, 335) und Hamburg (MDR 1990, 349 f.) die Auffassung, ein Kostenfestsetzungsverfahren für die schon abgeschlossene Instanz werde von der Unterbrechung nicht berührt, wenn die Unterbrechungswirkung nach § 240 ZPO erst im höheren Rechtszug eintritt. Der Senat entscheidet die für den vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserhebliche Rechtsfrage dahingehend, daß ein Kostenfestsetzungsverfahren für die Kosten der Vorinstanzen auch dann unterbrochen ist, wenn die Unterbrechungswirkung erst in einem späteren Rechtszug eintritt und die Kostengrundentscheidung somit nicht rechtskräftig wird.
Der Wortlaut des § 240 Satz 1 ZPO "wird das Verfahren … unterbrochen" ist nicht eindeutig. Es fehlt eine gesetzliche Definition des Begriffs "Verfahren" und eine Abgrenzung zu der synonym gebrauchten Bezeichnung "Prozeß" (vgl. insbesondere die Formulierung in § 261 Abs. 2 ZPO einerseits und andererseits in § 275 Abs. 2 ZPO). Aus der Gesetzesgeschichte ergeben sich keine Auslegungshinweise. Eine inhaltliche Änderung ist, nachdem die Gesetzesfassung vom 1. Januar 1964 bis 31. Dezember 1998 unverändert geblieben war, mit dem Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994 nur zur sprachlichen Anpassung an die Insolvenzordnung erfolgt. Die schon damals in der Kommentarliteratur beschriebenen unterschiedlichen obergerichtlichen Auffassungen hat der Gesetzgeber auch bei dem Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 nicht zum Anlaß genommen, den Gesetzeswortlaut zu präzisieren, während § 251 ZPO (Ruhen des Verfahrens) überarbeitet wurde (BT-Drucks. 14/4722 S. 80). In § 104 Abs. 3 Satz 2 ZPO ist geregelt, daß ein Beschwerdeverfahren gegen eine Kostenfestsetzungsentscheidung bis zur Rechtskraft der Kostengrundentscheidung ausgesetzt werden kann. Gesetzessystematisch spricht dies dafür, auch bei einer Verfahrensunterbrechung das Kostenfestsetzungsverfahren nicht isoliert zu Ende zu führen. Dies entspricht im Ergebnis auch dem Sinn und Zweck der Unterbrechung : Mit der Unterbrechung nach §§ 240, 249 ZPO wird den Beteiligten des Verfahrens und dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit gegeben, sich auf die durch Insolvenz einer Partei eingetretene Veränderung der Sachlage einzustellen (Uhlenbruck aaO).
Außerdem soll eine Entlastung der Gerichte herbeigeführt werden. Ein Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes mit zum Teil hoheitlichen Befugnissen kann in besonderem Maße eine außergerichtliche Beilegung von Rechtsstreitigkeiten erreichen. Im Passivprozeß muß der Gläubiger durch die Insolvenzsituation seines Schuldners das Prozesskostenrisiko noch stärker fürchten. Überlegungen dazu sind vor dem Hintergrund der Forderungsanmeldung gemäß § 174 ff. InsO von entscheidender Bedeutung. Der Passivprozeß kann nach § 86 InsO nur um die dort besonders genannten Gegenstände ausgetragen werden. Das vorliegend streitige Kostenfestsetzungsverfahren, das die Klägerin als Kostengläubigerin führt, entspricht einem Passivprozeß. Daher ist sie grundsätzlich gehalten, die im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemachten Forderungen beim Insolvenzverwalter zur Tabelle anzumelden. Daß dies vorliegend geschehen wäre, trägt die Rechtsbeschwerde nicht vor. Eine solche Anmeldung ist auch aus der Akte nicht ersichtlich. Der Senat muß vorliegend nicht entscheiden, ob das Kostenfestsetzungsverfahren entsprechend § 180 Abs. 2 InsO mit dem Ziel, den Kostenerstattungsanspruch der Höhe nach festzustellen (dazu OLG München ZIP 2003, 2318 f.), aufgenommen werden kann. Die gegen eine solche Feststellung im Kostenfestsetzungsverfahren geäußerten Bedenken wären erst dann entscheidungserheblich , wenn der Insolvenzverwalter eine entsprechende Anmeldung bestreiten würde.

III.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 97 Abs. 1 ZPO. Bei der Festsetzung des Streitwertes hat der Senat 10 % der geltend gemachten Kostenausgleichsforderung zugrunde gelegt, da eine höhere Verteilungsquote im Insolvenzverfahren weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist (vgl. § 182 InsO sowie Zöller/Herget ZPO 25. Aufl. § 3 Rdn. 16 Insolvenzverfahren).
Hahne Fuchs Ahlt Vézina Dose

(1) Der Anspruch auf Erstattung der Prozesskosten kann nur auf Grund eines zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titels geltend gemacht werden.

(2) Der Antrag auf Festsetzung des zu erstattenden Betrages ist bei dem Gericht des ersten Rechtszuges anzubringen. Die Kostenberechnung, ihre zur Mitteilung an den Gegner bestimmte Abschrift und die zur Rechtfertigung der einzelnen Ansätze dienenden Belege sind beizufügen.

6
II. Die Rechtsbeschwerde ist aufgrund ihrer Zulassung gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaft und auch ansonsten zulässig. Der Umstand, dass dem angefochtenen Beschluss ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zugrunde liegt, in dem die Rechtsbeschwerde wegen des durch § 574 Abs. 1 Satz 2, § 542 Abs. 2 Satz 2 ZPO begrenzten Instanzenzugs auch im Falle ihrer Zulassung ausgeschlossen ist (BGHZ 154, 102, 103), steht dem nicht entgegen. Diese Begrenzung gilt nicht für das Kostenfestsetzungsverfahren , das als selbständiges Verfahren mit einem eigenen Rechtsmittelzug ausgestaltet ist (vgl. BGH, Beschl. v. 6.4.2005 - V ZB 25/04, NJW 2005, 2233; Beschl. v. 19.4.2007 - I ZB 47/06, GRUR 2007, 999 Tz. 8 = WRP 2007, 1205 - Consulente in marchi).

Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

(1) Die Unterbrechung und Aussetzung des Verfahrens hat die Wirkung, dass der Lauf einer jeden Frist aufhört und nach Beendigung der Unterbrechung oder Aussetzung die volle Frist von neuem zu laufen beginnt.

(2) Die während der Unterbrechung oder Aussetzung von einer Partei in Ansehung der Hauptsache vorgenommenen Prozesshandlungen sind der anderen Partei gegenüber ohne rechtliche Wirkung.

(3) Durch die nach dem Schluss einer mündlichen Verhandlung eintretende Unterbrechung wird die Verkündung der auf Grund dieser Verhandlung zu erlassenden Entscheidung nicht gehindert.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 195/04
vom
29. Juni 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Kostenfestsetzungsverfahren für die Kosten der Vorinstanzen ist auch dann
unterbrochen, wenn die Unterbrechungswirkung erst in einem späteren Rechtszug
eintritt.
BGH, Beschluß vom 29. Juni 2005 - XII ZB 195/04 - KG Berlin
LG Berlin
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29.Juni 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Fuchs, Dr. Ahlt, die Richterin
Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des 6. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 12. August 2004 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Streitwert: bis 2.000 €

Gründe:


I.

Die Klägerin wehrt sich mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde gegen die Aufhebung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Landgerichts vom 18. Mai 2004. Mit diesem Beschluß wurden die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 19.075,47 € nebst Zinsen festgesetzt. Kostengrundentscheidung des Kostenfestsetzungs- und -ausgleichsverfahrens ist das Berufungsurteil vom 19. Mai 2003 in der Fassung der Berichtigungsbeschlüsse vom 26. Mai 2003, 16. Juni 2003 und 28. Oktober 2003. Das Berufungsgericht hat unter teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.996.083,50 € nebst Zinsen zu zahlen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat die Klägerin Beschwerde eingelegt. Das Verfahren ist unter dem Aktenzeichen - XII ZR 141/03 - beim Bundesgerichtshofs anhängig. Insoweit ist der Rechtsstreit durch das am 1. August 2003 eröffnete Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten unterbrochen. Trotz dieser Verfahrensunterbrechung hat das Landgericht am 18. Mai 2004 den streitbefangenen Kostenfestsetzungsbeschluß erlassen. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten hat das Beschwerdegericht den Kostenfestsetzungsbeschluß aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Dagegen wehrt sich die Klägerin mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet: 1. Zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, daß die Insolvenzschuldnerin trotz Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Unterbrechungswirkung gemäß §§ 240, 249 ZPO geltend machen kann. Die Unterbrechung soll den Verfahrensbeteiligten, insbesondere dem Insolvenzverwalter, Gelegenheit geben, sich über die durch Insolvenzeröffnung veränderte Sachlage zu informieren und daraus die rechtlichen Konsequenzen zu ziehen. Da die Insolvenzschuldnerin trotz Eröffnung des Insolvenzverfahrens existent bleibt und nicht auszuschließen ist, daß ein eröffnetes Insolvenzverfahren wieder aufgehoben wird, ohne daß es bei einer GmbH zur Löschung im Handelsregister kommt, muß ihr zugestanden werden, die Verfahrensunterbre-
chung geltend zu machen (BGH, Urteil vom 16. Januar 1997 - IX ZR 220/96 - NJW 1997, 1445 und Versäumnisurteil vom 21. Juni 1995 - VIII ZR 224/94 - NJW 1995, 2563 jeweils m.w.N.). 2. Das Beschwerdegericht hat auch in der Sache richtig entschieden. In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob ein Kostenfestsetzungsverfahren gemäß § 240 ZPO unterbrochen wird: Für eine solche Unterbrechung sprechen sich aus: OLG München ZIP 2003, 2318 und ZInsO 2002, 1037; OLG Brandenburg MDR 2001, 471; KG NJW-RR 2000, 731; OLG Stuttgart ZIP 1998, 2066 f.; OLG Thüringen FamRZ 1997, 765 f.; und OLG Düsseldorf ZIP 1996, 1621; Stein/Jonas/Borg 22. Aufl. ZPO § 103 Rdn. 2, vor § 239 Rdn. 3; MünchKomm/Feiber 2. Aufl. ZPO § 240 Rdn. 20; Musielak/Stadler 4. Aufl. ZPO § 240 Rdn. 6; Zöller/Herget ZPO 25. Aufl. § 104 Rdn. 21 Unterbrechung; Uhlenbruck 12. Aufl. InsO § 85 Rdn. 20; FK-InsO/App 3. Aufl. § 85 Rdn. 6 und MünchKomm/Schumacher InsO vor §§ 85 bis 87 Rdn. 44 jeweils m.w.N.. Demgegenüber vertreten die Oberlandesgerichte Koblenz (Rpfleger 1991, 335) und Hamburg (MDR 1990, 349 f.) die Auffassung, ein Kostenfestsetzungsverfahren für die schon abgeschlossene Instanz werde von der Unterbrechung nicht berührt, wenn die Unterbrechungswirkung nach § 240 ZPO erst im höheren Rechtszug eintritt. Der Senat entscheidet die für den vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserhebliche Rechtsfrage dahingehend, daß ein Kostenfestsetzungsverfahren für die Kosten der Vorinstanzen auch dann unterbrochen ist, wenn die Unterbrechungswirkung erst in einem späteren Rechtszug eintritt und die Kostengrundentscheidung somit nicht rechtskräftig wird.
Der Wortlaut des § 240 Satz 1 ZPO "wird das Verfahren … unterbrochen" ist nicht eindeutig. Es fehlt eine gesetzliche Definition des Begriffs "Verfahren" und eine Abgrenzung zu der synonym gebrauchten Bezeichnung "Prozeß" (vgl. insbesondere die Formulierung in § 261 Abs. 2 ZPO einerseits und andererseits in § 275 Abs. 2 ZPO). Aus der Gesetzesgeschichte ergeben sich keine Auslegungshinweise. Eine inhaltliche Änderung ist, nachdem die Gesetzesfassung vom 1. Januar 1964 bis 31. Dezember 1998 unverändert geblieben war, mit dem Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994 nur zur sprachlichen Anpassung an die Insolvenzordnung erfolgt. Die schon damals in der Kommentarliteratur beschriebenen unterschiedlichen obergerichtlichen Auffassungen hat der Gesetzgeber auch bei dem Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 nicht zum Anlaß genommen, den Gesetzeswortlaut zu präzisieren, während § 251 ZPO (Ruhen des Verfahrens) überarbeitet wurde (BT-Drucks. 14/4722 S. 80). In § 104 Abs. 3 Satz 2 ZPO ist geregelt, daß ein Beschwerdeverfahren gegen eine Kostenfestsetzungsentscheidung bis zur Rechtskraft der Kostengrundentscheidung ausgesetzt werden kann. Gesetzessystematisch spricht dies dafür, auch bei einer Verfahrensunterbrechung das Kostenfestsetzungsverfahren nicht isoliert zu Ende zu führen. Dies entspricht im Ergebnis auch dem Sinn und Zweck der Unterbrechung : Mit der Unterbrechung nach §§ 240, 249 ZPO wird den Beteiligten des Verfahrens und dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit gegeben, sich auf die durch Insolvenz einer Partei eingetretene Veränderung der Sachlage einzustellen (Uhlenbruck aaO).
Außerdem soll eine Entlastung der Gerichte herbeigeführt werden. Ein Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes mit zum Teil hoheitlichen Befugnissen kann in besonderem Maße eine außergerichtliche Beilegung von Rechtsstreitigkeiten erreichen. Im Passivprozeß muß der Gläubiger durch die Insolvenzsituation seines Schuldners das Prozesskostenrisiko noch stärker fürchten. Überlegungen dazu sind vor dem Hintergrund der Forderungsanmeldung gemäß § 174 ff. InsO von entscheidender Bedeutung. Der Passivprozeß kann nach § 86 InsO nur um die dort besonders genannten Gegenstände ausgetragen werden. Das vorliegend streitige Kostenfestsetzungsverfahren, das die Klägerin als Kostengläubigerin führt, entspricht einem Passivprozeß. Daher ist sie grundsätzlich gehalten, die im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemachten Forderungen beim Insolvenzverwalter zur Tabelle anzumelden. Daß dies vorliegend geschehen wäre, trägt die Rechtsbeschwerde nicht vor. Eine solche Anmeldung ist auch aus der Akte nicht ersichtlich. Der Senat muß vorliegend nicht entscheiden, ob das Kostenfestsetzungsverfahren entsprechend § 180 Abs. 2 InsO mit dem Ziel, den Kostenerstattungsanspruch der Höhe nach festzustellen (dazu OLG München ZIP 2003, 2318 f.), aufgenommen werden kann. Die gegen eine solche Feststellung im Kostenfestsetzungsverfahren geäußerten Bedenken wären erst dann entscheidungserheblich , wenn der Insolvenzverwalter eine entsprechende Anmeldung bestreiten würde.

III.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 97 Abs. 1 ZPO. Bei der Festsetzung des Streitwertes hat der Senat 10 % der geltend gemachten Kostenausgleichsforderung zugrunde gelegt, da eine höhere Verteilungsquote im Insolvenzverfahren weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist (vgl. § 182 InsO sowie Zöller/Herget ZPO 25. Aufl. § 3 Rdn. 16 Insolvenzverfahren).
Hahne Fuchs Ahlt Vézina Dose

Der Wert des Streitgegenstands einer Klage auf Feststellung einer Forderung, deren Bestand vom Insolvenzverwalter oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten worden ist, bestimmt sich nach dem Betrag, der bei der Verteilung der Insolvenzmasse für die Forderung zu erwarten ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 195/04
vom
29. Juni 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Kostenfestsetzungsverfahren für die Kosten der Vorinstanzen ist auch dann
unterbrochen, wenn die Unterbrechungswirkung erst in einem späteren Rechtszug
eintritt.
BGH, Beschluß vom 29. Juni 2005 - XII ZB 195/04 - KG Berlin
LG Berlin
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29.Juni 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Fuchs, Dr. Ahlt, die Richterin
Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des 6. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 12. August 2004 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Streitwert: bis 2.000 €

Gründe:


I.

Die Klägerin wehrt sich mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde gegen die Aufhebung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Landgerichts vom 18. Mai 2004. Mit diesem Beschluß wurden die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 19.075,47 € nebst Zinsen festgesetzt. Kostengrundentscheidung des Kostenfestsetzungs- und -ausgleichsverfahrens ist das Berufungsurteil vom 19. Mai 2003 in der Fassung der Berichtigungsbeschlüsse vom 26. Mai 2003, 16. Juni 2003 und 28. Oktober 2003. Das Berufungsgericht hat unter teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.996.083,50 € nebst Zinsen zu zahlen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat die Klägerin Beschwerde eingelegt. Das Verfahren ist unter dem Aktenzeichen - XII ZR 141/03 - beim Bundesgerichtshofs anhängig. Insoweit ist der Rechtsstreit durch das am 1. August 2003 eröffnete Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten unterbrochen. Trotz dieser Verfahrensunterbrechung hat das Landgericht am 18. Mai 2004 den streitbefangenen Kostenfestsetzungsbeschluß erlassen. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten hat das Beschwerdegericht den Kostenfestsetzungsbeschluß aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Dagegen wehrt sich die Klägerin mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet: 1. Zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, daß die Insolvenzschuldnerin trotz Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Unterbrechungswirkung gemäß §§ 240, 249 ZPO geltend machen kann. Die Unterbrechung soll den Verfahrensbeteiligten, insbesondere dem Insolvenzverwalter, Gelegenheit geben, sich über die durch Insolvenzeröffnung veränderte Sachlage zu informieren und daraus die rechtlichen Konsequenzen zu ziehen. Da die Insolvenzschuldnerin trotz Eröffnung des Insolvenzverfahrens existent bleibt und nicht auszuschließen ist, daß ein eröffnetes Insolvenzverfahren wieder aufgehoben wird, ohne daß es bei einer GmbH zur Löschung im Handelsregister kommt, muß ihr zugestanden werden, die Verfahrensunterbre-
chung geltend zu machen (BGH, Urteil vom 16. Januar 1997 - IX ZR 220/96 - NJW 1997, 1445 und Versäumnisurteil vom 21. Juni 1995 - VIII ZR 224/94 - NJW 1995, 2563 jeweils m.w.N.). 2. Das Beschwerdegericht hat auch in der Sache richtig entschieden. In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob ein Kostenfestsetzungsverfahren gemäß § 240 ZPO unterbrochen wird: Für eine solche Unterbrechung sprechen sich aus: OLG München ZIP 2003, 2318 und ZInsO 2002, 1037; OLG Brandenburg MDR 2001, 471; KG NJW-RR 2000, 731; OLG Stuttgart ZIP 1998, 2066 f.; OLG Thüringen FamRZ 1997, 765 f.; und OLG Düsseldorf ZIP 1996, 1621; Stein/Jonas/Borg 22. Aufl. ZPO § 103 Rdn. 2, vor § 239 Rdn. 3; MünchKomm/Feiber 2. Aufl. ZPO § 240 Rdn. 20; Musielak/Stadler 4. Aufl. ZPO § 240 Rdn. 6; Zöller/Herget ZPO 25. Aufl. § 104 Rdn. 21 Unterbrechung; Uhlenbruck 12. Aufl. InsO § 85 Rdn. 20; FK-InsO/App 3. Aufl. § 85 Rdn. 6 und MünchKomm/Schumacher InsO vor §§ 85 bis 87 Rdn. 44 jeweils m.w.N.. Demgegenüber vertreten die Oberlandesgerichte Koblenz (Rpfleger 1991, 335) und Hamburg (MDR 1990, 349 f.) die Auffassung, ein Kostenfestsetzungsverfahren für die schon abgeschlossene Instanz werde von der Unterbrechung nicht berührt, wenn die Unterbrechungswirkung nach § 240 ZPO erst im höheren Rechtszug eintritt. Der Senat entscheidet die für den vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserhebliche Rechtsfrage dahingehend, daß ein Kostenfestsetzungsverfahren für die Kosten der Vorinstanzen auch dann unterbrochen ist, wenn die Unterbrechungswirkung erst in einem späteren Rechtszug eintritt und die Kostengrundentscheidung somit nicht rechtskräftig wird.
Der Wortlaut des § 240 Satz 1 ZPO "wird das Verfahren … unterbrochen" ist nicht eindeutig. Es fehlt eine gesetzliche Definition des Begriffs "Verfahren" und eine Abgrenzung zu der synonym gebrauchten Bezeichnung "Prozeß" (vgl. insbesondere die Formulierung in § 261 Abs. 2 ZPO einerseits und andererseits in § 275 Abs. 2 ZPO). Aus der Gesetzesgeschichte ergeben sich keine Auslegungshinweise. Eine inhaltliche Änderung ist, nachdem die Gesetzesfassung vom 1. Januar 1964 bis 31. Dezember 1998 unverändert geblieben war, mit dem Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994 nur zur sprachlichen Anpassung an die Insolvenzordnung erfolgt. Die schon damals in der Kommentarliteratur beschriebenen unterschiedlichen obergerichtlichen Auffassungen hat der Gesetzgeber auch bei dem Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 nicht zum Anlaß genommen, den Gesetzeswortlaut zu präzisieren, während § 251 ZPO (Ruhen des Verfahrens) überarbeitet wurde (BT-Drucks. 14/4722 S. 80). In § 104 Abs. 3 Satz 2 ZPO ist geregelt, daß ein Beschwerdeverfahren gegen eine Kostenfestsetzungsentscheidung bis zur Rechtskraft der Kostengrundentscheidung ausgesetzt werden kann. Gesetzessystematisch spricht dies dafür, auch bei einer Verfahrensunterbrechung das Kostenfestsetzungsverfahren nicht isoliert zu Ende zu führen. Dies entspricht im Ergebnis auch dem Sinn und Zweck der Unterbrechung : Mit der Unterbrechung nach §§ 240, 249 ZPO wird den Beteiligten des Verfahrens und dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit gegeben, sich auf die durch Insolvenz einer Partei eingetretene Veränderung der Sachlage einzustellen (Uhlenbruck aaO).
Außerdem soll eine Entlastung der Gerichte herbeigeführt werden. Ein Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes mit zum Teil hoheitlichen Befugnissen kann in besonderem Maße eine außergerichtliche Beilegung von Rechtsstreitigkeiten erreichen. Im Passivprozeß muß der Gläubiger durch die Insolvenzsituation seines Schuldners das Prozesskostenrisiko noch stärker fürchten. Überlegungen dazu sind vor dem Hintergrund der Forderungsanmeldung gemäß § 174 ff. InsO von entscheidender Bedeutung. Der Passivprozeß kann nach § 86 InsO nur um die dort besonders genannten Gegenstände ausgetragen werden. Das vorliegend streitige Kostenfestsetzungsverfahren, das die Klägerin als Kostengläubigerin führt, entspricht einem Passivprozeß. Daher ist sie grundsätzlich gehalten, die im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemachten Forderungen beim Insolvenzverwalter zur Tabelle anzumelden. Daß dies vorliegend geschehen wäre, trägt die Rechtsbeschwerde nicht vor. Eine solche Anmeldung ist auch aus der Akte nicht ersichtlich. Der Senat muß vorliegend nicht entscheiden, ob das Kostenfestsetzungsverfahren entsprechend § 180 Abs. 2 InsO mit dem Ziel, den Kostenerstattungsanspruch der Höhe nach festzustellen (dazu OLG München ZIP 2003, 2318 f.), aufgenommen werden kann. Die gegen eine solche Feststellung im Kostenfestsetzungsverfahren geäußerten Bedenken wären erst dann entscheidungserheblich , wenn der Insolvenzverwalter eine entsprechende Anmeldung bestreiten würde.

III.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 97 Abs. 1 ZPO. Bei der Festsetzung des Streitwertes hat der Senat 10 % der geltend gemachten Kostenausgleichsforderung zugrunde gelegt, da eine höhere Verteilungsquote im Insolvenzverfahren weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist (vgl. § 182 InsO sowie Zöller/Herget ZPO 25. Aufl. § 3 Rdn. 16 Insolvenzverfahren).
Hahne Fuchs Ahlt Vézina Dose