Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Mai 2008 - VII ZR 159/07
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Mit ihrer Anhörungsrüge beantragt die Beklagte, das Verfahren nach Maßgabe ihrer Anträge in der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung vom 21. Dezember 2007 fortzuführen. Sie trägt dazu vor, sie sei durch Beschluss des Senats vom 10. April 2008, mit dem ihre Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen worden sei, in ihrem Grundrecht aus Artikel 103 Abs. 1 GG, aber auch in anderen Grundrechten in entscheidungserheblicher Weise verletzt worden. Zur Begründung verweist sie zunächst auf die Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde und erläutert erneut, warum das Berufungsgericht Verfahrensfehler begangen und die Entscheidung des Berufungsgerichts die Beklagte in ihren Grundrechten aus Artikel 103 Abs. 1 und Artikel 2 Abs. 1, jeweils in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, verletzt habe. Weiter trägt sie vor, jedenfalls ergebe sich aus dem Beschluss vom 10. April 2008 nicht, dass sich der Senat mit den von der Beklagten angeführten rechtlichen Gesichtspunkten aus einer anderen Entscheidung des Bundesgerichtshofes in seinem Nichtzu- lassungsbeschluss auseinandergesetzt habe und er sich der verfassungsrechtlichen Relevanz seiner Entscheidung bewusst gewesen sei. Dadurch perpetuiere er die Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs durch das Berufungsgericht. Sie rügt weiter, das Berufungsurteil sei mit zahlreichen und entscheidungsrelevanten Mängeln zum Nachteil der Beklagten behaftet. Das Berufungsgericht habe gegen grundlegende, verfassungsrechtlich abgesicherte Gerechtigkeitsanforderungen verstoßen. Die Entscheidung bedürfe von Verfassungs wegen der Korrektur. Die Revision hätte zugelassen werden müssen.
II.
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- Die Anhörungsrüge ist in gesetzlicher Form und Frist (§ 321a Abs. 4 ZPO) erhoben worden, sie ist jedoch nicht zulässig. Mangels der Rüge einer "neuen und eigenständigen" Gehörsverletzung im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ist eine Fortsetzung des Verfahrens durch den Senat nicht veranlasst.
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- 1. Der Rechtsbehelf des § 321a ZPO gegen einen die Nichtzulassungsbeschwerde zurückweisenden Beschluss ist nur dann zulässig, wenn sich die Anhörungsrüge gegen eine "neue und eigenständige" Verletzung des Artikel 103 Abs. 1 GG durch den Bundesgerichtshof selbst richtet. Dagegen ist die Anhörungsrüge unzulässig, soweit mit ihr lediglich geltend gemacht wird, der Verstoß des Berufungsgerichts gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör setze sich dadurch fort, dass die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen worden sei. Der Umstand, dass der Bundesgerichtshof die Rechtslage abweichend von der Auffassung des Beschwerdeführers beurteilt und einen Zulassungsgrund trotz der von ihm erhobenen Rügen gegen das Berufungsurteil für nicht gegeben erachtet, begründet keine eigenständige Gehörsverletzung. Das Vorbringen, mit dem die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Berufungsgericht gerügt wird, wird bereits im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren geprüft. Es kann demzufolge nicht Gegenstand einer nochmaligen Überprüfung durch dasselbe Gericht sein (BGH, Beschluss vom 20. November 2007 - VI ZR 38/07, NJW 2008, 923).
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- 2. Eine eigenständige Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt auch nicht darin, dass der Bundesgerichtshof gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO von der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, von einer näheren Begründung abzusehen (BGH, aaO).
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- 3. Die Beklagte hat im Wesentlichen erneut die vermeintlichen Verstöße des Berufungsgerichts gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (und andere Verfahrensverstöße) gerügt. Soweit sie darüber hinaus geltend macht, der Beschluss des Senats lasse nicht erkennen, dass er sich mit einer vermeintlich divergierenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs auseinandergesetzt und die verfassungsrechtliche Relevanz erkannt habe, ist das der Sache nach keine Rüge einer "neuen und eigenständigen" Gehörsverletzung. Die Beklagte macht, was auch fern liegend wäre, nicht geltend, dass der Senat ihre Ausführungen in der Nichtzulassungsbeschwerde nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung unberücksichtigt gelassen hätte. Vielmehr rügt sie allein eine fehlende Begründung. Dressler Kuffer Kniffka Bauner Halfmeier
LG Ravensburg, Entscheidung vom 25.11.2003 - 8 O 47/03 KfH 2 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 25.07.2007 - 6 U 242/03 -
Annotations
(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn
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ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
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der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.