Bundesgerichtshof Beschluss, 29. März 2017 - VII ZB 3/17

Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. März 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, die Richter Halfmeier und Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterinnen Graßnack und Borris
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Klägerin wendet sich gegen die Verwerfung ihrer Berufung mangels Begründung.
- 2
- Die Klägerin begehrt Werklohn für Reparaturarbeiten. Das Urteil des Amtsgerichts, mit dem ihre Klage (teilweise) in der Hauptsache in Höhe von 666,40 € abgewiesen worden ist, ist ihr am 10. Oktober 2016 zugestellt worden. Mit am 28. Oktober 2016 beim Berufungsgericht eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin Berufung eingelegt, die Berufungsanträge, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge in vollem Umfang weiterverfolgt, angekündigt sowie diese begründet.
- 3
- Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin mit dem angefochtenen Beschluss am 15. Dezember 2016 als unzulässig verworfen, weil das Rechtsmittel bis zum Ablauf des 12. Dezember 2016 nicht begründet und damit nicht in zulässiger Weise eingelegt worden sei. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Rechtsbeschwerde, mit der sie die Aufhebung des Beschlusses begehrt.
II.
- 4
- Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 5
- 1. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO). Das Berufungsgericht hat die Klägerin in ihren Verfahrensgrundrechten auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG und wirkungsvollen Rechtsschutz gemäß Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verletzt.
- 6
- Das Berufungsgericht hat, wie die Beschwerde zutreffend rügt, einen wesentlichen Teil des Inhalts des Schriftsatzes der Klägerin vom 25. Oktober 2016, nämlich die Begründung ihrer Berufung, nicht zur Kenntnis genommen und deshalb übersehen, dass die Klägerin mit diesem Schriftsatz die Berufung nicht nur eingelegt, sondern zugleich begründet hatte. Damit hat das Berufungsgericht unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG wesentlichen entscheidungserheblichen Vortrag übergangen. Ein weiterer Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt darin, dass das Berufungsgericht die Berufung durch Beschluss verworfen hat, ohne dass es der Klägerin zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Dies hätte der Klägerin ermöglicht, auf den Inhalt ihrer Berufungsschrift hinzuweisen.
- 7
- 2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Mit der Berufungsschrift hat die Klägerin ihre Berufung ausreichend begründet.
III.
- 8
- Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben. Das Berufungsgericht wird sich - vorbehaltlich der Prüfung weiterer Zulässigkeitsvoraussetzungen - mit der Begründetheit der Berufung zu beschäftigen haben.
Vorinstanzen:
AG Stade, Entscheidung vom 29.09.2016 - 66 C 934/15 -
LG Stade, Entscheidung vom 15.12.2016 - 4 S 72/16 -

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(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.
(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.