Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Feb. 2018 - VII ZB 28/17

bei uns veröffentlicht am07.02.2018
vorgehend
Amtsgericht Bad Kreuznach, 22 C 16/16, 29.07.2016
Landgericht Bad Kreuznach, 1 T 169/16, 01.03.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 28/17
vom
7. Februar 2018
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2018:070218BVIIZB28.17.0

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Februar 2018 durch den Richter Dr. Kartzke und die Richterinnen Graßnack, Sacher, Borris und Dr. Brenneisen
beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden die Beschlüsse der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 1. März 2017 und des Amtsgerichts Bad Kreuznach vom 29. Juli 2016 aufgehoben. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. Von der Erhebung der Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG abgesehen.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin, ein Unternehmen, das im Bereich der Werbe- und Medientechnik tätig ist, verlangt von der Beklagten die Vergütung für die Schaltung einer Werbeanzeige im Internet.
2
Die Klägerin hat einen Mahnbescheid über 1.231,65 € zuzüglich Zinsen und Nebenkosten erwirkt, gegen den die Beklagte Widerspruch eingelegt hat. Im Anschluss haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.
3
Das Amtsgericht hat nach § 91a ZPO die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben ; hiergegen wendet sie sich mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin führt zur Aufhebung der angefochtenen Kostenentscheidungen und zur Aufhebung der Kosten des Rechtsstreits gegeneinander.
5
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Kostenentscheidung nach § 91a ZPO ausgeführt, die Klägerin wäre ohne die übereinstimmende Erledigungserklärung in der Hauptsache voraussichtlich mit ihrer Klage unterlegen gewesen. Die Klägerin habe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung der vor Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache geltend gemachten Vergütung. Ein solcher ergebe sich insbesondere nicht aus § 631 Abs. 1 BGB. Der zwischen den Parteien geschlossene Werbevertrag sei rechtlich als Werkvertrag einzuordnen.
6
Der geschlossene Vertrag enthalte indes keine Regelungen, die Rückschlüsse auf den Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige und damit auf deren Werbewirksamkeit zuließen. Wie bei jedem Vertrag müsse auch im zu beurteilenden Fall die geschuldete Leistung hinlänglich bestimmt sein, um den Willen zu einer vertraglichen Bindung annehmen zu können. An einer solchen hinreichenden Bestimmtheit der von dem Unternehmer geschuldeten Leistung fehle es aber, wenn der Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige bei potentiellen Kunden und damit die Werbewirksamkeit, auf die es nach dem Vertragszweck entscheidend ankomme, gänzlich ungeregelt bleibe. Ein solcher Werbevertrag sei für den Besteller faktisch wertlos, so dass auch nicht davon ausgegangen werden könne, dass er unter diesen Umständen eine vertragliche Bindung eingehen und sich zur Zahlung einer Vergütung verpflichten wolle.
7
Der Vertragsinhalt sei bei Werbeverträgen nur dann hinreichend bestimmt , wenn die Vertragserklärungen Angaben zur Auflage und Verbreitung des Werbeträgers enthielten. Ferner müsse vertraglich vereinbart werden, an welchen Stellen die Werbung verteilt werden solle, weil anderenfalls vom Gericht nicht festgestellt werden könne, ob der geschuldete Werbeeffekt tatsächlich erzielt werden könne beziehungsweise tatsächlich eingetreten sei. Auch im vorliegenden Fall wäre es möglich gewesen, Kriterien vertraglich zu regeln, die den Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige an potentielle Kunden bestimmten. So könnten etwa Angaben dazu, wie viele Besuche (sog. "clicks") auf der von der Klägerin unterhaltenen Internetseite in einem bestimmten Zeitraum mindestens stattfinden, Auskunft über die Auffindbarkeit und die Attraktivität der Seite für interessierte Internetnutzer geben. Keiner dieser Punkte sei im Vertrag geregelt. Auch andere Kriterien, nach denen die Werbewirksamkeit bestimmt werden könnte, fehlten. Der Vertragsinhalt könne insoweit auch nicht im Wege der Auslegung ermittelt werden.
8
2. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO mit Bindungswirkung für den Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaft (vgl. BGH, Beschluss vom 3. März 2004 - IV ZB 21/03, NJW-RR 2004, 999, juris Rn. 7 f.) und auch im Übrigen zulässig.
9
a) Die Rechtsbeschwerde hätte allerdings nicht zugelassen werden dürfen. Die Rechtssache hat, anders als das Beschwerdegericht meint, weder grundsätzliche Bedeutung noch ist sie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde zugelassen , weil die Frage, ob es sich bei einer Eintragung in einem elektronischen Branchenverzeichnis um einen Werkvertrag oder um einen Dienstvertrag mit werkvertraglichen Elementen handele, für eine Vielzahl von Fällen von Bedeutung sei. Auch die Folgefrage, ob die Rechtsprechung zu den Anforderungen an die Wirksamkeit von Werbeverträgen im Bereich der Printmedien auf Anzeigenschaltungen im Internet entsprechend übertragbar sei, habe grundsätzliche Bedeutung.
10
b) Es ist nicht Zweck einer Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits nach § 91a ZPO, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären, soweit es um Fragen des materiellen Rechts geht (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Oktober 2008 - XI ZB 24/07, BauR 2009, 243 Rn. 9; Urteil vom 21. Dezember 2006 - IX ZR 66/05, NJW 2007, 1591 Rn. 22; Beschluss vom 17. März 2004 - IV ZB 21/02, NJW-RR 2004, 1219, 1220, juris Rn. 7 f.). Grundlage der Entscheidung ist lediglich eine summarische Prüfung, bei der das Gericht grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten alle für den hypothetischen Ausgang bedeutsamen Rechtsfragen zu klären (BGH, Beschluss vom 5. Juni 2014 - VII ZB 54/13 Rn. 5; Beschluss vom 15. September 2009 - IX ZB 36/08, ZVI 2010, 22 Rn. 3; Beschluss vom 28. Oktober 2008 - VIII ZB 28/08, NZBau 2009, 312 Rn. 5 m.w.N.). Der Senat sieht sich deshalb nicht veranlasst, die aufgeworfenen Rechtsfragen zu entscheiden. Bei summarischer Prüfung ist der Verfahrensausgang offen. Mangels anderer Verteilungskriterien sind die Kosten daher gegeneinander aufzuheben.
11
c) Da die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht hätte erfolgen dürfen, sind die Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht zu erheben.
Kartzke Graßnack Sacher Borris Brenneisen

Vorinstanzen:
AG Bad Kreuznach, Entscheidung vom 29.07.2016 - 22 C 16/16 -
LG Bad Kreuznach, Entscheidung vom 01.03.2017 - 1 T 169/16 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91a Kosten bei Erledigung der Hauptsache


(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksich

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 21 Nichterhebung von Kosten


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 631 Vertragstypische Pflichten beim Werkvertrag


(1) Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sac

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(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.

(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

(1) Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 21/03
vom
3. März 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________

a) Bei Anfechtungen von Kostenentscheidungen nach §§ 93, 99
Abs. 2 ZPO ist die Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2
ZPO statthaft.

b) Ist eine Klage (hier: auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus einer
Grundschuld wegen fehlender Angaben zur Fälligkeit gemäß § 1193
BGB) zunächst nicht schlüssig, kann die beklagte Partei trotz angezeigter
Verteidigungsbereitschaft im schriftlichen Vorverfahren nach entsprechend
ergänztem Sachvortrag den Anspruch noch "sofort" i.S. von § 93
ZPO anerkennen.
BGH, Beschluß vom 3. März 2004 - IV ZB 21/03 - OLG Stuttgart
LG Heilbronn
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch
am 3. März 2004

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden der Beschluß des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 26. Mai 2003 aufgehoben und die Kostenentscheidung im Anerkenntnisurteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 6. März 2003 geändert.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Der Gegenstandswert der Beschwerde und der Rechtsbeschwerde wird auf bis zu 19.000

Gründe:


I. Die Klägerin nahm die Beklagte aus einer Grundschuld auf Duldung der Zwangsvollstreckung in Anspruch.
In der Grundschuldbestellungsurkunde vom 12. September 1989, an deren Errichtung die ehemaligen Grundstückseigentümer R. und R., nicht aber die Beklagte beteiligt gewesen waren, ist in Ziffer 1 vereinbart, daß die Grundschuld fällig sei. Nach der Zweckerklärung vom 10. Dezember 2001 werden mit der Grundschuld Forderungen der Klägerin unter anderem gegen die S. Fleisch- und Wurstwarenfabrik R. GmbH (im folgenden: GmbH) gesichert.
Am 31. Juli 2002 kaufte die Beklagte das mit der Grundschuld belastete Grundstück. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2002 an den Beklagtenvertreter , der auch die GmbH vertrat, forderte die Klägerin die GmbH auf, sich dinglich wie persönlich der Zwangsvollstreckung bis zum 16. Dezember 2002 zu unterwerfen. Am 18. Dezember 2002 wurde die Beklagte als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.
Die Klageschrift wurde der Beklagten am 22. Januar 2003 aufgrund gerichtlicher Verfügung vom 17. Januar 2003 zugestellt. In dieser Verfügung ordnete der Vorsitzende die Durchführung eines schriftlichen Vorverfahrens an (§ 272 Abs. 2, 276 ZPO) und fragte außerdem an, woraus sich die Fälligkeit der Grundschuld (§ 1193 BGB) ergebe. Die Klageschrift enthielt dazu nichts. Am 30. Januar 2003 ging bei Gericht die Anzeige der Beklagten ein, daß sie sich gegen die Klage verteidigen wolle. Am selben Tag legte die Klägerin dem Gericht eine Kopie der Grund-

schuldbestellungsurkunde vor unter Hinweis auf die Fälligkeitsregelung in Ziffer 1, wovon die Beklagte am 5. Februar 2003 Ablichtungen erhielt. Mit am 17. Februar 2003 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz erkannte die Beklagte den Klageanspruch unter Protest gegen die Kostenlast an.
In dem darauf ergangenen Anerkenntnisurteil hat das Landgericht der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne von § 93 ZPO liege nicht vor, weil die Beklagte zunächst umfassend ihre Verteidigungsbereitschaft mitgeteilt habe. Bei Anordnung eines schriftlichen Vorverfahrens könne ein sofortiges Anerkenntnis nur in der ersten Erwiderung erfolgen. Das Oberlandesgericht hat sich dieser Ansicht angeschlossen und die sofortige Beschwerde der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin aufzuerlegen.
II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.
1. Sie ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO statthaft.
Im Rahmen von Kostenentscheidungen nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen gemäß § 91a ZPO ist die Statthaftigkeit einer Rechtsbeschwerde allgemein anerkannt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. November 2002 - VIII ZB 66/02 - ZMR 2003, 333 unter II 1; 29. Juli 2003 - VIII ZB 55/03 - NJW-RR 2003, 1504 unter II 2; 29. Juli 2003 - VIII ZB 59/03 - WuM 2003, 637 unter II; 11. September 2003 - XII ZB

188/02 - WuM 2003, 709 unter II 1; 24. September 2003 - IV ZB 8/03 - unter II 1; 20. Oktober 2003 - II ZB 27/02 - unter II 1, zur Veröffentli- chung in BGHZ vorgesehen; 22. Dezember 2003 - VIII ZB 94/03 - unter II, zur Veröffentlichung vorgesehen; Musielak/Wolst, ZPO 3. Aufl. § 91a Rdn. 26; Thomas/Putzo, ZPO 25. Aufl. § 91a Rdn. 52; Baumbach/Lauterbach /Albers/Hartmann, ZPO 62. Aufl. § 91a Rdn. 156). Die demgegenüber mit Blick auf § 99 Abs. 1 ZPO vereinzelt gebliebenen Bedenken (BGH, Beschluß vom 8. Mai 2003 - I ZB 40/02 - NJW-RR 2003, 1075 unter 2 - obiter dictum), die die Rechtsbeschwerdeerwiderung auch hier für sich nutzbar machen möchte, greifen nicht durch.
Die besondere gesetzliche Regelung eines auf Rechtskontrolle beschränkten Rechtsmittels in § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ist auch gegenüber der allgemeinen Regelung zur Anfechtung von Kostenentscheidungen des § 99 Abs. 1 ZPO klar und vom Gesetzgeber gerade auch auf diesem Rechtsgebiet in Anbetracht des bislang begrenzten Instanzenzuges gewollt (Treber in Hannich/Meyer-Seitz (Hrsg.) ZPO-Reform 2002 vor § 574 ZPO Rdn. 6 m.w.N.). Außerdem verlangt eine Überprüfung von Kostenentscheidungen gemäß § 93 ZPO im Rahmen der Rechtsbeschwerde weder eine umfassende Beurteilung der Hauptsache noch ermöglicht sie diese. Denn überprüft wird nur und zwar weitgehend ohne Rücksicht auf die materielle Rechtslage (vgl. Zöller/Herget, ZPO 24. Aufl. § 93 Rdn. 3), ob die anerkennende Partei Veranlassung zur Klage gegeben und ob sie sofort anerkannt hat. Insoweit unterliegt dieses Rechtsmittel eigenen, vom Zweck der Sperrwirkung des § 99 Abs. 1 ZPO nicht erfaßten Prüfungskriterien.

2. Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Die Vor- aussetzungen des § 93 ZPO liegen vor.

a) Zu Unrecht hat das Beschwerdegericht angenommen, die Beklagte habe nach Anzeige ihrer Verteidigungsabsicht nicht mehr mit der Kostenfolge des § 93 ZPO sofort anerkennen können. Dabei kommt es nicht auf die in Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage an, ob nach Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens gemäß §§ 272 Abs. 2, 276 ZPO ein Anerkenntnis, um als "sofortiges" im Sinne von § 93 ZPO zu gelten, innerhalb der zweiwöchigen Notfrist für die Verteidigungsanzeige erklärt werden muß oder ob - nach Anzeige der Verteidigungsbereitschaft - noch innerhalb der anschließenden Frist zur Klageerwiderung "sofort" anerkannt werden kann (vgl. zum Streitstand nur Zöller/Herget, aaO Rdn. 4 und Zöller/Greger, aaO § 276 Rdn. 13 m.v.w.N.). Denn fehlt es zunächst an einer schlüssigen Klage, kann die beklagte Partei nach einhelliger Ansicht nach Behebung dieses Mangels noch "sofort" anerkennen (SchlHOLG JurBüro 2000, 657; KG JW 1929, 118 f.; Stein/Jonas /Bork, ZPO 21. Aufl. § 93 Rdn. 9; Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, aaO § 93 Rdn. 99 unter "Substantiierung"; Zöller/Herget, aaO Rdn. 6 unter "Unschlüssige Klage"; Wieczorek/Schütze/Steiner, ZPO 3. Aufl. § 93 Rdn. 11; AK/Röhl, § 93 ZPO Rdn. 11). Für die von der Rechtsbeschwerdeerwiderung für möglich gehaltene Differenzierung zwischen einem unbegründeten und einem lediglich unschlüssig dargelegten Anspruch ist kein Raum. Eine Partei ist nicht gehalten, einen erst im weiteren Verlauf des Rechtsstreits substantiiert vorgetragenen Klageanspruch schon zuvor - gleichsam auf Verdacht - als begründet anzuerkennen , nur um sich der Kostentragungslast entziehen zu können.

So liegen die Dinge hier. Nach § 1193 Abs. 1 Satz 1 BGB wird das Kapital der Grundschuld erst nach vorheriger Kündigung fällig, die Kündigungsfrist beträgt gemäß § 1193 Abs. 1 Satz 3 BGB sechs Monate. In § 1193 Abs. 2 BGB hat der Gesetzgeber abweichende Bestimmungen für zulässig erklärt. Eine schlüssige Klage auf Duldung der Zwangsvollstrekkung aufgrund einer zugunsten des Klägers bestehenden Grundschuld setzt - entgegen der Rechtsbeschwerdeerwiderung - deshalb den Vortrag von Tatsachen voraus, aus denen sich ergibt, daß entweder die Grundschuld unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten gekündigt oder aber eine Fälligkeitsvereinbarung getroffen worden ist, deren Voraussetzungen sämtlich gegeben sind. Einen derartigen Tatsachenvortrag enthält die Klageschrift nicht einmal ansatzweise. Er ist erstmals in dem am 30. Januar 2003 dem Gericht und am 5. Februar 2003 der Beklagten zugegangenen Schriftsatz enthalten. Die Beklagte hat den erst jetzt schlüssig gewordenen Klageanspruch bereits im nächsten bei Gericht eingereichten Schriftsatz und damit "sofort" im Sinne von § 93 ZPO anerkannt.

b) Die Beklagte hat keinen Anlaß zur Klage gegeben.
Das Beschwerdegericht hat diese Frage zwar offengelassen. Das bedingt aber keine Zurückverweisung der Sache gemäß § 577 Abs. 4 ZPO. Der Senat kann gemäß § 577 Abs. 5 ZPO in der Sache selbst entscheiden , da die dafür zugrunde zu legenden Tatsachen nicht im Streit sind und weiterer Vortrag dazu nicht zu erwarten, die Sache mithin entscheidungsreif ist.

Die Klägerin hat die Beklagte - entgegen der Annahme der Rechtsbeschwerdeerwiderung - vorprozessual nicht aufgefordert, sich hinsichtlich der Grundschuld der Zwangsvollstreckung zu unterwerfen. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Beschwerdegerichts richteten sich insbesondere die Unterwerfungsaufforderungen im Schreiben der Klägerin vom 2. Dezember 2002 an die GmbH. Die Beklagte ist nicht deren Rechtsnachfolgerin. Für die gegenteilige Behauptung der Klägerin ist nichts dargetan. Vielmehr existieren hier rechtlich selbständige Gesellschaften, bei denen auch der Umstand, daß sie ein- und denselben Rechtsanwalt zu ihrem (Prozeß-)Bevollmächtigten bestellt und mit der Wahrnehmung ihrer jeweiligen rechtlichen Interessen beauftragt haben , nicht dazu führen kann, mit der Aufforderung der einen Gesellschaft , sich in notarieller Urkunde der Zwangsvollstreckung zu unterwerfen , zugleich die andere Gesellschaft als ebenso aufgefordert zu betrachten. Die Beklagte hat sich vor Klageerhebung auch nicht in Verzug befunden. Anhaltspunkte dafür, daß die Beklagte (bzw. für sie handelnde natürliche Personen) jemals bekundet hätte(n), sie werde die Zwangsvollstreckung der Klägerin in das mit der Grundschuld belastete Grundstück nicht dulden und/oder eine entsprechende notarielle Urkunde werde nicht errichtet bzw. unterzeichnet, liegen ebenfalls nicht vor. Es bestand daher für die Klägerin kein hinreichender Grund anzunehmen, ohne Inanspruchnahme der Gerichte nicht zu ihrem Recht zu kommen.

Die Klägerin hat daher gemäß §§ 93, 97 ZPO die Kosten des Rechtsstreits insgesamt zu tragen.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Kessal-Wulf Felsch

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

9
Allerdings hat das Beschwerdegericht rechtsfehlerhaft unbeachtet gelassen, dass eine Rechtsbeschwerde gegen eine Kostenentscheidung gemäß § 91a ZPO aus materiellrechtlichen Gründen nicht zugelassen werden darf, da es nicht Zweck einer solchen Kostenentscheidung ist, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden, soweit es um Fragen des materiellen Rechts geht (BGH, Beschluss vom 17. März 2004 - IV ZB 21/02, WM 2005, 394 f.; BGH, Urteil vom 21. Dezember 2006 - IX ZR 66/05, WM 2007, 411, 414 Tz. 22). Die gleichwohl erfolgte Zulassung bindet aber nach § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO den Bundesgerichtshof.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 21/02
vom
17. März 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
Die Rechtsbeschwerde gegen Kostenentscheidungen des Berufungsgerichts
nach § 91a ZPO ist nicht geeignet, Rechtsfragen von grundsätzlicher
Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden, soweit es um Fragen des
materiellen Rechts geht.
BGH, Beschluß vom 17. März 2004 - IV ZB 21/02 - OLG Saarbrücken
LG Saarbrücken
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt und
Felsch
am 17. März 2004

beschlossen:
1. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 5. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 29. Mai 2002 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Der Streitwert des Berufungsverfahrens und der Wert des Vergleichs werden auf 56.927,52 DM = 29.106,58 € festgesetzt.
3. Streitwert des Beschwerdeverfahrens: Die Hälfte der bis zur Einlegung der Rechtsbeschwerde entstandenen Kosten.

Gründe:


I. Der Kläger nahm die Beklagte aus einer bei ihr unterhaltenen Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung auf Zahlung von Rente und Beitragsbefreiung in Anspruch. Vor dem Oberlandesgericht haben die Par-

teien einen Vergleich geschlossen und streiten jetzt noch über die Kosten des Rechtsstreits, über die das Berufungsgericht nach § 91a ZPO entschieden hat.
Der Kläger unterrichtet, inzwischen als Oberstudie nrat, am Gymnasium Mathematik, Biologie und Informatik. Er erlitt 1993 einen Verkehrsunfall , der zu einem halbseitigen Gesichtsfeldausfall bei beiden Augen führte. Wegen dieser Augenerkrankung beträgt der Grad seiner Behinderung nach dem Schwerbehindertengesetz 70%. Die Schulbehörde hat deshalb seine Unterrichtsverpflichtung von 24 auf 19 Stunden reduziert bei vollem Gehalt.
Der Kläger behauptete, zu mindestens 50% berufsunf ähig zu sein, obwohl er 19 Stunden unterrichte. Sein über der Hälfte liegendes Unterrichtspensum beruhe auf einem überobligationsmäßigen Einsatz in verschiedener Hinsicht.
Das Landgericht gab der Klage statt. Das Oberlande sgericht wies sie ab. Der Senat hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur weiteren Aufklärung und erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen (Urteil vom 11. Oktober 2000 - IV ZR 208/99 - VersR 2001, 89).
Das Berufungsgericht hat die Parteien, insbesonder e den Kläger, durch Aufklärungsbeschlüsse zu weiterem Sachvortrag veranlaßt. Beweis hat es nicht mehr erhoben. Im Vergleich haben die Parteien sich darauf geeinigt, daß die Rentenansprüche durch Zahlung etwa des hälftigen Barwerts abgefunden werden, Beiträge in Höhe von 948,95 € durch

die Beklagte erstattet werden und die Lebensversicherung mit eingeschlossener Unfallzusatzversicherung von September 1995 bis zu ihrem Ablauf beitragsfrei geführt wird. Sodann haben sie den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und um Kostenentscheidung nach § 91a ZPO gebeten.
Das Berufungsgericht hat die Kosten des Rechtsstre its den Parteien jeweils zur Hälfte auferlegt. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde beantragt der Kläger, der Beklagten die gesamten Kosten aufzuerlegen.
II. 1. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO mi t Bindungswirkung für den Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft und auch im übrigen zulässig. Die Rechtsbeschwerde hätte allerdings nicht zugelassen werden dürfen, wie die Beschwerdeerwiderung zutreffend ausführt. Die Rechtssache hat, anders als das Berufungsgericht meint, weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts im Sinne von § 574 Abs. 2 ZPO. Die Zulassung ist damit begründet worden, in der Rechtsprechung und in der rechtswissenschaftlichen Literatur sei bislang nicht abschließend geklärt, nach welchen Kriterien im Rahmen einer Gesamtschau zu beurteilen sei, ob eine Berufsunfähigkeit von mindestens 50% vorliege, wenn der Versicherte überobligationsmäßige Leistungen erbringe oder wenn er einzelne Tätigkeiten, die zu seinem Beruf gehörten, nicht mehr oder nur noch eingeschränkt ausüben könne.

a) Es ist nicht Zweck einer Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits nach § 91a ZPO, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeu-

tung zu klären oder das Recht fortzubilden, soweit es um Fragen des materiellen Rechts geht. Die Kostenentscheidung ergeht, wenn der Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, nur nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes. Grundlage der Entscheidung ist demgemäß lediglich eine summarische Prüfung, bei der das Gericht - auch bei einer Entscheidung im Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren - grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten alle für den Ausgang bedeutsamen Rechtsfragen abzuhandeln (BGH, Beschlüsse vom 8. Mai 2003 - I ZB 40/02 - NJW-RR 2003, 1075 unter 2 und vom 16. November 1999 - KVR 10/98 - NJW-RR 2000, 776 unter 1, jeweils m.w.N.; BVerfG NJW 1993, 1060 f.).

b) Abgesehen davon handelt es sich bei der angefüh rten Zulassungsfrage weitgehend nicht um eine Rechtsfrage. Die wertende Gesamtschau aller Umstände, die bei der Feststellung der Berufsunfähigkeit nicht selten geboten sein wird, ist in erster Linie Sache des Tatrichters und im Revisions- und Rechtsbeschwerdeverfahren nach §§ 546, 576 Abs. 3 ZPO nur beschränkt nachprüfbar (vgl. BGH, Urteile vom 16. Juni 1993 - IV ZR 145/92 - VersR 1994, 45 unter II 2 a und b und vom 12. Juni 1996 - IV ZR 118/95 - VersR 1996, 1090 unter II 3 b bb; MünchKomm-ZPO/Aktualisierungsband-Wenzel, § 546 Rdn. 15; Voit, Berufsunfähigkeitsversicherung Rdn. 310-316). Mangels abschließender Feststellung aller entscheidungserheblichen Tatsachen läuft die Zulassung der Rechtsbeschwerde zudem auf die Klärung abstrakter Rechtsfragen hinaus. Das ist nicht der Zweck von § 574 Abs. 3 Satz 1 ZPO.

2. Das Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg .

a) Das Berufungsgericht hat die Kosten den Parteie n je zur Hälfte mit der Begründung auferlegt, nach dem Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Erledigungserklärungen sei völlig offen, aber auch nicht auszuschließen , daß der Kläger hätte nachweisen können, zu mindestens 50% berufsunfähig zu sein. Ohne weitere Aufklärung und Beweisaufnahme zu mehreren Punkten - die auf S. 24 des angefochtenen Beschlusses zusammenfassend dargelegt sind - lasse sich nicht mit einiger Sicherheit vorhersagen, wie der Rechtsstreit ausgegangen wäre.

b) Die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts hä lt der allein gebotenen summarischen rechtlichen Nachprüfung stand. Der Kläger meint unter Hinweis auf BGHZ 123, 264, 266, eine mindestens überwiegende Wahrscheinlichkeit seines Obsiegens hätte ausgereicht, die Kosten der Beklagten allein aufzuerlegen. Er zeigt aber nicht auf, daß das Berufungsgericht dies rechtsfehlerhaft verneint hat. Das Beschwerdevorbringen bewegt sich weitgehend im Bereich der im Rechtsbeschwerdeverfahren unbeachtlichen eigenen Sachverhaltswürdigung. Auch die Beschwerde räumt ein, daß einige Fragen in tatsächlicher Hinsicht noch nicht abschließend geklärt sind. Das betrifft unter anderem den zeitlichen Mehraufwand insgesamt, den der Kläger benötigt, um seine schulischen Aufgaben zu erfüllen, die objektive Qualität seiner Leistungen und die Auswirkung seiner Sehbehinderung auf das Mikroskopieren. Schon das steht der Annahme entgegen, im Zeitpunkt der Erledigungserklärungen habe eine mindestens überwiegende Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen des Klägers bestanden. Eine solche Beurteilung hätte zudem kaum rechtsfehlerfrei vorgenommen werden können, weil das von beiden Par-

teien angeregte (erst noch einzuholende) berufskundliche Gutachten nicht vorlag.
III. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beruf ungsverfahren wird gemäß § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG geändert.
Der Streitwert ist im ersten Berufungsverfahren un d im Revisionsverfahren nach §§ 3, 9 ZPO (vgl. dazu Senatsbeschluß vom 25. November 1998 - IV ZR 199/98 - NVersZ 1999, 239 unter a) auf 56.927,52 DM festgesetzt worden (12.770,40 DM rückständige Rente und Beitragsrückzahlung bei Klageeinreichung, 42.000 DM künftige Rente und 2.157,12 DM Feststellung der künftigen Beitragsfreiheit). Nunmehr hat das Berufungsgericht den Streitwert des Berufungsverfahrens auf 84.262,88 DM festgesetzt. Es hat hierbei die vollen Rentenbeträge von 80.000 DM für die Zeit von September 1995 bis zum Abschluß des Vergleichs im April 2002 zugrunde gelegt, ferner eine bezifferte Beitragsrückforderung von 770,40 DM und die Beiträge von September 1996 bis April 2002 abzüglich 20% Feststellungsabschlag in Höhe von 3.492,48 DM.
Diese Streitwertfestsetzung ist nicht richtig. Auc h bei Abschluß eines Prozeßvergleichs bleibt es dabei, daß für den Streitwert der bei Klageeinreichung noch nicht fälligen künftigen Ansprüche auf Rente und Beitragsbefreiung § 9 ZPO maßgebend ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO 24. Aufl. § 3 Rdn. 16 Abfindungsvergleich, Vergleich; Stein/Jonas/Roth, ZPO 22. Aufl. § 3 Rdn. 68 Vergleich [Allgemeines], § 9 Rdn. 17; Baumbach /Hartmann, ZPO 62. Aufl. Anh. nach § 3 Rdn. 127; Schnei-

der/Herget, Streitwertkommentar 11. Aufl. Rdn. 4567, 4569, 4675). Da durch den Vergleich (nur) die Ansprüche erledigt wurden, die bisher schon Gegenstand des Rechtsstreits waren, beträgt der Streitwert unverändert 56.927,52 DM = 29.106,58 €. Das ist auch der Wert des Vergleichs.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Wendt Felsch

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB54/13
vom
5. Juni 2014
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Juni 2014 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Kniffka, die Richter Dr. Eick, Halfmeier und
Dr. Kartzke und die Richterin Graßnack

beschlossen:
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Den Gläubigerinnen wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren gegen den Schuldner und die Drittschuldnerin ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. P. bewilligt , § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO.

Gründe:

I.

1
Die Gläubigerinnen betreiben gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung wegen Unterhaltsansprüchen. Sie erwirkten am 28. November 2012 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, mit dem der Anspruch des Schuldners gegen die Drittschuldnerin auf Zahlung des gegenwärtigen und künftig fällig werdenden Arbeitseinkommens gepfändet und den Gläubigerinnen zur Einziehung überwiesen worden ist. Der Schuldner war zum damaligen Zeitpunkt Büroleiter des Militärattachés der Deutschen Botschaft in C. Die Drittschuldnerin berechnete die an die Gläubigerinnen abzuführenden Beträge - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Interesse - mit der Maßgabe , dass der Auslandszuschlag gemäß § 53 BBesG, die Aufwandsentschädi- gung "Botschaft NATO UNO" und der Kaufkraftausgleich gemäß § 55 BBesG als unpfändbare Einkommensbestandteile gemäß § 850a Nr. 3 ZPO dem Schuldner belassen wurden.
2
Die auf Herabsetzung des pfändungsfreien Betrages gerichtete Erinnerung der Gläubigerinnen hatte keinen Erfolg. Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerinnen hat das Beschwerdegericht unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen angeordnet, dass die Drittschuldnerin bei der Berechnung der abzuführenden Beträge den Auslandszuschlag gemäß § 53 BBesG zu zwei Dritteln, die Aufwandsentschädigung "AE-Botschaft" voll sowie den Kaufkraftausgleich in Höhe von 234,97 € als Einkommen des Schuldners zu berücksichtigen habe.
3
Gegen diesen Beschluss haben sowohl der Schuldner als auch die Drittschuldnerin die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt. Nachdem das Amtsgericht nach Antragsrücknahme der Gläubigerinnen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 28. November 2012 aufgehoben hatte, haben sowohl der Schuldner als auch die Drittschuldnerin ihre Rechtsbeschwerden für erledigt erklärt. Die Gläubigerinnen haben sich den Erledigungserklärungen angeschlossen und zugleich beantragt, ihnen Prozesskostenhilfe für die Rechtsbeschwerdeverfahren zu bewilligen.

II.

4
Die Erklärung des Schuldners und der Drittschuldnerin, die Rechtsbeschwerde für erledigt zu erklären, legt der Senat dahin aus, dass die Hauptsache für erledigt erklärt werden soll, weil dies nach Aufhebung des Pfändungsund Überweisungsbeschlusses vom 28. November 2012 allein dem Interesse der Rechtsbeschwerdeführer entspricht. Die Gläubigerinnen haben den Erledigungserklärungen zugestimmt. Gemäß § 91a Abs. 1 ZPO ist danach über die Kosten des Verfahrens insgesamt nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes durch Beschluss zu entscheiden (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Februar 2003 - VII ZR 121/02, BauR 2003, 1075,

1076).

5
Es entspricht billigem Ermessen, die Kosten insgesamt gegeneinander aufzuheben. Es ist nicht Zweck einer Kostenentscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden. Grundlage der Entscheidung ist lediglich eine summarische Prüfung , bei der das Gericht grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten alle für den hypothetischen Ausgang bedeutsamen Rechtsfragen zu klären (BGH, Beschluss vom 15. September 2009 - IX ZB 36/08, ZVI 2010, 22 Rn. 3; Beschluss vom 28. Oktober 2008 - VIII ZB 28/08, NJW-RR 2009, 422 Rn. 5 m.w.N.). Der Senat sieht sich deshalb nicht veranlasst, die Rechtsfrage zu entscheiden, ob die dem Schuldner geleisteten Auslandszulagen gemäß § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbar sind. Diese Frage ist höchstrichterlich nicht geklärt. Bei summarischer Prüfung ist der Verfahrensausgang offen. Mangels anderer Verteilungskriterien sind die Kosten daher gegeneinander aufzuheben.
Kniffka Eick Halfmeier Kartzke Graßnack
Vorinstanzen:
AG Kiel, Entscheidung vom 13.02.2013 - 21 M 5685/12 -
LG Kiel, Entscheidung vom 24.09.2013 - 13 T 44/13 -
3
Aufgrund der Erledigungserklärungen, die im Hinblick auf die mit Zustimmung der Gläubigerversammlung erfolgte Rücknahme des Insolvenzplans am 22. April 2009 wirksam ist, hat der Senat nur noch unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden (§ 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es nicht Zweck einer Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits nach § 91a ZPO, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden. Grundlage der Entscheidung ist lediglich eine summarische Prüfung, bei der das Gericht grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten alle für den hypothetischen Ausgang bedeutsamen Rechtsfragen zu entscheiden (vgl. BGH, Beschl. v. 28. Oktober 2008 - VIII ZB 28/08, NJW-RR 2009, 422 für die übereinstimmende Erledigungserklärung in einer Zwangsvollstreckungssache).
5
Es ist - zumal im Rechtsbeschwerdeverfahren - nicht Zweck einer Kostenentscheidung nach § 91a ZPO, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden, soweit es um Fragen des Zwangsvollstreckungsrechts geht. Grundlage der Entscheidung ist demgemäß lediglich eine summarische Prüfung, bei der das Gericht grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten alle für den hypothetischen Ausgang bedeutsamen Rechtsfragen zu klären (Senatsbeschluss vom 19. Oktober 2004 - VIII ZR 327/03, WuM 2004, 725; BGH, Beschluss vom 17. Juli 2006 - II ZR 163/03, AG 2006, 666). Der Senat sieht sich deshalb nicht veranlasst, die in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum streitige - vom Landgericht als Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde angeführte - Rechtsfrage zu entscheiden, ob ein rechtsgeschäftlicher Verzicht auf den Antrag auf Bewilligung oder Verlängerung einer Räumungsfrist nach § 794a ZPO zulässig ist (dafür: LG Aachen, WuM 1996, 568; Musielak/ Lackmann, aaO, § 794a Rdnr. 2; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 9. Aufl., Anhang 1 zu §§ 574 bis 574c BGB, § 721 ZPO Rdnr. 77; dagegen: LG Berlin, GE 1991, 403; Zöller/Stöber, aaO, § 794a Rdnr. 7, MünchKommZPO/ Wolfsteiner, 3. Aufl., § 794a Rdnr. 1; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 66. Aufl., § 794a Rdnr. 1). Mangels anderer Verteilungskriterien sind die Kosten daher gegeneinander aufzuheben. Ball Wiechers Hermanns Dr. Hessel Dr. Achilles

(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.

(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.